Urteil des VG Darmstadt vom 15.01.2009

VG Darmstadt: gerichtshof der europäischen gemeinschaften, mehrbelastung, mehrarbeit, besoldung, lehrer, entlastung, behörde, hessen, erlass, vergütung

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Gericht:
VG Darmstadt 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 K 518/08.DA
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
Art 141 EG
(Besoldung; Lehrer; Teilnahme an Klassenfahrt; Ausgleich
bei Teilzeitbeschäftigung)
Leitsatz
1. Einer teilzeitbeschäftigten hessischen Lehrerin steht für die Mehrbelastung durch die
Teilnahme an einer Klassenfahrt in europarechtskonformer Auslegung des Erlasses des
Hessischen Kultusministeriums vom 31.08.2007 ein Anspruch auf anteilige Besoldung
in gleichem Umfang wie einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft zu.
2. Die Nichteilnahme an einer nicht stattfindenden Klassenfahrt stellt keinen Ausgleich
für eine vorangegangene Mehrbelastung dar.
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, die Mehrbelastung der Klägerin infolge der Teilnahme
an einer Klassenfahrt vom 10.5. bis 14.05.2004 dadurch auszugleichen, dass ihr
für insgesamt 10,5 Stunden anteilige Besoldung aus der Besoldungsgruppe A 13
BBesO gewährt wird. Der Bescheid des Staatlichen Schulamtes für den Z. und den
Y. vom 06.12.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides derselben Behörde
vom 14.03.2008 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils für die Klägerin
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die 1949 geborene Klägerin steht als beamtete Lehrerin im Dienste des Landes
Hessen. Sie ist an der Gesamtschule X. in A-Stadt tätig und wird nach A 13 BBesO
besoldet. Ihre wöchentliche Arbeitszeit ist gegenwärtig auf 19/25,5 Wochenstunden
reduziert. Seit 01.08.2007 befindet sie sich in der Arbeitsphase des Blockmodells
der Altersteilzeit.
Unter dem 30.10.2004 beantragte sie bei dem Staatlichen Schulamt für den Z.
und den Y. (im Folgenden: Schulamt) unter Hinweis auf eine Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30.06.2003 (6 A
4424/01) „zeitanteilige Besoldung für geleistete Mehrarbeitsstunden“ und führte
zur Begründung aus, sie habe zwischen dem 11.10.2003 und dem 12.02.2004
Mehrarbeit bei Abschlußprüfungen geleistet und vom 10.05.2004 bis zum
14.05.2004 als Begleitperson an einer Klassenfahrt teilgenommen, wodurch
Mehrarbeit gemäß einer beigefügten Aufstellung angefallen sei.
Das Schulamt teilte der Klägerin daraufhin unter dem 05.11.2004 mit, eine
Bescheidung ihres Antrages werde zurückgestellt, bis eine das Land Hessen
bindende Gerichtsentscheidung vorliege.
Nachdem die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom
02.10.2006
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(1 UE 2423/05) bekannt geworden war, lehnte das Schulamt den Antrag der
Klägerin vom 30.10.2004 mit Bescheid vom 06.12.2007 ab. Zwar liege bei
Klassenfahrten eine Mehrbelastung teilzeitbeschäftigter Lehrer vor, die jedoch
auch durch einen alternierenden Einsatz ausgeglichen werden könne. Dies müsse
nicht im laufenden Schuljahr erfolgen; da die Klägerin offenbar nicht in jedem
Schuljahr an einer Klassenfahrt teilnehme, sei der erforderliche Ausgleich
geschaffen. Bei den übrigen, von der Klägerin so bezeichneten
Mehrarbeitsstunden handele es sich um die Verrichtung dienstlicher Aufgaben, für
die kein Anspruch auf gesonderte Vergütung bestehe.
Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 20.12.2007 Widerspruch und führte zur
Begründung im Wesentlichen aus, die behördliche Entscheidung verstoße gegen
europarechtliche Grundsätze bezüglich der Vergütung Teilzeitbeschäftigter. Im
Übrigen könne auch keine Rede davon sein, dass ihr in den Jahren 2005 und 2006
der erforderliche Ausgleich gewährt worden sei, denn an ihrer Schule sei die
Personalsituation so, dass jede Lehrkraft nur jedes dritte Jahr an einer Klassenfahrt
teilnehmen müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2008 wies das Schulamt den Widerspruch als
unbegründet zurück. Die Behörde sei an die Entscheidung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofes gebunden; der danach erforderliche Ausgleich sei
dadurch geschaffen worden, dass die Klägerin vor 2004 und auch in den Jahren
danach nicht an einer Klassenfahrt teilgenommen habe.
