Urteil des VG Saarlouis vom 01.10.2010

VG Saarlouis: öffentlich, rundfunk, ausschuss, vorbehalt des gesetzes, grundversorgung, radio, ukw, vergleich, erfüllung, bevölkerung

VG Saarlouis Urteil vom 1.10.2010, 11 K 915/08
Kein Anspruch auf Zuteilung weiterer UKW-Frequenzen für das Deutschlandradio
Leitsätze
1. Die Regelung des § 21 Abs. 4 bis 6 des SMG ist verfassungsgemäß; insbesondere
widerspricht die in § 21 Abs. 4 SMG festgelegte Übertragung der Vergabezuständigkeit auf
einen Landtagsausschuss, der auf Vorschlag der Staatskanzlei zu entscheiden hat, nicht
der von Verfassungs wegen geforderten Staatsferne.
2. Die verfahrensmäßige Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens einerseits sowie der
weitgehende Ausschluss eines inhaltlichen, programmbezogenen Beurteilungsspielraums
durch gesetzliche Vergabekriterien andererseits und nicht zuletzt die Bindung des
Ausschusses an Recht und Gesetz sowie die Möglichkeit verwaltungsgerichtlichen
Rechtsschutzes genügen den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien.
3. Der Landtagsausschuss hat eine Zuteilungsentscheidung zu treffen, die an die in § 21
Abs. 5 und 6 SMG vorgegebenen Ziele und Faktoren anknüpft und durch diese bestimmt
wird. Ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum inhaltlicher, programmbezogener Art
steht dem Ausschuss dabei nicht zu.
4. Für einen Vorrang zugunsten öffentlich-rechtlicher Sender bis zum Erreichen des
Zustandes der terrestrischen Vollversorgung stellt § 21 Abs. 5 SMG bei bestehender
Grundversorgung keine Rechtsgrundlage dar.
5. Der nach § 21 Abs. 6 SMG gebotene Vergleich zwischen öffentlich-rechtlichem und
privatem Rundfunk im Saarland ergibt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Saarland
der dominierende Teil der dualen Rundfunkordnung ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens - mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen - trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem
Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, die zwei bundesweit
ausgestrahlte Programme, Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur, anbietet.
Am 22.10.2003 schloss sie mit der Beigeladenen und dem Saarländischen Rundfunk (SR)
unter der Moderation der Staatskanzlei eine, durch das (damals) neue Saarländische
Mediengesetz (SMG) notwendig gewordene, Verständigungsvereinbarung. Im Rahmen
dieser Vereinbarung brachte die Klägerin drei und der SR sechs Frequenzen ein - eine
weitere Frequenz war noch vorhanden -, die dann insgesamt neu zugeordnet wurden. Die
Klägerin erhielt zwei Frequenzen, der SR drei Frequenzen und die Beigeladene fünf
Frequenzen.
In § 2 dieser Vereinbarung verpflichteten sich die Beigeladene und der SR, bei künftigen
Frequenzzuordnungsverfahren im UKW-Bereich Einvernehmen über die Zuordnung dieser
Frequenzen an die Klägerin herzustellen, soweit dies erforderlich sei, um der Klägerin die
Erfüllung ihrer staatsvertraglichen Versorgungsaufgaben zu ermöglichen.
Eine weitere Verständigungsvereinbarung zwischen der Klägerin, der Beigeladenen und
dem SR kam am 15.05.2007 zu Stande. Im Rahmen dieser Vereinbarung wurden der
Klägerin fünf UKW-Frequenzen und der Beigeladenen zwei Frequenzen zugeteilt. Vier der
fünf der Klägerin zugeordneten Frequenzen nutzte sie bereits zuvor. Insofern wurden
ausgelaufene Zuordnungsentscheidungen verlängert. Mit der neu zugeordneten Frequenz
wurde die Übertragungskapazität der Klägerin um 104.000 potentielle Hörer auf derzeit
506.078 (DLF: 145.445, DLRKultur: 360.633) erweitert.
In § 2 dieser Vereinbarung wurde erklärt, dass die Parteien der Vereinbarung in der hiermit
vorgenommen Zuordnung von UKW-Übertragungskapazitäten (…) wichtige Schritte hin zur
Erfüllung des Versorgungsauftrages der Klägerin sehen.
Weiterhin hielten die Parteien dieser Vereinbarung fest, dass bei künftigen
Frequenzzuordnungsverfahren die Übertragungskapazitäten insgesamt so zuzuordnen
seien, dass eine möglichst gleichgewichtige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen und des
privaten Rundfunks gesichert werde.
Am 20.03.2008 teilte die Landesregierung des Saarlandes der Klägerin, der Beigeladenen
sowie dem SR mit, dass das Verfahren über die Zuordnung von vier neuen UKW-
Frequenzen, namentlich in Homburg 89,6 MHz, in Neunkirchen 99,3 MHz sowie in
Saarlouis 99,5 und 102,8 MHz, eingeleitet worden sei.
Der SR meldete in diesem Verfahren keinen weiteren Bedarf an. Die Klägerin und die
Beigeladene konnten über die Zuordnung keine Verständigung erzielen. Mit Schreiben vom
23.06.2008 teilte die Staatskanzlei dem Beklagten, Ausschuss für Bildung, Familie, Frauen
und Kultur, daher mit, dass eine einvernehmliche Verständigung binnen drei Monaten nach
Bekanntgabe nicht habe erzielt werden können. Zugleich bat sie den Ausschuss um
Entscheidung über die Zuweisung und schlug vor, die Frequenzen der Beigeladenen
zugunsten des aus ihrer Sicht unterversorgten privaten Rundfunks zuzuordnen.
Die Klägerin, die Beigeladene sowie der SR hatten Gelegenheit, Stellungnahmen zu dem
Vorschlag der Staatskanzlei abzugeben. Die Beigeladene und der SR schlossen sich dem
Vorschlag der Staatskanzlei an, die Klägerin bat in einer Stellungnahme vom 04.08.2008
unter Verweis auf die Verständigungsvereinbarung vom 22.10.2003, die zur Verfügung
stehenden Frequenzen ihr zuzuordnen.
Der Ausschuss für Bildung, Familie, Frauen und Kultur des Beklagten beschloss in seiner
72. Sitzung vom 13.08.2008 einstimmig, die im Streit stehenden Frequenzen gemäß § 21
Abs. 6 SMG der Beigeladenen zuzuordnen. Er begründete diese Entscheidung damit, dass
der private Rundfunk im Saarland nur über ein landesweit verbreitetes Programm verfüge
und die Klägerin im Saarland eine im Verhältnis gute Abdeckung habe.
