Urteil des VG Saarlouis vom 19.05.2010

VG Saarlouis: klinik, delegation, chirurgie, praktische ausbildung, arbeitsorganisation, mitbestimmungsrecht, pilotprojekt, entlastung, konzept, pflegepersonal

VG Saarlouis Beschluß vom 19.5.2010, 9 K 338/10
Delegation ärztlicher Tätigkeiten auf speziell qualifizierte Pflegekräfte eines
Universitätsklinikums
Leitsätze
Die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegekräfte (hier Pilotprojekt) unterfällt der
eingeschränkten Mitbestimmung nach dem SPersVG
Tenor
Es wird festgestellt, dass die von dem Vorstand der Universitätskliniken des Saarlandes am
20.01.2010 beschlossene Delegation der in der Vorstandsvorlage vom 07.12.2009 und
der zugehörigen Tätigkeitsmatrix vom 03.12.2009 genannten ärztlichen Tätigkeiten auf
Pflegekräfte im Bereich der Klinik für Herz-Thorax-Gefäßchirurgie gemäß § 84 Nr. 5
SPersVG der Mitbestimmung des Antragstellers unterfällt und die Umsetzung des
Vorstandsbeschlusses durch den Beteiligten vor Abschluss des Beteiligungsverfahrens die
Rechte des Antragstellers verletzt.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Universitätsklinikum des Saarlandes (nachfolgend: UKS) verfolgt - zunächst in einem
Modellversuch - den Einsatz speziell qualifizierter Pflegekräfte (SQP) zur Entlastung des
ärztlichen Dienstes. Zu diesem Zwecke erfolgte eine Vor-standsvorlage betreffend die Klinik
für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie/Projektsteuerungsbüro beim Vorstand (Version 1) vom
07.12.2009 wonach vor dem Hintergrund der nationalen Entwicklung zur Praxis einer
„erweiterten Pflege“ (Advanced Nursing Practice, ANP) durch speziell qualifizierte
Pflegekräfte nach Maßgabe der der Vorlage beigefügten Tätigkeitsmatrix für speziell weiter
gebildete Pflegekräfte an der Klinik für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie am UKS mit Stand
vom 03.12.2009 die probeweise Übertragung dieses Modells vorgeschlagen wird, weil im
Klinikalltag speziell qualifizierte Pflegekräfte die Ärzte in den Routineaufgaben durch
Übernahme delegierbarer Leistungen deutlich entlasten könnten, wobei rein ärztliche
Maßnahmen, die nicht delegierbar seien, nicht übernommen werden sollten. Aus der
Tätigkeitsmatrix ergeben sich gelb hinterlegte Felder (in der von dem Antragsteller
vorgelegten Kopie grau hinterlegt) mit Tätigkeiten, die ausschließlich von approbierten
Ärzten und nicht von speziell weiter gebildeten Pflegekräften ausgeführt werden sollen, und
nicht farblich hinterlegte Felder, die als zusätzliche Tätigkeiten für speziell weiter gebildete
Pflegekräfte in Frage kommen. Diese betreffen die Bereiche Kommunikation, Klinische
Tätigkeit, Qualifikation anstreben, Teilnahme an Sitzungen.
Mit Schreiben vom 21.01.2010 teilte der Beteiligte dem Antragsgegner mit, dass der
Vorstand des UKS am 20.01.2010 das vorgeschlagene Konzept zur Delegation ärztlicher
Maßnahmen im Bereich der Klinik für Herz-Thorax-Gefäßchirurgie beschlossen habe. Mit
der Realisierung diese Konzeptes sei beabsichtigt, die Abläufe in der Klinik zu verbessern,
wobei allerdings keineswegs ein Berufsbild geschaffen werden solle, sondern die
Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter, die die Aufgaben und Tätigkeiten nach diesem Konzept
übernähmen, unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen eine tarifliche
Zulage erhalten sollten. Die Umsetzung der grundsätzlichen Vorgaben des Konzeptes sei
durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers abgedeckt. Trotzdem werde der Antragsteller
gebeten, das Konzept zu unterstützen. Die individuellen Maßnahmen (tarifliche Zulage)
unterlägen selbstverständlich der Mitbestimmung und würden im Einzelfall beantragt
werden. Beigefügt war das oben beschriebene Konzept zur Delegation ärztlicher
Maßnahmen. Mit Schreiben vom 23.02.2010 bekräftigte der Beteiligte seine Auffassung,
dass die Umsetzung der grundsätzlichen Vorgaben des Pilotprojektes durch das
Direktionsrecht des Arbeitgebers abgedeckt seien und es sich deshalb nicht um eine
mitbestimmungspflichtige Maßnahme nach dem SPersVG handele; selbstverständlich
würden bei der Durchführung der individuellen Maßnahmen (tarifliche Zulagen) eine
Beteiligung des Antragstellers im Einzelfall erfolgen. Mit Schreiben vom 15.01.2010,
bekräftigt durch Schreiben vom 23.02.2010, teilte der Antragsteller dem Beteiligten mit,
dass er in seinen Sitzungen am 15.01.2010 und 24.02.2010 beschlossen habe, das
Beschlussverfahren nach § 113 SPersVG einzuleiten, da die beabsichtigte Maßnahme der
Mitbestimmung nach § 78 Abs. 1 Nr. 10, Nr. 4 SPersVG und § 80 Abs. 1 b) Nr. 2 sowie §
