Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 15.12.2009

VG Frankfurt: grundstück, öffentlich, bebauungsplan, stadt, dachgeschoss, eigentümer, rechtshängigkeit, anschluss, papier, verzinsung

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Gericht:
VG Frankfurt 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 K 1797/09.F
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 12 KAG HE, § 233 AO, § 11
KAG HE, § 4 KAG HE, § 236 AO
Berechnung des Kanalanschlussbeitrags nach der
Grundstücksfläche
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2007 in Gestalt des Abhilfebescheids
vom 22.08.2008 wird insoweit aufgehoben, als mit ihm ein Kanalanschlussbeitrag
von mehr als 1.321,86 € festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu
vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Kostengläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger sind – je zur Hälfte – Erbbauberechtigte des Grundstücks Flur 8,
Flurstück 942/1, in Frankfurt am Main, A-Straße, mit einer Grundstücksfläche von
393 m². Das Grundstück ist mit einem Reihenendhaus bebaut. Der Bebauungsplan
sieht u. a. für das betreffende Grundstück eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,0
vor, bestimmt die Anzahl der Vollgeschosse mit „II – III“, erlaubt eine Dachneigung
von 40
und beschränkt das Baufenster auf 11,49 m X 6,50 m. Aus dem
Baulastverzeichnis der Stadt ..., Band 47, Blatt 144, ergibt sich zudem, dass sich
die jeweiligen Eigentümer verpflichtet haben, hinter der nach dem Bebauungsplan
Nr. 000 – YYY festgesetzten Ausnutzung des Grundstücks mit maximal drei
Vollgeschossen zurück zu bleiben und eine Bebauung mit zwei Vollgeschossen zu
realisieren.
Mit Bescheid vom 21.11.2007 setzte die Beklagte für das Grundstück der Kläger
einen Kanalanschlussbeitrag in Höhe von 2.813,88 € fest, wobei sie nach § 18 der
Satzung über die Entwässerung der Stadt ... vom 29.10.1982, i. d. F. vom
22.06.2006 (EWS), für jeden angefangenen Quadratmeter Grundstücksfläche 1,02
€ zuzüglich 6,14 € für jeden angefangenen Quadratmeter „zulässiger
Geschossfläche“ zugrunde legte.
Mit Schreiben vom 12.12.2007 haben die Kläger hiergegen Widerspruch erhoben
und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, bei der Berechnung des
Kanalanschlussbeitrages habe die Beklagte nicht auf die nach dem
Bebauungsplan „zulässige Geschossfläche“ abstellen dürfen, sondern auch
öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen, die die Ausschöpfung des
satzungsrechtlich vorgesehenen Maßes der zulässigen baulichen Nutzung
hinderten, berücksichtigen müssen. Die in § 17 Abs. 3 (jetzt § 18 Abs. 3) EWS
enthaltene Berechnungsformel stelle nach der obergerichtlichen Rechtsprechung
lediglich eine widerlegbare Vermutung dar. So habe die Beklagte zwar
zulässigerweise die Grundstücksfläche von 393 m² ihrer Berechnung nach § 18
Abs. 1, Buchstabe a EWS zugrunde legen dürfen, doch bei der Berechnung der
Geschossfläche habe die Beklagte nicht von diesem, sondern von der aufgrund
der Baubeschränkungen nur zulässigen Geschossfläche von 150 m² ausgehen
dürfen. Die Geschossfläche sei nach den Außenmaßen der Gebäude in allen
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dürfen. Die Geschossfläche sei nach den Außenmaßen der Gebäude in allen
Vollgeschossen zu ermitteln. Als Vollgeschosse gelten Geschosse, die nach
landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse seien. Nach den einschlägigen
hessischen Bestimmungen gelten als Vollgeschosse oberirdische Geschosse, die
eine Höhe von mindestens 2,30 hätten. Diese Voraussetzung erfüllten nur das
Erd- und das Obergeschoss, nicht jedoch das Dachgeschoss ihres Hauses, da
nach § 2 Abs. 4 Satz 4 HBO ein Geschoss mit geneigter Dachfläche nur dann als
ein Vollgeschoss gelten könne, wenn es die Mindesthöhe von 2,30 m über mehr
als drei Viertel der Brutto-Geschossfläche des darunter liegenden Geschosses
erreiche. Für das Dachgeschoss bedeute dies, dass die Mindesthöhe über eine
Fläche von mindesten 56,02 m² (76,69 m² / 4 X 3) erreicht werden müsse.
