Urteil des VG Mainz vom 14.01.2010

VG Mainz: besuch, gleitzeit, beschränkung, mandat, nebentätigkeit, stadtrat, untätigkeitsklage, verwaltung, vertretung, amt

VG
Mainz
14.01.2010
1 K 765/09.MZ
Recht der Landesbeamten
Verwaltungsgericht Mainz <<<<>>>>
1 K 765/09.MZ
Urteil
wegen Sonderurlaubs, Untätigkeitsklage
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar
2010, an der teilgenommen haben Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Eckert
Richter am Verwaltungsgericht Dr. Reuscher
Richterin am Verwaltungsgericht Zehgruber-Merz
ehrenamtlicher Richter praktischer Betriebswirt Dick
ehrenamtlicher Richter Rentner Erdmann
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gutschreibung von Arbeitszeit wegen nicht gewährten bezahlten Sonderurlaubs
im Zusammenhang mit der Wahrnehmung eines öffentlichen Ehrenamts.
Der Kläger ist Mitglied des Stadtrats von I. für die Freie Bürgerliste I. - Liste K. -. Zugleich ist er Stellvertreter
im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt sowie Fraktionssprecher im Bau- und Planungsausschuss.
Für Tätigkeiten in diesem Zusammenhang stellte er seit dem Jahre 2006 verschiedene Anträge auf
Gewährung von Sonderurlaub unter Fortzahlung der Dienstbezüge nach § 20 Abs. 1 Nr. 4
Urlaubsverordnung - UrlVO -. Soweit aus den vorliegenden Verwaltungsakten ersichtlich, wurde etwa der
Hälfte der Anträge stattgegeben, wobei die Freistellung jeweils auf die Kernarbeitszeit beschränkt wurde.
Mit Schreiben vom 21. April 2009 beantragte der Kläger Sonderurlaub für die Teilnahme an einer
Informations- und Besichtigungsfahrt nach N. und H. an der B. am 5. und 6. Mai 2009. Die Einladung war
Informations- und Besichtigungsfahrt nach N. und H. an der B. am 5. und 6. Mai 2009. Die Einladung war
an die Fraktionssprecher des Bau- und Planungsausschuss gerichtet. Hierbei ging es im Rahmen des
Stadtmarketingproszesses um eine Vorstellung der Innenstadtentwicklung vor Ort, nachdem die
Stadtentwicklung von N. zuvor von Vertretern der Stadt N. in I. vorgestellt worden war. Aus der Einladung
des Bürgermeisters der Stadt I. vom 20. April 2009 ergibt sich, dass man mit der Fahrt einschlägige
Informationen und Erfahrungsberichte erhalten wolle, um ggf. Rückschlüsse auf I. Vorhaben ziehen zu
können.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom 27. April 2009 abgelehnt. Zur Begründung wurde unter Verweis auf
vergleichbare frühere ablehnende Entscheidungen ausgeführt, bei der Fahrt handele es sich ersichtlich
nicht um die unmittelbare Wahrnehmung des öffentlichen Ehrenamts des Klägers als Stadtrat
entsprechend § 18 a GemO i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 UrlVO. Der Besuch anderer Kommunen zum Zwecke
der Information und Besichtigung stehe im Sinne des Urlaubsrechts nur in mittelbarem Zusammenhang
mit dem Stadtratsmandat.
Der Kläger nahm daraufhin nicht an der Fahrt teil.
Mit Schreiben vom 6. Mai 2009 beantragte der Kläger die Gewährung von bezahltem Sonderurlaub für
eine Fraktionssitzung am 11. Mai 2009 von 08.00 bis 16.00 Uhr. Aus der vorgelegten Einladung ergibt
sich, dass Gegenstand der Sitzung die Vorbereitung einer Stadtratssitzung sowie die Vorbereitung der
Kommunalwahl sein sollte.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2009 wurde der Antrag abgelehnt, soweit die Sitzung die Wahlkampfvorbereitung
zum Gegenstand hat. Für die Fraktionssitzung zur Vorbereitung der Stadtratssitzung wurde bezahlter
Sonderurlaub für die hierzu erforderliche und vom Kläger nachzuweisende Kernarbeitszeit gewährt.
Insoweit legte der Kläger ein Schreiben seines Fraktionsvorsitzenden vor, wonach in der Zeit von 08.00
Uhr bis 15.00 Uhr die Stadtratssitzung beraten worden sei. Dies ergab eine bezahlte Freistellung des
Klägers von 4 Stunden (09.00 bis 12.00 Uhr, 14.00 bis 15.00 Uhr).
