Urteil des VG Saarlouis vom 18.02.2011

VG Saarlouis: einkauf, die post, zustellung, stadt, behandlung, meldung, anweisung, entlastung, vollstreckung, nachlässigkeit

VG Saarlouis Urteil vom 18.2.2011, 4 K 708/10
Dienstvergehen bei alltäglichem Fehlverhalten
Leitsätze
In vier Fehlern, die einem Postzusteller in einem Zeitraum von 17 Monaten im Rahmen
seiner täglichen Arbeit unterlaufen, liegt noch kein Dienstvergehen.
Tenor
I. Die Disziplinarverfügung vom 21.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
24.06.2010 wird aufgehoben.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Betrages der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld
abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Durch Disziplinarverfügung vom 21.04.2010 verhängte der Leiter der Niederlassung BRIEF
B-Stadt der Deutschen Post AG gegen den Kläger als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße
in Höhe von 150 EUR, die er wie folgt begründete:
"Sie wurden am … in V. geboren, sind seit dem …. verheiratet und
haben zwei Kinder im Alter von ... und ... Jahren.
Am … wurden Sie als Arbeiter beim damaligen Postamt (V) B-Stadt
eingestellt und nach bestandener postbetrieblicher Prüfung mit
Wirkung vom … als Postoberschaffner in das Beamtenverhältnis auf
Lebenszeit übernommen. Letztmals wurden Sie am … zum
Postbetriebsassistenten befördert. Als solcher beziehen Sie
monatliche Nettobezüge aus der Besoldungsgruppe A 5 in Höhe von
2 274,79 EUR zuzüglich Kindergeld für 1 Kind in Höhe von 164.- EUR
monatlich.
Sie sind als Stammzusteller beim Zustellstützpunkt … eingesetzt.
Während Ihr Verhalten gegenüber Kunden bisher keinen Anlass zu
Beschwerden gab, sind Ihre Leistungen im Innenverhältnis nicht ohne
Beanstandungen, zumindest was den Bereich der Nach- und
Rücksendung betrifft. In der Leistungsbeurteilung für das Jahr 2009
erhielten Sie die Gesamtbeurteilungsstufe 4, das entspricht nicht den
Anforderungen.
Über Ihren Gesundheitszustand ist nichts Negatives bekannt. Eine
Schwerbehinderung liegt nicht vor.
Disziplinarisch und strafgerichtlich sind Sie bisher nicht in Erscheinung
getreten.
Im laufenden Verfahren haben Sie sich zum Sachverhalt über Ihre
Bevollmächtigte mit Schreiben vom … geäußert. Zum Ergebnis der
Ermittlungen hat Ihre Bevollmächtigte am … eine schriftliche
Äußerung vorgelegt.
Antragsgemäß wurde der Betriebsrat der Niederlassung BRIEF B-
Stadt vor Erlass dieser Disziplinarverfügung angehört.
Ihnen ist Folgendes vorzuwerfen:
a. Verfrühte Zustellung des Einkauf Aktuell am Freitag, den
06.06.2008
Nach vorliegenden Meldungen der Leiterin des ZSPL B-Stadt, Frau ...
vom 23.11.2009 sowie des Qualitätsmanagers beim ZSPL B-Stadt,
Herrn ... vom 07.06.2008 stellten Sie bereits am Freitag, den
06.06.2008 die Postwurfsendungen 'Einkauf Aktuell', deren
Zustellung nach den - allen Zustellern bekannten - Vorgaben
grundsätzlich samstags zu erfolgen hat, für Ihren Zustellbezirk in ...
zu. Nach den Ausführungen in der schriftlichen Meldung des
Qualitätsmanagers vom 07.06.2008 räumten Sie im Rahmen eines
persönlichen Gesprächs ein, des Öfteren so zu verfahren. In einer
verhandlungsschriftlichen Erklärung gaben Sie am 13.06.2008 zu
Protokoll, Sie seien sich über die Folgen der Freitagszustellung nicht
bewusst gewesen und würden die Sendungen künftig samstags
zustellen.
In Ihrer schriftlichen Äußerung vom 11.01.2010 sowie Ihrer
abschließenden Stellungnahme zum Ergebnis der Ermittlungen vom
02.03.2010 gaben Sie über Ihre Bevollmächtigte zur Entlastung an,
Sie hätten die Sendungen 'Einkauf Aktuell' versehentlich bereits am
Freitag, den 06.06.2008 anstatt am Samstag, den 07.06.2008
zugestellt. Da man Ihnen wegen dieses Vorwurfs bereits am
25.06.2008 eine schriftliche Ermahnung erteilt habe, könne dieser
Vorwurf nicht mehr Gegenstand eines Disziplinarverfahrens sein.
