Urteil des VG Saarlouis vom 16.07.2010

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VG Saarlouis Urteil vom 16.7.2010, 10 K 2165/09
Abschiebungsverbot: Gewährleistung des Existenzminimums bei Rückkehr einer über 60
Jahre alten Minderheitenangehörigen in das Kosovo
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der
aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht
die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, die sich zur Volksgruppe der Ashkali aus dem Kosovo zählt, stellte am
15.05.2009 bei der Beklagten Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach §
60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, nachdem sie bereits mit Antrag vom 26.04.2000 bei der
Beklagten einen Asylantrag gestellt hatte, der mit Bescheid vom 19.03.2003, 2560342-
138, abgelehnt und in dem festgestellt worden ist, dass Abschiebungshindernisse nach §
53 AuslG nicht vorliegen. Nachdem sie im August 2000 als „unbekannt verzogen“
gemeldet war und in den Kosovo zurückgekehrt ist, stellte sie mit Schriftsatz ihres
Prozessbevollmächtigten vom 18.05.2009 am 22.05.2009 Antrag auf Wiederaufnahme
des Verfahrens und Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG
unter Berufung darauf, sie habe keine Möglichkeit mehr gesehen, sich weiter im Kosovo
aufzuhalten, weil sie alleinstehend, schwer zucker- und herzkrank und auf fremde Hilfe
angewiesen sei, die sie in ihrem Herkunftsland nicht mehr finde, zumal ihr nahestehende
Angehörige in Deutschland lebten und sie unterhalb des Existenzminimums gelebt habe
und „mit Hilfe von nicht näher bekannten Personen nach Deutschland zu ihrer Tochter“ in
A-Stadt verbracht worden sei.
Mit Bescheid vom 15.12.2009, , der am 16.12.2009 an die Klägerin per Einschreiben zur
Post gegeben worden ist, lehnte die Beklagte den Antrag auf Abänderung des nach altem
Recht ergangenen Bescheides vom 19.03.2003 bezüglich der Feststellung zu § 53 Abs. 6
Satz 1 AuslG ab. Wegen des Tatbestands im Übrigen und der Begründung wird gemäß §
77 Abs. 2 AsylVfG auf Tatbestand und Gründe des angefochtenen Bescheides verwiesen.
Am 30.12.2009 erhob die Klägerin Klage und beruft sich nunmehr darauf, zur Ethnie der
Roma zu zählen. Es handelt sich bei ihr um eine nunmehr 65-jährige ältere Frau, die nicht
unter den üblichen Altersbeschwerden leide, sondern doch erheblich, schwer erkrankt sei.
Es müsse daher geprüft werden, ob sie überhaupt die Möglichkeit habe, an einem
alltäglichen Leben im Kosovo teilzunehmen, geschweige denn, ob überhaupt die Möglichkeit
bestehe, die ärztlich notwendigen Maßnahmen, die sie in Deutschland erfahre, auch im
Kosovo zu erhalten. Erschwerend komme hinzu, dass sie alleine in den Kosovo
zurückkehren müsse und dort auf sich alleine angewiesen wäre, da bekanntlich ihr Mann
verstorben sei und ihre weiteren, engsten Verwandten allesamt in Deutschland, mit einem
Aufenthaltstitel aufenthältlich seien. Bei einer Abschiebung in ihr Herkunftsland müsse
daher das Schlimmste befürchtet werden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15.12.2009, ,
aufzuheben und unter entsprechender Abänderung des
Bescheides vom 19.03.2003, 2560342-138,
festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs.
