Urteil des VG Stuttgart vom 26.11.2013

VG Stuttgart: vorrang des bundesrechts, nummer, amtshandlung, gemeinde, rechtsgrundlage, verfügung, widerspruchsverfahren, erlass, verzicht, satzung

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 26.11.2013, 10 S 2387/11
Leitsätze
1. Die Festsetzung einer Gebühr stellt auch dann eine Selbstverwaltungsangelegenheit der
Gemeinde im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO dar, wenn es sich bei der Erledigung der
Aufgabe, für welche die Gebühren erhoben werden, nicht um eine
Selbstverwaltungsangelegenheit, sondern um eine Weisungsangelegenheit handelt; für die
Zuordnung entscheidend ist, ob die Gemeinde nach dem einschlägigen materiellen Recht
Kostengläubigerin ist (Anschluss an VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.03.2005 - 5 S 2421/03 -
VBlBW 2005, 391).
2. Die Regelung in Nummer 400 des Gebührentarifs der Anlage zu § 1 GebOSt erfasst nicht nur
den Widerspruch gegen die Verfügung einer straßenverkehrsrechtlichen Maßnahme, sondern
auch den isolierten Widerspruch gegen eine Gebührenfestsetzung für die zugrunde liegende
Maßnahme auf dem Gebiet des Straßenverkehrsrechts. Diese Bestimmung der
Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr ist gegenüber landesrechtlichen
Gebührenvorschriften vorrangig und abschließend, ohne dass hiergegen verfassungsrechtliche
Bedenken bestünden.
3. Mit den Vorgaben der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr ist es nicht zu
vereinbaren, wenn die Gebühr für die Zurückweisung des (isolierten) Widerspruchs genauso
hoch oder höher ausfällt wie die allein angegriffene Gebühr für die zugrunde liegende
Sachentscheidung.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. April
2010 - 8 K 450/10 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von
Kosten für die Zurückweisung des Widerspruchs gegen die Gebühr für die Stilllegung
eines Kraftfahrzeuges.
2 Die Beklagte erlangte anlässlich eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens Kenntnis vom
Umzug des Klägers innerhalb von Stuttgart. Daraufhin forderte sie den Kläger mit
Schreiben vom 15.10.2009 auf, in seinen Fahrzeugpapieren
(Fahrzeugschein/Zulassungsbescheinigung Teil I und
Fahrzeugbrief/Zulassungsbescheinigung Teil II) bis spätestens zum 05.11.2009 seine
Anschrift ändern zu lassen. Gleichzeitig wies sie den Kläger darauf hin, dass die
Zulassungsbehörde bei nicht fristgemäßer Erledigung den Betrieb des Fahrzeugs
kostenpflichtig untersagen müsse. Nachdem der Kläger dieser Aufforderung nicht
innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen war, erließ die Beklagte unter dem
06.11.2009 eine Verfügung, mit der dem Kläger der Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen
Verkehr mit sofortiger Wirkung untersagt wurde (Ziff. 1), er aufgefordert wurde, bis zum
17.11.2009 der Zulassungsbehörde den Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil
I) abzuliefern, sowie die Kennzeichenschilder des Fahrzeugs entstempeln zu lassen (Ziff.
2). Außerdem wurde die zwangsweise Stilllegung des Fahrzeugs angedroht (Ziff. 3) und
die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 der Verfügung angeordnet (Ziff. 4). Die
Beklagte setzte für die Verfügung Kosten in Höhe von 47,-- EUR fest (Ziff. 5). Zur
Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass gemäß § 13 Abs. 1 der Fahrzeug-
Zulassungsverordnung (FZV) die Angaben im Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung
Teil II) und im Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil I) den tatsächlichen
Verhältnissen entsprechen müssten. Andernfalls seien Registerauskünfte bei Fahrzeug-
oder Verkehrskontrollen sowie Maßnahmen zur Gewährleistung der Kraftfahrzeugsteuer-
und Versicherungspflicht und zur Ahndung von Verkehrsverstößen nicht oder lediglich
erschwert möglich. Deshalb sei der Fahrzeughalter gesetzlich zur unverzüglichen
Mitteilung von Änderungen verpflichtet und die Zulassungsbehörde berechtigt, den Betrieb
von Kraftfahrzeugen zu untersagen, bis es zu einer Erfüllung dieser Pflichten gekommen
sei.