Am 11.04.2008 hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten Klage vor dem
erkennenden Gericht erhoben, mit welcher sie die Verpflichtung des Beklagten
erstrebt, ihr die im Rahmen einer Klassenfahrt im Jahr 2004 als Teilzeitbeschäftigte
geleistete Mehrarbeit anteilig gemäß der Besoldung aus A 13 BBesO zu vergüten.
Zur Begründung verweist sie nach Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens auf die
aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, aus der sich ebenfalls
die Verpflichtung der Behörde ergebe, ihr für die geleistete Mehrarbeit eine
tatsächliche Entlastung zu gewähren. Dies erfordere die Befreiung von einer
ansonsten zu leistenden Teilnahme an einer Klassenfahrt. Da an ihrer Schule aber
jede Lehrkraft nur jedes dritte Jahr an einer Klassenfahrt teilnehme, stelle der
Umstand, dass sie in den Jahren 2005 und 2006 nicht an einer Klassenfahrt
teilgenommen habe, keine derartige Entlastung dar. Erstmals im Jahr 2007 habe
sie wieder an einer Klassenfahrt teilgenommen. Ihr entsprechender
Vergütungsantrag sei wiederum abgelehnt worden, das Widerspruchsverfahren
ruhe mit Blick auf dieses Klageverfahren.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Mehrbelastung der Klägerin infolge der
Teilnahme an einer Klassenfahrt vom 10.05. bis 14.05.2004 dadurch
auszugleichen, dass hierfür insgesamt 10,5 Stunden anteilige Besoldung aus der
Besoldungsgruppe A 13 gewährt wird, und den Bescheid des Staatlichen
Schulamtes für den Landkreis Z. und den Y. vom 06.12.2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 14.03.2008 abzuändern, soweit
sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Ausführungen im vorangegangenen Verwaltungsverfahren
und verweist im Übrigen auf den Erlass des Hessischen Kultusministeriums vom
31.08.2007, der der positiven Bescheidung des klägerischen Begehrens
entgegenstehe.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
Dem Gericht liegen zwei Bände Personalakten, die Klägerin betreffend, vor, die
ebenso wie ein Hefter Behördenvorgänge zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage, gegen deren Zulässigkeit Bedenken nicht bestehen, ist begründet,
denn der Klägerin steht ein Anspruch auf anteilige Besoldung aus der
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denn der Klägerin steht ein Anspruch auf anteilige Besoldung aus der
Besoldungsgruppe A 13
BBesO für 10,5 Stunden im Mai 2004 erbrachte Mehrarbeit als Begleitperson an
einer Klassenfahrt zu.
Dieser Anspruch ergibt sich hier in Anwendung des Art. 141 EG, da die die
Gewährung einer Ausgleichszahlung ablehnende Behördenentscheidung sich als
europarechtswidrige mittelbare Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Frauen
darstellt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23.09.2004
– 2 C 61/03 –, zitiert nach juris) ist die Teilnahme einer Lehrkraft an einer
Klassenfahrt keine Mehrarbeit, sondern gehört zum normalen Arbeitsumfang eines
Lehrers, sodass vollzeitbeschäftigte Lehrer für die Dauer derartiger
Veranstaltungen Mehrarbeitsvergütung nach Maßgabe der Vorschriften der
Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte – MVergV
– nicht verlangen können. Ob diese Rechtsauffassung auch heute noch Gültigkeit
verlangen kann, nachdem die tatsächliche Belastung der Lehrkräfte an hessischen
Schulen in den letzten Jahren insbesondere durch zusätzliche
Verwaltungsaufgaben deutlich angestiegen ist, was Veranlassung zur Prüfung
geben kann, ob diese nicht quantifizierbaren Tätigkeiten der Lehrer letztlich nicht
zu einer mit Blick auf die Arbeitszeit der übrigen Beamtengruppen unzulässigen
Erhöhung der Arbeitszeit der Lehrer führt, (vgl. hierzu Hess. VGH, Beschluss vom
28.03.2007 – 1 UZ 2770/06 –, zitiert nach juris), mag hier dahingestellt bleiben, da
das Begehren der teilzeitbeschäftigten Klägerin darauf beschränkt ist, in Bezug auf
ihre Teilnahme an der Klassenfahrt im Jahr 2004 besoldungsmäßig nicht schlechter
gestellt zu werden als eine vollzeitbeschäftigte Lehrkraft.