7 AufenthG vorliegt.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf die Gründe des angefochtenen Bescheides.
Mit Beschluss vom 21.04.2010 hat die Kammer der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt
und den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der
beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Ausländerbehörde sowie der aus
der der Sitzungsniederschrift beigefügten Liste hervorgehenden Dokumente aus der
gerichtlichen Dokumentation Serbien-Kosovo-Montenegro, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Feststellung eines
Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat die
Beklagte im angefochtenen Bescheid erkannt, dass der von der Klägerin im Klageverfahren
weiter verfolgte Anspruch nicht besteht. Was die gesetzlichen und rechtlichen
Voraussetzungen des geltend gemachten Wideraufgreifens des Verfahrens und Anspruchs
auf Abschiebungsschutz angeht, wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die Gründe des
angefochtenen Bescheides verwiesen. Weiter wird auf die zutreffenden Ausführungen der
Beklagten zur Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen, mit einem den
Anspruch der Klägerin auf Abschiebungsschutz in Anknüpfung an ihre Volkszugehörigkeit
verneint wurde. Die Klägerin hat bei einer Rückkehr in den Kosovo alleine in Anknüpfung an
eine Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Ashkali bzw. Roma, die sie im Übrigen erstmals und
ohne jeglichen Beleg im vorliegenden Klageverfahren geltend gemacht hat, Repressalien
weder durch staatliche Organe oder Dritte zu erwarten. Dies gilt, wie die Beklagte in dem
angefochtenen Bescheid bereits zutreffend ausgeführt hat, auch unter Berücksichtigung
der Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie.
Auch nach den zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Erkenntnisquellen ergeben sich
keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei Rückkehr in den Kosovo als ihr
Herkunftsland Repressionen und Übergriffen im Sinne von § 60 AufenthG ausgesetzt sein
wird. Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie
und auch im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG. Nach dem
Lagebericht des Auswärtigen Amtes zur Republik Kosovo
(Stand: September 2009), vom 19.10.2009, 508-
516.80/3 KOS (übereinstimmend mit dem neueren
Lagebericht vom 20.06.2010, der nicht Gegenstand der
mündlichen Verhandlung war),
sind die Lebensbedingungen der Angehörigen der ethnischen Roma, wie auch der
Minderheiten der Ashkali und Ägypter, geprägt von der wirtschaftlichen Not aller in
vergleichbarer Situation lebenden Einwohner des Kosovo, wobei ihre Lebensbedingungen in
den städtischen Gebieten als schwierig einzustufen seien. Nur wenige Familien seien in der
Lage, ihren Lebensunterhalt alleine zu bestreiten; bei einer Arbeitslosenquote von derzeit
ca. 45 % fänden nur wenige Angehörige dieser Volksgruppen einen festen Arbeitsplatz und
erhielten nur wenige Familien wegen der strengen Anspruchsvoraussetzungen staatliche
Leistungen in Form von Sozialhilfe oder Renten. Demgegenüber seien die
Lebensbedingungen dieses Personenkreises in ländlichen Gebieten vergleichbar mit denen
der albanischen Bevölkerung. Für ethnische Roma, die sich während des Krieges nicht
ausdrücklich auf die Seite Serbiens gestellt hätten oder in gewalttätige Handlungen gegen
Kosovo-Albaner verwickelt gewesen seien, lägen keine Erkenntnisse über eine Gefährdung
seitens der albanischen Bevölkerung vor.
Zur Lage im Kosovo vgl. weiter: Dzihic/Kramer, Friedrich
Ebert Stiftung (Hrsg.). Der unabhängige Kosovo im Herbst
2009, Oktober 2009; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung
des internationalen Schutzbedarfs von Personen aus dem
Kosovo, 09.11.2009, HCR/EG/KOS/09/01; European
Return Fund (Hrsg.), Social, administrative an economic
background of sustainable return to Kosovo, Fact Finding
Mission Report 2009 (Text: englisch)
Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Anspruchs nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG ist
vor diesem Hintergrund zu beachten, dass die so festzustellende Situation insbesondere
auch der Gruppe der Minderheiten der Ashkali und Roma im Kosovo alle Angehörigen der
Gruppe, der die Klägerin zuzuordnen ist, trifft und damit § 60 Abs. 7 S. 3 AufenthG
eingreift. Danach sind Gefahren in dem Zielstaat, denen die Bevölkerung oder die
Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt sind, alleine bei der
Entscheidung nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zu berücksichtigen. Auch wenn sich also
aus der schlechten allgemeinen Lage insbesondere der Angehörigen von Minderheiten
Gefahren i. S. v. § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG ergeben, kann sich die Klägerin hierauf nicht
mit Erfolg berufen. Dies gilt auch, angesichts des Umstandes, dass die Klägerin im
„Rentenalter“ steht und gesundheitliche Beschwerden geltend macht. Damit unterscheidet
sie sich nicht von der Bevölkerungsgruppe der Minderheit, zu der sie sich im Kosovo zählt,
zu der wiederum eine Vielzahl von Personen gehört, die die Familien- und Alterssituation
mit der Klägerin teilen.
