Urteil des VG Minden vom 26.01.2011

VG Minden (apotheke, durchführung, apotheker, bevölkerung, gebrauch, oldenburg, raum, ausbildung, hauptsache, verwaltungsgericht)

Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1647/10
Datum:
26.01.2011
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 1647/10
Tenor:
Das Verfahren wird im Umfange der übereinstimmend erklärten
Hauptsacheerledigung eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Die Klägerin betreibt aufgrund der Erlaubnis des Oberbürgermeisters der Stadt C. vom
30.10.2008 die "Q. Apotheke" in H. , L3.----straße , als sog. Filialapotheke.
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Im Zuge einer Besichtigung der Apotheke am 10.03.2010 stellte der Oberbürgermeister
der Stadt C. fest, dass die Klägerin einen in den amtlich genehmigten Plänen als
Büroraum eingezeichneten, im Obergeschoss der Apotheke gelegenen Raum zur
Durchführung von Kosmetikbehandlungen wie Peeling, Entspannungsmassage,
Brauenkorrektur und Maniküre nutzte. Eine Änderungsanzeige im Sinne des § 4 Abs. 6
ApBetrO war insoweit nicht erfolgt. Der betreffende Raum ist nur über die sonstigen
Betriebsräume (Flur) der Apotheke erreichbar. Das Obergeschoss verfügt allerdings
sowohl über eine Innen- wie eine Außentreppe.
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Mit Bescheid vom 02.06.2010 gab der Beklagte der Klägerin u.a. auf, die
Veränderungen gegenüber den behördlich zugelassenen Betriebsräumen vollständig
zurückzubauen. Ein Apothekenleiter dürfe Kosmetikbehandlungen nur im Rahmen
eines anzeigepflichtigen Nebengewerbes (§ 2 Abs. 3 ApBetrO) in eigenständigen
Räumen (§ 4 Abs. 5 ApBetrO) betreiben. Weil der ehemalige Büroraum nur über
Betriebsräume der Apotheke erreichbar sei und über keinen eigenen Zugang verfüge,
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liege kein vollständig von den Apothekenbetriebsräumen abgetrenntes Gewerbe vor.
Dagegen hat die Klägerin am 01.07.2010 die vorliegende Klage erhoben.
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Mit in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage überreichten Bescheid vom
26.01.2011 hob der Beklagte den Bescheid vom 02.06.2010 auf, soweit er
Streitgegenstand der vorliegenden Klage war und untersagte der Klägerin die
Durchführung von Kosmetikbehandlungen, Maniküren und Massagen in dem in den
amtlichen Plänen als Büroraum ausgewiesenen Raum. Soweit der Beklagte den
angefochtenen Bescheid aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der
Hauptsache als erledigt erklärt. Im Übrigen haben sie die eingetretene Klageänderung
als sachdienlich erachtet.
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Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, dass der Beklagte von falschen
rechtlichen Schlussfolgerungen ausgehe. Kosmetische Behandlungen seien in
Apotheken zulässig. Der Ordnungsgeber habe von seiner Ermächtigungsgrundlage in §
21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG keinen Gebrauch gemacht. So man dies überhaupt verlange,
bestehe mit Blick auf das beanstandete Angebot auch ein unmittelbarer
Apothekenbezug. Die Anwendung der Kosmetika, die auch verkauft werden dürften, sei
als Nebengeschäft erlaubt. Es handele sich insoweit eben nicht um ein Nebengewerbe.
