Urteil des VG Freiburg vom 09.07.2009

VG Freiburg (kläger, gebäude, freiburg, öffentliches interesse, kulturdenkmal, dachgeschoss, dach, bad, rückbau, umgebung)

VG Freiburg Urteil vom 9.7.2009, 4 K 1143/08
Beeinträchtigung der Denkmaleigenschaft durch Dachaufbauten sowie Dachfenster
Leitsätze
Fall eines Kulturdenkmals (gem. § 2 DSchG) aus wissenschaftlichen und künstlerischen Gründen.
Verstöße gegen denkmalschutzrechtliche Vorschriften an Gebäuden in der Nachbarschaft wirken sich auf die
Denkmaleigenschaft eines individuell denkmalgeschützten Gebäudes in der Regel nicht aus.
Bei Denkmalen aus künstlerischen Gründen ist die Schwelle für erhebliche Beeinträchtigungen des
Erscheinungsbilds (hier: durch Einbau neuzeitlicher Dachlegefenster und durch einen großen Dachaufbau als
Austritt auf ein als Terrasse genutztes Dach) niedrig.
Denkmalschutz ist primär Substanzschutz. Auf eine Sichtbarkeit der das Erscheinungsbild erheblich
beeinträchtigenden baulichen Veränderungen vom öffentlichen Verkehrsraum kommt es grundsätzlich nicht an.
Die Praxis der Behörde, Dachaufbauten bei denkmalgeschützten Gebäuden in den für ei nen Dachausstieg
unbedingt erforderlichen (Mindest )Ausmaßen zu genehmigen, führt nicht im Wege der Gleichbehandlung zu einer
Genehmigungspflicht für Dachaufbauten, die diese (Mindest )Maße überschreiten.
Diese Praxis der Behörde kann jedoch im Einzelfallfall dazu führen, dass es unverhältnismäßig und deshalb
ermessensfehlerhaft sein kann, den vollständigen Abbruch eines Dachaufbaus zu fordern, der (zwar) größer (vor
allem großflächiger) ist, als es für den bloßen Dachausstieg erforderlich ist, der aber in seiner optischen Präsenz
nicht stärker in Erscheinung tritt als ein Dachaufbau, der nach dieser Verwaltungspraxis genehmigungsfähig wäre
(und andernorts genehmigt wurde).
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 03.04.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg
vom 17.06.2008 werden aufgehoben, soweit dem Kläger danach aufgegeben wurde, den Dachaufbau (Dachaustritt)
zurückzubauen (Nr. 2a des Bescheids vom 03.04.2008).
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger und die Beklagte tragen je die Hälfte der Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Nachtragsbaugenehmigung und wendet sich gegen eine Verpflichtung
zum Rückbau bereits realisierter Baumaßnahmen.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. … (L.-Straße …) in Freiburg-Wiehre. Dieses Grundstück
war bereits vor dem Umbau durch den Kläger bebaut mit einem vierstöckigen Mehrfamilienhaus plus einem als
Speicher genutzten Dachgeschoss im 2. Dachgeschoss. Das darunter liegende 1. Dachgeschoss wurde
bereits als Wohnung genutzt. Es ist das Mittelhaus einer Häuserreihe, bestehend aus drei aneinander gebauten
Häusern. Unmittelbar im Norden, auf dem Grundstück Flst.-Nr. … (R.-Straße …), und im Süden, auf dem
Grundstück Flst.-Nr. … (L.-Straße …), schließen sich im direkten Anbau an das Haus des Klägers jeweils ein
Wohnhaus mit vergleichbaren Dimensionen an.
3
Am 16.06.2006 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zum
Umbau der Wohnung im ersten Dachgeschoss, Wohnungserweiterung durch Ausbau des Speichers im zweiten
Dachgeschoss mit Anhebung des Dachs, Einbau eines Aufzugs sowie - auf der Gebäuderückseite -
Balkonanbau im dritten Obergeschoss und Vergrößerung der Dachgaupen im vierten Obergeschoss.
4
Im Rahmen der Angrenzeranhörung wandte der Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. …
(L.-Straße …) ein, dass der Grenzabstand zu seinem Grundstück nicht eingehalten und sein Balkon deshalb
verschattet werde. Außerdem bedeuteten die Maßnahmen einen Stilbruch im Verhältnis zur vorhandenen
Bebauung.
5
Mit Bescheid vom 11.08.2006 erteilte die Beklagte dem Kläger die von ihm beantragte Baugenehmigung. Darin
wurde unter anderem ausgeführt, dass es sich bei dem Gebäude um ein Kulturdenkmal handle und bauliche
Veränderungen, auch solche, die aus den Plänen nicht ersichtlich seien, der Genehmigung der
Denkmalschutzbehörde bedürften. Unter Auflagen, Bedingungen und Hinweise wurde unter Nr. 0.9.09
ausgeführt: "Die Genehmigung erstreckt sich nur auf die im Bauantrag beschriebenen Baumaßnahmen (siehe
entsprechenden Teilbereich im Plan). Die anderen Bereiche bleiben offensichtlich unverändert und sind deshalb
nicht Gegenstand der baurechtlichen Prüfung und nicht Bestandteil der Baugenehmigung. Die Genehmigung
gilt nur für die farbig dargestellten Bauteile und Nutzungen." Unter Nr. 8.5.53 wurde ausgeführt: "Bei dem
Gebäude L.-Straße … handelt es sich um ein Kulturdenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes. Die
Untere Denkmalschutzbehörde hat dem Bauvorhaben gem. § 7 Abs. 3 DSchG zugestimmt. Diese
Baugenehmigung schließt die denkmalrechtliche Entscheidung ein. Die Zustimmung der Unteren
Denkmalschutzbehörde ist an folgende Auflagen und Bedingungen geknüpft:
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- Dacheinschnitte sind auf der Gebäuderückseite nicht zulässig.
- Das Oberlicht muss in die Dachfläche integriert werden.
- Die straßenseitigen Dachlegefenster müssen sich bündig in die Dachflächen einfügen (Größe
maximal 0,90 m x 0,90 m).
- Der straßenseitige Einbau eines 'Straßburger Fensters' im ersten Dachgeschoss ist nicht zulässig."
7
Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 24.09.2007 stellte die Beklagte verschiedene Bauarbeiten des Klägers
im Dachstuhl, im Bereich der Gaupen, des Dacheinschnitts hinter dem Schaugiebel und des Dachausstiegs
auf das Flachdach, ein. Mit einem weiteren sofort vollziehbaren Bescheid vom 26.09.2007 wurde die
Baueinstellung auf den gesamten Bereich des Dachstuhls erweitert. Ferner wurde dem Kläger aufgegeben, für
die durchgeführten und geplanten Baumaßnahmen bis zum 15.10.2007 Bauvorlagen vorzulegen und einen
neuen Bauleiter zu bestellen. Grund für diese Entscheidungen war die Feststellung, dass bei der
Bauausführung gravierend von der erteilten Baugenehmigung abgewichen worden sei. Die baulichen
Veränderungen seien unzweifelhaft bau- und denkmalschutzrechtlich genehmigungspflichtig.
8
Am 09.10.2007 reichte der Kläger bei der Beklagten die Nachtragspläne ein. Danach ist vorgesehen:
9
- im ersten Dachgeschoss (4. OG):
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der Einbau eines Kaminofens im Gebäudeinnern an der östlichen Außenwand sowie eine Veränderung
der beiden (bereits vorhandenen) Dachgaupen beiderseits des Schaugiebels;
11 - im zweiten Dachgeschoss:
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das Dach hinter dem Schaugiebel an der Westseite des Gebäudes zu öffnen und die hinter dem
Schaugiebel liegende Fläche als Dachterrasse (und gleichzeitig als zweiten Fluchtweg) auszuführen,
ferner der Einbau von zwei viergliedrigen Dachflächenfenstern in einer Größe von 1,66 m x 1,66 m
beiderseits des Schaugiebels sowie ein Treppenaufgang vom zweiten Dachgeschoss auf das
Gebäudedach;
13 - auf dem Gebäudedach:
14
die Anlage einer Dachterrasse mit einem Dachaustritt (Dachaufbau) in einer Gesamthöhe von 2,65 m
sowie Errichtung eines Sockels über dem Aufzugsschacht mit einer Höhe von 0,75 m;
15 - eine weitere Erhöhung des Dachfirsts auf 17,23 m.
