Urteil des VG Gießen vom 20.09.1999

VG Gießen: gemeinsame einrichtung, hessen, juristische person, öffentlich, arbeitsgemeinschaft, beleihung, vertrag zu lasten dritter, geschäftsführung ohne auftrag, eingriffsverwaltung, vollmacht

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Gericht:
VG Gießen 10.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 E 1432/97
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 5 Abs 3 HeilBerG HE, § 61 Nr
2 VwGO, § 16 Abs 3 RöV 1987
(Erhebung von Prüfentgelten für die Prüfung von
Röntgeneinrichtungen durch eine ärztliche Stelle)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Prüfentgelten für
die Prüfung von Röntgeneinrichtungen nach § 16 Abs. 3 der Röntgenverordnung
(RöV).
Zur Durchführung der RöV schlossen das damalige Hessische Sozialministerium
einerseits, die Landesärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung Hessen
andererseits eine Vereinbarung über die Einrichtung einer Ärztlichen Stelle
(Staatsanzeiger 1989, 1569).
Die Vereinbarung lautet u.a. wie folgt:
§ 1
1.) Die Körperschaften errichten nach Maßgabe der Anlage, die Bestandteil dieser
Vereinbarung ist, eine Ärztliche Sachverständigenstelle für Strahlenschutz und
Strahlenhygiene mit der Kurzbezeichnung: "Ärztliche Stelle''. Das Hessische
Sozialministerium bestimmt hiermit im Wege der Beleihung diese Stelle zur
Ärztlichen Stelle nach § 16 Abs. 3 der Röntgenverordnung - RöV vom 08. Januar
1987 (BGBl. I S. 114). Die Stelle wird vor Abweichungsfestsetzungen nach § 16
Abs. 2 S. 4 RöV gehört...
2.) Qualitätssicherungsmaßnahmen, die sich aus dem jeweiligen Berufsrecht oder
aus § 368 n Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung für die Kassenärztliche
Vereinigung herleiten, sind nicht Aufgabe der Ärztlichen Stelle; es können ihr
derartige Aufgaben jedoch übertragen werden.
§ 2
1.) Die Ärztliche Stelle ist berechtigt, kostendeckende Entgelte für ihre Leistungen
von den Betreibern von Röntgenanlagen zu erheben. Sie wird den Hessischen
Sozialminister vor Festsetzung oder Änderung dieser Entgelte unterrichten...
2.) Für die den Körperschaften nicht angeschlossenen Betreiber von medizinisch
genutzten Röntgeneinrichtungen fordern die atomrechtlichen Vollzugsbehörden
die Betreiber auf, der Ärztlichen Stelle die Aufzeichnungen nach § 16 Abs. 3 RöV
zugänglich zu machen.
§ 3
Diese Vereinbarung tritt zum ersten Januar 1989 in Kraft. Sie gilt bis zum 31.
Dezember 1993. Die Vertragsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn die
Vereinbarung nicht spätestens ein Jahr vor Ablauf der jeweiligen Geltung gekündigt
wird. Zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung erlöschen alle Rechte
und Pflichten aus der Beleihung...
Die zu dieser Vereinbarung veröffentlichte Anlage (Staatsanzeiger 1989, 1570)
bestimmt u.a.:
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bestimmt u.a.:
1. Verhältnis der Ärztlichen Stelle zu den Körperschaften
1.1 Die Ärztliche Stelle ist eine gemeinsame Einrichtung der Landesärztekammer
und Kassenärztliche Vereinigung zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 16 Abs. 3
der Röntgenverordnung vom 8. Januar 1987. Zum Betrieb der Ärztlichen Stelle
schließen sich die Beteiligten Körperschaften zu einer Arbeitsgemeinschaft
zusammen.
1.2 Die Arbeitsgemeinschaft unterhält die Ärztliche Stelle; sie hat ihren Sitz in
Frankfurt am Main und ist organisatorisch der Landesstelle der Kassenärztlichen
Vereinigung Hessen angegliedert. Die Aufgaben der Ärztlichen Stelle ergeben sich
aus § 1 Abs. 1 dieser Vereinbarung. Das Aufgabengebiet der Ärztlichen Stelle
erstreckt sich auf das gesamte Land Hessen...
1.3 Die Arbeitsgemeinschaft wird gerichtlich und außergerichtlich durch den
Vorsitzenden ihres Vorstandes oder seinen Stellvertreter vertreten. Zur Erledigung
der laufenden Geschäfte kann dem Leiter der Ärztlichen Stelle auf Beschluß des
Vorstandes eine allgemeine Vollmacht erteilt werden...
2.1 Die Ärztliche Stelle ist die Sachverständigenstelle zur Qualitätssicherung bei
Röntgeneinrichtungen nach § 16 Abs. 3 RöV...
4.1 Die Ärztliche Stelle fordert nach § 16 Abs. 3 RöV von jedem
Strahlenschutzverantwortlichen, der in ihrem Zuständigkeitsbereich eine
Röntgeneinrichtung zur Untersuchung von Menschen betreibt, Röntgenaufnahmen
sowie die Aufzeichnungen zur Qualitätssicherung an. Sie bestimmt die zu
übersendenden Röntgenaufnahmen...
4.2 Die Mitglieder der Ärztlichen Stelle beurteilen nach § 16 Abs. 3 RöV die
übersandten Röntgenaufnahmen sowie die Aufzeichnungen zur Qualitätssicherung
unter Berücksichtigung der Auffassung der beratenden Mitglieder und machen
erforderliche Verbesserungsvorschläge.
