Urteil des VG Stuttgart vom 10.10.2013

VG Stuttgart: sammlung, aufschiebende wirkung, verfügung, öffentliche sicherheit, vollziehung, anzeigepflicht, sammler, handelsregister, vorrang, gesellschafter

VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 10.10.2013, 10 S
1202/13
Leitsätze
1. Ein Ausgliederungsplan gemäß § 126 Abs. 1 UmwG stellt keine Angabe über die Größe und
Organisation eines Sammlungsunternehmens im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG dar, dessen
Nichtbeibringung Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen und unter
bestimmten weiteren Voraussetzungen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26.09.2013 - 10 S
1345/13 -) eine Untersagung der Sammlung ermöglichen könnte.
2. Eine in der Form der BGB-Gesellschaft betriebene Arbeitsgemeinschaft ist nicht gewerbefähig
und kann nach der an das gewerberechtliche Begriffsverständnis anknüpfenden Vorschrift des §
3 Abs. 10 KrWG nicht Sammler von Abfällen sein. Bei der Prüfung der gewerberechtlichen und
abfallrechtlichen Zuverlässigkeit ist deshalb auf die Person der Gesellschafter, regelmäßig die
geschäftsführenden Gesellschafter, abzustellen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe
vom 22. Mai 2013 - 4 K 1042/13 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der
Antragstellerin gegen Nummer 1 der Verfügung des Landratsamts Karlsruhe vom 22.03.2013
wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für
beide Rechtszüge auf jeweils 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 Die Antragstellerin, die ... GmbH, wendet sich gegen die sofortige Vollziehung einer
Verfügung des Antragsgegners, mit der ihr mit sofortiger Wirkung untersagt wurde, im
Landkreis Karlsruhe gewerblich Alttextilien zu sammeln.
2 Am 13.08.2012 zeigte die Firma ... e.K. die Durchführung gewerblicher Sammlungen nach
§ 18 KrWG i.V.m. § 72 Abs. 2 KrWG an unter Vorlage einer Gewerbeanmeldung und einer
Anzeige nach § 53 KrWG sowie zweier Abnahmebestätigungen ausländischer Firmen. Mit
Schreiben vom 24.10.2012 sowie mit E-Mail vom 08. und 09.11.2012 forderte der
Antragsgegner die Anzeigeerstatterin unter Fristsetzung auf, ihre Unterlagen und Angaben
um Folgendes zu ergänzen:
3
- Auflistung der bestehenden und beabsichtigten Standorte der Sammelcontainer, nach
Gemeinden getrennt (auch der in Kooperation mit der ... im Landkreis aufgestellten
Container),
4
- Kopien der öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vereinbarungen und Verträge mit
sämtlichen Grundstückseigentümern, auf denen Container aufgestellt sind (auch
Sondernutzungserlaubnisse),
5
- Darlegung sämtlicher vorgesehener Verwertungswege einschließlich der erforderlichen
Maßnahmen zur Sicherstellung der Kapazitäten,
6
- Angaben zu den genannten Verwertungsbetrieben; bei ausländischen Betrieben
behördliche Nachweise, dass die angegebenen Firmen die Genehmigung haben,
unsortierte Sammelware anzunehmen, sowie Bestätigung, dass der eigene Sortierbetrieb
über die für diese Tätigkeit erforderliche (immissionsschutzrechtliche oder baurechtliche)
Genehmigung verfüge,
7
- Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung im Rahmen der
Verwertungswege gewährleistet wird,
8
- nachvollziehbare Darlegung und Bestätigung, dass bereits vor dem 01.06.2012 eine
Sammeltätigkeit im Landkreis Karlsruhe durchgeführt wurde,
9
- Vorlage von Nachweisen, dass die ... GmbH unbeschränkter Rechtsnachfolger der ...
e.K. wurde.
10 Mit mehreren E-Mail-Anschreiben vom 07. und 08.11.2012 wies die Antragstellerin darauf
hin, dass die ... e.K. vor kurzem in die ... GmbH umgewandelt worden sei und ergänzte
einzelne Angaben zur Sammelmenge, zu ihren Abnehmern und hinsichtlich der
vorgesehenen Verwertungswege. Im Übrigen machte sie unter Hinweis auf einen
Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 11.10.2012 geltend, sie sei nicht zur
Vorlage einer Liste der beabsichtigten Containerstandplätze oder entsprechender
Nachweise hinsichtlich straßenrechtlicher Erlaubnisse verpflichtet.
11 Nach Anhörung untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Verfügung vom
22.03.2013 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, im Landkreis Karlsruhe
gewerblich Alttextilien zu sammeln (Nr. 1), forderte die Antragstellerin unter Fristsetzung
zur Entfernung der bereits aufgestellten Container auf (Nr. 2) und drohte für den Fall der
Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,-- EUR an (Nr. 4). Zur Begründung
wird im wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage der Untersagung sei § 18 Abs. 5 Satz 2
KrWG. Auf der Grundlage der Anzeige nach § 18 Abs. 2 KrWG müsse die Behörde
entscheiden können, ob eine Ausnahme von der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 2
Satz 1 Nr. 4 KrWG vorliege. Dies sei nur möglich, wenn die entscheidungserheblichen
Umstände vollständig bekannt seien. Hiervon könne im vorliegenden Fall nicht
ausgegangen werden. Eine Ausnahme von der Überlassungspflicht bestehe nur, wenn die
Abfälle durch eine gewerbliche Sammlung der ordnungsgemäßen und schadlosen
Verwertung zugeführt würden. Eine Verwertung sei nach § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG
ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehe. Das
Sammeln und Zwischenlagern stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der
eigentlichen Verwertung und sei mit dieser gemeinsam zu bewerten. Das Straßengesetz
Baden-Württemberg stelle eine öffentlich-rechtliche Vorschrift dar; danach sei für das
Aufstellen von Containern eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich. Außerhalb des
öffentlichen Verkehrsraums sei die Zustimmung der Grundstückseigentümer zur
Aufstellung notwendig. Es handele sich insoweit zwar nicht explizit um öffentlich-
rechtliche Vorschriften; eine widerrechtliche Verwertung sei aber nicht ordnungsgemäß.