Mit Bescheid vom 27.08.2008, der Klägerin zugestellt am 29.08.2008, wurden die oben
genannten Frequenzen durch den Beklagten der Beigeladenen zugeordnet.
Am 19.09.2008 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
Sie behauptet, der Beklagte habe auf Grundlage eines unvollständigen Sachverhalts
entschieden. Ihm seien die Stellungnahmen der Klägerin, der Beigeladenen und des SR
nicht zur Kenntnis gebracht worden. Er sei auch nicht über die Verständigungsvereinbarung
vom 22.10.2003 informiert gewesen. Er habe daher die Entscheidung in Unkenntnis der
mit der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung über zukünftige Frequenzzuordnungen
getroffen.
Das Verfahren über die Vergabe dieser Frequenzen sei zweimal eröffnet worden. Zum
ersten Mal seien die Frequenzen im Amtsblatt 22/2006 der Bundesnetzagentur vom
15.11.2006 ausgeschrieben worden. Die Staatskanzlei habe dann mit Schreiben vom
20.03.2008 erneut das Vergabeverfahren eröffnet.
Der Ausschuss sei im Irrtum über die tatsächliche Versorgungssituation der Programme
der Klägerin im Saarland gewesen. Tatsächlich seien die Programme der Klägerin
gegenüber den privaten Hörfunkveranstaltern im Saarland unterversorgt. Die Ausführungen
in dem Bescheid vom 27.08.2008 seien daher falsch. Im Vergleich zu der (o.a.) Reichweite
ihrer Programme erreiche Radio Salü 1.018.325 Einwohner, BigFM 234.696 Einwohner,
Radio 99,6 4.448 Einwohner, Classic Rock Radio 126.940 Einwohner, Antenne West
30.617 Einwohner, Radio Melodie 3.233 Einwohner und RTL 260.749 Einwohner. Von
einer Unterversorgung des privaten Rundfunks könne daher nicht die Rede sein. Keinesfalls
sei die Versorgung der Programme der Klägerin im Saarland inzwischen bundesweit mit die
Beste. Vielmehr bestehe in den Bundesländern Berlin und Bremen eine
Komplettversorgung. Das Saarland sei aufgrund seiner Größe auch eher in eine
Vergleichsgruppe mit den Stadtstaaten als mit den großen Flächenstaaten einzuordnen.
Durch die Zuteilung der Frequenzen im Jahr 2003 und 2007 habe keine wesentliche
Verbesserung der Versorgungssituation eintreten können, da vier der fünf im Jahr 2007
zugeteilten Frequenzen lediglich eine Verlängerung abgelaufener Zuteilungen dargestellt
hätten. Durch die Zuteilung im Jahr 2003 könnten lediglich 45.000 Hörer mehr erreicht
werden, als vor der Vereinbarung. Bei der Betrachtung der Frequenzsituation sei zwischen
der Verbreitung der beiden von der Klägerin angebotenen Programme strikt zu trennen.
In diesem Zusammenhang sei ein Verweis auf andere Verbreitungsarten, als die UKW-
Verbreitung nicht zulässig, insbesondere weil sich DAB bisher nicht beim Hörer
durchgesetzt habe.
Die Klägerin meint, der Ausschuss habe seine Entscheidung auf der Grundlage der falschen
Rechtsnorm getroffen. Die einschlägige Rechtsnorm zur Vergabe der
streitgegenständlichen Frequenzen sei § 21 Abs. 5 SMG. Der Beklagte habe verkannt, dass
der Klägerin bis zum Erreichen des Zustandes der terrestrischen Vollversorgung nach § 21
Abs. 5 SMG ein Vorrang zukomme. § 21 Abs. 6 SMG hätte gar nicht zu Anwendung
kommen dürfen. Doch auch bei der konkreten Anwendung des § 21 Abs. 6 SMG habe der
Ausschuss zu seiner Entscheidung unzutreffende Kriterien herangezogen. Der gesetzlich
definierte Auftrag der Klägerin und die zwischen ihr und der Beigeladenen vorgenommene
Konkretisierung durch die zwischenzeitlich abgeschlossenen Verständigungsvereinbarungen
seien nicht berücksichtigt worden.
Das bei der Anwendung von § 21 Abs. 6 SMG notwendig auszufüllende Kriterium der
Vielfalt des Programmangebotes sei durch die Staatskanzlei bereits zugunsten des privaten
Rundfunks präjudiziert worden. Aufgrund der Verständigungsvereinbarungen sei der
Vielfaltsbeitrag der Klägerin unstreitig gewesen.
Der Ausschuss habe bei seiner Entscheidung keine ausreichende Kenntnis über die von der
Beigeladenen vorgesehene Verwendung der Frequenzen gehabt. Die getroffene
Zuordnungsentscheidung sei auch deshalb unrechtmäßig. Die Beigeladene wolle die Ihr
zugewiesenen Frequenzen nicht dazu verwenden, bereits bestehende private
Rundfunkprogramme weiter zu verbreiten, sondern habe geplant, diese Frequenzen neuen
Anbietern zuzuordnen. Hierin sei ein Verstoß gegen § 21 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 SMG zu
sehen.
Der Umstand, dass die Staatskanzlei von vornherein vorgesehen habe, die Frequenzen der
Beigeladenen zuzuordnen, sei eine unzulässige Präjudizierung. Die Beigeladene habe
sachwidrig eine im Jahr 2003 eingegangene vertragliche Verpflichtung beenden wollen. Der
Umstand, dass der Beklagte den Vertragsbruch der Beigeladenen mittels einer
Zuweisungsentscheidung stütze, stelle eine sachfremde Erwägung dar.
Schließlich ist die Klägerin der Auffassung, dass die konkrete Ausgestaltung des
Vergabeverfahrens im Saarland nicht die vom Bundesverfassungsgericht geforderte
Staatsferne aufweise. Dies liege daran, dass das Verfahren eine unmittelbare
Einflussnahme der politischen Entscheidungsträger auf der Ebene Exekutive und der
Legislative erkennen lasse. Im vorliegenden Verfahren habe die Staatskanzlei durch Ihre
Präjudizierung zugunsten des privaten Rundfunks in unzulässiger Weise auf die
Entscheidungsfindung Einfluss genommen und damit die notwendige Staatsferne
unterwandert.
