Urteil des VG Saarlouis vom 22.07.2009

VG Saarlouis: stadtrat, geschäftsordnung, fraktion, ausschuss, tagesordnung, fragerecht, gerichtsakte, einfluss, umwelt, gemeinderat

VG Saarlouis Urteil vom 22.7.2009, 11 K 990/08
Rechte der fraktionslosen Mitglieder des Gemeinderates
Leitsätze
Fraktionslosen Mitgliedern des Gemeinderats steht kein Rechtsanspruch auf Teilnahme an
Sitzungen von Ausschüssen mit Rede-, Frage- und Antragsrecht zu. Fraktionslosen
Mitgliedern steht allein ein reines Teilnahmerecht zu.
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der Kläger durch die Nichtanfertigung von Niederschriften der
Verhandlungen des Stadtrates aus den Jahren 2007 und 2008 in seinem Anspruch auf
Protokollierung verletzt worden ist.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 8/9 und der Beklagte zu 1/9.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der
sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls
nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe
leistet.
Tatbestand
Bei den Kommunalwahlen 2004 erzielte die … mit dem Kläger als Spitzenkandidat 3 Sitze
im Stadtrat der Kreisstadt … (außer auf den Kläger entfielen auf ihrer Liste ein Mandat auf
Herrn … und Herrn …). Auf die CDU entfielen 20 Sitze, auf die SPD 18 Sitze und auf
Bündnis 90/Die Grünen 4 Sitze. Nach Auseinandersetzungen in Partei und Fraktion wurde
Herr … Anfang 2005 aus der …-Fraktion ausgeschlossen. Herr … legte am 26.02.2005
sein Mandat nieder. Die Nachrückerin … schloss sich mit Herrn … zur …-Fraktion
zusammen. Der Kläger ist seitdem für die … als fraktionsloses Mitglied im Stadtrat
vertreten gewesen.
Bei den Kommunalwahlen 2009 wurde der Kläger erneut in den Stadtrat gewählt; die …
erzielte 3 Sitze im Stadtrat der Kreisstadt ….
Am 24.09.2008 hat der Kläger wegen „Verletzung der Mitwirkungsrechte 1. Verweigerung
des Rederechts in den Ausschüssen des Stadtrates durch den Oberbürgermeister, 2.
Verletzung der Geschäftsordnung des Stadtrates von …" die vorliegende Klage erhoben.
Er ist der Auffassung, dass ihm als Stadtratsmitglied ein Frage- und Rederecht in den
Ausschusssitzungen zustehe. Die Verweigerung dieser Rechte durch den Beklagten
verstoße gegen seine in § 37 und § 48 KSVG verbrieften Mitwirkungsrechte. Die
Entscheidung des OVG des Saarlandes vom 02.09.1992 -1 W 35/92-, die davon ausgehe,
dass fraktionslose Gemeinderatsmitglieder in den Ausschüssen des Gemeinderates kein
Rede- und Antragsrecht hätten, sei überholt. Der Gesetzgeber habe durch die Einführung
von vermehrter Basisdemokratie (Direktwahlen, Informationsfreiheitsgesetz) die Rahmen-
und Auslegungsbedingungen des KSVG seit dem Zeitpunkt dieser Entscheidung
grundlegend geändert. Zudem sei dieser OVG-Beschluss rechtlich äußerst umstritten,
wozu der Kläger näher ausführt. Das KSVG sehe Stadtverordnete verschiedener Klassen
nicht vor. Da es sich bei dem Neubau eines Badesees und Abriss eines Schwimmbades
einer Kreisstadt um eine Entscheidung von kommunalpolitisch bedeutsamen Gewicht
handele, müsse diese Sache dem Stadtrat zur Beratung der Entscheidung vorgelegt
werden. Die Frage der Schließung eines Bades dürfe weder von einem untergeordneten
Ausschuss durch die Hintertür noch von einer privaten Gesellschaft, der zudem das Bad
nicht gehöre, getroffen werden. Im Übrigen handele der Beklagte anders als er vortrage.
