Urteil des VG Neustadt vom 24.01.2011

VG Neustadt: verfügung, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, überwiegendes öffentliches interesse, grundsatz der effektivität, aufschiebende wirkung, vollziehung, wohnung, heizöl, lagerung

VG
Neustadt/Wstr.
24.01.2011
4 L 1/11.NW
Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr.
Beschluss vom 24.01.2011 - 4 L 1/11.NW
Baurecht
Verwaltungsgericht
Neustadt an der Weinstrasse
Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
der B.,
- Antragstellerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Trilsbach, Jakobs und Kollegen, Ostallee 53, 54290 Trier,
gegen
die Verbandsgemeinde Bruchmühlbach-Miesau, vertreten durch den Bürgermeister, Am Rathaus 2,
66892 Bruchmühlbach-Miesau,
- Antragsgegnerin -
beigeladen:
Frau A.,
wegen Bauordnungsrechts
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der Beratung vom
24. Januar 2011, an der teilgenommen haben
Richter am Verwaltungsgericht Kintz
Richter am Verwaltungsgericht Bender
Richterin am Verwaltungsgericht Jahn-Riehl
beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die
Antragstellerin.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,-- € festgesetzt.
G r ü n d e
Das vorläufige Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs bedarf
zunächst der Auslegung nach § 88 VwGO. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Anordnung der
sofortigen Vollziehung der Verfügungen 1) bis 7) und 10) der streitgegenständlichen bauaufsichtlichen
Verfügung wendet, begehrt sie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs
nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Altern. VwGO. Soweit sich ihr Antrag allerdings gegen die Androhung eines
Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,-- € für den Fall der Nichtbefolgung wendet, hat der Widerspruch der
Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 20 AGVwGO kraft Gesetzes keine
aufschiebende Wirkung. Insoweit ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80
Abs. 5 Satz 1, 1. Altern. VwGO einschlägig.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügungen Nr. 1) bis 7) und 10) des
streitgegenständlichen Bescheids vom 11. November 2010 hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
Die Vollziehbarkeitsanordnung genügt zunächst den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1
VwGO. Die Antragsgegnerin hat das besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehbarkeit
der einzelnen Anordnungen unter Bezugnahme auf die negative Vorbildwirkung und die abzuwehrenden
Gefahren durch eine festgestellte baurechtswidrige Nutzung des Kellerraums als Heizöllager begründet
und damit zu erkennen gegeben, dass sie den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung beachtet
hat. Ob die angegebenen Gründe inhaltlich ein Vollziehungsinteresse letztlich tragen können, ist für die
formelle Rechtmäßigkeit der Vollziehungsanordnung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht erheblich.
Auch materiell-rechtlich begegnet die Anordnung der sofortigen Vollziehung der genannten Auflagen im
streitgegenständlichen Bescheid keinen durchgreifenden Bedenken. Im Rahmen des Verfahrens nach §
80 Abs. 5 Satz 1 2. Altern. VwGO ist das Interesse der Antragstellerin, vorläufig vom Vollzug der
angefochtenen Verfügung verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen
Vollziehbarkeit abzuwägen. Bei dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung kommt den
Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache eine maßgebliche Bedeutung zu. Ergibt die im
Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage
nämlich, dass die angefochtene Verfügung offenkundig rechtswidrig ist, so kann kein überwiegendes
öffentliches Interesse an deren Vollziehung bestehen. Erweist sich demgegenüber die Verfügung als
offenkundig rechtmäßig, so besteht ein öffentliches Vollzugsinteresse nur dann, wenn zudem Gründe für
die Vollziehbarkeit sprechen, die über das Interesse hinausgehen, das den Verwaltungsakt selbst
rechtfertigt (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3618 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. Mai 2000 – 10 D
10645/00.OVG –; OVG Nordrhein-Westfalen, NVwZ, 1998, 977). Sind die Erfolgsaussichten des
Rechtsbehelfs in der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend zu
beurteilen, so nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Interessen vor. Dem
Rechtsschutzanspruch des Betroffenen ist dabei umso mehr Gewicht beizumessen, je schwerwiegender
die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt.
