Urteil des VG Neustadt vom 27.07.2010

VG Neustadt: altersgrenze, öffentliches recht, berufliche eingliederung, unbestimmter rechtsbegriff, eugh, aktiven, wahrscheinlichkeit, beschäftigungspolitik, referat, rechtfertigungsgrund

VG
Neustadt/Wstr.
27.07.2010
6 L 779/10.NW
Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr.
Beschluss vom 27.07.2010 - 6 L 779/10.NW
Beamtenrecht
Verwaltungsgericht
Neustadt an der Weinstrasse
Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des Herrn Dr. …
- Antragsteller -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Walter, Baldauf, Theobald, Eisenbahnstraße 4 - 6, 67227
Frankenthal,
gegen
das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur,
Mittlere Bleiche 61, 55116 Mainz,
- Antragsgegner -
wegen Hinausschiebens des Ruhestandes
hier: Antrag nach § 123 VwGO
hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der Beratung vom
27. Juli 2010, an der teilgenommen haben
Präsidentin des Verwaltungsgerichts Faber-Kleinknecht
Richter am Verwaltungsgericht Bender
Richter Niesler
beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 19.828,48 € festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung –
VwGO – mit dem Ziel, dem Antragsgegner aufzugeben, den Eintritt des Ruhestands des Antragstellers
über den 31. Juli 2010 hinaus bis zu einer Entscheidung über seinen Antrag im Hauptsacheverfahren
(6 K 753/10.NW) hinauszuschieben und ihn bis zu diesem Zeitpunkt als leitenden
Regierungsschuldirektor weiter zu beschäftigen, hat keinen Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung
in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des
bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte. Hierzu muss er gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung –
ZPO – sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Diese
Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Dem Antragsteller steht zwar für eine vorläufige Regelung durch das Gericht im Eilverfahren ein
Anordnungsgrund zu, denn für seinen im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruch auf
Hinausschieben des Ruhestandes ist nur Raum, solange der Ruhestand noch nicht begonnen hat (vgl.
OVG RP, Beschluss vom 2. November 2009 – 2 B 10868/09.OVG –). Da dieser bereits mit Ablauf des
31. Juli 2010 eintreten wird, könnte er diesen Anspruch effektiv nur mittels der begehrten einstweiligen
Anordnung sichern.
Der Antragsteller hat aber nicht glaubhaft gemacht, dass ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein
Anspruch auf – erneutes – Herausschieben seines Ruhestandsbeginns (1.) oder auf weitere
Beschäftigung im aktiven Dienst wegen des Verstoßes der beamtenrechtlichen Altersgrenze gegen das
Verbot der Altersdiskriminierung (2.) und damit der für eine einstweilige Anordnung erforderliche
Anordnungsanspruch zusteht.
1.)
Gemäß § 55 Abs. 1 Landesbeamtengesetz – LBG –, der nach Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes –
BeamtStG – als landesrechtliche Regelung weiter gilt (vgl. VG Koblenz, Beschluss vom 31. Juli 2009 – 6 L
823/09.KO –; Plog/Wiedow, BBG, § 25 BeamtStG Rn. 4), kann die oberste Dienstbehörde auf Antrag des
Beamten den Eintritt in den Ruhestand über das vollendete 65. Lebensjahr hinaus um eine bestimmte
Frist, die jeweils ein Jahr nicht übersteigen darf, längstens bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres
hinausschieben, wenn es im dienstlichen Interesse liegt.
Die Regelung des § 55 Abs. 1 LBG dürfte zwar auch dem Individualinteresse des Beamten zu dienen
bestimmt sein und ihm mithin ein subjektiv-öffentliches Recht vermitteln (vgl. OVG RP, Beschluss vom
17. September 2004
– 2 B 11470/04.OVG –). Allerdings ist nach derzeitigem Erkenntnisstand ein dienstliches Interesse an der
Weiterverwendung des Antragstellers im aktiven Dienst über den 31. Juli 2010 hinaus nicht gegeben.
