Urteil des VG Hannover vom 17.03.2014

VG Hannover: stadt, vertretung, sport, freiwillige leistung, finanzen, feststellungsklage, verwaltungsakt, verwaltungsorganisation, anfechtungsklage, gemeindeordnung

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Keine Beanstandungserzwingungsklage des
Hauptverwaltungsbeamten einer Kommune gegen
Kommunalaufsichtsbehörde
Ein Hauptverwaltungsbeamter kann gegenüber der
Kommunalaufsichtsbehörde weder eine Beanstandung eines Beschlusses
der kommunalen Vertretung erzwingen, noch dieser gegenüber die
Richtigkeit der seinem Bericht zugrunde liegenden Rechtsauffassung
gerichtlich feststellen lassen. Dies gilt auch dann, wenn dem
kommunalaufsichtlichen Verfahren ein Innenrechtsstreit zwischen dem
Hauptverwaltungsbeamten und der Vertretung über die
Verwaltungsorganisation zugrunde liegt.
VG Hannover 1. Kammer, Urteil vom 17.03.2014, 1 A 240/13
§ 58 Abs 1 Nr 2 KomVerfG ND, § 85 Abs 3 S 1 KomVerfG ND, § 88 Abs 1 KomVerfG
ND
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der
Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsbetrags abwenden, wenn nicht
der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister der Stadt D.
die Feststellung gegenüber dem beklagten Niedersächsischen Ministerium für
Inneres und Sport als Kommunalaufsichtsbehörde, dass eine von ihm verfügte
Umgestaltung der Aufgabenbereiche der Dezernate der Stadtverwaltung nicht
die Richtlinienkompetenz des Rates verletzt hat, sondern ohne Rechtsverstoß
im Rahmen seiner Organisationshoheit erfolgen konnte.
Der Kläger wurde am 22. Februar 2009 zum Oberbürgermeister der Stadt D.
gewählt. Die Stadtverwaltung ist in insgesamt vier Dezernate gegliedert (OB,
Fachdezernate I – III), nachdem am 26. März 2009 vom Rat die Einrichtung
von drei Fachdezernaten inklusive eines neuen Baudezernates beschlossen
worden war. Den Dezernaten sind jeweils Fachbereiche zugeordnet, in denen
wiederum mehrere Fachdienste zusammengefasst sind. In der dem
Ratsbeschluss vom 26. März 2009 zugrunde liegenden Beschlussvorlage des
Klägers vom 27. Februar 2009 wird u. a. ausgeführt:
"Bereich des Oberbürgermeisters: Der Oberbürgermeister behält lediglich
die zentralen Querschnittsaufgaben und vermeidet eine Privilegierung
eines einzelnen Fachbereichs durch direkte Anbindung an ihn. […]
Dezernat I - Wirtschaft, Finanzen, Sport und Kultur: […] Ebenfalls bleibt
die Wirtschaftsförderung mit dem Stadtmarketing in der Hand der 1.
Stadträtin. Zusätzlich soll künftig der Fachbereich 2 Sport und Kultur […]
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dem Dezernat zugeordnet werden."
Der Ratsbeschluss vom 26. März 2009 lautet im Tenor u. a. wie folgt:
"Der Rat beschließt die Bildung von drei Fachdezernaten gemäß
vorgelegtem Dezernatsverteilungsplan nach Anlage 3."
Bei der in Bezug genommenen Anlage 3 handelte es sich um das
Organigramm zur gesamten Aufbauorganisation einschließlich der
Fachbereiche und Fachdienste.
In den Folgejahren führte der Kläger kleinere und größere Änderungen bei den
Fachdiensten durch, was dem Rat jeweils zur Kenntnis gegeben wurde. U. a.
wurde mit Wirkung zum 1. Dezember 2011 der "Fachdienst Recht" dem
unmittelbaren Zuständigkeitsbereich des Klägers zugeordnet. Nach
Streitigkeiten zwischen zwei Dezernenten - dem Stadtbaurat (Fachdezernat III)
und der Kämmerin/Ersten Stadträtin (Fachdezernat I) - beabsichtigte der
Kläger eine weitere Umorganisation. Mit Organisationsverfügung vom 3. Juli
2012, die zum 1. August 2012 wirksam werden sollte, sollten aus dem
Dezernat I aus dem dortigen bisherigen Fachdienst "Wirtschaftsförderung,
Stadtmarketing, Immobilienwirtschaft" die Dienste "Wirtschaftsförderung und
Stadtmarketing" ausgegliedert und dem Oberbürgermeister direkt zugeordnet
werden. Der Fachdienst "Sport" sollte dem Dezernat II sowie der Fachdienst
"Hochbau und Gebäudewirtschaft" aus dem Dezernat III dem Dezernat I
zugeordnet werden.
Die Mehrheit des Rates sah in dieser Umorganisation eine "Entmachtung" des
Baudezernenten sowie durch Übernahme der Wirtschaftsförderung eine
ungerechtfertigte Stärkung der eigenen Position des Klägers. Am 12. Juli 2012
fasste der Rat in einer Sondersitzung mehrheitlich folgenden
Vorbehaltsbeschluss:
"Vor dem Hintergrund, dass der Oberbürgermeister der Auffassung ist,
dass er allein für Richtlinien für die Dezernatsstruktur und
Aufgabenzuordnung zuständig sei, beschließt der Rat, dass er sich im
Einzelfall die Beschlussfassung über Dezernatsstruktur und
Aufgabenzuordnung vorbehält."
Am 13. Juli 2012 fasste der Rat zudem mehrheitlich folgenden weiteren
Beschluss:
"1. Der Rat stellt fest, dass er durch Beschluss vom 26.03.2009
(BV/0055/09) Richtlinien für die Dezernatsstruktur und
Aufgabenzuordnungen beschlossen hat.