Ihre Einlassungen können Sie nicht entlasten.
Zum einen war die vorgenannte Pflichtverletzung (noch) nicht
Gegenstand eines Disziplinarverfahrens, zu dessen Einleitung der
Dienstvorgesetzte gem. § 17 Bundesdisziplinargesetz zwingend
verpflichtet ist, wenn der Verdacht eines Dienstvergehens vorliegt.
Zum anderen war Ihnen als langjährigem Zusteller hinreichend
bekannt, dass die Postwurfsendung 'Einkauf Aktuell' grundsätzlich
frühestens am Samstag zugestellt werden darf. Schließlich ist auch
Ihr Einwand, die Zustellung am Freitag sei ein Versehen gewesen,
wenig glaubhaft angesichts Ihrer Aussage gegenüber dem
Qualitätsmanager Herrn ..., der in einer Aktennotiz vom 07.06.2008
festhielt, Sie hätten eingeräumt, den Einkauf Aktuell öfters an
Freitagen zugestellt zu haben.
b. Unterlassene Durchführung des Montagsschecks am
18.11.2008
Nach vorliegender Verhandlungsschrift vom 28.05.2008 hatte der
Qualitätsmanager Herrn ... im Rahmen einer Überprüfung des
Zustellstützpunktes ... festgestellt, dass Sie in den Verteilfächern des
Großbriefspindes die Nachsendemerkkarten für Ihren Zustellbezirk
nicht gezogen hatten. Daraufhin wurden Sie durch die Leiterin des
ZSPL B-Stadt, Frau über die Konsequenzen schlechter
Qualitätsleistungen belehrt.
Am 18.11.2008 führte der Qualitätsmanager Herrn ... eine
stichprobenartige Überprüfung des sogenannten Montags-Checks
beim Zustellstützpunkt ... durch. Nach vorliegender Meldung vom
18.11.2008 gab es in Ihrem Zustellbezirk 66287-01 folgende
Beanstandungen:
Bei 8 Nachsendemerkkarten fehlte der Prüfvermerk, der Montags-
Check über die durchgeführte Prüfung lag unausgefüllt am
Zustellspind.
Nach den Feststellungen des Prüfers waren Sie in diesem
Zustellbezirk am 17.11.2008 und am 18.11.2008 als
Stammzusteller eingesetzt. Sie wurden durch den Qualitätsmanager
eindringlich belehrt, in Zukunft Prüfvermerke bei
Nachsendemerkkarten anzubringen und den 'Montags-Check' auch an
Montagen durchzuführen.
Sie haben sich über Ihre Bevollmächtigte dahingehend eingelassen,
angesichts des inzwischen eingetretenen Zeitablaufs könnten Sie sich
nicht mehr an den Vorfall erinnern. Zudem ergäbe sich aus der
Disziplinarakte auch nicht, ob und gegebenenfalls inwiefern Sie
bezüglich dieses Vorwurfs zeitnah um Abgabe einer Erklärung
gebeten worden seien.
Einen Tag in der Woche hätten Sie dienstfrei. Es handle sich um
jeweils unterschiedliche Wochentage. Unter Berücksichtigung dessen
wäre zunächst zu prüfen, ob Sie am 18.11.2008 Dienst hatten oder
ob es sich hierbei um einen freien Rolltag bzw. einen Urlaubstag
handelte.
Ihre Einlassungen sind wiederum zur Entlastung nicht geeignet.
Es liegt die Meldung des Qualitätsmanagers Herrn ... vom
18.11.2008 vor, wonach Sie sowohl am 17.11.2008 als auch am
18.11.208 als Stammzusteller eingesetzt waren.
Ihnen waren auch die Vorschriften hinsichtlich der Durchführung des
Montags-Checks aus einem Merkblatt vom Januar 2008 bekannt, das
allen Mitarbeitern ausgehändigt wurde.
Hiernach wären Sie am Montag, den 17.11.2008 verpflichtet
gewesen, folgende Handlungen vorzunehmen:
- auf allen Nachsendemerkkarten sind die Prüfvermerke
komplett anzubringen,
- alle, am Samstag zuvor vorm Abrücken gezogenen
Nachsendmerkkarten zu Kurz- und Großbriefsendungen
sind montags, bevor mit der Vorbereitung des Bezirks
begonnen wird, wieder einzusortieren,
- einmal im Monat ist montags vor der Vorbereitung der
Montagsscheck anhand der dann vorliegenden Listen zu
fertigen.
c. Unterlassene Einsortierung der Nachsendemerkkarten am
16.11.2009
Nach der unterlassenen Durchführung des Montag-Checks am
17.11.2008 wurden Sie erneut mit Schreiben vom 18.11.2008
durch die Leiterin des ZSPL B-Stadt, Frau auf die Verpflichtung zur
Einhaltung der Dienstvorschriften unter Übersendung eines
entsprechenden Merkblatts hingewiesen. Ausgehändigt wurde Ihnen
das Schreiben am 20.11.2008.
