Urteil des VG Neustadt vom 15.06.2010

VG Neustadt: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, fahrzeugführer, anschrift, gerichtsakte, fahrzeughalter, ordnungswidrigkeit, verjährung, faber, rumänien, rechtsgrundlage

VG
Neustadt/Wstr.
15.06.2010
6 K 291/10.NW
Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr.
Urteil vom 15.06.2010 - 6 K 291/10.NW
Straßenverkehrsrecht
Verkündet am: 15.06.2010
Justizbeschäftigte als Urkunds-
beamtin der Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht
Neustadt an der Weinstrasse
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des Herrn …
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Droste & Kollegen, Petronellastraße 20, 76887 Bad
Bergzabern,
gegen
den Landkreis Südliche Weinstraße, vertreten durch die Landrätin, An der Kreuzmühle 2, 76829 Landau,
- Beklagter -
wegen Führung eines Fahrtenbuchs
hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 15. Juni 2010, an der teilgenommen haben
Präsidentin des Verwaltungsgerichts Faber-Kleinknecht
Richterin am Verwaltungsgericht Jahn-Riehl
Richter Niesler
ehrenamtliche Richterin Kauffrau Baumrucker
ehrenamtliche Richterin Bürokauffrau Betsch
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage.
Er ist Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen SÜW-…, mit dem am 12. Februar 2009
die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 37 km/h
überschritten wurde. Gegenüber der Bußgeldstelle gab er an, nicht er sei Fahrer gewesen, sondern ein
Bekannter aus Rumänien. Daraufhin suchte die Polizei die Pizzeria des Klägers auf und stellte fest, dass
er nicht der auf dem Geschwindigkeitsmessfoto abgebildete Fahrzeugführer sei. Er habe zwar
angegeben, dass es sich bei dem Fahrer um einen rumänischen Staatsangehörigen, einen Herrn XY aus
Bukarest handele. Nähere Angaben wie z.B. eine Adresse habe er aber nicht machen können. Weder
eine Befragung des Personals noch der Nachbarschaft hätten weitere Erkenntnisse über den
Fahrzeugführer erbracht. Daraufhin wurde das gegen den Kläger geführte Ordnungswidrigkeitenverfahren
am 20. April 2009 eingestellt.
Nachdem er zur beabsichtigten Auferlegung eines Fahrtenbuches angehört worden war, teilte der Kläger
mit Schreiben vom 16. Juni 2009 dem Beklagten die Anschrift des verantwortlichen Fahrzeugführers in
Rumänien mit, die er erst jetzt in Erfahrung gebracht habe.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2009 wurde der Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verpflichtet,
für alle drei von ihm gehaltenen Fahrzeuge ein Fahrtenbuch für die Dauer eines Jahres zu führen, weil die
Ermittlung des für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Fahrzeugführers nicht möglich gewesen sei.
Dessen Anschrift habe der Kläger erst nach Eintritt der Verjährung mitgeteilt.
Hiergegen erhob der Kläger am 8. Juli 2009 Widerspruch.
Seinen am 14. Juli 2009 gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines
Widerspruchs lehnte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 6. August 2009 (6 L 671/09.NW) ab.
Nachdem der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom
2. März 2010 zurückgewiesen hatte, hat der Kläger am 24. März 2010 Klage erhoben.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Es sei der Behörde ohne Weiteres möglich gewesen,
anhand der bereits im Ermittlungsverfahren gemachten Angaben den verantwortlichen Fahrzeugführer zu
ermitteln. Offenbar bestehe jedoch gegenüber im Ausland ansässigen Personen kein
Verfolgungsinteresse. Selbst wenn der Verantwortliche angeschrieben worden wäre und darauf nicht
reagiert hätte, hätte die Bußgeldstelle keine Möglichkeit gehabt, das Bußgeld beizutreiben. Es sei daher
unerheblich, ob der Kläger die genaue Anschrift des Fahrers unverzüglich mitteilen konnte oder erst nach
einiger zeitlicher Verzögerung. Es handele sich zudem um einen ersten und einmaligen und einen nicht
gewichtigen Verstoß, der eine Fahrtenbuchauflage, zumal für alle drei Fahrzeuge, nicht rechtfertige.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März
2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Das Ordnungs-widrigkeitenverfahren und die
Fahrtenbuchauflage verfolgten unterschiedliche Ziele. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der
Fahrtenbuchauflage sei allein, dass die Feststellung des Fahrzeugführers wegen unzureichender
Mitwirkung des Fahrzeughalters nicht bis zum Eintritt der Verjährung der Ordnungswidrigkeit möglich
gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zur
Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakte
6 L 671/09.NW verwiesen. Diese Unterlagen lagen der Kammer vor und waren Gegenstand der
mündlichen Verhandlung. Des Weiteren wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15. Juni 2010 Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Fahrtenbuchauflage ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht
in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
Rechtsgrundlage für die angeordnete Fahrtenbuchauflage ist § 31a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-
Zulassungs-Ordnung – StVZO –. Hiernach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem
Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches
anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen
Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Insoweit wird zur
Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Beschlusses des erkennenden Gerichts vom
6. August 2009 (6 L 671/09.NW) Bezug genommen (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
Ob die Bußgeldbehörde im Fall der Ermittlung des Fahrzeugführers tatsächlich einen Bußgeldbescheid
erlassen und vollstreckt hätte, ist für die Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage ohne Bedeutung. Sie
dient nicht gleichsam als „Ersatzsanktion“ für die vergangene Ordnungswidrigkeit. Sie soll vielmehr im
Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs sicherstellen, dass der Fahrzeughalter bei zukünftigen
Verkehrsverstößen den dafür verantwortlichen Fahrer zuverlässig und rechtzeitig benennen kann.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167
VwGO.
Rechtsmittelbelehrung …
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.240,-- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.
Faber-Kleinknecht
Jahn-Riehl
Niesler