80 Abs. 1 b), Abs. 2 a) SPersVG bedürfe.
Mit Schriftsatz vom 09.04.2010 beantragte der Antragsteller am 13.04.2010 die
gerichtliche Entscheidung gemäß § 113 SPersVG unter Hinweis darauf, dass das
beabsichtigte Projekt seiner Mitbestimmung unterfalle. Angesichts der Umstände, dass das
Projekt die Übertragung ärztlicher Leistungen auf Pflegekräfte vorsehe, sich aus der
Projektvorlage nicht ergebe, inwieweit und welche Ausbildung die speziell weiter gebildeten
Pflegekräfte für die Übernahme der in der Tätigkeitsmatrix im Einzelnen aufgeführten
Tätigkeiten als Voraussetzung mitbringen müssten und nach aktuellem Kenntnisstand
Pflegekräfte mit längerer Berufserfahrung für die Übertragung der Aufgaben, die als
ärztliche Tätigkeiten nach wie vor gegenüber den Patienten bzw. den Leistungsträgern
abgerechnet werden sollten, vorgesehen seien, gehe die Auffassung des Beteiligten fehl,
dass die fragliche Delegation keiner Mitbestimmung bedürfe und das Beteiligungsrecht nur
individuelle Maßnahmen der Umsetzung umfasse. Das geplante Projekt werfe erhebliche
zivilrechtliche Haftungsfragen auf, die auch die Pflegekräfte beträfen. Die Fragen einer
strafrechtlichen Verantwortung bei Übernahme ärztlicher Tätigkeiten durch Pflegekräfte,
die Frage der Abrechnungsfähigkeit an sich ärztlicher Leistungen, die durch Pflegekräfte
erfüllt würden, das Informationsbedürfnis der Patienten, versicherungsrechtliche Fragen
und viele weitere Aspekte seien bei Aufstellung des Projektes völlig unberücksichtigt
geblieben. Auch die Fragen nach arbeitsrechtlichen Konsequenzen und wann und wie
tarifliche oder einzelvertragliche Zulagen gewährt würden, seien nicht beantwortet worden.
Es sei nicht geregelt, welche speziell weiter gebildeten Pflegekräfte im Rahmen des
Projektes die Verantwortung übernehmen könnten und müssten und wer die einzelnen
ärztlichen Tätigkeiten dann auf die speziellen Pflegekräfte delegiere. Es gebe bis heute
weder eine theoretische noch eine praktische Ausbildung der speziellen Pflegekräfte bzw.
ein Ausbildungskonzept, das die Inhalte zur Erlangung der erforderlichen Fähigkeiten und
Kenntnisse bestimme. Innerhalb des Projektes gebe es keine Erklärungen dazu, wer die
theoretische Ausbildung übernehme und wo diese stattfinden solle. Pflegepersonal dürfe
ärztliche Tätigkeiten nur ausnahmsweise und nur unter strengen Vorgaben ausführen.
Ohne genaue Festlegung dieser Vorgaben und Voraussetzungen sei die Übertragung der
grundsätzlich den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten auf Pflegekräfte eine rechtswidrige
Maßnahme, zumal ärztliche Leistungen grundsätzlich nur von approbierten und
zugelassenen Ärzten ausgeübt werden dürften.
Vor diesem Hintergrund stelle die Übertragung der ärztlichen Tätigkeiten auf speziell weiter
gebildete Pflegekräfte eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme dar - dies nicht zuletzt
auch vor dem weiteren Hintergrund, dass die Abrechnung ärztlicher Leistungen, die von
nicht ärztlichen Pflegekräften erbracht würden, gegenüber Patienten und Leistungsträgern
erfolge. Von daher und dann, wenn eine entsprechende Information der Patienten nicht
erfolgen sollte, sei die Maßnahme rechtswidrig mit der Folge, dass der Antragsteller auch
die Zustimmung gemäß § 80 Abs. 2 SPersVG verweigern könne.
Durch die Einleitung der Maßnahme ohne Zustimmung des Antragstellers werde dessen
Mitbestimmungsrecht umgangen. Diese sei nämlich nach § 73 SPersVG einzuholen
gewesen. Im Einzelnen ergebe sich dies aus folgenden Erwägungen:
Es bestehe ein Mitbestimmungsrecht nach § 78 Abs. 1 Nr. 9 SPersVG, wonach
Maßnahmen, die der Anhebung der Arbeitsleistung dienten, nur mit Zustimmung des
Personalrates möglich seien. Darunter fielen auch Maßnahmen, die Arbeiten von einer
eingesparten Stelle auf andere Beschäftigte verlagerten mit der Folge, dass dort die
Arbeitsleistung gehoben werde. Durch die Übertragung ärztlicher Maßnahmen auf
Pflegekräfte werde selbstverständlich auch deren Aufgabengebiet und Arbeitsleistung
angehoben. Ferner handele es sich auch um eine Maßnahme zur Erleichterung des
Arbeitsablaufes im Sinne von § 78 Abs. 1 Nr. 9 SPersVG. Danach seien Maßnahmen, die
qualitativ und quantitativ die Effektivität der Arbeit fördern sollten, mitbestimmungspflichtig.