Aufgrund der vorgeschriebenen Dachneigung von 40
erreiche das Dachgeschoss
ihres Hauses diese Mindesthöhe lediglich auf 48,95 m², so dass es nicht als
Vollgeschoss bei der Berechnung berücksichtigt werden könne.
Mit Bescheid vom 22.08.2008 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als
sie wegen der Baulastbeschränkung eine Geschossflächenzahl von 0,55 ihren
Berechnungen zugrunde legte und bei dem satzungsrechtlichen
Verteilungsmaßstab „zulässige Geschossfläche“ 217 m² berücksichtigte.
Mit Schriftsatz vom 08.09.2008 haben die Kläger auch gegen den Abhilfebescheid
vom 22.08.2008 Widerspruch erhoben und im Wesentlichen dargelegt, dass bei
den von der Beklagten im Abhilfebescheid zugrunde gelegten zwei Vollgeschossen
jedoch nur eine zulässige Geschossfläche von 150 m² und nicht 217 m² zu
berücksichtigen sei.
Nach dem über den Widerspruch nicht zeitnah entschieden worden war, haben die
Kläger mit am 06.07.2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz
Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung wiederholen Sie die im
Widerspruchsverfahren bereits vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen
Erwägungen und verweisen unter Hinweis auf die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 03.02.1989 – 8 C 66/87 –) und
des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (HessVGH, Urteil vom 16.06.2004 – 5 UE
1701/02 –) darauf, dass das lediglich auf dem Papier stehende Maß der baulichen
Nutzung dann nicht zur Grundlage eines Kanalanschlussbeitrages gemacht
werden könne, wenn eine öffentlich-rechtliche Baubeschränkung die Ausschöpfung
des für ein Grundstück nach dem Bebauungsplan vorgesehenen Maßes der
zulässigen baulichen Nutzung hindere. So gehe die Beklagte in ihrem
Abhilfebescheid vom 22.08.2008 selbst davon aus, dass aufgrund der
Baubeschränkungen nur von zwei Vollgeschossen ausgegangen werden könne.
Allerdings ergebe sich aus dem Bescheid kein Hinweis, wie die Beklagte die
Geschossflächenzahl von 0,55 ermittelt habe. Zwar sei im Rahmen des
Bauantragverfahrens tatsächlich eine Geschossflächenzahl von 0,55 festgesetzt
worden, dies allerdings auf der Basis eines dreigeschossigen Baus. Aufgrund der
Argumentation der Beklagten im Abhilfebescheid ergebe sich jedoch eine
Geschossflächenzahl von 0,38 (74,69 Hausgrundstücksfläche X 2 Vollgeschosse =
149,38 m² / 393 m² Grundstücksfläche = 0,38).
Die Kläger beantragen,
1. den mit Bescheid vom 21.11.2007 der Stadt ... festgesetzten
Kanalanschlussbeitrag in Gestalt des Abhilfebescheids vom 22.08.2008 insoweit
aufzuheben, als ein Kanalanschlussbeitrag von mehr als 1.321,86 € festgesetzt
wird.
2. die Beklagte zu verpflichten, an die Kläger 411,38 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe
von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass eine Berechnung des Kanalanschlussbeitrages anhand
der tatsächlichen Geschossfläche nach den satzungsrechtlichen Bestimmungen
nicht zulässig sei. Aufgrund der Verpflichtung der Eigentümer, hinter der im
Bebauungsplan festgesetzten Ausnutzung des Grundstücks mit drei
Vollgeschossen zurück zu bleiben und eine Bebauung mit nur zwei Vollgeschossen
zu realisieren, sei im Baugenehmigungsverfahren abweichend von den
Festsetzungen im Bebauungsplan für das Grundstück der Kläger eine
Geschossflächenzahl von 0,55 genehmigt und bei der Berechnung des
Kanalanschlussbeitrages zugrunde gelegt worden. Soweit die Kläger auf die
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Kanalanschlussbeitrages zugrunde gelegt worden. Soweit die Kläger auf die
Rechtsprechung des Hess VGH verweisen, liege diesem Urteil ein anderer
Sachverhalt zugrunde, der auf den zu entscheidenden Fall nicht angewandt
werden könne.
Die beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter
anstelle der Kammer gemäß § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO einverstanden erklärt.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie den Inhalt der
Behördenvorgänge (1 Hefter) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Berichterstatter konnte über die Klage entscheiden, da die Beteiligten ihr
Einverständnis hierzu nach § 87a Abs. 2 und 3 VwGO erteilt haben.
Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrags zu 1) zulässig und auch begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 22.08.2008 ist, soweit in ihm ein
Kanalanschlussbeitrag, der 1.321,86 € übersteigt, festgesetzt wird, rechtswidrig
und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Zwar hat die Beklagte ihren Bescheid zutreffend auf § 12 KAG i.V.m. der Beitrags-
und Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 29.10.1982, in der Fassung vom
22.06.2006, gestützt. Grundsätzlich ist die Heranziehung der Kläger auch nicht zu
beanstanden, denn nach § 16 EWS unterliegt ein Grundstück dann der
Beitragspflicht, wenn die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der öffentlichen
Einrichtung Abwasseranlage gegeben ist. Diese Voraussetzung für die Entstehung
der Kanalanschlussbeitragspflicht lag beim veranlagten Grundstück unstreitig vor.
Der Kanalanschlussbeitrag ist indes nicht in der von der Beklagten ursprünglich
errechneten Höhe von 1.733,24 € entstanden, sondern lediglich mit einem Betrag
von 1.321,86 €.
Nach § 18 Abs. 1 EWS erhebt die Beklagte einen Kanalanschlussbeitrag, der nach
der Grundstücksfläche und der zulässigen Geschossfläche bemessen wird. Nach §
18 Abs. 3 EWS errechnet sich die zulässige Geschossfläche durch Vervielfachung
der Grundstücksfläche mit der sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplans
ergebenden Geschossflächenzahl (GFZ).
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann bei der Berechnung der zulässigen
Geschossflächenzahl (GFZ) nach § 18 Abs. 3 EWS nicht pauschal auf die
Festsetzungen im Bebauungsplan abgestellt werden, wenn öffentlich-rechtliche
Baubeschränkungen das vorgesehene und insoweit lediglich „auf dem Papier
stehende“ Maß der zulässigen baulichen Nutzung hindern. Die Kläger weisen
insofern zu Recht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwG) zum Erschließungsbeitragsrecht hin. Danach sind öffentlich-rechtliche
Beschränkungen, die die Ausschöpfung des für ein Grundstück vorgesehenen
Maßes der zulässigen baulichen Nutzung hindern, bei der Anwendung der
satzungsmäßigen Verteilungsregelungen zu berücksichtigen, wenn das behinderte
Nutzungsmaß eine Komponente des einschlägigen Verteilungsmaßstabes
darstelle. In diesem Falle wirke sich nämlich die Baubeschränkung für den
satzungsgemäßen Verteilungsmaßstab aus (BVerwG, Urt. vom 03.02.1989 – 8 C
66.87 – BVerwGE 81, 251; Hess VGH, Urt. vom 16.06.2004 – 5 UE 1701/02 –, nach
juris). Betrifft eine solche Baubeschränkung das Nutzungsmaß, so hat der
Satzungsanwender den jeweiligen Maßstab „in der Weise anzuwenden“, dass auch
etwaigen Unterschieden in der Realisierbarkeit des Nutzungsmaßes Rechnung
getragen wird. Dies geschieht in der Regel dadurch, dass die Verteilungsregelung,
die auf das Nutzungsmaß „zulässige Geschossfläche“ abstellt, in ihrem Merkmal
„zulässig“ dahin auszulegen ist, dass als „zulässig“ im Einzelfall das Nutzungsmaß
zu verstehen ist, das unter Berücksichtigung auch öffentlich-rechtlicher
Baubeschränkungen auf dem jeweiligen erschlossenen Grundstück verwirklicht
werden darf (BVerwG a.a.O.).
Das so auszulegende Nutzungsmaß „zulässige Geschossfläche“ bedeutet im
konkreten Fall, dass nicht 217 m², sondern nur 150 m² zulässige Geschossfläche
bei der Ermittlung des Kanalanschlussbeitrages zu berücksichtigen sind. Denn
nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Angaben der Kläger, liegt ihr 393
m² großes Grundstück im Bereich des Bebauungsplans Nr. 515 – YYY der Stadt ...
der für das betreffende Grundstück zwar eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,0
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der für das betreffende Grundstück zwar eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,0
vorsieht, die Anzahl der Vollgeschosse mit „II – III“ bestimmt sowie eine
Dachneigung von 40
erlaubt und das Baufenster auf 11,49 m X 6,50 m
einschränkt, doch ist das daraus theoretisch realisierbare Nutzungsmaß jedoch
durch eine öffentlich-rechtliche Baulast i.S.d. § 75 HBO erheblich eingeschränkt.
