Urteil des VG Neustadt vom 05.10.2010

VG Neustadt: psychologisches gutachten, psychologische begutachtung, entziehung, blutalkoholkonzentration, ausstellung, gutachter, unfallflucht, fahreignung, anerkennung, faber

VG
Neustadt/Wstr.
05.10.2010
6 K 513/10.NW
Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr.
Urteil vom 05.10.2010 - 6 K 513/10.NW
Fahrerlaubnisrecht
Verkündet am: 05. Oktober 2010
gez. …
Justizbeschäftigte als Urkunds-
beamtin der Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht
Neustadt an der Weinstrasse
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des Herrn …
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Rößler & Kollegen, Schloßstraße 14, 67292
Kirchheimbolanden,
gegen
den Donnersbergkreis, vertreten durch den Landrat, Uhlandstraße 2, 67292 Kirchheimbolanden,
- Beklagter -
wegen tschechischer Fahrerlaubnis
hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 5. Oktober 2010, an der teilgenommen haben
Präsidentin des Verwaltungsgerichts Faber-Kleinknecht
Richterin am Verwaltungsgericht Jahn-Riehl
Richter Niesler
ehrenamtliche Richterin Bürokauffrau Betsch
ehrenamtlicher Richter Winzer Bosch
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner tschechischen Fahrerlaubnis.
Er ist 1961 geboren und war seit 2000 im Besitz der deutschen Fahrerlaubnis Klassen A, A1, B, C1 und C.
Mit Urteil des Amtsgerichts Rockenhausen vom 13. September 2004 wurde er wegen vorsätzlicher
Straßenverkehrsgefährdung unter Alkoholeinfluss (gemessene Blutalkoholwerte 2,14, 2,06 und 2,22
Promille) und Unfallflucht verurteilt. Ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen mit einer
Wiedererteilungssperre von einem Jahr und sechs Monaten. Das Urteil enthält Eintragungen im
Bundeszentralregister seit 1976, darunter Fahrten ohne Fahrerlaubnis mit Unfallflucht und vorsätzliche
Trunkenheit im Verkehr.
Am 30. April 2008 wurde dem Kläger ein tschechischer Führerschein der Klasse B ausgestellt, als
Wohnort ist eine Anschrift in Tschechien eingetragen.
Er beantragte am 13. August 2009 die Neuerteilung der Fahrerlaubnis Klassen A, CE, BE beim Beklagten
und erklärte sich mit der Vorlage eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle
einverstanden. In dem beigezogenen Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 des
Bundeszentralregistergesetzes vom 20. August 2009 sind Eintragungen seit 1976 enthalten, aus dem
Verkehrszentralregister ergaben sich noch folgende Eintragungen: Eine seit 22. März 1996 rechtskräftige
Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis
vom 9. Mai 2000 nach erfolgter Entziehung und die Verurteilung vom September 2004. Der Auftrag des
Beklagten an den Gutachter Dr. Mahnke und Partner GmbH umfasste alkoholbedingte Eignungszweifel
und die Prognose über zukünftige erhebliche Verstöße des Klägers gegen straf- und verkehrsrechtliche
Bestimmungen. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 forderte der Beklagte den Kläger zur Vorlage des
Gutachtens auf und wies ihn auf § 11 Abs. 8 der Fahrerlaubnisverordnung hin. Daraufhin legte der Kläger
das Gutachten vom 7. Oktober 2009 vor, das unter Auseinandersetzung mit der Vorgeschichte und den
Angaben des Klägers bei der Untersuchung zu dem Ergebnis kam, dass dieser nicht zum Führen von
Kraftfahrzeugen geeignet sei, weil zu erwarten sei, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter
Alkoholeinfluss führen und erheblich gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen werde.
Am 3. November 2009 teilte die Polizeiinspektion Kirchheimbolanden dem Beklagten mit, der Kläger sei
nach dem Verdacht eines Fahrens unter Alkoholeinfluss mit 1,97 Promille zu Hause angetroffen worden.
Wegen des Vorfalls wurde ihm nachfolgend durch amtsgerichtlichen Beschluss vom 8. Januar 2010 die
Fahrerlaubnis vorläufig entzogen.
Mit Bescheid vom 18. November 2009 stellte der Beklagte zunächst fest, dass der Kläger nicht berechtigt
sei, mit der tschechischen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
zu führen. Dabei bezog er sich auf das vorgelegte medizinisch-psychologische Gutachten. Mit Bescheid
vom 30. November 2009 änderte er den Bescheid in eine Entziehung der Fahrerlaubnis ab. Den Antrag
des Klägers auf Aussetzung des im Bescheid angeordneten Sofortvollzugs lehnte er ab, das gerichtliche
Eilverfahren blieb erfolglos (6 L 1406/09.NW).