Gegen beide Ablehnungsbescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung stellte er die
gesetzlichen Grundlagen der für ein Ehrenamt geltenden Rechte und Pflichten dar. Es bestehe ein
Anspruch auf die für die Wahrnehmung des öffentlichen Ehrenamts benötigte Freizeit. Nach § 20 Abs. 1
Nr. 4 UrlVO sei die Freistellung unter Fortzahlung der Dienstbezüge für die Ausübung eines öffentlichen
Ehrenamts zwingend zu gewähren.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2009 mahnte der Kläger eine Entscheidung über die Widersprüche bis zum 5.
August 2009 an. Am 31. Juli 2009 teilte der zuständige Sachbearbeiter dem Kläger mit, dass wegen
Prioritäten zahlreicher anderer Angelegenheiten, auch des Klägers, eine Entscheidung über die
Widersprüche erst nach seinem Jahresurlaub ergehen könne.
Der Kläger hat am 10. August 2009 Untätigkeitsklage erhoben.
Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und trägt darüber hinaus vor: Eine
Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Tätigkeit im Zusammenhang mit der Ausübung
des Ehrenamtes sei nicht zulässig. Soweit der Beklagte eine solche Begriffsbestimmung der
Nebentätigkeitsverordnung entnehme, sei dies nicht auf die Urlaubsregelung übertragbar, da die
Nebentätigkeitsverordnung andere Sachverhalte regele und die Urlaubsverordnung eine solche
Unterscheidung nicht enthalte. Zur Wahrnehmung des Ehrenamts eines Stadtratsmitglieds gehörten
neben Rats- und Fraktionssitzungen auch alle sonstigen vom Gemeinderat gebilligten Tätigkeiten und
damit auch alle Veranstaltungen, die die Verwaltung auf Veranlassung des Gemeinderats durchführe. Es
gehe nicht an, dass er etwa für die jährlichen Treffen zum Erfahrungsaustausch mit den Gemeinderäten
aus den Partnerstädten Erholungsurlaub nehmen müsse, was nicht Zweck eines Erholungsurlaubs sei. Im
Übrigen nehme er den ganz überwiegenden Teil seiner Verpflichtungen während seiner Freitzeit wahr.
Die von ihm beantragten Freistellungen machten nicht einmal ein Viertel dieser Zeit aus und seien fast
vollständig abgelehnt worden. Auch regele § 18 a Abs. 1 GemO, dass die Ausübung eines Ehrenamtes
nicht behindert werden dürfe, was vorliegend durch die Handhabung des Beklagten jedoch der Fall sei.
Seine ehrenamtliche Tätigkeit sei nicht erwünscht und werde boykottiert. Die Freistellung sei schließlich
für die „notwendige freie Zeit“ zu gewähren, also für die Zeit, während der eine zeitlich festgelegte Arbeits-
und Dienstleistungspflicht zeitlich mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit zusammen treffe. Eine Beschränkung
der Freistellung auf die Kernarbeitszeiten sei damit nicht zulässig.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 08. Mai 2009 zu verpflichten, ihm eine
Arbeitszeitgutschrift von 4 Arbeitsstunden zu gewähren
und
festzustellen, dass die Ablehnung der Gewährung von Sonderurlaub für den 05. Mai 2009 und
06. Mai 2009 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 4 UrlVO für eine Freistellung unter Fortzahlung der
Dienstbezüge seien nicht gegeben gewesen, da die vorliegenden Einzelfälle (Wahlkampfvorbereitungen
der eigenen Partei/Informations- und Besuchsfahrt) nicht in umittelbarem Zusammenhang mit der
Mitgliedschaft des Klägers im Stadtrat stünden. Nach der Definition des § 2 Satz 2
Nebentätigkeitsverordnung liege die Wahnehmung eines öffentlichen Ehrenamts nur dann vor, wenn die