Zum Beleg für die behaupteten Zahlen hinsichtlich des Versorgungsgrades verweist die
Klägerin auf eine Untersuchung des Instituts für Rundfunktechnik (IRT) vom 17.11.2008.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 27.08.2008 den Beklagten zu
verpflichten, ihr die Frequenzen
- Homburg 89,6 MHz,
- Neunkirchen 99,3 MHz,
- Saarlouis 99,5 MHz, (hilfsweise)Saarlouis 102,8 MHz
zuzuordnen;
hilfsweise,
über die Zuordnung der o.g. Frequenzen unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Beklagte behauptet, der Ausschuss habe Kenntnis von der Vorgeschichte,
insbesondere der Vereinbarung vom 22.10.2003 gehabt. In der Ausschusssitzung vom
25.06.2008 habe sich der Ausschuss bereits mit der Frage der Vergabe der Frequenzen
befasst. Der Intendant der Klägerin selbst habe den Ausschuss auf die Vergabe der
Frequenzen aufmerksam gemacht und habe zugleich die Gelegenheit gehabt, sich zu der
Frage zu äußern. Im weiteren Verlauf dieser Sitzung habe der Ausschuss beschlossen,
dass zunächst Stellungnahmen aller Beteiligten eingeholt werden sollten. Da die Klägerin in
ihrer daraufhin abgegebenen Stellungnahme ausführlich auf die Vereinbarung vom
22.10.2003 hingewiesen habe, könne sie nicht behaupten, dass der Ausschuss nicht über
diese Vereinbarung informiert gewesen sei. Das Verfahren über die hier
streitgegenständlichen Frequenzen sei erstmals am 20.03.2008 eröffnet worden. Die
vorher erfolgte telekommunikationsrechtliche Ausschreibung habe auf die später erfolgte
medienrechtliche Frequenzzuordnungsentscheidung keinerlei präjudizielle Wirkung gehabt §
21 Abs. 4 SMG sei gerade Ausfluss der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
zur Frequenzvergabe. Der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Parlamentsvorbehalt
sei gerade in dieser Vorschrift realisiert. Die erforderliche Staatsferne sei daher gegeben.
Der Ausschuss habe zu Recht gemäß § 21 Abs. 6 SMG unter Berücksichtigung der
Empfehlung der Staatskanzlei sowie der Stellungnahmen der Klägerin, der Beigeladenen
sowie des SR getroffen.
Die Verständigungsvereinbarung vom 22.10.2003 habe auf die Entscheidung des
Ausschusses keinen Einfluss haben können. Diese Vereinbarung könne nur zwischen den an
der Vereinbarung beteiligten Parteien wirken. Sie könne aber keinen Einfluss auf die
Unabhängigkeit von Legislative bzw. Mandat im Rahmen der Abstimmung in einem aus
Landtagsabgeordneten bestehenden Ausschuss des Landtages haben. Darüber hinaus sei
die Vereinbarung von 2003 mittlerweile als gegenstandslos anzusehen. Mit der Vergabe
von Frequenzen zugunsten der Klägerin im Jahre 2007 und der in diesem Zusammenhang
geschlossen Vereinbarung vom 15.05.2007 hätten die Klägerin, die Beigeladene sowie der
SR festgestellt, dass diese Zuteilung wichtige Schritte hin zum staatsvertraglichen Auftrag
der Klägerin darstelle. In dieser Vereinbarung hätten sich die genannten Parteien in § 2
auch darauf geeinigt, dass bei künftigen Frequenzvergaben wieder die in § 21 Abs. 6 SMG
niedergelegten Grundsätze gelten sollten. Die Vereinbarung vom 22.10.2003 sei daher
spätestens zu diesem Zeitpunkt auch von der Klägerin als erfüllt und überholt angesehen
worden.
Der von der Klägerin zugrunde gelegte Begriff der Grundversorgung entspreche nicht der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Grundversorgung meine, dass
sichergestellt sein müsse, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die
Gesamtheit der Bevölkerung Programme anböten, die umfassend und in der vollen Breite
des klassischen Rundfunkauftrages informierten, und dass im Rahmen dieses
Programmangebotes Meinungsvielfalt in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise
hergestellt werde.
Da die Grundversorgung gemäß dem Bundesverfassungsgericht allein an die Funktion des
Rundfunks anknüpfe, komme es nur darauf an, ob die Funktion des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks insgesamt erfüllt sei. Diese Funktion werde im Saarland durch die vom SR
ausgestrahlten Rundfunkprogramme voll und ganz erfüllt. Aus diesem Grund sei im
vorliegenden Fall § 21 Abs. 5 SMG nicht einschlägig.
Dass die Beigeladene dem Ausschuss nicht mitgeteilt habe, wie die zuzuordnenden
Frequenzen verwendet werden sollten, sei der Entscheidung des Ausschusses nicht
abträglich. Die Entscheidung, welchem privaten Veranstalter die Frequenzen anschließend
gemäß § 52 SMG zugeteilt würden, obliege allein dem unabhängig entscheidenden und
weisungsfreien Medienrat der Beigeladenen. Hierdurch werde die Staatsferne des privaten
Rundfunks geschützt. Eine Entscheidung in Abhängigkeit von der Tatsache, welchem
privaten Veranstalter die Frequenzen zugewiesen würden, stelle einen unzulässigen
Durchgriff dar.
Bei ihrem Vergleich der Reichweite ihrer Programme verkenne die Klägerin, dass sie mit
ihrer Erreichbarkeit im Saarland auch nur im Saarland rundfunkrechtlich zugelassene
private Anbieter vergleichen könne. Dies seien Radio Salü, BigFM, Radio 99,6, Classic Rock
Radio und Antenne West. Selbst wenn man aber den Maßstab der Klägerin annähme,
müsse man auf Seiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch die im Saarland
empfangbaren, aber nicht im Saarland rundfunkrechtlich zugelassenen Programme des
SWR beachten.
Zum Vergleich der Frequenzsituation der Klägerin könnten lediglich die übrigen
Flächenstaaten herangezogen werden.
Für die Entwicklung des Dualen Systems des Rundfunks in Deutschland müsse letztlich auf
sämtliche Verbreitungswege Rücksicht genommen werden, schließlich seien beide
Programme der Klägerin im Saarland über DAB verfügbar.