Davon ausgehend überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der
angeordneten bauaufsichtlichen Auflagen das private Interesse der Antragstellerin, dieser Verfügung bis
zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zunächst nicht nachkommen zu müssen. Die summarische
Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt nämlich, dass die für sofort vollziehbar erklärten Auflagen in
allen Punkten offenkundig rechtmäßig sind und darüber hinaus auch ein besonderes öffentliches
Vollziehungsinteresse besteht, das über die Gründe für die Anordnung der einzelnen Maßnahmen
hinausgeht.
Rechtsgrundlage für die Verfügungen ist § 59 Abs. 1 LBauO. Danach hat die Antragsgegnerin als
Bauaufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Aufgabe, die Einhaltung von baurechtlichen und sonstigen
öffentlichen Vorschriften bei der Errichtung, Änderung, Instandhaltung, Nutzung, Nutzungsänderung und
dem Abbruch baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen zu überwachen, nach
pflichtgemäßem Ermessen die hierfür erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die im angemieteten
Kellerraum des Anwesens Buchholzstraße 25 in Bruchmühlbach-Miesau angetroffenen Umstände der
Heizöllagerung genügen nicht den gesetzlichen Anforderungen. Sie verstoßen insbesondere gegen die
Pflicht nach § 39 Abs. 6 LBauO, wonach Brennstoffe so zu lagern sind, dass keine Gefahren oder
unzumutbare Belästigungen entstehen.
Darüber hinaus genügt die festgestellte Heizöllagerung im von der Beigeladenen gemieteten Kellerraum
auch nicht den wasserrechtlichen Anforderungen, deren Einhaltung bei einer Nutzung baulicher Anlagen
ebenfalls sicherzustellen ist. So verstößt die gleichzeitige Nutzung des Kellerraums als Heizöllager und
als Abstellraum zunächst gegen die Pflichten aus §§ 13 Abs. 2 und 5 Abs. 1 Nr. 1 der
Feuerungsverordnung vom 27. Februar 1997 (FeuVO). Insoweit dient die Anordnung Nr. 1 der
angefochtenen Verfügung der Einhaltung der Rechtspflichten aus der Feuerungsverordnung, die die
Anforderungen des § 39 Abs. 6 LBauO, Brennstoffe für Feuerungsanlagen nur so zu lagern, dass von
hiervon keine Feuergefahren ausgehen, konkretisieren. Gleiches gilt, soweit die Herstellung einer dicht-
und selbstschließenden Kellertür aufgegeben wurde. Die Auflage Nr. 4.2., bei einem Lagervolumen von
über 5.000 l Heizöl die Behälter nur in einem eigenen Lagerraum aufzustellen, der nicht anderweitig
genutzt werden dürfe, entspricht den Pflichten des § 12 Abs. 1 FeuVO.
Die übrigen Anordnungen beziehen sich auf Verstöße gegen wasserrechtliche Anforderungen an
Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, zu denen Heizöl gehört. Die einzuhaltenden
Pflichten, denen die festgestellte Lagerung hier nicht entspricht, ergeben sich aus §§ 62 und 63
Wasserhaushaltsgesetz – WHG – und der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über Anlagen zum
Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe – VAwS – vom 1. Februar 1996 (GVBl.
1996, 121). Die Pflicht, nur solche Anlagen und Anlagenteile zur Lagerung von Heizöl zu verwenden, die
gemäß § 62 WHG zugelassen sind, folgt aus §§ 62 und 63 WHG (Nr. 3). Die unter Nr. 2) angeordnete
Pflicht, im Kellerraum Tanks nur so auf hierfür zugelassene Ständer zu stellen, dass auch der
Bodenbereich einsehbar ist, folgt aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VAwS. Auch die übrigen Anordnungen
konkretisieren letztlich Rechtspflichten, die sich aus § 13 Abs. 2 Nr. 1c VAwS und der Anlage 1 zur VAwS
(vgl. Nr. 5) bzw. aus § 3 Nr. 6 VAwS (Nr. 3.2) sowie aus § 20 Abs. 1 VAwS (Nr. 6 der Verfügung) ergeben.
