Urteil des VerfG Nordrhein-Westfalen vom 26.06.2001

VerfG Nordrhein-Westfalen: staatliche aufgabe, begriff, erfüllung, unterhaltung, gemeindeverband, gebietskörperschaft, entzug, entstehungsgeschichte, verfassungsbeschwerde, anhörung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Leitsätze:
Aktenzeichen:
Verfassungsgerichtshof NRW, VerfGH 28/00, VerfGH 30/00
26.06.2001
Verfassungsgerichtshof NRW
Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen
Urteil
VerfGH 28/00, VerfGH 30/00
1. Die Landschaftsverbände sind "Gemeindeverbände" im Sinne
des Art. 78 LV NRW und als solche befugt, Verfassungsbeschwerde zu
erheben.
2. Ob die Landschaftsverbände durch Art. 78 LV NRW gegen
einen Aufgabenentzug geschützt sind, bleibt offen. Jedenfalls bezieht
sich ein etwa
durch Art. 78 LV NRW - wie auch immer - geschützter Aufgabenbereich
nur auf
kommunale Angelegenheiten.
3. a) Bei der Einschätzung einer Aufgabe als kommunale Angelegenheit
kommt dem
Gesetzgeber ein Spielraum zu.
b) Es ist vertretbar, dass der Gesetzgeber die Verwaltung
und Unterhaltung der Landesstraßen nicht als kommunale
Aufgabe, sondern als eine des Landes qualifiziert.
c) Die im Zweiten Modernisierungsgesetz vom 9. Mai 2000 (GV NRW S.
462)
normierte Übertragung der Verwaltung und Unterhaltung der
Landesstraßen von
den Landschaftsverbänden auf das Land ist verfassungsgemäß.
4. Der Übergang des der Landesstraßenbauverwaltung dienenden
Vermögens von den Landschaftsverbänden auf das Land ohne
Gewährung einer Entschädigung oder eines Schuldenausgleichs im
Zweiten
Modernisierungsgesetz verstößt nicht gegen die Finanz- oder
Tenor:
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Organisationshoheit der
Landschaftsverbände.
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
G r ü n d e :
A.
Die Beschwerdeführer, die beiden Landschaftsverbände des Landes Nordrhein-Westfalen,
wenden sich gegen die Übertragung der von ihnen bislang wahrgenommenen Aufgaben im
Bereich des Straßenwesens und ihres dieser Aufgabenwahrnehmung dienenden
Vermögens auf das Land durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung von Regierung und
Verwaltung in Nordrhein-Westfalen (Zweites Modernisierungsgesetz - 2.ModernG) vom 9.
Mai 2000 (GV NRW S. 462).
I.
Vor Inkrafttreten des Zweiten Modernisierungsgesetzes am 1. Januar 2001 oblagen den
Landschaftsverbänden nach § 5 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 Landschaftsverbandsordnung in
der Fassung vom 9. November 1999 (GV NRW S. 590) - LVerbO a.F. - die Verwaltung und
Unterhaltung der Landesstraßen einschließlich des Um- und Ausbaus nach den
Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (Nr. 1), die
Verwaltung und Unterhaltung der Kreisstraßen einschließlich des Um- und Ausbaus nach
den Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, soweit
sie dafür zuständig waren oder ihnen diese Aufgaben nach § 56 Abs. 4 des Straßen- und
Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen übertragen worden waren (Nr. 2) und im
Auftrag des Landes die Verwaltung der Bundesautobahnen und der sonstigen
Bundesstraßen des Fernverkehrs (Nr. 3). Nach § 5 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 LVerbO a.F.
bewilligten die Landschaftsverbände die ihnen zur Förderung des kommunalen
Straßenbaues und des öffentlichen Personennahverkehrs zugewiesenen Bundes- und
Landeszuwendungen. Sie waren ferner zuständig für die Planfeststellung und
Plangenehmigung für Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen im Außenbereich (§§ 39 a, 38
des Straßen- und Wegegesetzes Nordrhein-Westfalen - StrWG NRW - in der Fassung der
Bekanntmachung vom 23. September 1995, GV NRW S. 1028).
Durch das Zweite Modernisierungsgesetz sind diese Aufgaben auf das Land übertragen
worden. Das in Art. 3 2.ModernG normierte Gesetz zur Überleitung der bisher von den
Landschaftsverbänden wahrgenommenen Aufgaben im Bereich der Straßenbauverwaltung
enthält zwei Bestimmungen:
§ 1
(1) Die bisher von den Landschaftsverbänden wahrgenommenen Aufgaben im
Bereich der Straßenbauverwaltung (§ 5 Abs. 1 Buchstabe b Landschaftsverbandsordnung)
werden in die Trägerschaft des Landes übergeleitet. Die Bewilligung der Bundes- und
Landeszuwendungen zur Förderung des kommunalen Straßenbaues und des öffentlichen
Personennahverkehrs, die Linienbestimmung für Landesstraßenplanungen sowie die
Planfeststellung und Plangenehmigung für Landes- und Kreisstraßen sowie für
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Gemeindestraßen im Außenbereich obliegen jeder Bezirksregierung für ihren Bezirk.