4.3 Die Ärztliche Stelle teilt dem Strahlenschutzverantwortlichen ihre Beurteilung
gem. § 16 Abs. 3 RöV und Verbesserungsvorschläge schriftlich mit. Sie überprüft
aufgrund von Röntgenaufnahmen und der Aufzeichnung zur Qualitätssicherung, ob
ihre Verbesserungsvorschläge unverzüglich beachtet worden sind....
Die Vereinbarung wurde von den Körperschaften zum 31.12.1997 gekündigt und
ist lt. Mitteilung des Ministeriums am 30.06.1998 endgültig ausgelaufen.
Die Ärztliche Stelle verwendet im Schriftverkehr im Briefkopf einen Äskulapstab
neben einem dem Hessischen Landeswappen nachempfundenen gestreiften
Löwen, teilweise auch das Landeswappen. Sie veröffentlichte im Staatsanzeiger
1994, 3053 eine vom Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung
bestätigte Regelung über die Festlegung von Entgelten für die Prüfung und
Erfassung von medizinischen Röntgendiagnostikeinrichtungen.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit forderte die Ärztliche Stelle von den Ärzten
Röntgenbilder und Unterlagen an, führte Prüfungen durch, erstellte Prüfberichte
und beriet unaufgefordert die Ärzte in bezug auf die Prüfergebnisse und -
beanstandungen.
Sie forderte die Ärzte zur Zahlung von Entgelten für diese Leistungen auf; teilweise
kamen die Ärzte der Aufforderung nach, andere Ärzte verweigerten die Zahlung.
Die auf Rückzahlung bereits geleisteter Entgelte gerichteten Klagen von Ärzten
waren vor dem Landgericht Frankfurt am Main erfolgreich, exemplarisch wird auf
das Urteil vom 05.05.1999 (24 O 396/98) verwiesen.
Die Ärztliche Stelle forderte die Beklagten trotz Mahnung erfolglos zur Zahlung von
Prüfentgelten in Höhe von 2746,30 DM auf.
Am 22.08.1997 hat die Ärztliche Stelle Klage erhoben.
Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus, der Verwaltungsrechtsweg sei nach
§ 40 VwGO gegeben, da die Klägerin durch öffentlich-rechtlichen Vertrag aufgrund
von § 16 Abs. 3 RöV mit staatlichen Aufgaben beliehen und aufgrund von § 2 des
genannten öffentlich-rechtlichen Vertrages über die Errichtung einer Ärztlichen
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genannten öffentlich-rechtlichen Vertrages über die Errichtung einer Ärztlichen
Stelle berechtigt sei, kostendeckende Entgelte zu erheben. Rechtsgrundlage für
die geltend gemachten Kosten seien die §§ 11 und 12 des Atomgesetzes. § 16
Abs. 3 RöV verpflichte die Strahlenschutzverantwortlichen, Röntgenaufnahmen von
Menschen einschließlich der dazugehörigen Aufzeichnungen einer von der
zuständigen Behörden bestimmten Ärztlichen Stelle zur Beurteilung vorzulegen. In
§ 16 Abs. 3 S. 2 RöV sei weiter geregelt, daß die Ärztliche Stelle die Aufgaben
habe, dem Strahlenschutzverantwortlichen und dem anweisenden Arzt Vorschläge
zur Verringerung der Strahlenexposition zu machen. Aus der amtlichen
Begründung zur Röntgenverordnung ergebe sich, daß es der Verordnungsgeber
für zweckmäßig erachtet habe, die Zusammenarbeit der staatlichen
Aufsichtsbehörden mit der Ärztliche Stelle aufgrund einer öffentlich-rechtlichen
Vereinbarung zu regeln. In Hessen sei dies durch die Vereinbarung zwischen dem
Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales und der
Landesärztekammer Hessen und der Kassenärztlichen Vereinigung als
Körperschaften des öffentlichen Rechts über die Errichtung einer Ärztlichen Stelle
geschehen. Gemäß § 2 Abs. 1 dieses Vertrages sei die Ärztliche Stelle berechtigt,
kostendeckende Entgelte für ihre Leistungen von den Betreibern der
Röntgenanlagen zu erheben. Das zuständige Ministerium werde von der
Festsetzung bzw. einer Änderung der Entgelte unterrichtet. Die entsprechenden
Prüfentgelte seien im Staatsanzeiger 1994, 3053 veröffentlicht. Bei der Ärztlichen
Stelle handele es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie führe die
Prüfungen in eigener Hoheit durch und müsse daher kostendeckende Entgelte
selbständig erheben. Der geltend gemachte Zinsanspruch beruhe auf einer
analogen Anwendung von § 291 BGB.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2746,30 DM nebst 4 % Zinsen seit
Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor, die von der Ärztlichen Stelle
Hessen erhobenen Entgelte seien im Vergleich zu anderen Bundesländern
überhöht. Die Ärztliche Stelle habe nicht nachgewiesen, daß die Entgelte
kostendeckend seien. Zudem sei die Klage unzulässig, da die Ärztliche Stelle nicht
beteiligungsfähig i.S.d. § 61 VwGO sei. Es handele sich weder um eine natürliche
oder juristische Person oder eine Behörde. Sie sei auch nicht als beteiligungsfähige
Vereinigung anzusehen. Weiter sei der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, da es
sich ausschließlich um zivilrechtliche Streitigkeiten handele. Es fehle zudem an
einer Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Entgelten durch die Ärztliche
Stelle.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 01.07.1998 wurde die Klägerin u.a. aufgefordert,
dazu Stellung zu nehmen, in welcher rechtlichen Form die ärztliche
Sachverständigenstelle in Hessen gegenwärtig existiere, durch wen sie vertreten
werde, was die rechtliche Grundlage für die Vertretungsregelung sei und wie die
ladungsfähige Anschrift der Klägerin laute. Ferner wurde sie aufgefordert, dazu
Stellung zu nehmen, was die genaue und zutreffende Rechtsgrundlage für die
streitgegenständliche Entgelterhebung sei und nachzuweisen, daß die von der
Ärztlichen Stelle geltend gemachten Beträge "kostendeckend'' seien. Die Klägerin
wurde darauf hingewiesen, daß an der Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die
Beteiligtenfähigkeit, die Prozeßfähigkeit und eine wirksame Bevollmächtigung
erhebliche Zweifel bestehen.