In der Gesamtschau existiere die von der Klägerin behauptete Schieflage der
Versorgungssituation zu ihren Ungunsten nicht. Bei den von der Klägerin vorgelegten
Unterlagen des IRT sei zu beachten, dass das IRT eine Gemeinschaftseinrichtung der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sei, bei dem eine unabhängige Bewertung nicht zu
erwarten sei.
Ein am 26.07.2010 eingeleitetes Eilverfahren hat die Kammer nach Rücknahme des
Antrages durch den Beschluss vom 21.09.2010 - 11 L 709/10 - eingestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt
der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakte - 11 L 709/10 - sowie der beigezogenen
Verwaltungsunterlagen des Ausschusses für Bildung, Familie, Frauen und Kultur. Dieser
war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsverpflichtungsklage gemäß §§ 40, 42
Abs. 1, Abs. 2, 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 74 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, 78 Abs. 1
Nr. 2 VwGO i.V.m. § 19 Abs. 2 AGVwGO zulässig.
Die Klage ist unbegründet, denn die Klägerin hat weder einen unmittelbaren Anspruch auf
Zuweisung der streitgegenständlichen Frequenzen noch steht ihr ein Anspruch auf
(beurteilungsfehlerfreie) Neubescheidung durch den Beklagten zu. Der angefochtene
Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5
Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5
VwGO).
Der streitgegenständliche Bescheid, gegen dessen formelle Rechtmäßigkeit Bedenken
weder vorgetragen noch ersichtlich sind, ist auch materiell rechtmäßig.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuteilung der streitbefangenen Frequenzen aufgrund
der Regelungen in § 21 Abs. 4-6 SMG.
§ 21 SMG stellt die nach § 50 RStV (Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten
Deutschland vom 31. August 1991, in saarländisches Landesrecht transformiert durch das
Gesetz über die Zustimmung zum Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten
Deutschland vom 29.10.1991, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 3
VerwaltungsstrukturreformG vom 21. 11. 2007 (Amtsbl. S. 2393)) maßgebliche
landesrechtliche Regelung zur Zuordnung und Nutzung der Übertragungskapazitäten dar.
Die Regelung ist wirksam und insbesondere hinsichtlich ihrer Absätze 4 bis 6
verfassungsgemäß (1.). Gegen die voraussetzungsgemäße Anwendung bestehen keine
Bedenken (2.).
1. Das Verfahren der Frequenzzuteilung ist in § 21 Abs. 3 und 4 SMG mehrstufig
ausgestaltet. Die erste Stufe richtet sich nach § 21 Abs. 3 SMG. Die Landesregierung (hier:
qua Delegation durch die Staatskanzlei) vermittelt zwischen den öffentlich-rechtlichen
Rundfunkveranstaltern und der Beigeladenen eine sachgerechte Zuordnung der zur
Verfügung stehenden Frequenzen. Kommt - wie hier - eine Vermittlung innerhalb von drei
Monaten nicht zustande, folgt die zweite Verfahrensstufe gemäß § 21 Abs. 4 SMG.
Die Letztentscheidungskompetenz ist in § 21 Abs. 4 SMG dem für Medienfragen
zuständigen Ausschuss des Landtages zugewiesen, der auf Vorschlag der Staatskanzlei
und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Beteiligten nach Absatz 3 Satz 2 über
die Zuordnung nach Maßgabe der Absätze 5 und 6 zu entscheiden hat.
§ 21 Abs. 5 SMG bestimmt eine (Vorweg-)Zuordnung zugunsten des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks, wenn eine solche zur Sicherstellung der Grundversorgung mit öffentlich-
rechtlichem Rundfunk erforderlich ist. § 21 Abs. 6 Satz 1 SMG erklärt eine möglichst
gleichgewichtige Entwicklung der beiden Säulen des dualen Systems, also des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks auf der einen und des privaten Rundfunks auf der anderen Seite zum
Grundprinzip für die weitere Verteilung freier Frequenzen. In § 21 Abs. 6 Satz 2 SMG
werden zusätzlich Kriterien aufgeführt, die im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 6
Satz 1 SMG zu berücksichtigen sind.
Diese Regelung ist verfassungsgemäß. Insbesondere widerspricht die in § 21 Abs. 4 SMG
festgelegte Übertragung der Vergabezuständigkeit auf einen Landtagsausschuss, der auf
Vorschlag der Staatskanzlei zu entscheiden hat, nicht der von Verfassungs wegen
geforderten Staatsferne.
Die rechtliche Ausgestaltung des Verfahrens zur Zuordnung von Übertragungskapazitäten
unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom
16.06.1981 -1 BvL 89/78 -, BVerfGE 57, 295) dem Vorbehalt des Gesetzes. Die
notwendigen Entscheidungen sind wesentliche Entscheidungen, weil sie abgesehen von der
sachlichen Bedeutung des Rundfunks für das individuelle und öffentliche Leben der
Gegenwart im grundrechtsrelevanten Bereich ergehen und wesentlich für die
Verwirklichung der Grundrechte sind. Dieser Anforderung hat der saarländische
Landesgesetzgeber mit der Regelung in § 21 SMG formell Genüge getan.
Die Regelung begegnet auch materiellrechtlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Hierdurch werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen, die abstrakt und
generell die Gewähr für eine Entscheidung bieten, die im Rahmen eines rechtsstaatlichen
Verfahrens alle materiell-(verfassungs-)rechtlichen Kriterien beachtet. (Binder in Beck´scher
Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 50 RStV Rdnr. 34) Verfassungsrechtliche
Richtschnur ist dabei die Vorgabe, den mit der Entscheidung über die Kapazitätsvergabe
verbundenen oder erreichbaren Einfluss staatlicher Stellen auf die Programmveranstalter
durch geeignete Verfahrensvorschriften und materiellrechtliche Entscheidungskriterien
weitestmöglich auszuschließen. Dabei ist es verfassungsrechtlich nicht angreifbar, wenn
der Gesetzgeber - wie hier - die Letztentscheidungsbefugnis einer staatlichen Instanz
überträgt. Eine solche Regelung setzt aber voraus, dass die Vergabekriterien gesetzlich so
präzise gefasst werden, dass programmbezogene Wertungsspielräume ausgeschlossen
sind. (Binder in Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 50 RStV Rdnr. 34;
a.A. Engels, ZUM 1997, 106)
Diesen Anforderungen genügt die anzuwendende Regelung. Sie stellt - wie dargestellt - die
zweite Stufe des Verfahrens zur Frequenzvergabe dar, wobei auf der ersten Stufe dem
verfassungsrechtlichen Gebot der Staatsfreiheit der Berichterstattung (Grundlegend:
BVerfG, Urteil vom 28.02.1961 -2 BvG 1/60, 2 BvG 2/60 -, BVerfGE 12, 205) dadurch
umfassend Rechnung getragen wird, dass eine staatliche Stelle - hier die Staatskanzlei -
nicht regelnd, sondern nur vermittelnd beteiligt ist und die Zuordnung durch eine
vertragliche Regelung - eine Verständigungsvereinbarung - erfolgt.