3 Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 22.11.2009 Widerspruch mit der
Begründung ein, er habe krank im Bett gelegen und den entsprechenden Hinweis der
Zulassungsbehörde, dass die Betriebsuntersagung kostenpflichtig sei, versehentlich nicht
gelesen. Er hätte die Behörde rechtzeitig aufgesucht, wenn ihm bewusst gewesen wäre,
dass er andernfalls zur Zahlung verpflichtet werde. Er bat außerdem um Entschuldigung
des Versehens sowie um Rücknahme der Kostenentscheidung. Mit Schreiben vom
27.11.2009 informierte die Beklagte den Kläger nochmals umfassend über die Sach- und
Rechtslage und betonte die Notwendigkeit, auch im Falle einer Erkrankung den
Verpflichtungen nachzukommen; sie gewährte dem Kläger Gelegenheit, den Widerspruch
bis zum 29.12.2009 zurückzunehmen.
4 Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des
Klägers zurück und setzte für die Entscheidung eine Gebühr in Höhe von 70,-- EUR fest
(Ziff. 3). Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Verfügung vom 06.11.2009 habe sich
dem Grunde nach erledigt, nachdem der Kläger zwischenzeitlich die
Zulassungsbescheinigung Teil I habe berichtigen lassen. Nicht erledigt habe sich
allerdings die Verpflichtung zur Bezahlung der im Ausgangsbescheid festgesetzten
Verwaltungsgebühren. Die Gebührenerhebung sei rechtmäßig, da die im
Ausgangsbescheid angeordnete Betriebsuntersagung mit den gesetzlichen Vorgaben des
§ 13 Abs. 1 FZV im Einklang stehe; hieran ändere die vom Kläger geltend gemachte
Erkrankung nichts.
5 Der Kläger hat am 08.02.2010 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, mit der er
sein Begehren weiterverfolgt. Er hat klargestellt, dass sich die Klage lediglich gegen die
Gebührenfestsetzung in Höhe von 47,-- EUR und die Widerspruchsgebühr in Höhe von
70,-- EUR richtet.
6 Mit Urteil vom 08.04.2010 hat das Verwaltungsgericht die im Widerspruchsbescheid der
Beklagten vom 08.01.2010 festgesetzte Verwaltungsgebühr in Höhe von 70,-- EUR
aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das
Verwaltungsgericht ausgeführt, die im Ausgangsbescheid festgesetzte Gebühr sei
rechtlich nicht zu beanstanden, während die Widerspruchsgebühr mit 70,-- EUR zu hoch
angesetzt worden sei. Die Widerspruchsgebühr bemesse sich nach der bundesrechtlichen
Vorschrift der Gebührennummer 400 der Anlage zu § 1 GebOSt. Der darin geregelte
Gebührenrahmen sei auf die Gebührenhöhe im Ausgangsverfahren - mindestens jedoch
25,60 EUR - begrenzt und damit im vorliegenden Fall zu Unrecht deutlich überschritten
worden.
7 Mit Beschluss vom 23.08.2011 - der Beklagten zugestellt am 31.08.2011 - hat der Senat
die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Mit einem
per Telefax am 02.09.2011 eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung unter
Stellung eines Antrags begründet. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen
aus, das Verwaltungsgericht habe die festgesetzte Widerspruchsgebühr zu Unrecht
aufgehoben. Rechtsgrundlage der Gebührenentscheidung seien nicht die vom
Verwaltungsgericht herangezogenen bunderechtlichen Bestimmungen der
Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr, sondern § 4 Abs. 3 des
Landesgebührengesetzes (LGebG), §§ 1, 2 und 4 der Verwaltungsgebührensatzung der
Beklagten vom 07.12.2009 i.V.m. Ziff. 1.4 der Anlage 1 zur Verwaltungsgebührensatzung
(Gebührenverzeichnis) gewesen. Der darin vorgesehene Gebührenrahmen sei ohne
weiteres eingehalten. Der in § 1 GebOSt geregelte Gebührentarif sei hier nicht anwendbar,
da es sich bei der vorgenommenen Amtshandlung nicht um eine Maßnahme im Sinne des
§ 6a StVG gehandelt habe. Verfahrensgegenstand des Widerspruchsverfahrens sei
lediglich die Anfechtung der Gebührenfestsetzung gemäß Ziffer 5 des Ausgangsbescheids
vom 06.11.2009 gewesen. Wie sich Ziffer 2.1 der Begründung des
Widerspruchsbescheids unzweideutig entnahmen lasse, habe sich der andere Teil des
Ausgangsbescheids bereits erledigt gehabt. Bei der im Zeitpunkt des Erlasses des
Widerspruchsbescheids allein noch im Streit stehenden Gebührenerhebung handle es
sich um eine Amtshandlung, welche die Beklagte als Selbstverwaltungsangelegenheit
wahrgenommen habe. Zur weiteren Begründung zieht die Beklagte das Urteil des
Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11.03.2005 (- 5 S 2421/03 -VBlBW