So sei zum Beispiel der Umbau des Bades abschließend im Stadtrat beschlossen worden.
Sogar die Schließung des Bades sei, wenn auch illegal, nicht nur vom Stadtrat beschlossen,
sondern auch als Beitrag zur Sanierung des Haushaltes herangezogen worden. Im Hinblick
auf die Ausschusssitzung am 25.09.2008 sei auch die von der Geschäftsordnung
vorgesehene Ladungsfrist nicht eingehalten worden; die Ladungsfrist müsse 14 Tage
betragen, da es sich beim Thema Bad um eine bedeutsame Vorlage handele. Er habe als
Stadtratsmitglied Anspruch auf Einhaltung der Geschäftsordnung. Es sei mittlerweile auch
unerträglich, dass Entscheidungen und Beratungen der Stadt nicht mehr im Stadtrat
getroffen, sondern in „dunklen Hinterzimmern“ durch einige wenige Personen
ausgeklüngelt würden, um dann das Klüngelergebnis im Hauruckverfahren durchzupressen.
Zudem verstoße die Gründung der Wirtschaftsbetriebe … GmbH gegen § 108 KSVG. Der
öffentliche Zweck der Wirtschaftsbetriebe sei weder erkennbar noch gerechtfertigt. Die
Schwimmbäder könnten genauso effektiv in Form eines Eigenbetriebes betrieben werden.
Mit einem legitimen demokratischen, auf dem Grundgesetz basierenden
Verwaltungsverfahren habe das ganze Vorgehen nichts mehr zu tun. Im Übrigen habe er
nach § 41 Abs. 1 Satz 3 KSVG Einfluss auf die abzuhandelnde Tagesordnung des
Stadtrates und könne daher Fragen zu den im Ausschuss abschließend behandelten
Themen stellen. Der einzelne Stadtverordnete habe lediglich keinen Anspruch darauf, auf
der nächsten Sitzung Verhandlungsgegenstände aufnehmen zu lassen. Wenn der
Gesetzgeber in § 41 Abs. 1 Satz 3 KSVG ausdrücklich betone, dass nur Fraktionen das
Recht hätten, auf der nächsten Sitzung Verhandlungsgegenstände aufnehmen zu lassen,
bringe der Gesetzgeber mit einer derartigen Formulierung zum Ausdruck, dass der einzelne
Stadtverordnete selbstverständlich einen Anspruch darauf habe, dass
Verhandlungsgegenstände spätestens nach der nächsten Sitzung aufgenommen werden
müssten. Der Beklagte versuche für die Ausschüsse eine Kompetenz, oder besser gesagt
ein Eigenleben, zu konstruieren. Der Beklagte verwechsle offenkundig die Delegation von
Aufgaben an die Ausschüsse mit dem Reichermächtigungsgesetz. Um ihn in seiner
Stadtratsarbeit zu behindern, würde der Beklagte zudem systematisch keine Protokolle
über die abgehaltenen Stadtratssitzungen mehr anfertigen. Es würden ihm bereits
Protokolle aus dem Jahre 2007 fehlen. Dies stelle einen Verstoß gegen § 47 KSVG dar. Der
Kern seiner Klage liege zusammengefasst darin, zu prüfen, ob Gesellschafterbeschlüsse
städtischer Gesellschaften des Votums des Stadtrates bedürften oder ob der
Oberbürgermeister nach eigenem Gusto entscheiden könne. Darüber hinaus gehe es um
die Frage des Auskunftsrechtes gegenüber städtischen Gesellschaften. Insofern habe der
Oberbürgermeister kein freies Mandat. Die von den Gesellschaftern einer städtischen
GmbH zu fassenden Beschlüsse müssten dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt
werden.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass ihm eine Fragerecht (auch
Rederecht) in den Sitzungen von Ausschüssen, zu denen
in den Ausschusssitzungen behandelten Themen, zusteht,
hilfsweise, für den Fall, dass die Kammer zu dem Schluss
kommen sollte, dass ihm eine Fragerecht in den
Ausschüssen nicht zustehe, festzustellen, dass er
berechtigt ist, Fragen zu den abschließend behandelten
Themen der Ausschüsse in der darauf folgenden
Stadtratssitzung zu stellen;
2. festzustellen, dass der Neubau und Abriss von
Schwimmbädern im Stadtrat abschließend zu behandeln
und zu beschließen ist;
3. festzustellen, dass die Vorgehensweise der GmbH und
der Stadtverwaltung bzgl. des Abrisses des Bades und
dem Neubau eines Badesees ihn in seinen
Mitwirkungsrechten verletzt, da die von den