2. Der Oberbürgermeister hat diese vom Rat gegebenen Richtlinien durch
eigene Verfügung zum 01.08.2012 geändert, ohne hierzu die Zustimmung
der Vertretung eingeholt zu haben.
3. Der Rat bestätigt diese Richtlinie vom 26.03.2009.
4. Der Rat behält sich rechtliche Schritte zur Sicherung seiner
Mitwirkungsrechte vor."
Diese Beschlüsse betrachtete der Kläger als mit seiner Organisationshoheit
unvereinbar und damit rechtswidrig. Dementsprechend berichtete er dem
beklagten Ministerium als Kommunalaufsichtsbehörde und bat um
Entscheidung über eine Beanstandung. Er führte aus, dass die
Geschäftsverteilung seine eigenständige Aufgabe sei. Den im Beschluss vom
12. Juli 2012 vorgesehenen Vorbehalt dürfe der Rat nicht ausüben, zumal
dieser bereits eine Entscheidung zur Aufbauorganisation getroffen habe. Auch
der Beschluss vom 13. Juli 2012 greife in seinen Zuständigkeitsbereich ein.
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Zum wesentlichen Kern der Richtlinien aus 2009 gehöre die Gliederung der
Verwaltung in das Dezernat des Oberbürgermeisters und drei weitere
Dezernate. Die prägenden Elemente der Dezernate seien unberührt
geblieben. Durch die bloße Kenntnisnahme der Umgliederung des
"Fachdienstes Recht" habe der Rat zudem seine Richtlinien aus 2009 bereits
aufgegeben.
Das beklagte Ministerium teilte der Stadt D. unter dem 31. August 2012 formlos
und ohne Rechtsbehelfsbelehrung das Ergebnis der kommunalaufsichtlichen
Prüfung mit. Der Vorbehaltsbeschluss vom 12. Juli 2012 sei rechtswidrig, von
einer Beanstandung werde jedoch abgesehen, weil der Rat lediglich eine
falsche Form für sein Begehren gewählt habe. Es werde indes angeregt, den
Beschluss aufzuheben, um dem Anschein eines vollziehbaren Beschlusses
und jeglichen Missverständnissen vorzubeugen. Der Beschluss des Rates
vom 13. Juli 2012 sei hingegen rechtmäßig. Der erste Teilbeschluss sei
lediglich mit der Feststellung verbunden, dass im Jahr 2009 Richtlinien
erlassen worden seien, rechtsgestaltende Wirkungen entfalte dieser
Beschluss nicht. Nach dem zweiten Teilbeschluss stelle der Rat fest, dass er
seine Richtlinien aus dem Jahr 2009 als weiterhin wirksam betrachte und
durch die geplanten Organisationsänderungen als nicht beachtet ansehe.
Dieser Teilbeschluss sei inhaltlich richtig und daher nicht rechtswidrig. Wegen
der weiten Formulierung genüge bereits ein einzelner Verstoß durch die vom
Kläger verfügten Organisationsänderungen für dieses Ergebnis. Ein Verstoß
gegen die vom Rat gegebenen Richtlinien zur Geschäftsverteilung aus dem
Jahr 2009 sei hinsichtlich der Bereiche "Wirtschaftsförderung und
Stadtmarketing" zu bejahen, im Übrigen aber zu verneinen: Die Umgliederung
dieser Bereiche verstoße gegen die Richtlinien, weil diese Konzentrat der
Wirtschaftsausrichtung des Dezernates I seien und dieses prägten. Auch das
Dezernat des Oberbürgermeisters werde umgeprägt. Es bestehe eine enge
Wechselwirkung zwischen den Bereichen Wirtschaft und Finanzen und
diesem Bereich komme erhebliches kommunalpolitisches Gewicht zu. Die
Umgliederung des Fachdienstes "Sport" stelle hingegen keinen Verstoß gegen
die Richtlinien dar, weil sie - vergleichbar mit anderen
Organisationsänderungen in der Vergangenheit - geringfügig sei. Die
Aufnahme dieses Fachdienstes in das Dezernat II bringe keine neue Prägung
der Dezernatsstruktur mit sich. So liege es auch im Hinblick auf die
Umgliederung des Fachdienstes "Hochbau und Gebäudewirtschaft". Der dritte
Teilbeschluss schließe nicht jede Organisationsänderung aus, sondern
beziehe sich lediglich auf die zum 1. August 2012 geplanten
Organisationsänderungen. Es sei dem Rat erlaubt, nochmals zu beschließen,
hieran festhalten zu wollen. Auch rechtliche Schritte zur Sicherung der
Mitwirkungsrechte dürfe der Rat anstreben und dies äußern, so wie es mit dem
vierten Teilbeschluss geschehen sei.
Der Rat hob in seiner Sitzung vom 27. September 2012 den
kommunalaufsichtlich im Ergebnis nicht beanstandeten, wohl aber als
rechtswidrig angesehenen Beschluss vom 12. Juli 2012 auf. Die nach
Abschluss des kommunalaufsichtlichen Verfahrens unstrittigen Teile der
Organisationsverfügung vom 3. Juli 2012 wurden vom Kläger mit Wirkung zum
1. November 2012 umgesetzt. Dementsprechend wurden in der
Verwaltungsorganisation der Stadt Celle der Fachdienst "Hochbau und
Gebäudewirtschaft" vom Dezernat III in das Dezernat I und der Fachdienst
"Sport" vom Dezernat I in das Dezernat II verlagert. Zudem wurde aber auch
der Bereich "Stadtmarketing" dem Beteiligungsmanagement im Dezernat des
Klägers zugeordnet. Die vom Kläger beabsichtigte Verlagerung der
"Wirtschaftsförderung" wurde hingegen bislang nicht umgesetzt.