Ein darüber hinaus gegebener individueller Anspruch auf Abschiebungsschutz auf der
Grundlage einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift erfordert nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und auch der saarländischen
Verwaltungsgerichte, dass die Klägerin bei einer Rückkehr „sehenden Auges dem Tod oder
schwersten Verletzungen überantwortet“ würde,
vgl. etwa Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms,
Zuwanderungsrecht, 2. Auflage 2008, § 60 AufenthG
Rdnr. 21, m.w.N.
ihr also unmittelbar und konkret erhebliche Gefahren für die körperliche Unversehrtheit
bzw. ihr Leben drohen. Davon kann indes auch unter Berücksichtigung ihrer persönlichen
Lebensumstände und den Umständen, die sie nach Rückkehr an ihren Herkunftsort im
Kosovo zu erwarten haben wird, keine Rede sein.
Nach Auffassung der Kammer ist bereits mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon
auszugehen, dass die Klägerin sich bei einer Rückkehr an ihren Herkunftsort, G. bei I., wo
sie nach ihren Angaben seit 40 Jahren ein Hausgrundstück besitzt und bis zur Ausreise mit
Unterbrechungen gewohnt hat (vgl. Bl. 14 f. BA), registrieren lassen kann. Nach den
Erkenntnissen der Kammer
vgl. insbesondere Ministerium für Inneres, Sport und
Integration des Landes Niedersachsen, Bericht über die
Reise einer Delegation des niedersächsischen Ministeriums
für Inneres, Sport und Integration in die Republik Kosovo
vom 15. – 18.11.2009; Mattern, Kosovo: Zur
Rückführung von Roma; Update der SFH-Länderanalyse,
Bern, 21.10.2009; ai Berlin, Stellungnahme zur Situation
der Roma im Kosovo, 06.05.2010
können sich aus dem Ausland zurückkehrende frühere jugoslawische Staatsangehörige aus
dem Kosovo grundsätzlich nur an dem Ort registrieren lassen, für den sie vor ihrer Ausreise
aus dem Kosovo zuletzt gemeldet waren, und ist eine freie Wahl des Ortes der
Wohnsitznahme nach einer Rückkehr aus Deutschland insoweit nicht möglich, als auch nur
am letzten Wohnort Sozialleistungen beantragt werden können. Dementsprechend setzt
das Verfahren zur Prüfung der Rückübernahmeersuchen aus Deutschland auch die
Überprüfung einer entsprechenden Registrierungsmöglichkeit voraus. Aufgrund der
vorliegend eindeutig zu erwartenden Wohnsitznahme der Klägerin bei einer Rückkehr am
Ort ihres letzten ständigen Wohnsitzes ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass
irgendetwas einer Registrierung an diesem Ort entgegenstehen könnte. Wie sie in der
Anhörung durch die Beklagte am 05.08.2009 zu ihrer Situation vor Verlassen des Kosovo
dargelegt hat, hat sie seit sieben oder acht Jahren in ihrem Haus, das sie nach der
Rückkehr ihres ersten Aufenthalts im Bundesgebiet auch notdürftig hat reparieren lassen,
alleine gelebt, sich aber nicht ständig dort aufgehalten. In den letzten Jahren sei sie immer
mal wieder in ihr Haus zurückgegangen, habe sich meistens aber bei einem Cousin in M.
oder bei den Söhnen des Schwagers im Ort „C.“, etwa 4 km von G. entfernt, aufgehalten.
