Urteil des VG Karlsruhe vom 05.02.2016

anbau, aufschiebende wirkung, grundstück, dachgeschoss

VG Karlsruhe Beschluß vom 5.2.2016, 11 K 5180/15
Bauordnungsrecht: Beeinträchtigung nachbarrechtlicher Belange; Verletzung
von Abstandsflächenvorschriften wegen Anbau an Doppelhaus
Leitsätze
1. Die hinsichtlich der Rechtsfolge des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO (BauO BW 2010)
bestehende Einschränkung, dass bauliche Anlagen grundsätzlich nur entweder
grenzständig oder unter Einhaltung des vollen nach § 5 Abs. 7 LBO erforderlichen
Grenzabstands errichtet werden dürfen, gilt auch für solche baulichen Anlagen, die an
bestehende grenzständige Gebäude angebaut sind bzw. angebaut werden sollen.
2. Die Bebauung zweier Grundstücke mit einem Doppelhaus begründet in Bezug auf
Anbauten an ein solches Doppelhaus regelmäßig in dem Sinne eine rechtliche
Besonderheit, dass nachbarliche Belange im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO
nicht schon dadurch erheblich beeinträchtigt sind, dass der Anbau die nach § 5 Abs. 7
LBO gebotene Abstandsflächentiefe unterschreitet. Dies gilt allerdings nicht, wenn der
Anbau mit sehr geringem Grenzabstand errichtet wird, der es dem Nachbarn verwehrt,
am eigenen Haus einen grenzständigen Anbau zu errichten, weil sonst z. B. ein
"Schmutzwinkel" entstünde.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.
3. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines
Widerspruchs, welchen er gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung
erhoben hat.
2 Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks „... (Flst.Nr. 1949/1) in der
Gemeinde ... An dieses Grundstück grenzt in westlicher Richtung das Grundstück
„...“ (Flst.Nr. 1949/2) an, dessen Eigentümerin die Beigeladene ist. Beide
Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich der Gemarkung ..., welche dem
Geltungsbereich der Dachgaubensatzung der Gemeinde ... vom 25.07.2012
unterfällt.
3 Die benannten Grundstücke sind mit einem ‒ ursprünglich symmetrisch
konzipierten ‒ Doppelhaus bebaut, dessen Front in nördliche Richtung zeigt und
das über zwei Vollgeschosse sowie ein Dachgeschoss verfügt. Die Beigeladene
erweiterte ihre Doppelhaushälfte in der Vergangenheit allerdings um einen
winkelförmigen Anbau in nördliche und westliche Richtung, wobei der Anbau einen
Abstand von drei Metern zum Grundstück des Antragstellers wahrt. Im Zuge dieser
Anbaumaßnahmen wurde zudem der gesamte nördliche Teil der Doppelhaushälfte
der Beigeladenen erhöht, indem die Dachneigung verringert wurde.
4 Unter dem 17.07.2015 beantragte die Beigeladene beim Landratsamt Karlsruhe
die Genehmigung einer Dachgaube auf dem nördlichen Teil ihrer
Doppelhaushälfte. Ausweislich der Planungsunterlagen soll die Dachgaube im
Abstand von drei Metern zur Brandwand der beiden Doppelhaushälften bzw. zur
östlichen Grundstückgrenze errichtet werden und eine Breite von 3,5 m sowie eine
Höhe von 1,8 m aufweisen.
5 Mit Angrenzererklärung vom 17.08.2015 erhob der Antragsteller im Rahmen der
Nachbarbeteiligung Einwendungen gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen
und trug im Wesentlichen vor, dass das Bauvorhaben in drei Punkten gegen die
Dachgaubensatzung der Gemeinde ... verstoße. So weise das Dach im nördlichen
Teil der Doppelhaushälfte der Beigeladenen entgegen den nach § 4 Abs. 1.1 der
Dachgaubensatzung erforderlichen 28 Grad lediglich eine Dachneigung von 26
Grad auf. Die in den Planunterlagen angegebene Hauptdachneigung von 30 Grad
sei insoweit unzutreffend. Des Weiteren werde durch die Dachgaube ein nach § 4
Abs. 1.5 der Dachgaubensatzung unzulässiges drittes Vollgeschoss entstehen,
wodurch ihm als östlichen Doppelhausnachbar die Licht- und Luftzufuhr in
unzumutbarer Weise verloren ginge. Um diesen Umstand zu kaschieren, sei in den
Planungsunterlagen die „Ansicht Ost“ offensichtlich bewusst nicht dargestellt
worden. Drittens werde die Dachgaube direkt auf die Giebelwand des
Gebäudeanbaus aufgesetzt, was gegen die Abstandsvorschriften in § 4 Abs. 2.2
der Dachgaubensatzung verstoße. In der „Ansicht Nord“ sei die Dachgaube
insofern unzutreffend dargestellt, als der Eindruck erweckt würde, die Dachgaube
sitze so hoch im Hauptdach, dass der Abstand zur gemeinsamen Brandwand
maßgebend sei. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 5 der
Dachgaubensatzung seien in Bezug auf keinen der drei Punkte erfüllt. Schließlich
widerspreche das Bauvorhaben auch bauordnungsrechtlichen Vorschriften der
Landesbauordnung. So seien die Abstandsflächen nach § 5 LBO nicht
eingehalten, da mit Blick auf den um die geplante Dachgaube erweiterten Anbau
ein Abstand von 3,72 m zu seinem Grundstück einzuhalten sei, während lediglich
2,85 m eingehalten würden. Auch verunstalte das Bauvorhaben durch die erneute
Erhöhung der Doppelhaushälfte die Eigenart der näheren Umgebung, ohne
Rücksicht auf die optische Zusammengehörigkeit der beiden Doppelhaushälften
zu nehmen.