Der Kläger erhob Widerspruch gegen die Fahrerlaubnisentziehung, den der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 19. April 2010 zurückwies: Das vorgelegte Gutachten führe in
nachvollziehbarer Weise aus, dass aufgrund der eigenen Angaben des Klägers und der Aktenlage eine
Alkoholabhängigkeit bestehe und eine hinreichend gesicherte Prognose über ein zukünftig
normgerechtes Verkehrsverhalten von dem Nachweis der behaupteten Abstinenz abhängig gemacht
werden müsse. Das einfache Bestreiten dieser Schlussfolgerungen genüge nicht, um Zweifel am
Gutachten aufkommen zu lassen. Durch dieses Gutachten seien neue Tatsachen bekannt geworden, die
zum Entzug der tschechischen Fahrerlaubnis berechtigten. Die Kenntnis von der Ungeeignetheit des
Kraftfahrers und damit verbundene Gefahren für den Straßenverkehr und die übrigen Verkehrsteilnehmer
müssten dem Anerkennungsgrundsatz vorgehen. Die Erkenntnisse aus dem Gutachten seien nicht in
rechtswidriger Weise erworben worden, da sie im Rahmen eines Antrags auf Neuerteilung hätten erhoben
werden müssen. Dies gelte umso mehr, als die Mitteilung vom 3. November 2009 unstreitig nach
Ausstellung der tschechischen Fahrerlaubnis liege.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 21. April 2010 zugestellt.
Der Kläger hat am 19. Mai 2010 Klage erhoben.
Er trägt vor: Er habe ordnungsgemäß im Bereich der tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis
erworben. Diese sei im Bundesgebiet anzuerkennen. In Unkenntnis der Rechtslage habe er sich auf
Drängen der deutschen Behörden einer gutachterlichen Prüfung unterzogen, weil er sich in dem
Rechtsirrtum befunden habe, dass eine Anerkennung durch die deutschen Behörden maßgebend sei. Die
medizinisch-psychologische Begutachtung könne nur im Rahmen eines Führerscheinverfahrens
stattfinden, woran es hier fehle. Nach Erhalt der tschechischen Fahrerlaubnis habe er keinerlei
Fehlverhalten gezeigt und die Umstände in seiner Person hätten sich nicht geändert.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 18. November 2009 in der Fassung des Bescheides vom 30. November 2009 und den
Widerspruchsbescheid vom 19. April 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor: Nach Beantragung
der deutschen Fahrerlaubnis durch den Kläger habe er die Beibringung eines medizinisch-
psychologischen Gutachtens zu Recht angeordnet. Ein massives Drängen hierauf habe nicht
stattgefunden.
Mit Urteil des Amtsgerichts Rockenhausen vom 7. Juli 2010 wurde der Kläger wegen des Vorfalls vom
3. Oktober 2009 freigesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die
Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakte 6 L 1406/09.NW Bezug genommen, deren Inhalt
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18. November 2009 in der
Fassung des Bescheides vom 30. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April
2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 -
Verwaltungsgerichtsordnung -.
Rechtsgrundlage für die hierin angeordnete Entziehung der tschechischen Fahrerlaubnis des Klägers ist
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – i.V.m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung – FeV –.
Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von
Kraftfahrzeugen erweist; bei ausländischen Fahrerlaubnissen, wie hier, hat die Entziehung gemäß § 3
Abs. 1 Satz 2 StVG die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland
Gebrauch zu machen.
Der Kläger ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, weil sich aus dem medizinsch-
psychologischen Gutachten des Instituts Dr. Mahnke & Partner GmbH vom 7. Oktober 2009
nachvollziehbar ergibt, dass bei ihm zukünftig mit erneuten Verkehrsteilnahmen unter Alkoholeinfluss und
mit erheblichen Verstößen gegen strafrechtliche Bestimmungen gerechnet werden muss. Dies ist bereits
im gerichtlichen Eilverfahren von der Kammer wie auch vom Beklagten im Widerspruchsbescheid vom
19. April 2010 ausführlich erörtert worden, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen
Ausführungen, die das Gericht sich im Hauptsacheverfahren zu eigen macht, Bezug genommen werden
kann, § 117 Abs. 5 VwGO.
Das Gutachten ist entgegen der Auffassung des Klägers verwertbar.