Gesellschaftern zu treffenden Beschlüsse dem Stadtrat
zur Entscheidung vorzulegen sind;
4. festzustellen, dass die Ladungsfrist für die Sitzung des
Ausschusses für Stadtplanung, Bauen und Umwelt am
25.09.2008 nicht eingehalten worden ist;
5. festzustellen, dass der sogenannten …-Fraktion kein
Ausschusssitz im Stadtrat zusteht;
6. festzustellen, dass Gesellschafterbeschlüsse bei
städtischen Gesellschaften der Zustimmung des
Stadtrates bedürfen;
7. festzustellen, dass die Protokolle der Sitzungen des
Stadtrats und seiner Ausschüsse unverzüglich
anzufertigen und den Stadtverordneten zur Verfügung zu
stellen sind,
hilfsweise,
festzustellen, dass Sitzungsprotokolle unverzüglich
anzufertigen sind;
8. anzuordnen, dass die Fragen an den
Oberbürgermeister/Stadtverwaltung vom 20.12.2008
unverzüglich durch den Oberbürgermeister zu
beantworten sind;
9. äußerst hilfsweise festzustellen, dass die Gründung der
GmbH gegen § 108 KSVG verstößt; der öffentliche Zweck
das Unternehmen nicht rechtfertigt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, da der Kläger in keinem Ausschuss Mitglied sei, dürfe er demnach an den
Ausschusssitzungen zwar teilnehmen, seine Stimme dürfe er jedoch dort nicht erheben.
Der Kläger habe, da er keiner Fraktion angehöre, auch keinen Einfluss auf die im Stadtrat
abzuhandelnden Tagesordnungspunkte. Dies ergebe sich aus § 41 Abs. 1 Satz 3 KSVG.
Sein Begehren, Fragen zu den abschließend behandelten Themen der Ausschüsse in der
darauf folgenden Stadtratsitzung zu stellen, stelle sich somit als Umgehungsversuch des §
41 Abs. 1 Satz 3 KSVG dar. Dieses Begehren verletze darüber hinaus die Rechte der
Ausschüsse, da der Stadtrat im Zuständigkeitsbereich der beschließenden Ausschüsse
keine Kompetenzen besitze. Für den Beklagten sei nicht ersichtlich, dass die
Bestimmungen über die Bekanntgabe der Niederschriften verletzt worden sei. Im Übrigen
werde nicht bestritten, dass der Kläger einen Informationsanspruch nach § 37 Abs. 1 Satz
2 KSVG habe. Entgegen seiner Auffassung gebe es aber sehr wohl Stadtverordnete
verschiedener Klassen. Ein Stadtverordneter, der keinem Ausschuss und keiner Fraktion
angehöre sei - wie das OVG in seiner Entscheidung 1 W 35/92 zutreffend festgestellt habe
- von "minderem Gewicht". Damit habe sich der Kläger abzufinden. Der den Ausschüssen
nicht angehörende Kläger habe keinen Anspruch darauf, die Sacharbeit der Gremien zu
stören, deren mitwirkungsbefugte Personenzahl aus Gründen der Effizienzsteigerung
beschränkt sei. Im Hinblick auf die Feststellung, dass die Ladungsfrist für die
Ausschusssitzung nicht eingehalten sei, sei der dem Ausschuss nicht angehörende Kläger
vom Ausschuss nicht bevollmächtigt worden, eine Feststellungsklage über die Rechte des
Ausschusses einzureichen; im Übrigen sei die Ladungsfrist eingehalten worden. Die
Betriebe würden einen öffentlichen Zweck, nämlich den des Gesundheitswesens, der
Erholung und der sinnvollen Freizeitgestaltung durch den Betrieb eines Schwimmbades
erfüllen. Was seine Feststellungsklage bezüglich der …-Fraktion angehe, sei er nicht befugt,
Kompetenzen des Stadtrates geltend zu machen. Im Übrigen sei es höchste Zeit für den
Hinweis, dass die Klagen des Klägers insgesamt rechtsmissbräuchlich und rechtlich
unzulässig seien, wozu der Beklagte weiter ausführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der beigezogenen Verwaltungsunterlagen verwiesen, der zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Feststellungsklage im Kommunalverfassungsstreit statthaft. Sie ist auch
im Übrigen überwiegend zulässig; insbesondere ist der Verbleib des Klägers bei seinen
Klagebegehren sachgerecht. Er war vor den Kommunalwahlen 2009 Mitglied des
Stadtrates der Kreisstadt und ist dies auch nach den Wahlen.