6 Unter Zurückweisung dieser Einwände erteilte das Landratsamt Karlsruhe mit
Bescheid vom 05.11.2015 die von der Beigeladenen beantragte
Baugenehmigung.
7 Gegen die Erteilung der Baugenehmigung erhob der Antragsteller mit Schreiben
vom 10.11.2015 ‒ zugegangen am 11.11.2015 ‒ Widerspruch, über den bislang
noch nicht entschieden wurde.
8 Mit Schriftsatz vom 16.11.2015 hat der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Zur Begründung ergänzt und
vertieft er seine im Rahmen der Nachbarbeteiligung vorgebrachten Einwände
dahingehend, dass die streitgegenständliche Dachgaube nicht nach § 5 Abs. 1 S.
2 Nr. 2 LBO ohne Abstandsflächen zulässig sei, da auch im Anwendungsbereich
dieser Norm Abstandsflächen nach Maßgabe des § 5 Abs. 2‒7 LBO einzuhalten
seien, wenn nicht grenzständig gebaut werde. Die Bauunterlagen seien sowohl
unvollständig als auch in Bezug auf Ausmaß und Lage der Dachgaube
widersprüchlich und könnten daher nicht zum Gegenstand einer Baugenehmigung
gemacht werden.
9 Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
10 die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 11.11.2015 gegen die
Baugenehmigung des Landratsamts Karlsruhe vom 05.11.2015 anzuordnen.
11 Der Antragsgegner beantragt,
12 den Antrag abzulehnen.
13 Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass die
Abstandsflächenvorschriften nach § 5 LBO durch den genehmigten Anbau nicht
verletzt würden, da infolge der Doppelhausbebauung nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
LBO an der Grenze gebaut werden dürfe. Unabhängig davon handele es sich bei
der Dachgaube um ein untergeordnetes Bauteil nach § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 LBO,
welches bei der Bemessung der Abstandsfläche außer Betracht bleibe. Nach
Überprüfung durch den zuständigen Kreisbaumeister sei die in der
Dachgaubensatzung vorgeschriebene Dachneigung eingehalten. Schließlich
seien auch brandschutzrechtliche sowie planungsrechtliche Vorgaben nicht
verletzt.
14 Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
15 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte des
Landratsamts Karlsruhe (ein Band) Bezug genommen.
II.
16 Der Antrag ist gemäß §§ 80a Abs. 3 S. 2, 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO i.V.m. § 212a
Abs. 1 BauGB statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der
Antragsteller analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, da es jedenfalls in Bezug
auf die Abstandsflächenvorschriften der §§ 5, 6 LBO nicht offensichtlich und
eindeutig nach jeder Betrachtungsweise unmöglich erscheint, dass der
Antragsteller in subjektiven Rechten verletzt ist.
17 In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg.
18 Mangels aufschiebender Wirkung des Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen
erteilte Baugenehmigung gemäß § 212a Abs. 1 BauGB i.V.m. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr.
3 VwGO kann das Gericht der Hauptsache nach § 80a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 80 Abs.
5 S. 1 Alt. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs aufgrund einer
eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das
Gericht eine Interessensabwägung vorzunehmen. Insoweit stehen sich das
Suspensivinteresse des Nachbarn an einer aufschiebenden Wirkung seines
Widerspruchs und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung trotz
eingelegten Rechtsmittels sofort Gebrauch machen zu können, grundsätzlich
gleichwertig gegenüber. Hieraus folgt, dass bei der Entscheidung über den Antrag
nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des
Nachbarrechtsbehelfs abzustellen ist. Dies gilt ungeachtet des durch die gesetzlich
angeordnete sofortige Vollziehbarkeit veränderten Ansatzes der gerichtlichen
Prüfung (vgl. hierzu und zum Folgenden BayVGH, Beschl. v. 21.12.2001 ‒ 15 ZS
01.2570 ‒ NVwZ-RR 2003, 9 ‒ juris, Rn. 30). Fällt die Erfolgsprognose danach
zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die
angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist
die Vollziehung der Baugenehmigung regelmäßig auszusetzen. Erscheint der
Nachbarrechtsbehelf dagegen als voraussichtlich aussichtslos, so ist der
Rechtsschutzantrag abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar,
hat eine reine Interessenabwägung stattzufinden. Dabei ist es für den Erfolg eines
Nachbarrechtsbehelfs anerkanntermaßen nicht ausreichend, wenn die
Baugenehmigung rechtswidrig ist. Vielmehr muss hinzukommen, dass sie gegen
Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz der Nachbarn und nicht allein
öffentlichen Interessen dienen (std. Rspr. seit BVerwGE 22, 129).