Aus dem Baulastverzeichnis der Stadt ..., Band 47, Blatt 144, ergibt sich, dass sich
die jeweiligen Eigentümer auf Verlangen der Beklagten verpflichtet haben, hinter
der nach dem Bebauungsplan festgesetzten Ausnutzung des Grundstücks mit
maximal drei Vollgeschossen zurück zu bleiben und eine Bebauung mit zwei
Vollgeschossen zu realisieren. Unter Berücksichtigung dieser öffentlich-rechtlichen
Baubeschränkung können auf dem klägerischen Grundstück lediglich zwei und
nicht drei Vollgeschosse realisiert werden. Zu einer solchen Beschränkung der
bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzbarkeit ihres Grundstücks haben sich die
Kläger und auch die übrigen Eigentümer der Grundstücke offensichtlich auf
Veranlassung der Beklagten verpflichtet, die – entgegen ihren eigenen
Ausweisungen im Bebauungsplan – dort nur eine zweigeschossige Bebauung
realisiert sehen wollte. Diese Baubeschränkung, die die Ausnutzung der nach der
Satzung zugrunde gelegten Geschossflächenzahl verhindert, hat die Beklagte
nicht genügend berücksichtigt.
Die Beklagte wendet zwar ein, sie habe bereits auf den Widerspruch der Kläger hin,
die Geschossflächenzahl im Anschluss an die im Baugenehmigungsverfahren
genehmigte Geschossflächenzahl von 0,55 angepasst, sie berücksichtigt jedoch
nicht die darüber hinaus bestehende Baubeschränkung auf zwei Vollgeschosse.
Denn die derzeit tatsächliche Ausnutzung des Grundstücks der Kläger liegt unter
Berücksichtigung aller auch von der Beklagten im Abhilfebescheid zugrunde
gelegten Parameter wie Baufenster und der zulässigen Anzahl der Vollgeschosse
zu einer Geschossflächenzahl von lediglich 0,38. (Geschossfläche 74,69 m² X 2
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Auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragene
Darstellung, theoretisch sei es den Klägern möglich, das Dachgeschoss durch den
zulässigen Ausbau von Dachgauben so zu gestalten, dass auch nach den
Bestimmungen der Hessischen Bauordnung und den Vorschriften der
Benutzungsverordnung ein drittes Vollgeschoss realisiert werden könne, ist für die
Entscheidung im vorliegenden Verfahren ohne Bedeutung. Denn zum einen haben
sich die Kläger öffentlich-rechtlich zu einer zweigeschossigen Bauweise gegenüber
der Beklagten verpflichtet und zum anderen liegt es in der
Entscheidungskompetenz der Beklagten selbst, diese Verpflichtung auch im
Baugenehmigungsverfahren durchzusetzen.
Der weitere Einwand der Beklagten, die bestehende öffentlich-rechtliche
Baulastbeschränkung könne jederzeit mit der Folge geändert werden, dass die
Festsetzungen des Bebauungsplans wieder auflebten, verkennt die Wirkung der
öffentlich-rechtlich eingegangenen Verpflichtung der Kläger und aller anderen von
der Baulast erfassten Grundstückseigentümer. Unabhängig davon, dass der Inhalt
der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, die zur Eintragung in das
Baulastenverzeichnis führte, nicht bekannt ist, kann nach § 75 Abs. 3 HBO eine
Baulast nur durch den schriftlichen Verzicht der Bauaufsichtsbehörde untergehen.
Damit hängt die Entscheidung, ob die nach den bauplanungsrechtlichen Vorgaben
mögliche Nutzung des klägerischen Grundstücks wieder aufleben kann, allein von
der Beklagten selbst ab. Ausweislich der Eintragungen im Baulastenverzeichnis
kommt im konkreten Fall kumulativ hinzu, dass die Löschung der Baulast
zusätzlich nur im Einvernehmen mit dem Stadtvermessungsamt –
Umlegungsstelle – möglich sein soll. Die Wahrscheinlichkeit, dass die eigentliche
bauplanungsrechtlich eröffnete Nutzungsmöglichkeit wieder auflebt, ist angesichts
der getroffenen Verpflichtung und der Tatsache, dass das Grundstück der Kläger
eines von fünf von der Baulast betroffenen Grundstücke ist, nach der Überzeugung
des Gerichts so gering, dass sie im konkreten Fall der nach der obergerichtlichen
Rechtsprechung gebotenen Auslegung des Verteilungsmaßstabs „zulässige
Geschossfläche“ nicht entgegen gehalten werden kann. Im Übrigen wäre die
Beklagte nach Ansicht des Gerichts bei einer entsprechenden Löschung der
Baulast auch nicht gehindert, den Kanalanschlussbeitrag unter Zugrundelegung
der dann realisierbaren Nutzungsmöglichkeit neu zu berechnen.