16 In der erneut durchgeführten Angrenzeranhörung machten die Eigentümer beider Grundstücke auf der Nord-
und Südseite des Grundstücks des Klägers Einwendungen geltend. Sie wandten sich insbesondere gegen die
weitere Erhöhung des Dachfirstes, gegen die Errichtung eines Dachausstiegs und gegen die Dimensionierung
der Dachgaupen und -fenster.
17 In einer Stellungnahme vom 03.12.2007 führte das Regierungspräsidium Freiburg, Referat Denkmalpflege, im
Wesentlichen aus: Die Denkmaleigenschaft des Gebäudes des Klägers ergebe sich aus den im Entwurf zur
Liste der Kulturdenkmale (Stand 1983) genannten Schutzgründen. An der Erhaltung des Kulturdenkmals
bestehe aus künstlerischen und wissenschaftlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Das Anwesen sei ein
repräsentatives Zeugnis der Architektur der Jahrhundertwende. In seinem durch Elemente des Jugendstils
gekennzeichneten Erscheinungsbild reihe es sich in eine Häuserzeile ein, die im Zusammenspiel mit den
Hausabschnitten Nr. … und R.-Straße … gegenüber den Nachbarbauten hervorsteche. Im Vergleich mit den
vom Architekten B. im selben Jahr erbauten Gebäuden der Nachbarschaft zeige es eine Architekturauffassung,
die virtuos und abwechslungsreich mit dem Formenvokabular der Zeit spiele. Mithin dokumentiere es
eindrucksvoll das vielfältige künstlerische Schaffen des Architekten. Das Erscheinungsbild des Gebäudes
leiste somit einen exemplarischen Beitrag zur vielgestaltigen und repräsentativen Bebauung der L.-Straße.
Diese sei typisch für den gründerzeitlichen Bauwillen in der Wiehre. Darin liege auch der dokumentarische Wert
des Anwesens begründet. Um die Denkmaleigenschaft weiterhin aufrecht erhalten zu können, sei es aus
fachlicher Sicht notwendig, folgende Maßnahmen zu fordern: Schließung der Dachöffnung und Rückbau des
Austritts am Schaugiebel, Rückbau der Dachlegefenster zu beiden Seiten des Schaugiebels bis auf das Maß
von jeweils maximal 90 cm x 90 cm, vollständiger Rückbau des Dachaufbaus.
18 Mit Bescheid vom 03.04.2008 erteilte die Beklagte dem Kläger auf den Nachtragsbauantrag vom 09.10.2007
eine Baugenehmigung für den straßenseitigen Umbau der beiden Dachgaupen im ersten Dachgeschoss sowie
die Errichtung einer Dachöffnung und eines Austritts hinter dem Schaugiebel (Nr. 1). Von der
Nachtragsbaugenehmigung ausgenommen wurden ausdrücklich der Dachaufbau (Dachaustritt) (Nr. 2a) und im
zweiten Dachgeschoss die Dachlegefenster zu beiden Seiten des Schaugiebels (Nr. 2b). Soweit die
durchgeführten Baumaßnahmen von dieser Nachtragsbaugenehmigung abweichen, wurde der Kläger
verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Unanfechtbarkeit des Bescheids einen
baugenehmigungskonformen Zustand herzustellen. Bauteile, die von der Baugenehmigung ausgenommen sind,
sind innerhalb von sechs Monaten nach Unanfechtbarkeit des Bescheids in den in den Bestandsplänen zum
Bauantrag vom 06.06.2006 beschriebenen Zustand des Gebäudes im zweiten Dachgeschoss zurückzubauen.
Zur Abwendung dieser Verpflichtung kann die weiterhin bestehende Baugenehmigung vom 11.08.2006
ausgeführt werden. Bei den Dachlegefenstern kann die Auflage in der Weise erfüllt werden, dass Fenster mit
der nach § 34 LBO erforderlichen Größe eingebaut werden. Soweit hiervon Gebrauch gemacht wird, sind
entsprechende Bauzeichnungen vorzulegen. Die Baueinstellungsverfügung vom 26.09.2007 wurde aufgehoben.
Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus: Durch die durchgeführten bzw. die noch
vorgesehenen Baumaßnahmen im zweiten Dachgeschoss werde die Denkmaleigenschaft des Gebäudes
zerstört. Der derzeitige Zustand und die geplanten Baumaßnahmen seien deshalb nicht genehmigungsfähig,
soweit die in diesem Bescheid ausdrücklich beschriebenen Maßnahmen betroffen seien. Der Rückbau sei dem
Kläger zumutbar. Bei dem Gebäude des Klägers handle es sich um ein Kulturdenkmal. Die bereits
durchgeführten Arbeiten hätten die Denkmaleigenschaft nicht beseitigt. Auch bei Durchführung der in diesem
Bescheid genehmigten Maßnahmen werde die Denkmaleigenschaft noch gewahrt. Das gelte jedoch nicht,
wenn es in vollem Umfang bei den bereits durchgeführten Maßnahmen verbleibe. Deshalb überwiege das
öffentliche Interesse an der Erhaltung und Wiederherstellung des Kulturdenkmals das private
Nutzungsinteresse des Klägers. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger die Abweichungen von der
Baugenehmigung auf eigenes Risiko durchgeführt habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass eine Duldung der
durchgeführten Maßnahmen eine negative Vorbildwirkung für das Erhaltungsinteresse von Kulturdenkmalen
habe. Dass in der Vergangenheit in der Umgebung Veränderungen im Bereich von Dachgeschossen
denkmalgeschützter Gebäude zugelassen worden seien, sei deshalb ohne Bedeutung, weil sich die
Denkmalschutzbehörden auf ein konsequenteres Einschreiten verständigt hätten. Denn nur so sei die
Denkmaleigenschaft von Gebäuden in Freiburg zu sichern. Der Kläger könne nicht darauf vertrauen, dass in
der Vergangenheit in der Umgebung Eingriffe in die Eigenschaft von Kulturdenkmälern genehmigt worden
seien. Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Rückbauverpflichtung könne er nicht geltend machen, da der
Zustand auf einem Verstoß gegen eine dem Kläger erteilte Baugenehmigung beruhe. Außerdem könnten die
durch die Zerstörung verursachten Mehrkosten im Vergleich zu den fiktiven Erhaltungskosten nicht
berücksichtigt werden. Von einem vollständigen Rückbau der Baumaßnahmen im Bereich des Schaugiebels
sei im Hinblick auf die Ausnutzung des dahinterliegenden Kinderzimmers abgesehen und es sei lediglich
verlangt worden, dass der Austritt hinter dem Schaugiebel bis zur Höhe der Brüstung mit Dachziegeln
ausgeführt werde. Diese gefundene Lösung stelle ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den
Nutzungsinteressen des Klägers und den öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Kulturdenkmals dar.