Hierauf trug die Ärztliche Stelle nach Anwaltswechsel im wesentlichen vor, sie habe
Aufgaben gem. § 16 Abs. 3 RöV als Gesellschaft bürgerlichen Rechts
wahrgenommen. Diese Tätigkeit habe sie mit dem 30.06.1998 eingestellt, sie
bestehe nunmehr zum Zwecke der Realisierung der Aktiva und Passiva fort.
Gerichtlich und außergerichtlich werde sie durch ihren Vorstand vertreten. Sitz sei
weiterhin die Adalbertstraße 64 in Frankfurt. Rechtsgrundlage für die
Entgeltforderung sei letztlich § 2 Abs. 1 S. 1 der Vereinbarung vom 03.07.1989.
Eine abschließende Darlegung der sachlichen Berechtigung der Höhe des Entgelts
sei nicht möglich, weil zum einen die Einstellung der Tätigkeit die Kapazitäten zu
stark in Anspruch nehme und zum anderen wegen urlaubsbedingter Abwesenheit
relevante Gesprächspartner nicht zur Verfügung stünden. Es sei aber darauf
hinzuweisen, daß die Ärztliche Stelle vom Land beliehen worden und deswegen
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hinzuweisen, daß die Ärztliche Stelle vom Land beliehen worden und deswegen
gem. § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig sei. Der Verwaltungsrechtsweg sei
eröffnet, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handele, die nicht
einem anderen Gericht zugewiesen sei. Der Klägerin sei die öffentlich-rechtliche
Aufgabe zur Ausführung im eigenen Namen übertragen worden. Sowohl aufgrund
der Vereinbarung als auch aufgrund der materiellen Rechtslage sei sie als
Beliehene zu qualifizieren. Sie sei als Trägerin öffentlicher Rechte beteiligungsfähig
i.S.d. § 61 VwGO. Die Beleihung sei wirksam erfolgt. Beleihungsfähig seien nicht
nur natürliche und juristische Personen, sondern auch nicht rechtsfähige
Vereinigungen wie ein nicht eingetragener Verein oder eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts. Rechtsgrundlage der Beleihung sei § 16 Abs. 3 RöV. Diese
Regelung habe nicht den durch §§ 11, 12, 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 2
Atomgesetz gezogenen Rahmen der Verordnungsermächtigung überschritten.
Gleiches sei im Bereich des § 6 StVG anerkannt für die Beleihung des TÜV mit
hoheitlichen Aufgaben der Kraftfahrzeugüberwachung und Führerscheinerteilung.
Anderes könne auch vorliegend nicht gelten. Selbst wenn die Ärztliche Stelle unter
Kompetenzüberschreitung der Ärztlichen Körperschaften gegründet worden sei,
würde dies die Wirksamkeit nicht berühren. Zudem sei die Kompetenz der
Ärztlichen Körperschaften aus § 5 Abs. 1 Nr. 6 HeilberufsG abzuleiten. Der
Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung stünden die Bestimmungen des SGB
V nicht entgegen. Die Entgelterhebung beruhe auf § 21 Abs. 2 Atomgesetz i.V.m.
der Vereinbarung. Die Ärztliche Stelle sei Sachverständige i.S.d. Atomgesetzes,
was sich aus den übertragenen Aufgaben und aus § 20 Atomgesetz ergebe. Als
Beliehene sei sie taugliche Sachverständige. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 der
Vereinbarung sei sie befugt, den durch die Prüfung hervorgerufenen Aufwand als
Kosten (Auslagen) in eigenem Namen zu erheben und einzuziehen, es fehle allein
an einer Befugnis, diese Kosten durch einen Bescheid zu titulieren. Die
Vereinbarung sei nicht als Vertrag zu Lasten Dritter zu verstehen, sondern es sei
allein ein bestehender Anspruch gem. § 21 Abs. 3 Atomgesetz auf die Klägerin
übergeleitet worden. Die Höhe der geforderten Entgelte gehe nicht über die durch
die Tätigkeit der Ärztlichen Stelle verursachten Aufwendungen hinaus. Tatsächlich
seien die Entgelte nicht kostendeckend gewesen, vielmehr habe die Ärztliche
Stelle im Laufe ihrer Tätigkeiten einen Verlust erwirtschaftet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie der gleichzeitig verhandelten Verfahren
und auf die diesbezüglichen Unterlagen der Ärztlichen Stelle sowie auf die vom
Hessischen Sozialministerium beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die
allesamt, ebenso wie das Urteil des VG Wiesbaden vom 23.11.1998, 9 E 292/98,
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg, denn sie ist weder zulässig noch begründet.