Am 25. Oktober 2012 hat der Kläger sowohl gegen den Rat der Stadt D. als
auch gegen das beklagte Ministerium mit identischem Feststellungsbegehren
Klage beim Verwaltungsgericht Lüneburg erhoben. Dieses hat den
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Rechtsstreit mit Beschluss vom 7. Januar 2013 an das Verwaltungsgericht
Hannover verwiesen, soweit sich das Begehren des Klägers gegen das
beklagte Ministerium richtet.
Zur Begründung der Klage wird vom Kläger geltend gemacht:
An sich stehe dem Hauptverwaltungsbeamten kein Klagerecht zu, wenn die
Kommunalaufsichtsbehörde einen Beschluss der kommunalen Vertretung für
rechtmäßig halte. Anders liege es aber, wenn der Ratsbeschluss - wie hier - in
seine originären Rechte eingreife. Die Organisationsverfügung vom 3. Juli
2012 sei vom beklagten Ministerium in Teilen ausdrücklich für rechtswidrig
erklärt worden. In dieser Entscheidung könne nicht nur eine Stellungnahme
gesehen werden. Würde man dies so sehen, so müsste der Kläger zur
Erreichung eines dann unstreitig gegebenen Klagerechts die
Organisationsverfügung trotzdem in Kraft setzen, was dann
kommunalaufsichtlich beanstandet würde. Dies sei eine unsinnige
Verfahrensweise. Die Entscheidungen des beklagten Ministeriums seien für
den Kläger bindend und müssten deshalb auch justiziabel sein. Dadurch, dass
die Organisationsverfügung des Klägers im Hinblick auf die Verlagerung der
Bereiche "Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing" für rechtswidrig erklärt
worden sei, sei unzweifelhaft eine Maßnahme der Kommunalaufsicht getroffen
worden, die als Verwaltungsakt von dem in seinem Organisationsrecht
betroffenen Kläger angefochten werden könne. Eine Unterbindung des
Klagerechts gegen Eingriffe der Kommunalaufsicht sei mit der
Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes nicht vereinbar. Kommunale
Organe könnten gegen die Entscheidungen und Weisungen der
Kommunalaufsicht nicht rechtlos gestellt sein.
Die Organisationsverfügung verstoße inhaltlich nicht gegen die Richtlinien des
Rates aus dem Jahr 2009. In dem augenscheinlich gegebenen
Spannungsverhältnis zwischen der Kompetenz des Rates zum Erlass von
Richtlinien, nach denen die Verwaltung geführt werden soll, und dem Recht
des Oberbürgermeisters auf Regelung der Geschäftsverteilung sei die
Zuständigkeit des Rates grundsätzlich auf eine Art "letztinstanzliche Aufsicht"
beschränkt. Einzelne organisatorische Inhalte der Dezernate, die Zuordnung
von Fachbereichen und Fachdiensten hingegen lägen in alleiniger
Verantwortung des Hauptverwaltungsbeamten, der auch die alleinige
Verantwortung für den ordnungsgemäßen Ablauf der Verwaltung trage. Die
Richtlinienkompetenz beziehe sich nur auf die grundsätzliche Aufteilung und
Gliederung der Verwaltung in Ämter und Dezernate sowie deren Kerngehalte.
Mit der Entscheidung aus dem Jahr 2009 habe der Rat die Anzahl der
Dezernate, ihre Aufgliederung und die Zuweisung von Schwerpunkten
geregelt. Dem Dezernat I sei der Kern "Finanzen", dem Dezernat II der Kern
"Soziales" und dem Dezernat III der Kern "Bauen" zugeordnet worden. Die
Zuweisung einzelner Fachbereiche und der 32 Fachdienste zu den jeweiligen
Dezernaten sei hingegen nicht konstitutiver Teil der Richtlinien geworden. Die
vom beklagten Ministerium angenommene enge Wechselwirkung der Bereiche
"Wirtschaft" und "Finanzen" bestehe nicht und sei auch seinerzeit so nicht
gewollt gewesen. In anderen niedersächsischen Städten sei der Bereich
"Wirtschaftsförderung" ebenfalls direkt dem Oberbürgermeister zugewiesen.
Weder die behauptete enge Wechselwirkung mit den "Finanzen" noch das
angenommene kommunalpolitische Gewicht könnten die Entscheidung des
beklagten Ministeriums rechtfertigen. Die Wirtschaftsförderung habe keine
tragende Bedeutung im Sinne der grundsätzlichen Richtlinienkompetenz des
Rates. Sie sei keine kommunale Pflichtaufgabe, sondern eine freiwillige
Leistung, die nach Stellenzahl und Gesamtaufwendungen nur eine geringe
Bedeutung in der Stadtverwaltung aufweise. Der Bereich "Sport", der nach
dem Ergebnis des kommunalaufsichtlichen Verfahrens verlagert werden dürfe,
habe ein wesentlich höheres Gewicht. Es seien keine durchschlagenden
Gründe dafür vorgetragen worden, dass die Richtlinien durch die
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Umgliederung des Bereichs "Sport" nicht tangiert worden seien, wohl aber
durch die Verlagerung des Bereichs "Wirtschaftsförderung". Auch der Begriff
"Sport" sei in den Richtlinien dem Dezernat I zugeordnet worden. Dies habe
das beklagte Ministerium bei der Würdigung aber offensichtlich als
unbeachtlich angesehen. Bei der Wirtschaftsförderung handele es sich um
eine klassische Querschnittsaufgabe mit hohem repräsentativen Gewicht. Für
beides sei der Kläger zuständig. Dies wäre nur anders, wenn der von der CDU
dominierte Rat bewusst und gewollt dem SPD-Oberbürgermeister diese
Aufgaben habe vorenthalten wollen. Dafür gebe es keine Beweise, auch wenn
dies vom beklagten Ministerium angedeutet werde. Die Repräsentation sei
Kernbestand der Aufgaben des Hauptverwaltungsbeamten und damit für den
Rat nicht disponibel. Die Beschränkung der Repräsentationsmöglichkeiten des
SPD-Oberbürgermeisters hätte der Rat als klaren Gesetzesverstoß erkennen
müssen. Die Richtlinienkompetenz des Rates sei nicht nach parteipolitischer
Gewogenheit auszulegen. Kommunalverfassungsrecht habe grundsätzlich
keine parteipolitischen Aspekte zu berücksichtigen; eine
Einschätzungsprärogative der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gebe es
nicht.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass seine Organisationsverfügung vom 3. Juli 2012 die
Richtlinienkompetenz des Rates nach § 58 Abs. 1 Nr. 2 NKomVG nicht
verletzt hat, sondern Ausfluss des nach § 85 Abs. 3 NKomVG dem
Hauptverwaltungsbeamten zustehenden Rechtes auf die Regelung der
Geschäftsverteilung war.