Dies gelte insbesondere dann, wenn eine erhöhte Inanspruchnahme der Betroffenen als
Folge festzustellen sei, was sich durch die Verlagerung ärztlicher Leistungen auf die
Pflegekräfte ergebe, weil diese qualitativ und quantitativ vermehrt in Anspruch genommen
würden.
Die Maßnahme sei auch nach § 78 Abs. 1 Nr. 10 SPersVG mitbestimmungspflichtig, da mit
ihr eine grundlegend neue Arbeitsmethode eingeführt werde, was auch bei der Erweiterung
von Aufgabenbereichen einzelner Mitarbeiter gelte und auch die Einführung derartiger
Arbeitsmethoden zur Probe umfasse.
Ferner sei eine Mitbestimmung des Antragstellers nach § 78 Abs. 1 Nr. 11 SPersVG
erforderlich, weil der Personalrat auch bei der Gestaltung der Arbeitsplätze
mitzubestimmen habe. Diese umfasse auch die spätere Umgestaltung, und zwar
organisatorisch und auch arbeitstechnisch.
Weiter stehe ihm das Mitbestimmungsrecht nach § 80 Abs. 1 b) Nr. 2 SPersVG zu, weil es
sich vorliegend um die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit handele. Im Übrigen
könne er auch nach § 80 Abs. 2 SPersVG die Zustimmung verweigern, da die Delegation
ärztlicher Tätigkeiten im Rahmen des Direktionsrechtes auf einzelne Arbeitnehmer nach der
Tätigkeitsmatrix vom 03.12.2009 rechtswidrig sei, weil diese Arbeiten dem Arzt
vorbehalten seien. Außerdem bestehe das Mitwirkungsrecht nach § 83 Abs. 2 SPersVG.
Vorsorglich berufe er sich auch auf die Mitbestimmungstatbestände aus § 84 Nr. 3 bzw. §
84 Nr. 5 SPersVG.
Der Antragsteller beantragt
festzustellen, dass die von dem Vorstand der Universitätskliniken des
Saarlandes am 20.01.2010 beschlossene Delegation der in der
Vorstandsvorlage vom 07.12.2009 und der zugehörigen
Tätigkeitsmatrix vom 03.12.2009 genannten ärztlichen Tätigkeiten
auf Pflegekräfte im Bereich der Klinik für Herz-Thorax-Gefäßchirurgie
gemäß § 78 Abs. 1 b) Nr. 9, 10 und 11, § 80 Abs. 1 b) Nr. 2, § 83
Abs. 2, § 84 Nr. 3 und Nr. 5 SPersVG der Mitbestimmung bzw.
Mitwirkung unterfällt und die Umsetzung des Vorstandsbeschlusses
durch den Beteiligten vor Abschluss des Beteiligungsverfahrens die
Rechte des Antragstellers verletzt.
Der Beteiligte beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er verweist zur Begründung eingangs darauf, dass aus einer finanziellen Mangelsituation im
Gesundheitswesen und einem flächendeckenden Ärztemangel ein steigender Bedarf dafür
folge, die Behandlungsqualität für die Patienten beizubehalten und zu verbessern. Damit
einher gehe die Neustrukturierung von Prozessen in Krankenhäusern, bei denen es neben
dem ökonomischen Ziel auch Erfordernisse des ärztlichen und pflegerischen Dienstes und
selbstverständlich die Bedürfnisse der Patienten zu beachten gelte. Diesen sich
verändernden Umständen Rechnung zu tragen entspreche das dem Verfahren zugrunde
liegende Projekt. Die darin geplante Delegation ärztlicher Tätigkeiten auf das Pflegepersonal
als solcher stelle einen Vorgang dar, der der Mitbestimmung des Antragstellers nicht
unterfalle. Die geplante Delegationsmaßnahme als solche unterfalle alleine dem
Direktionsrecht des Arbeitgebers. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich
hingegen im Rahmen einzelner Maßnahmen zur Umsetzung des Projektes; eine
entsprechende Beteiligung des Antragstellers werde insoweit erfolgen.
Im Übrigen tritt der Beteiligte dem Vorbringen des Antragstellers im Einzelnen entgegen.
Die geplante Delegation stelle keine Einführung einer grundlegend neuen Arbeitsmethode
im Sinne von § 78 Abs. 1 Nr. 10 SPersVG dar, da es sich um eine bloße Verbesserung
einer bereits praktizierten Arbeitsmethode handele und nicht, wie der
Mitbestimmungstatbestand voraussetze, die Einführung einer absolut neuen Arbeitsweise.
Teilweise sei es nämlich bereits heute, den praktischen Gegebenheiten geschuldet, dass
delegierbare Aufgaben in gewissem Umfang vom Pflegepersonal ausgeführt würden. Dies
solle auf eine rechtlich fundierte Grundlage gestellt werden und die Abgrenzung der
Tätigkeiten für alle Mitarbeiter rechtssicher gestaltet werden. Darin sei die Einführung einer
neuen Arbeitsweise sicherlich nicht zu sehen.