Zwar wäre für das Begehren der Klägerin der Verwaltungsrechtsweg nach § 40
Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet, denn sie bemüht zur Herleitung des geltend
gemachten Anspruchs Normen des öffentlichen Rechts und mißt sich die
Ausübung hoheitlicher Befugnisse als Beliehene zu (vgl. auch HessVGH vom
17.04.1991, 5 UE 3455/87). Dies ist bereits dadurch indiziert, daß sie im
Schriftverkehr teilweise das Landeswappen oder einen diesem nachempfundenen
gestreiften Löwen benutzt.
Die Klage ist jedoch bereits unzulässig, weil keine wirksame Klage erhoben bzw.
kein wirksamer Antrag gestellt werden konnte. Zwar ist in der mündlichen
Verhandlung ein Rechtsanwalt aufgetreten mit einer Vollmacht für die Ärztliche
Stelle Hessen (Bl. 51 d. GA). Diese Vollmacht ist jedoch nicht wirksam. Denn die
Ärztliche Stelle existierte nach der Vollmachterteilung nicht mehr, da sie am 30.
Juni 1998 aufgelöst worden ist. Die Vollmacht wurde zwar unterzeichnet. Bei dem
Unterzeichner handelt es sich jedoch nicht um einen Vertreter der Ärztlichen
Stelle, sondern um den Präsidenten der Landesärztekammer, welcher aber
zugleich auch Mitglied der Arbeitsgemeinschaft war, welche die Ärztliche Stelle
getragen hat. Gleiches gilt für die dem früheren Bevollmächtigten zur
Klageerhebung ausgestellte Vollmacht (Bl. 6 d. GA), die vom 2. Vorsitzenden der
Kassenärztlichen Vereinigung Hessen unterzeichnet ist. Die Arbeitsgemeinschaft
ist jedoch mangels anderweitiger Regelung mit Kündigung der Vereinbarung über
die Einrichtung einer Ärztlichen Stelle Hessen ebenfalls untergegangen.
Vollmachtgeber soll nach der im Verfahren vorgelegten Vollmachtsurkunde jedoch
die Ärztliche Stelle sein, welche sowohl den früheren Bevollmächtigten zur
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die Ärztliche Stelle sein, welche sowohl den früheren Bevollmächtigten zur
Klageerhebung rückwirkend bevollmächtigten will, als auch die nunmehrigen
Rechtsanwälte. Da aber die Ärztliche Stelle Hessen nicht mehr existiert und die
Person, welche die Vollmacht unterzeichnete, nie ein Vertreter der Ärztlichen
Stelle, sondern allenfalls der Arbeitsgemeinschaft war, ist der vermeintliche
Bevollmächtigte vollmachtslos. Er kann auch eine wirksame Vollmacht nicht
beibringen. Trotzdem hat das Urteil gegen denjenigen zu ergehen, für den der
Bevollmächtigte zu handeln vorgegeben hat (so schon Redeker/von Oertzen,
VwGO-Kommentar, 8. Aufl., 1986, § 67 Rdnr. 26).
Die Klage ist aber auch bei wirksamer Vollmachtserteilung unzulässig, weil die
Klägerin nicht beteiligungsfähig i.S.d. § 61 VwGO ist. Unstreitig ist sie keine
Behörde i.S.d. § 61 Nr. 3 VwGO. Es handelt sich bei ihr auch nicht um eine
natürliche oder juristische Person nach § 61 Abs. 1 VwGO. Um eine natürliche
Person handelt es sich bei der Ärztlichen Stelle offensichtlich nicht. Auch ist sie in
ihrer Form als von einer Arbeitsgemeinschaft unterhaltene gemeinsame
Einrichtung nicht als juristische Person zu qualifizieren, die Frage einer möglichen
Beleihung ändert hieran nichts. Darüber hinaus ist die Klägerin auch nicht
beteiligungsfähig nach § 61 Nr. 2 VwGO, denn bei ihr handelt es sich nicht um eine
Vereinigung, welcher ein Recht zustehen kann. Mit endgültigem Auslaufen der
öffentlich-rechtlichen Vereinbarung über ihre Errichtung ist die rechtliche und
tatsächliche Existenz der Klägerin beendet worden. Im maßgeblichen Zeitpunkt
der mündlichen Verhandlung ist die Ärztliche Stelle daher weder beteiligtenfähig
noch partei- oder prozeßfähig und die Klage spätestens mit Ablauf des 30.06.1998
unzulässig geworden. Die Klage war aber zur Überzeugung der Kammer bereits im
Zeitpunkt ihrer Erhebung unzulässig.
Zweifelhaft ist bereits, ob es sich bei der Ärztlichen Stelle Hessen überhaupt um
eine Vereinigung i.S.d. § 61 Nr. 2 VwGO gehandelt hat. Zweifel hieran sind aus
dem Grunde angebracht, weil sie nach der Anlage zu der Vereinbarung über die
Einrichtung einer Ärztlichen Stelle eine gemeinsame Einrichtung der
Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung war und sich die
Beteiligten Körperschaften zum Betrieb der Ärztlichen Stelle zu einer
Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen hatten, welche die Ärztliche Stelle
unterhält. Bereits aus dem Wortlaut der Vereinbarung ist ersichtlich, daß die
Arbeitsgemeinschaft und die Ärztliche Stelle nicht identisch sind, sondern vielmehr
die Arbeitsgemeinschaft zwischen den beteiligten Körperschaften und der
Ärztlichen Stelle in einer Art Mittlerfunktion eingebunden ist. Daß damit die
Ärztliche Stelle Hessen selbst eine Vereinigung ist, ergibt sich nicht aus dem
Wortlaut der Vereinbarung über ihre Errichtung und der hierzu veröffentlichten
Anlage nicht hergeleitet werden. Auch ansonsten finden sich hierfür keinerlei
Anhaltspunkte.