Auf der zweiten Stufe der Vergabeentscheidung ist die Letztentscheidungskompetenz zwar
einer staatlichen Stelle überantwortet. Die verfahrensmäßige Ausgestaltung des
Verwaltungsverfahrens einerseits (a) sowie der weitgehende Ausschluss eines inhaltlichen,
programmbezogenen Beurteilungsspielraums durch gesetzliche Vergabekriterien
andererseits (b) und nicht zuletzt die Bindung des Ausschusses, der insoweit exekutiv tätig
wird, an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie die Möglichkeit, die getroffene
Entscheidung auf dem Verwaltungsrechtsweg einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen
(Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG), genügen den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten
Kriterien.
a. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich geregelt, dass die Beteiligten im Laufe des Verfahrens
zur Entscheidungsfindung nicht nur Gelegenheit haben, ihre Belange geltend zu machen,
sondern dass diese bei der Entscheidungsfindung auch zu berücksichtigen sind. Die darüber
hinaus mangels gegenteiliger Anhaltspunkte geltenden Verfahrensvorschriften des
Verwaltungsverfahrensgesetzes bilden ein verfahrensmäßiges Gerüst, das geeignet ist, die
Rechte und Belange der Beteiligten zu wahren.
Dass der Staatskanzlei ein Vorschlagsrecht hinsichtlich der zu treffenden Entscheidung
zukommt, begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Entgegen
der Auffassung der Klägerin wird dadurch die spätere Entscheidung des Beklagten nicht
unzulässig präjudiziert, denn der Ausschuss hat nach den Vorgaben der §§ 21 Abs. 5 und 6
SMG unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Beteiligten zu entscheiden. Eine
Bindung an den Vorschlag der Staatskanzlei besteht dagegen nicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich betont, dass die von ihm aufgestellten
Kriterien nicht bedeuten, dass die Exekutive (oder Legislative) in diesem Bereich gar nicht
tätig werden darf. (Vgl. BVerfG, Urteil vom 05.02.1991 -1 BvF 1/85 u.a.-, BVerfGE 83,
238) Entscheidend ist, dass eine dem Vorbehalt des Gesetzes genügende, allgemeine
Festlegung der Kriterien erfolgen muss, nach denen die konkreten
Zuordnungsentscheidungen durch die zur Entscheidung berufene Stelle zu treffen sind.
b. Die Vergabekriterien des § 21 Abs. 5 und 6 SMG entsprechen diesen Vorgaben.
Der Ausschuss des Beklagten hat eine Zuteilungsentscheidung zu treffen, die an die in § 21
Abs. 5 und 6 SMG vorgegebenen Ziele und Faktoren anknüpft und durch diese bestimmt
wird. Diese Ziele und Faktoren engen den Entscheidungsspielraum des Beklagten
verfassungskonform ein, da sie verfassungsrechtlichen Vorgaben folgen und in deren Lichte
auszulegen sind. Ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum inhaltlicher,
programmbezogener Art steht dem Ausschuss des Beklagten dabei nicht zu.
Dies gilt für die Bestands- und Entwicklungsgarantie des den Grundversorgungsauftrag
erfüllenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sowohl durch das Vorrangprinzip des § 21
Abs. 5 SMG als auch durch die Regelung des § 21 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SMG wird den
Belangen der Allgemeinheit und damit auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Rechnung
getragen.
Das Vorrangprinzip des § 21 Abs. 5 SMG ist Ausfluss der Forderung des
Bundesverfassungsgerichts, dass der Gesetzgeber, der sich für eine duale
Rundfunkordnung, in der öffentlich-rechtliche und private Veranstalter nebeneinander
bestehen, entscheidet, verpflichtet ist, die Grundversorgung der Bevölkerung durch die
Gewährleistung der erforderlichen technischen, organisatorischen, personellen und
finanziellen Voraussetzungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sichern. (BVerfG,
Urteil vom 05.02.1991 - 1 BvF 1/85, 1 BvF 1/88 -, BVerfGE 83, 238) In der dualen
Ordnung des Rundfunks ist die unerlässliche Grundversorgung Sache der öffentlich-
rechtlichen Anstalten. (BVerfG, Urteil vom 24.03.1987 -1 BvR 147/86, 1 BvR 478/86 -,
BVerfGE 74, 297) Diese sind hierzu imstande, weil sie nicht in gleicher Weise wie private
Veranstalter auf hohe Einschaltquoten angewiesen, mithin zu einem umfassenden
Programmangebot in der Lage sind. (BVerfG, Urteil vom 04.11.1986 -1 BvF 1/84 -
BVerfGE 73, 118) Grundversorgung in diesem Sinne bedeutet, dass die öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten für die Gesamtheit der Bevölkerung Programme anbieten,
die umfassend und in der vollen Breite des klassischen Rundfunkauftrages informieren, und
dass im Rahmen dieses Programmangebots in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise
Meinungsvielfalt hergestellt wird. (BVerfG, Urteile vom 05.02.1991 - 1 BvF 1/85, 1 BvF
1/88 -, BVerfGE 83, 238, und vom 04.11.1986 -1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118) Dabei
muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht allein in seinem Bestand, sondern auch in
seiner zukünftigen Entwicklung gesichert sein. (BVerfG, Urteil vom 05.02.1991 - 1 BvF
1/85, 1 BvF 1/88 -, BVerfGE 83, 238) Der Begriff der Grundversorgung ist folglich
gegenständlich und zeitlich offen und dynamisch. Er ist allein an die Funktion gebunden, die
der Rundfunk im Rahmen des von Art. 5 Abs. 1 GG geschützten
Kommunikationsprozesses zu erfüllen hat. (BVerfG, Urteil vom 05.02.1991 - 1 BvF 1/85, 1
BvF 1/88 -, BVerfGE 83, 238)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die
Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eine dienende Freiheit. Sie dient der freien
und öffentlichen Meinungsbildung. Diese vollzieht sich in einem Prozess der Kommunikation.
