Urteil des VG Neustadt vom 20.05.2010

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VG
Neustadt/Wstr.
20.05.2010
4 K 217/10.NW
Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr.
Urteil vom 20.05.2010 - 4 K 217/10.NW
Baurecht
Verkündet am: 20.05.2010
gez. …
Justizbeschäftigte als Urkunds-
beamtin der Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht
Neustadt an der Weinstrasse
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
1. des Herrn L.
2. des Herrn L.
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte zu 1-2: Rechtsanwälte Gehrlein & Kollegen, Waldstückerring 44, 76756
Bellheim,
gegen
den Landkreis Germersheim, vertreten durch den Landrat, Luitpoldplatz 1, 76726 Germersheim,
- Beklagter -
beigeladen:
Ortsgemeinde O
wegen Baurechts
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 20. Mai 2010, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Butzinger
Richter am Verwaltungsgericht Kintz
Richter am Verwaltungsgericht Bender
ehrenamtlicher Richter Journalist i.R. Schumacher
ehrenamtlicher Richter Rentner Ungerer
für Recht erkannt:
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 22. September 2004 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2010 verpflichtet, die Baugenehmigung vom 22. September
2004 auch auf die Errichtung der straßenseitigen/westlichen Garage auf dem Grundstück Flurstück
Nr. …., A-Straße, … A-Dorf, zu erstrecken.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten
selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn
nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger begehren die nachträgliche bauaufsichtliche Genehmigung einer bereits errichteten Garage.
Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks Flurstück Nr. ….. in der
Straße „A-Straße ..“ in A-Dorf. Dieses liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „A-gasse" der
Beigeladenen, der in seiner Erstfassung vom Ortsbürgermeister am 21. Februar 1997 ausgefertigt und am
27. Februar 1997 öffentlich bekanntgemacht wurde. Der Bebauungsplan enthält in seinen textlichen
Festsetzungen u.a. folgende bauplanungsrechtliche Festsetzungen:
Ziffer 5.1: „Die überbaubaren Grundstückflächen sind durch zeichnerische Eintragung festgesetzt.“
Ziffer 6.1: „Die Garagen sind mindestens 5,50 m hinter der öffentlichen Verkehrsfläche zu errichten."
In den zeichnerischen Festsetzungen ist auf dem Grundstück der Kläger eine vordere und seitliche
Baugrenze von 3 m eingetragen.
Das Grundstück der Kläger liegt in einer Kurve. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die
nachfolgende Luftaufnahme des betroffenen Straßenabschnitts dienen:
Die Kläger erbauten auf dem genannten Grundstück im Jahre 2001 im Freistellungsverfahren ein
Zweifamilienwohnhaus. Im April 2003 stellte der Beklagte im Rahmen einer Ortsbesichtigung fest, dass
die Kläger u.a. planabweichend an der westlichen Grundstücksgrenze eine Garage mit Abstellraum
errichtet hatten. Wegen des schrägen Verlaufs der Straße „A-Straße“ in diesem Bereich beträgt der
Abstand vom Garagengebäude bis zur Straßenbegrenzungslinie im Winkel von weniger als 45° etwa 6 m
und seitlich im Winkel von 90° im Minimum nur 2 m (s. Blatt 33 der Widerspruchsakte). Zur Verdeutlichung
der örtlichen Gegebenheiten wird auf die beiden folgenden Lichtbildaufnahmen verwiesen:
Das Garagengebäude hat eine Länge von 5,50 m, eine Breite von maximal 5,02 m und eine mittlere
Wandhöhe von 2,30 m. Es lehnt sich mit einer Dachneigung von ca. 18 Grad an das Hauptgebäude an
und verfügt nicht über eine Verbindungstür zum Hauptgebäude.