Nachdem sie weiter angegeben hat, das fragliche Haus vor etwa 40 Jahren gekauft zu
haben und dort seit ihrer Heirat vor ebenfalls etwa 40 Jahren gewohnt zu haben und sie
angegeben hat, anlässlich des Todes ihres Ehemanns im ersten Halbjahr 2000 (vgl. Bl. 132
Ausländerakte) in den Kosovo zurückgekehrt und nicht mehr in Deutschland gewesen zu
sein, spricht alles dafür, dass die Klägerin bei Rückkehr in den Kosovo ohne weiteres in den
Genuss einer Registrierung an ihrem Herkunftsort gelangen wird.
Ist mithin davon auszugehen, dass der Klägerin bei einer Rückkehr eine Registrierung an
ihrem Herkunftsort im Kosovo möglich sein wird, so stehen ihr auch grundsätzlich alle
Maßnahmen der Sozialhilfe und der Teilhabe am öffentlichen Gesundheitssystem zur
Verfügung.
Vgl. zur Sozialhilfe das Gesetz Nr. 2003/15, LAW ON THE
SOCIAL ASSISTANCE SCHEME IN KOSOVO, vom
18.08.2003, Official Gazette of the Provisional Institutions
of Self Government in Kosovo, Pristina, Nr. 15 vom
01.08.2007, www.ks-gov.net/gazetazyrtare
Weiter bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Klägerin zur Sicherstellung
des wirtschaftlichen Existenzminimums auch tatsächlich in den Genuss der im Kosovo
bestehenden Möglichkeit der Sozialhilfe, die strengen Anforderungen unterliegt, kommen
wird. Geht man vom Geburtsdatum 20.10.1944 aus, wird sie von ihrem Alter her der
sogenannten Kategorie 1 unterfallen - Familien ohne Einkommen, deren Mitglieder als nicht
arbeitsfähig eingestuft werden. In diesen Fällen wird Sozialhilfe gezahlt für Personen ab
dem 65. Lebensjahr, die nicht mehr arbeiten.
Vgl. die Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik
Deutschland in Pristina an das BAMF vom 26.06.2009, RK
516.80-E101/08, S. 3 f.; Auskünfte der Dt. Botschaft
Pristina an das BAMF vom 09.02.2009, RK 516.80-
E111/08, vom 18.03.2009,… E 27/08, vom 08.05.2009,
… - E 282/07, vom 17.08.2009, … - E 90/09; Pichler, BMI
der Republik Österreich, Kosovo-Länderbericht II/2009,
Pristina, 27.09.2009; ai, a.a.O.; Austrian Centre for
Country of Origin & Asylum Research and Documentation,
ACCORD-Anfragebeantwortung zu Sozialhilfe im Kosovo
vom 11.02.2009, a-6587-1 (ACC-KOS 6587),
www.ecoi.net/file_upload/response_en_114993.html
(Internet-Recherche vom 23.06.2010)
Selbst wenn die Klägerin erst als 1946 geboren angesehen wird, muss sie sich darauf
verweisen lassen, dass sie sich bis zu ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet über einen
langen Zeitraum von ca. acht Jahren im Kosovo aufgehalten hat, ohne dass ihr
Existenzminimum gefährdet war, zumal sie weiter angegeben hat, keinerlei
Erwerbstätigkeit ausgeübt zu haben. Der Umstand, dass sie sich während dieser Zeit
teilweise bei Verwandten aufgehalten und dort geholfen hat, denen aber nicht mehr weiter
zur Last fallen wollte und deshalb aus eigenem Entschluss und ohne ersichtlich dargelegten
Druck der Verwandten ausgereist ist, rechtfertigt nicht den Schluss, die ihr angediehene
Hilfe für den Lebensunterhalt werde bei einer Rückkehr, auch dann, wenn sie noch nicht in
den Genuss der Sozialhilfe der Kategorie 1 kommen sollte, ausfallen und sie ein Leben
unterhalb des Existenzminimums führen müsste. Auch nur ansatzweise belastbare
Umstände, die dafür sprächen, dass die ihr gewährte familiäre Hilfe, die ihr über Jahre
hinweg von ihren Verwandten im Kosovo gewährt worden ist, bei einer Rückkehr
verweigert würde, hat die Klägerin nicht dargelegt. Hinzu kommt, dass die Klägerin nahe
Verwandte im westlichen Ausland hat, deren Hilfe über Transferleistungen sie ebenfalls in
Anspruch zu nehmen gehalten ist. So hat sie in ihrer Anhörung durch die Beklagte (vgl. S.