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, daß der Ärztlichen Stelle Hessen ein Recht
zustehen kann. Dies gilt in der zu entscheidenden Frage der Ausübung von
Befugnissen nach der RöV sowohl für den Fall der Qualifizierung der Ärztlichen
Stelle als ''gemeinsame Einrichtung'' als auch für den Fall der Qualifizierung als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Soweit ersichtlich, ist eine gemeinsame
Einrichtung nicht rechtsfähig und kann von daher auch nicht Träger von Rechten
und Pflichten sein. Ihr steht damit kein Recht zu. Etwas anderes kann auch nicht
durch die Vereinbarung über die Einrichtung der Ärztlichen Stelle angenommen
werden, denn bei dieser Vereinbarung handelt es sich allenfalls um einen
öffentlich-rechtlichen Vertrag, der aber keine geeignete Rechtsgrundlage sein
kann, um eine ''gemeinsame Einrichtung'' zur Rechtspersönlichkeit und damit zu
einem geeigneten Rechtsträger zu machen.
Selbst für den wohlwollenden Fall der Betrachtung der Ärztlichen Stelle Hessen als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann ihr kein Recht i.S.d. § 61 Nr. 2 VwGO
zustehen. Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts richtet sich
nach §§ 705ff. BGB. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist nach diesen
Vorschriften keine eigene Rechtspersönlichkeit i.S. einer juristischen Person, was
jedoch nicht grundsätzlich ausschließt, daß die Personenverbindung als solche und
nicht etwa nur als Summe der einzelnen Mitglieder dazu befähigt ist, am
Rechtsverkehr teilzunehmen und gesamthänderisch Rechte zu erwerben und
Verbindlichkeiten einzugehen. Träger des Rechts sind die Gesellschafter in ihrer
gesellschaftsrechtlichen gesamthänderischen Verbundenheit, was allenfalls für die
Arbeitsgemeinschaft als Träger der Ärztlichen Stelle in Betracht kommen könnte.
Darin unterscheidet sich die Gesellschaft von anderen Formen der Beteiligung
einer Mehrzahl von Personen. Sie ist als nicht rechtsfähige Vereinigung i.S.d. § 61
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einer Mehrzahl von Personen. Sie ist als nicht rechtsfähige Vereinigung i.S.d. § 61
Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig, soweit ihr ein Recht zustehen kann (vgl. Hess. VGH,
Beschl. v. 23.01.1997, 4 TG 4829/96 zur Frage der Beteiligungsfähigkeit einer
Bauherrengemeinschaft m.w.N.). Im Gegensatz zu der Bauherrengemeinschaft,
der nach den Regelungen des Baurechts durchaus die Fähigkeit zugebilligt werden
kann, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, gilt dies für den Bereich der
Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben nach dem Atomgesetz und der RöV gerade
nicht. Weder dem Atomgesetz noch der RöV sind Regelungen dahingehend zu
entnehmen, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Wahrnehmung
hoheitlicher Aufgaben zu betrauen. In Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage
im Atomgesetz bzw. einer Grundlage in der RöV kann nicht angenommen werden,
daß der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die Beauftragung einer grundsätzlich
nicht rechtsfähigen Gesellschaft mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in
seinen Willen aufgenommen hat. Auch wenn dies möglicherweise hinsichtlich der
Prüfbefugnis nach § 16 Abs. 3 RöV nicht gelten mag, muß dieser Grundsatz im
Bereich der Eingriffsverwaltung, also soweit die Ärztliche Stelle Hessen hoheitlich
Entgelte für ihre Tätigkeit erheben will, Geltung beanspruchen.
Im Bereich der Eingriffsverwaltung ist es unerläßlich, daß die Ermächtigung auf
einer gesetzlichen oder gesetzmäßigen Grundlage beruht. Weder die
Röntgenverordnung noch das Atomgesetz sehen aber vor, daß eine nicht
rechtsfähige Gesellschaft mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im Bereich
der Eingriffsverwaltung betraut werden kann. Damit kann der Ärztlichen Stelle kein
Recht zustehen, für ihre Prüftätigkeit hoheitlich Entgelte zu erheben.
Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick darauf, daß die Ärztliche Stelle Hessen
mit der Vereinbarung über ihre Errichtung im Wege der Beleihung zur
Sachverständigenstelle nach § 16 Abs. 3 RöV bestimmt worden ist. Zum einen hat
das Gericht bereits erhebliche Zweifel daran, daß eine nicht rechtsfähige
Gesellschaft beleihungsfähig ist. Grundsätzlich beleihungsfähig dürften nur
natürliche oder juristische Personen sein, denen kraft Gesetzes eine
Rechtspersönlichkeit zukommt. Ausgeschlossen erscheint es zur Überzeugung der
Kammer aber, daß eine in ihrem Wesen nicht rechtsfähige Gesellschaft ohne
gesetzliche oder gesetzmäßige Grundlage durch eine derartige Vereinbarung und
durch einen Beleihungsakt rechtlich ins Leben gerufen werden kann. Dies gilt
insbesondere für den Fall, daß die Beleihung in den Bereich der Eingriffsverwaltung
fällt, in dem der Beliehene hoheitlich tätig wird und hoheitlich durch die Erhebung
von Entgelten in die Rechte der Betroffenen eingreift. Dies kann in keinem Fall
allein die Folge einer derartigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung sein. In
Ermangelung einer gesetzlichen oder gesetzmäßigen Grundlage für die Beleihung
der Ärztlichen Stelle Hessen im Bereich der Eingriffsverwaltung (d.h. vorliegend für
die Entgelterhebung) kann auch nicht von einer wirksamen Beleihung
ausgegangen werden (vgl. HessVGH vom 18.09.1986, 5 TH 1334/86 und vom
16.06.1977, V OE 42/74, jeweils m.v.N.).