2005, 391) heran, wonach die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr für Amtshandlungen
einer Gemeinde als untere Verwaltungsbehörde eine Selbstverwaltungsangelegenheit im
Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO darstelle. Vor dem Hintergrund dieser
Rechtsprechung sei die Festsetzung der Widerspruchsgebühr auf der Grundlage von § 4
Abs. 3 LGebG i.V.m. der Verwaltungsgebührensatzung der Beklagten nicht zu
beanstanden. Denn nach § 4 Abs. 3 LGebG nähmen Gemeinden und
Verwaltungsgemeinschaften die Gebührenfestsetzung und -erhebung für
Amtshandlungen, die ihnen als untere Verwaltungsbehörden übertragen seien, nach dem
Kommunalabgabengesetz und damit als Selbstverwaltungsangelegenheiten wahr. Die
entsprechenden gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührenhöhe hätten die
Gemeinden dabei durch Satzung zu regeln. Da sich im Streitfall die zugrunde liegende
straßenverkehrsrechtliche Maßnahme bereits erledigt habe, habe die Beklagte über die
Gebührenerhebung im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsangelegenheiten zu entscheiden
gehabt. Die allein der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr
unterliegenden Ziffern 1 bis 3 des Ausgangsbescheides seien zu diesem Zeitpunkt bereits
erledigt gewesen.
8 Die Beklagte beantragt,
9
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. April 2010 - 8 K 450/10 - zu ändern
und die Klage insgesamt abzuweisen.
10 Der anwaltlich nicht vertretene Kläger ist der Berufung entgegengetreten und führt zur
Begründung aus, er empfinde es als ungerecht, wenn er wegen einer Betriebsuntersagung
60,-- EUR bezahlen müsse, nur weil die neue Adresse nach einem Umzug noch nicht im
Fahrzeugschein geändert worden sei. Darüber hinaus macht er geltend, es sei moralisch
nicht vertretbar und aus seiner Sicht Rechtsbeugung, wenn ihm die Möglichkeit gegeben
werde, Widerspruch einzulegen, dafür jedoch nochmals 70,-- EUR Gebühren in Ansatz
gebracht würden. Mit dieser Widerspruchsgebühr werde „man doch erpresst, keinen
Widerspruch mehr einzulegen, egal ob man sich im Recht fühlt oder nicht“. Das Recht auf
Widerspruch dürfe aus seiner Sicht kein Geld kosten.
11 Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
12 Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und die
Behördenakte der Landeshauptstadt Stuttgart vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des
Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
13 Der Senat kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO über die Berufung
der Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit
einverstanden erklärt haben. Auch der Verzicht des Klägers auf mündliche Verhandlung
ist wirksam, obwohl er im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht anwaltlich
vertreten ist. Denn es entspricht ständiger Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Verzicht auf mündliche Verhandlung gemäß § 101
Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO nicht dem Anwaltszwang des § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO
unterfällt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.11.2005 - 10 B 45.05 - juris; sowie Urteil vom
24.02.1961 - IV C 327.60 - DVBl. 1961, 518).
14 Die zulässige, insbesondere rechtzeitig unter Stellung eines Antrags begründete Berufung
der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf
die zulässige Klage des Klägers hin die Festsetzung der Gebühr im
Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 08.01.2010 aufgehoben, da diese rechtswidrig
ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zwar war
die Landeshauptstadt Stuttgart für die Entscheidung über den Widerspruch des Klägers
gegen die Gebühr für eine Maßnahme auf dem Gebiet des Straßenverkehrs zuständig
(dazu unter 1.). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht jedoch davon ausgegangen, dass
sich die Erhebung der Widerspruchsgebühr nicht nach dem Landesgebührengesetz i.V.m.
den Satzungsvorschriften der Beklagten, sondern der vorrangigen bundesrechtlichen
Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr richtet (dazu unter 2.). Die von der
Beklagten in Ansatz gebrachte Widerspruchsgebühr steht mit den Vorgaben der
Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr auch materiell nicht im Einklang
und ist deshalb aufzuheben (dazu unter 3.).