Die Pflicht nach Nr. 7), die Anlagen nur durch zugelassene Fachbetriebe einbauen, aufstellen, in Stand
halten bzw. setzen und reinigen zu lassen, folgt aus §§ 1 Abs. 1 und 3 Abs. 1 der Verordnung über
Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen vom 31. März 2010 (BGBl. I, S. 377).
Dass insoweit die bestehende Heizöllagerung im Kellerraum der Beigeladenen innerhalb des Anwesens
der Antragstellerin der Feuerungsverordnung und den wasserrechtlichen Anforderungen nicht genügt,
ergibt sich auch aus dem Vermerk der Wasserwirtschaftsbehörde der SGD Süd vom 15. Januar 2010 zu
den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Heizöllagerung, die die Antragsgegnerin im Wesentlichen
übernommen hat (Bl. 22 VA). Die insoweit rechtswidrige Heizöllagerung in dem Keller wird von der
Antragstellerin auch nicht bestritten.
Für die Einhaltung der genannten Vorschriften sind nach § 54 Abs. 2 LBauO sowohl die Antragstellerin als
Eigentümerin des Anwesens als auch die Beigeladene als Mieterin und Inhaberin der tatsächlichen
Gewalt über den Kellerraum verantwortlich. Ohne Erfolg bestreitet die Antragstellerin ihre
Verantwortlichkeit mit der Behauptung, die von der Verfügung betroffenen Heizöltanks stünden nicht in
ihrem Eigentum, sondern gehörten der Beigeladenen, der es als Mieterin ihrer Schlichtwohnung
überlassen sei, eine Beheizung nach eigenem Ermessen einzurichten. Dieser Auffassung der
Antragstellerin kann die Kammer nicht folgen, da die streitgegenständliche Verfügung nicht an die beiden
Heizöltanks anknüpft, sondern an die rechtswidrige Nutzung des Kellerraums als Heizöllagerstätte. Dies
ergibt sich schon aus dem Wortlaut der angefochtenen Verfügung, wonach nur für den Fall, dass in dem
Kellerraum weiterhin Heizöl gelagert werde, die angeordneten Auflagen umzusetzen sein. Damit gibt die
Antragsgegnerin zu erkennen, dass sie gegen die ungenehmigte und rechtswidrige Nutzung des
Kellerraums zu Zwecken der Heizöllagerung einschreitet. So betreffen die Auflagen die bauliche
Gestaltung dieses Kellerraums (vgl. insbesondere Nr. 1, 2 und 5) und seine Nutzung. Für die Einhaltung
der baurechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Nutzung eines Kellerraums
als Brennstofflagerraum ist aber auch die Antragstellerin als Eigentümerin des gesamten Anwesens
baurechtlich nach § 54 Abs. 2 Satz 1 LBauO verantwortlich.
Soweit sich die Antragstellerin hiergegen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 26. Januar
1999 – 3 K 581/98.MZ – beruft, geht ihr Einwand fehl. Gegenstand dieser Entscheidung war die
Verantwortlichkeit eines Eigentümers einer Weide für einen von einem Pächter aufgestellten Weidezaun.
Nach der dort vertretenen Auffassung, war dieser Weidezaun nicht in das Eigentum des Verpächters
übergegangen und damit auch dessen baurechtliche Verantwortlichkeit nicht gegeben. Da aber
vorliegend Anknüpfungspunkt der streitgegenständlichen Verfügung gerade nicht die Heizöltanks selbst,
sondern die Nutzung des Kellerraums ist, der im Eigentum der Antragstellerin steht, betrifft die zitierte
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz eine andere Fallkonstellation.
Die Verfügung lässt Ermessensfehler nicht erkennen.