Deshalb sei nachzuweisen, dass die Aufstellung der Sammelcontainer im öffentlichen
oder privaten Raum ordnungsgemäß erfolge. Aufgrund der unvollständigen Angaben der
Antragstellerin zu den vorgesehenen Verwertungswegen lasse sich nicht feststellen, dass
die Textilien ordnungsgemäß im Inland sortiert bzw. die Vorschriften über eine
grenzüberschreitende Verbringung ins Ausland eingehalten würden. Daher könne zum
jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden, ob die künftig beabsichtigte Sammlung den
Anforderungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entspreche. Ferner bestünden
Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden wegen seiner dauerhaft fehlenden
Mitwirkung und der ihm zuzurechnenden illegalen Aufstellung von Sammelcontainern. In
den vergangenen Monaten seien wiederholt Mitteilungen bei dem Landratsamt
eingegangen, in denen sich sowohl private Grundstückseigentümer als auch Gemeinden
über das ungenehmigte Aufstellen von Sammelcontainern durch die Rechtsvorgängerin
der Antragstellerin bzw. durch von ihr beauftragte Dritte beschwert hätten. Diese
wiederholten, belegten Verstöße gegen öffentliches und Privatrecht stellten Tatsachen
dar, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Antragstellerin herleiten
ließen. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Für die Anordnung von
Nebenbestimmungen gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 KrWG fehle jegliche Grundlage, weil die
entscheidungserheblichen Unterlagen nicht beigebracht worden seien. Der Behörde sei
bei der zu treffenden Entscheidung kein Ermessen eingeräumt. Ein schutzwürdiges
Vertrauen nach § 18 Abs. 7 KrWG bestehe nicht, weil eine zulässige Sammlungstätigkeit
im Landkreis vor dem 01.06.2012 nicht nachgewiesen sei. Es sei der Antragstellerin
jedoch unbenommen, die konkret beabsichtigte Sammeltätigkeit unter Vorlage der
entscheidungserheblichen Angaben mit einer Frist von drei Monaten neu und vollständig
anzuzeigen. Das überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ergebe
sich aus der Durchsetzung der Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushalten.
Die Antragstellerin habe im Landkreis bereits eine erhebliche Anzahl von Containern
aufgestellt. Die Untersagung würde somit ins Leere laufen, wenn erst die Bestandskraft
der Verfügung abgewartet werden müsse. Im Übrigen verschaffe sich die Antragstellerin
einen unzulässigen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber rechtstreuen Konkurrenten.
12 Die Antragstellerin hat Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht die
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Das Verwaltungsgericht hat mit
Beschluss vom 22.05.2013 die aufschiebende Wirkung hinsichtlich Nummer 2 und 4 der
Verfügung wiederhergestellt und im Übrigen den Antrag im wesentlichen aus den
Gründen der angefochtenen Verfügung abgelehnt.
13 Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Zur Begründung wird im wesentlichen
vorgetragen, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen
und habe insbesondere verkannt, dass die von dem Antragsgegner angeführten
angeblichen Verstöße gegen straßenrechtliche Vorschriften bei der Aufstellung von
Sammelcontainern nicht durch die Antragstellerin, sondern durch einen anderen Träger
der Sammlung (... e.V. in ...) zu verantworten seien. Ferner habe das Verwaltungsgericht
den Begriff der Unzuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt KrWG falsch
ausgelegt und nicht erkannt, dass sich die dort zu prüfende Zuverlässigkeit allein auf die
Einhaltung abfallrechtlicher Vorschriften beziehe. Die Untersagung verstoße gegen den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; mildere Mittel seien von der Behörde nicht in ihre
Erwägungen eingestellt worden. Die nachgeforderten Unterlagen würden nicht von der
Anzeigepflicht des § 18 Abs. 2 KrWG erfasst; aus der Nichtanzeige dürften deshalb keine
negativen Folgerungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Antragstellerin gezogen
werden. Im Übrigen habe sich das Verwaltungsgericht nicht mit der Frage des
Bestandsschutzes nach § 18 Abs. 7 KrWG auseinandergesetzt.
II.
14 Die Beschwerde des Antragstellerin ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), sie hat darüber
hinaus in der Sache Erfolg.
15 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann nicht festgestellt werden, dass
der Widerspruch der Antragstellerin und eine eventuell nachfolgende Anfechtungsklage
gegen die Verfügung des Landratsamts Karlsruhe vom 22.03.2013 bei summarischer
Prüfung wahrscheinlich keinen Erfolg haben werden und deshalb dem öffentlichen
Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung der Vorrang vor dem
Suspensivinteresse der Antragstellerin zukommt. Die Erfolgsaussichten der Hauptsache
sind allenfalls als offen zu bewerten (dazu unter 1.). Bei einer von den Erfolgsaussichten
unabhängigen Interessenabwägung überwiegt das Interesse der Antragstellerin daran,
ihre Sammeltätigkeit einstweilen weiter ausüben zu dürfen (dazu unter 2.).
16 1. Wie das Landratsamt zutreffend erkannt hat, kommt als Rechtsgrundlage der
Untersagungsverfügung nur die Bestimmung des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG in Betracht.
Diese Regelung genießt bei einer angezeigten gewerblichen Sammlung als spezielle
Ermächtigungsgrundlage Vorrang gegenüber der abfallrechtlichen Generalklausel des §
62 KrWG (Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 - juris, m.w.N.). Danach hat
die zuständige Behörde die Durchführung einer nach § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten
Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken
gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung
der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben (1. Alternative) oder die Einhaltung der
in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu
gewährleisten ist (2. Alternative). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts
vermag der Senat weder das Vorliegen der 1. (dazu unter 1.1) noch der 2. Alternative
(dazu unter 1.2) von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG festzustellen.
17 1.1 Bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung ist offen, ob
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG vorliegen.
18 Bei der Anwendung dieser Norm ist zu berücksichtigen, dass die Untersagung einer
gewerblichen Sammlung regelmäßig einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs.
1 GG, gegebenenfalls auch des Art. 14 Abs. 1 GG, darstellt (vgl. hierzu und zum
Folgenden auch OVG Münster, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 - juris; sowie
Senatsbeschluss vom 26.09.2013 - 10 S 1345/13 -, zur Veröffentlichung in juris und der
Fachpresse vorgesehen). Es handelt sich - gemessen an anderen behördlichen
Befugnissen und Maßnahmen - um den intensivsten Eingriff in Rechte des
Abfallsammlers, so dass sie nur als letztes Mittel in Betracht kommt. Die Regelung des §
18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine
Sammlungsuntersagung dürfte daher von vornherein einer einschränkenden Auslegung
bedürfen. Da eine Untersagung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen
zwingend ist, d.h. kein Ermessen der Behörde besteht, und eine Untersagung jedenfalls
hinsichtlich gewerblicher Sammlungen regelmäßig Grundrechte tangiert, spricht Einiges
dafür, dass bloße Bedenken gegen die Zuverlässigkeit ungeachtet des weit gefassten
Wortlauts des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG nicht für eine Untersagung ausreichen.
Vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie, gemessen am
Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens, eine Untersagung
rechtfertigen. Dies schließt es aus, die Nichtprüfbarkeit der Zuverlässigkeit mit dem
Tatbestandsmerkmal „Bedenken gegen die Zuverlässigkeit“ im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz
2 1. Alt KrWG gleichzusetzen. Vielmehr muss die Unzuverlässigkeit des Betroffenen mit
hinreichender Sicherheit feststellbar sein. Hieraus folgt, dass eine Untersagung wegen
Unzuverlässigkeit (noch) nicht in Betracht kommt, wenn die Zuverlässigkeit noch nicht
abschließend geprüft ist und hierfür zulässige und zwecktaugliche Mittel zur Verfügung
stehen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die Untersagung ultima ratio
bleiben (vgl. näher OVG Münster, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -a.a.O.).
19 Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Anzeigenden einer gewerblichen
Sammlung (§ 3 Abs. 18 KrWG) knüpfen, wie auch § 3 Abs. 10 KrWG zeigt, an die
gewerberechtliche Begrifflichkeit an. Für den Maßstab zur Beurteilung der Zuverlässigkeit
kann deshalb auf die zu § 35 GewO entwickelte Rechtsprechung und Literatur
zurückgegriffen werden. Danach ist zuverlässig, wer jederzeit die Gewähr zur Erfüllung
seiner Berufspflichten bietet; unzuverlässig in Bezug auf das Gewerbe ist, wer nach dem
Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe
künftig ordnungsgemäß betreiben wird (st. Rspr., vgl. etwa grundlegend BVerwG, Urteil
vom 02.02.1982 - 1 C 146/80 - BVerwGE 65, 1; OVG Bremen, Beschluss vom 05.10.2009 -
2 B 273/09 - NVwZ-RR 2010, 102; OVG Münster, Urteil vom 12.04.2011 - 4 A 1449/08 -
NVwZ-RR 2011, 553). Danach muss das in der Vergangenheit liegende Verhalten einer
Person mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine
Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit
muss sich auf Tatsachen stützen lassen.
20 Nach diesen Grundsätzen ist zuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG,
wer die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen
Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von
Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25.06.2013 - 5 V
2112/12 - juris). Dabei kommt es nicht ausschließlich auf das Begriffsverständnis der
Entsorgungsfach-betriebeverordnung (§ 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 EfbV) an, weil
gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise
Entsorgungsfachbetriebe sein müssen (vgl. im Einzelnen OVG Münster, Beschluss vom
19.07.2013 - 20 B 476/13 - a.a.O.).
21 Gemessen hieran kann bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen
Prüfungstiefe weder aufgrund der Unvollständigkeit der Sammlungsanzeige (dazu unter
1.1.1) noch aufgrund von Rechtsverstößen im Zusammenhang mit der Aufstellung von
Containern (dazu unter 1.1.2) auf die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin geschlossen
werden.
22 1.1.1 Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Verwaltungsgericht zwar davon ausgegangen,
dass eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige
grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen kann
(vgl. ähnlich VG Bremen, Beschluss vom 25.06.2013 - 5 V 2112/12 - a.a.O.). Nach § 18
Abs. 1 KrWG sind gewerbliche Sammlungen spätestens drei Monate vor ihrer
beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde anzuzeigen. Der
Anzeige sind Angaben über die Größe und Organisation des Unternehmens (§ 18 Abs. 2
Nr. 1 KrWG), Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den
größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG),
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle (§ 18 Abs. 2 Nr. 3
KrWG), eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen
Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer
Kapazitäten (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) sowie eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße
und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege
gewährleistet wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG), beizufügen. Diese Bestimmung steht im
Dienste einer ordnungsgemäßen und schadlosen Abfallverwertung. Nach der
Gesetzesbegründung sollen die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben der Behörde
eine umfassende Prüfung ermöglichen und insbesondere als Grundlage für die
Beurteilung dienen, ob der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen
entgegenstehen (vgl. hierzu näher die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 17/6052, S. 88).
Die Anzeige einer gewerblichen Sammlung im Sinne des § 18 Abs. 1 und Abs. 2 KrWG ist
mithin keine bloße Förmlichkeit von nachrangiger rechtlicher Bedeutung. Die rechtzeitige,
richtige und vollständige Anzeige ist vielmehr unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die
zuständige Behörde prüfen kann, ob eine ordnungsgemäße und schadlose
Abfallverwertung gesichert ist und ob der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen
entgegenstehen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG). Daher gilt ebenso wie nach bisherigem
Recht (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG), dass die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten
Angaben und Darlegungen der zuständigen Behörde - mit Ausnahme der Konstellation
des § 72 KrWG - vor Beginn der gewerblichen Sammlung (zudem: richtig und vollständig)
vorliegen müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 11.02.2008 - 10 S 2422/07 - VBlBW 2008,
295).
23 Danach können Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden im Sinne des § 18
Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG insbesondere dann bestehen, wenn die zuständige Behörde
den Anzeigenden auf die Unvollständigkeit seiner Angaben hinweist und um eine
Ergänzung bittet, daraufhin jedoch nicht reagiert oder die nachgefragte Information sogar
ausdrücklich verweigert wird. Dies setzt allerdings voraus, dass die von der Behörde
begehrten Nachweise und Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG gefordert werden dürfen
und für die Prüfungstätigkeit der Behörde erforderlich sind. Hieran bestehen im
vorliegenden Fall zumindest erhebliche Zweifel.
24 1.1.1.1 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts dürfte die von ihm vermisste
Vorlage des Ausgliederungsplanes vom ... bereits keine Angabe über die Größe und
Organisation des Sammlungsunternehmens im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG
betreffen und deshalb keinen notwendigen Bestandteil der Sammlungsanzeige darstellen.
Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin hat mit ihrer Anzeige vom 13.08.2012 die Zahl
der in dem Betrieb beschäftigten Mitarbeiter genannt; ferner hat die Antragstellerin durch
Vorlage eines Handelsregisterauszugs vom 01.10.2012 nachgewiesen, dass sie durch
Ausgliederung der Gesamtheit des von dem Einzelkaufmann V.N. unter der Firma ... e.K.
betriebenen Unternehmens entstanden ist. Der vom Verwaltungsgericht vermisste
Ausgliederungsplan dürfte für die der Behörde im Rahmen des Anzeigeverfahrens nach §
18 Abs. 1 und 2 KrWG überantwortete Prüfung nicht erforderlich sein. Jedenfalls bei
summarischer Prüfung ist nicht erkennbar, inwieweit die Kenntnis der gemäß § 126 Abs. 1
UmwG in einen Ausgliederungsplan zwingend aufzunehmenden Verhältnisse für die hier
in Rede stehende abfallrechtliche Prüfung von Belang sein kann. Dies gilt auch für die von
dem Antragsgegner erwähnten Angaben gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG. Nach dieser
Bestimmung sind lediglich die Folgen der Spaltung (bzw. Vermögensübertragung) für die
Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen
zwingend in den Ausgliederungsplan aufzunehmen; nicht zwingend sind dagegen - wie
auch der Antragsgegner erkennt - Angaben zu der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer.
25 Im Übrigen dürfte der Antragsgegner nicht daran gehindert gewesen sein, sich durch
Einsicht in das Handelsregister Kenntnis von dem Ausgliederungsplan und den darin
enthaltenen Angaben zu verschaffen. Das jedermann zustehende Einsichtsrecht nach § 9
Abs. 1 HGB erstreckt sich nicht nur auf das Handelsregister selbst, sondern auch auf die
zum Handelsregister eingereichten Schriftstücke, ohne dass dafür ein berechtigtes
Interesse glaubhaft gemacht werden muss (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom
15.08.2006 - 15 W 47/06 - DB 2006, 2399). Zu den „zum Handelsregister eingereichten“
Schriftstücken zählen danach die Anmeldung selbst und die zu den Anmeldungen
eingereichten Anlagen. Darunter dürfte auch der bei der Anmeldung der Umwandlung
zwingend vorzulegende Ausgliederungsplan fallen (so OLG Düsseldorf, Urteil vom
16.06.1995 - 7 U 111/94 - juris - zur vergleichbaren Regelung nach dem
Umwandlungsgesetz 1969). Es besteht daher bereits kein Anlass, aus der angeblichen
„Nichtprüfbarkeit“ der entsprechenden Umstände auf die Unzuverlässigkeit der
Antragstellerin zu schließen. Der Behörde stehen vielmehr mildere Mittel als die sofortige
Untersagung zur Verfügung (vgl. zum Ganzen auch VG Köln, Beschluss vom 14.02.2013 -
13 L 47/13 -juris).
26 Jedenfalls dürfte es auf die vom Verwaltungsgericht vermisste Vorlage des
Ausgliederungsplans für die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung nicht ankommen,
weil der Antragsgegner vor ihrem Erlass nichts Entsprechendes gegenüber der
Antragstellerin verlautbart hat und eine Sammlungsuntersagung wegen unvollständiger
Angaben, die zuvor nicht benannt oder konkretisiert wurden, wiederum unter
Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von vornherein nicht in Betracht kommen dürfte. Der
Antragsgegner hat in diesem Zusammenhang mit E-Mail vom 09.11.2012 lediglich die
Beibringung von Nachweisen verlangt, dass die ... GmbH unbeschränkter
Rechtsnachfolger der ... e.K. wurde. Aus diesem Nachforderungsverlangen war für die
Antragstellerin bereits nicht erkennbar, dass der Ausgliederungsplan vom ...2012
vorzulegen ist. Die Tatsache der Rechtsnachfolge war aus dem Handelsregister
hinreichend ersichtlich, so dass sich die Vorlage weiterer Unterlagen in diesem
Zusammenhang nicht aufdrängen musste.
27 1.1.1.2 Auch die Forderung, die bestehenden und beabsichtigten Standorte der
Sammelcontainer aufzulisten sowie Kopien der öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen
Vereinbarungen und Verträge mit sämtlichen Eigentümern der Grundstücke, auf denen
Container aufgestellt sind (auch Sondernutzungserlaubnisse), vorzulegen, dürfte von § 18
Abs. 2 KrWG nicht gedeckt sein.
28 Der Wortlaut der Vorschrift des § 18 Abs. 2 KrWG gebietet ausdrücklich weder eine
Verpflichtung des gewerblichen Sammlers, Containerstandorte mit genauen Adressen
vorzulegen, noch eine Verpflichtung, Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder
Einverständniserklärungen zum Aufstellen der Sammelcontainer zu übersenden.
29 Die Vorlage der genannten Nachweise dürfte entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts auch nicht erforderlich sein, um im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG
Art, Ausmaß, Dauer und Umfang der Sammlung feststellen zu können. Wenn § 18 Abs. 2
Nr. 2 KrWG von den gewerblichen Sammlern Angaben über Art, Ausmaß und Dauer,
insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung
verlangt, bedeutet dies, dass der Sammler den Gegenstand der Sammlung (was soll
gesammelt werden?), den räumlichen Umfang der Sammlung (wo im Landkreisgebiet, in
welcher Gemeinde soll gesammelt werden?), den zeitlichen Umfang der Sammlung
(wann, wie oft und wie lange soll gesammelt werden und welche Mindestdauer ist
geplant?) und die Art der Durchführung der Sammlung (wird im Hol- oder Bringsystem, in
Eigenregie oder durch einen Dritten gesammelt?) darzulegen hat. Um das Ausmaß der
Sammlung ermitteln zu können, dürfte es auch nicht zu beanstanden sein, wenn die
Behörde die Anzahl und die Größe der Container und ihre Verteilung auf die
Gemeindegebiete abfragt. Die Befragung nach genau bezeichneten Stellplätzen oder
danach, ob der Sammler über die erforderlichen straßenrechtlichen
Sondernutzungserlaubnisse sowie die privatrechtlichen Einverständniserklärungen und
Verträge für die einzelnen Stellflächen verfügt, findet jedoch keine Rechtsgrundlage in §
18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26.09.2013 - 10 S 1345/13
-; ebenso VG Augsburg, Urteil vom 27.02.2013 - Au 6 K 12.1415 -juris; VG Würzburg,
Beschluss vom 16.10.2012 - W 4 S 12.833 - juris).