Nach vorliegender Meldung des Qualitätsmanagers Herrn ... vom
16.11.2009 stellte dieser anlässlich einer Überprüfung des Montags-
Checks am Montag, den 16.11.2009 fest, dass Sie entgegen der mit
Infoblatt erlassenen Anweisung die Nachsendemerkkarten für den
Kurz- und Großbriefspind bei Dienstbeginn nicht in den Zustellspind
einsortiert hatten.
In einer verhandlungsschriftlichen Stellungnahme gaben Sie an, Sie
hätten vergessen, die Nachsendemerkkarten einzusortieren.
Ergänzend führten Sie über Ihre Bevollmächtigte mit Schreiben vom
11.01.2010 sowie Ihrer abschließenden Äußerung hierzu weiter aus,
dass dies möglicherweise so geschehen sein könnte. Jeweils
samstags seien die Nachsendemerkkarten aus dem Spind
herauszunehmen und montags wieder einzuordnen. Fakt sei jedoch,
dass Sie sämtliche Nachsendeaufträge Ihres Zustellbezirks
umfassend kennen würden. Die Beendigung von Nachsendeaufträgen
werde im Übrigen geraume Zeit vor Ablauf des entsprechenden
Zeitraums jeweils nochmals dem Zusteller ausdrücklich mitgeteilt, so
dass bereits hieraus resultierende Fehler im Zustellverhalten an sich
nicht auftreten könnten. Ein derartiger Fehler sei Ihnen auch nicht
vorzuwerfen. Die Post sei jeweils korrekt zugestellt worden. Es mag
insofern lediglich eine Nachlässigkeit im Vorfall vom 16.11.2009
gesehen werden, die nach Überzeugung Ihrer Bevollmächtigten
jedoch allenfalls den Grad leichtester Fahrlässigkeit umfasse und
somit auch angesichts der Schwere des Vorwurfs keinesfalls die
Verhängung einer Disziplinarmaßnahme rechtfertigen dürfte.
Im Übrigen hätten Sie am 18.11.2009 bezogen auf den Vorfall vom
16.11.2009 eine Ermahnung erhalten. Auch daraus resultiere, dass
dieser Vorwurf zusätzlich disziplinarrechtlich ohne Belang sein dürfte.
Ihre Einlassungen können Sie indes nicht entlasten.
Die Ermahnung erfolgte bereits am 18.11.2008 und war nicht Folge
des Vorfalls vom 16.11.2009 sondern Sie wurden im Gegenteil
eindringlich auf die künftige Einhaltung der zur Behandlung der
Nachsendemerkkarten ergangenen dienstlichen Anweisungen
hingewiesen. Daran ändert auch nichts, dass Sie als Stammzusteller
möglicherweise sämtliche Nachsendeaufträge Ihres Zustellbezirks im
Kopf hatten. § 62 Bundesbeamtengesetz verpflichtet einen Beamten,
dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine
Richtlinien zu befolgen.
Ihnen war aus den vorherigen Belehrungen die Notwendigkeit einer
ordnungsgemäßen Behandlung der Nachsendemerkkarten bekannt.
Außerdem waren Sie mit Schreiben vom 18.11.2008 darüber
informiert worden, dass die Stellenleitung die Einhaltung der
Regelungen überprüfen wird. Schließlich ist die Disziplinargewalt des
Dienstvorgesetzten durch den Ausspruch einer Ermahnung nicht
ausgeschöpft.
d. Unterlassene Ziehung der Nachsendemerkkarten am
21.11.2009
Nach dem Vorfall vom 16.11.2009 waren Sie am 17.11.2009
erneut auf die Einhaltung der Dienstvorschriften hingewiesen worden.
In Kenntnis dessen hatten Sie nach vorliegender Meldung des
Qualitätsmanagers Herrn ... vom 23.11.2009 am Samstag, den
21.11.2009 die Nachsendemerkkarten entgegen der dienstlichen
Anweisung vom Januar 2008 im Kurz- und Großbriefspind nicht
gezogen.