Sie setzt auf der einen Seite die Freiheit voraus, Meinungen zu äußern und zu verbreiten,
auf der anderen Seite die Freiheit, geäußerte Meinungen zur Kenntnis zu nehmen, sich zu
informieren. Indem Art. 5 Abs. 1 GG Meinungsäußerungs-, Meinungsverbreitungs- und
Informationsfreiheit als Grundrechte gewährleistet, sucht er zugleich diesen Prozess
verfassungsrechtlich zu schützen. Der Rundfunk ist dabei "Medium und Faktor" des
verfassungsrechtlich geschützten Prozesses, in dem sich die Meinungsbildung vollzieht.
(BVerfG, Urteil vom 05.02.1991 - 1 BvF 1/85, 1 BvF 1/88 -, BVerfGE 83, 238, m.w.N.)
Der private Rundfunk wird bei bestehender Grundversorgung als gleichberechtigte Säule
des dualen Systems durch § 21 Abs. 6 Satz 1 sowie durch Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 und 3 SMG
ebenfalls hinreichend abgesichert.
Der Gesetzgeber hat sich in nicht zu beanstandender Weise zugunsten einer Regelung
entschieden, die die Entscheidung des Landtagsausschusses vom Vorliegen von
Tatbestandsmerkmalen abhängig macht, die keine inhaltlichen, programmbezogenen
Aspekte enthalten, deren Auslegung derartiger Bewertungen und Beurteilungen daher nicht
zugänglich ist und die demzufolge der vollen gerichtlichen Überprüfung zugängliche und im
Lichte der Grundrechte auszulegende unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten. Dadurch ist
in der konkreten Situation sichergestellt, dass trotz der Zuweisung der
Letztentscheidungskompetenz an eine staatliche Stelle das Grundprinzip der Staatsferne
gewahrt bleibt. Insofern unterscheidet sich die vorliegende Regelung aus gutem Grund
deutlich z.B. von der Regelung des § 52 SMG, der die weitere Verteilung von Frequenzen
durch die LMS regelt. Im Unterschied zur Entscheidung gemäß § 21 Abs. 4-6 SMG trifft die
Entscheidung über die endgültige Zuweisung von Frequenzen an einen bestimmten
Programmanbieter der Medienrat der Beigeladenen, also ein pluralistisch besetztes
Gremium, das die erforderliche Staatsferne aufweist. Die Kriterien der Vergabe sind denn
auch anders als die Kriterien des § 21 Abs. 4-6 SMG weiter gefasst und lassen einen
weiten Ermessens- und Bewertungsspielraum zu, was jedoch wegen der bereits durch den
Entscheidungsträger dokumentierten Staatsferne unproblematisch ist. Dass eine
entsprechende Regelung hier gerade nicht getroffen wurde, sondern dem
Entscheidungsträger enge, gerichtlich überprüfbare Grenzen gesetzt wurden, war
erforderlich, um dem Grundsatz der Staatsferne Rechnung zu tragen. Das Prinzip der
Staatsferne bleibt bei der vorliegenden Regelungskonzeption auch dadurch gewahrt, dass
der Ausschuss nur die Entscheidung zu treffen hat, ob die streitgegenständlichen
Frequenzen dem öffentlich-rechtlichen oder dem privaten Rundfunk zugeschlagen werden.
Eine unmittelbare Zuordnung an einen bestimmten (öffentlich-rechtlichen oder privaten)
Sender und eine damit verbundene mögliche mittelbare Einflussnahme auf das Programm
findet nach dem Wortlaut der Regelung gerade nicht statt und darf bei
verfassungskonformer Auslegung auch nicht stattfinden, da ansonsten das Postulat der
Staatsferne in der Tat in Frage gestellt wäre. Der Ausschuss hat, wenn die Sicherstellung
der Grundversorgung außer Frage steht (§ 21 Abs. 5 SMG), einen Mengenvergleich
anzustellen, bei dem konkrete Programme keine Rolle spielen dürfen, sondern nur die
beiden Blöcke (öffentlich-rechtlicher Rundfunk auf der einen und privater Rundfunk auf der
anderen Seite) verglichen werden. Eine unmittelbare oder auch nur mittelbare
Einflussnahme einer staatlichen Stelle auf ein bestimmtes Programm ist dadurch
ausgeschlossen, das Grundprinzip der Staatsferne bleibt gewahrt.
2. Die Ausübung der durch § 21 Abs. 4 SMG dem Ausschuss des Beklagten zugewiesenen
Exekutivkompetenz durch die Entscheidung zugunsten der Beigeladenen, die ihren
Niederschlag in dem angefochtenen Verwaltungsakt gefunden hat, ist nicht zu
beanstanden.
Die Klägerin hat weder aufgrund von § 21 Abs. 5 SMG (a.) noch aus § 21 Abs. 6 SMG (b.)
einen Anspruch auf Zuordnung der Frequenzen.
a. Die Zuordnung der streitgegenständlichen Übertragungskapazitäten ist nicht zur
Sicherstellung der Grundversorgung mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk erforderlich (§ 21
Abs. 5 SMG). Dass die Klägerin mit ihren Programmen derzeit nur einen Teil der
Bevölkerung erreichen kann, führt nicht zu einem Anspruch aus § 21 Abs. 5 SMG. Die
Frequenzzuweisung an einen bestimmten öffentlich-rechtlichen Sender - hier die Klägerin -
ist in Umsetzung der dargelegten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts weder vom
Gesetz vorgesehen noch erforderlich.
Grundversorgung im Sinne des § 21 Abs. 5 SMG meint Versorgung der Bevölkerung mit
ausreichend Rundfunk und nicht Versorgung einzelner Rundfunkanstalten mit genügend
Sendefrequenzen, um die gesamte Bevölkerung erreichen zu können.
Dabei differenziert die Regelung des § 21 Abs. 5, Abs. 6 SMG lediglich zwischen öffentlich-
rechtlichem und privatem Rundfunk. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Schaffung
der Voraussetzungen, dass ein bestimmter oder jeder öffentlich-rechtliche Sender für sich
genommen die Grundversorgung sicherstellen kann, folgt weder aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2
GG noch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses differenziert wie
der saarländische Gesetzgeber nur zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem
privaten Rundfunk als den beiden Säulen des dualen Systems.