(2) Alle anderen Aufgaben werden einem Landesbetrieb Straßenbau gemäß § 14
a Landesorganisationsgesetz mit den Standorten Köln und Münster übertragen.
(3) Der Landesbetrieb wird zum 1. Januar 2001 errichtet.
§ 2
Das Land wird Träger der Straßenbaulast für die Landesstraßen, soweit nicht die
Straßenbaulast auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften einem anderen Träger
obliegt. Das Eigentum an den Landesstraßen einschließlich der Nebenanlagen sowie alle
Rechte und Pflichten, die mit der Straße im Zusammenhang stehen, und das sonstige der
Landesstraßenbauverwaltung dienende, im Eigentum der Landschaftsverbände stehende
Vermögen gehen auf das Land über.
Art. 4 2.ModernG regelt verschiedene Änderungen des Straßen- und Wegegesetzes des
Landes Nordrhein-Westfalen, um die Aufgabenüberleitung im Einzelnen umzusetzen. Art.
28 2.ModernG normiert den Personalübergang von den Landschaftsverbänden auf andere
Körperschaften. Danach finden die Vorschriften der §§ 128 ff. des
Beamtenrechtsrahmengesetzes - BRRG - unmittelbare bzw. entsprechende Anwendung.
Die Bediensteten sind entsprechend den von ihnen jeweils wahrgenommenen Aufgaben
anteilig von den Körperschaften zu übernehmen. Kommt innerhalb von sechs Monaten
nach Aufgabenübergang ein Einvernehmen zwischen den beteiligten Körperschaften nicht
zustande, so trifft bei der Aufgabenverlagerung auf die Kreise und kreisfreien Städte die am
Sitz der Landschaftsverbände bestehende Bezirksregierung die Entscheidung anstelle der
beteiligten Körperschaften; im Übrigen entscheidet das Innenministerium im Einvernehmen
mit derjenigen obersten Landesbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Aufgabe
übergeht.
II.
1.
Verfassungsbeschwerden geltend, die angegriffenen Vorschriften des Zweiten
Modernisierungsgesetzes verletzten sie in ihrem Recht auf Selbstverwaltung.
Der Beschwerdeführer zu 1. beantragt,
1. festzustellen, dass Art. 3 und Art. 4 des
Zweiten Gesetzes zur Modernisierung von
Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen
(Zweites Modernisierungsgesetz - 2.ModernG) vom
9. Mai 2000 sein Selbstverwaltungsrecht (Art. 78
LV NRW) verletzen und deshalb nichtig sind,
2. ihm die für die Rechtsverfolgung erforder-
lichen Auslagen zu erstatten.
Der Beschwerdeführer zu 2. beantragt,
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festzustellen, dass Art. 3 und 28 des Zweiten
Gesetzes zur Modernisierung von Regierung und
Verwaltung in Nordrhein-Westfalen (Zweites
Modernisierungsgesetz - 2.ModernG) vom
9. Mai 2000 die Vorschriften der Landes-
verfassung über das Recht der Selbstverwaltung
verletzen und deshalb nichtig sind.
Zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden führen die Beschwerdeführer aus: Sie seien
Gemeindeverbände im Sinne des § 52 Abs. 1 VerfGHG, Art. 78 LV NRW und Art. 28 Abs. 2
Satz 2 GG. Als gebietskörperschaftlich organisierte Zusammenschlüsse kommunaler
Körperschaften seien sie zum Erlass hoheitlicher Regelungen berechtigt und verfügten
über einen umfassenden Aufgabenzuschnitt, der sie als Gemeindeverbände
charakterisiere. Die in § 5 LVerbO zugewiesenen Aufgaben umfassten im Wesentlichen
alle kommunalen Aufgaben regionalen Zuschnitts, die von den Gemeinden und
Landkreisen nicht in effizienter Weise erfüllt werden könnten. Zwar sei bei den
parlamentarischen Beratungen zur Landschaftsverbandsordnung allgemein die Auffassung
vertreten worden, dass die Landschaftsverbände kommunale Zweckverbände und keine
Gemeindeverbände im Sinne des Art. 78 LV NRW seien. Diese Frage könne jedoch nur
die Verfassung selbst, nicht der einfache Gesetzgeber entscheiden.