Daraufhin beantragten die Kläger im Mai 2003 die Änderung des Zweifamilienwohnhauses auf dem
genannten Grundstück in ein Vierfamilienwohnhaus durch Ausbau des Dachgeschosses und Änderung
der östlichen Garage sowie die Genehmigung der straßenseitigen westlichen Garage. Mit Bauschein vom
22. September 2004 genehmigte der Beklagte die bereits vorgenommene Änderung des
Zweifamilienwohnhauses in ein Vierfamilienhaus nachträglich. Den Antrag auf Genehmigung der
westlichen Garage lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die ohne Baugenehmigung errichtete
westliche Garage, welche schräg zur dortigen Straße „A-Straße" stehe, habe mit der Nordwestecke nur
einen Abstand von ca. 2 m zur Straße. Ferner rage dieser Garagenbereich über die dort festgesetzte
Baugrenze von 3 m. Eine nachträgliche Baugenehmigung sei nur unter Erteilung einer Befreiung nach §
31 BauGB möglich. Dem stehe entgegen, dass die Beigeladene das nach § 36 BauGB erforderliche
Einvernehmen aus städtebaulichen Gründen versagt habe.
Den gegen die Ablehnung im Bescheid vom 22. September 2004 eingelegten Widerspruch der Kläger
wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2010, zugestellt am 06. Februar 2010,
zurück.
Die Kläger haben am 05. März 2010 Klage erhoben. Sie führen aus, die westliche Garage verstoße nicht
gegen die planungsrechtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „A-gasse". Die Garage sei eine
Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO, die außerhalb von Baufenstern errichtet werden dürfe. Der
Beklagte habe bei seiner Entscheidung das Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Denn er habe die
Errichtung von Garagen außerhalb des Baufensters bereits auf insgesamt 38 Grundstücken im
Wohngebiet „A-gasse" zugelassen bzw. genehmigt. Die Ablehnung stelle auch einen Verstoß gegen das
Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG dar. Die streitgegenständliche Garage füge sich auch in die
nähere Umgebung ein, da diese durch Grundstücke geprägt ist, auf denen sich Garagen befänden, die
außerhalb des Baufensters errichtet worden seien.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 22. September 2004 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2010 zu verpflichten, die Baugenehmigung vom 22. September
2004 auch auf die Errichtung der straßenseitigen/westlichen Garage auf dem Grundstück Flurstück Nr.
……, A-Straße 3, A-Dorf, zu erstrecken.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf die ergangenen Bescheide.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Sie schließt sich inhaltlich dem Vortrag des Beklagten an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Dieser war Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthafte und auch ansonsten zulässige Verpflichtungsklage ist in der
Sache begründet. Die Kläger haben einen Anspruch gegen den Beklagten darauf, dass die
Baugenehmigung vom 22. September 2004 auf die Errichtung der straßenseitigen/westlichen Garage auf
dem Grundstück Flurstück Nr. ……, A-Straße .., A-Stadt, erstreckt wird. Der Bescheid vom 22. September
2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Kreisrechtsauschusses bei der Kreisverwaltung
Germersheim vom 28. Januar 2010 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten
(§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für das Begehren der Kläger, die für das Anwesen Flurstück Nr. ….., A-Straße , A-Stadt
ergangene Baugenehmigung vom 22. September 2004 auf die straßenseitigen/westlichen Garage zu
erstrecken, ist die Bestimmung des § 70 Abs. 1 Satz 1 LBauO. Danach ist die Baugenehmigung zu
erteilen, wenn dem Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften
entgegenstehen. Dies ist hier der Fall.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Kläger richtet sich nach § 30 Abs. 1 BauGB
i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplanes „A-gasse" der Beigeladenen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt zunächst kein Verstoß gegen die Ziffer 5.1 der textlichen
Festsetzungen des Bebauungsplans vor. Diese bestimmt, dass die überbaubaren Grundstücksflächen
durch zeichnerische Eintragung festgesetzt werden. In den zeichnerischen Festsetzungen ist auf dem
Grundstück der Kläger eine vordere und seitliche Baugrenze von 3 m eingetragen. Es trifft zwar zu, dass
das westliche Garagengebäude mit Abstellraum teilweise sowohl in die vordere als auch über die
das westliche Garagengebäude mit Abstellraum teilweise sowohl in die vordere als auch über die
seitliche Baugrenze hinausragt. Dies ist aber unschädlich. Gemäß § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO können,
sofern der Bebauungsplan insoweit nichts anderes festsetzt, auf den nicht überbaubaren
Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne von § 14 zugelassen werden. Das gleiche gilt nach § 23
Abs. 5 Satz 2 BauNVO auch für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht im Bauwich oder in den
Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Entscheidung steht im
pflichtgemäßen Ermessen der Baugenehmigungsbehörde (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. April
2010 – 8 A 11249/09.OVG -). Dabei sind die berücksichtigungsfähigen öffentlichen Belange nicht auf
städtebauliche beschränkt. Ein Rechtsanspruch auf Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO besteht
grundsätzlich nicht, doch kann das Ermessen auf Null reduziert sein, wenn etwa die genannten Belange
unter keinem Gesichtspunkt beeinträchtigt werden (s. Bielenberg in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Juni 2009, § 23 BauNVO Rdnr. 55; Fickert/Fieseler,
BauNVO, 11. Auflage 2008, § 23, Rdnr. 19).