Sie haben sich über Ihre Bevollmächtigte mit Schreiben vom
11.01.2010 dahingehend geäußert, es sei am 21.11.2009 nochmals
zu einem versehentlichen Unterlassen des Rausziehens der
Nachsendemerkkarten gekommen. Sie hätten an diesem Tag einem
Kollegen dabei geholfen, einen anderen Bezirk fertig zu machen,
damit die dort entstandene Arbeit zügig und zeitnah erledigt werden
konnte. Hierbei sei die Zeit in der Weise verstrichen, dass Sie
schließlich feststellen mussten, dass auch Ihre Dienstzeit beendet
war und Sie in Folge dessen den Heimweg antraten. Im Zuge der Eile
hätten Sie nochmals vergessen, die Karten zu ziehen. Auch hieraus
sei ein weitergehender Fehler nicht entstanden.
Ihre Einlassungen sind als Schutzbehauptung zu werten und können
zur Entlastung nicht beitragen.
Sie waren mehrfach - letztmals erst am 17.11.2009, mithin nur 4
Tage vorher auf die Einhaltung der Dienstvorschriften hingewiesen
worden. Sie sind in erster Linie zunächst für Ihren eigenen
Arbeitsplatz verantwortlich, bevor Sie andere Kollegen unterstützen.
Notfalls wären Sie verpflichtet gewesen, über die planmäßige
Arbeitszeit hinaus Dienst zu verrichten zumal das Aussortieren der
Nachsendemerkkarten keinen übermäßigen Zeitbedarf bedeutet.
Abschließend gaben Sie über Ihre Bevollmächtigte zur Entlastung an,
Ihr Gesamtverhalten habe bislang keinerlei Außenwirksamkeit in
negativer Hinsicht für den Dienstherrn gezeigt, so dass das
Disziplinarverfahren einzustellen sei.
Auch diese Einlassung kann Sie nicht grundlegend entlasten.
Vorliegend ist erschwerend zu berücksichtigen, dass es sich nicht um
eine einmalige Pflichtverletzung handelt, sondern Sie unbeeindruckt
von mehreren mündlichen und schriftlichen Ermahnungen immer
wieder die gleichen Pflichtverletzungen begangen und die
Ermahnungen nicht zum Anlass genommen haben, insbesondere Ihr
Verhalten im Umgang mit den Nachsendemerkkarten zu ändern.
Insgesamt ist festzustellen, dass Sie mit Ihrem Verhalten gegen die
Ihnen nach §§61 Abs. 1 S. 1 und 3, 62 Abs. 1 S. 2
Bundesbeamtengesetz (BBG) obliegenden Dienstpflichten in
mehrfacher Weise verstoßen und sich damit eines Dienstvergehens
im Sinne des § 77 Abs. 1 BBG schuldig gemacht haben.
Unter Berücksichtigung der Umstände, Ihrer Persönlichkeit aber auch
des Umstandes, dass Sie die mehrmaligen Ermahnungen nicht zum
Anlass genommen haben, Ihr Verhalten grundlegend zu ändern, halte
ich die Verhängung einer Geldbuße über 150.- EUR für notwendig,
aber auch noch ausreichend, um Sie anzuhalten, künftig Ihren
beamtenrechtlichen Pflichten, insbesondere im Umgang mit
Nachsendungsmerkkarten, beanstandungsfrei nachzukommen.
Meine Kompetenz zum Erlass dieser Disziplinarverfügung ergibt sich
aus §§ 5 Absatz 1, 33 Absatz 2 Bundesdisziplinargesetz.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Bundesdisziplinargesetz.
Erstattungsfähige Auslagen, die Sie zu tragen hätten, sind bei der
Deutschen Post AG nicht entstanden.
Die Vollstreckung dieser Disziplinarverfügung wird nach Eintritt der
Unanfechtbarkeit veranlasst werden.
..."
Die Disziplinarverfügung wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.04.2010
mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.
Der dagegen am 28.04.2010 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid
der Deutschen Post AG, Dortmund, vom 24.06.2010, der Prozessbevollmächtigten des
Klägers am 25.06.2010 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt, mit folgender
Begründung als unbegründet zurückgewiesen:
"…
II.
In der Disziplinarverfügung vom 21.04.2010 wird Ihnen vorgeworfen,
dass Sie in vier Fällen dienstliche Anweisungen zum Zustelltag der
Werbesendungen 'Einkauf Aktuell' nicht beachtet und wiederholt
gegen dienstliche Anweisungen zur Behandlung der
Nachsendemerkkarten (NSMK) verstoßen haben und hierdurch Ihre
Dienstpflichten aus §§ 61 Abs. 1 Satz 1 und 3 sowie 62 Abs. 1 Satz
2 Bundesbeamtengesetz (BBG) verletzt haben. Da Sie auch
schuldhaft gehandelt haben, haben Sie hierdurch ein einheitliches
innerdienstliches Dienstvergehen nach § 77 Abs. 1 BBG begangen.