Die Entscheidung, ob ein dienstliches Interesse i.S.d. § 55 Abs. 1 LBG am Hinausschieben des
Ruhestandes eines Beamten besteht, richtet sich nach der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben der
Behörde. D.h., die Dienstzeitverlängerung muss ihre sachliche Rechtfertigung im dienstlichen Bereich
finden. Dabei genügt es nicht, dass die üblicherweise mit einer Ruhestandsversetzung verbundenen
Nachteile verhindert werden können. Erforderlich ist vielmehr die positive Feststellung, dass der
Dienstherr im Hinblick auf den gesetzlichen Auftrag der Behörde und die vorhandenen
personalwirtschaftlichen und organisatorischen Möglichkeiten ein nachvollziehbares Interesse an der
Weiterbeschäftigung des konkreten Beamten hat (vgl. OVG RP, Beschluss vom 23. November 2006
– 2 B 11281/06.OVG –).
Das so verstandene dienstliche Interesse ist als unbestimmter Rechtsbegriff gesetzlich voll überprüfbar.
Allerdings wird es vom Organisationsermessen im Hinblick auf eine sinnvolle Personalplanung geprägt,
das seinerseits nur eingeschränkt, nämlich darauf überprüft werden kann, ob die Grenzen dieser
Einschätzungsprärogative überschritten sind oder davon in einer sachwidrigen Weise Gebrauch gemacht
wurde (vgl. OVG RP, Beschluss vom 17. September 2004, a.a.O.).
Gemessen daran ist die Verneinung des dienstlichen Interesses bei der im Eilverfahren allein möglichen
summarischen Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach Abschätzung des mit der Umsetzung der Schulstrukturreform verbundenen Verwaltungsaufwandes,
namentlich der Zusammenführung der Verwaltungs- und Arbeitsabläufe der Vorgängerreferate in das neu
geschaffene und vom Antragsteller als Referatsleiter innegehabte Referat 35 („Realschule plus“), hat der
Antragsgegner ein dienstliches Interesse am Hinausschieben des Ruhestandseintritts des am 7. Februar
1945 geborenen Antragstellers über den 1. März 2010 hinaus bis zum 31. Juli 2010 bejaht. Dabei war für
ihn insbesondere ausschlaggebend, dass der reguläre Ruhestandseintritt des Antragstellers in die
Anfangsphase der Personalplanung für das Schuljahr 2010/11 gefallen wäre, was in Anbetracht der mit
der Umstrukturierung einhergehenden personellen Veränderungen vermieden werden sollte.
Dass über den 31. Juli 2010 hinaus ein solches dienstliches Interesse am Hinausschieben des
Ruhestandseintritts nicht mehr besteht, hat der Antragsgegner nachvollziehbar dargelegt. Mittlerweile sei
nach der erfolgten Zusammenführung der Verwaltungs- und Arbeitsabläufe der Vorgängerreferate eine
sachgemäße und reibungslose Aufgabenerfüllung sichergestellt. Die vormals die Annahme eines
dienstlichen Interesses rechtfertigende Übergangsphase des Referats „Realschule plus“ sei
abgeschlossen. Alle wesentlichen Maßnahmen müssten zudem bis spätestens zum Ende des Schuljahres
am 2. Juli 2010 feststehen, weshalb die vom Antragsteller ausgeübte Koordinierung der Personalplanung
vor Beginn der Sommerferien erledigt sei. Die nunmehr anstehenden Detailaufgaben, insbesondere die
Kontrolle der Gliederungsprobleme, seien unproblematisch.