Zwar ist hier nicht die Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO einschlägig, denn Garagen sind ebenso
wenig wie Stellplätze Nebenanlagen im Sinn von § 14 BauNVO, sondern Gegenstand einer eigenen
Regelung in § 12 BauNVO (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 23 BauNVO Rdnr. 56
m.w.N.). Jedoch können sich die Kläger auf § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO berufen. Die Vorschrift beinhaltet
eine dynamische Verweisung auf das jeweilige Landesrecht; maßgebend ist die im Zeitpunkt der
Entscheidung über die Baugenehmigung gültige Fassung der entsprechenden landesrechtlichen
Vorschriften (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. April 2010 – 8 A 11249/09.OVG -). Die
Voraussetzungen der danach hier einschlägigen Bestimmung des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 LBauO sind hier
gegeben. Danach dürfen Garagen gegenüber Grundstücksgrenzen ohne Abstandsflächen oder mit einer
geringeren Tiefe der Abstandsflächen errichtet werden, wenn sie an den Grundstücksgrenzen oder in
einem Abstand von bis zu 3 m von den Grundstücksgrenzen eine mittlere Wandhöhe von 3,20 m über der
Geländeoberfläche nicht überschreiten, eine Länge von 12 m an einer Grundstücksgrenze und von
insgesamt 18 m an allen Grundstücksgrenzen nicht überschreiten und Dächer haben, die zur
Grundstücksgrenze nicht mehr als 45° geneigt sind. Sämtliche dieser Voraussetzungen sind hier
gegeben. Die streitgegenständliche Garage der Kläger ist nur 5,50 m lang und verfügt über eine mittlere
Wandhöhe von 2,30 m. Die Dachneigung beträgt lediglich 18°. Da das Garagengebäude keine
Verbindungstür zum Hauptgebäude aufweist, handelt es sich um ein selbstständiges Gebäude und
unterfällt damit dem Abstandsflächenprivileg des § 8 Abs. 9 LBauO (vgl. OVG Rheinland-Pfalz m.w.N., AS
RP-SL 38, 130 = ZfBR 2010, 174). Auch überschreiten die Garage an der Westseite des Grundstücks und
das 12 m lange Garagengebäude an der Ostseite des Grundstücks nicht das Höchstmaß von insgesamt
18 m an allen Grundstücksgrenzen (s. zu dieser Problematik OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.
April 2007 - 8 B 10359/07.OVG - und Urteil vom 02. August 2007 - 1 A 10230/07.OVG -).
Es liegt hier auch ein Fall der Ermessensreduktion auf Null vor. Denn in dem gesamten Baugebiet hat der
Beklagte zahlreiche Garagen zugelassen, die sich außerhalb der festgesetzten Baugrenzen befinden (s.
die Aufzählung des Klägers auf Seite 3 der Klageschrift vom 04. März 2010, Blatt 16 der Gerichtsakte und
die Luftbildaufnahmen von dem betreffenden Gebiet in
http://map1.naturschutz.rlp
. de/mapserver_lanis/).