III.
Die Disziplinarverfügung ist rechts- und ermessensfehlerfrei
ergangen, diese ist auch zweckmäßig.
1. 06.06.2008, Missachtung des vorgegebenen
Zustelltages für die Werbesendung 'Einkauf Aktuell' (EK)
Nach den dienstlichen Anweisungen sollte die Zustellung der o.a.
Werbesendungen jeweils erst samstags erfolgen. Diese
Werbesendungen lagen jede Woche zur Zustellung vor.
Diese Zustellvorgaben war allen Zustellern bekannt gegeben worden,
so dass auch Ihnen bekannt war, dass die Zustellung erst samstags
erfolgen durfte. Dies bestätigen Sie auch in der schriftlichen
Stellungnahme Ihrer Bevollmächtigten vom 11.01.2010, in dem Sie
ausführen, dass Sie 'versehentlich die 'Einkauf- Aktuell'
Werbesendungen am Freitag, dem 06.06.2008 statt Samstag, dem
07.06.2008, zugestellt haben'.
Im Rahmen der Straßenaufsicht hat der Qualitätsmanager Herrn ...
am Samstag, 07.06.2008, Ihren Zustellbezirk überprüft und dabei
festgestellt, dass die Werbesendungen EK nicht zugestellt wurden.
In einem Gespräch mit Herr ... haben Sie dann eingestanden, dass
Sie die Werbesendungen EK bereits am Vortage zugestellt haben.
Dies bestätigen Sie ja auch in dem bereits angeführten Schreiben
Ihrer Bevollmächtigten.
Insoweit ist der Sachverhalt durch Ihr Geständnis erwiesen und
bedurfte keiner weiteren Beweiserhebung.
Damit haben Sie die dienstlichen Anweisungen über den Tag der
Zustellung missachtet und hierdurch Ihre Pflichten aus §§61 Abs. 1
Satz 1 und 62 Abs. 1 Satz 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) verletzt,
wonach Beamte sich mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf
widmen müssen und verpflichtet sind, die dienstlichen Anordnungen
auszuführen.
Sie haben auch schuldhaft und zwar vorsätzlich gehandelt. Es
langjähriger Zusteller waren Ihnen die dienstlichen Anweisungen über
den Zustelltag bekannt, zumal diese Werbesendungen schon seit
Jahren immer nur Samstag zugestellt wurden. Daher kann von einem
Versehen nicht mehr gesprochen werden. Dies wird auch dadurch
bestätigt, dass Sie dem QM Herrn ... gegenüber in dem Gespräch
am 06.06.2008 erklärt haben, dass Sie auch schon an früheren
Freitagen die EK vorzeitig zugestellt haben.
Dieser Pflichtverstoß kann, entgegen Ihrer Auffassung auch noch
disziplinar verfolgt werden. Sie wurden zwar mit Schreiben vom
25.06.2008 an die Erfüllung Ihrer Beamtenpflichten ermahnt, wobei
in dem Schreiben auch die fehlerhafte Zustellung der EK am
06.06.2008 angeführt wurde.
In diesem Hinweis auf die Beamtenpflichten liegt aber kein Verbrauch
der Disziplinarbefugnis.
2. 18.11.2008; Missachtung von dienstlichen
Anweisungen
Nach den dienstlichen Anweisungen sind alle Nachsendemerkkarten
(NSMK) zu Kurz- und Großbriefsendungen samstags vorm Abrücken
zu ziehen und montags bevor Beginn der Vorbereitung des Bezirks
wieder einzusortieren. Einmal im Monat ist montags vor der
Vorbereitung der Montagscheck anhand der dann vorliegenden Listen
zu fertigen.
Diese dienstlichen Anweisungen wurden durch ein Informationsblatt
im Januar 2008 an alle Zusteller bekannt gegeben und das Infoblatt
wurde an alle ausgehändigt.
Bereits am Samstag, 24.05.2008, war im Rahmen einer
Überprüfung durch den QM Herrn ... festgestellt worden, dass Sie an
diesem Tag die NSMK nicht aus den Verteilfächern des
Großbriefspindes gezogen hatten. In einer Verhandlungsschrift am
28.05.2008 wurden Sie hierauf hingewiesen. Darin äußerten Sie
sich, dass Sie 'das Ziehen der NSMK vergessen haben'.