19 Gemessen hieran war der Eilantrag des Antragstellers abzulehnen. Denn soweit
der Antragsteller die Verletzung von Vorgaben der Dachgaubensatzung rügt und
darüber hinaus behauptet, die Bauunterlagen seien nach Maßgabe des § 53 LBO
i.V.m. den Vorgaben der Verordnung der Landesregierung und des
Innenministeriums über das baurechtliche Verfahren (LBOVVO) unvollständig und
widersprüchlich, hat der Antrag schon deshalb keinen Erfolg, weil diese
Vorschriften ausschließlich öffentlichen Interessen dienen und somit keine
subjektiven Rechte des Antragstellers begründen. Aber auch soweit der
Antragsteller eine Verletzung seinem Schutz dienender Vorschriften behauptet, ist
dies nicht geeignet, einen Erfolg seines Antrags zu begründen. Denn nach der im
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung
der Sach- und Rechtslage verstößt die Baugenehmigung des Landratsamts
Karlsruhe weder gegen die Abstandsflächenvorschriften der §§ 5, 6 LBO noch
gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
20 1) Keiner Entscheidung bedarf im vorliegenden Fall, ob die Baugenehmigung vom
05.11.2015 ‒ wie vom Antragsteller behauptet ‒ gegen § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1
Nr. 5 sowie gegen § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Dachgaubensatzung der Gemeinde ...
verstößt. Denn diese örtlichen Bauvorschriften dienen nicht dem Schutz
nachbarlicher Interessen, so dass der Antragsteller nicht befugt ist, ihre Einhaltung
einzufordern.
21 Ob örtliche Bauvorschriften darauf gerichtet sind, dem Schutz der Nachbarn zu
dienen, hängt vom Willen der Gemeinde als Planungsträger ab (vgl. BVerwG,
Beschl. v. 19.10.1995 ‒ 4 B 215.95 ‒ NVwZ 1996, 888 ‒ juris, Rn. 3). Der Wille
des Gemeinderats als Ortsgesetzgebers zu einer solchen drittschützenden
Zielrichtung muss sich jedoch mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Textteil oder
der Begründung der Satzung oder aus sonstigen verlautbarten
Absichtsbekundungen ergeben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v.
23.05.2011 ‒ 8 S 978/11 ‒ BauR 2011, 1540 ‒ juris, Rn. 4). Lässt die Satzung
eine derartige Zweckbestimmung nicht oder nicht hinreichend deutlich erkennen,
so kann von einer nachbarschützenden Wirkung nicht ausgegangen werden.
Allein günstige Auswirkungen der örtlichen Bauvorschriften in tatsächlicher
Hinsicht auf die Grundstücksnachbarn reichen zur Annahme einer
nachbarschützenden Wirkung im Rechtssinne noch nicht aus (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Beschl. v. 11.01.1995 ‒ 3 S 3096/94 ‒ BauR 1995, 512 ‒ juris, Rn.
3).
22 In Anwendung dieses Maßstabs lässt sich der Satzungsakte nicht entnehmen,
dass der Gemeinderat der Gemeinde ... mit der Dachgaubensatzung über
gestalterische Vorgaben hinaus auch den Schutz von Nachbarinteressen
beabsichtigt. Dies folgt nach Auffassung der Kammer bereits aus den allgemeinen
Zweckerwägungen des Ortsgesetzgebers, welche unter Ziffer 1 der Begründung
zur Dachgaubensatzung dokumentiert sind. Denn demnach sollen mit der
Dachgaubensatzung zum einen „die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen für
eine städtebaulich verträgliche Entwicklung bei Dachaufbauten, Dacheinschnitten
und Zwerchgiebeln geschaffen werden“, um eine „Fehlentwicklung mit negativer
Auswirkung auf das Ortsbild“ zu verhindern. Zum anderen verfolgt die Satzung das
Ziel, „das Verfahren für die Bauherrn [zu beschleunigen], indem die Regelungen für
den Großteil des Gemeindegebiets vereinheitlicht und für den unbeplanten
Innenbereich transparent gemacht werden“. Ausweislich Ziffer 2.2.2. soll mit der
Dachgaubensatzung in Gebieten, für die bis zum Satzungserlass noch keine
Regelungen bestanden, „ein einheitliches Ortsbild gewährleistet werden“.