Tätigkeit zum unmittelbaren Aufgabenkreis des Ehrenamts gehöre, wozu etwa die Teilnahme an Rats-,
Ausschuss- und Fraktionssitzungen zähle. Es sei daher unerheblich, ob die Tätigkeit in einem weiteren
Zusammenhang mit dem kommunalen Mandat stehe, da nur mittelbare Tätigkeiten von der Vorschrift nicht
erfasst würden. Im Übrigen beziehe sich die bezahlte Freistellung nur auf die hierfür erforderliche freie
Zeit. Bei dem angewendeten Gleitzeitsystem mit Kernarbeitszeiten finde nach § 11 Abs. 1 Satz 1
Arbeitszeitverordnung bei einer Freistellung nach § 20 UrlVO nur eine Anrechnung auf die Kernarbeitszeit
statt. Dies ergebe sich daraus, dass während der Gleitzeit keine Dienstpflicht bestehe, weshalb davon
auch nicht befreit werden müsse. Im Hinblick auf die Ablehnung des Sonderurlaubs für die
Informations/Besuchsfahrt nach N. handele es sich nicht um die unmittelbare Wahrnehmung des
öffentlichen Ehrenamts als Stadtrat. Der Besuch anderer Kommunen zum Zwecke der bloßen allgemeinen
Information und Besichtigung stehe im Sinne des Urlaubsrechts nur in mittelbarem Zusammenhang mit
dem Mandat. Auch im Hinblick auf das Programm der Besichtigungsfahrt dränge sich ein unmittelbarer
und konkreter Zusammenhang mit den ureigenen Angelegenheiten der Kommune nicht auf. Die freie
Selbstverwaltung einer Kommune werde ersichtlich nicht dadurch beeinträchtigt, dass ein Ratsmitglied
dazu keine bezahlte Freistellung erhalten habe, wobei ebenfalls das Interesse an der Leistungsfähigkeit
der Verwaltung durch die Anwesenheit des Klägers im Dienst zu berücksichtigen sei. Auch im Hinblick auf
die Sitzung vom 11. Mai 2009 lägen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 4 UrlVO für den Zeitanteil
„Wahlkampfvorbereitung Liste K.“ nicht vor. Vorbereitungen für den Kommunalwahlkampf der eigenen
Partei/Liste gehörten, wenn überhaupt, nicht zur unmittelbaren Wahrnehmung eines kommunalen
Mandats. Von einer Beeinträchtigung des Ehrenamts des Klägers könne keine Rede sein. Dieser habe für
alle Tätigkeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Mandat ohne weiteres eine bezahlte
Freistellung erhalten. Das öffentliche Ehrenamt könne seinem Wesen nach nicht in den Kategorien
Leistung und Gegenleistung betrachtet werden. Auch für einen Beamten, dem mit einer bezahlten
Freistellung in bestimmten Fällen bereits eine gewisse Priviligierung zu Teil werde, sei das öffentliche
Ehrenamt keine Fortsetzung seines Dienstes mit vollem Gehalt.
Wegen des Sach-und Streitstands im Übrigen wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die
beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist abzuweisen.
Der Antrag des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, ihm unter teilweiser Aufhebung des
Ablehnungsbescheids vom 8. Mai 2009 bezüglich der Fraktionssitzung vom 11. Mai 2009 zu verpflichten,
ihm eine Arbeitszeitgutschrift von vier Arbeitsstunden zu gewähren, ist zulässig, aber unbegründet.
Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung zunächst klargestellt, dass sich sein Begehren nur
darauf bezieht, ihm eine Arbeitszeitgutschrift, allerdings nur im Rahmen der Wahrnehmung des Teils
„Fraktionssitzung zur Vorbereitung der Stadtratssitzung am 11. Mai 2009“ von 8.00 Uhr bis 15.00 Uhr auch
für die in den betreffenden Zeitraum fallende Gleitzeit zu bewilligen, da die im Bescheid vom 8. Mai 2009
ausgesprochene Gewährung von Sonderurlaub nur auf die Kernarbeitszeiten beschränkt war.