19 Am 08.04.2008 erhob der Kläger dagegen Widerspruch, den das Regierungspräsidium Freiburg mit
Widerspruchsbescheid vom 17.06.2008 zurückwies. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium
zusammengefasst aus: Zu Recht habe die Beklagte den Dachaufbau sowie die Dachlegefenster zu beiden
Seiten des Schaugiebels von der Nachtragsbaugenehmigung ausgenommen. Denn diese Maßnahmen
verstießen gegen Denkmalschutzrecht. Das Gebäude des Klägers sei ein Kulturdenkmal, weil
wissenschaftliche und künstlerische Gründe für seine Erhaltung sprächen. Dies ergebe sich aus der
Stellungnahme des Referats Denkmalpflege. Wenn die Rückbauforderung der Beklagten erfüllt würde, befände
sich das Gebäude nach seinem äußeren Erscheinungsbild wieder in einem schutzwürdigen Zustand. Es sei
dann weiterhin in der Lage, das vielfältige künstlerische Schaffen des Architekten B. zu dokumentieren und
einen exemplarischen Beitrag zur vielgestaltigen und repräsentativen Bebauung der L.-Straße zu leisten. Der
Kläger könne sich nicht auf negative Berufungsfälle in der Umgebung berufen. Die Beklagte sei nicht
verpflichtet, eine inzwischen als zu großzügig erkannte Praxis fortzusetzen und Fehler aus der Vergangenheit
zu wiederholen. Auch sei davon auszugehen, dass die örtliche Bevölkerung das Gebäude des Klägers als ein
erhaltenswertes Kulturdenkmal erachte. Beleg dafür sei, dass die Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild e.
V. die Baumaßnahmen des Klägers beanstandet habe. Das Erscheinungsbild des Gebäudes als Kulturdenkmal
werde durch die Baumaßnahmen des Klägers in objektiver Hinsicht negativ beeinflusst. Der aufgeschlossene
Durchschnittsbetrachter nehme die Veränderung des Kulturdenkmals als nachteilig wahr. Eine Beeinträchtigung
von besonderem Gewicht oder eine deutliche Wahrnehmbarkeit sei rechtlich nicht erforderlich. Die
Beeinträchtigung sei auch von der Beklagten zu Recht als erheblich eingestuft worden. Nicht erforderlich sei,
dass die Veränderung im bauordnungsrechtlichen Sinn als verunstaltend angesehen werde. Insbesondere der
geplante Dachaufbau und die Dachlegefenster zu beiden Seiten des Schaugiebels würden einen auffälligen
Kontrast zu charakteristischen Merkmalen des historischen Erscheinungsbilds des Gebäudes bilden und als
Fremdkörper den Gesamteindruck empfindlich stören. Beide Bauteile stellten einen nicht mehr hinnehmbaren
und außerordentlich auffälligen sichtbaren Einbruch neuzeitlicher Dachfunktionen bzw. Dachfenster dar. Sie
stünden damit in einem besonders sensibeln und exponierten Bereich des Gebäudes in einem auffälligen
Widerspruch zum vorhandenen bzw. wiederherstellbaren Originalbestand. Im Rahmen ihrer
Ermessensausübung habe die Beklagte die öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Kulturdenkmals und
die privaten Nutzungsinteressen des Klägers zutreffend abgewogen. Die privaten Interessen des Klägers
müssten hinter den denkmalpflegerischen Belangen zurückstehen. Dabei sei auch von Bedeutung, dass die
Denkmalschutzbehörden die Nutzungsinteressen des Klägers bereits durch nachträgliche Genehmigung
einzelner formell baurechtswidrig durchgeführter Baumaßnahmen anerkannt hätten. Die weitergehenden
Baumaßnahmen würden einen Eingriff in das Kulturdenkmal darstellen, der den Verlust der
Denkmaleigenschaft bedeute. Auch die teilweise Rückbauverpflichtung sei rechtmäßig und ermessensfehlerfrei
erfolgt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Gleichheitssatz seien hinreichend beachtet worden. Es
werde nicht verkannt, dass die Forderung für den Kläger einen beträchtlichen finanziellen Aufwand bedeute.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hindere die Bau- und Denkmalschutzbehörden bei Schwarzbauten
jedoch nicht daran, auch die Beseitigung größerer Bauteile zu verlangen. Denn der Kläger habe hier auf
eigenes Risiko gebaut und müsse deshalb auch größere Vermögensnachteile hinnehmen.
20 Am 23.06.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Die Ablehnung
einer Baugenehmigung für den Dachausbau und die Dachlegefenster zu beiden Seiten des Schaugiebels sei
rechtswidrig. Das gelte dementsprechend auch für die darauf bezogene Rückbauverpflichtung. Die von der
Beklagten für ihre Verfügung allein genannten denkmalschutzrechtlichen Gründe stünden diesen
Baumaßnahmen nicht entgegen. Das Gebäude des Klägers sei zum einen kein Kulturdenkmal im Sinne des §
2 Abs. 1 DSchG. Die Begründung für das Vorliegen einer Denkmaleigenschaft im Entwurf zur Liste der
Kulturdenkmale sei nichtssagend. Dort würden bauliche Strukturen hervorgehoben und als
denkmalschutzwürdig beurteilt, die zu erreichen und umzusetzen Aufgabe eines jeden Architekten bei jedem
noch so beliebigen Bauwerk sei. Auch im Übrigen verliere sich diese Stellungnahme des Landesdenkmalamts
in mehr oder minder konkreten Allgemeinplätzen, die nicht einmal ansatzweise eine dokumentarische
Bedeutung des Gebäudes für die Wissenschaft oder seine künstlerische Bedeutung mit Blick auf die zu
fordernde gesteigerte ästhetische und gestalterische Qualität darlegten. Im Ergebnis gelte das auch für die
ergänzende Stellungnahme des Denkmalschutzreferats des Regierungspräsidiums Freiburg vom 03.12.2007.
Mit Ausnahme mehr oder minder belletristischer, auf jedes zweite Anwesen in der Wiehre passender
Worthülsen werde nicht im Mindesten belegt, was die Denkmalfähigkeit des Gebäudes aus wissenschaftlichen
oder künstlerischen Gründen belege. Bezeichnend sei, dass das denkmalschutzrechtliche Erscheinungsbild in
der letzten Stellungnahme nicht nur auf das Gebäude des Klägers, sondern auf den Mietshauskomplex R.-
Straße … / L.-Straße … und bezogen worden sei. Schon damit habe die Denkmalschutzbehörde das äußere
Erscheinungsbild begrifflich verändert. Spätestens durch den nahezu kompletten Abbruch und die
Neuerrichtung des gesamten Dachstuhls sei eine etwa zuvor gegebene denkmalgeschützte Bausubstanz
jedenfalls nicht mehr vorhanden. Auch durch den von der Beklagten verfügten Rückbau könne das
denkmalschutzrechtlich relevante Erscheinungsbild nicht wieder hergestellt werden. Hinzu komme, dass weder
die Dachlegefenster noch der Dachaustritt noch der Bereich hinter dem Schaugiebel von der Straße aus
wahrnehmbar seien. Das Erscheinungsbild könne hier allenfalls berührt sein, wenn man auf die
Hubschrauberperspektive abstelle. Unabhängig von der fehlenden Denkmaleigenschaft fehle es hier auch an
einem öffentlichen Erhaltungsinteresse. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und des
Regierungspräsidiums Freiburg enthielten insoweit mit Ausnahme eines Hinweises auf eine Stellungnahme der
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild e .V. sowie auf die eigenen Stellungnahmen des Landesdenkmalamts
keine substantiellen Ausführungen. Auch liege keinesfalls eine erhebliche Beeinträchtigung des
Kulturdenkmals vor. Eine solche müsse deutlich wahrnehmbar sein und vom maßgeblichen
Durchschnittsbetrachter als belastend empfunden werden. Das sei in Bezug auf die noch streitigen nicht
genehmigten Baumaßnahmen nicht der Fall. Denn diese Maßnahmen seien vom Durchschnittsbeobachter gar
nicht oder kaum wahrnehmbar und könnten schon deshalb nicht als belastend empfunden werden. Abgesehen
davon fielen die genehmigten Beeinträchtigungen des Erscheinungsbilds der Nachbargebäude R.-Straße … und
L.-Straße … entscheidend ins Gewicht. Die baulichen Veränderungen am Gebäude des Klägers blieben
dahinter deutlich zurück. Auch dadurch würden die Veränderungen des äußeren Erscheinungsbilds des
Gebäudes des Klägers vom maßgeblichen Durchschnittsbetrachter nicht als Belastung empfunden. Schließlich
sei auch die Ermessensausübung fehlerhaft. Aus der fehlenden Intensität der Beeinträchtigung des
Erscheinungsbilds folge, dass auch der Rückbau, der mit Aufwendungen in Höhe von etwa 168.000 EUR
verbunden sei, grob unverhältnismäßig sei. Soweit die Beklagte dem Kläger vorwerfe, er habe eigenmächtig
und rücksichtslos gehandelt, habe er selbst das im Laufe des Verfahrens eindrücklich widerlegt bzw. relativiert.