Die Antragsgegnerin hat zunächst die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei Ausübung
des Ermessens beachtet. Insbesondere sind die angeordneten Maßnahmen zur Herstellung rechtmäßiger
Zustände erforderlich. Statt der getroffenen Auflagen wäre hier allein eine Untersagung der Nutzung des
Kellerraums als Heizöllager nach § 81 S. 1 LBauO in Betracht zu ziehen, die aber weitergehend in die
Rechte der Antragstellerin eingreifen würde und deswegen auch nicht verhältnismäßig wäre, weil die
Auflagen eine ordnungsgemäße Nutzung des Kellers als Heizöllagerstätte ermöglichen (vgl. § 81 S. 1
2.Hs LBauO).
Die Verfügung eröffnet aber auch der Antragstellerin die u.U. für sie vorzuziehende Handlungsalternative,
statt der Durchführung der angeordneten Maßnahmen die Nutzung des Kellerraums als Heizöllagerstätte
– gegebenenfalls im Einvernehmen mit der Beigeladenen als Mieterin – ganz aufzugeben, da die
Auflagen nur für den Fall, dass weiterhin eine solche Lagerung erfolgen soll, getroffen wurde.
Die der Antragstellerin gesetzte Frist von drei Monaten für die Erfüllung der Anforderungen ist ausreichend
bemessen.
Auch die Auswahl der Antragstellerin als Adressatin der Verfügung begegnet keinen durchgreifenden
rechtlichen Bedenken. Kann eine Behörde gegen mehrere Verantwortliche vorgehen, so hat sie nach
pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welchen der in Betracht kommenden Störer sie in Anspruch
nimmt (VGH Hessen, BRS 40 Nr. 229; Beschluss der Kammer vom 23. Juli 2004 – 4 L 1673/04.NW –
juris).
Die Antragsgegnerin hat ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. So hat sie zur Begründung ihres Ermessens
ausgeführt, dass sich eine Störerauswahl im Einzelfall am Grundsatz der Effektivität orientieren müsse.
Dabei sei zwar allgemein der Handlungsstörer (Mieter) vor dem Zustandsstörer (Eigentümer) in Anspruch
zu nehmen. Ein Einschreiten gegen den Eigentümer sei aber dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn
unsicher sei, ob und in welchem Umfang eine Haftung des Handlungsstörers in Betracht komme oder der
Handlungsstörer zahlungsunfähig sei. Des Weiteren sei auch eine Inanspruchnahme der Antragstellerin
als Eigentümerin nach § 54 LBauO zulässig, weil eine dauerhafte Sicherstellung der Einhaltung
baurechtlicher und sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften nicht durch die Inanspruchnahme der
Beigeladenen als Mieterin effektiv sichergestellt werden könne, sondern nur durch die Antragstellerin. Des
Weiteren ging die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung davon aus, dass angeordnete bauliche
Änderungen an dem Kellerraum, wie der Einbau einer dicht- und selbstschließenden Tür oder die
Herstellung von Auffangwannen oder eines Auffangraums, Maßnahmen sein, die die Beigeladene als
Mieterin gar nicht ergreifen dürfe, sondern die allein von der Antragstellerin als Eigentümerin durchgeführt
werden könnten.
Diese Ermessenserwägungen erweisen sich als tragfähig. So hat die Antragsgegnerin zutreffend darauf
abgestellt, dass für die Auswahlentscheidung maßgeblich auf den Gesichtspunkt einer effektiven,
dauerhaften Gefahrenabwehr abzustellen ist (OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 2010, 755, sowie
Beschluss 5. November 2008 – 8 B 11031/08.OVG –; OVG Hamburg, NVwZ- RR 2006, 169). Ebenso
erweist es sich als zutreffend, dass eine solche Gefahrenabwehr hier nur durch die Antragstellerin
dauerhaft sichergestellt ist.