Auch soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die von den Klägern zitierte
Rechtsprechung des Hess. VGH (Urt. vom 16.06.2004 – 5 UE 1701/02 – zitiert
nach juris) auf den zu entscheidenden Fall keine Anwendung finden könne, kann
das Gericht dem nicht folgen. Der Hess. VGH hatte bereits in einer weiteren
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das Gericht dem nicht folgen. Der Hess. VGH hatte bereits in einer weiteren
Entscheidung (Beschluss vom 24.09.1996 – 5 TG 3919/95 -) deutlich gemacht, das
„die Dinge im Anschlussbeitragsrecht nicht anders als im
Erschließungsbeitragsrecht“ liegen und klargestellt, dass Maßstab nur das
Nutzungsmaß sein könne, das sich unter Berücksichtigung von
Nutzungsbeschränkungen maximal verwirklichen lasse. Entscheiden ist also nicht
ausschließlich die dem Grundstück durch bauplanungsrechtliche Festsetzungen
vermittelte Inanspruchnahmemöglichkeit, sondern das, was auch unter
Zugrundelegung anderer öffentlich-rechtlicher Nutzungsbeschränkungen
tatsächlich realisierbar ist. Darüber hinaus ist auch selbst unter Berücksichtigung
der von der Beklagten eingewandten Bedenken nicht erkennbar, weshalb eine
öffentlich-rechtliche Baubeschränkung in Form der Baulast eine andere rechtliche
Qualität haben sollte als die in der Entscheidung des Hess. VGH angesprochenen
und berücksichtigten denkmalschutzrechtlichen Aspekte.
Der von den Klägern gestellte Antrag zu 2) ist bereits unzulässig. Dem Antrag fehlt
das notwendige Rechtschutzinteresse, da nicht ersichtlich ist und auch von den
Klägern in dieser Hinsicht kein weiterer substantiierter Vortrag erfolgte, warum die
Beklagte aufgrund einer gerichtlichen (Teil-)Aufhebung eines Beitragsbescheides
nicht von sich aus den von den Klägern zuviel gezahlten Betrag von 411,38 €
zurückzahlen sollte. Solche Zweifel ergeben sich auch nicht aus dem Verlauf des
Verwaltungsverfahrens. Vielmehr spricht gerade die Tatsache, dass die Beklagte
im Anschluss an den Widerspruch der Kläger gegen den Ausgangsbescheid vom
21.11.2007 ohne gerichtliche Geltendmachung den danach von den Klägern zuviel
gezahlten Betrag in Höhe von 1.080,64 € erstattete, für die Annahme, dass sie
dies auch für den nunmehr noch im Raum stehenden Betrag von 411,38 €
genauso handhaben wird.
Soweit die Kläger als Nebenforderung Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit geltend machen, ist bereits nicht erkennbar,
woraus sich ein Anspruch in dieser Höhe ergeben sollte. § 12 KAG bestimmt, dass
für die Erstattung die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend gelten. Nach § 4
Abs. 1 Nr. 5 b KAG sind die Vorschriften über die Verzinsung und die
Säumniszuschläge u. a. nach §§ 233 und 236 AO entsprechend anzuwenden. §
233 AO bestimmt, dass Ansprüche nur verzinst werden, soweit dies gesetzlich
vorgeschrieben ist. Eine solche hier anzuwendende Regelung stellt § 236 AO dar.
Danach haben die Kläger nur bei einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung
einen Anspruch darauf, dass der zu erstattende Betrag vom Tag der
Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag verzinst wird. Die Höhe und die
Berechnung der Zinsen ergibt sich aus § 238 AO. Die Zinsen betragen danach für
jeden Monat einhalb Prozent. Dass die Beklagte dieser sich unmittelbar aus dem
Gesetz ergebenden Verzinsung des zu erstattenden Betrages nicht nachkommen
wird, sollte die gerichtliche Entscheidung rechtskräftig werden, ist nicht ersichtlich.
Jedenfalls sieht das Gericht keine Handhabe – auch nicht im Hinblick auf die
Entscheidung des BVerwG im Urteil vom 17.02.2000 (– 3 C 11/99 –) – vor
Rechtskraft seiner eigenen Entscheidung über diesen Anspruch zu befinden. Einen
darüber hinausgehenden Zinsanspruch haben die Kläger auch materiell-rechtlich
nicht dargelegt. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus dem Rechtsgedanken des §
288 BGB, da die Geldschuld überhaupt noch nicht fällig ist.
Danach war der Klage im tenorierten Umfang stattzugeben.
Da die Kläger hinsichtlich ihres Antrages zu 2) unterlegen sind, waren die Kosten
des Verfahrens gemäß § 155 Abs. 1 VwGO hälftig zu teilen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 1
VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.