Da die Vereinbarung über die Einrichtung einer Ärztlichen Stelle als öffentlich-
rechtlicher Vertrag nach §§ 54ff. HVwVfG zu qualifizieren ist, scheidet eine
Beleihung im Bereich der Eingriffsverwaltung bereits wegen § 58 HVwVfG aus, da
die Entgelterhebung zu Lasten Dritter wirkt und diese der Vereinbarung ersichtlich
nicht zugestimmt haben. Da die Ärztliche Stelle Hessen nach ihrem
Selbstverständnis im eigenen Namen handelt und sich als Träger hoheitlicher
Befugnisse geriert, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die
Landesärztekammer oder die Kassenärztliche Vereinigung in bezug auf die
zugehörigen Kassenärzte befugt sein könnte, durch Entgelterhebung in deren
Rechte einzugreifen. Denn die Ärztliche Stelle Hessen wird von den öffentlich-
rechtlichen Körperschaften lediglich durch Zwischenschaltung einer
Arbeitsgemeinschaft unterhalten, so daß zwischen der Ärztlichen Stelle und den
Körperschaften unmittelbar keinerlei Rechtsbeziehungen bestehen.
Da ausweislich der Vereinbarung über die Einrichtung der Ärztlichen Stelle lediglich
die Ärztliche Stelle (mit hoheitlichen Aufgaben) beliehen werden sollte, nicht aber
die beteiligten öffentlich-rechtlichen Körperschaften als deren mittelbare Träger
(und die Arbeitsgemeinschaft als unmittelbarer Träger), bedarf es keiner
Entscheidung, ob das Heilberufsgesetz (HeilberufsG) einer Beleihung
entgegensteht, zumal die Unterhaltung einer Ärztlichen Stelle durchaus dem
Regelungsbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 6 HeilberufsG unterfallen dürfte, denn es geht
um die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen.
Nach vorstehenden Ausführungen kann zumindest für den Bereich der
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Nach vorstehenden Ausführungen kann zumindest für den Bereich der
Eingriffsverwaltung und öffentlich-rechtlichen Entgelterhebung keine wirksame
Beleihung der Ärztlichen Stelle Hessen festgestellt werden.
Weiter ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß es der Ärztlichen
Stelle Hessen auch aus dem Grund an einer Rechtspersönlichkeit und
Beleihungsfähigkeit mangeln dürfte, weil sie außerhalb ihres vermeintlichen
Aufgabengebietes nach außen nicht auftreten kann. Nach Ziffer 1.4 der Anlage zu
der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung wird die Arbeitsgemeinschaft gerichtlich
und außergerichtlich durch den Vorsitzenden ihres Vorstandes oder seinen
Stellvertreter vertreten. Zur Erledigung der laufenden Geschäfte kann dem Leiter
der Ärztlichen Stelle auf Beschluß des Vorstandes eine allgemeine Vollmacht
erteilt werden. Damit haben die öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die die
Ärztliche Stelle unterhalten, zur Überzeugung der Kammer unmißverständlich
kundgetan, daß der Tätigkeit der Ärztlichen Stelle Hessen über die laufenden
Geschäfte der Prüftätigkeit hinaus, keine Außenwirkung beigemessen werden soll.
Ansonsten hätte es nahegelegen, der Ärztlichen Stelle Hessen, bzw. deren Leiter,
Handlungsbefugnis nach außen einzuräumen.
Nach diesen Ausführungen ist die Klage auch aus dem Grunde unzulässig, weil die
Ärztliche Stelle Hessen im vorliegendem Verwaltungsstreitverfahren, das sie in
eigenem Namen und aus eigenem Recht betreiben will, nicht deutlich gemacht
hat, daß sie durch die Arbeitsgemeinschaft und damit den Vorsitzenden des
Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft vertreten werden soll, unabhängig von der
sich dann anschließenden Frage, ob der Vorsitzende des Vorstandes einer nicht
rechtsfähigen Arbeitsgemeinschaft überhaupt in der Lage ist, wirksame
Prozeßhandlungen für die nicht rechtsfähige Arbeitsgemeinschaft oder die von
dieser unterhaltenen Einrichtungen vorzunehmen. Dies dürfte ebenso zu
verneinen sein, wie eine wirksame Bevollmächtigung der Prozeßbevollmächtigten,
worauf es jedoch nicht ankommt, da eine entsprechende Vollmacht dieses Inhalts
nie vorgelegt worden ist.
Eine Klagebefugnis der Ärztlichen Stelle Hessen ist zudem dadurch entfallen, daß
diese mit dem 30.06.1998 aufgelöst worden ist. Nach § 3 der Vereinbarung über
die Einrichtung einer Ärztlichen Stelle erlöschen zum Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Kündigung alle Rechte und Pflichten aus der Beleihung.