Dies gilt zum einen im Hinblick auf den Umstand, dass dem Gutachter durch die Übersendung der
Verwaltungsakten auch die – im Verkehrszentralregister nicht mehr eingetragenen – Straftaten des
Klägers seit 1976 bekannt wurden, die im Gutachten auch mehrfach erwähnt werden (vgl. Seiten 2/3, 7/8
und 16 bis 18 des Gutachtens). Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich daraus im vorliegenden Fall
aber nicht die Unverwertbarkeit des Gutachtens. Zwar kann ein Gutachten auf einer fehlerhaften
Tatsachengrundlage beruhen und damit im Fahrerlaubnisverfahren unverwertbar sein, wenn die
Anordnung auf Verkehrsverstößen beruht, die im Verkehrszentralregister bereits getilgt sind, und das
Gutachten die Frage der Eignung auf dieser Tatsachengrundlage beantwortet (vgl. OVG Rheinland-Pfalz,
Beschluss vom 23. Juli 2010 – 10 B 10545/10.OVG –). Das folgt aus § 29 Abs. 8 StVG, wonach die Tat und
die Entscheidung dem Betroffenen für die Zwecke des § 28 Abs. 2 StVG nicht mehr vorgehalten und nicht
zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen, wenn eine Eintragung über eine gerichtliche Entscheidung
im Verkehrszentralregister getilgt ist. § 28 Abs. 2 StVG erfasst unter Nr. 1 die Beurteilung der Eignung und
der Befähigung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen. Mit Tilgung der Taten im
Verkehrszentralregister hat sich der Betroffene insoweit im Sinne der Verkehrssicherheit bewährt (vgl.
Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 29 Rdnr. 2).
Im vorliegenden Fall wurde indessen die Anordnung des Gutachtens durch den Beklagten nicht auf die
früheren, im Verkehrszentralregister bereits getilgten Verstöße gestützt, vielmehr bezieht sich der Beklagte
im Widerspruchsbescheid zur Rechtfertigung der – zuvor nur mündlich angeordneten – medizinisch-
psychologischen Begutachtung auf § 13 Nr. 2 d FeV, der die Beibringung eines solchen Gutachtens
zwingend vorsieht, wenn die Fahrerlaubnis wegen einer Teilnahme am Straßenverkehr bei einer
Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille entzogen war (§ 13 Nr. 2 c FeV). Diese Voraussetzung
war bereits durch die im Jahr 2004 erfolgte und im Verkehrszentralregister noch nicht getilgte Verurteilung
des Klägers erfüllt, ohne dass es also noch auf die weiter zurückliegenden Verstöße ankam.
Inhaltlich erwähnt das Gutachten zwar, wie ausgeführt, an mehreren Stellen auch die länger
zurückliegenden und im Verkehrszentralregister bereits getilgten Taten des Klägers, es beruht aber im
Ergebnis nicht entscheidend auf diesen Verurteilungen. Das Gutachten setzt sich vielmehr in seinen
tragenden Begründungen mit der Frage auseinander, ob der Kläger die bei ihm bestehende
Alkoholabhängigkeit ausreichend bewältigt hat. Hierfür stützt es sich zunächst maßgeblich auf die - aus
den eigenen Angaben des Klägers im Untersuchungsgespräch und dem Urteil des Amtsgerichts 2004
hergeleitete - Feststellung, dass bei ihm von einer Alkoholabhängigkeit auszugehen ist. Für die
Wiederherstellung der Fahreignung verlangt der Gutachter im Weiteren sodann vor dem Hintergrund der
Ziffer 8.4 Anlage 4 zur FeV schlüssig, dass der Kläger dauerhaft und nachweislich abstinent bleibt. Die
Behauptung des Klägers, seit 2004 Alkoholabstinenz einzuhalten, hält er für nicht glaubhaft, u. a. weil die
entsprechenden Nachweise dafür fehlen und auf diese wegen der Schwere der Erkrankung auch nicht
ausnahmsweise verzichtet werden könne.
Diese Erkenntnisse und Bewertungen des Gutachters gehen nicht entscheidend auf die früheren
Verurteilungen oder die zugrundeliegenden Straftaten zurück, sondern ganz wesentlich auf die
Ausführungen des Klägers in der aktuellen Untersuchungssituation. Die in der Vergangenheit liegenden
strafrechtlichen Verurteilungen werden demgegenüber nur am Rande erwähnt und überwiegend vom
Kläger selbst in das Explorationsgespräch eingebracht, während der Gutachter gerade betont, dass
aufgrund der Aktenlage nicht zu überprüfen sei, ob bei sämtlichen Taten eine Blutalkoholkonzentration
vorgelegen habe (vgl. S. 18 des Gutachtens). Die tragende Einschätzung des Gutachters, beim Kläger
könne noch nicht von einer hinreichend stabilen Alkoholabstinenz ausgegangen werden, wurde
schließlich im Nachhinein bestätigt durch den Vorfall vom 3. Oktober 2009. Diesbezüglich erfolgte zwar
keine strafrechtliche Verurteilung des Klägers, dass er aber jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt nicht
alkoholabstinent war, zeigt sich an der tatsächlich festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,97
Promille.