Zwar ist die Inanspruchnahme der Antragstellerin als Vermieterin wegen einer baurechtswidrigen
Fremdnutzung nicht deswegen schon zulässig, weil die dauerhafte Sicherstellung von baurechtsmäßigen
Zuständen durch eine Inanspruchnahme des Mieters wegen eines typischerweise nur kurzfristig
bestehenden Mietverhältnisses ausgeschlossen ist. Mit den in der oben zitierten Rechtsprechung (s.o.)
behandelten Fällen einer zu Prostitutionszwecken von wechselnden Mietern genutzten Wohnung ist der
vorliegende Fall nicht vergleichbar, da das 2003 zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen
eingegangene Mietverhältnis unbefristet ist.
Soweit aber in diesen Entscheidungen jeweils eine Nutzungsuntersagung gegenüber einem Vermieter
unter dem Gesichtspunkt des häufigen Mieterwechsels als zulässig erachtet wurde, führt dies nicht dazu,
dass wegen des vorliegenden Dauermietverhältnisses die vorrangige Inanspruchnahme der
Beigeladenen als Mieterin geboten ist. So geht die Antragsgegnerin zu Recht davon aus, dass bauliche
Maßnahmen an dem Kellerraum - wie der Einbau einer dicht- und selbstschließenden Tür - einer Mieterin
rechtlich gar nicht möglich sind. Im Übrigen muss bezweifelt werden, dass die Beigeladene finanziell in
der Lage ist, die rechtlichen Anforderungen an eine Heizöllagerung in dem Kellerraum sicherzustellen.
Eine Inanspruchnahme der Beigeladenen vermag daher dauerhaft nicht eine ordnungsgemäße
Heizöllagerung sicherzustellen.
Ihrer Inanspruchnahme kann die Antragstellerin auch nicht einen gefahrenabwehrrechtlichen Grundsatz,
dass vordringlich Handlungsstörer vor Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen seien, entgegenhalten.
Denn auch sie hat durch ihr Verhalten die baurechtswidrigen Zustände im Kellerraum der Beigeladenen
maßgeblich mit verursacht. So gestaltete sie das Mietverhältnis über die so genannte Schlichtwohnung so
aus, dass sie es dem freien Ermessen ihrer Mieterin überließ, wie die Wohnung beheizt wird. Sie selbst
stellt weder eine Zentral- noch eine sonstige Heizungsgelegenheit in der Wohnung zur Verfügung. Damit
nahm sie gerade billigend in Kauf, dass auch ein Ölofen von der Beigeladenen in der Wohnung
aufgestellt wird, der naturgemäß einen entsprechenden Brennstofflagerbedarf nach sich zieht. Als
Lagerstätte drängt sich aber dann der zur Wohnung gehörende Kellerraum geradezu auf. Damit eröffnet
die Antragstellerin selbst durch die Gestaltung des Mietverhältnisses über diese Schlichtwohnungen
nachvollziehbar eine Gefahrenquelle im Hinblick auf die Einhaltung einschlägiger Brandschutz- und
Umweltschutzvorschriften nach der Feuerungsverordnung bzw. dem Wasserrecht, weil dieser Kellerraum
deren Voraussetzungen nicht erfüllt. Dieses den Gefahrenzustand mit verursachende Verhalten gebietet
daher gerade nicht, dass die Beigeladene als Nutzerin der Heizöltanks vorrangig in Anspruch zu nehmen
ist.
Ebenso vermag die Antragstellerin nicht mit dem Einwand durchzudringen, dass ihr ein Zugriff auf den
vermieteten Kellerraum rechtlich nicht möglich sei, weil die Beigeladene sie insoweit von einem Zutritt
ausschließen könne. Mit inzwischen bestandskräftig gewordener Verfügung vom 11. November 2010
verpflichtete die Antragsgegnerin die Beigeladene nämlich sofort vollziehbar, die gegenüber der
Antragstellerin angeordneten Maßnahmen zu dulden, sodass insoweit kein Hindernis besteht.