Das beklagte Ministerium beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Ministerium macht geltend:
Der Kläger sei ihm gegenüber nicht klagebefugt, da es zwischen ihnen keine
organschaftlichen Beziehungen und Innenrechtspositionen gebe. Zudem fehle
es ihm gegenüber an einem Feststellungsinteresse; die begehrte Feststellung
könne allenfalls gegenüber dem Rat erfolgen. Nur eine etwaige Beanstandung
einer durch den Kläger tatsächlich vollzogenen Umgliederung der Bereiche
"Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing", an der er aufgrund der
Entscheidung vom 31. August 2012 nicht gehindert sei, stelle einen tauglichen
Klagegegenstand dar. Wenn der Kläger nicht entgegen der Intention des
zweiten Teilbeschlusses handeln wollte, bliebe ihm allenfalls die Möglichkeit
einer Klärung im Kommunalverfassungsstreit. Gegen die formlose Mitteilung
vom 31. August 2012 habe er hingegen kein Klagerecht. Der Kläger
argumentiere widersprüchlich. Obgleich er zur Konstruktion einer
Klagemöglichkeit eine Gebundenheit postuliere, sehe er sich offensichtlich
tatsächlich nicht gebunden, weil er den Bereich "Stadtmarketing" aus dem
Dezernat I ausgegliedert und sich selbst unterstellt habe. Das eigentliche
Klageziel richte sich gegen den Rat der Stadt D.. Der Kläger sei nicht durch die
Entscheidung vom 31. August 2012 gebunden, sondern allenfalls durch den
Beschluss des Rates vom 13. Juli 2012. Durch die Entscheidung, dass der
Beschluss des Rates - freilich aufgrund seines weiten Wortlauts -
vollumfänglich rechtmäßig sei, sei der Kläger an der geplanten
Verwaltungsumgliederung nicht durch das beklagte Ministerium gehindert
gewesen. Die Organisationsverfügung sei nicht im Hinblick auf die
Verlagerung des Bereichs "Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing" für
rechtswidrig erklärt worden. Erst wenn der Kläger die geplanten
Organisationsänderung umgesetzt hätte und dies beanstandet worden wäre,
wäre eine Klage möglich gewesen. Die vom Kläger erhobene
Feststellungsklage gegen das beklagte Ministerium stelle hingegen eine
unzulässige Vorverlagerung des Rechtsschutzes dar. Innenrechtsstreitigkeiten
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seien im Kommunalverfassungsstreit auszutragen. Im kommunalaufsichtlichen
Verfahren gebe es die Möglichkeit der Freizeichnung, nicht aber die
Möglichkeit, sich einen weiteren Beklagten zu suchen und somit die Streitigkeit
auszuweiten.
Inhaltlich handele es sich bei der Umgliederung der Bereiche
"Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing" um einen Verstoß gegen die
weiterhin Geltung beanspruchenden Richtlinien des Rates aus 2009. Der Rat
habe die Bereiche "Finanzen" und "Wirtschaft" in einem Fachdezernat unter
der Ersten Stadträtin ansiedeln wollen. Das Organigramm sei zum Bestandteil
des Richtlinienbeschlusses gemacht worden. Die Auslegung des
Dezernatsverteilungsplanes ergebe, dass die städtische Wirtschaftsverwaltung
mit den Bereichen "Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing" dem Dezernat I
zugeordnet worden sei. Schon die Dezernatsbezeichnung "Wirtschaft"
spreche dafür. In der zugrunde liegenden Beschlussvorlage sei ausgeführt
worden, dass der Oberbürgermeister lediglich die zentralen
Querschnittsaufgaben behalte, während die Bereiche "Wirtschaftsförderung
und Stadtmarketing" ausdrücklich in der Hand der Ersten Stadträtin hätten
bleiben sollen. Für die Frage der Umprägung eines Dezernates sei die Stärke
des eingesetzten Personals nicht maßgeblich, auch auf die Frage der
Sinnhaftigkeit einer Verknüpfung der Bereiche "Finanzen" und "Wirtschaft"
komme es nicht an. Wo die Wirtschaftsförderung administrativ anzusiedeln sei,
entziehe sich der Entscheidungsgewalt des beklagten Ministeriums. Diese
Zweckmäßigkeitsüberlegungen seien Sache der Kommune, wobei der Rat
infolge seiner Richtlinienkompetenz eine wichtige Rolle einnehmen könne. Der
Bereich Wirtschaft habe wegen des kommunalpolitischen Gewichts als
Dezernatskernfestsetzung auch zu Recht Bestandteil der Richtlinien werden
können. Hinsichtlich der Wertung des kommunalpolitischen Gewichts habe die
oberste Kommunalaufsicht des Landes eine Einschätzungsprärogative. Mit
dem Bereich der Wirtschaftsförderung sei eine erhebliche repräsentative
Wirkung verbunden, die der Rat offensichtlich der Ersten Stadträtin habe
zuerkennen wollen. Die Auffassung des Klägers, dass freiwillige Aufgaben im
eigenen Wirkungskreis von vornherein nicht als wesentliche Aufgabengebiete
anerkannt werden könnten, sei unzutreffend. Die Auffassung des Klägers, die
Richtlinienkompetenz sei nicht nach parteipolitischer Gewogenheit
auszulegen, werde geteilt. Dies gelte aber auch für den Kläger selbst. Dem
Bereich "Wirtschaft" sei eine für die Prägung des Aufgabenkerns des
Dezernats hinreichende kommunalpolitische Bedeutung zu attestieren. Dies
sei bei dem Bereich "Sport" anders. Es gebe zudem
kommunalverfassungsrechtlich keine Vorschrift, wonach die
Wirtschaftsförderung und das Stadtmarketing zwingend dem
Hauptverwaltungsbeamten zuzuordnen seien. Dass diese Bereiche in den
meisten Städten Aufgaben des Oberbürgermeisters seien, sei kein
hinreichendes Argument. Es handele sich bei der Wirtschaftsförderung auch
nicht um eine Aufgabe der repräsentativen Vertretung der Kommune im
Rechtssinne.