Die Nichteinhaltung der vom Bebauungsplan vorgegebenen vorderen und seitlichen Baugrenzen
rechtfertigt sich im Falle der Kläger schon aus dem besonderen Zuschnitt und der besonderen Lage des
Grundstücks.
Ergibt sich somit die Zulassung des westlichen Garagengebäudes aus § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO,
braucht die Kammer an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, ob eine Befreiung nach § 31 Abs. 2
BauGB von der Ziffer 5.1. der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans in Betracht gekommen wäre.
Dem klägerischen Begehren steht ferner nicht die Ziffer 6.1 der textlichen Festsetzungen des
Bebauungsplans entgegen, wonach die Garagen mindestens 5,50 m hinter der öffentlichen
Verkehrsfläche zu errichten sind. Dabei geht das Gericht zugunsten der Beigeladenen davon aus, dass es
sich bei dieser Festsetzung nicht um eine den Bebauungsplan prägende Festsetzung handelt, die gemäß
§ 9 Abs. 8 BauGB gesondert begründet werden müsste (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1993, 286). An einer
Begründung fehlt es hier; auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2010 konnten
die Vertreter der Beigeladenen den Grund für diese Festsetzung nicht benennen.
Die Kammer legt die Ziffer 6.1. der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans daher nach ihrem
mutmaßlichen Sinn und Zweck aus (vgl. zur Zulässigkeit der Auslegung des Regelungsgehalts einer
Bebauungsplanfestsetzung innerhalb der Grenzen, die sich aus dem sich aus dem Bebauungsplan
erschließenden planerischen Willen der Gemeinde ergeben OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.
Juni 2003 - 7 A 1157/02 -, juris). Die Beigeladene hat die Ziffer 6.1. ausweislich der Überschrift zu Ziffer 6
nicht auf bauordnungsrechtliche Gestaltungsregelungen, sondern auf § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB gestützt.
Dieser bestimmt, dass im Bebauungsplan aus städtebaulichen Gründen Flächen für Stellplätze und
Garagen mit ihren Einfahrten festgesetzt werden können. Der Ortsgesetzgeber wird damit ermächtigt, für
Stellplätze und Garagen mit Hilfe der Festsetzungen eines Bebauungsplans bestimmte Standorte
festzulegen oder auszuschließen (vgl. BVerwG, NVwZ 1986, 120). Derartige Festsetzungen dienen der
Sicherstellung der Flächen für den sog. ruhenden Verkehr und der sich insoweit aus den
bauordnungsrechtlichen Vorschriften ergebenden Verpflichtungen. Die Festsetzung selbst muss aus
planungsrechtlichen Gründen erforderlich sein (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O. §
9 BauGB Rdnr. 54; s. auch BVerwG, Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 54). Anlass zur Festsetzung
können Gründe des Verkehrs geben (verkehrsgerechte Anordnung der Garagen, ihre Zuordnung zu den
öffentlichen Verkehrsflächen einschließlich der Festsetzung der Einfahrten). Es können jedoch auch
andere städtebauliche Gründe in Betracht kommen wie z. B. die städtebaulich angemessene Ein- und
Zuordnung der Garagen einschließlich ihrer Zufahrten innerhalb einer Wohnnutzung, d. h. die
Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse sowie der Sicherheit und Gesundheit der Bewohner. Die
Festsetzungen müssen den Anforderungen genügen, die sich aus der BauNVO an die Zulässigkeit von
Stellplätzen und Garagen in den jeweiligen Baugebieten sowie aus dem Bauordnungsrecht an ihre Zahl
sowie Anordnungen und Ausführungen ergeben (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O.