Es gehe auch nicht um die Gestaltung der Arbeitsplätze im Sinne von § 78 Abs. 1 Nr. 11
SPersVG, da dieser Mitbestimmungstatbestand allein die Arbeitsräume, Anordnung und
Beschaffenheit von Arbeitsplätzen u.s.w. betreffe.
Hinsichtlich eines etwaigen Mitbestimmungsrechtes nach § 80 Abs. 1 b) Nr. 2 SPersVG sei
festzuhalten, dass mit der Realisierung des geplanten Konzeptes keinesfalls ein neues
Berufsbild geschaffen werden solle. Daneben sei vorgesehen, dass den betroffenen
Mitarbeitern unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen eine tarifliche Zulage
gewährt werden solle, wobei es sich um eine individuelle Maßnahme handele, die
selbstverständlich der Mitbestimmung des Personalrates, die im Einzelfall beantragt
werden solle, unterliege.
Soweit sich der Antragsteller auf § 80 Abs. 2 SPersVG beruft, sei diese Vorschrift nicht
einschlägig, weil die geplante Maßnahme nicht von der Zustimmung des Personalrates
abhänge. Im Übrigen liege die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vor. Es sollten nämlich
ausschließlich delegierbare Aufgaben künftig von entsprechend ausgewählten
Pflegepersonen durchgeführt werden.
Letztlich sei auch § 83 Abs. 2 SPersVG nicht einschlägig, weil es bei dem Projekt nicht um
eine abstrakt generelle Maßnahme, die im Rahmen einer Verwaltungsanordnung geregelt
werde, handele. Wie der Vorstandsvorlage zu entnehmen sei, gehe es hier um ein
unmittelbares Projekt, mithin um einen Einzelfall am UKS. Daran ändere sich auch nichts
dadurch, dass das Projekt zunächst als Pilotprojekt geplant sei und bei Erfolg eventuell an
anderer Stelle umgesetzt werden könne. Dabei werde es sich stets um im Einzelnen genau
geplante, abgrenzbare Bereiche handeln; eine generelle, auf das gesamte UKS bezogene
allgemeine Delegation könne und werde nicht stattfinden.
Das Gericht hat den Antragsteller und den Beteiligten mit Ladungsschreiben vom
30.04.2010 darauf hingewiesen, dass auch die Prüfung der Mitbestimmungstatbestände
aus §§ 84 Nr. 3 bzw. 84 Nr. 5 SPersVG in Frage kommen könne.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der
beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beteiligten, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung war, verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Beteiligungsrechtes des
Antragstellers an der mit Beschluss des Vorstandes vom 20.01.2010 (zum Datum vgl. das
Schreiben des Beteiligten vom 21.01.2010) erfolgten probeweisen Delegation ärztlicher
Tätigkeiten auf Pflegekräfte ist nach Maßgabe des Tenors begründet, im Übrigen aber
zurückzuweisen, soweit der Antragsteller darüber hinausgehende Beteiligungsrechte
geltend macht.
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung
des Antragstellers an der vom Beteiligten mit dessen Schreiben vom 21.01.2010 an den
Antragsteller vorgesehenen Delegation ärztlicher Maßnahmen in der Herz-Thorax-
Gefäßchirurgie auf der Grundlage des Vorstandsbeschlusses vom 20.01.2010 über die
Umsetzung des Konzeptes „Speziell qualifizierte Pflegekräfte (SQP) zur Entlastung des
ärztlichen Dienstes in der Klinik für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie“, dem als Pilotphase
für zwei Jahre und begrenzt auf die benannte Klinik zugestimmt worden ist mit der
Maßgabe, dass in der Pilotphase auch die Übertragbarkeit des Konzepts auf andere Kliniken
geprüft werden soll. Dabei verdeutlicht das Schreiben des Beteiligten vom 21.01.2010,
dass auf der Grundlage des Vorstandsbeschlusses „die Umsetzung der grundsätzlichen
Vorgaben des Konzeptes“ der Vorstandsvorlage vom 07.12.2009 und der dieser
beigefügten „Tätigkeitsmatrix für speziell weitergebildete Pflegekräfte zusätzlich zu den
Tätigkeiten im Rahmen Pflege“ bezogen auf die „Klinik für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie
am UKS“ vom 03.12.2009 unmittelbar in die Wege geleitet werden soll.
Die so beschlossene Konzeption und deren bevorstehende bzw. zum Teil bereits in die
Wege geleitete Umsetzung in Form eines Pilotprojektes des unter Berücksichtigung der
Tätigkeitsmatrix vom 03.12.2009 und deren Erläuterung in der mündlichen Verhandlung
der Kammer durch den Leiter des Projektsteuerungsbüros P. D. M. stellt eine die Tätigkeit
der von dem Antragsteller vertretenen Pflegekräfte der Klinik für Thorax- und Herz-
Gefäßchirurgie unmittelbar berührende Regelung dar. Die damit verbundenen
Veränderungen für die dort tätigen Pflegekräfte und die von ihnen zu leistende
Aufgabenerfüllung führt ersichtlich zur Schaffung einer bisher nicht vorhanden gewesenen
neuen (mittleren) Verantwortungs- und Hierarchieebene. Dies ist zudem verbunden mit
Veränderungen des Verhältnisses der Arbeitserfüllung durch die nichtärztlichen Mitarbeiter
zueinander, weil die Abgrenzung der bisherigen pflegerischen bzw. den Ärzten
zuarbeitenden Tätigkeit durch nichtärztliche Mitarbeiter anders als bisher festgelegt wird.