Die hiergegen erhobenen Einwände des Antragstellers lassen nicht erkennen, dass der Antragsgegner
das ihm bei der Personalplanung eingeräumte Organisationsermessen unter Verkennung der
tatsächlichen Umstände oder sachwidrig ausgeübt hätte. Vielmehr legt der Antragsteller nur solche
Nachteile dar, die üblicherweise mit dem Ruhestandseintritt eines Referatsleiters verbunden sind. Diese
Nachteile hat der Antragsgegner erkannt und hierauf mit entsprechenden organisatorischen Maßnahmen
reagiert: Er wird die Referatsleiterstelle neu besetzen. Bis dahin wird der Leitende
Regierungsschuldirektor ..., den er als sehr erfahrenen und äußerst kompetenten Schulaufsichtsbeamten
beschreibt, die Amtsgeschäfte stellvertretend ausführen. Die dem Nachfolger des Antragstellers zweifellos
einzuräumende Einarbeitungsphase wird den reibungslosen Ablauf der Verwaltungsgeschäfte aller
Voraussicht nach nicht in dem Maße beeinträchtigen, dass weiteres Verbleiben des Antragstellers im
Dienst erforderlich wäre. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Referate 33, 34, 35,
36 und 37 insoweit einander unterstützen. Ebenso ist sein Argument nicht von der Hand zu weisen, dass
ein erneutes Hinausschieben des Ruhestandseintritts der Einarbeitung des Nachfolgers und seiner
zukünftigen effektiven Aufgabenwahrnehmung bis spätestens zur Personalplanung für das nächste
Schuljahr sogar entgegenstünde.
Die vom Antragsteller für sich in Anspruch genommenen Sonderkenntnisse im IT-Bereich, infolge derer
nur er die von ihm entwickelten Programme interpretieren, auswerten und modifizieren könne, stellen
ebenfalls kein dienstliches Interesse dar. Der Antragsgegner hat hierzu ausgeführt, dass er sich gerade
von einer solchen personellen Abhängigkeit wegen personengebundener Kenntnisse lösen möchte und
die erforderlichen Schritte eingeleitet habe. Bis dahin stelle die gegenseitige Unterstützung der
Fachreferate einen reibungslosen Arbeitsablauf sicher.
Auch im Übrigen hat der Antragsteller keine mit seinem Ruhestandseintritt zum 1. August 2010
verbundenen Störungen im Betriebsablauf glaubhaft gemacht, die über die gewöhnlichen Nachteile eines
Ruhestandseintritts hinaus die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Verwaltung derart in Frage
stellen, dass ein Missbrauch des Organisationsermessens mit der erforderlichen überwiegenden
Wahrscheinlichkeit erkennbar wäre.
2.)
Ein Anspruch des Antragstellers auf Weiterbeschäftigung folgt auch nicht aus der Richtlinie 2000/78/EG
des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung
der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf bzw. aus dem zur Umsetzung dieser Richtlinie in
nationales Recht geschaffenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz – AGG –, das nach seinem § 24
für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse entsprechend anwendbar ist. Die Vorschriften der §§ 54, 55
LBG über die gesetzliche Altersgrenze für Beamte verstoßen nicht gegen das in Art. 1, 2 Abs. 2a, 3
Abs. 1c der Richtlinie und §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG niedergelegte Verbot der Altersdiskriminierung und
sind deshalb dem Antragsteller gegenüber anzuwenden.
Die Festlegung einer Altersgrenze, mit deren Erreichen der Beamte zwangsweise in den Ruhestand tritt,
ist eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters in Bezug auf eine Entlassungsbedingung i.S.d.
Richtlinie und des AGG. Denn sie schließt den Beamten allein wegen seines Alters von einem weiteren
aktiven Dienst aus. Diese Benachteiligung ist aber nach Auffassung der Kammer mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit durch die schon in der Richtlinie und im AGG niedergelegten Gründe gerechtfertigt.
Wahrscheinlichkeit durch die schon in der Richtlinie und im AGG niedergelegten Gründe gerechtfertigt.
Maßstab für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung aus Altersgründen ist hier Art. 6 der Richtlinie
bzw. § 10 AGG, der die in der Richtlinie genannten Rechtfertigungsgründe aufgreift. Gemäß Art. 6 Abs. 1
Sätze 1, 2a der Richtlinie können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des
Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des
nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen
Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind, und die
Mittel zur Erreichen dieses Zieles angemessen und erforderlich sind. Derartige Ungleichbehandlungen
können insbesondere die Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und die Entlassung
einschließen, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen
mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen. Dem entsprechen im Wesentlichen die
Regelungen des § 10 Abs. 1 Sätze 1, 2, 3 Nr. 1 AGG. In § 54 LBG werden solche Gründe oder Ziele des
Gesetzgebers zwar nicht ausdrücklich genannt. Dies wird vom Unionsrecht aber auch nicht gefordert.