Dass es sich um ein erlaubnisfreies Nebengeschäft bei der Anwendung von Kosmetik
handele, ergebe sich u.a. aus der alten Rechtsprechung zum Anlegen von
Kompressionsstrümpfen. Diese habe das Oberlandesgericht Oldenburg in einem Urteil
vom 22.11.2007 nochmals präzisiert. Danach bestimme § 25 ApBetrO ausschließlich
das apothekenübliche Warensortiment in einer Apotheke. Daneben finde sich weder im
ApoG noch in der ApBetrO eine einschränkende Regelung zu den apothekenüblichen
Nebengeschäften. § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG enthalte zwar eine Ermächtigungsgrundlage
zum Erlass einer Rechtsverordnung über die Nebengeschäfte, bislang sei von dieser
Ermächtigung jedoch kein Gebrauch gemacht worden. Nebengeschäfte, die nicht
verboten seien, seien mithin vor dem Hintergrund des Grundrechts der
Berufsausübungsfreiheit als erlaubt anzusehen. Es werde auch kein kommerzielles
Kosmetikstudio betrieben, vielmehr würden Kosmetikdienstleistungen als
Nebengeschäft angeboten. Die größte Veränderung des ehemaligen Büroraumes habe
darin bestanden, dass anstatt des Teppichbodens nunmehr ein abwaschbares Laminat
verlegt worden sei. Der Kosmetikbereich mache flächenmäßig nur 5,41 % der
genehmigten Betriebsfläche aus. Ziehe man die Fläche des Kosmetikbereichs von der
Gesamtfläche ab, verbleibe immer noch eine Betriebsfläche, die für den Betrieb der
Apotheke ausreichend groß sei. Gemessen am Gesamtumsatz habe sich der im
Kosmetikbereich erwirtschaftete Umsatz in den letzten Monaten im Bereich von unter 1
Promille bewegt. Der Kosmetikbereich werde ausschließlich durch eine
pharmazeutisch-technische Assistentin bedient, die gleichzeitig eine kosmetische
Ausbildung besitze. Zwischen dieser Assistentin und ihr sei eine Vereinbarung getroffen
worden, wonach die Assistentin nicht mehr als durchschnittlich fünf Stunden pro Woche
kosmetische Dienstleistungen anbiete. Der zeitliche Aufwand je Behandlung liege bei
ca. einer Stunde. Danach könne die umstrittene Tätigkeit nur als reines Nebengeschäft
gewertet werden. Auch eine Anzeigepflicht habe nicht bestanden. In der
Apothekenbetriebsordnung seien die Nebengeschäfte nicht geregelt. Ebenso wenig sei
dort eine Anzeigepflicht für Nebengeschäfte geregelt. Eine wesentliche Änderung
gemäß § 4 Abs. 5 ApoBetrO habe nicht vorgelegen. Kundinnen von
Kosmetikbehandlungen würden ausschließlich über die Außentreppe in das
Obergeschoss der Apotheke geführt und müssten zum Erreichen des
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Behandlungsraumes nur noch einen Flur passieren. Soweit sie dabei an Türen zu
Vorratsräumen und dem Labor vorbeizugehen hätten, könnten diese Türen
verschlossen gehalten werden. Im Übrigen würden die Kundinnen im Obergeschoss nie
unbeaufsichtigt gelassen.
Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 26.01.2011, soweit er die Untersagung von
Kosmetikbehandlungen betrifft, aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er führt aus, aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber von der Ermächtigungsgrundlage
in § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG keinen Gebrauch gemacht habe, könne nicht abgeleitet
werden, dass Nebengeschäfte uneingeschränkt zulässig seien. Auch wenn
Nebengeschäfte bisher vom Verordnungsgeber nicht abschließend geregelt worden
seien, stünden sie gleichwohl selbstredend unter der Prämisse des § 1 Abs. 1 ApoG.
Nach dieser Norm obliege den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene
Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung. Dieser Hauptaufgabe
seien das Nebensortiment und auch Nebengeschäfte unterzuordnen. Die Durchführung
von Kosmetikbehandlungen diene nicht der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung
der Bevölkerung, unterstütze diese nicht und sichere sie nicht ab.
Kosmetikbehandlungen stellten weder pharmazeutische Tätigkeiten dar noch gehörten
sie zu den typischen Aufgaben in einer Apotheke. Aufgrund seiner Ausbildung sei ein
Apotheker auch nicht besonders sachkundig im Bereich der Kosmetikbehandlungen. Es
könne mithin bei der Durchführung von Kosmetikbehandlungen kein apothekenübliches
Nebengeschäft im Sinne von § 25 ApBetrO angenommen werden. Das Betreiben eines
kommerziellen Kosmetikstudios mit einer entgeltlichen Kosmetikbehandlung sei kein
apothekenübliches Nebengeschäft und könne nur in der Form eines anzeigepflichtigen
Nebengewerbes außerhalb der Apothekenbetriebsräume betrieben werden. Werde in
einer Apotheke hingegen lediglich eine unentgeltliche probierende Anwendung
(Testung) des kosmetischen Mittels an dem Kunden im Rahmen einer Beratung
durchgeführt, so sei dagegen apothekenrechtlich nichts einzuwenden, wenn die
Testung im Kundenverkehrsbereich der Apotheke oder einem direkt an diesen
angebundenen, abgetrennten Bereich oder Raum erfolge. Diese Voraussetzungen
seien im Falle der Klägerin aber gerade nicht erfüllt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des
Beklagten.