Hieraus folgt wiederum, dass Ihnen die dienstlichen Anweisungen für
das Ziehen und Behandeln der NSMK bekannt waren.
Am 18.11.2008 führte der QM Herrn ... eine Überprüfung des
Montagscheck auch in Ihren Zustellbezirk vor. Dabei wurde
festgestellt, dass Sie bei acht NSMK den Prüfvermerk nicht
angebracht hatten und das Prüfblatt für den Montagscheck am
17.11.2008 lag unausgefüllt an Ihrem Zustelltisch.
Wie oben unter 1. dargelegt, wurden die Anweisungen für das
Bearbeiten der NSMK allen Zustellern durch Info- Blatt bekannt
gegeben. Neben den bereits dargelegten Regelungen für das Ziehen
der NSMK war in der Anweisung auch festgeschrieben, dass auf allen
NSMK die Prüfvermerke komplett anzubringen sind.
Diese dienstlichen Anweisungen haben Sie schuldhaft und zwar
fahrlässig nicht beachtet. Die Regelungen waren Ihnen bekannt, diese
haben Sie aber nicht beachtet und hierdurch erneut die oben
genannten Pflichten verletzt.
Ausweislich der Mitteilung des QM Herrn ... an die zuständige ZSPL
Leiterin, Frau ..., vom 18.11.2008 waren Sie sowohl am 17. als
auch am 18.11.2008 im Dienst.
Im Hinblick auf diese Aussage, war Ihrem Einwand in der
Ermittlungen, dass nicht abschließend geklärt sei, ob Sie an dem hier
fraglichen Tag auch im Dienst waren, nicht durch weitere
Beweiserhebung nachzugehen.
3. 16.11.2009, Missachtung von dienstlichen
Anweisungen
Mit Schreiben vom 18.11.2008 wurden Sie nochmals an die
Einhaltung der dienstlichen Anweisungen für die Nach- und
Rücksendung und die Bearbeitung der PWS ermahnt. Ein
entsprechendes Merkblatt wurde beigefügt und wurde Ihnen
ausgehändigt.
Am Montag, 16.11.2009, hat der QM Herrn ... ein weiteres Mal Ihren
Arbeitsplatz überprüft und dabei festgestellt, dass Sie an diesem
Montag entgegen der Anweisung die am vorigen Samstag
gezogenen NSMK für den Kurz- und Großbriefspind nicht bei
Dienstbeginn wieder in den Zustellspind einsortiert hatten.
Diesen Sachverhalt bestätigen Sie in Ihrer Stellungnahme zu dem
Sachverhalt. Darin bringen Sie zu Ihrer Entschuldigung vor, dass Sie
'an diesem Morgen vergessen haben, die NSMK einzusortieren'.
Auch in der schriftlichen Äußerung durch Ihre Bevollmächtigte in den
Ermittlungen vom 11.01.2010 bekräftigen Sie, dass Ihnen die
dienstlichen Anweisungen für das Ziehen und Einsortieren der NSMK
bekannt waren und dass der dargestellte Sachverhalt richtig ist. Da
Sie aber die Nachsendungsaufträge der Kunden in Ihrem Zustellbezirk
kennen würden, hätte die fehlerhafte Behandlung ja keine
Auswirkungen auf die Zustellqualität gehabt. Insofern habe es ich
allenfalls um eine Nachlässigkeit gehandelt.
Hiermit können Sie aber nicht durchdringen.
Es war Ihre Pflicht die dienstlichen Anweisungen zu beachten und
nicht nach eigenem Gutdünken den Dienst zu verrichten. Erst recht
im Hinblick auf die wiederholten Ermahnungen in der Vergangenheit
zur ordnungsgemäßen Behandlung der NSMK musste Ihnen klar sein,
dass der Dienstherr Ihr Fehlverhalten nicht mehr weiter hinnehmen
will.
Sie haben daher erneut zumindest fahrlässig Ihre oben unter 1.
dargestellten Pflichten verletzt.
4. 21.11.2009, Missachtung von dienstlichen
Anweisungen
An diesem Samstag mussten Sie nach den bereits dargestellten
dienstlichen Anweisungen die NSMK aus den Verteilspinden ziehen.
Dies haben Sie aber nicht getan, was sich aus den Feststellungen
des QM Herrn ... ergibt.
In dem Schreiben Ihrer Bevollmächtigten bestätigen Sie diesen
Sachverhalt und verweisen auf ein versehentliches Nichtbeachten der
Anweisungen. Da Sie einen Kollegen unterstützt haben hätten Sie in
der Eile dann das Ziehen der NSMK vergessen, da Ihre Dienstzeit
beendet war und Sie den Heimweg angetreten hätten.