Vielmehr genügt es, dass aus dem allgemeinen Kontext der gesetzlichen Norm abgeleitete Anhaltspunkte
die Feststellung des hinter der Maßnahme stehenden Zieles ermöglichen (vgl. HessVGH, Beschluss vom
28. September 2009 – 1 B 2487/09 –, ZBR 2010, 52 ff. unter Bezugnahme auf EuGH, Urt. v. 16. Oktober
2007 – Rs. C-441/05 – und Urt. v. 5. März 2009
– Rs. C-388/07 – sowie Urt. v. 12. Januar 2010 – Rs. C-341/08 –)
Die gesetzliche Festlegung einer allgemeinen Altersgrenze für das Ausscheiden aus dem aktiven
Beamtendienst und deren Anwendung im hier zu beurteilenden Fall knüpft an den in der Richtlinie und im
AGG vorgesehenen Rechtfertigungsgrund der Fürsorge und des Schutzes älterer Arbeitnehmer an. Sie
beruht auf der Erwartung, dass mit fortschreitendem Alter die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit
nachlässt und damit zunehmend zu befürchten ist, dass die konkreten Aufgaben zum Nachteil des
Dienstherrn, aber auch zum Nachteil des einzelnen Beamten, der zunehmend mehr Kraft für eine
ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung aufwenden muss, nicht mehr adäquat wahrgenommen werden
können. Die den Beamten grundsätzlich treffende Pflicht zur lebenslangen Dienstleistung findet ihre
Schranke mithin der Dienstfähigkeit des Beamten (vgl. HessVGH, a.a.O.). Vom Gesetzgeber wird dabei in
zulässiger Weise generalisierend vermutet, dass bei Erreichen eines bestimmten Alters die
Dienstunfähigkeit des Beamten eintritt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2008 – 2 BvR 1081/08 –, juris,
zur Regelung des Pensionsalters für Vollzugsbeamte in Rheinland-Pfalz sowie die zugrunde liegenden
Erwägungen des Landesgesetzgebers in LT-Dr. 14/1800, S. 9). Auch wenn der Alterungsprozess
individuell verläuft und die so vermutete Dienstunfähigkeit deshalb nicht bei jedem einzelnen Beamten mit
Vollendung des 65. Lebensjahres eintreten muss, wird durch die gesetzliche Festlegung eines
bestimmten Alters eine individuelle Überprüfung der Dienstfähigkeit vermieden, was sowohl den Beamten
als auch den Dienstherrn erheblich belasten würde (vgl. VG München, Beschluss vom 30. September
2009 – M 5 E 09.4285 –, juris, m.w.N.).
Die Festlegung einer zwingenden Altersgrenze trägt ferner dem gesellschaftlichen Konsens Rechnung,
dass ab einem bestimmten Zeitpunkt die älteren Beschäftigten zurücktreten müssen und dürfen, um für die
jüngeren Kollegen und nachfolgende Berufsanfänger Arbeitsplätze frei zu machen (vgl. HessVGH, a.a.O.).
Sie dient damit – worauf auch Art. 6 Abs. 1 Satz 2a der Richtlinie und § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG abheben –
den Zielen des Zugangs zur Beschäftigung und der Eingliederung junger Menschen in das Berufsleben
(zur Zulässigkeit dieses Kriteriums vgl. EuGH, Urt. v. 12. Januar 2010, a.a.O.). Darüber hinaus
gewährleistet das planbare Ausscheiden älterer Beamter zu einem bestimmten Zeitpunkt die Sicherung
einer ausgewogenen Altersstruktur in der Beamtenschaft und eine kontinuierliche Nachwuchsgewinnung
für den öffentlichen Dienst. Sie dient den – in der Richtlinie ebenfalls als Rechtfertigungsgrund für eine
alterbezogene Ungleichbehandlung genannten – Zielen der Beschäftigungspolitik und des
Arbeitsmarktes. Der kontinuierliche Prozess des Ausscheidens älterer Beschäftigter und des Nachrückens
jüngerer Beschäftigter schafft schließlich in der Beamtenschaft eine Struktur, in der sich alle Altersgruppen
wiederfinden (vgl. HessVGH, a.a.O.).