Die mit dem gleichlautenden Klageantrag gegen den Rat der Stadt D.
gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Lüneburg mit Urteil vom 19.
Februar 2014 - 5 A 59/12 - abgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen
Verwaltungsvorgangs Bezug genommen
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Die Feststellungsklage ist bereits unzulässig.
Das vom Kläger in seiner Eigenschaft als Hauptverwaltungsbeamter und damit
als kommunalverfassungsrechtliches Organ einer Kommune gegen das
beklagte Ministerium als Kommunalaufsichtsbehörde gerichtete
Feststellungsbegehren stellt sich als unstatthaft dar. Es fehlt hinsichtlich des
Klageantrags an einem zwischen den Beteiligten bestehenden
feststellungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis i. S. d. § 43 Abs. 1
VwGO. Die vom Kläger als belastend angesehenen Begründungselemente
der Entscheidung vom 31. August 2012 haben sich nicht zu einem solchen
Rechtsverhältnis verdichten können. Der Kläger will der Sache nach (auch)
gegenüber dem beklagten Ministerium festgestellt wissen, dass die von ihm im
Rahmen eines die Verwaltungsorganisation betreffenden Streits mit dem Rat
vertretene Rechtsauffassung zutreffend ist. Anknüpfungspunkt für den
Feststellungsantrag gegenüber dem beklagten Ministerium ist dessen
Mitteilung vom 31. August 2012, mit welcher der nach Auffassung des Klägers
rechtswidrige Beschluss des Rates vom 13. Juli 2012 nicht beanstandet
wurde. Ein feststellungsfähiges (Außen-)Rechtsverhältnis i. S. d. § 43 Abs. 1
VwGO zwischen den Beteiligten ist infolge dieser Entscheidung indessen nicht
entstanden.
Der Innenrechtsstreit zwischen dem Hauptverwaltungsbeamten und der
Vertretung als kommunalverfassungsrechtlichen Organen kann durch die eine
Beanstandung gerade nicht aussprechende Entscheidung der
Kommunalaufsichtsbehörde nicht zugleich zu einem "Außenrechtsstreit"
zwischen dem Hauptverwaltungsbeamten und der
Kommunalaufsichtsbehörde werden. Nimmt die Kommunalaufsichtsbehörde
infolge des Berichts des Hauptverwaltungsbeamten nach § 88 Abs. 1 Satz 1
oder Satz 4 NKomVG gerade keine Beanstandung eines Beschlusses der
Vertretung vor, kann ein etwaiger weiterhin zwischen den beteiligten
kommunalverfassungsrechtlichen Organen bestehender Streit vielmehr nur im
verwaltungsgerichtlichen Kommunalverfassungsstreit ausgetragen werden.
Nur dem Rat gegenüber kann der Hauptverwaltungsbeamte eine wehrfähige
Innenrechtsposition (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) verfolgen. Ihm steht hingegen
in einer solchen Situation als Organ kein Klagerecht gegenüber der
Kommunalaufsichtsbehörde zu. Ist eine "Beanstandungserzwingungsklage"
ausgeschlossen, gilt dies in gleicher Weise für eine darauf hinauslaufende
"Einkleidung" eines entsprechenden Klageziels in eine Feststellungsklage. So
liegt der Fall hier: Dem Kläger geht es gerade darum, im Klagewege die
Richtigkeit der seinem Bericht an die Kommunalaufsichtsbehörde zugrunde
liegenden Auffassung feststellen zu lassen, weil diese seiner Sichtweise
inhaltlich nur zum Teil gefolgt ist. Ein solches Vorgehen ist nach der sich aus
den gesetzlichen Regelungen ergebenden Konzeption des
kommunalaufsichtlichen Verfahrens und den Rechtsschutzmöglichkeiten
gegen kommunalaufsichtliche Maßnahmen nicht vorgesehen. Dies ist
entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht anders zu sehen, wenn der
Innenrechtsstreit zwischen den kommunalverfassungsrechtlichen Organen
gerade die Rechtspositionen eines Organs - hier des Klägers - betrifft. Dies
ergibt sich aus folgenden Überlegungen zu den Rechtsschutzmöglichkeiten
bei Entscheidungen der Kommunalaufsichtsbehörde, die letztlich auch für die
hier vorliegende Konstellation Geltung beanspruchen:
a) Grundsätzlich ist der Rechtsweg nur der Kommune als juristischer Person
selbst eröffnet, wenn die Kommunalaufsichtsbehörde ihr gegenüber eine
Beanstandung als belastende Maßnahme tatsächlich ausgesprochen hat.
Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 NKomVG kann die Kommunalaufsichtsbehörde
Beschlüsse und andere Maßnahmen einer Kommune sowie Bürgerentscheide
beanstanden, wenn sie das Gesetz verletzen. Adressat einer Beanstandung
ist dabei die Kommune als solche, nicht das kommunalverfassungsrechtliche
Organ, das die Maßnahme getroffen hat. Dementsprechend steht der
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Kommune gegenüber der Beanstandung, die einen belastenden
Verwaltungsakt darstellt, die Möglichkeit der verwaltungsgerichtlichen
Anfechtungsklage offen. Darauf ist der denkbare Rechtsschutz der Kommune
aber zugleich auch beschränkt. Es ist damit ausgeschlossen, dass im Falle
einer Beanstandung verschiedene Organe der Kommune jeweils eigenständig
gegen die Kommunalaufsichtsbehörde - möglicherweise noch mit voneinander
abweichenden Zielrichtungen - im Klagewege vorgehen. Es muss vielmehr
nach den allgemeinen kommunalverfassungsrechtlichen "Spielregeln" die
Entscheidung darüber herbeigeführt werden, ob gegen eine ausgesprochene
Beanstandung eine Klage der Kommune erhoben werden soll. Handelt es sich
dabei nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung (§ 85 Abs. 1 Satz 1 Nr.
7 NKomVG) und hat sich die Vertretung nicht die Beschlussfassung
vorbehalten (§ 58 Abs. 3 NKomVG), ist für diese Entscheidung nach § 76 Abs.
2 Satz 1 NKomVG der Hauptausschuss zuständig.
Diese Grundsätze beanspruchen nach Auffassung der Kammer auch im Falle
einer Beanstandung auf Basis des § 88 Abs. 1 Satz 6 NKomVG Geltung. § 88
Abs. 1 Satz 6 NKomVG erweitert die aufsichtsrechtlichen Zuständigkeiten des
Landes zwar in den Innenbereich der Kommune hinein, so dass eine
Beanstandung auch erfolgen kann, wenn keine Gesetzesverletzung, sondern
(nur) eine Verletzung von Innenrecht vorliegt (KVR-NKomVG, Stand:
November 2013, § 88 Rn. 12). Auch in solchen Fällen wird eine Beanstandung
allerdings nach § 173 Satz 1 NKomVG vorgenommen (vgl. KVR-NKomVG,
Stand: November 2013, § 88 Rn. 34). Betrachtet man in diesem Sinne § 88
Abs. 1 Satz 6 NKomVG als Rechtsfolgenverweisung auf § 173 Satz 1
NKomVG ("entscheidet…ob…zu beanstanden ist"), ist eine Beanstandung
gegenüber der Kommune als solcher und damit zugleich mit Wirkung für die
jeweils als Organ beteiligten Akteure (Hauptverwaltungsbeamter und
Vertretung) vorzunehmen, nicht etwa gegenüber der Vertretung als einzelnem
kommunalverfassungsrechtlichen Organ. Im kommunalaufsichtlichen
Verfahren stehen sich nämlich generell nur Gemeinde und Staat gegenüber
(vgl. Kingreen, Die Bedeutung der gemeinderechtlichen Beanstandung für die
Zulässigkeit des Kommunalverfassungsstreitverfahrens, DVBl. 1995, 1337
(1340)).
Die beschriebene Konstellation einer Beanstandung hätte hier eintreten
können, wenn der Beschluss des Rates vom 13. Juli 2012 nicht im Sinne einer
"Globalmissbilligung" gefasst worden wäre, sondern konkret eine oder
mehrere aus seiner Sicht erfolgte Verletzung(en) seines Kompetenzbereichs
durch die Organisationsverfügung des Klägers festgestellt hätte. Hätte etwa
der Beschluss nur die Verlagerung des Fachdienstes "Hochbau und
Gebäudewirtschaft" aus dem Dezernat III in das Dezernat I als Verstoß gegen
die Richtlinien aus 2009 missbilligt, wäre er unter Zugrundelegung der in der
Entscheidung des beklagten Ministeriums skizzierten Auffassung gegenüber
der Stadt D. beanstandet worden. Ein Klagerecht gegenüber der
Kommunalaufsichtsbehörde hätte dann nach der skizzierten Auffassung der
Kammer nicht etwa dem Rat als Organ der Stadt D., sondern (nur) der Stadt D.
als juristischer Person zugestanden. Bestehen keine abweichenden
Regelungen, würde die Beschlussfassung darüber in die Auffangzuständigkeit
des Verwaltungsausschusses (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 NKomVG) fallen. Irrelevant
wäre in diesem Zusammenhang, dass sich der beanstandete Beschluss des
Rates inhaltlich auf die Wahrung seines Kompetenzbereichs gegenüber
demjenigen des Hauptverwaltungsbeamten bezogen hat. Die Frage der
Ausübung des Klagerechts seitens der Kommune als solcher ist vom Inhalt
des betroffenen Ratsbeschlusses zu trennen.
b) Im Falle einer Nichtbeanstandung als Abschluss eines
kommunalaufsichtlichen Verfahrens nach Prüfung eines Ratsbeschlusses fehlt
es hingegen an einer belastenden Maßnahme gegenüber der Kommune,
gegen die sie eine Anfechtungsklage erheben könnte. Steht in dieser Situation
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schon der Kommune keine Klagemöglichkeit offen, muss dies erst recht für
ihre einzelnen Organe, insbesondere auch für den Hauptverwaltungsbeamten
gelten. Teilt die Kommunalaufsichtsbehörde die Auffassung des
Hauptverwaltungsbeamten zu einem aus dessen Sicht rechtwidrigen
Beschluss der Vertretung nicht, wird er durch die Entscheidung der
Kommunalaufsichtsbehörde nur von seiner Verantwortung frei, wenn er - im
Falle eines zu vollziehenden Inhalts des Ratsbeschlusses - diesen gemäß §
85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NKomVG vollzieht. Eine
"Beanstandungserzwingungsklage" ist hingegen weder
kommunalverfassungsrechtlich noch prozessual vorgesehen. Dies gilt selbst
für den Fall, dass die Kommunalaufsichtsbehörde einen von ihr für rechtswidrig
gehaltenen Beschluss aus Opportunitätsgründen nicht beanstandet (vgl.