23 Soweit sich der Antragsteller konkret auf die in § 4 Abs. 1 Nr. 1 der
Dachgaubensatzung geregelte Hauptdachneigung beruft, ist darüber hinaus
schon nicht ersichtlich, wie nachbarliche Interessen in Abhängigkeit von der
Neigung des Hauptdaches berührt sein könnten, da die ‒ allenfalls nachbarliche
Interessen berührende ‒ bauliche Ausgestaltung einer Dachgaube durch diese
Vorgabe nicht geregelt wird. Dementsprechend zielt die unter § 4 Abs. 1 Nr. 1
getroffene Regelung ausweislich der Satzungsbegründung auf das bloße
Erscheinungsbild einer Gaube im Abhängigkeit von der jeweiligen
Hauptdachneigung ab (Ziffer 2.3. Abs. 4 der Satzungsbegründung).
24 Hinsichtlich der vom Antragsteller ebenfalls gerügten Verletzung des § 4 Abs. 1 Nr.
5 der Dachgaubensatzung, dem zufolge kein unzulässiges Vollgeschoss
entstehen darf, enthält die Satzungsbegründung zwar keine vergleichbare
konkretisierende Zweckbestimmung. Abgesehen von den oben benannten
allgemeinen Zweckerwägungen des Ortsgesetzgebers dürfte es sich bei der in § 4
Abs. 1 Nr. 5 getroffenen Regelung aber ohnehin um eine rein deklaratorische
Klarstellung handeln. Denn die Dachgaubensatzung selbst enthält keine
Vorgaben, in welchem Umfang Vollgeschosse zulässig sind.
25 Entsprechendes gilt schließlich, soweit der Antragsteller seinen Antrag auf eine
Verletzung des in § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Dachgaubensatzung vorgegeben seitlichen
Mindestabstands von 1,5 m zu Giebel- respektive Brandschutzwänden stützt.
Denn der Satzungsbegründung lässt sich zwar neben dem öffentlichen Zweck,
„die Gliederung von Gebäuden gestalterisch sicherzustellen“, auch das Bestreben
des Ortsgesetzgebers entnehmen, „gesetzlichen Anforderungen gerecht zu
werden“ (Ziffer 2.3. Abs. 2 der Satzungsbegründung). Doch selbst wenn diesen,
nicht weiter spezifizierten gesetzlichen Anforderungen drittschützende Wirkung
zukommen sollte, könnte sich letztere allenfalls auf den Mindestabstand zu
Brandschutzwänden beziehen, da nur insoweit eine Beeinträchtigung
nachbarlicher Belange überhaupt in Betracht käme. Ein schutzwürdiges
nachbarliches Interesse, dass auch der Abstand zu Giebelwänden eingehalten
wird, ist demgegenüber nicht ersichtlich. Der von § 4 Abs. 2 Nr. 2 gefordert
Abstand von 1,5 m zur Brandschutzwand der beiden Doppelhaushälften ist
vorliegend indes unstreitig gewahrt.
26 2) Eine Verletzung den Antragsteller schützender Vorschriften kommt auch
insoweit nicht in Betracht, als dieser behauptet, die Planungsunterlagen seien
unvollständig und widersprüchlich. Zwar können die Regelungen über die
Anforderungen an Bauvorlagen gemäß § 53 LBO und der LBOVVO
ausnahmsweise nachbarschützende Wirkung entfalten (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Beschl. v. 12.02.2007 ‒ 5 S 2826/06 ‒ VBlBW 2007, 383 ‒ juris, Rn.
4). Eine solche Ausnahmekonstellation vermag die Kammer im vorliegenden Fall
aber nicht zu erkennen.
27 Keiner Klärung bedarf insoweit die Frage, ob von einer nachbarschützenden
Wirkung des § 53 LBO i.V.m. der LBOVVO bereits für den Fall auszugehen ist,
dass wegen der Unvollständigkeit der Bauvorlagen eine Verletzung von
nachbarschützenden Vorschriften durch die erteilte Baugenehmigung nicht geprüft
oder nicht zuverlässig ausgeschlossen werden kann (so VGH Baden-
Württemberg, Beschl. v. 09.08.2005 ‒ 3 S 1216/05 ‒ VBlBW 2005, 480 ‒ juris, Rn.