30 Soweit der Antragsgegner einwendet, die genannten Angaben würden benötigt, um
sicherzustellen, dass die Verwertung von Abfällen ordnungsgemäß und schadlos im
Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erfolge, vermag er auch damit nicht
durchzudringen. Nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG sind der Anzeige einer gewerblichen
Sammlung auch Unterlagen beizufügen, die nachweisen, wie die ordnungsgemäße und
schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege
gewähreistet wird. § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG dient - wie die Bezugnahme auf Nr. 4 zeigt -
mithin in erster Linie der transparenten und nachvollziehbaren Offenlegung der
Verwertungswege. Im Übrigen dürfte auch zweifelhaft sein, ob die geforderten Angaben
zur Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung erforderlich sind. Nach §
7 Abs. 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den
Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie
erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der
Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der
Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im
Wertstoffkreislauf erfolgt. Unter Berücksichtigung dessen kann der Senat bei
summarischer Prüfung nicht erkennen, welche Bedeutung eine genau bezeichnete
Containerstellplatzliste bzw. Vorlage von Pachtverträgen, Sondernutzungserlaubnissen
oder Einverständniserklärungen für die Frage haben sollen, ob die Verwertung der Abfälle
ordnungsgemäß und schadlos erfolgt. Es dürfte bereits zweifelhaft sein, ob das Aufstellen
der Sammelcontainer - wie das Verwaltungsgericht annimmt - schon der Verwertung
zuzurechnen ist; denn nach § 3 Abs. 23 KrWG ist Verwertung im Sinne des
Kreislaufwirtschaftsgesetzes ein Verfahren mit einem bestimmten Hauptergebnis.
Zweifelhaft ist ferner, ob es sich - wie vom Antragsgegner und vom Verwaltungsgericht
angenommen - um eine Lagerung im Sinne von R 13 der Anlage 2 zum
Kreislaufwirtschaftsgesetz handelt. Denn die Alttextilien werden keinem in R 1 bis R 12
genannten Verwertungsverfahren zugeführt.
31 Im Übrigen dürfte § 7 Abs. 3 KrWG dahingehend auszulegen sein, dass nicht schlechthin
jeder Verstoß des Betroffenen bei der Durchführung einer anzeigepflichtigen Sammlung
gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften dazu führt, dass die Verwertung nicht mehr
ordnungsgemäß ist. Vielmehr dürfte die Vorschrift auf die spezifischen von der
Abfallbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften Bezug nehmen (OVG
Münster, Beschluss vom 19.07.1013 - 20 B 476/13 - a.a.O.). Die geforderten Angaben zu
den Containerstandorten sind aber grundsätzlich nicht notwendig für die Überprüfung, ob
die Sammlung den Zielvorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gerecht wird.
Anderenfalls würde auch der Kompetenzbereich der unteren Abfallbehörde überschritten.
Es ist nicht deren Aufgabe, sondern die der zuständigen Straßenbehörde, die
Erforderlichkeit und das Bestehen von Sondernutzungserlaubnissen zu prüfen. Ebenso
wenig kann es Aufgabe der unteren Abfallbehörde sein, die jeweiligen zivilrechtlichen
Verhältnisse zwischen Sammler und dem Grundstückseigentümer, auf dessen Grundstück
der Sammelbehälter steht, zu ermitteln oder gar auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Ein
Verstoß gegen privatrechtliche Vorschriften rechtfertigt außerdem bereits vom Wortlaut des
§ 7 Abs. 3 KrWG her nicht die Annahme, die Verwertung sei nicht ordnungsgemäß.
32 Daher kann aus der Weigerung der Antragstellerin, Standortlisten,
Sondernutzungserlaubnisse und privatrechtliche Vereinbarungen über die
Containeraufstellung vorzulegen, nicht auf deren Unzuverlässigkeit geschlossen werden.
33 1.1.1.3 Schließlich dürfte auch der Umstand, dass die Antragstellerin ihre Anzeigepflichten
nach § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 KrWG nur unzureichend erfüllt haben dürfte, noch
nicht den Schluss auf ihre Unzuverlässigkeit tragen.
34 Ungeachtet dessen, dass der Umfang der Darlegungspflichten nach diesen Vorschriften in
der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist, dürfte
die Darlegung der Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur
Sicherstellung ihrer Kapazitäten (§ 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG) und die Darlegung der
ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Rahmen dieser Verwertungswege (§
18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 KrWG) durch die Antragstellerin noch nicht hinreichend substantiiert
und plausibel sein. In diesem Zusammenhang dürften substantiierte Darlegungen zu einer
ordnungsgemäßen Sortierung und Restmüllverwertung im Bundesgebiet fehlen.
35 Auch insoweit kommt die Untersagungsverfügung aber nur als ultima ratio in Betracht.
Bevor die Behörde von der Unzuverlässigkeit des Betroffenen wegen Nichterfüllung seiner
Anzeigepflichten ausgehen darf, hat sie mildere Mittel zu ergreifen, um auf die Erfüllung
der Anzeigepflichten hinzuwirken. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt
deshalb der behördlichen Durchsetzung der Anzeigepflicht grundsätzlich Vorrang
gegenüber der sofortigen Untersagung der Sammlung zu. Die Rechtsgrundlage hierfür
ergibt sich aus § 62 i.V.m. § 18 Abs. 2 KrWG. Danach kann die zuständige Behörde die
erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des Kreislaufwirtschafts-gesetzes, also
auch des § 18 Abs. 2 KrWG, treffen. Um einer entsprechenden Anordnung Nachdruck zu
verleihen, kann die Behörde ein Zwangsgeld (§ 23 LVwVG) mit dem Verwaltungsakt
androhen (§ 20 Abs. 2 LVwVG), das nach einer erfolglosen Festsetzung beigetrieben
werden kann. Als Beugemittel kann ein Zwangsgeld auch mehrfach angedroht und
gegebenenfalls festgesetzt werden, um den Betroffenen zur Erfüllung seiner
Handlungspflicht(en) zu bewegen (Senatsurteil vom 20.09.2005 - 10 S 971/05 - VBlBW
2006, 32). Eine solche Anordnung kommt insbesondere in Betracht, wenn der Betroffene
auf eine nichtförmliche Aufforderung zur Vervollständigung seiner Anzeige nicht oder nur
unzureichend reagiert hat.