Hinzu komme, dass der jeweilige Baufortschritt einschließlich der gerügten Abweichungen von der
Baugenehmigung nachhaltig begleitet worden sei vom zuständigen Stadtbaumeister der Beklagten, der
zugleich für den Kläger bzw. die beauftragte Baufirma beratend tätig gewesen sei. Die Berufung der Beklagten
und des Regierungspräsidiums Freiburg auf die negative Vorbildwirkung der Baumaßnahmen des Klägers
könne im Hinblick auf die Veränderung denkmalgeschützter Gebäude in der unmittelbaren Umgebung nur als
zynisch bezeichnet werden. Denn nur die bisherige Genehmigungs- bzw. Duldungspraxis der Beklagten habe
die negative Vorbildwirkung verursacht.
21 Der Kläger beantragt,
22
die Nr. 2 der Nachtragsbaugenehmigung der Beklagten vom 03.04.2008 und den
Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 17.06.2008 aufzuheben und die
Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Dachaufbaus
(Dachaustritt) und zum Einbau von Dachlegefenstern zu beiden Seiten des Schaugiebels am Gebäude
Flst.-Nr. … (L.-Straße ...) der Gemarkung Freiburg gemäß dem Nachtragsbauantrag des Klägers vom
09.10.2007 in der Fassung der Nachtragspläne vom 06.11.2007 zu erteilen.
23 Die Beklagte beantragt,
24
die Klage abzuweisen.
25 Zur Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus: Das Gebäude des Klägers besitze zumindest dann,
wenn die von dem Kläger durchgeführten Baumaßnahmen im geforderten Umfang wieder rückgängig gemacht
würden, sowohl die Denkmalfähigkeit als auch die Denkmalwürdigkeit. Es stelle einen Bautypus dar, der die
Hauslandschaft seiner Umgebung und Zeit präge und das sich von der Nachbarbebauung durch eine Vielzahl
von Jugendstilelementen und eine Formvielfalt der Wohnungsgrundrissbildung unterscheide. Deshalb sei es ein
stadtentwicklungsgeschichtlich typischer und herausragender Repräsentant der planmäßigen und großflächigen
Erschließung des Stadtteils Wiehre. Daran habe der eigenmächtige und ungenehmigte Eingriff des Klägers in
die Substanz des Baudenkmals nichts geändert. Aber selbst wenn das der Fall wäre, könne der
denkmalrechtliche Störer gegenüber einem sich denkmalkonform verhaltenden Eigentümer nicht privilegiert
werden. Die Tatsache zahlreicher denkmalschutzwidriger Veränderungen in der näheren Umgebung ändere an
der Denkmaleigenschaft des Gebäudes des Klägers nichts und könne auch keinen Anspruch auf
Gleichbehandlung begründen. Gerade das Vorgehen des Klägers, der sich auf Berufungsfälle in der Umgebung
beziehe, zeige, dass bei einer Beibehaltung der großzügigen Genehmigungspraxis die eingeleitete
Fehlentwicklung verfestigt würde. An der möglichst unveränderten Erhaltung des Gebäudes bestehe auch ein
öffentliches Interesse. Dabei sei vor allem der Seltenheitswert zu berücksichtigen, der es rechtfertige, das
Gebäude des Klägers aus einer Vielzahl vergleichbarer Objekte als erhaltungswürdig herauszuheben. Der
dokumentarische und exemplarische Wert des Gebäudes, sein Alter, das Maß seiner Originalität und Integrität
seien hiernach zu berücksichtigen. Beurteilungsmaßstab sei der Kenntnis- und Wissensstand des
sachverständigen Fachmanns. Insoweit komme den Stellungnahmen des Referats Denkmalpflege beim
Regierungspräsidium Freiburg eine besondere Bedeutung zu. Zu Recht habe das Regierungspräsidium auch
darauf hingewiesen, dass die örtliche Bevölkerung das Kulturdenkmal für erhaltenswert erachte. Durch die vom
Kläger vorgenommenen Baumaßnahmen, deren Rückbau ihm im Bescheid vom 03.04.2008 aufgegeben
worden sei, werde das Erscheinungsbild seines Gebäudes auch für jeden für Belange des Denkmalschutzes
aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter beeinträchtigt. Diese Veränderungen des Erscheinungsbilds seien
von der Straßenseite aus leicht wahrnehmbar und stünden im krassen Widerspruch zur originalen,
schutzwürdigen Dachgestaltung. Darüber hinaus sei auf die optische Gesamtwirkung der baulichen
Veränderung aus jedem Blickwinkel und nicht nur auf die Straßenperspektive abzustellen. Zumindest sei die
Veränderung der Jugendstilelemente am Gebäude des Klägers durch die vergrößerten Dachlegefenster und den
Dachaustritt aus dem Gebäude gegenüber den Dachfenstern benachbarter Gebäude erkennbar. Die
Beeinträchtigung des Kulturdenkmals sei auch erheblich, weil es den Gesamteindruck empfindlich störe. Das
gelte vor allem für den Dachaufbau und die Dachlegefenster zu beiden Seiten des Schaugiebels. Sie würden
einen auffälligen Kontrast zum charakteristischen historischen Erscheinungsbild des Gebäudes darstellen und
als Fremdkörper den Gesamteindruck empfindlich stören. Sie stünden in einem besonders sensiblen und
exponierten Bereich des Gebäudes auffällig im Widerspruch zum vorhandenen bzw. wiederherstellbaren
Originalbestand. Bei der Ermessenentscheidung habe die Beklagte auf die Interessen des Klägers hinreichend
Rücksicht genommen und ihm nur zumutbare Verpflichtungen auferlegt. Aufgrund der
Nachtragsbaugenehmigung sei es dem Kläger möglich, die Dachwohnung mit acht Zimmern und drei Bädern
auf ca. 240 m² Wohnfläche angemessen zu nutzen. Ein weiteres Entgegenkommen würde dazu führen,
Eingriffe in das Kulturdenkmal in einem Maße zu genehmigen, das zum Verlust der Denkmaleigenschaft führe.
Die Rückbauverfügung beruhe auf den §§ 65 Satz 1 LBO sowie 1, 6 Satz 1 und 7 Abs. 1 DSchG. Die Bauteile,
auf die sich die Rückbauverpflichtung beziehe, seien weder formal genehmigt noch genehmigungsfähig. Auch
insoweit habe die Beklagte das Ermessen fehlerfrei ausgeübt und dabei die Belange des Klägers angemessen
berücksichtigt. Die Rückbaukosten seien im Hinblick auf den Gebäudewert und den Denkmalwert offensichtlich
verhältnismäßig. Hinzu komme, dass der Kläger bewusst auf eigenes Risiko gebaut habe und deshalb auch
größere Vermögensnachteile hinnehmen müsse.