Auch wenn man davon ausgeht, die Teilnahme an einer Klassenfahrt gehöre zum
normalen Arbeitsumfang eines Lehrers, steht doch außer Frage, dass die
entsprechende Teilnahme einer teilzeitbeschäftigten Lehrkraft für diese jedenfalls
deshalb eine spürbare Mehrbelastung darstellt, weil sie während einer Klassenfahrt
wie eine vollzeitbeschäftigte Lehrkraft in Anspruch genommen wird (so zutreffend
Hess. VGH, Beschluss vom 14.07.2006 – 1 UE 1712/05 –; Beschluss vom
02.10.2006 – 1 UE 2423/05 –).
Diese Mehrbelastung begründet einen Ausgleichsanspruch.
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 23.09.2004 (- 2 C
61/03 – BVerwGE 122,65) hierzu ausgeführt, teilzeitbeschäftigte Lehrer sollten als
Beamte nach den bestehenden beamtenrechtlichen Regelungen – gemessen an
ihrer relativen zeitlichen Belastung und ihrer Besoldung – durch Klassenfahrten
nicht stärker belastet werden als Vollzeitbeschäftigte. Von einer
gleichheitswidrigen Behandlung einer teilzeitbeschäftigten Lehrerin könne in
diesem Zusammenhang aber nur dann die Rede sein, wenn diese in dem
maßgeblichen Zeitraum relativ stärker belastet oder relativ schlechter bezahlt
werde als vollzeitbeschäftigte Lehrer. Sie sei dann nicht stärker beansprucht, wenn
vorübergehende Belastungen durch entsprechende Entlastungen ganz oder
nahezu vollständig ausgeglichen würden. Ungleich belastend könne nur der Teil
der dienstlichen Beanspruchung sein, bei dem ein solcher Ausgleich nicht möglich
sei. Der Gleichheitssatz erfasse nur den Saldo aus Mehrbelastung und Entlastung,
wobei der Zeitraum, innerhalb dessen Mehr- und Minderleistungen zu erfassen
seien, über einen Kalendermonat hinausgehen könne. Die vorhandene
Mehrbelastung der teilzeitbeschäftigten Lehrkraft werde dann durch
Entlastungsmaßnahmen des Dienstherrn in ausreichender Weise ausgeglichen,
wenn durch einen so genannten alternierenden Einsatz – wie beispielsweise der
Teilnahme nur an jeder zweiten Klassenfahrt – eine der Teilzeitquote in etwa
entsprechende Entlastung bewirkt werde (im Ergebnis ebenso Hess. VGH,
Beschluss vom 02.10.2006 – 1 UE 2423/05 –).
Anlässlich des hier zu entscheidenden Falles kann wiederum dahingestellt bleiben,
ob das Instrument des alternierenden Einsatzes unabhängig von seiner
pädagogischen Fragwürdigkeit tatsächlich als ein praktikables Instrument zur
Schaffung eines angemessenen Ausgleichs angesehen werden kann. Maßgeblich
ist vorliegend vielmehr, dass der erforderliche Ausgleich der Mehrbelastung der
Klägerin entgegen der Ansicht des Beklagten nicht durch einen ihr gewährten
alternierenden Einsatz bei Klassenfahrten bewirkt worden ist.
Der Beklagte ist insoweit der Auffassung, die gebotene Entlastung der Klägerin sei
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Der Beklagte ist insoweit der Auffassung, die gebotene Entlastung der Klägerin sei
dadurch erfolgt, dass sie vor dem Jahr 2004 (ohne dass diesbezüglich eine weitere
Präzisierung erfolgt wäre) sowie in den Jahren 2005 und 2006 nicht an einer
Klassenfahrt teilgenommen habe.
Dieser Auffassung folgt die erkennende Kammer nicht.
Der zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung ist unzweifelhaft zu entnehmen,
dass die mit der Teilnahme an einer Klassenfahrt vorhandene Mehrbelastung einer
teilzeitbeschäftigten Lehrkraft auszugleichen ist, wobei der Ausgleich im Wege des
alternierenden Einsatzes für möglich und ausreichend angesehen wird. Nach dem
Vortrag der Klägerin, dem seitens des beklagten Landes nicht entgegengetreten
worden ist, verhält es sich an der Schule der Klägerin so, dass dort aufgrund der
günstigen Personalsituation jede Lehrkraft, sei sie teilzeit- oder vollzeitbeschäftigt,
nur in jedem dritten Jahr zur Teilnahme an einer Klassenfahrt herangezogen wird.