Dieser Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine
Arbeitszeitgutschrift für die in die Gleitzeit fallenden Stunden der Fraktionssitzung. Die Frage, für welche
Arbeitszeiten Freistellungen bzw. Sonderurlaub zur Ausübung staatbürgerlicher Rechten und Pflichten,
hier im Rahmen eines öffentlichen Ehrenamts, gewährt werden, hat der Landesgesetzgeber für die
rheinland-pfälzischen Beamten in § 11 Arbeitszeitverordnung – ArbZVO – geregelt. Nach § 11 Abs. 1 Satz
ArbZVO wird bei Freistellungen nach § 20 Urlaubsverordnung – UrlVO –, um die es hier geht, bei
gleitender Arbeitszeit die in Anspruch genommene Kernzeit auf die Arbeitszeit angerechnet. Die
Voraussetzungen der hiervon abweichenden Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 ArbZVO sind nicht
gegeben. Danach muss insbesondere eine gesetzliche Verpflichtung zur Ausübung dieser
(ehrenamtlichen) Tätigkeit bestehen, was vorliegend nicht der Fall ist, was schon aus § 18 Abs. 1 GemO
folgt. Es verbleibt daher bei der Grundregel des § 11 Abs. 1 Satz 1 ArbZVO mit der Folge, dass nur die in
Anspruch genommene Kernzeit auf die Arbeitszeit angerechnet wird und damit der Kläger eine
weitergehende Anrechnung nicht beanspruchen kann. Angesichts der klaren und eindeutigen Regelung,
die der Gesetzgeber insoweit getroffen hat, bedarf dieses Ergebnis keiner weiteren Erörterung mehr.
Der weiterhin vom Kläger gestellte Antrag auf Feststellung, dass die Ablehnung der Gewährung von
Sonderurlaub für den 5. und 6. Mai 2009 rechtswidrig war, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in
analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, wobei das berechtigte Interesse an der
Feststellung darin zu sehen ist, das angesichts der anzunehmenden weiteren Sonderurlaubsanträge des
Klägers im Hinblick auf sein öffentliches Ehrenamt eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr
gegeben ist. Die Klage ist aber unbegründet, denn der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf
Gewährung von Sonderurlaub unter Weiterzahlung der Bezüge zu Recht abgelehnt.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 UrlVO ist dem Beamten zur Ausübung eines Amtes als Mitglied einer kommunalen
Vertretung für die Dauer der notwendigen Abwesenheit vom Dienst Urlaub unter Fortzahlung der Bezüge
zu gewähren. Dies hat der Beklagte mit der Begründung abgelehnt, eine derartige Freistellung habe nur
dann zu erfolgen, wenn die Tätigkeit zum unmittelbaren Aufgabenkreis des Ehrenamts gehöre, was im
konkreten Fall der in Frage stehenden Besuchsreise nach N. und H. an der B. am 5. und 6. Mai 2009 nicht
der Fall gewesen sei.
Insoweit ist zunächst davon auszugehen, dass ein Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub nach § 20 Abs. 1
Nr. 4 UrlVO für Tätigkeiten im öffentlichen Ehrenamt, hier im Rahmen des Stadtratsmandats, nur dann
besteht, wenn die fragliche Tätigkeit zum unmittelbaren Aufgabenkreis des Ehrenamts gehört. Ein
Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub besteht im Gegensatz zur Ansicht des Klägers mithin nicht im
Hinblick auf Tätigkeiten und Veranstaltungen, die lediglich in mittelbarem Zusammenhang mit dem
Ehrenamt stehen und nicht für jegliche Tätigkeiten, die aus Anlass des Ehrenamts wahrgenommen
werden. Diese Beschränkung, die sich der Vorschrift des § 20 UrlVO zwar nicht ausdrücklich entnehmen
lässt – insoweit findet sich nur die nicht näher definierte Formulierung 2notwendige Abwesenheit“ - ,
beschreibt jedoch grundsätzlich den Umfang, in dessen Rahmen das öffentliche Ehrenamt – hier eines
Mitglieds einer kommunalen Vertretung – von der Urlaubsregelung umfasst ist. Für diese Auslegung des
in § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 UrlVO verwendeten Begriffs „Ausübung eines Amts“ spricht insbesondere die
Regelung des § 2 Nebentätigkeitsverordnung – NebVO – i.V.m. § 72 Abs. 2 LBG betreffend die
öffentlichen Ehrenämter. § 2 NebVO benennt zunächst diejenigen öffentlichen Ehrenämter, zu denen
auch das Amt des Klägers zählt, deren Wahrnehmung nicht als Nebentätigkeit „gilt“ und damit den
Einschränkungen der Nebentätigkeitsverordnung, wie etwa der Genehmigungspflicht, nicht unterfällt,
obwohl sie rein tatsächlich eine Nebentätigkeit darstellen. Insoweit ist ersichtlich eine Priviligierung für die
Wahrnehmung eines öffentlichen Ehrenamts erfolgt, die jedoch nach § 2 Satz 2 NebVO nur soweit reicht,
als „die Tätigkeit zum unmittelbaren Aufgabenkreis des Ehrenamts“ gehört. Diese gesetzliche Wertung,
dass nämlich die Besserstellung der Nebentätigkeit bei Wahrnehmung eines öffentlichen Ehrenamts ihre
Grenze in dem unmittelbaren Aufgabenkreis des Ehrenamts findet, ist aber ohne weiteres auch auf § 20
UrlVO zu übertragen. Denn beide Vorschriften bezwecken eine Priviligierung der Beamten im Falle der
Ausübung eines öffentlichen Ehrenamts. Es würde aber einen sachlich nicht gerechtfertigten
Wertungswiderspruch darstellen, wenn einerseits die Besserstellung der Wahrnehmung des öffentlichen
Ehrenamts im Rahmen der Nebentätigkeitsverordnung nur auf dessen unmittelbaren Aufgabenkreis
beschränkt wird, die vergleichbare Ausübung eines öffentlichen Ehrenamts in § 20 UrlVO einer solchen
Beschränkung aber nicht unterliegen würde.