26 Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung das Grundstück des Klägers Flst.-Nr. … der Gemarkung
Freiburg und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der Feststellungen des
Augenscheins wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
27 Dem Gericht liegen die Baugenehmigungsakten der Beklagten und die Widerspruchsakten des
Regierungspräsidiums Freiburg (jew. 1 Heft) vor. Der Inhalt dieser Akten und der Gerichtsakten war
Gegenstand der mündlichen Verhandlung; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
28 Die Klage ist als Verpflichtungs- und Anfechtungsklage zulässig, aber nur in dem aus der Urteilsformel
ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 03.04.2008 und der
Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 17.06.2008 sind rechtmäßig und verletzen den
Kläger daher nicht in seinen Rechten, soweit darin abgelehnt wurde, dem Kläger eine Baugenehmigung zur
Errichtung eines Dachaufbaus (Dachaustritt) und zum Einbau von Dachlegefenstern zu beiden Seiten des
Schaugiebels am Gebäude Flst.-Nr. … (L.-Straße ...) der Gemarkung Freiburg gemäß seinem
Nachtragsbauantrag vom 09.10.2007 in der Fassung der Nachtragspläne vom 06.11.2007 zu erteilen, und
soweit ihm danach aufgegeben wurde, die Dachlegefenster zu beiden Seiten des Schaugiebels an seinem
Gebäude zurückzubauen und das Dach insoweit in den Zustand vor Einbau dieser Fenster zu versetzen (§§
44, 113 Abs. 5 und Abs. 1 Satz 1 VwGO ). Die genannten Bescheide sind jedoch insoweit rechtswidrig und
verletzen den Kläger in seinen Rechten, als ihm aufgegeben wurde, den von ihm (auf dem Dach seines
Gebäudes) errichteten Dachaufbau (Dachaustritt) zurückzubauen und das Dach insoweit in den ursprünglichen
Zustand zu versetzen ( § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO .
29
I. Verpflichtungsklage
30 Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der von ihm beantragten Baugenehmigung für die zuvor
genannten Baumaßnahmen.
31
1.
Recht nicht streitig. Denn es handelt sich bei diesen Baumaßnahmen um Teile eines kompletten Umbaus (mit
baulichen Änderungen sowie einer Nutzungsänderung) des zuvor als Speicher genutzten 2. Dachgeschosses
des insgesamt fünfgeschossigen, ca. 17 m hohen Gebäudes des Klägers ( vgl. §§ 49, 50 Abs. 2, 2 Abs. 5 und
12 Nr. 1 LBO ) sowie um einen erstmaligen Aufbau auf dem Dach des Gebäudes.
32
2.
Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen ( § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO ).
Zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne von § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO gehört u. a. das
Denkmalschutzrecht. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG darf ein Kulturdenkmal nur mit Genehmigung der
Denkmalschutzbehörde in seinem Erscheinungsbild beeinträchtigt werden. Bedarf ein Vorhaben nach anderen
Vorschriften einer Genehmigung, insbesondere - wie hier - einer Baugenehmigung nach den §§ 49 ff. LBO, tritt
nach § 7 Abs. 3 DSchG die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde an die Stelle der Genehmigung nach dem
Denkmalschutzgesetz. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte als untere Denkmalschutzbehörde ihre
Zustimmung zu den hier noch streitigen Umbaumaßnahmen am Gebäude des Klägers versagt.
33 Das Gebäude des Klägers ist ein Kulturdenkmal im Sinne des § 2 Abs. 1 DSchG, das heißt, es besitzt die
Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit. Dieses Kulturdenkmal wird durch die vom Kläger beantragten
Baumaßnahmen nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG in seinem Erscheinungsbild erheblich beeinträchtigt und die
Beklagte hat auch die denkmalschutzrechtliche Zustimmung ermessensfehlerfrei versagt. Dass diese
Zustimmung hiernach zu Recht versagt wurde, ergibt sich aus den ausführlichen und in jeder Hinsicht
zutreffenden Gründen des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 17.06.2008, in
denen sich die Behörde insbesondere auch in umfassender und korrekter Weise mit der einschlägigen
Rechtsprechung (insbes. des VGH Bad.-Württ.) auseinandersetzt und auf die deshalb zur Vermeidung
unnötiger Wiederholungen gemäß § 117 Abs. 5 VwGO in diesem Urteil verwiesen wird.
34 Lediglich in Ergänzung hierzu führt die Kammer aus:
35
2.1
26 (Denkmalpflege) des Regierungspräsidiums Freiburg Dr. Z. vom 03.12.2007 sowie nach dem Entwurf des
Landesdenkmalamts zur Liste der Kulturdenkmale vom Juni 1983 sowohl aus wissenschaftlichen als auch aus
künstlerischen Gründen. Diesen sachverständigen Stellungnahmen kommt im Denkmalschutzrecht nach der
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ein hoher Stellenwert zu ( siehe VGH Bad.-
Württ., Urteile vom 27.06.2005, VBlBW 2006, 20, und vom 10.05.1988, VBlBW 1989, 18; vgl. auch VGH Bad.-
Württ., Urteile vom 04.06.1991, VBlBW 1992, 58, und vom 10.10.1988, VBlBW 1989, 220, ).
36 In der mündlichen Gerichtsverhandlung hat die als amtliche Auskunftsperson angehörte Hauptkonservatorin Dr.
Z. zur Überzeugung der Kammer anschaulich und nachdrücklich die Denkmaleigenschaft des Gebäudes des
Klägers dargelegt. Danach sei dieses Gebäudes repräsentativ für die Gründerzeit in Freiburg-Wiehre. Der in
Freiburg namhafte Architekt B. habe diesem Gebäude durch unterschiedliche Materialien, durch
Vielgestaltigkeit der Fassaden und Vielgestaltigkeit der Wohnungsgrößen sowie weiterer Details im
Innenausbau seinen besonderen Stempel aufgedrückt. Das werde im konkreten Fall erreicht durch eine
Hervorhebung der Mittelachse, die gegenüber der Fassade hervorspringe, und durch architektonische
Stilelemente wie Balkone und Ziergiebel. Das Gebäude zeichne sich anders als viele andere repräsentative
Gebäude in der Wiehre aus durch Anklänge an den Jugendstil. Der Jugendstil komme in einigen schwingenden
Elementen des Gebäudes zum Ausdruck, so zum Beispiel in dem Dach des Schaugiebels. Zur
Denkmaleigenschaft des Gebäudes gehöre nicht nur die Fassade, sondern auch die grundrissliche Aufteilung.
Für dieses Gebäude sei speziell auch kennzeichnend das steil aufragende Dach und die Gleichförmigkeit des
Dachs mit den Dächern der benachbarten Gebäude. Anders als andere Gebäude in der Wiehre habe es keinen
Dachaustritt, auch keine Galeriefenster. Auch das mache die Besonderheit dieses Gebäudes aus und
unterscheide es von anderen Denkmalen in der Wiehre. Prägend für dieses Dach sei seine Belichtung über die
Gaupen und die fehlende Belichtung über weitere Dachfenster. Dieses Gebäude lege Zeugnis ab für das
zeitgenössische Wirken des Architekten B.. Es stehe exemplarisch für den Bauwillen in der Gründerzeit in der
Wiehre und es bringe durch seine Vielgestaltigkeit und Formenvielfalt das besondere Schaffen des Architekten
B. zum Ausdruck.
37 Dieser von der amtlichen Auskunftsperson im Sitzungssaal beschriebene Eindruck des Gebäudes des Klägers
und seine baulichen Besonderheiten, die seine Denkmaleigenschaft begründen, haben sich durch den von der
Kammer anschließend eingenommenen Augenschein bestätigt. Die besondere ästhetische oder gestalterische
Qualität dieses Gebäudes mit unverkennbaren Elementen des Jugendstils in der Gestaltung seiner Fassade,
der Dachgestaltung, aber auch im Gebäudeinnern verleihen ihm auch nach Auffassung der Kammer ohne
Zweifel die Eigenschaft eines Kulturdenkmals.