Hinsichtlich des Klageantrages zu 5. ("festzustellen, dass der sogenannten …-Fraktion kein
Ausschusssitz im Stadtrat zusteht") ist die Klage allerdings unzulässig; es fehlt an der -
auch für eine Feststellungsklage im Kommunalverfassungsstreit erforderlichen -
Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. dazu Urteil der Kammer vom
14.07.2006 -11 K 294/05-, m.w.N.). Denn eine Beeinträchtigung eigener subjektiver
Mitwirkungsrechte des Klägers als Stadtratsmitglied scheidet von vorneherein aus. (Im
Übrigen ist der beklagte Oberbürgermeister insoweit nicht passivlegitimiert - die Klage
daher auch unbegründet - und müsste das entsprechende Feststellungsbegehren gegen
den Stadtrat der Kreisstadt gerichtet werden.)
Soweit die (verbliebene) Klage danach zulässig ist, ist sie lediglich hinsichtlich des
Klageantrages zu 7. ("festzustellen, dass die Protokolle der Sitzung des Stadtrates und
seiner Ausschüsse unverzüglich anzufertigen und den Stadtverordneten zur Verfügung zu
stellen sind") begründet.
Insoweit steht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung fest, dass aufgrund in der
Sphäre des Beklagten liegenden Umständen die entsprechenden Sitzungsniederschriften
nicht (vollständig) angefertigt und dem Kläger daher nicht zur Verfügung gestellt worden
sind. Dies stellt eine aus § 47 Abs. 5 S. 1 und 2 KSVG ("Die Niederschrift ist spätestens bei
Beginn der nächsten Sitzung zu verlesen. Die Geschäftsordnung kann eine andere Form
der Bekanntgabe der Niederschrift an die Mitglieder des Gemeinderates vorsehen.") i.V.m.
§ 34 der Geschäftsordnung für den Stadtrat ("Die unterzeichneten Niederschriften aller
Sitzungen des Stadtrates und der Ausschüsse werden den Mitgliedern des Stadtrates
durch Übersendung von jeweils 1 Ausfertigung an die Fraktionen bekannt gegeben.
Gleichzeitig wird die Niederschrift auch in einen geschützten Bereich der Homepage der
Kreisstadt bekannt gegeben….") resultierende Verletzung des Anspruchs des Klägers auf
Protokollierung dar (vgl. zur Geltung der Geschäftsordnung eines Rates für die von ihr
Betroffenen nur Urteil der Kammer vom 14.06.2006 -11 K 311/05- m.w.N.).
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Der Klageantrag zu 1. ("festzustellen, dass ihm ein Fragerecht (auch Rederecht) in den
Sitzungen von Ausschüssen, zu den in den Ausschusssitzungen behandelten Themen
zusteht") hat keinen Erfolg.