Dabei stellt sich nicht nur die Frage, was entsprechend qualifizierten bzw. zu
qualifizierenden Mitarbeitern an bisher den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten
eigenverantwortlich (bzw. alleiniger nachträglicher Kontrolle durch Ärzte unterworfen)
generell übertragen wird, sondern auch die Frage, was dem so qualifizierten Mitarbeiter bei
der Arbeitsverteilung noch von seinem bisherigen Tätigkeitsbereich verbleibt und wer
dessen bisherige, rein pflegerische Tätigkeiten im arbeitszeitlichen Rahmen übernimmt.
Von daher greift die beabsichtigte Regelung derart tiefgreifend in den Betriebsablauf ein,
dass sich auch die Frage der Betroffenheit derjenigen Mitarbeiter stellt, denen delegierbare
ärztliche Maßnahmen im Sinne des Vorstandsbeschlusses nicht übertragen werden sollen.
Hiervon ausgehend ist vorab klarzustellen, dass der Umstand, dass innerhalb der fraglichen
Teileinheit der Dienststelle mit der Umsetzung bereits begonnen worden ist, nicht dazu
führt, dass ein Rechtsschutzinteresse an dem vorliegenden Antrag entfällt, weil
offensichtlich ist, dass die Umsetzung des Vorstandsbeschlusses, der sich auf eine längere
Pilotphase von zwei Jahren bezieht, gerade erst angelaufen und damit noch einer
wirksamen Beteiligung des Antragstellers zugänglich ist und zudem auch ohne Weiteres
noch die Möglichkeit besteht, von dem Pilotprojekt abzusehen, falls sich im
Beteiligungsverfahren herausstellt, dass genügende Gründe für einen Abbruch des
Pilotprojektes sprechen sollten.
Von der so verstandenen, vom Beteiligten beabsichtigten Maßnahme ausgehend besteht
ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers im Ergebnis alleine auf der Grundlage von § 84
Nr. 5 SPersVG. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:
Der von dem Antragsteller geltend gemachte Mitbestimmungstatbestand nach § 78 Abs. 1
Nr. 9 SPersVG scheidet aus, weil die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf speziell
qualifizierte Pflegekräfte im Sinne des zugrundeliegenden Konzepts weder eine Hebung der
Arbeitsleistung noch eine Erleichterung des Arbeitsablaufes darstellt. Eine Maßnahmen zur
Hebung der Arbeitsleistung setzt voraus, dass sie darauf abzielt, die Effektivität der Arbeit
qualitativ oder quantitativ zu fördern, d. h. Güte oder Menge der zu leistenden Arbeit zu
steigern. Die beabsichtigte Maßnahme muss in diesem Falle darauf angelegt sein, auf
einem oder mehreren Arbeitsplätzen einen höheren mengenmäßigen Arbeitsertrag zu
erzielen oder die Qualität des Arbeitsproduktes zu verbessern.
Vgl. dazu den Beschluss der Kammer vom 28.05.2001, 9 K 13/99.PVL
Mit der hier vorgesehenen Entlastung des ärztlichen Dienstes wird ersichtlich aber weder
ein höherer mengenmäßiger Arbeitsertrag erreicht, weil dieser insgesamt gleich bleibt und
nur zum Teil durch anders qualifizierte Arbeitskräfte erfüllt wird, als dies bisher der Fall war.
Jedenfalls ergibt sich aus dem Vorstandsbeschluss die für das Vorliegen dieses
Mitbestimmungstatbestandes zu fordernde Zielgerichtetheit auf einen höheren
mengenmäßigen Arbeitsertrag gerade nicht. Nichts anderes gilt für das Merkmal einer
Verbesserung der Qualität des Arbeitsproduktes, da durch die Aufgabenverlagerung weder
eine qualitative Verbesserung der im Einzelnen zu übertragenden ärztlichen Tätigkeiten
erzielt werden soll, noch generell die Behandlung und Heilung der Patienten optimiert
werden soll und kann.
Der weiter geltend gemachte Mitbestimmungstatbestand der Gestaltung der Arbeitsplätze
nach § 78 Abs. 1 Nr. 11 SPersVG greift ebenfalls nicht ein, weil dieser
Mitbestimmungstatbestand alleine die Ausgestaltung der räumlichen und technischen
Bedingungen, unter denen die Arbeit zu verrichten ist, betrifft. Bei der vorliegenden
fraglichen Konzeption geht es aber alleine darum, neu zu regeln, welche Arbeiten und wie
diese von welchen Mitarbeitern der Klinik zu erfüllen sind. Dabei soll nicht verkannt werden,
dass in der Folge der Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf speziell qualifizierte
Pflegekräfte etwa Fragen der technischen Bedingungen, unter den diese ihre Arbeit
verrichten, aufgeworfen werden können. Derartige Fragen stellen sich aber erst in der
konkreten Umsetzungsphase und im konkreten Einzelfall, so dass die hier fragliche
konzeptionelle Umsetzungsentscheidung diesen Mitbestimmungstatbestand nicht tangiert.