Es bedarf an dieser Stelle keiner weiteren grammatikalischen, semantischen oder
sonstigen sprachlichen Diskussionen, um zu der Feststellung zu gelangen, dass
Ausgleich, alternierender Einsatz oder auch Entlastung zwangsläufig das Bestehen
einer entsprechenden Verpflichtung voraussetzen, von der dann Befreiung erteilt
werden kann. Die Nichtteilnahme an einer nicht stattfindenden Klassenfahrt stellt
keinen Ausgleich für eine vorangegangene Mehrbelastung dar; weitere
Ausführungen hierzu sind entbehrlich.
Es ist daher die Feststellung zu treffen, dass der Beklagte bis zum maßgeblichen
Zeitpunkt, nämlich der mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren, in
Verkennung der rechtlichen Gegebenheiten der Klägerin die Gewährung des
gebotenen Ausgleichs verweigert hat. Im Übrigen käme ein Ausgleich in Form des
alternierenden Einsatzes mit Blick auf die am 01.02.2010 beginnende
Freistellungsphase der Altersteilzeit nicht mehr in Betracht, da die Klägerin im Jahr
2007 erneut an einer Klassenfahrt teilgenommen hat und auch in diesem Jahr für
eine Studienfahrt eingeplant ist.
Daher ist im Weiteren auf die Regelungen des Erlasses des Hessischen
Kultusministeriums vom 31.08.2007 „Verbesserung der Rahmenbedingungen für
teilzeitbeschäftigte verbeamtete Lehrkräfte; hier: Mehrarbeitsvergütung
teilzeitbeschäftigter verbeamteter Lehrkräfte für die Teilnahme an Klassenfahrten“
zurückzugreifen, der als allgemeine Verwaltungsvorschrift eine gleichförmige
Handhabung derartiger Fälle gewährleisten soll und daher – soweit er nicht gegen
höherrangiges Recht verstößt – auch vom Gericht der rechtlichen Würdigung des
klägerischen Begehrens zugrunde zu legen ist.
In diesem Erlass ist bestimmt, dass dann, wenn im Einzelfall kein proportionaler
Ausgleich geschaffen werden kann – was in Bezug auf die Klägerin gemäß den
obigen Ausführungen zu bejahen ist – zu prüfen sei, ob ein Anspruch auf
finanziellen Ausgleich bestehe, der sich der Höhe nach an den Vergütungssätzen
der Mehrarbeitsvergütungsverordnung orientiere.
Vorliegend steht nach dem zuvor Gesagten außer Frage, dass in Bezug auf die
Klägerin zum Ausgleich ihrer Mehrbelastung nur noch ein finanzieller Ausgleich in
Betracht kommen kann, sodass bereits unter Berücksichtigung der einschlägigen
Erlasslage der Anspruch der Klägerin dem Grunde nach nicht zweifelhaft sein kann.
Was die Höhe dieses Ausgleichs anbelangt, verweist der genannte Erlass auf die
Vergütungssätze der Mehrarbeitsvergütungsverordnung. Dies stellt indes
wiederum einen Verstoß gegen höherrangiges Recht dar.
Auf einen Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.05.2006 (2 C
8/05) hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften am 06.12.2007 (- C-
300/06 -, zitiert nach juris) entschieden, dass Art. 141 EG dahin auszulegen sei,
dass er einer nationalen Regelung der Beamtenbesoldung entgegensteht, nach
der zum Einen sowohl die von vollzeitbeschäftigten Beamten geleistete Mehrarbeit
als auch die von teilzeitbeschäftigten Beamten geleistete Mehrarbeit als Arbeit
definiert wird, die von den Beamten über ihre individuelle Arbeitszeit hinaus
geleistet wird, und zum anderen diese Mehrarbeit zu einem geringeren Satz
vergütet wird als dem Stundensatz, der auf die innerhalb der individuellen
Arbeitszeit geleistete Arbeit entfällt, sodass teilzeitbeschäftigte Beamte für die
Arbeit, die sie über ihre individuelle Stundenzahl hinaus bis zu der Stundenzahl
leisten, die ein vollzeitbeschäftigter Beamter im Rahmen seiner Arbeitszeit
erbringen muss, schlechter vergütet werden als vollzeitbeschäftigte Beamte,
sofern von allen Beschäftigten, für die diese Regelung gilt, ein erheblich höherer
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sofern von allen Beschäftigten, für die diese Regelung gilt, ein erheblich höherer
Prozentsatz weiblicher als männlicher Beschäftigter betroffen ist und die
Ungleichbehandlung nicht durch Faktoren sachlich gerechtfertigt ist, die nichts mit
einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.
Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom
13.03.2008 (- 2 C 128/07-, abgedruckt in ZBR 2008, S. 320) ausgeführt, dass
dann, wenn teilzeitbeschäftigte Lehrerinnen vergütungspflichtige Mehrarbeit
leisten, es das Diskriminierungsverbot des Art. 141 EG gebiete, jedenfalls diejenige
Mehrarbeit wie reguläre Stunden zu vergüten, die die Arbeitszeit
vollzeitbeschäftigter Lehrer nicht übersteige.
Übertragen auf den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus, dass der der Klägerin
zustehende finanzielle Ausgleich, der sich auf die Differenz zwischen ihrem
reduzierten Deputat und den von einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft zu
erbringenden Wochenstunden beschränkt, in europarechtskonformer Anwendung
des Erlasses vom 31.08.2007 entsprechend ihrer Besoldungsgruppe (A 13 BBesO)
zu ermitteln ist. Es steht außer Frage, dass von der hier zu beurteilenden Regelung
erheblich mehr Frauen als Männer betroffen sind. Um nur ein Beispiel zu nennen:
Im Schuljahr 1996/97 waren in Hessen 50845 Lehrerinnen und Lehrer beschäftigt.
Teilzeitbeschäftigt waren hiervon insgesamt 15409, also 30,3%. Während der
Anteil der Teilzeitbeschäftigten bei den männlichen Lehrkräften 7,7% ausmachte,
war fast jede zweite Lehrerin – exakt: 48,3% - mit reduzierter Pflichtstundenzahl
tätig (Quelle: Landtagsdrucksache 14/3348). Anhaltspunkte dafür, dass sich die
vorstehend beschriebenen Relationen zwischenzeitlich signifikant verändert haben
könnten, sind für das Gericht nicht ersichtlich; auch seitens des Beklagten wird
dies nicht vorgetragen. Es kommt hinzu, dass die nach der Erlasslage
vorgesehene niedrigere Vergütung ersichtlich nicht auf Faktoren beruht, die
objektiv gerechtfertigt sind und nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts zu tun haben.
Um es weiter zu konkretisieren: Die Klägerin war während der Teilnahme an der
fünftägigen Klassenfahrt im Jahr 2004 arbeitsmäßig zumindest in gleichem
Umfang belastet wie ein vollzeitbeschäftigter Kollege. Dieser vollzeitbeschäftigte
gleichaltrige Kollege erhielt für sämtliche von ihm zu leistenden 25,5
Wochenstunden (vgl. hierzu § 1 der Pflichtstundenverordnung in der Fassung vom
03.12.2003 – ABl. 2004, S. 37) Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 13
BBesO, während der Klägerin, deren Unterrichtsverpflichtung damals auf 15
Wochenstunden ermäßigt war, nur jene 15 Stunden nach A 13 BBesO vergütet
wurden, während weitere 10,5 Stunden – nämlich diejenigen bis zum Erreichen des
vollen Deputats – nur nach den niedrigeren Sätzen der
Mehrarbeitsvergütungsverordnung bezahlt werden sollen, sodass die Klägerin für
die 16. bis einschließlich der 25,5. Stunde, die sie während der Klassenfahrt als
Arbeitsleistung zu erbringen hatte, schlechter bezahlt wird als ihr männlicher
Kollege. Da dies – wie oben detailliert ausgeführt – mit europarechtlichen
Bestimmungen nicht im Einklang steht, war der Beklagte zu verurteilen, die
Mehrbelastung der Klägerin im Umfang von 10,5 Stunden durch anteilige
Besoldung aus der Besoldungsgruppe A 13 BBesO auszugleichen. Der
angefochtene Bescheid vom 06.12.2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 war aufzuheben, soweit er dem
entgegensteht.
Als unterlegener Beteiligter hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens gemäß §
154 Abs. 1 VwGO zu tragen.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO in Verbindung mit §§ 709, 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür
(vgl.
§ 124 a VwGO) nicht vorliegen.
Beschluss
Der Streitwert wird endgültig auf 399,63 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 3 GKG festgesetzt. Im Mai 2004 betrug das
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Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 3 GKG festgesetzt. Im Mai 2004 betrug das
Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 BBesO – Endstufe – 3.881,76 Euro,
sodass der Wert einer von der Klägerin zu leistenden Stunde 38,06 Euro
entsprach. Für 10,5 auszugleichende Stunden war demzufolge ein Streitwert in
Höhe von 399,63 Euro festzusetzen.
Die vorläufige Festsetzung des Streitwerts wird damit gegenstandslos.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.