Thiele, Niedersächsische Gemeindeordnung, § 65 Erl. 4). Eine gegenteilige
Sichtweise (vgl. Thieme, Niedersächsische Gemeindeordnung, 3. Aufl., § 65
Rn. 5) würde schon nicht damit vereinbar sein, dass nach der von der Kammer
vertretenen Auffassung gemäß § 173 Satz 1 NKomVG Adressat der
Entscheidung über eine Nichtbeanstandung - wie auch bei einer
Beanstandung - ausschließlich die Kommune also solche, nicht aber ein
einzelnes Organ derselben ist. Der Hauptverwaltungsbeamte kann auch nicht
etwa als Dritter angesehen werden, der durch eine Nichtbeanstandung in
seiner eigenen Rechtsposition berührt werden könnte. Vielmehr ist er im
Hinblick auf belastende Maßnahmen der Kommunalaufsichtsbehörde selbst
(nur) als Teil der Kommune anzusehen. Daher ergeht eine Nichtbeanstandung
zutreffend als formlose Mitteilung an die Kommune als solche und nicht etwa
als belastender Verwaltungsakt gegenüber dem Hauptverwaltungsbeamten
und zugleich begünstigender Verwaltungsakt gegenüber der Vertretung.
Es kommt auch bei einer Nichtbeanstandung nicht darauf an, welchen
inhaltlichen Gegenstand der Beschluss des Rates betrifft. Plastisch
nachvollziehbar wird diese Konstellation wiederum, wenn man die vorliegende
Fallgestaltung dahingehend vereinfacht, dass Gegenstand des
Ratsbeschlusses vom 13. Juli 2012 nur die Missbilligung der vom Kläger
beabsichtigten Verlagerung des Bereichs "Wirtschaftsförderung" aus dem
Dezernat I in das Dezernat des Klägers gewesen wäre. Das beklagte
Ministerium hätte diesen Beschluss unter Zugrundelegung seiner
Rechtsauffassung nicht beanstandet. Ein Klagerecht stünde mithin weder der
Stadt D. noch dem Kläger zu.
Der vom Kläger vertretenen Auffassung, es müsse gegenüber der
Kommunalaufsicht justiziabel sein, wenn diese im Rahmen der Begründung
der Nicht-Beanstandung seine Organisationsverfügung als rechtswidrig
einstufe, kann demgegenüber nicht gefolgt werden. Es fehlt in einer solchen
Konstellation nämlich an einer Außenrechtsbeziehung zwischen der
Kommune und der Kommunalaufsichtsbehörde. Hinsichtlich des
verfassungsrechtlichen Gebots des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4
GG) wirft diese Sichtweise entgegen der Ansicht des Klägers keine Probleme
auf. Der effektive Rechtsschutz nach dieser Bestimmung hat schon nicht in
erster Linie organschaftliche Beziehungen innerhalb einer juristischen Person
im Blick. Dem gleichwohl gegebenen Bedarf an gerichtlichen
Streitentscheidungen im Innenbereich von Kommunen wird schon durch die
Anerkennung des Kommunalverfassungsstreits im Rahmen der
verwaltungsprozessualen Regelungen Rechnung getragen. Es ginge
demgegenüber zu weit, wenn auch im Falle des Fehlens einer die Kommune
als solcher belastenden Maßnahme der Kommunalaufsicht dieser gegenüber
ein Klagerecht desjenigen Organs anerkannt würde, das sich durch die
Begründung der Entscheidung der Kommunalaufsichtsbehörde faktisch "ins
Unrecht gesetzt" betrachtet.
Dementsprechend teilt die Kammer auch die Auffassung des beklagten
Ministeriums, dass erst dann eine Klagemöglichkeit eröffnet wäre, wenn der
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Kläger die von ihm verfügte bzw. geplante Organisationsänderung bezüglich
der "Wirtschaftsförderung" tatsächlich umsetzen und dies
kommunalaufsichtlich beanstandet würde. Die Klagemöglichkeit würde
indessen nicht etwa ohne weiteres dem Kläger als Organ gegenüber der
Kommunalaufsichtsbehörde zustehen, sondern wiederum nur der Kommune
als solcher. Über eine Klageerhebung müsste - wie unter a) skizziert - eine
einheitliche Entscheidung der Kommune herbeigeführt werden. Die sich am
wahrscheinlichsten ergebende Variante wäre dann aber gerade, dass im Falle
der Zuständigkeit des Verwaltungsausschusses (in dem sich die im Rat
vorhandenen Mehrheiten widerspiegeln) beschließen würde, dass eine Klage
nicht erhoben werden soll. Die Beanstandung einer tatsächlichen Umsetzung
der Organisationsverfügung hinsichtlich der "Wirtschaftsförderung" seitens der
Kommunalaufsichtsbehörde würde schließlich der Position des Rates in
seinem Beschluss vom 13. Juli 2012 entsprechen. Würde der Kläger die
Entscheidung über eine Klageerhebung der Kommune gegen die
Kommunalaufsichtsbehörde gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 NKomVG als
Geschäft der laufenden Verwaltung betrachten, dürfte der Rat die
Entscheidung nach § 58 Abs. 3 Satz 1 NKomVG an sich ziehen können. Das
Ergebnis wäre voraussichtlich wiederum, dass es nicht zu einer
Klageerhebung käme.