4 unter Hinweis auf OVG Berlin, Urt. v. 17.10.2003 ‒ 2 B 8.01 ‒ BauR 2004, 987 ‒
juris), oder ein solcher Verstoß gegen die in der LBOVVO geregelten
Anforderungen nur dann zum Erfolg einer Nachbarklage führen kann, wenn
aufgrund dessen die Baugenehmigung, etwa wegen fehlender Bestimmtheit, auch
materiell rechtswidrig wird und insofern Rechte des Nachbarn verletzt (so VGH
Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.02.2007 ‒ 5 S 2826/06 ‒ VBlBW 2007, 383 ‒
juris, Rn. 4 ebenfalls unter Verweis auf OVG Berlin, Urt. v. 17.10.2003 ‒ 2 B 8.01 ‒
BauR 2004, 987 ‒ juris). Denn nach Auffassung der Kammer kann bereits auf der
Grundlage der Bauvorlage zuverlässig beurteilt werden, ob durch die genehmigte
Dachgaube nachbarschützende Vorschriften verletzt werden.
28 Soweit der Antragsteller behauptet, infolge der fehlenden „Ansicht Ost“ gehe aus
der Bauvorlage nicht hervor, dass durch die Dachgaube die Licht- und Luftzufuhr
in seinem Haus- und Hofbereich unzumutbar beeinträchtigt werde, vermag die
Kammer keine wesentlichen zusätzlichen Erkenntnisse erkennen, welche mit einer
solchen Ansicht verbunden wären. Zwar enthält die Bauvorlage in Ermanglung
einer ‒ nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 LBOVVO grundsätzlich erforderlichen ‒ „Ansicht Ost“
keine eigene Bauskizze darüber, wie sich die Doppelhaushälfte der Beigeladenen
vom Grundstück des Antragstellers aus gesehen darstellt. In welchen Umfang der
Baukörper der Doppelhaushälfte infolge der Dachgaube zunähme, geht nach
Auffassung der Kammer aber bereits aus der „Ansicht West“ sowie der Ansicht
„Schnitt“ zuverlässig hervor. Der wesentliche Informationsmehrwert, den eine
„Ansicht Ost“ böte, bestünde allein darin, dass ein unmittelbarer Eindruck von der
unterschiedlichen Entwicklung der Baukörper der beiden Doppelhaushälften
vermittelt würde, welche mit dem von der Beigeladenen in der Vergangenheit
vorgenommenen Ausbau einherging. Abgesehen davon, dass letzterer nicht
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, besteht aber auch insoweit ohne
Weiteres die Möglichkeit, sich anhand der „Ansicht Nord“ sowie der „Ansicht West“
bzw. der Ansicht „Schnitt“ eine Vorstellung von den örtlichen Gegebenheiten zu
machen.
29 Soweit der Antragsteller mit Blick auf die Bauvorlage rügt, dass im „Grundriss
Dachgeschoss“ das Ausmaß der Dachgaube fehlerhaft sowie in der „Ansicht Nord“
und dem „Grundriss Dachgeschoss“ ihre Lage widersprüchlich dargestellt seien,
führen diese ‒ von der Kammer ebenfalls festgestellten ‒ Ungenauigkeiten
ebenso wenig zu einer ausnahmsweise drittschützenden Wirkung der Vorgaben
der LBOVVO. Denn es ist nicht ersichtlich, wie diese Fehler den Antragsteller in
seinen Interessen berühren könnten. So fällt mit Blick auf den „Grundriss
Dachgeschoss“, welcher Angaben über die Tiefe und Breite der
streitgegenständlichen Dachgaube enthält, zwar auf, dass die dort dargestellten
Maße hinter denen der „Ansicht Nord“ und der Ansicht „Schnitt“ zurückbleiben.
Diese Abweichung bewegt sich aber zum einen ‒ auf die realen Maße bezogen ‒
lediglich im unteren Zentimeterbereich. Zum anderen wird ‒ wie bereits dargelegt ‒
das Erscheinungsbild der Dachgaube und die mit dieser einhergehenden
Auswirkungen auf die Interessen des Antragstellers vor allem durch die „Ansicht
West“ und die Ansicht „Schnitt“ vermittelt, welche die für den Antragsteller
nachteiligeren Maße bereits beinhalten. Schließlich ist auch mit Blick auf die
widersprüchlich dargestellte Lage der Dachgaube nicht erkennbar, inwieweit durch
diesen Umstand Interessen des Antragstellers berührt sein könnten. Denn das
Erscheinungsbild einer Dachgaube dürfte jedenfalls dann kaum von ihrer
konkreten Lage abhängen, wenn sich die auf Grundlage der Bauvorlage in
Betracht kommenden Positionen ‒ wie im vorliegenden Fall ‒ nur unwesentlich
unterscheiden.
30 3) Die Baugenehmigung des Landratsamts verstößt auch nicht gegen die
Abstandflächenvorschriften der §§ 5, 6 LBO. Zwar hielte die Doppelhaushälfte der
Beigeladenen, soweit auf ihr die Dachgaube errichtet werden soll, die nach
Maßgabe des § 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen nicht ein. Insbesondere
sind im vorliegenden Fall weder gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO Abstandsflächen
entbehrlich noch bleibt die streitgegenständliche Dachgaube nach § 5 Abs. 6 S. 1
LBO bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht. Aus § 6 Abs. 3 S. 1
Nr. 2 LBO folgt aber, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen mit einer
geringeren Tiefe der Abstandsfläche zuzulassen ist.