Ausgehend von dem Grundsatz, dass ein Anspruch auf Sonderurlaub nach § 20 UrlVO im Hinblick auf die
Wahrnehmung eines öffentlichen Ehrenamts nur dann besteht, wenn die fragliche Tätigkeit zum
unmittelbaren Aufgabenkreis des Amts gehört, ist hieran jeder konkrete Einzelfall zu messen. Dies führt für
die vorliegend zu beurteilende Besuch- und Informationsfahrt zu dem Ergebnis, dass die Teilnahme
hieran nicht der unmittelbaren Wahrnehmung des Stadtratmandats, speziell eines Mitglieds des Bau- und
Planungsausschusses, zuzurechnen ist. Zwar richtet sich die vom Kläger vorgelegte Einladung des
Bürgermeisters vom 20. April 2009 an die Fraktionssprecher des Bau- und Planungsausschusses und die
Theamtik der Reise ist im Bereich des Stadtmarketingprozesses anzusiedeln, so dass der Veranstaltung
ein gewisser Bezug zu Bau- und Planungsfragen nicht von vornherein abzusprechen ist. Aus der
vorgelegten Einladung ergibt sich aber kein konkreter Bezug zu irgendwelchen in I. anstehenden
Bauvorhaben und damit einer konkreten, projektbezogenen Tätigkeit des Bauausschusses. Die Reise
diente vielmehr, wie auch das Reiseprogramm aufzeigt, lediglich der allgemeinen Information zu Fragen
der Stadtentwicklung und deren Umsetzung am Beispiel der Stadt N. sowie der Information über das
Bauprojekt „Kongresszentrum mit Hotel“ in H. an der B.. Was dieses Vorhaben angeht, ergibt sich aus der
Einladung indessen auch nicht, ob ein derartiges Projekt für I. überhaupt ansteht. Dass der erwartete
Informationsertrag der Reise keinen konkreten Bezug zu im Bau- und Planungsausschuss zur
Entscheidung anstehenden Projekten aufweist, zeigt schließlich auch die Formulierung des
Bürgermeisters in der vorgelegten Einladung, die Reise diene dazu, ggf. Rückschlüsse auf I. Vorhaben
ziehen zu können. Diese Aussage ist viel zu allgemein, um einen konkreten Bezug zur anstehenden
Arbeit des Bau- und Planungsausschusses herzustellen. Aus all dem folgt, dass die in Frage stehende
Besuchs- und Informationsfahrt nicht dem unmittelbaren Aufgabenkreis des Bau- und
Planungsausschusses zuzurechen ist und deshalb hierfür Sonderurlaub nach § 20 UrlVO nicht zu
gewähren war.
Soweit der Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung weitere Erläuterungen abgab, ist dem bereits
entgegenzuhalten, dass es seine Sache als Antragsteller gewesen wäre, mögliche weitere Hintergründe
der Fahrt bereits bei Antragstellung darzustellen. Eine Verpflichtung des Dienstherrn, die einzelnen zur
Entscheidung gestellten Veranstaltungen jeweils weiter zu hinterfragen, besteht nicht, sofern insoweit
nicht ein konkreter Aufklärungsbedarf aus der Sicht des Dienstherrn offensichtlich ist. Ansonsten ist der
Dienstherr lediglich dazu verpflichtet, die jeweils vorgelegten Unterlagen sowie etwaige Erläuterungen
hierzu als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167
VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Beschluss
der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 14. Januar 2010
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).