38 Daran haben auch - grundsätzlich - nichts die vom Kläger bereits durchgeführten baulichen Maßnahmen
geändert. Das gilt insbesondere für den kompletten Abbruch und die Neuerrichtung des gesamten Dachs
einschließlich der hier streitigen Baumaßnahmen, der Errichtung des Dachaufbaus und des Einbaus der
Dachlegefenster. Die Hauptkonservatorin hat überzeugend dargelegt, dass das prägende und für die
Denkmaleigenschaft des Gebäudes bedeutsame Element des Dachs in dessen (steiler) Neigung und dessen
Gleichklang mit den Dächern der benachbarten (ebenfalls denkmalgeschützten) Häuser, also in seinen äußeren
Proportionen, sowie in dem grundsätzlichen Fehlen von Dachöffnungen bestehe. Da die denkmalrechtliche
Besonderheit des Dachs im Wesentlichen in seinem äußeren Erscheinungsbild und nicht zum Beispiel in der
Zimmermannsarbeit liege, werde die Denkmaleigenschaft des Gebäudes durch eine Neuerrichtung des Dachs
mit den (grundsätzlich) gleichen Proportionen (in Form der Dachhöhe und -neigung) wie zuvor im Ergebnis nicht
tangiert.
39 Die vom Kläger genannten zahlreichen baulichen Veränderungen in der Umgebung, insbesondere auch die in
den vergangenen Jahren vorgenommenen (erheblichen) Veränderungen am (nördlich angrenzenden)
Nachbargebäude R.-Straße ... und am (südlich angrenzenden) Gebäude L.-Straße ..., sind für die
Denkmaleigenschaft seines Gebäude im Ergebnis ohne Bedeutung. Es geht hier bei der Frage, ob ein Gebäude
die Eigenschaft eines Kulturdenkmals besitzt, nicht wie bei § 34 BauGB um die Frage, ob es sich in die nähere
Umgebung einfügt. Auch nimmt das Gebäude des Klägers nicht als Teil eines Ensembles ( z. B. gemäß § 19
DSchG ) am Denkmalschutz teil. Vielmehr steht es allein und für sich genommen gemäß § 2 DSchG unter
Denkmalschutz. Daran ändert nichts die Tatsache, dass es Teil einer dreigliedrigen Häuserreihe ist, deren
Gestaltungselemente aufeinander bezogen sind und deren Zusammenspiel die ästhetische und gestalterische
Qualität jedes dieser (drei) Gebäude (zusätzlich) steigert. Die Hauptkonservatorin hat in der mündlichen
Gerichtsverhandlung zutreffend ausgeführt, dass deshalb selbst ein Verlust der Denkmaleigenschaft der
benachbarten Häuser nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft des Gebäudes des Klägers führen würde.
40 Das öffentliche Erhaltungsinteresse (Denkmalwürdigkeit) ist ebenfalls aus den im Widerspruchsbescheid des
Regierungspräsidiums Freiburg vom 17.06.2008 genannten Gründen zu bejahen. Die Bevölkerung Freiburgs
schätzt die städtebauliche Situation in der Wiehre, wie sie u. a. durch das Gebäude des Klägers besonders
treffend veranschaulicht wird, in großem Maße. Zu Recht wurde insoweit auch auf die Stellungnahme der
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild e. V. als ein Beispiel für die öffentliche Resonanz auf bauliche
Veränderungen des Gebäudes des Klägers verwiesen ( siehe hierzu auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom
27.06.2005, a.a.O. ). Darauf, ob das Gebäude des Klägers mit seinen die Denkmaleigenschaft begründenden
Charakteristika ein seltenes oder gar das einzige Exemplar seiner Art in der Wiehre ist, kommt es nicht an. Die
Denkmalpflege ist nicht auf die Erhaltung einzelner letzter Exemplare beschränkt ( VGH Bad.-Württ., Urteil
vom 23.07.1990, VBlBW 1991, 257 ).
41
2.2
ausgeschlossenen Baumaßnahmen, der Dachaufbau und die im 2. Dachgeschoss eingebauten viergliedrigen
Dachlegefenster, beeinträchtigen auch das Erscheinungsbild des Gebäudes als Kulturdenkmal, das dadurch
nachteilig verändert wird. Auch die ungeschriebene Voraussetzung in § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG, wonach die
Beeinträchtigung erheblich sein muss ( siehe VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2005, a.a.O., m.w.N. ), liegt
hier vor. Maßstab für die Beurteilung, ob das Erscheinungsbild eines Kulturdenkmals erheblich beeinträchtigt
wird, ist das Empfinden des für Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Betrachters ( VGH Bad.-
Württ., Urteil vom 27.06.2005, a.a.O., m.w.N. ). Auch insoweit kommt den Stellungnahmen des
Landesdenkmalamts bzw. des Denkmalschutzreferats der Regierungspräsidien eine besondere Bedeutung zu.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ( Urteil vom 27.06.2005, a.a.O. )
ist bei einem Kulturdenkmal, an dessen Erhaltung - wie hier - (u. a.) aus künstlerischen Gründen ein
öffentliches Interesse besteht, die Schwelle zur belastenden Wirkung, die zur Erheblichkeit der
Beeinträchtigung führt, deutlich eher erreicht als bei einem Denkmal, das allein aus wissenschaftlichen
Gründen Denkmalschutz genießt, denn bei ihnen hat eine möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung der
Identität seiner Substanz und seines Erscheinungsbilds eine überragende Bedeutung.
42 Nach diesen Grundsätzen beeinträchtigen sowohl der errichtete Dachaufbau als auch die eingebauten
Dachlegefenster das Erscheinungsbild des Gebäudes als Kulturdenkmal erheblich. Zu Recht hat das
Regierungspräsidium Freiburg in seinem Widerspruchsbescheid ausgeführt, diese Bauteile stellten einen
außerordentlich auffälligen Einbruch neuzeitlicher Dachfunktionen in die Architektur des der Wende vom 19. ins
20. Jahrhundert entstammenden Gebäudes dar. Die Hauptkonservatorin hat die besondere denkmalrechtliche
Bedeutung des Dachs für die Eigenart des Gebäudes des Klägers dargelegt. Diese besteht vor allem auch
darin, dass das Dach weitestgehend geschlossen ist und das Gebäude keine auffälligen äußerlichen
Anzeichen einer (Wohn-)Nutzung im 2. Dachgeschoss und auf dem Dach aufweist. Diese Prinzipien sind durch
die vom Kläger vorgenommenen modernen Dachauf- und -umbauten in gravierender Weise verletzt. Ein für
Denkmalschutz sensibilisierter Betrachter empfindet diese baulichen Veränderungen des Gebäudes im Hinblick
auf seine künstlerische Bedeutung und seinen zeitgeschichtlichen Wert, in dem sich auch das Werk des für die
Gründerzeit in Freiburg bedeutsamen Architekten B. dokumentarisch widerspiegelt, ohne Zweifel als belastend.