15 1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht der Sache nach davon ausgegangen, dass die
auch in § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG in der bis zum 14.08.2013 gültigen Fassung zum
Ausdruck kommende allgemeine rechtsstaatliche Voraussetzung jeder
Gebührenerhebung erfüllt ist, nämlich dass die zugrunde liegende Amtshandlung - hier:
Erlass des Widerspruchsbescheides - ihrerseits rechtmäßig war. Die Landeshauptstadt
Stuttgart war als Stadtkreis für die allein noch zu treffende Entscheidung über den
Widerspruch des Klägers gegen die Gebührenfestsetzung im Ausgangsbescheid vom
06.11.2009 zuständig; im Übrigen hatte sich der Widerspruch gegen die zugrunde
liegende straßenverkehrsrechtliche Maßnahme der Stilllegung eines Kraftfahrzeugs
bereits vor der Widerspruchsentscheidung erledigt.
16 Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO entscheidet über den Widerspruch die nächsthöhere
Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere Behörde bestimmt ist. Allerdings
entscheidet in Selbstverwaltungsangelegenheiten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO
die Selbstverwaltungsbehörde, vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung.
Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass letztgenannte Vorschrift hier einschlägig ist.
Denn die Gebührenerhebung ist eine Selbstverwaltungsangelegenheit im Sinne von § 73
Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der Erledigung der
Aufgabe, für die Gebühren erhoben werden, nicht um eine
Selbstverwaltungsangelegenheit, sondern - wie hier - um eine Weisungsangelegenheit (§
46 Abs. 1 FZV, § 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG) handelt (vgl. grundlegend VGH Bad.-Württ., Urteil
vom 11.03.2005 - 5 S 2421/03 - VBlBW 2005, 391; Hess.VGH, Urteil vom 15.12.1966 - OS
V 50/66 - ESVGH 17, 235 ff.; Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 15.
Ergänzungslieferung 2007, Rdnr. 14 zu § 73 VwGO; Gassner, VBlBW 2012, 405, 407;
Wettling, KommJur 2005, 250 ff.).
17 Selbstverwaltungsangelegenheiten sind nur die weisungsfreien Aufgaben, die in den
eigenen Wirkungskreis der Gemeinde fallen (Pietzner/Ronellenfitsch, Das
Assessorexamen im öffentlichen Recht, 12. Aufl. 2010, § 37 Rdnr. 13). Dazu gehört auch
die Gebührenerhebung, soweit die Gemeinde Kostengläubigerin ist. Denn die
Verwaltungsgebühren stellen eine wesentliche Einnahmequelle der Gemeinden dar.
Ihnen wird also diesbezüglich die Finanzhoheit zugewiesen, die Teil des kommunalen
Selbstverwaltungsrechts ist, das durch Art. 28 Abs. 2 GG grundrechtlich geschützt ist (vgl.
hierzu OVG Münster, Beschluss vom 30.07.2004 - 9 A 3255/03 - juris; Wettling, a.a.O., S.
250). Hierunter fällt auch die Erhebung der Gebühren für den Ausgangsbescheid vom
06.11.2009.
18 Der Anspruch der Beklagten auf die hierfür erhobene Verwaltungsgebühr folgt aus § 3
Abs. 1 GebOSt, § 12 VwKostG, wonach Kostengläubiger der Rechtsträger ist, dessen
Stelle (Behörde) die kostenpflichtige Amtshandlung vornimmt. Das ist hier die Beklagte als
Gemeinde (Stadtkreis), für deren Verwaltungstätigkeit die umstrittene Gebühr erhoben
worden ist (§ 1 Abs. 2 Satz 2 VwKostG). Durch die Gebühr wird der Verwaltungsaufwand
abgedeckt, welcher der Beklagten in personeller und sachlicher Hinsicht aus Anlass der
vom Kläger veranlassten Amtshandlung entstanden ist. Auch soweit die Beklagte dabei
die Funktion einer unteren Verwaltungsbehörde wahrgenommen hat, obliegt es allein ihrer
Personal- und Organisationshoheit, die dafür notwendigen personellen und sachlichen
Voraussetzungen zu schaffen. Durch das einschlägige Kostenrecht wird der Beklagten
damit ein eingriffsgeschützter Anspruch auf die erhobene Verwaltungsgebühr zugewiesen.