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Entscheidungsgründe:
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache als erledigt erklärt haben, ist
das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO
einzustellen.
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Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
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Der nunmehr noch teilweise angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26.01.2011 ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin von daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
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Dem Beklagten obliegt gemäß § 69 AMG i. V. m. § 1 Abs. 1 MPG ZustV NRW als
Aufgabe der Gefahrenabwehr u.a. die Beseitigung von Verstößen gegen die
Verordnung über den Betrieb von Apotheken (ApoBetrO).
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Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG trifft er die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und
die zur Verhinderung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen.
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Vgl. zur Rechtsgrundlage OVG NRW, Urteil vom 19.08.2010
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- 13 A 182/10 -.
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Mit dem entgeltlichen Anbieten und der Durchführung von Kosmetikbehandlungen der
im Tatbestand dargestellten Art und im geschilderten Umfang in den genehmigten
Betriebsräumen ihrer Filialapotheke verstößt die Klägerin gegen die Regelung des § 4
Abs. 5 ApoBetrO in der - wegen des Charakters der Untersagungsverfügung als
Dauerverwaltungsakt - derzeit geltenden Fassung.
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Gemäß § 4 Abs. 5 ApoBetrO müssen die Betriebsräume der Apotheke von anderweitig
gewerblich oder freiberuflich genutzten Räumen sowie von öffentlichen Verkehrsflächen
und Ladenstraßen durch Wände und Türen abgetrennt sein. Diesem Gebot genügt die
Klägerin nicht. Sie nutzt ihre Betriebsräume, wobei die Kammer mangels Abgabe einer
sog. Veränderungsanzeige insoweit von den bisher amtlich genehmigten
Betriebsräumen auszugehen hat, "anderweitig gewerblich" im Sinne der vorgenannten
Regelung.
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Bei den von der Klägerin angebotenen Kosmetikbehandlungen handelt es sich weder
um eine unselbstständige Nebenleistung bei der Abgabe apothekenüblicher Waren
noch um ein zulässiges sog. Nebengeschäft.
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Gemäß § 2 Abs. 4 ApoBetrO darf der Apothekenleiter neben Arzneimitteln und
apothekenpflichtigen Medizinprodukten die in § 25 ApoBetrO genannten Waren - die
sog. apothekenüblichen Waren - nur in einem Umfang anbieten oder feilhalten, der den
ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des
Arzneimittelversorgungsauftrages nicht beeinträchtigt. Die hier umstrittenen
Kosmetikbehandlungen stellen sich in ihrer konkret beworbenen Ausgestaltung nicht als
unselbstständige Nebenleistung bei der Abgabe von apothekenüblichen Waren dar.
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Vgl. den insoweit anders zu beurteilende Fall des Anpassens von
Kompressionsstrümpfen, BGH, Urteil vom 21.09.2000 - I ZR 216/98 -, NJW 2001, 3411 f.
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Dabei geht die Kammer davon aus, dass es sich bei den von der Klägerin im Rahmen
der Kosmetikbehandlungen eingesetzten Produkten um solche im Sinne des § 25 Nr. 2
ApoBetrO handelt.
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Vgl. dazu auch VG Münster, Urteil vom 06.06.2006 - 6 K 33/06 -.