Selbst wenn also zugunsten der Ärztlichen Stelle Hessen davon ausgegangen
werden sollte, daß diese als Beliehene befugt gewesen ist, hoheitlich Entgelte für
ihre Tätigkeit einzufordern, ist dieses Recht spätestens mit dem Wirksamwerden
der Kündigung der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung und mit der Auflösung der
Ärztlichen Stelle entfallen. Damit liegt im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung,
der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer allgemeinen
Leistungsklage maßgeblich ist, keine Klagebefugnis der Ärztlichen Stelle Hessen
mehr vor. Mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung der
Vereinbarung ist die Ärztliche Stelle Hessen jedenfalls nicht mehr Träger von
Rechten und Pflichten aus dem Beleihungsakt und somit spätestens ab diesem
Zeitpunkt nicht mehr Inhaberin des von ihr geltend gemachten Rechts. Eine
Fortwirkung der Beleihung oder eine eigene Beleihung zum Zwecke der Liquidation
der Ärztlichen Stelle ist nicht ersichtlich und dürfte auch dem Grundsatz der
Rechtmäßigkeit der Verwaltung widersprechen, da in diesem Fall weder der
Umfang noch die Dauer der Beleihung bestimmt werden können.
Nach alledem ist die Klage bereits als unzulässig abzuweisen.
Die Klage wäre jedoch auch für den Fall ihrer Zulässigkeit unbegründet. Denn der
Ärztlichen Stelle Hessen fehlt es bereits an der erforderlichen Fähigkeit zur
Geltendmachung eines Rechts im eigenen Namen.
Das von ihr geltend gemachte Recht zur Entgelterhebung im Wege hoheitlichen
Handelns steht ihr offensichtlich nicht zu, zumindest nicht mehr ab dem Zeitpunkt
des Wirksamwerdens der Kündigung der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung. Ein
derartiges Recht ergibt sich insbesondere nicht aus § 2 Abs. 1 der Vereinbarung
über die Einrichtung einer Ärztlichen Stelle. Eine solche Befugnis im Bereich der
Eingriffsverwaltung setzt, wie bereits oben ausführlich dargelegt, eine gesetzliche
oder gesetzmäßige Grundlage voraus (HessVGH vom 16.06.1977 a.a.O.). Weder
dem Atomgesetz noch der RöV - geschweige denn dem Hessischen
Verwaltungskostengesetz i.V.m. einer Verwaltungskostenordnung - sind aber
Regelungen dahingehend zu entnehmen, daß die Ärztliche Stelle nach § 16 Abs. 3
RöV berechtigt sein soll, hoheitlich Entgelte für ihre Tätigkeit zu erheben.
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RöV berechtigt sein soll, hoheitlich Entgelte für ihre Tätigkeit zu erheben.
Unabhängig davon, ob eine derartige Entgelterhebung auf privatrechtlicher
Grundlage erfolgen könnte oder ob Entgelte durch die atomrechtlichen Behörden
festgesetzt werden dürften, fehlt es der Ärztlichen Stelle Hessen als nicht
rechtsfähiger Vereinigung jedenfalls an der Befugnis, Entgelte öffentlich-rechtlich
festzusetzen und zu fordern.
Dies gilt auch für den Fall, daß eine wirksame Beleihung vorliegt bzw. vorgelegen
haben sollte. In allen dem Gericht bekannten Fällen (z.B. öffentlicher
Vermessungsingenieur, Schornsteinfeger, TÜV) werden die mit hoheitlichen
Aufgaben Beliehenen entweder durch Gesetz oder aufgrund einer auf Gesetz
beruhenden Verordnung unmittelbar ermächtigt, öffentlich-rechtlich Entgelte zu
erheben, wofür eigene Gebührenordnungen oder Gebührentatbestände in den
allgemeinen Verwaltungskostenordnungen festgelegt sind, oder aber die
Beliehenen erheben Entgelte aufgrund eines mit den Betroffenen geschlossenen
privatrechtlichen Vertrages.
Damit kann die Regelung in § 2 Abs. 1 der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung
allenfalls dahin verstanden werden, daß es der Ärztlichen Stelle Hessen
unbenommen sein soll, auf privatrechtlicher Grundlage mit den Anlagenbetreibern
abzurechnen. An einem derartigen privatrechtlichen Vertrag fehlt es aber.
Ausdrücklich ist zwischen der Ärztlichen Stelle und den betroffenen
Anlagenbetreibern und Beklagten kein privatrechtlicher Vertrag geschlossen
worden.
Ein konkludenter Vertragsschluß kommt auch nicht in Betracht. Denn dieser kann
nicht allein in der Tatsache gesehen werden, daß die Anlagenbetreiber auf
Anforderung der Ärztlichen Stelle die gewünschten Unterlagen übersandt haben.
Wenn die Ärztliche Stelle unter Verwendung ihres Briefkopfes zur Vorlage
derartiger Unterlagen auffordert, kann nicht davon ausgegangen werden, daß die
Anlagenbetreiber diese Unterlagen in dem Bewußtsein übersenden, daß hiermit
ein privatrechtlicher Vertrag zustande kommt, der zu Gebührenforderungen führt.
Das Auftreten der Ärztlichen Stelle im Rechtsverkehr läßt allein den Schluß zu, daß
diese in hoheitlicher Form handeln wollte und in dieser Form auch die geforderten
Unterlagen erbeten hat.