Ausgehend von diesen Erwägungen kommt eine Zuordnung an den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk nach § 21 Abs. 5 SMG nicht in Betracht. Die Bewertung der bestehenden
Sendemöglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten im Saarland in ihrer
Gesamtheit führt zu dem Ergebnis, dass die Zuordnung weiterer Frequenzen zur
Sicherstellung der Grundversorgung im Sinne von § 21 Abs. 5 SMG nicht erforderlich ist.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Saarland verfügt mit den vier Programmen des SR,
die flächendeckend zu empfangen sind, und den beiden Programmen der Klägerin (auch
wenn diese nur in Teilen des Landes zu hören sind), über eine technische Reichweite im
UKW-Bereich, die keinen Zweifel daran lässt, dass die Grundversorgung sichergestellt ist.
Für einen Vorrang der Klägerin bis zum Erreichen des Zustandes der terrestrischen
Vollversorgung stellt nach alledem § 21 Abs. 5 SMG keine Rechtsgrundlage dar.
b. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 21 Abs. 6 SMG.
aa. Zunächst ist diese Vorschrift für die hier zu treffende Zuteilungsentscheidung
maßgebend. Etwaige Verständigungsvereinbarungen zwischen den Beteiligten nach § 21
Abs. 3 SMG vermögen hieran nichts zu ändern. Im Gegenteil haben die Beteiligten mit der
Verständigungsvereinbarung vom Mai 2007 (VVB 2007) die Geltung des Gesetzes
ausdrücklich und zusätzlich bekräftigt.
§ 2 VVB 2007 befasst sich mit künftigen Zuordnungen. Insofern heißt es:
(1) Die Parteien sehen in der hiermit vorgenommenen Zuordnung
von UKW-Übertragungskapazitäten sowie in der bereits erfolgten
Zuordnung von DAB-Übertragungskapazitäten im Block 8 B an das
Deutschlandradio wichtige Schritte hin zur Erfüllung des
Versorgungsauftrages des Deutschlandradio.
(2) Bei zukünftigen Frequenzzuordnungsverfahren sind die
Übertragungskapazitäten insgesamt so zuzuordnen, dass eine
möglichst gleichgewichtige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen und
des privaten Rundfunks gesichert wird. Dabei sind folgende
Gesichtspunkte einzubeziehen:
1. Sicherung der Grundversorgung und der Erfüllung des gesetzlichen
Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks,
2. Sicherung einer flächendeckenden Versorgung im jeweiligen
Verbreitungsgebiet mit landesweit verbreiteten und lokalen privaten
Rundfunkprogrammen,
3. die Vielfalt des Programmangebots.
Durch die Zuweisung einer weiteren Frequenz erfolgte mit der VVB 2007 eine
Verbesserung der technischen Reichweite der Klägerin in der Größenordnung von ca. 1/5
der gesamten Sendekapazität (vgl. 104.000 zu 506.078 -vgl. Bl. 114 d.A.). Durch § 2 Abs.
1 VVB 2007 wird zugleich § 2 der Verständigungsvereinbarung vom 22.10.2003 (VVB
2003) relativiert. Zwar sprechen die Vertragsparteien lediglich von wesentlichen Schritten
und nicht von einer endgültigen Befriedigung der Bedürfnisse zur Erfüllung des
Versorgungsauftrages der Klägerin. § 2 Abs. 2 VVB 2007 stellt indes klar, dass zukünftige
Zuordnungen nach dem von § 21 Abs. 6 SMG vorgegebenen Konzept erfolgen sollen, denn
§ 2 Abs. 2 VVB 2007 entspricht in seinem Wortlaut der Regelung in § 21 Abs. 6 SMG. Der
in § 2 VVB 2003 noch vereinbarte Versorgungsvorrang der Klägerin ist damit hinfällig
geworden.
bb. § 21 Abs. 6 Satz 1 SMG kommt unmittelbar als Anspruchsgrundlage zugunsten der
Klägerin bereits deshalb nicht in Frage, weil eine Zuordnung der in Rede stehenden
Frequenzen an diese und damit an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im konkreten Fall
nicht geeignet wäre, "eine möglichst gleichwertige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen
und des privaten Rundfunks" zu sichern. Im Gegenteil hat der Ausschuss nach Auswertung
der technischen Reichweiten der öffentlich-rechtlichen und der privaten im Saarland
zugelassenen Rundfunksender zu Recht eine Schieflage zu Ungunsten des privaten
Rundfunks festgestellt, der mit der getroffenen Zuordnungsentscheidung begegnet werden
soll.
Der nach § 21 Abs. 6 SMG gebotene Vergleich zwischen öffentlich-rechtlichem - also unter
Einbeziehung der Programme des SR - und privatrechtlichem Rundfunk ergibt eindeutig,
dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Saarland der dominierende Teil der Dualen
Rundfunkordnung ist.
Ein Blick auf die technische Reichweite der öffentlich-rechtlichen im Vergleich zu den
privaten Anbietern unter Zugrundelegung der von der Klägerin angegebenen potentiellen
Zuhörerzahlen und ausschließlicher Berücksichtigung des UKW-Empfangs, belegt dies.
Addiert man die Vollabdeckung durch die vier Programme des SR (SR 1, SR 2, SR 3 und
UnserDing zusammen insgesamt 4.339.740 potentielle Hörer (bei einer
Gesamteinwohnerzahl des Landes von 1.084.935 Einwohnern nach dem Vortrag der
Klägerin) ) mit den Zahlen für DLF (145.445) und DLRKultur (360.633) ergibt sich eine
4.845.818
1.415.026
Zahl folgt aus der Addition der von der Klägerin genannten Zahlen betreffend die privaten
Hörfunkanbieter im Saarland (Radio Salü: 1.018.325 Einwohner, BigFM: 234.696
Einwohner; Radio 99, 6: 4.448 Einwohner und Classic Rock Radio (Salü): 126.940
Einwohner und Antenne West: 30.617 Einwohner).
Auf Seiten des privaten Hörfunks existiert mit Radio Salü lediglich ein nahezu landesweit
(ca. 94%) verbreitetes Programm, während auf der öffentlich-rechtlichen Seite mit den vier
Programmen des SR vier Hörfunkprogramme flächendeckend senden.