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Ausweislich ihres im Verwaltungsvorgang dokumentierten Internetauftritts bewirbt die
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Klägerin ihren "Kosmetikbereich" im Sinne eines vollständigen Kosmetikstudios mit
umfänglichen und vielfältigen Leistungspaketen, die im Einzelfall sogar einen Zeitraum
von ca. 150 Minuten in Anspruch nehmen und für die ein Entgelt von bis zu 128 EUR zu
entrichten ist. Als Dienstleistungen mit eigenständigem Wert gehen die angebotenen
Kosmetikbehandlungen damit über das in § 25 ApoBetrO erlaubte Anbieten und
Feilhalten von apothekenüblichen Waren weit hinaus. Von daher ist ihre Erbringung
innerhalb der Betriebsräume einer Apotheke nicht schon aus einem notwendigen
Zusammenspiel der §§ 25, 2 Abs. 4 ApoBetrO als erlaubt anzusehen.
Bei den von der Klägerin angebotenen Kosmetikbehandlungen handelt es sich auch
nicht um ein innerhalb der Apothekenbetriebsräume erlaubtes sog. Nebengeschäft.
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§ 25 ApoBetrO besagt über die Erbringung/Zulässigkeit selbstständiger
Dienstleistungen - von Nebengeschäften - durch den Apothekenleiter nichts.
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Vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 22.11.2007 - 1 U 49/07 -, NJW-RR 2008, 290 f.
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Die Norm knüpft an die Begrifflichkeit der ihr zugrunde liegenden
Ermächtigungsgrundlage - § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG - an und definiert die
"apothekenüblichen Waren". § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG enthält daneben auch eine
Verordnungsermächtigung mit Blick auf die "Nebengeschäfte". Diese Begrifflichkeit
nimmt der Verordnungsgeber in § 25 ApoBetrO nicht auf. Solches aber wäre zu
erwarten gewesen, wenn der Verordnungsgeber in § 25 ApoBetrO auch die im - weiten -
Zusammenhang mit dem Anbieten und Feilhalten von apothekenüblichen Waren
stehenden selbstständigen Dienstleistungen in der Form der Nebengeschäfte stets als
erlaubt hätte ansehen wollen.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin kann aus dem Umstand, dass der Verordnungsgeber
von der in § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG enthaltenen Verordnungsermächtigung mit Blick auf
"Nebengeschäfte" jedenfalls ausdrücklich keinen Gebrauch gemacht hat, aber nicht
darauf geschlossen werden, dass damit gleichsam alle Nebengeschäfte für den
Apotheker/Apothekenleiter als erlaubt anzusehen sind; und dies selbst dann, wenn sie
keinen "Apothekenbezug" aufweisen.
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So wohl BGH, , Urteil vom 21.09.2000 - I ZR 216/98 -, a.a.O.; ebenso OLG Oldenburg,
Urteil vom 22.11.2007 - 1 U 49/07 -, a.a.O.
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Die Tätigkeit des Apothekers ist immer auch an seinem gesetzlich in § 1 Abs. 1 ApoG
normierten Auftrag zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung
der Bevölkerung zu messen. Diesen Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages des
Apothekenleiters stellt denn auch § 2 Abs. 4 ApoBetrO deutlich heraus.
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Vgl. zum herkömmlichen Leitbild des Apothekers in seiner Apotheke OVG NRW, Urteil
vom 19.08.2010 - 13 A 182/08 -.
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Dementsprechend soll § 4 Abs. 5 ApoBetrO unter anderem verhindern, dass die
Apothekerin/der Apotheker durch eine anderweitige gewerbliche oder freiberufliche
Nutzung seiner Betriebsräume in der Erfüllung seiner Hauptaufgabe, der
Arzneimittelversorgung der Bevölkerung beeinträchtigt wird.
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D.h., jedenfalls eine Geschäftsgestaltung, die befürchten lässt, dass sich die Apotheke
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weg vom vorrangigen Arzneimittelversorgungsauftrag und hin zum "Drugstore" oder wie
hier zum Kosmetikstudio entwickelt, ist mit den Vorgaben des ApoG und damit der
ApoBetrO nicht vereinbar.