Ein Anspruch auf Entgelterhebung nach dem Atomgesetz scheidet aus, da das
Atomgesetz ausschließlich den atomrechtlichen Behörden die Befugnis verleiht,
Kosten zu erheben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die
Bezeichnung der Ärztlichen Stelle Hessen als ärztliche Sachverständigenstelle
unerheblich ist, denn ein Sachverständiger hat grundsätzlich einen
Vergütungsanspruch nur gegenüber dem Auftraggeber, also nicht den
Anlagenbetreibern. Auftraggeber in diesem Sinne können allenfalls diejenigen sein,
die die Vereinbarung über die Einrichtung einer ärztlichen Stelle geschlossen
haben, also das Land Hessen oder die öffentlich-rechtlichen Körperschaften.
Die Ärztliche Stelle Hessen kann ihre Ansprüche auch nicht auf das
Verwaltungskostengesetz stützen, denn § 1 Abs. 1 des HVwKostG räumt lediglich
Behörden das Recht ein, Gebühren und Kosten auf Grundlage dieses Gesetzes zu
erheben. Die Ärztliche Stelle Hessen ist als Einrichtung aber gerade nicht als
Behörde zu qualifizieren.
Auch wenn man in entsprechender Anwendung des unmittelbar hier nicht
anzuwendenden Hessischen Kommunalabgabengesetzes davon ausgehen wollte,
daß derartigen Einrichtungen wie der Ärztlichen Stelle Hessen Kosten entstehen,
die es zu ersetzen gilt, führt dies nicht zu einer Aktivlegitimation der Klägerin.
Denn gem. § 10 HessKAG ist die Gebühr von dem jeweiligen Träger der Einrichtung
mittels Verwaltungsaktes geltend zu machen und nicht von der Einrichtung selbst,
wie vorliegend.
Selbst wenn man § 2 der streitgegenständlichen Vereinbarung die Befugnis der
Ärztlichen Stelle Hessen zur öffentlich-rechtlichen Entgelterhebung beimessen
wollte, wäre diese Bestimmung nicht wirksam, weil es im Bereich der
Eingriffsverwaltung einer gesetzlichen oder gesetzmäßigen Grundlage, also einer
notwendigen und von der zuständigen Behörde - und um eine solche handelt es
sich bei der Ärztlichen Stelle Hessen gerade nicht - erlassenen Kostenordnung
fehlt.
Sonstige Grundlagen, aufgrund derer die Ärztliche Stelle Hessen zur
Entgelterhebung berechtigt sein könnte, sind nicht ersichtlich. Eine
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Entgelterhebung berechtigt sein könnte, sind nicht ersichtlich. Eine
Entgelterhebung nach dem Heilberufegesetz scheidet aus, da es an der hierfür
erforderlichen Gebührensatzung fehlt (vgl. § 5 Abs. 3 HeilberufsG). Ein Anspruch
auf Entgelterhebung folgt auch nicht aus dem im öffentlichen Recht entsprechend
anwendbaren Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag, denn die Ärztliche Stelle
Hessen hat ersichtlich eigene Geschäfte ausführen wollen und nicht für einen
Dritten.
Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812ff. BGB entsprechend)
scheiden ebenfalls aus, weil es bereits an einer Bereicherung der Anlagenbetreiber
fehlt. Durch die Prüftätigkeit der Ärztlichen Stelle kommt es nicht zu einer
Bereicherung im Rechtskreis der Anlagenbetreiber, die irgendwie wertmäßig zu
bemessen ist. Auch die beratende Tätigkeit der Ärztlichen Stelle führt nicht zu
einer derartigen Bereicherung.
Darüber hinausgehend ist die Klage auch unbegründet, weil die Ärztliche Stelle
Hessen nicht substantiiert dargelegt hat, daß die von ihr erhobenen Entgelte
tatsächlich kostendeckend i.S.d. § 2 Abs. 1 der Vereinbarung über die Einrichtung
einer Ärztlichen Stelle sind. Nachvollziehbare Berechnungsunterlagen hierfür sind
dem Gericht trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Allein die pauschale
Behauptung, die Ärztliche Stelle habe lediglich Verluste erwirtschaftet, sind nicht
geeignet, die festgelegten Entgelte als kostendeckend zu qualifizieren. Im Hinblick
auf die Kostendeckung hätte es vielmehr einer Gegenüberstellung der tatsächlich
anfallenden Kosten und der jeweiligen Entgelthöhe bedurft. Allein das Abstellen auf
eine durchschnittliche Zeitdauer der Prüfung genügt ebenfalls nicht, denn diese
Zeitdauer ist zum einen nicht substantiiert dargetan und zum anderen ist eine
durchschnittliche Zeitdauer nicht geeignet, eine kostendeckende Entgelterhebung
zu begründen, zumal der durch den vorgetragenen durchschnittlichen Zeitaufwand
verursachte kostenmäßige Aufwand nicht einmal ansatzweise dargelegt oder
berechnet ist.
Hinsichtlich der Begründetheit der Klage nimmt die Kammer zudem Bezug auf die
zutreffenden Ausführungen in dem undatierten Gutachten der Rechtsanwälte
Bruckhaus und Kollegen in den Vorgängen des Hessischen Sozialministeriums (§
117 Abs. 5 VwGO entspr.).
Nach alledem ist die Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden
Kostenfolge abzuweisen .Die Kosten sind dem Prozeßbevollmächtigten als
vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen (§ 173 VwGO i.V.m.§ 89 Abs. 1 ZPO, vgl.
Kopp, § 67 VwGO, Rz 29 und § 154 VwGO, Rz 1).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und Abwendungsbefugnis beruht
auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.