Nach der ständigen Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl.
nur OVG des Saarlandes, Beschluss vom 02.09.1992 -1 W 35/92-, SKZ 1992,266), an
der festgehalten wird, steht fraktionslosen Mitgliedern des Gemeinderats - wie dem Kläger
- kein Rechtsanspruch auf Teilnahme an Sitzungen von Ausschüssen mit Rede-, Frage- und
Antragsrecht zu. Fraktionslosen Mitgliedern steht allein ein reines Teilnahmerecht zu; sie
können nur Zuhörer sein. Soweit die ratsbezogene Rechtsstellung der
Gemeinderatsmitglieder in Rede steht, sind diese auch bei den beschließenden
Ausschüssen nur an den dem Gemeinderat obliegenden Entscheidungen über die
Aufgabenübertragung, die Organisation der beschließenden Ausschüsse und deren
personelle Besetzung beteiligt.
Auch der hierzu gestellte Hilfsantrag ("hilfsweise, für den Fall, dass die Kammer zu dem
Schluss kommen sollte, dass ihm eine Fragerecht in den Ausschüssen nicht zustehe,
festzustellen, dass er berechtigt ist, Fragen zu den abschließend behandelten Themen der
Ausschüsse in der darauf folgenden Stadtratssitzung zu stellen.") bleibt erfolglos.
Insoweit ist in den Blick zu nehmen, dass ein derartiges Fragerecht als - auch
verfassungsrechtlich nicht gebotene - Umgehung der vom saarländischen Kommunalrecht
vorgegebenen Stellung fraktionsloser Gemeinderatsmitglieder in den Ausschüssen - wie sie
das OVG des Saarlandes in seiner Entscheidung vom 02.09.1992 - 1 W 35/92 - ausführlich
herausgearbeitet hat - anzusehen ist. Zudem würde ein solches Fragerecht dem vom
Kommunalgesetzgeber vorgesehenen Sinn und Zweck der beschließenden Ausschüsse
widersprechen. Die beschließenden Ausschüsse erfüllen nämlich eigenständig -
vorbereitend und entscheidend - die allein ihnen zugewiesenen Aufgaben, deren sich der
Gemeinderat begeben hat (vgl. hierzu ausführlich nur OVG des Saarlandes, a.a.O.,
m.w.N.).
Entgegen der klägerischen Auffassung ergibt sich auch aus § 41 Abs. 1 Satz 3 KSVG keine
andere rechtliche Bewertung. Danach hat der Bürgermeister auf schriftlichen Antrag einer
Fraktion oder von mindestens einem Viertel der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des
Gemeinderates bestimmte Verhandlungsgegenstände in die Tagesordnung der nächsten
Sitzung aufzunehmen. Durch diese Regelung ist der sonst geltende Grundsatz
durchbrochen, dass der Bürgermeister Herr des Verfahrens bei der Festsetzung der
Tagesordnung ist (vgl. dazu nur Beschluss der Kammer vom 05.05.1992 -11 F 35/92-
unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des OVG). Das Recht, Anträge zur
Tagesordnung zu stellen, gehört zu den Mitgliedschaftsrechten der Ratsmitglieder, deren
Ausübung zwar durch die Geschäftsordnung geregelt werden kann, die aber nicht durch
unangemessene Regelungen praktisch entzogen werden dürfen. Die Vorschrift des § 41
Abs. 1 Satz 3 KSVG dient daher einerseits der Gewährleistung, dass auch der Rat selbst
auf die Gestaltung der Tagesordnung Einfluss nehmen kann, andererseits dient sie dem
Schutz politischer Minderheiten innerhalb des Rates. Der gesetzliche Minderheitenschutz
geht allerdings nicht so weit, dass der Bürgermeister auch Vorschläge einzelner
Ratsmitglieder, die nicht von dem gesetzlich geforderten Quorum unterstützt werden, bei
der Festsetzung der Tagesordnung zu berücksichtigen hat (vgl. nur Beschluss der Kammer
vom 05.05.1992 -11 F 35/92-). Auch aus höherrangigem Recht lässt sich ein solcher
Anspruch nicht herleiten. Sowohl der verfassungsrechtliche Minderheitenschutz als auch
das Gebot der Chancengleichheit der Parteien finden ihre Grenzen in der Arbeitseffizienz
des Gremiums. Den fraktionslosen Mitgliedern eines Gemeinderates sind genügend
Möglichkeiten eingeräumt, um auf die Willensbildung im Rat Einfluss zu nehmen; mit den
gegebenen Möglichkeiten können sie ihren Wählerauftrag durchaus ausführen. So gibt z. B.