31 a) Entgegen den Einlassungen des Antragsgegners sind im vorliegenden Fall
Abstandsflächen nicht nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO entbehrlich, da die
streitgegenständliche Dachgaube nach Auffassung der Kammer teilweise auf dem
nicht an der Grenze gebauten Anbau errichtet werden soll und in Bezug auf
letzteren die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO nicht erfüllt sind.
32 Die Kammer ist auf Grundlage der genehmigten Bauvorlage der Überzeugung,
dass die streitgegenständliche Dachgaube auch auf dem nicht grenzständigen
Anbau errichtet werden soll. Zwar vermitteln ‒ wie der Antragsteller zurecht rügt ‒
sowohl die „Ansicht Nord“ als auch der „Grundriss Dachgeschoss“ den Eindruck,
die Dachgaube solle ausschließlich auf dem ursprünglichen grenzständigen Teil
der Doppelhaushälfte errichtet werden. Für die erstgenannte Sichtweise spricht
aber neben den Darstellungen in der Ansicht „Schnitt“ vor allem die Lage der
Dachgaube in den Darstellungen des Abstandsflächenplans, ausweislich derer die
Dachgaube etwa einen Meter in den nicht grenzständigen Teil des Anbaus
hineinreicht. Da für die Darstellungen des Abstandsflächenplans eine präzise
Darstellung der Lage der Dachgaube erforderlich ist, während die „Ansicht Nord“
und der „Grundriss Dachgeschoss“ in erster Linie einen Eindruck von dem
Erscheinungsbild bzw. der Position der Dachgaube im Innenraum vermitteln sollen,
sieht die Kammer den Abstandsflächenplan als maßgeblich an.
33 In Bezug auf den nicht grenzständigen Anbau, welcher infolge der Erweiterung um
die streitgegenständliche Dachgaube mit einer größeren Wandhöhe in die
Abstandsflächenbemessung einzubeziehen ist, sind die Voraussetzungen des § 5
Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO nicht erfüllt. Ausweislich dieser Norm ist eine Abstandsfläche
zwar vor Außenwänden an Grundstücksgrenzen nicht erforderlich, wenn nach
planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden darf und öffentlich-
rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze
gebaut wird. Aus dem Wortlaut „an die Grenze“ folgt allerdings, dass bauliche
Anlagen grundsätzlich nur entweder grenzständig oder unter Einhaltung des vollen
nach § 5 Abs. 7 LBO erforderlichen Grenzabstands errichtet werden dürfen (vgl.
VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.04.2009 ‒ 3 S 569/09 ‒ DÖV 2009, 870 ‒
juris, Rn. 13 f.). Dies gilt auch für Anbauten an bestehende grenzständige
Gebäude, weil auch in diesen Fällen der Bauherr andernfalls seinen Anbau mit
sehr geringem Abstand zu einem bereits vorhandenen grenzständigen Gebäuden
errichten dürfte, wodurch sogenannte Schmutzwinkel entstehen könnten (vgl. VGH
Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.04.2009 ‒ 3 S 569/09 ‒ DÖV 2009, 870 ‒ juris,
Rn. 14). Gemessen daran fällt die Doppelhaushälfte der Beigeladenen, soweit
erstere in Gestalt des Anbaus nicht an der Grenze errichtet worden ist, nicht in den
Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO.
34 b) Der um die streitgegenständliche Dachgaube erweiterte Anbau hält die nach
Maßgabe des § 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen nicht ein. Denn die
Doppelhaushälfte soll im Bereich der Dachgaube eine Höhe von 9,3 m aufweisen,
so dass in diesem Bereich ausweislich § 5 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 LBO ein Grenzabstand
von 3,72 m einzuhalten wäre (9,3 m multipliziert mit 0,4). Auch wenn die Kammer
dem Vortrag des Antragstellers, das Bauvorhaben wahre lediglich einen
Grenzabstand von 2,85 m, nicht folgen kann und der genehmigten Bauvorlage
vielmehr einen Grenzabstand von ‒ senkrecht zur östlichen Wand der Dachgaube
gemessen ‒ drei Metern entnimmt, ist der erforderliche Abstand von 3,72 m auch
insoweit nicht gewahrt.
35 Entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners ist die streitgegenständliche
Dachgaube im Rahmen der Abstandsflächenbemessung auch nicht nach § 5 Abs.