43 Diese baulichen Veränderungen sind, wie der Augenschein der Kammer ergeben hat, von den öffentlichen
Verkehrsflächen aus unterschiedlich wahrnehmbar. Während die eingebauten Dachlegefenster von
verschiedenen Standorten auf der L.-Straße aus durchaus sichtbar sind und ihre Wahrnehmung beim
Betrachter sofort den Eindruck hervorruft, dass sie dem Charakter des Gebäudes, insbesondere des Dachs,
grob widersprechen, ist der Dachaufbau von den öffentlichen Verkehrsflächen in der L.-Straße, der Z.-Straße
und der R.-Straße aus nicht zu sehen; lediglich auf der Gebäuderückseite ist der Dachaufbau von der parallel
zur L.-Straße verlaufenden D.-Straße aus zwischen den Gebäuden - von dort aber deutlich - erkennbar. Diese
fehlende bzw. eingeschränkte Wahrnehmbarkeit der ungenehmigten Baumaßnahmen von den öffentlichen
Verkehrsflächen aus ändert jedoch im Ergebnis an der wesentlichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds
des Kulturdenkmals nichts, denn Denkmalschutz ist primär Substanzschutz ( vgl. VG Freiburg, Urteil vom
23.06.2009 - 6 K 1697/08 -; vgl. auch - wenngleich durchweg in Fällen des so gen. Ensembleschutzes - VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 25.10.1993 - 8 S 2851/92 -; Bayer. VGH, Urteil vom 03.01.2008, BayVBl 2008, 477; VG
Augsburg, Urteil vom 11.08.2008 - Au 5 K 07.1014 - ), zumal das Gebäude des Klägers nach den zutreffenden
Ausführungen der Hauptkonservatorin in seiner Gesamtheit und nicht nur mit seiner Fassade unter
Denkmalschutz steht. Darüber hinaus ist es ausreichend, wenn die baulichen Veränderungen - wie hier - von
benachbarten Privatgrundstücken oder von Ober- und Dachgeschossen benachbarter Gebäude oder auch von
natürlichen Geländeerhöhungen aus zu sehen sind ( vgl. VG Augsburg, Urteil vom 11.08.2008, a.a.O. ).
44
2.3
bzw. Zustimmung zustehende Ermessen ( vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.07.2000, VBlBW 2000, 63,
m.w.N. ), soweit es nach § 114 Satz 1 VwGO verwaltungsgerichtlicher Prüfung unterliegt, fehlerfrei betätigt.
45 Ob die Genehmigungspraxis der Beklagten in Fragen des Denkmalschutzes, wie der Kläger behauptet, gerade
in Freiburg-Wiehre in der Vergangenheit großzügiger war und ob diese frühere großzügigere Praxis dazu geführt
hätte, dass die vom Kläger verwirklichten Baumaßnahmen zu genehmigen sind, kann hier dahingestellt
bleiben. Denn eine solche Praxis würde die Beklagte in keinem Fall aufgrund von Art. 3 Abs. 1 GG für alle
Zukunft binden. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer, den Behörden im Rahmen der
Ermessensausübung eine Änderung einer von ihnen als fehlerhaft erkannten Verwaltungspraxis zuzubilligen,
wenn diese Änderung nicht nur den vorliegenden Fall betrifft, sondern Beginn einer generellen "Linie" ist, mit
der einer eingetretenen als Missstand empfundenen Entwicklung, hier der Aushöhlung des Denkmalschutzes
im Stadtteil Wiehre, entgegengewirkt werden soll. Der Kläger hat keine Maßnahme zu nennen vermocht, in
welcher die Beklagte bauliche Veränderungen genehmigt hat, die das Erscheinungsbild eines Denkmals in
gleicher Weise beeinträchtigen wie die vom Kläger realisierten. Das gilt uneingeschränkt für die vom Kläger
eingebauten Dachlegefenster. Das gilt aber im Ergebnis auch für den von ihm errichteten Dachausbau.
46 Soweit der Kläger in der mündlichen Gerichtsverhandlung unter Vorlage von aktuellen Lichtbildern auf eine
wegen der rein optischen Beeinträchtigung im Ausgangspunkt in naheliegender Weise vergleichbare
Baumaßnahme an dem frei stehenden Gebäude in Freiburg-Wiehre, Z.-Straße …, verweist, bei dem das Dach
ebenfalls zu einer Terrasse, dazu noch mit einer von Weitem auffälligen Umzäunung, ausgebaut wurde und bei
dem ebenfalls ein (rundum sichtbarer) Dachaufbau in vergleichbarer Höhe wie beim Gebäude des Klägers
errichtet worden ist, hat der Vertreter der Baurechtsbehörde der Beklagten in der mündlichen
Gerichtsverhandlung ausgeführt: Es entspreche in der Tat gegenwärtiger Verwaltungspraxis im
Zuständigkeitsbereich der Beklagten, die Nutzung von Dächern denkmalgeschützter Häuser als Terrasse
grundsätzlich zuzulassen und den zu diesem Zweck unbedingt erforderlichen Dachaufbau zu genehmigen,
allerdings nur mit den für einen Dachausstieg in Höhe, Breite und Tiefe unbedingt erforderlichen Ausmaßen.
Bei dem Dachaufbau auf dem Gebäude in der Z.-Straße … handele es sich um einen solchen Aufbau in der für
den Dachausstieg unbedingt erforderlichen Größe. Bei dem Dachaufbau des Klägers sei das jedoch nicht der
Fall, dieser Aufbau sei vielmehr zumindest in seiner Breite und Tiefe größer als jener in der Z.-Straße … und
damit erheblich größer, als das für einen Dachausstieg unbedingt erforderlich sei.
47 Diese Genehmigungspraxis hat nicht zur Folge, dass die Beklagte aus Gründen der Gleichbehandlung
verpflichtet wäre, auch den Dachaufbau des Klägers, der in der Tat zumindest in der Breite voluminöser ist, als
es für den reinen Dachausstieg erforderlich wäre, bau- und denkmalschutzrechtlich zu genehmigen. Es kann
von der Kammer im Ergebnis nicht beanstandet werden, wenn die Beklagte bei einer Abwägung der (sicherlich
zahlreich vorgebrachten, drängenden) Interessen vieler Bewohner denkmalgeschützter Häuser in Freiburg-
Wiehre an einer Nutzung ihrer Dächer mit den gegenläufigen Interessen des Denkmalschutzes im Rahmen der
von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung zu der Kompromisslinie gelangt ist, die - für sich genommen -
den Denkmalschutz in der Regel nicht oder nur geringfügig beeinträchtigende Nutzung der Dächer als Terrasse
zuzulassen und dann auch den dazu erforderlichen Dachausstieg in Form eines Aufbaus mit den
geringstmöglichen Maßen zu genehmigen. Eine solche Ermessensausübung ist von der Kammer nach
Maßgabe der ( im Rahmen von § 114 Satz 1 VwGO ) zur gerichtlichen Überprüfung von
Ermessensentscheidungen entwickelten Grundsätze zu respektieren. Es würde eine Verletzung des der
Beklagten zustehenden Ermessensspielraums bedeuten, wenn die Kammer von sich aus unter Berufung auf
den Gleichheitssatz "das Rad weiterdrehen" und aus dieser Genehmigungspraxis die (generelle) Verpflichtung
der Beklagten ableiten würde, auch Dachaufbauten, die wie der Dachaufbau des Klägers in ihren Ausmaßen
über das für den reinen Dachausstieg Erforderliche hinausgehen, zu genehmigen.
48 Auch im Übrigen ist die Ermessensausübung der Beklagten (bei der Erteilung der Zustimmung nach den §§ 7
Abs. 3 und 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG) nicht zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der
eigenmächtige, von der erteilten Baugenehmigung grob abweichende Dachaus- und -umbau des Klägers
weitaus mehr bauliche Maßnahmen umfasste als die jetzt noch streitigen zwei Maßnahmen und dass die
Beklagte dem Kläger als Ausdruck einer Interessenabwägung für die übrigen Maßnahmen, die für die
Denkmaleigenschaft des Gebäudes ebenfalls nicht ohne Bedeutung waren, eine Baugenehmigung erteilt hat.