§ 18 der Geschäftsordnung des Stadtrates der Kreisstadt das Recht, Anfragen an die
Verwaltung zu richten, die vor dem Rat oder dem für die Angelegenheit zuständigen
Ausschuss beantwortet werden müssen. Darüber hinaus hat jedes fraktionslose Mitglied
des Gemeinderates die Möglichkeit, sich außerhalb der Gemeinderatsitzung das gemäß §
41 Abs. 1 Satz 3 KSVG erforderliche Quorum zu beschaffen; auf diesem Weg ist ihm auch
die Möglichkeit eröffnet, auf die anderen Gemeinderäte gesprächsweise Einfluss zu
nehmen, um sie für den eigenen Antrag zu gewinnen. Mit diesen beiden Möglichkeiten ist
die Verwirklichung des Mitbestimmungsrechts hinreichend sichergestellt (vgl. auch VGH
Baden Württemberg, Urteil vom 06.06.1988, DÖV 1989, 31 ff. (34)). Aus alldem folgt,
dass der Kläger, der als einziger Vertreter der … im Stadtrat der Kreisstadt im hier
fraglichen Zeitraum keinen Fraktionsstatus hatte (vgl. hierzu nur Urteil der Kammer vom
14.07.2006 -11 K 311/05-), aus den gesetzlichen Vorschriften des KSVG keinen
subjektiven Anspruch herleiten kann, ohne Unterstützung durch andere Ratsmitglieder
bestimmte Verhandlungsgegenstände in die Tagesordnung der nächsten Ratssitzung
aufnehmen zu lassen; dies gilt dann in einem "erst-recht-Schluss" für die vom Kläger ins
Feld geführte "übernächste" Sitzung.
Die Klageanträge zu 2., 3., 6., 8. und 9. lassen sich - wie es auch der Kläger getan hat
(vgl. Schriftsatz vom "01.02.2009", Bl. 134 ff. der Gerichtsakte: "Der Kern der Klage liegt
jedoch darin, ob Gesellschafterbeschlüsse städtischer Gesellschaften des Votums des
Stadtrates bedürfen oder ob der Oberbürgermeister nach eigenem Gusto entscheiden
kann. Darüber hinaus geht es um die Frage des Auskunftsrechtes gegenüber städtischen
Gesellschaften.") - unter der Frage zusammenfassen, welche Einwirkungsmöglichkeiten der
Rat und/oder ein Ratsmitglied auf von der Gemeinde nach § 108 KSVG betriebene, in
Privatrechtsform geführte, Unternehmen hat und bleiben ohne Erfolg. Denn die mit ihnen
geltend gemachten Ansprüche auf umfassende Kontrolle der "städtischen Gesellschaften"
stehen dem Kläger in dieser Form nicht zu.