Die etwaige Herabsetzung oder vollständige Aufhebung dieser Gebührenforderung im
Widerspruchsverfahren bedeutete für die Beklagte einen unmittelbaren Einnahmeausfall
und berührt damit ihre Finanzhoheit als Bestandteil des kommunalen
Selbstverwaltungsrechts. Dass - wie unter 2. näher darzulegen sein wird - entgegen der
Auffassung der Beklagten richtige Rechtsgrundlage für die festgesetzte
Verwaltungsgebühr nicht das Landesgebührengesetz i.V.m. der Gebührensatzung der
Beklagten, sondern die bundesrechtliche Gebührenordnung für Maßnahmen im
Straßenverkehr ist, steht der vorgenommenen Zuordnung der Gebühr zum
Selbstverwaltungsbereich der Beklagten nicht entgegen. Entscheidend für die Zuordnung
ist nicht die Rechtsgrundlage der Gebührenforderung, sondern die Zuweisung der
Gläubigerstellung an die Beklagte durch das einschlägige materielle Fachrecht.
19 Gegen die hier vertretene Auffassung spricht auch nicht durchschlagend die -
verfahrensrechtlich unbefriedigende - Konsequenz einer Aufsplitterung der Zuständigkeit
für die Entscheidung über den Widerspruch gegen die zugrunde liegende Amtshandlung
einerseits und gegen die festgesetzte Verwaltungsgebühr andererseits. Zum einen stellen
praktische Schwierigkeiten beim Verwaltungsvollzug keinen hinreichenden Grund dar, um
von der dem verfassungsrechtlich geschützten Selbstverwaltungsrecht einer Gemeinde
Rechnung tragenden Zuständigkeitsanordnung in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO
abzuweichen. Zum anderen kann den Erfordernissen einer zweckmäßigen
Verfahrensgestaltung dadurch Rechnung getragen werden, dass die
Selbstverwaltungsbehörde mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen die
Gebührenforderung zuwartet, bis die nächsthöhere staatliche Aufsichtsbehörde über den
Widerspruch gegen die zugrundeliegende Amtshandlung entschieden hat (vgl. hierzu
näher Gassner, a.a.O., S. 407). Ein gegenteiliges Verständnis kann schließlich auch nicht
§ 22 Abs. 1 2. Hs. VwKostG bzw. § 24 Satz 2 LGebG entnommen werden, die bestimmen,
dass sich ein Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung auch auf die
Kostenentscheidung erstreckt. Durch den dort normierten Anfechtungsverbund wird
lediglich aus Rechtsschutzgründen der Eintritt der Bestandskraft der Kostenentscheidung
verhindert, bis eine rechtskräftige Sachentscheidung ergangen ist. Den Vorschriften lässt
sich nichts für die hier zu beantwortende Frage entnehmen, welche Behörde für die
Entscheidung über den Widerspruch gegen die Gebührenfestsetzung zuständig ist. Durch
den in § 22 Abs. 1 2. Hs. VwKostG bzw. § 24 Satz 2 LGebG statuierten
Anfechtungsverbund wird indes sichergestellt, dass sich die gegebenenfalls
unvermeidbare Zuständigkeitsaufspaltung nicht zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden
auswirkt.
20 Der Senat setzt sich mit dieser Ansicht auch nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung
des 2. Senats des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Urteile vom 26.03.2009 - 2 S 2036/07 -
DÖV 2009, 635; sowie vom 11.12.2008 - 2 S 1425/08 - VBlBW 2009, 312), wonach
Gebühren, die ein Landratsamt für als untere staatliche Verwaltungsbehörde erbrachte
Leistungen erhebt, nicht zum Aufgabenkreis des Landkreises gehören, so dass zur
Entscheidung über Widersprüche gegen solche Gebühren nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
VwGO das Regierungspräsidium zuständig ist. Der 2. Senat hebt zur Begründung dieses
Ergebnisses vor allem auf die Doppelfunktion des Landratsamtes als Behörde des
Landkreises einerseits und als untere staatliche Verwaltungsbehörde andererseits ab (vgl.
§ 1 Abs. 3 LKrO). Vorliegend steht jedoch gerade nicht das Handeln eines Landratsamtes
mit der Besonderheit der Doppelfunktion für zwei verschiedene Rechtsträger in Rede.
Auch die Begründung der Landesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neureglung
des Gebührenrechts (LT-Drs. 13/3477 vom 03.08.2004) steht der dargestellten Sichtweise
des erkennenden Senats nicht entgegen. In der Gesetzesbegründung heißt es als
Reaktion auf einen abweichenden Vorschlag des Landkreistages, dass nicht für staatliche
Tätigkeiten des Landratsamts kommunale Gebühren auf der Grundlage einer kommunalen
Satzung erhoben werden sollen, um die Trennung zwischen dem Handeln des
Landratsamtes als untere staatliche Verwaltungsbehörde auf der einen Seite sowie das
Handeln für den Landkreis als Selbstverwaltungskörperschaft auf der anderen Seite
voneinander abzugrenzen (vgl. LT-Drs. 13/3477, S. 26). Die Argumentation der
Landesregierung hebt maßgeblich auf die Doppelfunktion der Landratsämter als untere
staatliche Verwaltungsbehörden und Organe des Landkreises ab und lässt sich für die hier
in Rede stehende Gebührenerhebung durch einen Stadtkreis nicht nutzbar machen.