Auch soweit sich der Antragsteller auf § 80 Abs. 1 b) Nr. 2 SPersVG i. V. m. § 80 Abs. 2
SPersVG bzw. alleine auf die letztgenannte Vorschrift beruft, kann er hieraus kein
Mitbestimmungsrecht ableiten, da sich der Absatz 2 alleine auf die
Mitbestimmungstatbestände nach § 80 Abs. 1 SPersVG bezieht, deren Eingreifen also
voraussetzt, selbst aber keinen eigenen Mitbestimmungstatbestand eröffnet. Einer der
Mitbestimmungstatbestände nach § 80 Abs. 1 b) SPersVG ist hier aber nicht
angesprochen, weil Gegenstand des Verfahrens alleine die Umsetzung der generell
beschlossenen Konzeption zur Entlastung des ärztlichen Dienstes der fraglichen Klinik in
Form des Modelprojektes ist. Dies gilt insbesondere auch für den Tatbestand der
Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit im Sinne von § 80 Abs. 1 b) Nr. 2 SPersVG. Die
hier zugrunde liegende Umsetzungsentscheidung selbst führt noch nicht auf eine konkrete
Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf bestimmte Mitarbeiter. Alleine diese konkret
individuellen Übertragungsentscheidungen im Rahmen der Durchführung des Pilotprojektes
führen auf Mitbestimmungstatbestände im Sinne der Vorschrift.
Auch aus § 83 Abs. 2 SPersVG kann der Antragsteller nichts für sich herleiten, da es sich
hierbei um eine bloße, hier nicht unmittelbar einschlägige Auffangvorschrift für von der
Dienststelle erlassene Verwaltungsanordnungen – auch organisatorischer Art – handelt.
Hinzu kommt, dass die Umsetzung des vorliegend fraglichen Konzeptes nicht in Form einer
allgemein verbindlichen Anordnung in die Wege geleitet wird, sondern die Erprobung einer
systematischen Delegation ärztlicher Einzeltätigkeiten und damit allenfalls die Vorbereitung
einer generellen dienstlichen Anordnung für speziell qualifizierte Pflegekräfte erfolgen soll.
Dies ergibt sich aus dem zugrundeliegenden Vorstandsbeschluss, nach dem die
organisatorische Frage der Möglichkeit einer Delegation gerade Gegenstand der Erprobung
ist und die Delegation im Einzelfall nur nach einer entsprechenden Schulungsmaßnahme
erfolgen darf. Von daher dient des Pilotprojekt eher der Vorbereitung einer generellen
Regelung nach Feststellung der Übertragbarkeit des Konzeptes überhaupt, als dass mit der
Einführung des Konzeptes eine derartige Verwaltungsanordnung bereits verbunden ist.
In der Umsetzung der beschlossenen Konzeption ist auch keine wesentliche Änderung
neuer Arbeitsmethoden im Sinne von § 84 Nr. 3 SPersVG zu verstehen. Dieser
Mitbestimmungstatbestand umfasst im weitesten Sinne unter dem Merkmal
„Organisationsangelegenheiten“ in der Überschrift der Vorschrift auch Arbeitsmethoden,
die organisatorisch einzelnen Mitarbeitern zugewiesen werden. Dabei muss es sich indes
um Arbeitsmethoden handeln, die im Organisationsbereich neu sind. Allerdings umfasst §
84 Nr. 3 SPersVG gerade nicht die Einführung neuer Arbeitsmethoden, wie dies etwa in §
84 Nr. 1 SPersVG für bestimmte, hier nicht einschlägige Arbeitsmethoden vorgesehen ist,
sondern setzt voraus, dass bereits eingeführte neue Arbeitsmethoden im Sinne der
Vorschrift wesentlich geändert oder wesentlich ausgeweitet werden. Darum geht es hier
aber nicht, weil mit der Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf pflegerisches Personal zwar
eine organisatorische Änderung des Ablaufs der Arbeitserfüllung der Klinik im Wege der
erstmaligen Einführung vorgesehen ist. Dies ist aber nicht Gegenstand des
Mitbestimmungstatbestandes nach § 84 Nr. 3 SPersVG.
Anders stellt sich dies dar, wenn § 84 Nr. 5 in den Blick genommen wird, wonach alle
Maßnahmen zur Änderung der Arbeitsorganisation, die nicht von Nr. 3 der Vorschrift
erfasst werden, in den Mitbestimmungstatbestand einbezogen werden. Zugleich ist
festzustellen, dass die zugrundeliegende Maßnahme jedenfalls grundsätzlich dem
Mitbestimmungstatbestand nach § 78 Abs. 1 Nr. 10 SPersVG unterfällt, weil mit der
Konzeption bei der fraglichen Klinik eine grundlegend neue Arbeitsmethode – erstmals –
eingeführt wird.