Durch diese Handlungsweise hat die Beklagte dem Kläger trotz allem den Umbau beider Dachgeschosse
seines Gebäudes zu einer äußerst attraktiven und geräumigen Wohnung ermöglicht. Dabei darf nicht
übersehen werden, dass der Kläger selbst durch sein erstes Baugesuch vom 16.06.2006 einen
Wohnungsausbau zur Genehmigung gestellt hat, der die hier streitigen Baumaßnahmen nicht vorsah, und dass
er damit selbst zum Ausdruck gebracht hat, dass es zur Verwirklichung seiner (ursprünglichen)
Wohnungsvorstellungen dieser zusätzlichen Baumaßnahmen nicht zwingend bedurfte.
49
II. Anfechtungsklage
50
1.
der Dachlegefenster ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hat ihre Rechtsgrundlage sowohl in § 65
Satz 1 LBO als auch in § 7 Abs. 1 DSchG ( vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2005, a.a.O. ). Die
danach erforderliche fortlaufende formelle und materielle Baurechtswidrigkeit ist nach Abweisung der
Verpflichtungsklage ( siehe oben ) als unbegründet ohne Weiteres gegeben. Auch Ermessensfehler sind
insoweit nicht ersichtlich. Die mit der Rückbauverpflichtung verbundenen hohen Kosten sind im Hinblick auf die
gravierende Abweichung von der dem Kläger erteilten Baugenehmigung vom 11.08.2006, für die der Kläger
(und/oder sein Architekt bzw. Bauleiter, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist) selbst verantwortlich ist, nicht
unverhältnismäßig ( vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.03.2009 - 3 S 1953/07 - ). Der Kläger kann
auch nicht einwenden, die durch die Dachlegefenster belichteten Aufenthaltsräume (Kinderzimmer) seien ohne
diese Fenster nicht als Wohnräume nutzbar. Denn immerhin hat die Beklagte dem Kläger ausdrücklich die
Möglichkeit eingeräumt, anstelle der tatsächlich eingebauten viergliedrigen Dachlegefenster Fenster in der
Größe, wie er sie ursprünglich beantragt hatte und wie sie von der Baugenehmigung vom 11.08.2006 gedeckt
sind, einzubauen. Dass diese Fenster (in der Größe von 0,90 m x 0,90 m) keine ausreichende Belichtung der
hinter ihnen liegenden Wohnräume nach § 34 Abs. 2 LBO gewährleisteten, hält die Kammer für fernliegend.
Auch der Kläger kann solche Bedenken nicht ernsthaft geltend machen, nachdem er ursprünglich den Einbau
genau dieser Fenster beantragt und damit selbst als ausreichend angesehen hatte. Aber selbst den
(fernliegenden) Fall einer nach § 34 Abs. 2 LBO unzureichenden Belichtung der Wohnräume durch Fenster der
zuvor beschriebenen Größe hat die Beklagte berücksichtigt und zwar in der Weise, dass sie dem Kläger im
(angefochtenen) Bescheid vom 04.03.2006 ausdrücklich den Einbau von Fenster in der für § 34 LBO
erforderlichen Größe erlaubt hat.
51 Die Verpflichtung zum Rückbau der beiden widerrechtlich eingebauten viergliedrigen Dachlegefenster mit einer
Größe von jeweils 1,66 m x 1,66 m ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil dem Kläger in Form des
Einbaus kleinerer Dachlegefenster (in der laut Baugenehmigung vom 11.08.2006 bezeichneten Größe)
schließlich doch zwei aus denkmalschutzrechtlicher Sicht unerwünschte Dachöffnungen erlaubt wurden. Denn
die genehmigten (kleineren) Dachlegefenster treten bei Weitem nicht so dominant in Erscheinung wie die
tatsächlich eingebauten und sie geben dem Dach vor allem nicht so ein neuzeitliches und deshalb dem
Charakter des Gebäudes unpassendes Gepräge wie diese.
52 Ob das der Baurechtsbehörde nach § 65 Satz 1 LBO (und § 7 Abs. 1 DSchG) eingeräumte Ermessen darüber
hinaus in dem Sinn intendiert ist, dass es regelmäßig einer ordnungsgemäßen Ermessensbetätigung
entspricht, die Beseitigung eines formell- und materiellrechtlich illegalen Bauvorhabens anzuordnen ( so
ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.03.2009, a.a.O., m.w.N. ), kann hiernach dahingestellt bleiben.
53
2.
Ausführungen unter I. formell- und materiellrechtlich ebenfalls baurechtswidrigen) Dachaufbau als
ermessensfehlerhaft. Angesichts der oben dargestellten Verwaltungspraxis der Beklagten, Dachaufbauten bei
Kulturdenkmalen wie zum Beispiel beim Gebäude in der Z.-Straße …, zu genehmigen, wäre es
unverhältnismäßig, vom Kläger den kompletten Abbruch des von ihm errichteten Dachaufbaus zu verlangen.
Bei dem Dachaufbau am Gebäude in der Z.-Straße … handelt es sich nach den vom Kläger in der mündlichen
Gerichtsverhandlung vorgelegten Lichtbildern und nach dem Vortrag des Klägers, dem die Vertreter der
Beklagten in der mündlichen Gerichtsverhandlung insoweit nicht widersprochen, ihn vielmehr unstreitig gestellt
haben, um einen auf dem Dach des unstreitig gleichfalls denkmalgeschützten Gebäudes ebenfalls sehr massiv
in Erscheinung tretenden Vollausstieg, der in seiner Höhe und damit in seiner optischen Präsenz mit dem
Dachaufbau des Klägers vergleichbar ist. Dass er in seiner Breite (und wohl auch in seiner Tiefe) hinter dem
Dachaufbau des Klägers zurückbleibt, was die Beklagte als Grund für eine differenzierte Behandlung im
Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit genommen hat ( siehe oben ), ist für einen außenstehenden
Beobachter optisch kaum wahrnehmbar, zumal der Dachaufbau in der Z.-Straße …, weil er auf dem Dach eines
alleinstehenden Gebäudes steht, anders als der Dachaufbau des Klägers rundum und von weither sichtbar ist.
Einem außenstehenden, für Denkmalschutzbelange aufgeschlossenen Betrachter ist es schwer vermittelbar,
weshalb der Dachaufbau auf dem Gebäude in der Z.-Straße … von der Beklagten toleriert wird, während der
Dachaufbau auf dem Gebäude des Klägers vollständig abgebrochen werden muss. Wenn man bedenkt, dass
die Beklagte - nach Aussage ihrer Vertreter in der mündlichen Gerichtsverhandlung - einen Dachaufbau in den
Ausmaßen des Dachaufbaus am Gebäude in der Z.-Straße … (entsprechend der generellen Verwaltungspraxis)
auch auf dem Gebäude des Klägers (nicht nur tolerieren, sondern) sogar genehmigen würde, dann ist es unter
Berücksichtigung aller erheblichen kostenintensiven Aufwendungen, die mit einem Abbruch des Dachaufbaus
und der Klärung der sich damit stellenden offenen Fragen (ob und, wenn ja, wie die an sich genehmigte
Nutzung des Dachs als Terrasse in die Praxis umgesetzt werden kann und soll) verbunden sind, für den Kläger
unverhältnismäßig, von ihm den kompletten Rückbau, das heißt den vollständigen Abbruch, seines
Dachaufbaus zu fordern. Ob es ermessensgerecht gewesen wäre, vom Kläger einen Teilabbruch seines
Dachaufbaus bis auf die Maße zu fordern, die den Maßen des Dachaufbaus am Gebäude in der Z.-Straße …
entsprechen und die für einen Dachausstieg unbedingt erforderlich sind, kann hier dahingestellt bleiben, da die
Beklagte eine solche (Ermessens-)Entscheidung nicht getroffen hat. Eine solche Entscheidung wäre im
Übrigen von der (nicht einfachen) Prüfung abhängig, ob und inwieweit ein Teilabbruch möglich und seinerseits
verhältnismäßig ist.
54 Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
55 Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO, aus denen die Berufung vom Verwaltungsgericht zuzulassen
wäre, sind nicht gegeben.