36 Unabhängig von den Möglichkeiten der Anordnung im Einzelfall (§ 62 KrWG) und ihrer
Durchsetzung mit Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§§ 18 ff. LVwVG) stellt die
Missachtung der Anzeigepflicht ferner eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld
bewehrt ist. Nach § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG handelt ordnungswidrig, wer eine Anzeige
gesetzwidrig nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet; die
Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 69 Abs. 3 KrWG mit einer Geldbuße bis zu 10.000,--
EUR geahndet werden. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren besteht unabhängig von der
behördlichen Durchsetzung der konkreten Erfüllung der Anzeigepflicht.
37 Vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG ist die Durchführung eines Bußgeldverfahrens
- ebenso wie die förmliche Anordnung zur vollständigen Durchsetzung der Anzeigepflicht -
eine Maßnahme, die den Grundrechtsträger weniger stark belastet als eine
Untersagungsverfügung und im konkreten Fall - insbesondere im Zusammenhang mit
einer Anordnung nach § 62 KrWG - dennoch zielführend sein kann. Zwar hat ein
Bußgeldbescheid in erster Linie Sanktionscharakter. Reichen Maßnahmen der
Verwaltungsvollstreckung zur Durchsetzung der Gesetzeszwecke nicht aus, können sie
aber von Geldbußen flankiert werden (vgl. Versteyl, in: Versteyl/Mann/Schomerus,
Kreislaufwirtschaftsgesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 69 Rn 1). So verhält es sich auch hier;
ausdrücklich betont die Gesetzesbegründung, dass die Bußgeldvorschriften der
Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Pflichten dienen und so die Erreichung des
Gesetzeszwecks sicherstellen (BT-Drs. 17/6052, S. 104).
38 Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Umfang der Darlegungspflichten nach § 18 Abs. 2
Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 KrWG in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung noch
nicht hinreichend konkretisiert ist. Erst wenn die Behörde ihre diesbezüglichen
Anforderungen durch eine förmliche Verfügung verbindlich konkretisiert, kann der
Betroffene zuverlässig abschätzen, welche Obliegenheiten ihm von der Behörde auferlegt
werden und hiergegen gegebenenfalls um Rechtsschutz nachzusuchen. Ohne förmliche
Durchsetzung der Anzeigepflichten läuft er hingegen Gefahr, von einer
Untersagungsverfügung überrascht zu werden, weil nicht absehbar ist, bei welchem
Sachstand die Behörde von seiner Unzuverlässigkeit überzeugt ist.
39 Vorliegend hat der Antragsgegner eine Anordnung nach § 62 i.V.m. § 18 Abs. 2 KrWG
nach Aktenlage nicht in Betracht gezogen; vielmehr wurde in dem behördlichen
Anschreiben an die Antragstellerin unmittelbar eine Untersagungsverfügung angekündigt.
Auch auf die Möglichkeit der Einleitung eines Bußgeldverfahrens wurde lediglich
hingewiesen, ohne dass dies Konsequenzen gehabt hätte. Bei summarischer Prüfung
bleibt auch offen, ob Einzelmaßnahmen zur Durchsetzung der Anzeigepflicht von
vornherein keinen Erfolg versprochen hätten. Die Antragstellerin hat lediglich mehrfach zu
erkennen gegeben, dass sie die Vorlage von Standortlisten und von
Sondernutzungserlaubnissen bzw. privatrechtlichen Gestattungsverträgen zur
Containeraufstellung ablehnt; die Weigerung bezog sich aber nicht auf die Angaben zu
den Verwertungswegen nach § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 KrWG; diesbezüglich hat
die Antragstellerin einzelne, wenn auch nicht ausreichende Angaben nachgereicht. Es
steht daher noch nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass sie insoweit weitere
plausible Angaben schlechthin verweigern und sich auch von einer Anordnung nach § 62
KrWG, der Androhung von Zwangsmitteln und Bußgeldern nicht beeindrucken lassen
wird.
40 Fehl geht schließlich die Auffassung des Antragsgegners, der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit werde dadurch gewahrt, dass die Antragstellerin nach
ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Anzeigepflichten und Einhaltung der gebotenen
Wartefrist ihre Sammlungstätigkeit jederzeit wieder aufnehmen könne. Dem dürfte
entgegenstehen, dass es sich bei der umstrittenen Untersagungsverfügung um einen
Dauerverwaltungsakt handelt, welcher der Antragstellerin in der Zukunft generell die
gewerbliche Sammlung von Alttextilien verbietet (vgl. BayVGH, Beschluss vom
24.07.2012 - 20 CS 12.841 - juris).
41 1.1.2 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann auch nicht deshalb auf die
Unzuverlässigkeit der Antragstellerin geschlossen werden, weil sie in einer Reihe von
Fällen Sammelcontainer auf öffentlichen oder privaten Grundstücken widerrechtlich
aufgestellt hat. Zwar dürften massive und systematische Verstöße gegen straßenrechtliche
Vorschriften grundsätzlich geeignet sein, Bedenken gegen die Zuverlässigkeit im Sinne
von § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG zu begründen (dazu unter 1.1.2.1). Bei der im
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Sachverhalts-
prüfung kann indes nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin ein systematisches
Fehlverhalten bei der Aufstellung von Containern in diesem Sinne an den Tag gelegt hat
(dazu unter 1.1.2.2).
42 1.1.2.1 Allerdings dürfte es vom Ansatz her nicht zu beanstanden sein, Bedenken gegen
die Zuverlässigkeit des Anzeigepflichtigen unabhängig von § 18 Abs. 2 KrWG auch
daraus abzuleiten, dass dieser häufig durch unerlaubte Sondernutzungen oder
widerrechtliches Aufstellen von Sammelcontainern auf Privatgrundstücken aufgefallen ist,
weil Sammelcontainer ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis im öffentlichen
Straßenraum oder ohne Einverständnis des Grundstückseigentümers aufgestellt wurden.
Auch in diesem Zusammenhang dürfte kein Anlass bestehen, die für eine Untersagung
relevante Frage der (Un-)Zuverlässigkeit allein anhand der in § 8 Abs. 2 der
Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) genannten Kriterien zu konkretisieren und
damit in gewisser Weise einzuschränken, weil insbesondere Verstöße gegen
straßenrechtliche Vorschriften, die hier bei der unerlaubten Containeraufstellung im
öffentlichen Straßenraum in Rede stehen, von der zuletzt genannten Norm nicht erfasst
werden dürften (vgl. hierzu zutreffend OVG Münster, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B
476/13 - a.a.O.). Auch sonst neigt der Senat zu der Auffassung, dass straßenrechtliche
Aspekte bei der Zuverlässigkeitsbeurteilung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG nicht
generell ausgenommen sind, zumindest wenn diese Aspekte in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem im Kreislaufwirtschaftsgesetz geregelten Vorgang der Sammlung
stehen (ebenso OVG Münster, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 - a.a.O.). Davon
ist in der vorliegenden Fallgestaltung auszugehen, weil nach § 3 Abs. 15 KrWG eine
Sammlung gerade auch durch das Einsammeln von Abfällen charakterisiert wird und das
Aufstellen von Containern unmittelbar dem Einsammeln von Abfällen (Alttextilien) dient.