16 BA) etwa angegeben, dass ihre in A-Stadt lebende Tochter sich bereit erklärt habe, für
sie aufzukommen, auch wenn deren Mann krank sei und die Tochter selbst keine Arbeit
habe. Im Übrigen hat sie weiter angegeben, einen Sohn in Amerika zu haben, der dort
arbeite. Auch wenn sie dazu erklärt hat, nicht zu wissen, wo dieser sich aufhalte, ist es
allein ihre Sache bzw. ihrer Familie insoweit für Aufklärung zu sorgen und diesen in eine
eventuelle Unterhaltsverpflichtung, wie sie der traditionellen Einstellung zur familiären
Unterstützung innerhalb des Traditionskreises, aus dem die Familie der Klägerin stammt,
einzubeziehen.
Nach allem bestehen keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei einer
Rückkehr in das Kosovo sehenden Auges in eine Lage versetzt würde, in der ihr
Existenzminimum nicht mehr gesichert wäre.
Die – wie dargelegt - zu erwartende Registrierung bei Rückkehr vorausgesetzt, hat die
Klägerin an ihrem Herkunftsort Anspruch auf Teilhabe an den in ihrem Herkunftsland
angeboten medizinischen Leistungen, auf die sie sich nach ständiger Rechtsprechung der
Kammer zumutbar verweisen lassen muss. Im Übrigen wird sowohl hinsichtlich der Frage
der Sicherung des Existenzminimums als auch der einer genügenden medizinischen
Versorgung im Kosovo auf die belegten und zutreffenden Ausführungen der Beklagten im
angefochtenen Bescheid, insbesondere Seite 5 f. (vgl. Bl. 32 f. BA-Akte), denen die
Kammer folgt, verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG), zumal im Klageverfahren insoweit keine
neuen Umstände vorgetragen und über die im Verwaltungsverfahren vorgelegten
ärztlichen Bescheinigungen hinaus keine neueren Atteste eingereicht worden sind. Auch
eine Fortführung der im Arztbrief des Klinikums A-Stadt vom 07.09.2009 (Bl. 24 f. BA)
vorgesehenen weiteren Therapie mit kardiovaskulären Medikamenten, wie sie in der
Essential Drug List (lfd. Nrn. 73 ff.) aufgeführt sind, ist nach dem Standard des
Herkunftslandes der Klägerin, auf den sie sich verweisen lassen muss, möglich
(insbesondere Heparin – lfd. Nr. 88, 89 und Warfarine (lfd. Nr. 92).
Vgl. Pschyrembel, Therapeutisches Wörterbuch, 2. Auflage
2001, Schlagworte: Antikoagulanzien,
Thrombozytenaggregationshemmer; Jungmann,
Marcumar, www.dr-gumpert.de/html/marcumar.html ;
Auskunft der Deutschen Botschaft Pristina vom
26.02.2010 an VG Düsseldorf, RK 516.80 – E 170/09;
Urteil des AG Aachen vom 25.08.2008, 9 K 197/04.A –
juris
Nach allem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.