So aber liegt es hier. Zwar macht der Bereich der Kosmetikbehandlungen nach den
Darlegungen der Klägerin im Schriftsatz vom 04.01.2011 gemessen an Umsatz,
Flächeninanspruchnahme und Personaleinsatz nur einen geringen Teil des
Apothekenbetriebs aus. Wie bereits ausgeführt bewirbt die Klägerin ihren
"Kosmetikbereich" aber im Sinne eines vollständigen Kosmetikstudios mit umfänglichen
und vielfältigen Dienstleistungspaketen. Des Weiteren wird die Klägerin nicht ernsthaft
behaupten wollen, Kundinnen und Kunden bei entsprechend gesteigerter Nachfrage
abzuweisen, wenn das für die im "Kosmetikbereich" eingesetzte Bedienstete
eingeplante wöchentliche Stundenkontingent von 5 Stunden bereits überschritten ist.
Dann aber löst sich das Geschäft der Klägerin noch weiter von dem einer Apotheke und
erhält einen weiteren Schwerpunkt neben dem vorrangigen Auftrag der Versorgung mit
Arzneimitteln. Eine Gefährdung der Arzneimittelversorgung ist zu befürchten.
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Vgl. den insoweit anders zu beurteilenden Fall des befristeten Verkaufs von
Weihnachtsartikeln, OLG Oldenburg, Urteil vom 22.11.2007 - 1 U 49/07 -, a.a.O.
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Zudem weisen die von der Klägerin angebotenen und vom Beklagten beanstandeten
Dienstleistungen nur einen geringen "Apothekenbezug" auf. Dieser lässt sich allenfalls
über die verwendeten Produkte herstellen. Für die Erbringung der
Kosmetikbehandlungen selbst benötigt man eine fachliche Ausbildung, die eine
Apothekerin/ein Apotheker nicht bereits per se besitzt.
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Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Landesberufsgerichts für Heilberufe
in Karlsruhe,
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vgl. Urteil vom 04.03.2002 - LBG 1/01 -,
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führt zu keiner abweichenden Beurteilung, denn in dem dort zur Entscheidung
anstehenden Fall ging es lediglich um die innerhalb einer Apotheke ausgebrachte
Werbung für Dienstleistungen - Kosmetikbehandlungen -, welche ihrerseits außerhalb
der Apothekenbetriebsräume erbracht wurden.
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Ob daneben wie vom Beklagten im angefochtenen Bescheid vom 26.01.2011
ausgeführt auch ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 4 Abs. 1 ApoBetrO vorliegt,
mag dahinstehen. Allein zur Beseitigung des vorliegenden Verstoßes gegen § 4 Abs. 5
ApoBetrO ist die vom Beklagten ausgesprochene Untersagung geeignet und
erforderlich. Geeignet ist ein Mittel regelmäßig dann, wenn mit seiner Hilfe der
gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Zur Verhinderung der anderweitigen
gewerblichen Nutzung von Betriebsräumen einer Apotheke ist die Untersagung
derartiger Nutzungen offensichtlich geeignet. Sie ist im konkreten Fall darüber hinaus
auch erforderlich. Andere, ebenso effektive mildere Mittel sind in Ansehung des
Umstandes, dass die Klägerin die umstrittenen Kosmetikbehandlungen weiterhin in den
Betriebsräumen ihrer Apotheke anbieten will, nicht erkennbar.
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Schließlich ist die ausgesprochene Untersagung auch in Ansehung des Grundrechts
der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG auf freie Berufsausübung als verhältnismäßig
anzusehen.
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Vgl. generell zum Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG nur OVG NRW, Urteil vom
19.08.2010 - 13 A 182/08 -.
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Das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der
Bevölkerung stellt einen hinreichenden Allgemeinwohlbelang dar. Dabei kommt hinzu,
dass der mit der Untersagung verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der
Klägerin nur gering ist, denn der Klägerin ist es unbenommen, in von den
Betriebsräumen ihrer Apotheke abgetrennten Räumlichkeiten die umstrittenen
Kosmetikbehandlungen anzubieten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es
entspricht der Billigkeit, hinsichtlich des in der Hauptsache erledigten Teils des
Rechtsstreits den Beklagten mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten, denn der
Beklagte hat mit der Aufhebung des Bescheides vom 02.06.2010 den Anlass für die
Erledigung des Rechtsstreits gesetzt und er wäre zum Zeitpunkt der Erledigung
voraussichtlich unterlegen gewesen.
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Die Anordnungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergehen gemäß § 167 VwGO i.
V. m. §§ 708 f. ZPO.
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