6 S. 1 LBO außer Betracht zu lassen. Ausweislich dieser Norm bleiben bei der
Bemessung von Abstandsflächen zwar außer Betracht [1.] untergeordnete
Bauteile wie Gesimse, Dachvorsprünge, Eingangs- und Terrassenüberdachungen,
wenn sie nicht mehr als 1,5 m vor die Außenwand vortreten, [2.] Vorbauten wie
Wände, Erker, Balkone, Tür- und Fenstervorbauten, wenn sie nicht breiter als fünf
Meter sind, nicht mehr als 1,5 m vortreten und von Nachbargrenzen mindestens
zwei Meter entfernt bleiben. Eine Dachgaube stellt aber weder ein untergeordnetes
Bauteil im Sinne des § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 LBO noch einen Vorbau im Sinne des §
5 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 LBO dar. Mit Blick auf § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 LBO folgt dies bereits
aus dem Wortsinn der Tatbestandsvoraussetzung „Vorbau“, da ein Vorbau
typischerweise „vor“ und nicht ‒ wie im Fall einer Dachgaube ‒ „auf“ eine andere
bauliche Anlage errichtet wird. Aber auch in Bezug auf die von § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 1
LBO erfassten „untergeordneten Bauteile“ ist im Rahmen einer systematischen
Betrachtung davon auszugehen, dass der Gesetzgeber ausschließlich solche
Bauteile erfassen wollte, die über eine andere bauliche Anlage hinaus- und damit
in die Abstandsfläche der betreffenden baulichen Anlage hineinreichen. Denn zum
einen verlangt § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 LBO in Übereinstimmung mit der vorstehend
dargelegten systematischen Auslegung, dass untergeordnete Bauteile nicht mehr
als 1,5 m vor die Außenwand vortreten dürfen; diese Anforderung wäre in Bezug
auf Dachaufbauten per se gegenstandslos. Zum anderen hat die Berücksichtigung
von Dachaufbauten bei der Bestimmung erforderlicher Abstandsflächen eine
gesonderte Regelung in § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO erfahren.
36 c) Allerdings ist der um die streitgegenständliche Dachgaube erweiterte Anbau
nach § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO mit einer geringeren Abstandsflächentiefe
zuzulassen. Voraussetzung dafür ist, dass die Beleuchtung mit Tageslicht sowie
die Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des
Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich
beeinträchtigt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
37 aa) Nachbarliche Belange sind zwar im Sinne des § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO
regelmäßig bereits dann erheblich beeinträchtigt, wenn die nach § 5 Abs. 7 LBO
gebotene Abstandsflächentiefe unterschritten wird. Etwas anderes gilt aber für den
Fall, dass die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch
tatsächliche oder rechtliche Besonderheiten im Verhältnis zum Bauvorhaben
gekennzeichnet wird, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der
Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig
erscheinen lassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 06.04.2010 ‒ 8 S
1529/08 ‒ juris, Rn. 24). Eine solche rechtliche Sondersituation kann namentlich
dann vorliegen, wenn das Baugrundstück und das Nachbargrundstück ‒ wie im
vorliegenden Fall ‒ mit einem Doppelhaus bebaut sind. Bei dieser Art der
Bebauung verzichten die Bauherren zugunsten der erhöhten Nutzbarkeit ihrer
Grundstücke grundsätzlich auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen,
die dem Wohnfrieden dienen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.02.2000 ‒ 4 C 12.98 ‒ DVBl
2000, 1338 ‒ juris, Rn. 21). Dieser Verzicht mindert auch das Maß ihrer
Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO. Der Umfang des
bauordnungsrechtlichen nachbarlichen Schutzanspruchs kann insoweit nicht
anders zu beurteilen sein, als der des bauplanungsrechtlichen Schutzanspruchs.
Denn in beiderlei Hinsicht geht es um die Frage, wie viel Abstand ein Nachbar zum
Schutz seiner nachbarlichen Belange verlangen kann bzw. wie viel Nähe er
hinzunehmen hat. Allerdings wären wohl auch bei einer Doppelhausbebauung
nachbarliche Interessen jedenfalls dann erheblich beeinträchtigt, wenn durch ein
grenznahes Vorhaben die Bebaubarkeit des Nachbargrundstücks beeinträchtigt
würde. Das wäre der Fall, wenn ein Anbau mit sehr geringem Grenzabstand
errichtet würde, der es dem Nachbarn verwehrte, am eigenen Haus einen
grenzständigen Anbau zu errichten, weil sonst z. B. ein „Schmutzwinkel“ entstünde
(vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.04.2009 ‒ 3 S 569/09 ‒ DÖV 2009,
870 ‒ juris, Rn. 16).
38 Gemessen hieran ist im vorliegenden Fall aufgrund der Doppelhausbebauung von
rechtlichen Besonderheiten auszugehen, die das Interesse des Antragstellers an
der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe derart mindern, dass eine
erheblichen Beeinträchtigung seiner Interessen nicht gegeben sein dürfte. Da
nämlich der nicht grenzständige Anbau einen Abstand von drei Metern zu dem
Grundstück des Antragstellers wahrt, bestünde selbst bei einer künftigen
Grenzbebauung seitens des Antragstellers nicht die Gefahr, dass Schmutzwinkel
oder Vergleichbares entstehen. Die Bebaubarkeit des Grundstücks des
Antragsstellers wird durch die ‒ ohnehin nur die Höhe des Anbaus verändernde ‒
Dachgaube demnach nicht beeinträchtigt.