Die Unterrichtungspflicht aus Organen eines Unternehmens in einer Rechtsform des
privaten Rechts, an dem die Gemeinde beteiligt ist (z.B. Gesellschafterversammlungen
und/oder Aufsichtsräte), ist detailliert und abschließend in § 115 KSVG geregelt und
umfasst, unter den Voraussetzungen seines Absatzes 1, namentlich ein sich auf alle
Angelegenheiten des Unternehmens erstreckendes Auskunftsrecht des Rates (vgl. auch
Wohlfarth, Kommunalrecht für das Saarland, 3. Auflage, Rdnr. 273; Lehne/Weirich,
Saarländisches Kommunalrecht, Kommentar, § 115 KSVG Anm. 1.2.). § 114 KSVG regelt
die Vertretung der Gemeinde in Unternehmen in Privatrechtsform, wobei nach Absatz 4 die
Vertreter der Gemeinde in den Organen eines Unternehmens an Beschlüsse und
Weisungen des Gemeinderates oder seiner Ausschüsse gebunden sind (vgl. hierzu
Lehne/Weirich, a.a.O., § 114 Anm. 4). Dass in diese von §§ 115, 114 (und 111) KSVG
normierten Kontroll- und Steuerungsrechte des Rats der Kreisstadt eingegriffen worden ist,
ist vor dem Hintergrund des klägerischen Vortrags nicht ersichtlich; darüber hinausgehende
Mitwirkungsrechte sehen diese Normen nicht vor. Insbesondere lässt sich mit Blick auf den
Vorrang des Gesellschaftsrechts (Art. 31 GG) eine - vom Kläger wohl gewünschte -
generelle vorherige Genehmigungspflicht von Gesellschafterbeschlüssen durch den
Gemeinderat nicht wirksam begründen (vgl. nur Wohlfarth, a.a.O., Rdnr. 273 m.w.N.;
ders. Das Stadtratsmitglied im Aufsichtsrat der Eigengesellschaften, SKZ 1990, 2 ff.).
Insoweit ist, wie das OVG des Saarlandes in seinem Urteil vom 17.04.1997 -1 R 1/95-
(SKZ 1997, 177) festgestellt hat, Folge der vom Gesetz zugelassenen Entscheidung für
die betreffende privatrechtliche Organisationsform, dass der Gemeinderat insgesamt, aber
auch jede seiner Fraktionen und Mitglieder Entscheidungs-, Mitsprache- und Kontrollrechte
einbüßt.
Es ist mit Blick auf den Vortrag des Klägers auch nichts dafür erkennbar, dass die
Gründung der GmbH gegen § 108 KSVG verstößt. Er ist insoweit der Meinung, in der
Gründung der GmbH liege ein Verstoß gegen § 108 KSVG, weil diese Konstruktion im
Verhältnis zu einem Eigenbetrieb keine Vorteile bringe, von daher der öffentliche Zweck
weder erkennbar noch gerechtfertigt sei und die Form der GmbH gewählt worden sei, um
die Mitwirkungsrechte des Rates zu umgehen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten,
dass die Voraussetzungen für eine (zulässige) wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde
gerichtlicherseits nur eingeschränkt überprüfbar sind, da diese Entscheidung eine
eigenständige kommunalpolitische Entscheidung darstellt, die die demokratisch
legitimierten Sachwalter der jeweiligen Gemeinde zu treffen haben, denen insoweit im
Hinblick auf die in Art. 28 GG verbürgte Universalität der Gemeinde eine
Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. Lehne/Weirich, a.a.O., § 108 Anm. 1.2. unter
Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 22.02.1972 -I C 24.96-, GE 39, 329, 333 ff.). Dies
berücksichtigend ist es vorliegend nicht zu beanstanden, dass das zuständige Gremium
statt der vom Kläger gewünschten Rechtsform eines Eigenbetriebes (vgl. § 109 Abs. 1
KSVG: "Die gemeindlichen Unternehmen … können als Eigenbetriebe geführt werden.")
eine privatrechtliche GmbH im Sinne des § 110 KSVG wählt, da sich die Aktivitäten der
Betriebe jedenfalls auf die Verpflichtung der Kreisstadt zurückführen lassen, das gemeine
Wohl ihrer Einwohnerschaft zu fördern (vgl. §§ 5 Abs. 1, 108 Abs. 1 Nr. 1 KSVG und § 108
Abs. 2 KSVG; die in § 108 Abs. 2 KSVG genannten Einrichtungen umfassen die fiktiv
wirtschaftlichen Betätigungen einer Gemeinde, die sich aber ebenfalls nach § 110 KSVG in
Privatrechtsform organisieren lassen, vgl. hierzu nur Wohlfarth, a.a.O., Rdnr. 256; insoweit
kann es dahingestellt bleiben, ob der "Bäderbetrieb" hierunter fällt oder nicht).