Dies kann Ihr fahrlässiges Verhalten aber nicht entschuldigen.
Erst wenige Tage vorher waren Sie im Hinblick auf das Fehlverhalten
am 16.11.2009 wiederholt an die Einhaltung der Anweisungen
ermahnt worden, so dass Sie Bedeutung der Regelungen mehr als
ausreichend kannten.
Dies alles hat Sie aber nicht angehalten, im Rahmen der von Ihnen zu
erwartenden Anstrengungsbereitschaft, die für Sie geltenden
Vorschriften zu beachten.
Hier ist durchaus von einer gewissen Ignoranz zu sprechen und einer
Unbelehrbarkeit. Zumal das Ziehen der NSMK für einen langjährigen
Zusteller eine einfache Tätigkeit ist und keinen beachtenswerten
Zeitbedarf erfordert.
Zur Pflichtverletzung wird auf die obigen Ausführungen unter 1.
verwiesen.
IV.
Somit haben Sie in vier Fällen schuldhaft die genannten Pflichten
verletzt und hierdurch ein einheitliches innerdienstliches
Dienstvergehen nach § 77 Abs. 1 BBG begangen.
Dieses hat, wie in der Disziplinarverfügung zu Recht ausgeführt,
erhebliches Gewicht.
Ein reibungsloser Dienstbetrieb ist nur dann zu gewährleisten, wenn
die bei der Deutschen Post AG beschäftigten Beamten die
betrieblichen Anweisungen beachten.
Dies haben Sie hier aber in vier Fällen nicht beachtet. Dabei handelt
es sich vorliegend nicht um komplexe Regelungen, sondern um
einfache Aufgaben, die keine besondere Anstrengung erfordern.
Sie wurden in der Vergangenheit wiederholt ermahnt, die
Anweisungen zur Behandlung der NSMK sorgfältig und gewissenhaft
zu beachten. Aber alle Ermahnungen haben keine durchschlagende
Wirkung gezeigt.
Ihr Verhalten kann daher nicht mehr als Nachlässigkeit gewertet
werden, sondern stellt eine Ignoranz gegenüber den Vorgaben Ihres
Dienstherrn dar.
Unter Berücksichtigung der Zumessungsgründe des § 13 BDG ist
daher eine Disziplinarmaßnahme erforderlich, um Sie künftig an die
Einhaltung Ihrer Pflichten zu erinnern. Ihr Vorbringen im Widerspruch
mit der stufenweisen Erhöhung der Disziplinarmaßnahmen geht an
der Sache vorbei.
Ausgangspunkt für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die
Schwere des Dienstvergehens unter der weiteren Berücksichtigung
aller weiteren Umstände und einer angemessenen Berücksichtigung
Ihres Persönlichkeitsbildes.
Gegen Sie spricht, dass Sie wiederholt in gleicher Weise gefehlt
haben und sich die Ermahnungen nicht zu Herzen genommen haben.
Sie sehen auch heute noch Ihr Fehlverhalten, indem Sie einen nicht
eingetretenen Schaden für die Kunden verweisen.
Die Geldbuße im deutlich unteren Bereich ist daher erforderlich und
angemessen.
Die Beteiligungsverfahren wurden ordnungsgemäß durchgeführt.
Der Widerspruch ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 44 Abs. 1 S. 1 BDG. Von Ihnen
zu tragende Kosten sind im Widerspruchsverfahren nicht entstanden.
..."
Hiergegen richtet sich die vorliegende, am 23.07.2010 bei Gericht eingegangene Klage.
Der Kläger wiederholt im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen, wobei er das ihm
vorgeworfene Verhalten zugesteht.
Er beantragt,
die Disziplinarverfügung vom 21.04.2010 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 24.06.2010 aufzuheben;
hilfsweise,
unter Abänderung der Disziplinarverfügungen eine mildere
Disziplinarmaßnahme zu verhängen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Verfügungen.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsunterlagen der Beklagten, der zum
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 45 Satz 1, 52 Abs. 2, 3 Satz 1 BDG, 42 VwGO zulässige Anfechtungsklage
ist begründet.
Weder in der angefochtenen Disziplinarverfügung noch im Widerspruchsbescheid ist ein
Sachverhalt festgestellt, der ein Dienstvergehen beinhaltet.