21 2. Entgegen der Auffassung der Beklagten findet die angefochtene Gebührenfestsetzung
im Widerspruchsbescheid vom 08.01.2010 ihre Rechtsgrundlage nicht in der
landesrechtlichen Bestimmung des § 4 Abs. 3 LGebG i.V.m. den Regelungen der
Gebührensatzung der Beklagten vom 07.12.2009, sondern in den vorrangigen und
insoweit abschließenden Bestimmungen der Gebührenordnung für Maßnahmen im
Straßenverkehr. Gemäß der einschlägigen Rechtsgrundlage des § 6a Abs. 1 Nr. 3 StVG in
der maßgeblichen Fassung vom 14.08.2006 werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für
Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stilllegung von Kraftfahrzeugen und
Kraftfahrzeuganhängern erhoben. § 6a Abs. 2 StVG ermächtigt dazu, die
gebührenpflichtigen Amtshandlungen sowie die Gebührensätze für die einzelnen
Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 StVG
findet im Übrigen das Verwaltungskostengesetz - VwKostG - vom 23.06.1970 (BGBl. I S.
821), geändert durch Art. 41 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom
14.12.1976 (BGBl. I S. 3341), Anwendung.
22 Nach § 1 Abs. 1 der u.a. auf § 6a Abs. 2 und 3 StVG gestützten Gebührenordnung für
Maßnahmen im Straßenverkehr vom 26.06.1970 (BGBl. I S. 865) - GebOSt - ergeben sich
die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze aus dem der
Gebührenordnung als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im
Straßenverkehr. Die Nummer 254 des Gebührentarifs sieht für sonstige Anordnungen
nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung eine Gebühr in Höhe von 14,30 bis 286,-- EUR
vor. Aus der Nummer 400 des Gebührentarifs ergibt sich, dass für die Zurückweisung
eines Widerspruchs eine Gebühr in Höhe der Gebühr für die angefochtene Amtshandlung,
mindestens jedoch in Höhe von 25,60 EUR anfällt.
23 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Regelung in Nummer
400 des Gebührentarifs nicht nur die Zurückweisung eines Widerspruchs gegen eine
straßenverkehrsrechtliche Maßnahme, sondern auch des isolierten Widerspruchs gegen
die Gebührenfestsetzung für die zugrunde liegende straßenverkehrsrechtliche Maßnahme
erfasst (dazu unter 2.1). Diese Bestimmung der Gebührenordnung für Maßnahmen im
Straßenverkehr ist gegenüber den von der Beklagten herangezogenen landesrechtlichen
Gebühren-vorschriften vorrangig und abschließend, ohne dass hiergegen
verfassungsrechtliche Bedenken bestünden (dazu unter 2.2).
24 2.1 Die Regelung in Nummer 400 des Gebührentarifs der Anlage zu § 1 GebOSt erfasst
nicht nur den Widerspruch gegen die Verfügung einer straßenverkehrsrechtlichen
Maßnahme, sondern auch den hier in Rede stehenden Fall des (isolierten) Widerspruchs
gegen eine Gebührenfestsetzung für die zugrunde liegende Maßnahme auf dem Gebiet
des Straßenverkehrsrechts. Zwar ist der Wortlaut der Nummer 400 des Gebührentarifs für
die Auslegung wenig ergiebig; weder dem Wortlaut noch der systematischen Stellung der
Gebührenziffer in dem Kapitel „G. Sonstige Maßnahmen auf dem Gebiet des
Straßenverkehrs“ lässt sich jedoch etwas für die von der Beklagten vertretene
einschränkende Auffassung entnehmen. Maßgeblich für die Auslegung muss deshalb der
Sinn und Zweck der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr und der hier
einschlägigen Vorschrift der Nummer 400 des Gebührentarifs sein. Angesichts des
Zwecks dieser Vorschrift, eine bundeseinheitliche Gebührenregelung zu schaffen und
Unterschiede in der Gebührenerhebung in den Ländern auszuschließen (vgl. hierzu
allgemein BT-Drs. VI/329, S. 30 und 37), bestehen keine Zweifel, dass die Regelung in
Nummer 400 des Gebührentarifs weit auszulegen ist und auch die Gebühr für einen
(isolierten) Widerspruch gegen die Gebührenfestsetzung hinsichtlich einer in den
Anwendungsbereich der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr
unterfallenden straßenverkehrsrechtlichen Maßnahme umfasst. In Übereinstimmung mit
der hier vertretenen Auslegung haben sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch der
Senat in der Vergangenheit ohne jegliche Problematisierung die Bestimmung der Nummer
400 des Gebührentarifs in Fallgestaltungen angewendet, in denen lediglich ein
Widerspruch gegen die Gebührenfestsetzung im Raum stand (vgl. etwa BVerwG, Urteile
vom 27.09.2012 - 3 C 33.11 - juris; vom 16.12.2010 - 3 C 43.09 - NVwZ 2011, 493; sowie
vom 25.09.2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48; Senatsurteil vom 20.09.2011 - 10 S
2850/10 - VBlBW 2012, 307). Der von der Beklagten für ihre gegenteilige Auffassung
allein herangezogene Umstand, dass es sich bei der Gebührenerhebung nach dem oben
Gesagten um eine Selbstverwaltungsangelegenheit handelt, besagt nichts für die hier in
Rede stehende Frage, nach welcher Rechtsgrundlage sich die Höhe der
Widerspruchsgebühr bemisst.