Anhaltspunkte dafür, dass der Rat sein ihm insoweit zustehendes Wahlrecht bezüglich der
Rechtsform aus sachfremden Erwägungen heraus ausgeübt hat, gibt es nicht. (Im Übrigen
ist der beklagte Oberbürgermeister insoweit nicht passivlegitimiert und müsste das
entsprechende Feststellungsbegehren gegen den Stadtrat der Kreisstadt gerichtet
werden.).
Letztlich bleibt auch dem Klageantrag zu 4. ("festzustellen, dass die Ladungsfrist für die
Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Bauen und Umwelt (am 25.09.2008) nicht
eingehalten worden ist") der Erfolg versagt; der Anspruch des Klägers auf
ordnungsgemäße Ladung ist nicht verletzt (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Urteil vom
29.11.1985 -2 R 155/85-, SKZ 1986, 87 (92)).
Es steht nach der Auswertung der Aktenlage fest, dass die Ladungsfrist der Sitzung des
Ausschusses für Stadtplanung, Bauen und Umwelt am 25.09.2008 eingehalten worden
ist. Die Ladungsfrist beträgt nach § 16 der Geschäftsordnung abweichend von § 41 Abs. 3
Satz 3 KSVG mindestens 5 Tage, in der Regel aber 7 Tage. Bei umfänglichen oder
besonders bedeutsamen Vorlagen beträgt die Einberufungszeit 14 Tage (vgl. dazu, dass es
umstritten ist, ob eine solche Verlängerungen der Einberufungsfrist mit Blick auf § 41 Abs.
3 Satz 3 KSVG überhaupt zulässig ist, nur Wohlfarth, a.a.O., Rdnr. 143 m.w.N.). Die
Fristberechnung erfolgt dabei gemäß §§ 31 Abs. 1 SVwVfG, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB
(vgl. nur OVG des Saarlandes, Urteil vom 03.12.1992 -1 R 57/91-, SKZ 1993, 39 ff). Da
der Tag des Zugangs der Einladung (hier: der 17.09.; vgl. hierzu den Schriftsatz des
Beklagten vom 16.07.2009, Bl. 156 der Gerichtsakte) nicht mitzählt (vgl. auch
Lehne/Weirich, a.a.O., § 41 Rdnr. 3), ist die vorgesehene ("Regel")Ladungsfrist eingehalten.
Aus dem Vorbringen des Klägers, es stehe außer Frage, dass es sich bei dem Thema Bad
um eine umfängliche, vor allem bedeutsame Vorlage handele, ergeben sich keine
durchgreifenden Gründe für die Annahme, vorliegend müsste eine Ladungsfrist von 14
Tagen eingehalten werden. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass in der betreffenden
Ausschusssitzung nicht die Schließung des Bades behandelt wurde (diese ist nach dem
Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom "01.02.2009" vom Stadtrat beschlossen
worden, vgl. Bl. 81 der Gerichtsakte; dieser Vortrag stimmt mit der Aktenlage überein, vgl.
hierzu nur das Schreiben der Kommunalaufsicht an den Kläger vom 19.11.2008 unter
Hinweis auf den Komplex Bad betreffende Stadtratssitzungen vom 09.02.2006,
23.02.2006 und 13.07.2006), sondern allein die vom Stadtrat in seiner Sitzung vom
13.07.2006 in Auftrag gegebene "Machbarkeitsstudie … Teil 3" (vgl. Bl. 10-15 der
Gerichtsakte). Der Beschlussvorschlag für die Sitzung sieht auch nur vor, dass der
Ausschuss diesen Teil der Studie "zustimmend zur Kenntnis nimmt" und die Verwaltung
"beauftragt, in einer Bürgerinformation die Machbarkeitsstudie …, Teil 1, 2, und 3,
vorzustellen.". Dies verdeutlicht ohne weiteres, dass im vorliegenden Fall - auch in
Ansehung der dem "beschließenden" Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt nach
§ 5 der Geschäftsordnung zugesprochenen erheblichen Bedeutung - nicht von einer
"besonders bedeutsamen" Vorlage ausgegangen werden kann.
Nach alldem war wie erkannt zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.