Die Beschwerdeführer halten die Verfassungsbeschwerden auch für begründet. Der
Entzug der von ihnen bislang wahrgenommenen Aufgaben des Straßenbaus durch Art. 3
2.ModernG verletze Art. 78 LV NRW. Die ihnen obliegende Verwaltung und Unterhaltung
der Landesstraßen sei eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe. Nach der Verfassung
seien auch die früheren Auftragsangelegenheiten ihrer Natur nach
Selbstverwaltungsaufgaben. Der Straßenbau sei eine traditionell den
Landschaftsverbänden bzw. ihren Vorgängern, den preußischen Provinzialverbänden,
zugewiesene Aufgabe. Durch den Entzug dieser Aufgabe greife der Gesetzgeber in das
kommunale Selbstverwaltungsrecht ein. Ein solcher Eingriff dürfe nur aus Gründen des
öffentlichen Wohls vorgenommen werden. Er müsse den Grundsätzen der Geeignetheit,
Erforderlichkeit und Angemessenheit genügen. Das zentrale Argument der
Landesregierung zur Rechtfertigung der Aufgabenübertragung, die Verstaatlichung der
Straßenbauverwaltung entspreche der in anderen Ländern seit langem bewährten Praxis,
sei lediglich eine nichtssagende Floskel. Ebenso wenig überzeuge das Ziel, staatliche und
kommunale Aufgaben klarer zu trennen. Eine größere Transparenz in der Verwaltung
werde nicht dadurch erreicht, dass die Aufgaben des Straßenbaus statt durch zwei
Landschaftsverbände nunmehr durch einen Landesbetrieb mit zwei Standorten sowie fünf
Bezirksregierungen nebst Regionalräten wahrgenommen würden. Das Ziel einer Straffung
des Verwaltungsaufbaus durch eine Zuständigkeitskonzentration rechtfertige ebenfalls
nicht den Aufgabenentzug. Das kommunale Selbstverwaltungsrecht verlange, die
typischen Nachteile, die sich aus einer geringeren Übersichtlichkeit der dezentralen
Aufgabenerledigung ergäben, hinzunehmen. Dessen ungeachtet komme es nicht zu einer
Konzentration der Aufgabenwahrnehmung, sondern zu einer Zersplitterung. Auch einer
Stärkung der Verantwortung des Landes für die Verkehrsplanung bedürfe es nicht, weil die
Landschaftsverbände gemäß § 56 Abs. 3 StrWG NRW an die Planung des Landes nach
dem Landesstraßenausbaugesetz gebunden seien. Die Vorteile der vorgesehenen
Verstaatlichung des Straßenbaus stünden in keinem angemessenen Verhältnis zu den
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damit verbundenen Nachteilen. In die erforderliche Abwägung habe der Gesetzgeber auch
nicht alle erheblichen Gesichtspunkte einbezogen, so dass ein zur Rechtswidrigkeit der
Abwägung führendes Ermittlungsdefizit vorliege.
Der Gesetzgeber habe nicht den sich aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung
ergebenden verfahrensrechtlichen Anforderungen genügt. Zwar seien die
Beschwerdeführer zu der beabsichtigten Aufgabenverlagerung angehört worden. Der
Gesetzentwurf sei jedoch nach der Anhörung noch in einigen wichtigen Punkten geändert
worden. Auch aus dem Grundsatz gemeindefreundlichen Verhaltens ergebe sich die Pflicht
zu einem Mindestmaß an Rücksichtnahme durch Anhörung, Willkürfreiheit und Beachtung
des Übermaßverbots.
Der in Art. 3 § 2 Satz 2 2.ModernG vorgesehene Vermögensübergang sei
verfassungswidrig. Soweit dort ein Eigentumsübergang von beweglichen Sachen kraft
Gesetzes vorgesehen sei, stehe die Gesetzgebungskompetenz dem Bund zu. Der Bund
habe von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des
bürgerlichen Rechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) umfassend Gebrauch gemacht. Die
Ermächtigung des Art. 126 EGBGB gelte nicht für bewegliche Sachen. Die Regelungen
zum Vermögensübergang seien auch zu unbestimmt. Es fehle eine Regelung für gemischt
genutzte Vermögensgegenstände. Soweit Art. 3 § 2 Satz 2 2.ModernG die Überleitung
"aller Rechte und Pflichten, die mit der Straße im Zusammenhang stehen", regele, sei der
Umfang dieser Pflichtenübernahme zu unbestimmt.