25 2.2 Die bundesrechtlichen Bestimmungen der Gebührenordnung für Maßnahmen im
Straßenverkehr und insbesondere die hier einschlägige Nummer 400 des
Gebührenverzeichnisses sind gegenüber landesrechtlichen Regelungen, vor allem der auf
der Grundlage von § 4 Abs. 3 LGebG erlassenen Gebührensatzung der Beklagten,
vorrangig und abschließend. Die von der Beklagten herangezogenen landesrechtlichen
Ermächtigungsgrundlagen sind dem Bundeskostenrecht nachgeordnet und kommen
daher nur zum Zuge, soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist. Regelt das
Bundesrecht - wie hier -die Gebührenerhebung abschließend, ist insoweit für die
Anwendung landesrechtlicher Gebührenvorschriften kein Raum. Dies folgt aus dem
Vorrang des Bundesrechts gemäß Art. 31 GG (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.06.2006 - 8 C
12.05 - ZOV 2006, 307; sowie vom 12.07.2006 - 10 C 9.05 - BVerwGE 126, 222). Den
Vorrang des Bundesrechts in diesen Fällen hat für den Bereich des baden-
württembergischen Landesgebührenrechts auch der Gesetzgeber des Landes
ausdrücklich in § 1 Abs. 1 LGebG anerkannt, wonach dieses Gesetz nicht gilt, soweit
durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist. Derartige, die Anwendung des
Landesgebührengesetzes verdrängende Sondervorschriften stellen auch
bundesrechtliche Kostengesetze dar (vgl. die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 13/3477, S.
37).
26 Dieses Verständnis steht mit den Vorgaben des Grundgesetzes und der
bundesstaatlichen Kompetenzordnung im Einklang. Zwar ist die
Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Gebührenrechts auch dann, wenn ein
Bundesgesetz durch die Länder als eigene Angelegenheit ausgeführt wird, nach Art. 84
Abs. 1 GG grundsätzlich Sache der Länder (vgl. BVerwG, Urteile vom 12.07.2006 - 10 C
9.05 - a.a.O.; sowie vom 01.12.1989 - 8 C 14.88 - BVerwGE 84, 178). Mit der
Verwaltungszuständigkeit der Länder geht grundsätzlich auch ihre Gebührenhoheit einher.
Bundesgebührenrecht gilt in diesen Fällen nach Art. 84 Abs. 1 GG für die
Gebührenerhebung durch die Landesbehörden nur, soweit Bundesgesetze mit
Zustimmung des Bundesrates dies bestimmen. In Ausübung dieser Kompetenz sowie als
Annex zur Sachkompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG ist im Rahmen der
Ermächtigung des § 6a StVG die bundesrechtliche Gebührenordnung für Maßnahmen im
Straßenverkehr erlassen worden (vgl. hierzu OVG Lüneburg, Urteil vom 17.01.2013 - 7 KN
178/12 - juris; ähnlich Senatsurteil vom 08.04.2008 - 10 S 2860/07 - VRS 114, 473). Da die
gesetzgeberische Regelungsbefugnis zur Gebührenerhebung für die Inanspruchnahme
von Verwaltungsleistungen nach dem oben Gesagten zumindest auch aus der jeweiligen
Sachgesetzgebungskompetenz des Grundgesetzes, hier gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG
folgt, eröffnet Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG daher keine Zuständigkeit für die Länder, von
entsprechenden bundesrechtlichen Regelungen abzuweichen. Im Übrigen hat der baden-
württembergische Landesgesetzgeber - wie oben näher dargestellt - bei Erlass des
Landesgebührengesetzes keine abweichende landesrechtliche Bestimmung beabsichtigt;
vielmehr ging er von der Subsidiarität des Landesgebührenrechts bei bestehender
bundesrechtlicher Kostenregelung aus.