Der Begriff Arbeitsmethoden im Sinne des SPersVG definiert die Konzeption, welche hinter
dem in mehr oder weniger viele einzelne, unselbständige Arbeitsvorgänge gegliederte
Arbeitsablauf steht. Die Arbeitsmethode stellt also die Festlegung dar, auf welchem
Bearbeitungsweg und mit welchen Arbeitsmitteln durch welche Beschäftigte die der
jeweiligen Dienststelle gestellten Aufgaben erfüllt werden sollen. Nimmt man die
Arbeitsschritte, die sich aus der Tätigkeitsmatrix vom 03.12.2009, wie sie in der
mündlichen Verhandlung durch den P. D. M. weiter erläutert worden sind, in den Blick, so
ändern sich bei den von den speziell weiter gebildeten Pflegekräften zu übernehmenden
ärztlichen Tätigkeiten in den Bereichen Kommunikation, Klinische Tätigkeit, Qualifikation
anstreben (wozu, wie auf der Grundlage der Erläuterung in der mündlichen Verhandlung zu
ergänzen ist, auch gehört, dass die im Wege der Qualifikation erworbenen Tätigkeiten auch
auszuüben sind) sowie Teilnahme an Sitzungen weder der Bearbeitungsweg an sich noch
die dazu zu benutzenden Arbeitsmittel. Verändert wird alleine, dass auf einem bestimmten
Bearbeitungsweg mit bestimmten Arbeitsmitteln durchzuführende Einzeltätigkeiten
(teilweise) nunmehr nicht mehr durch Ärzte, sondern durch Pflegekräfte erfüllt werden
sollen. Auch gerade damit wird aber die Arbeitsmethodik innerhalb der Klinik grundlegend
geändert.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
vgl. die Beschlüsse vom 30.08.1985, 6 P 20/83, BVerwGE 72, 94 ff., vom 24.09.1991, 6
P 6.90, BVerwGE 89, 65 ff. und vom 07.02.1980, 6 P 35.78, PersV 1980, 238 ff.
können auch Regeländerungen, die sich auf Abschnitte des Arbeitsablaufs beschränken,
eine grundlegend neue Arbeitsmethode darstellen. Voraussetzung ist danach in jedem Fall,
dass die Änderungen für die von ihnen betroffenen Beschäftigten ins Gewicht fallende
körperliche oder geistige Auswirkungen haben. Dabei rechtfertigt sich die Mitbestimmung
des Personalrates über die Einführung grundsätzlich neuer Arbeitsmethoden und die daraus
sich ergebende Einschränkung des Direktionsrechts der Dienststelle aus der Überlegung,
dass die Ersetzung einer eingeführten und eine entsprechende Organisation des
Arbeitsablaufs umsetzende Arbeitsmethode durch eine grundlegend andere notwendig zur
Umstellung des Arbeitsablaufs führt, was wiederum bedeutsame Auswirkungen auf die
körperliche und geistige Inanspruchnahme des oder der Beschäftigten haben kann. Mit der
Konzeption geht für die betroffenen Beschäftigten, die speziell qualifizierten Pflegekräfte,
eine Veränderung ihrer Arbeitstätigkeit einher, die erhebliche geistige Auswirkungen in
diesem Sinne hat. Dies folgt eindeutig aus der Tätigkeitsmatrix, mit der Übertragung
höherwertiger (ärztlicher) Tätigkeiten, als sie den Pflegekräften bisher übertragen waren;
dies insbesondere angesichts der beabsichtigten eigenverantwortlichen Durchführung der
zu übertragenden Tätigkeiten. Gleichzeitig erfolgt mit der Umsetzung der Konzeption im
Sinne einer generellen, auf das gesamte pflegerische Personal gerichteten Spaltung in rein
pflegende Mitarbeiter und selbständig Arztfunktionen ausübende Mitarbeiter neben den
Ärzten eine Systemänderung und damit eine grundlegende Änderung der
Arbeitsorganisation im Sinne der planmäßigen Regelung der Arbeitsausführung zur Erfüllung
der Aufgaben der Dienststelle durch deren Beschäftigte. Darin ist die Einführung einer
grundlegend neuen Arbeitsmethode zu sehen.
Gleichzeitig greift allerdings auch der Mitbestimmungstatbestand nach § 84 Nr. 5 SPersVG
ein, da die dargestellte eingreifende Änderung der Arbeitsorganisation eindeutig der
umfassenden Vorschrift des § 84 Nr. 5 SPersVG unterfällt. Mit dieser Vorschrift hat der
saarländische Gesetzgeber eine weite Auffangvorschrift konzipiert, die im Rahmen der
Mitbestimmung in Rationalisierungs-, Technologie- und Organisationsangelegenheiten alle
Änderungen der Arbeitsorganisation, soweit sie nicht Nr. 3 (oder spezielleren Regelungen)
der Vorschrift unterfallen, unterwirft. Der Begriff der Maßnahmen zur Änderung der
Arbeitsorganisation ist daher unter Berücksichtigung von § 84 Nr. 3 SPersVG zu verstehen,
der sich auf wesentliche Änderung bzw. Anwendung neuer Arbeitsmethoden bezieht. Dies
berücksichtigend umfasst § 84 Nr. 5 alle übrigen Änderungen der Arbeitsorganisation von
einer gewissen Bedeutung und damit – im Unterschied zu Nr. 3 – die Fälle erstmaliger
Einführung neuer Arbeitsmethoden.