Da auch die Prognose des Gutachters über künftige erhebliche Verkehrsverstöße schlüssig von einer
stabilen Alkoholabstinenz des Klägers abhängt (vgl. S. 17, 18 des Gutachtens), beruht das Ergebnis des
Gutachtens auch insoweit auf den vorgenannten Quellen, nicht auf den früheren, im
Verkehrszentralregister nicht mehr geführten strafrechtlichen Verurteilungen.
Die Fahrerlaubnisentziehung widerspricht zum anderen nicht dem europarechtlichen Grundsatz der
gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemäß
Art. 1 Abs. 2 der hier noch anwendbaren Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl. L vom
24. August 1991).
Dieser Grundsatz steht der erneuten Überprüfung der Fahreignung im Aufnahmemitgliedstaat wegen
früherer, vor Ausstellung des Führerscheins in einem anderen Mitgliedstaat liegender Vorkommnisse
entgegen. Allerdings dürfen Maßnahmen der Verkehrsbehörden aufgrund nationaler Vorschriften an ein
„Verhalten“ des Betroffenen nach Ausstellung des Führerscheins oder an nachträglich auftretende
„Umstände“ anknüpfen (vgl. im Einzelnen den Beschluss der Kammer vom 29. Januar 2010, a.a.O., mit
Nachweisen zur Rechtsprechung des EuGH). Dabei kann zweifelhaft sein, ob allein ein negatives
medizinisch-psychologisches Gutachten bzw. dessen Vorlage durch den Betroffenen ein nachträgliches
„Verhalten“ darstellt, und ob es von der Behörde verwertet werden darf, auch wenn es nach
europrechtlichen Grundsätzen nicht hätte angefordert werden dürfen (so nun BVerwG, Urteil vom 28. April
2010 – 3 C 2/10 –, juris und Leitsatz in DÖV 2010, 742; zweifelnd noch BayVGH, Beschluss vom 22.
Februar 2007 - 11 CS 06.1644 -, juris).
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte indessen das Gutachten schon nicht zur Überprüfung des
tschechischen Führerscheins des Klägers, sondern in einem laufenden Verwaltungsverfahren über die
beantragte Neuerteilung der deutschen Fahrerlaubnis mit zusätzlichen Fahrerlaubnisklassen gemäß § 13
Satz 1 Nr. 2 d FeV verlangt. Es wäre mit der auch von der Richtlinie 91/439/EWG hervorgehobenen
Verkehrssicherheit nicht vereinbar, einen Fahrerlaubnisinhaber, dessen fehlende Eignung aufgrund
aktueller Erkenntnisse in einem Neuerteilungsverfahren im Inland feststeht, weiter mit einem
existierenden ausländischen EU-Führerschein am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen (vgl. BVerwG,
Urteil vom 28. April 2010, a.a.O.). Zudem hatte der Kläger hier nach der Ausstellung des tschechischen
Führerscheins in erheblichem Maße Alkohol zu sich genommen, als er nämlich am 3. Oktober 2009 eine
Blutalkoholkonzentration von 1,97 Promille aufwies. Dies stellt sich im Hinblick auf seine aus dem Urteil
des Amtsgerichts vom 28. Juni 2004 hervorgehende Alkoholabhängigkeit jedenfalls als ein
„nachträgliches Verhalten“ des Klägers im Sinne der Rechtsprechung des EuGH dar, das den Beklagten
zur Klärung der hieraus entstehenden Eignungszweifel und im maßgeblichen Zeitpunkt des
Widerspruchsbescheids zur Verwertung des bereits zuvor beauftragten, am 7. Oktober 2009 erstellten
medizinisch-psychologischen Gutachtens berechtigte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.
Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen zur Klärung der Frage, ob ein
medizinisch-psychologisches Gutachten, das auch im Verkehrszentralregister nicht mehr eingetragene
Taten enthält, im Fahrerlaubnisverfahren verwertet werden darf im Hinblick auf den Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2010, a.a.O..
Rechtsmittelbelehrung …
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.
gez. Faber-Kleinknecht
gez. Jahn-Riehl
gez. Niesler