Kommt es gerade dabei zu systematischen und massiven Verstößen gegen
straßenrechtliche Normen, indem Sammelbehälter im öffentlichen Verkehrsraum ohne die
erforderliche Sondernutzungserlaubnis aufgestellt werden, können durchgreifende
Bedenken gegen die Zuverlässigkeit im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt KrWG
sprechen, wenn bei prognostischer Betrachtung die Gefahr besteht, dass es im Fall der
Durchführung der Sammlung ebenfalls zu solchen gewichtigen Verstößen kommen wird.
Letzteres dürfte bei systematischen und massiven Verstößen in der Vergangenheit in der
Regel angenommen werden können (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B
476/13 - a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 08.04.2013 - 20 CS 13.377 - juris; VG
Düsseldorf, Beschluss vom 19.04.2013 - 17 L 440/13 - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss
vom 03.05.3013 - 9 L 1622/12 - juris).
43 Entsprechendes gilt, wenn Sammelcontainer widerrechtlich auf Privatgrundstücken
aufgestellt werden. Auch im Rahmen des § 35 GewO rechtfertigen Zuwiderhandlungen
gegen zivilrechtliche Normen, die nicht zugleich Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten
sind, eine Gewerbeuntersagung dann, wenn die Rechtsverstöße so häufig auftreten, dass
sie auf charakterliche Mängel schließen lassen, die die Unzuverlässigkeit des
Gewerbetreibenden im Hinblick auf das ausgeübte Gewerbe begründen (Ziekow,
Öffentliches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2010, § 10 Rn 49; Ennuschat, in: Tettinger/Wank/
Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, § 35 Rn 75). Wird bei der Durchführung der Sammlung
systematisch und massiv gegen zivilrechtliche Vorschriften verstoßen, indem
Sammelcontainer regelmäßig auf Privatgrundstücken ohne Einverständnis der Eigentümer
aufgestellt werden, vermag dies grundsätzlich den Schluss auf die Unzuverlässigkeit im
abfallrechtlichen Sinne zu rechtfertigen.
44 1.1.2.2 Nach derzeitigem Sach- und Streitstand fehlt es vorliegend aber an einer
ausreichenden Tatsachengrundlage, auf die bei der in diesem Verfahren gebotenen
Prüfungstiefe die Annahme eines systematischen Fehlverhaltens in dem zuvor
bezeichneten Sinne und einer hinreichend gewichtigen Gefahr des Eintritts unerlaubter
Sondernutzungen oder massiver Verstöße gegen zivilrechtliche Normen bei Durchführung
der Sammlung gestützt werden kann. Auch in diesem Zusammenhang dürfte allein der
Umstand, dass die Zuverlässigkeit der Antragstellerin im Hinblick auf ihr
Geschäftsgebaren bei der Aufstellung von Sammelcontainern ohne die geforderten
Angaben nicht abschließend geprüft werden kann, noch nicht die Annahme rechtfertigen,
dass tatsächlich Unzuverlässigkeit aufgrund derartiger Verstöße vorliegt. Sonstige
Tatsachen, die auf eine massive und systematische Missachtung der Rechtsordnung bei
der Aufstellung von Containern hindeuten, sind von dem Antragsgegner nicht in dem
erforderlichen Umfang dargetan worden. Zutreffend dürfte der Antragsgegner freilich
davon ausgegangen sein, dass dabei nicht nur von der Antragstellerin bzw. ihrem
Geschäftsführer begangene Verstöße in den Blick zu nehmen sind, sondern ihr auch
solche der „... ... e.V.“ und der „...“ zuzurechnen sind.
45 Dies folgt bereits daraus, dass auch im Falle der von der „... ... e.V.“ angemeldeten
Sammlung die Antragstellerin Trägerin der Sammlung im Sinne von § 3 Abs. 10 KrWG
sein dürfte. Gemäß § 2 Abs. 2 des zwischen der „... e.V.“ und der Rechtsvorgängerin der
Antragstellerin am 28.02.2012 abgeschlossenen Auftragsvertrages wird die Sammlung in
tatsächlicher Hinsicht im wesentlichen durch die Antragstellerin bzw. ihre
Rechtsvorgängerin durchgeführt; diese hat insbesondere maßgeblichen Einfluss auf den
Ort der Containeraufstellung. Eine Zurechnung des Verhaltens der „...“ ist bereits deshalb
geboten, weil diese als BGB-Gesellschaft nicht gewerbefähig ist und nach der an das
gewerberechtliche Begriffsverständnis anknüpfenden Vorschrift des § 3 Abs. 10 KrWG
auch nicht Sammler von Abfällen sein kann (ebenso VG Regensburg, Beschluss vom
04.04.2013 - RN 7 S 13.253 - im Anschluss an die ständige gewerberechtliche
Rechtsprechung, vgl. hierzu etwa VG Neustadt, Beschluss vom 02.11.2012 - 4 L
862/12.NW - GewA 2013, 83; OVG Lüneburg, Beschluss vom 31.07.2008 - 7 LA 53/08 -
NVwZ-RR 2009, 103; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.05.2012 - 6 S 998/11 - VBlBW 2012,
472). Bei der Prüfung der gewerberechtlichen und abfallrechtlichen Zuverlässigkeit ist
deshalb auf die Person der Gesellschafter, regelmäßig die geschäftsführenden
Gesellschafter, abzustellen. Da die „...“ im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners
durch die Antragstellerin vertreten wird (vgl. hierzu § 5 des Kooperationsvertrages vom Mai
2011), müssen ihr etwaige Rechtsverstöße der Erstgenannten bei der Aufstellung von
Sammelcontainern als eigene zugerechnet werden. Selbst bei der gebotenen
Gesamtbetrachtung unter Zurechnung der unter der Bezeichnung „...“ und ... ... e.V.“
begangenen Verstöße kann jedoch nicht festgestellt werden, dass diese ein derartiges
Ausmaß angenommen haben, um bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
gebotenen Prüfungstiefe auf eine systematische Missachtung der Rechtsordnung bei der
Aufstellung von Containern schließen zu können. Den von dem Antragsgegner
vorgelegten Verwaltungsakten lässt sich lediglich entnehmen, dass es zu wiederholten
Beschwerden von Gemeinden und wohl auch von Privatpersonen wegen Verstößen
gegen öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Normen im Zusammenhang mit der
Containeraufstellung gekommen ist. Bereits der Anzahl nach reichen die dokumentierten
Verstöße nicht für die Annahme eines systematischen Fehlverhaltens aus. Für die
abschließende Prüfung dieser Frage wird vor allem auch das zukünftige Verhalten der
Antragstellerin bei der Aufstellung von Containern nach Klärung der Rechtslage durch den
Senat zu würdigen sein.