Konkurrieren damit im vorliegenden Fall der unbeschränkte Mitbestimmungstatbestand der
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden im Sinne von § 78 Abs. 1 Nr. 10 SPersVG
mit dem eingeschränkten Mitbestimmungstatbestand des § 84 Nr. 5 SPersVG - vgl. die
jeweils unterschiedliche Entscheidungstragweite einer Einigungsstellenentscheidung auf der
Grundlage von § 73 SPersVG i. V. m. § 75 Abs. 3 und Abs. 4 SPersVG, der die
Tatbestände nach § 84 SPersVG generell der eingeschränkten Mitbestimmung, bei der die
Einigungsstelle lediglich eine Empfehlung aussprechen kann, unterwirft - geht der weniger
weit gehende Mitbestimmungstatbestand nach § 84 Nr. 5 SPersVG dem weitergehenden
Mitbestimmungstatbestand nach § 78 Abs. 1 Nr. 10 SPersVG vor. In der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die in den Personalvertretungsgesetzen
geregelten Beteiligungsrechte der Personalvertretung grundsätzlich nebeneinander
bestehen, so dass beim Zusammentreffen verschiedenartiger Beteiligungsrechte der
Personalrat regelmäßig in allen in Betracht kommenden Beteiligungsformen zu beteiligen
ist. Darüber hinaus gilt aber, dass nur dann, wenn sich aus dem Wortlaut, dem
systematischen Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte von
Beteiligungsvorschriften ergibt, dass der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen,
deren über den Geltungsbereich des Personalvertretungsgesetzes hinausgehende
rahmenrechtliche Geltung aus § 104 Abs. 3 SPersVG folgt, das stärkere Beteiligungsrecht
nicht gewähren will, sich der Personalrat im Mitbestimmungsverfahren nicht auf dieses
berufen kann. Das hat das Bundesverwaltungsgericht für den Fall als möglich angesehen,
dass mit einer beabsichtigten Maßnahme – im konkreten Fall einer Baumaßnahme – auch
organisatorische Ziele der Dienststelle verfolgt werden können. Dazu hat es weiter
ausgeführt, dies könne erhebliche Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung der Dienststelle
und damit auf die Funktionsfähigkeit der Verwaltung haben. Das gelte auch für
arbeitsorganisatorische Maßnahmen, die für den Ablauf des Dienstbetriebes von erheblicher
Bedeutung seien. Derartige organisatorische Maßnahmen könnten allerdings nur dann ein
weitergehendes Mitbestimmungsrecht verdrängen, wenn sie über den innerdienstlichen
Bereich hinaus wirkten und auf die nach außen zu erfüllenden Aufgaben der Dienststelle in
nicht nur unerheblicher Weise einwirkten.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.06.1989, 6 PB 16.88, PersR 1989, 275 ff.
Von einer derartigen Sachlage ist vorliegend ersichtlich auszugehen. Wie der Antragsteller
selbst bereits dargelegt hat, wirkt die beabsichtigte Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf
besonders qualifiziertes Pflegepersonal über den innerdienstlichen Bereich hinaus und auf
die nach außen zu erfüllenden Aufgaben der Dienststelle in nicht unerheblicher Weise ein.
Dies ergibt sich unmittelbar daraus, dass mit der bereits dargelegten „Systemänderung“ in
der Aufgabenerledigung erhebliche Auswirkungen auf das Verhältnis zu den zu
behandelnden Patienten einhergehen und sich etwa Fragen des Umfangs der Aufklärung
gegenüber den Patienten und weitergehende versicherungsrechtliche Folgen bis hin zu
Fragen der Abrechnung mit Leistungsträgern stellen.
Dem entspricht auch der Beschluss der Kammer vom 22.01.2001, 9 K 6/98.PVL, wonach
in dem Saarländischen Personalvertretungsgesetz nach der Novelle von 1989 die
Mitwirkungstatbestände abschließend in § 83 SPersVG aufgeführt sind und diese
Tatbestände von besonderer personalwirtschaftlicher organisatorischer Bedeutung
erfassen, die nunmehr zum Teil erweitert worden sind. Die Tatsache, dass der
Gesetzgeber in § 84 SPersVG eine Reihe neuer Mitbestimmungstatbestände, darunter
auch in Organisationsangelegenheiten geschaffen habe, indes diese
Mitbestimmungstatbestände aus verfassungsrechtlichen Gründen nur der einschränkten
Mitbestimmung (§ 75 Abs. 4 SPersVG) unterworfen habe, lasse eine von ihm genau
bedachte und gewollte Abstufung der Beteiligungsrechte erkennen. Auch daraus wird
deutlich, dass der weniger weitgehende Mitbestimmungstatbestand auf der
Mitbestimmungsebene den weitergehenden Tatbestand auf dieser Ebene aus
verfassungsrechtlichen Gründen verdrängt wird und der saarländische Gesetzgeber
ungeachtet der Einreihung von Organisationsangelegenheiten in
Mitbestimmungstatbestände dem verfassungsrechtlichen Hierarchieprinzip und dem
Direktionsrecht dadurch Rechnung getragen hat, dass er diese Tatbestände nur der
eingeschränkten Mitbestimmung unterworfen hat.
Nach allem ist der vorliegend erkennbaren Konkurrenzsituation mithin dadurch zu
entsprechen, dass die hier zugrundeliegende Maßnahme allein der Mitbestimmung nach §
84 Nr. 5 SPersVG unterfällt.