Nach den tatsächlichen Feststellungen beider Verfügungen wird dem Kläger ausschließlich
vorgeworfen, entgegen bestehenden Anweisungen
1. die Werbesendung "Einkauf Aktuell" anstatt am Samstag, dem
07.06.2008, bereits am Freitag, dem 06.06.200 , zugestellt zu
haben,
2. am Montag, dem 17.11.200 , den sogenannten Montags-Check
nicht durchgeführt - das Prüfblatt hierfür lag am 18.11.2008
unausgefüllt an seinem Zustelltisch - und bei acht
Nachsendemerkkarten den Prüfvermerk nicht angebracht zu haben,
3. am Montag, dem 16.11.200 , die am vorangegangenen
Samstag gezogenen Nachsendemerkkarten für den Kurz- und
Großbriefspind bei Dienstbeginn nicht wieder in den Zustellspind
einsortiert zu haben,
4. am Samstag, dem 21.11.200 , die Nachsendemerkkarten nicht
aus dem Kurz- und Großbriefspind gezogen zu haben.
Hierbei geht der Widerspruchsbescheid hinsichtlich des ersten Vorwurfs von Vorsatz und
hinsichtlich der drei folgenden Vorwürfe von (einfacher) Fahrlässigkeit aus.
Dieser Sachverhalt beinhaltet kein Dienstvergehen; vielmehr handelt es sich um
Fehler
Arbeit unterlaufen sind und die noch keine disziplinare Relevanz aufweisen.
Bereits seit der Entscheidung des Bundesdisziplinarhofs vom 12.07.1966 (III DV 1/66,
BDHE 7, 97) , der die Kammer in ständiger Rechtsprechung folgt, ist anerkannt, dass
fehlerhafte und sogar nachlässige Arbeitsweise des Beamten noch nicht ohne weiteres ein
Dienstvergehen darstellt. Vielmehr hat die Pflicht zur ordnungsgemäßen Ausübung des
Dienstes eine im Ganzen durchschnittliche Leistung zum Gegenstand, die auch allerlei
Mängel in der Arbeitsweise einschließt, da selbst der fähigste und zuverlässigste Beamte
gelegentlich Fehler macht und Schwankungen seiner Arbeitskraft unterworfen ist und es
daher willkürlich wäre, solche Mängel aus dem Zusammenhang einer andauernden
Tätigkeit herauszugreifen und isoliert zu beurteilen. Vor diesem Hintergrund liegt in
Fehlern
noch nicht einmal ein nachlässiges Gesamtverhalten, das seinerseits erst dann als
Dienstvergehen hätte angesehen werden können, wenn eine Mehrzahl von Mängeln in der
Arbeitsweise von einigem Gewicht nachgewiesen wäre, die insgesamt über das normale
Versagen eines durchschnittlichen Beamten eindeutig hinausgingen. Dies ist vorliegend
allein deshalb nicht der Fall, weil der Kläger - wie sich aus der über ihn anlässlich des
vorliegenden Disziplinarverfahrens eingeholten Beurteilung (Blatt 14 der Disziplinarakte)
ergibt - "keinerlei Kundenreklamationen" verursacht und sich gegenüber den Kunden "mit
Sicherheit korrekt und zuvorkommend" verhält. Von daher steht außer Frage, dass die drei
fahrlässig begangenen Fehler, die ersichtlich keinerlei Auswirkung auf die materielle
Arbeitsgüte und das Arbeitsergebnis gehabt haben, zwar Dienstpflichtverletzungen
darstellen, aber - noch - kein Dienstvergehen sind. Nichts anderes gilt hinsichtlich der
vorsätzlich begangenen Dienstpflichtverletzung, die Werbesendung "Einkauf Aktuell" anstatt
am Samstag bereits am Freitag ausgetragen zu haben. Zwar verbraucht die insoweit
ausgesprochene Ermahnung die Disziplinarbefugnis des Dienstherrn grundsätzlich nicht;
jedoch hat der Kläger dieser Ermahnung seitdem nicht mehr zuwidergehandelt, so dass
davon ausgegangen werden kann, dass sie gefruchtet hat und der Kläger den Sinn der
Anordnung, die Werbesendung erst samstags auszutragen, zwischenzeitlich verstanden
hat und auch respektiert, so dass es einer Disziplinierung insoweit nicht mehr bedarf. Dem
Gericht erschließt sich der Sinn dieser Anordnung im Übrigen nicht. Denn der in Rede
stehenden Werbesendung ist ein Fernsehprogramm beigefügt, das samstags beginnt, so
dass bei einer Auslieferung am Samstag ein - wenn auch geringer - Teil dieses
Fernsehprogramms bereits überholt ist, was bei einer Auslieferung am Freitag nicht der
Fall wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG, 154 Abs. 1 VwGO; diejenige über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 3 BDG, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.