46 1.2 Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kann die Untersagungsverfügung auch
nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt. KrWG gestützt werden. Danach ist die Sammlung zu
untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG
genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1
Nr. 4 KrWG besteht eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger nicht nur für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer
ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, es sei denn,
überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung entgegen.
47 Schon nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt. KrWG kommt die Untersagung der
Sammlung allerdings nur in Betracht, wenn die Einhaltung der Regelung des § 17 Abs. 2
Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht anders zu gewährleisten ist. Der Gesetzgeber trägt damit dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung; die Untersagung ist auch hier ultima ratio
(vgl. grundlegend Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 - juris m.z.w.N.). Als
milderes Mittel kommen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG insbesondere Bedingungen,
Befristungen und Auflagen in Betracht. Allerdings macht der Antragsgegner geltend,
mangels hinreichender Angaben der Antragstellerin derartige Eingriffsmaßnahmen nicht
sinnvoll ergreifen zu können. Es kann bei summarischer Prüfung nicht abschließend
geklärt werden, ob - wie die Antragstellerin vorträgt - die vorliegenden lückenhaften
Angaben und Erkenntnisse hinreichende Grundlage für die Prüfung von Maßnahmen nach
§ 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG sind. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt
jedenfalls auch insoweit der behördlichen Durchsetzung der Anzeigepflichten
grundsätzlich Vorrang gegenüber dem Erlass einer sofortigen Untersagungsverfügung zu.
Denn in dieser Fallgestaltung stehen der Behörde mildere Maßnahmen zur Verfügung, um
den Betroffenen zur Vervollständigung seiner Angaben auch im Hinblick auf die
Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit der Verwertung zu veranlassen.
48 Allerdings dürfte eine sofortige Untersagungsverfügung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt.
KrWG zulässig sein, wenn bereits feststeht, dass eine ordnungsgemäße und schadlose
Verwertung nicht erfolgt und mildere Maßnahmen zu deren Gewährleistung nicht geeignet
sind. Dies dürfte vorliegend aber noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit anzunehmen
sein. Auch in diesem Zusammenhang kann die Nichtprüfbarkeit eines
Tatbestandsmerkmals nicht ohne weiteres zu Lasten des Betroffenen damit gleichgesetzt
werden, dass das für ihn günstige Tatbestandsmerkmal nicht vorliegt. Weigert sich der
Betroffene allerdings beharrlich, die Verwertungswege und die ordnungsgemäße und
schadlose Verwertung in diesem Rahmen darzulegen, dürfte hieraus auch geschlossen
werden können, dass er zu einer solchen Darlegung deshalb nicht in der Lage ist, weil
eine schadlose und ordnungsgemäße Verwertung tatsächlich nicht erfolgt. Diese
Schlussfolgerung dürfte aber erst gerechtfertigt sein, wenn die Behörde förmlich auf die
Erfüllung der diesbezüglichen Anzeigepflichten hingewirkt hat und ihre Anforderungen an
die gesetzlichen Anzeigepflichten nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5 KrWG nicht
überspannt.
49 2. Auch bei einer allgemeinen, von den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren
unabhängigen Interessenabwägung kommt im vorliegenden Fall dem Interesse der
Antragstellerin an einer vorläufigen Durchführung der Sammlung der Vorrang gegenüber
dem öffentliche Interesse an einer sofortigen Untersagung der Tätigkeit zu (ebenso OVG
Münster, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 - a.a.O.).
50 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Sammlungstätigkeit der Antragstellerin in den
Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG fällt. Wird die
sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung bestätigt und der Antragstellerin damit
jedenfalls vorübergehend ein Sammeln verwehrt, tritt deshalb auf ihrer Seite eine
schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung ein, wenn sich
die Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen sollte.
Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Untersagung der Sammeltätigkeit eine
Existenzgefährdung der Antragstellerin eintritt und unabhängig davon, in welchem Umfang
ihr während der Dauer der Untersagung Einnahmen unwiederbringlich verloren gehen
und bereits getätigte Investitionen, etwa für die Anmietung von Containerstellplätzen, sich
als nutzlos erweisen könnten.
51 Eine vergleichbar starke Beeinträchtigung öffentlicher Interessen für den Fall, dass die
sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung ausgesetzt wird und die Antragstellerin
vorläufig weitersammeln kann, im Hauptsacheverfahren jedoch die Rechtmäßigkeit der
Untersagungsverfügung festgestellt wird, lässt sich demgegenüber nicht feststellen. Wie
oben näher dargelegt, bestehen noch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, von einer
Unzuverlässigkeit der Antragstellerin auszugehen. Es steht auch noch nicht hinreichend
fest, dass die öffentlichen Interessen in Gestalt der ordnungsgemäßen und schadlosen
Verwertung von Abfällen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG tatsächlich
beeinträchtigt werden, oder sonst die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wird.
Auch der - seinerseits nicht hinreichend belegte - Vorwurf des Antragsgegners, dass sich
die Antragstellerin einen rechtswidrigen Wettbewerbsvorteil verschaffe, ist nicht dazu
geeignet, eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darzutun.
52 Rechtfertigen keine überwiegenden öffentlichen Interessen die Anordnung der sofortigen
Vollziehung, verbleibt es beim gesetzlichen Regelfall der aufschiebenden Wirkung nach §
80 Abs. 1 VwGO.
53 Nach alledem war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin
hinsichtlich Nummer 1 der angefochtenen Verfügung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO
wiederherzustellen.
54 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
55 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 und 3, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und §
52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nrn. 1.5 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467).
56 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).