27 3. Die von der Beklagten für den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2010 auf
landesrechtlicher Grundlage erhobene Gebühr kann nicht als solche auf der Grundlage
der nach dem oben Gesagten anwendbaren Gebührenordnung für Maßnahmen im
Straßenverkehr aufrecht erhalten werden. Denn die von der Beklagten festgesetzte
Gebühr in Höhe von 70,-- EUR steht auch mit den materiell-rechtlichen Vorgaben der
Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr und insbesondere der
einschlägigen Nummer 400 des Gebührenverzeichnisses nicht im Einklang. Nach dem
entsprechend anwendbaren § 3 VwKostG sind die Gebührensätze so zu bemessen, dass
zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits
und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert und dem sonstigen Nutzen der
Amtshandlung anderseits ein angemessenes Verhältnis besteht. § 9 Abs. 1 VwKostG
regelt Näheres, wenn - wie hier für die Entscheidung über einen Widerspruch -
Rahmensätze für Gebühren vorgesehen sind. Nach den dort genannten Grundsätzen
verbietet sich eine gebührenmäßige Gleichbehandlung von Ausgangs- und
Widerspruchsverfahren, wenn das Widerspruchsverfahren nur noch einen Teil des
Ausgangsverfahrens betrifft.
28 So liegt es hier. Der Widerspruch des Klägers hat sich zum maßgeblichen
Entscheidungszeitpunkt nicht mehr gegen die Betriebsuntersagung als solche gerichtet,
sondern nur noch gegen die dafür erhobene Gebühr. Dementsprechend muss die
Verwaltungsgebühr für das Widerspruchsverfahren niedriger liegen als die für das
Ausgangsverfahren. Aus Nummer 400 des Gebührenverzeichnisses ergibt sich nichts
anderes. Dort ist vorgesehen, dass für die Zurückweisung eines Widerspruchs eine
Gebühr in Höhe der Gebühr für die beantragte oder angefochtene Amtshandlung,
mindestens jedoch von 25,60 EUR erhoben wird. Jedoch setzt diese Gleichstellung
unausgesprochen voraus, dass das Ausgangs- und das Widerspruchsverfahren
denselben Gegenstand betreffen. Dass anderes gilt, wenn nur die Gebührenfestsetzung
angegriffen wird, bestätigt § 22 Abs. 2 VwKostG; danach ist, wenn eine
Kostenentscheidung selbstständig angefochten wird, das Rechtsbehelfsverfahren
kostenrechtlich als selbständiges Verfahren zu behandeln (vgl. hierzu auch BVerwG,
Urteil vom 16.12.2010 - 3 C 43.09 - a.a.O.). Mit der Systematik der oben dargestellten
kostenrechtlichen Bestimmungen und der Gebührenordnung für Maßnahmen im
Straßenverkehr ist es daher nicht zu vereinbaren, wenn die Gebühr für die Zurückweisung
des (isolierten) Widerspruchs genauso hoch oder höher ausfällt wie die allein angegriffene
Gebühr für die zugrunde liegende Sachentscheidung (vgl. hierzu auch Gassner, a.a.O., S.
408). Wegen des von der Beklagten auszuübenden Ermessens bei der Bemessung der
Widerspruchsgebühr kann die angefochtene Widerspruchsgebühr auch nicht teilweise
aufrechterhalten werden, sondern unterliegt insgesamt der Aufhebung.
29 Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
30 Der Senat hat im wohlverstandenen Kostenminderungsinteresse des Klägers trotz der
missverständlichen Äußerungen in seinem Schriftsatz vom 05.10.2011 davon abgesehen,
sein Begehren als förmliches Anschlussrechtsmittel auszulegen, da ein solches bereits
wegen fehlender Postulationsfähigkeit (§ 67 Abs. 2 und 4 VwGO) mit entsprechender
Kostenfolge als unzulässig zu verwerfen wäre.
31 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2
VwGO vorliegt.
33
Beschluss vom 26.11.2013
34 Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 3
GKG auf 70,-- EUR festgesetzt.
35 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.