Dies zeigt im Übrigen, dass auch der Sichtweise des beklagten Ministeriums
zuzustimmen ist, dass die Feststellungsklage des Klägers eine unzulässige
Vorverlagerung des Rechtsschutzes darstellt. Würde man die Möglichkeit der
Feststellungsklage als "verdeckter Beanstandungserzwingungsklage"
gegenüber der Kommunalaufsichtsbehörde anerkennen, wäre damit zugleich
der an sich kommunalverfassungsrechtlich vorgesehene Weg der
Entscheidungsfindung über eine Klageerhebung im Falle einer tatsächlich
erfolgten Beanstandung - hier einer zuvor erfolgten Verwirklichung der
Zuständigkeitsverlagerung für die "Wirtschaftsförderung" - von vornherein
abgeschnitten; der Hauptverwaltungsbeamte würde sich nicht an die
"Spielregeln" zur Herbeiführung einer Entscheidung über die Klageerhebung
halten müssen. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung ist die
Entscheidung über die Erhebung einer Klage gegen die Kommunalaufsicht
nicht stets schon dann von ihm selbst zu treffen, wenn es inhaltlich um
Geschäftsverteilungsfragen geht.
Es überzeugt auch nicht, dass der Kläger ein eigenes Klagerecht bei
Nichtbeanstandungen als Ergebnis des Verfahrens nach § 88 Abs. 1 Satz 6
NKomVG mit dem Argument einfordert, die Betrachtung der Kommunen als
Teil der mittelbaren Staatsverwaltung sei überholt. Abgesehen davon, dass
trotz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG die Kommunen
staatsorganisationsrechtlich sehr wohl Teil der mittelbaren Staatsverwaltung
sind (vgl. etwa BVerfG, Urt. v. 20.12.2007 - 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 -,
juris Rn. 151), geht es hier nicht um die Frage der Wehrfähigkeit der Kommune
gegenüber der Kommunalaufsichtsbehörde, sondern um Klagerechte eines
einzelnen Organs im Falle einer Nichtbeanstandung.
Die Sichtweise des Klägers mag zwar rechtspolitisch begründbar sein,
insbesondere nachdem infolge der Abschaffung der "Zweigleisigkeit" die
Verhältnisse zwischen den kommunalverfassungsrechtlichen Organen einer
Nachjustierung bedurften. Die Möglichkeit der Wahrnehmung von
Organrechten durch das betroffene Organ gegenüber der staatlichen
Kommunalaufsicht entspricht aber nicht der gegenwärtigen Rechtslage.
c) Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den unter a) und b)
dargestellten vereinfachten Sachverhalten letztlich nur dadurch, dass sie eine
Kombination aus diesen beiden Sachverhalten darstellt: Der Ratsbeschluss
vom 13. Juli 2013 enthält eine "Globalmissbilligung", die sich auf drei einzelne
Organisationsentscheidungen des Klägers bezieht, von denen das beklagte
Ministerium wiederum nur eine als Verstoß gegen die Richtlinien des Rates
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aus 2009 eingestuft hat. Teilte man die Entscheidung des beklagten
Ministeriums vom 31. August 2012 in entsprechender Weise auf, könnte man
sie als Kombination aus teilweiser Beanstandung und teilweiser
Nichtbeanstandung des Ratsbeschlusses vom 13. Juli 2012 betrachten. Auch
bei einer solchen gedachten Aufteilung bliebe es indessen bei den unter a)
und b) skizzierten Rechtsschutzmöglichkeiten, die aber jeweils nicht dem
Kläger oder dem Rat als Organ zustünden. Abweichendes kann nicht schon
deshalb gelten, weil sich die Entscheidung vom 31. August 2012 als
"zusammengesetzt" darstellt und eine Beanstandung der "Globalmissbilligung"
nicht erfolgt ist, weil das beklagte Ministerium eine von drei
Organisationsentscheidungen als Verstoß gegen die Richtlinien des Rates aus
2009 angesehen hat.
Unmittelbarer Gegenstand des kommunalaufsichtlichen Verfahrens war im
Übrigen nur der Ratsbeschluss, nicht aber die Organisationsverfügung des
Klägers. Dies spricht dagegen, in der Nichtbeanstandung vom 31. August
2012 zugleich eine formelle Beanstandung der Organisationsverfügung des
Klägers vom 3. Juli 2012 zu erblicken, soweit das beklagte Ministerium eine
"inzidente Teilrechtswidrigkeitsfeststellung" getroffen hat. Sogar dies kann aber
letztlich dahinstehen. Selbst wenn man in der Entscheidung des beklagten
Ministeriums vom 31. August 2012 eine Beanstandung der
Organisationsverfügung des Klägers erblicken wollte, stünde allenfalls der
Stadt D. ein Klagerecht gegenüber dem beklagten Ministerium zu, über dessen
Ausübung die zuständigen kommunalen Organe zu befinden hätten. Der
Kläger kann sich hingegen nicht als Organ an die Stelle der im Verhältnis zur
Kommunalaufsichtsbehörde allenfalls klageberechtigten Kommune setzen.
2. Es bedarf mangels Statthaftigkeit der Klage keiner Ausführungen zu der
Frage, ob und inwieweit der Kläger überhaupt noch ein Feststellungsinteresse
für seinen weit gefassten Antrag beanspruchen kann, nachdem er seine
Organisationsverfügung vom 3. Juli 2012 weitgehend umgesetzt hat - nämlich
bis auf den Bereich "Wirtschaftsförderung" - und dies vom Rat offenbar
hingenommen wurde. Offenbleiben kann ferner, ob ein
Hauptverwaltungsbeamter gegenüber der Kommunalaufsichtsbehörde
überhaupt als Beteiligter i. S. d. § 61 VwGO angesehen werden kann
(verneinend: KVR-NKomVG, Stand: November 2013, § 88 Rn. 36). Schließlich
bedarf es auch keiner materiell-rechtlichen Bewertung, ob das
Spannungsverhältnis zwischen der Richtlinienkompetenz des Rates (§ 58
Abs. 1 Nr. 2 NKomVG) und der Geschäftsverteilungskompetenz des
Oberbürgermeisters (§ 85 Abs. 3 Satz 1 NKomVG) zutreffend aufgelöst wurde
bzw. ob das beklagte Ministerium als Kommunalaufsichtsbehörde zu Recht
keine Beanstandung des Ratsbeschlusses vom 13. Juli 2012 vorgenommen
hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.