§ 9 BauGB Rdnr. 54). Bei der Festsetzung auf den Baugrundstücken sind die einschlägigen
bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit, ausnahmsweise Zulässigkeit und
Unzulässigkeit von Stellplätzen und Garagen zu beachten. Hierzu bestimmt § 47 Abs. 6 Satz 1 LBauO,
dass Garagen von den öffentlichen Verkehrsflächen aus sicher und auf möglichst kurzem Weg
verkehrssicher zu erreichen sein müssen. Verkehrssicherheit in diesem Sinne bedeutet, dass keine
Gefahren für den öffentlichen Verkehr von der Nutzung der Garagen ausgehen. Deshalb ist bei Garagen
regelmäßig ein Stauraum zu verlangen, der das Befahren des Grundstücks bei geschlossenem
Garagentor vom öffentlichen Verkehrsraum ermöglicht (Lang in: Jeromin/Lang/Schmidt, LBauO RhPf, 2.
Auflage 2008, § 47 Rdnr. 87; vgl. auch Hess. VGH, Urteil vom 20. November 1996 – 4 UE 2027/95 -, juris
und Bay. VGH, BRS 50 Nr. 123). § 2 Abs. 2 der rheinland-pfälzischen Garagenverordnung - GarVO -
ergänzt den § 47 Abs. 6 Satz 1 LBauO, indem er bestimmt, dass vor Garagentoren ein Stauraum für
wartende Kraftfahrzeuge vorzusehen ist, wenn dies wegen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs
erforderlich ist. Im Unterschied etwa zur bayerischen oder niedersächsischen Garagenverordnung, die in
§ 2 Abs. 1 Satz 1 bestimmen, dass zwischen Garagen und öffentlichen Verkehrsflächen grundsätzlich Zu-
und Abfahrten von mindestens 3 m Länge vorhanden sein müssen, verlangt die rheinland-pfälzische
Garagenverordnung keinen Mindestabstand.
Vor diesem Hintergrund dient die streitgegenständliche Festsetzung nach ihrem Sinn und Zweck
offensichtlich der Schaffung zusätzlichen Stauraums vor der Garage. Dadurch werden dem ausfahrenden
Verkehr auch ausreichende Sichtmöglichkeiten auf die Straße gegeben. Schließlich werden
Behinderungen des vorbeifließenden Verkehrs durch in die Garagen bzw. den Stauraum davor
einfahrende Fahrzeuge möglichst gering gehalten, indem diese nicht vor der endgültigen Einfahrt die
Fahrbahn versperren.
Die Kammer lässt ausdrücklich offen, ob die streitgegenständliche Festsetzung planungsrechtlich
erforderlich und damit überhaupt wirksam ist. Denn das westliche Garagengebäude der Kläger hält nach
dem dargelegten Sinn und Zweck der Ziffer 6.1. den geforderten Abstand von 5,50 m zur öffentlichen
Verkehrsfläche ein. Wie die beiden in den Tatbestand eingefügten Lichtbilder zeigen, beträgt die
Entfernung zwischen Garagentor und Straßenbegrenzungslinie an der Ein- und Ausfahrt des Grundstücks
mindestens 6 m. Der Umstand, dass der seitliche Abstand zwischen Garagentor und öffentlicher Straße im
Winkel von 90° deutlich unter 5,50 m beträgt, ist dagegen unerheblich. Denn die an der westlichen
Grundstücksseite ein- oder ausfahrenden Fahrzeuge fahren gerade nicht in einem Winkel von 90° von
der öffentlichen Verkehrsfläche über die Straßenbegrenzungslinie auf das Grundstück, sondern in einem
Winkel von etwa 20°. Bei einem Winkel von bis zu 45° muss gemäß § 4 Abs. 2 GarVO lediglich eine
maximale Fahrgassenbreite von 3,50 m eingehalten werden, was hier unproblematisch der Fall ist.
Ist somit nach Sinn und Zweck der streitgegenständlichen Festsetzung kein Verstoß gegen diese
Regelung gegeben, muss die Kammer sich auch hier nicht näher damit auseinandersetzen, ob – sofern
die Festsetzung nicht schon unwirksam sein sollte – die Kläger aufgrund der besonderen
Grundstückssituation einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der Ziffer
6.1. der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 154 Abs. 3 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167
Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung …
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.
gez. Butzinger gez. Kintz gez. Bender