39 bb) Die Beleuchtung mit Tageslicht sowie die Belüftung des Grundstücks des
Antragstellers bleibt auch nach Errichtung der streitgegenständlichen Dachgaube
in ausreichendem Maße gewährleistet. Denn auch insoweit ist das Maß der
Schutzbedürftigkeit des Antragstellers infolge der Doppelhausbebauung
gemindert. Ausgehend hiervon dürfte das Bauvorhaben der Beigeladenen
angesichts des geplanten Abstands der Dachgaube von drei Metern zum
Grundstück des Antragstellers und der ‒ auch nur im vorderen Bereich ‒
vorgesehenen Höhe der Dachgaube von 1,8 m einer ausreichenden Beleuchtung
mit Tageslicht nicht entgegenstehen. Da die Dachgaube ‒ vom Grundstück des
Antragstellers betrachtet ‒ in westlicher Richtung errichtet werden soll, ist insofern
allenfalls in den Abendstunden von einer geringfügigen Reduktion der
Beleuchtung mit Tageslicht auszugehen. Angesichts der beträchtlichen Freifläche
im Osten des Doppelhauses sowie der vor der Nordseite verlaufenden Freifläche
vermag die Kammer eine übermäßige Beeinträchtigung der Belüftung des
Grundstücks des Antragstellers ebenfalls nicht zu erkennen.
40 cc) Schließlich stehen dem Bauvorhaben der Beigeladenen auch keine Gründe
des Brandschutzes entgegen. Dies ist nämlich nur dann der Fall, wenn auf dem
Baugrundstück oder dem Nachbargrundstück ein bereits vorhandenes Gebäude
den Brandschutzanforderungen der LBOAVO nicht genügt und damit die Gefahr
einer Brandübertragung entstehen kann, wenn ein Gebäude mit geringeren
Abstandsflächentiefen errichtet wird (vgl. Sauter, Komm. z. LBO, 3. Aufl., 45. Lfg., §
6 Rn. 39). Für eine derartige Gefahr fehlen im vorliegenden Fall jedwede
Anhaltspunkte.
41 3) Die durch die Baugenehmigung des Landratsamts genehmigte Dachgaube
verstößt schließlich aller Voraussicht nach auch nicht gegen das baurechtliche
Gebot der Rücksichtnahme. Denn nachbarschützende Wirkung kommt dem
baurechtlichen Rücksichtnahmegebot nur insoweit zu, als im Einzelfall in
qualifizierter und zugleich individualisierender Weise auf schutzwürdige Interessen
eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl.
BVerwG, Urt. v. 25.02.1977 ‒ IV C 22.75 ‒ NJW 1978, 62 ‒ juris, Rn. 27). In
Anwendung dieses Maßstabs dürfte eine qualifizierte Betroffenheit des
Antragstellers im vorliegenden Fall nicht gegeben sein. Denn soweit dieser eine
Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung seines Grundstücks rügt, fehlt es
bereits ‒ wie schon dargelegt ‒ an einer erheblichen Beeinträchtigung seiner
Interessen.
42 Nichts anderes gilt insoweit, als der Antragsteller im Rahmen der
Nachbarbeteiligung behauptet hat, durch die weitere Erhöhung der
Doppelhaushälfte der Beigeladenen würde die Eigenart der näheren Umgebung
verunstaltet. Denn die Dachgaubensatzung der Gemeinde ... lässt die Errichtung
von Dachgauben in diesem Bereich ausdrücklich in einem bestimmten Rahmen
zu, wodurch der Ortsgesetzgeber gestalterischen Einfluss auf die Eigenart der
Gemarkung ... nimmt. Ungeachtet dessen ist der Antragsteller der Stellungnahme
des Landratsamts, dass Dachaufbauten in der näheren Umgebung bereits
vorhanden seien, nicht mehr substantiiert entgegengetreten.
43 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es
entsprach nicht der Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten
der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt und auch sonst
das Verfahren nicht durch eigenen Sachvortrag gefördert hat (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Beschl. v. 20.01.2011 ‒ 8 S 2567/10 ‒ VBlBW 2011, 279 ‒ juris, Rn.
7).
44 Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG. Für
die Hauptsache ist von einem Streitwert in Höhe von 7.500,00 EUR auszugehen,
so dass sich für das einstweilige Rechtsschutzverfahren durch Halbierung ein
Streitwert in Höhe von 3.750,00 EUR ergibt (in Anlehnung an Nr. 1.5 S. 1 sowie Nr.
9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der
zuletzt beschlossenen Änderung vom 18.07.2013).