Schließlich erscheint es der beschließenden Kammer auch unverhältnismäßig, die Beigeladene in
Anspruch zu nehmen, weil die Antragstellerin letztlich dauerhaften Nutzen aus der Durchführung der
Maßnahmen auch über die Beendigung des Mietverhältnisses hinaus ziehen kann. Sie hätte dann durch
die Leistung ihrer Mieterin einen Kellerraum erlangt, der ihr erlaubt, weiterhin ihre Mietverhältnisse so zu
gestalten, dass es dem Ermessen der Mieter überlassen bleibt, wie eine Beheizung ihrer angemieteten
Wohnung herzustellen ist. Solche auch über die Beendigung des Mietverhältnisses hinaus wirkenden
Investitionen zur Herstellung eines geeigneten Lagerraums im Keller sind daher sachgerechter Weise der
Antragstellerin aufzubürden.
Da aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen, gerade auch im Hinblick auf den Ölschadensfall
vom 31. Dezember 2009, eine naheliegende dringende Gefahr eines neuerlichen Unfalls mit erheblichen
Schadenspotenzial für Umwelt und oder für die Feuersicherheit besteht, kann mit der Vollziehung der
Verfügung nicht bis zum Abschluss eines Rechtsmittelverfahrens zugewartet werden.
Die von Gesetzes wegen bereits bestehende Vollziehbarkeit der Zwangsgeldandrohung war ebenfalls
nicht auszusetzen. Durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der den Voraussetzungen der §§ 64, 66
LVwVG genügenden Androhung bestehen nicht. Das gilt auch, soweit die Verhängung eines
Zwangsgeldes von 1000,- € einheitlich für den Fall angeordnet wurde, dass die Verpflichtungen nach Nr.
1 bis 7 der Verfügung nicht vollständig oder nicht fristgemäß erfüllt werden. Diese Androhung genügt den
Anforderungen des Bestimmtheitsgebots nach § 37 Abs. 1 VwVfG, da erkennbar ist, dass auch bei
teilweiser Nichtbefolgung einzelner wie mehrerer Auflagen nach Nr. 1 bis 7 das Zwangsgeld verwirkt ist,
da diese Einzelpflichten nur die insgesamt erforderliche Maßnahme zur Herstellung eines
ordnungsgemäßen Heizöllagers im Keller konkretisieren (vgl. VG Aachen, Urteil vom 1. Oktober 2008 - 6
K 1456/08).
Die Kammer hält es nicht zuletzt auch angesichts der im Vergleich zum gebotenen Investitionsaufwand
geringen Höhe des Zwangsgeldes für verhältnismäßig, wenn für die Befolgung einer Mehrzahl von
einzelnen Handlungspflichten eine nach den einzelnen Anordnungen differenzierende
Zwangsgeldandrohung hier unterblieb (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.Juni 2007 – 8 E
10466/08.OVG – ). So vermag doch nur die vollständige Durchführung aller aufgegebenen Maßnahmen
den Zweck der Abwehr von Gefahren durch Lagerung von Heizöl im derzeit ungeeigneten Keller zu
erfüllen. An der Erfüllung nur einzelner Pflichten nach Nr. 1 bis 7 des Bescheids besteht demgegenüber
gar kein Interesse, sodass der Nichterfüllung nur einer oder mehrerer Anordnungen kein
unterschiedliches Gewicht zuzumessen ist.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO abzulehnen. Es entspricht
Billigkeitserwägungen, der Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst aufzubürden, da sie einen
eigenen Prozessantrag nicht gestellt hat und insoweit auch kein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO
übernommen hat.
Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich die beschließende Kammer auf der Grundlage der §§ 52 Abs.
1, 53 Abs. 2 GKG am wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin daran, die angeordneten Maßnahmen
nicht durchführen zu müssen, orientiert. Dies ergibt sich aus den Kosten für die Durchführung der
angeordneten Maßnahmen in geschätzter Höhe von 5.000,-- €. Im Rahmen des einstweiligen
Rechtsschutzes nimmt die beschließende Kammer in ständiger Rechtsprechung eine hälftige
Reduzierung des Hauptsachestreitwerts vor.
Rechtsmittelbelehrung …
Kintz
Bender
Jahn-Riehl