Die vom VG Frankfurt a.M. – auf dessen Beschluss vom 6. August 2009
(9 L 1887/09.F, juris) sich der Antragsteller beruft – gegen die Vereinbarkeit der Altersgrenzenregelung mit
Unionsrecht angeführten Argumente überzeugen die Kammer aus den genannten Gründen nicht. Dies gilt
auch für die Auffassung des VG Frankfurt a.M., das arbeitsmarktpolitische Ziel der Einstellung junger
Menschen könne für die Festlegung der allgemeinen Altersgrenze aus Sicht des Gesetzgebers nicht
tragend gewesen sein, weil in den 1960er Jahren Vollbeschäftigung in Deutschland bestanden habe. Für
die Motivation des Gesetzgebers, die allgemeine Altersgrenze für Beamte auch bei Änderungen des § 54
LBG in jüngerer Zeit – derzeit – bei 65 Jahren zu lassen, können gesellschaftliche Verhältnisse der
Vergangenheit nicht herangezogen werden. Schließlich ist das Interesse an einer Planungssicherheit für
die Verwaltung nicht als unzulässiges individuelles Interesse eines Arbeitgebers i.S.d. vom VG Frankfurt
a.M. in Bezug genommenen Entscheidung des EuGH vom 5. März 2009 (a.a.O.) zu bewerten. Es betrifft
nämlich durch die Geltung des LBG auch für die Beamten der Gemeinden und der Gemeindeverbände
sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen
öffentlichen Rechts (§ 1 LBG) eine Vielzahl verschiedener Dienstherren. Überdies stellt die planbare
Gewinnung von Nachwuchskräften auch unter dem Aspekt ein Gemeinwohlinteresse dar, dass nur so in
geregelter und vorausschauender Weise ältere und qualifizierte Beamte ihre Erfahrungen an jüngere
Beamte weitergeben können und damit letztlich für eine im Allgemeininteresse liegende, gleichbleibend
hohe Qualität der Verwaltung sorgen können (vgl. HessVGH, a.a.O.). Mit dem vom EuGH entschiedenen
Fall der Vertragszahnärzte ist die Situation im Beamtenrecht insoweit nicht vergleichbar, weil die
Einstellung eines Nachfolgers hier nicht nur vom Bedarf, sondern gerade auch vom Freiwerden der
entsprechenden Planstelle abhängt.
Zur Gewährleistung der beschriebenen Ziele ist die Festsetzung allgemein geltender Höchstaltersgrenzen
für Beamte erforderlich und angemessen. Durch die Möglichkeit einer individuellen Verlängerung der
Lebensarbeitszeit auf Antrag des Beamten kann die Altersgrenze im Einzelfall gelockert und in ihren
Auswirkungen gemildert werden. Mit dem Eintritt in den Ruhestand steht dem Beamten ein seiner
Dienstzeit entsprechendes Ruhegehalt zu. Durch diesen finanziellen Ausgleich wird der Betroffene von
der zwangsweisen Beendigung seines Dienstverhältnisses nicht übermäßig belastet (vgl. HessVGH,
a.a.O., mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007, a.a.O.).
Dass der Antragsgegner die zur Rechtfertigung der Altersgrenze tauglichen Ziele desgleichen im Fall des
Antragstellers verfolgt, ist für die Kammer nach der gebotenen summarischen Prüfung auch in Ansehung
der von ihm vorgebrachten Einwände nicht zweifelhaft. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die – vom
Antragsteller angezweifelte – Nachwuchsgewinnung, die der Antragsgegner durch die unbestrittene
Neubesetzung der Stelle der Referatsleiterin / des Referatsleisters für das bislang vom Antragsteller
innegehabte Referat „Realschulen plus“ und einer Referentenstelle dokumentiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5
Satz 1 Nr. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004,
1327).
Rechtsmittelbelehrung …
gez. Faber-Kleinknecht
gez. Bender
gez. Niesler