Auch ein Vergleich der Programme der Klägerin auf der öffentlich-rechtlichen Seite unter
Ausklammerung des landesweit verbreiteten SR mit den privaten Programmen unter
Ausklammerung des landesweit verbreiteten Senders „Radio Salü“ ergibt ein
Ungleichgewicht zu Lasten der privaten Anbieter. Die beiden Programme der Klägerin
erreichen potentiell zusammen 506.078 Einwohner (DLF: 145.445 Einwohner, DLR Kultur:
360.633 Einwohner). Die technische Reichweite der Privatsender beträgt zusammen
396.701 Einwohner.
Die Faktenlage bezüglich der Versorgung mit öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern im
Saarland wurde nach alledem zutreffend zugrunde gelegt. Auf die Frage, ob die Reichweite
der Sender der Klägerin im Saarland im Bundesvergleich mit die Beste ist, kommt es
dagegen nicht entscheidungserheblich an, da die Entscheidung des Beklagten lediglich auf
das duale Rundfunksystem im Saarland bezogen zu sein hat und ist.
cc. Aus den Gesichtspunkten, die nach § 21 Abs. 6 Satz 2 SMG bei der nach § 21 Abs. 6
Satz 1 SMG zu treffenden Entscheidung einzubeziehen sind, ergibt sich nichts anderes.
α. Aus der gemäß § 21 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SMG zu berücksichtigenden Sicherung der
Erfüllung des gesetzlichen Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks lässt sich
zugunsten der Klägerin nichts herleiten. Abgesehen davon, dass auch insofern ausdrücklich
nicht der gesetzliche Auftrag eines bestimmten öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders,
sondern derjenige des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seiner Gesamtheit gemeint ist,
folgt ein Anspruch der Klägerin auf Zuweisung insbesondere nicht aus dem DLR-StV.
(Staatsvertrag über die Körperschaft des öffentlichen Rechts “Deutschlandradio„
(Deutschlandradio-Staatsvertrag - DLR-StV) vom 17. Juni 1993, in saarländisches
Landesrecht transformiert durch das Gesetz vom 22. 9. 1993 (Amtsbl. S. 989),)
Zwar ist in § 3 Abs. 1 Satz 2 DLR-StV als Zielvorgabe eine möglichst gleichwertige
terrestrische Verbreitung für beide Programme der Klägerin festgehalten. Diese
Formulierung bezieht sich aber ersichtlich auf die Verwertung der der Klägerin nach § 3
Abs. 1 Satz 1 DLR-StV zugewiesenen Frequenzen und Satellitenkanäle, die am
01.07.1991 vom Deutschlandfunk, den Programmen von RIAS 1 und DS Kultur genutzt
und der Klägerin zugewiesen wurden. Ein grundsätzlicher Vorrang bei der Vergabe von
weiteren Übertragungskapazitäten lässt sich hieraus dagegen nicht herleiten, denn § 3
Satz 3 DLR-StV regelt ausdrücklich, dass weitere Übertragungskapazitäten nach Maßgabe
des Landesrechts zugeordnet werden können, ohne dass den Programmen der Klägerin
nach diesem Staatsvertrag jedoch ein Vorrang zukommt. Gerade die gesetzliche Regelung
spricht daher eher gegen als für die Klägerin.
ß. Ein Anspruch auf vorrangige Zuordnung folgt erst recht nicht aus § 21 Abs. 6 Satz 2 Nr.
2 SMG. Diese Regelung stellt mit der Sicherung einer flächendeckenden Versorgung im
privaten
Rundfunkprogrammen ein Entscheidungskriterium auf, aus dem ausschließlich der private
Rundfunk einen Anspruch herleiten kann, nicht aber die Klägerin als öffentlich-rechtliche
Rundfunkanbieterin.
Dass die Beigeladene im Vorfeld der Entscheidung des Beklagten die Verwendung ihr
eventuell zugeteilter Frequenzen nicht offengelegt hat, berührt in diesem Zusammenhang
die materielle Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung des Beklagten nicht.
Im Gegenteil muss gerade insofern berücksichtigt werden, dass der Ausschuss des
Beklagten nur die Entscheidung über eine Zuordnung zugunsten des öffentlich-rechtlichen
oder des privaten Rundfunks zu treffen hat. Wie die Frequenzen später konkret genutzt
werden, ist unter dem Gesichtspunkt der Verteilung nach § 26 Abs. 6 SMG irrelevant. Eine
andere Sicht würde der gebotenen Staatsferne widersprechen. Welchem privaten
Programmveranstalter anschließend die Frequenz konkret zugewiesen wird, richtet sich
nach § 52 SMG und erfolgt in einem eigenen Verfahren durch den pluralistisch besetzten
Medienrat (§§ 56, 57 SMG) der Beigeladenen. Auf diese Weise trägt der Gesetzgeber dem
Gebot der Staatsferne des Rundfunks durch verfahrensrechtliche und organisatorische
Vorgaben Rechnung.
γ. Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht daraus, dass gemäß § 21 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3
SMG bei der Zuweisung von Frequenzen die Vielfalt des Programmangebots zu
berücksichtigen ist. Dieses Kriterium ist auf (bloße) Verbreiterung des Programmangebots
gerichtet. Die Entscheidung insoweit hat sich daher, damit die Staatsferne gewahrt bleibt,
auch hier nicht an konkreten Programmen, insbesondere nicht an ihren konkreten Inhalten
zu orientieren. Ein Anspruch der Klägerin, die mit ihren Programmen das Spektrum der
Radiosender im Saarland bereits bereichert, käme daher mit Blick auf § 21 Abs. 6 Satz 1
SMG allenfalls dann in Betracht, wenn bereits eine annähernd gleichwertige Entwicklung
der beiden Säulen des dualen Systems vorläge. Erst dann kann das Kriterium der Vielfalt
des Programmangebots eine Zuordnungsentscheidung maßgeblich beeinflussen. Diese
Grundvoraussetzung für eine etwaige Entscheidung zugunsten des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks und damit, weil der SR keinen Bedarf angemeldet hatte, letztlich zugunsten der
Klägerin ist nach den obigen Ausführungen aber nicht erfüllt.
Dass der Beklagte bei dieser Sachlage zugunsten der Beigeladenen entschieden hat, ist
nach alledem rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klage auf Verpflichtung zur Zuteilung
bleibt demnach ebenso ohne Erfolg wie die Bescheidungsverpflichtungsklage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; zu einer Kostenentscheidung
zugunsten (§ 162 Abs. 3 VwGO) oder zu Lasten (§ 154 Abs. 3 VwGO) der Beigeladenen
besteht keine Veranlassung.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2
Nr. 3 VwGO) zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).