Dass das Vermögen nach Art. 3 § 2 Satz 2 2.ModernG ohne Gewährung einer
Entschädigung übergehe, verstoße gegen die von der Selbstverwaltungsgarantie
geschützte Finanzhoheit. Zwar rechtfertige die Funktionsnachfolge prinzipiell einen
entschädigungslosen Vermögensübergang, nicht jedoch die weitere Aufbürdung
finanzieller Lasten, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erfüllung der
übergegangenen hoheitlichen Funktionen stünden. Es genüge nicht, erst in einem späteren
Gemeindefinanzierungsgesetz einen Ausgleich für die Schuldenlast zu gewähren.
Es verstoße gegen die Personalhoheit der Beschwerdeführer, dass es dem Land letztlich
freistehe, sich die zu übernehmenden Beamten auszusuchen. Komme nämlich innerhalb
von sechs Monaten nach Aufgabenübergang ein Einvernehmen zwischen den beteiligten
Körperschaften über die zu übernehmenden Beamten nicht zustande, so treffe die
Bezirksregierung die Entscheidung. Eine Übernahme kraft Gesetzes, also unabhängig vom
Willen der betroffenen Arbeitnehmer, stelle nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts einen
Verstoß gegen Art. 12 GG dar.
2.
sei schon fraglich, ob die Landschaftsverbände vom Gewährleistungsbereich des Art. 78
LV überhaupt erfasst seien. Aus der Entstehungsgeschichte der
Landschaftsverbandsordnung ergebe sich, dass der Gesetzgeber die Landschaftsverbände
nicht als Gebietskörperschaften konstituieren und deshalb auch nicht als
Gemeindeverbände habe qualifizieren wollen. Den Landschaftsverbänden fehle auch die
Allzuständigkeit als notwendige Voraussetzung für eine Gebietskörperschaft.
Jedenfalls sei ihr verfassungsrechtlicher Schutz auf die Garantie der
Eigenverantwortlichkeit hinsichtlich der zugewiesenen Aufgaben beschränkt.
Landschaftsverbände seien nicht vor der Entziehung zugewiesener Aufgaben geschützt.
Sie seien institutionell nicht gewährleistet. Der Landesgesetzgeber sei nicht gehindert,
sowohl den einzelnen Landschaftsverband als auch die Institution als solche abzuschaffen,
sofern er nur irgendeine andere Form des Gemeindeverbandes beibehalte. Könne aber die
Institution insgesamt abgeschafft werden, so stünden auch ihre Aufgaben zur Disposition
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des Gesetzgebers.
Auch wenn den Landschaftsverbänden eine aufgaben- und funktionsbezogene objektive
Rechtsinstitutsgarantie zugestanden würde, könne diese nur darauf gerichtet sein, dass
den Landschaftsverbänden ein Kernbereich von "typischen" Aufgaben bleiben müsse.
Dabei handele es sich um Aufgaben, die einen spezifischen Bezug zu den örtlichen
Gemeinschaften hätten, nicht jedoch um originär staatliche Aufgaben.
Die angegriffene Aufgabenübertragung sei materiell verfassungsgemäß. Die entzogenen
Aufgaben wurzelten nicht im gemeindlichen Zuständigkeitskreis, sondern seien Aufgaben
des Staates, also Fremdverwaltungsaufgaben. Insoweit sei es unerheblich, dass diese
staatlichen Aufgaben bislang den Landschaftsverbänden als Selbstverwaltungsaufgaben
zugewiesen gewesen seien. Die Aufgabenübertragung sei auch nicht willkürlich erfolgt.
Motiv des Gesetzgebers sei gewesen, die Straßenbauplanung stärker mit der
Gebietsentwicklungsplanung, dem Landschafts-, Natur- und Gewässerschutz zu vernetzen.
Auf der Ebene der Bezirksregierungen werde die Straßenplanung in eine integrierte,
verkehrsträgerübergreifende Gesamtverkehrsplanung eingebettet.
Ein Anhörungsrecht der Beschwerdeführer im Gesetzgebungsverfahren sei nicht verletzt.
Ein solches Recht sei von der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung lediglich im
Zusammenhang mit kommunalen Neugliederungen anerkannt worden, nicht jedoch im
Zusammenhang mit einer Zuständigkeitsneuordnung. Dessen ungeachtet seien die
Beschwerdeführer in ausreichendem Umfang angehört worden.
Auch gegen den Vermögensübergang bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Das Prinzip, dass das Eigentum am Verwaltungsvermögen einer Aufgabenübertragung
folge, sei ein allgemeines Prinzip des Verwaltungsrechts, das in der Staatspraxis unter der
Geltung des Grundgesetzes ständig befolgt worden sei. Auch die Finanzautonomie der
Beschwerdeführer werde durch den Vermögensübergang nicht beeinträchtigt. Denn die
Vermögensgegenstände seien aufgabennützig verwendet worden. Mit dem
Aufgabenverlust verliere der jeweilige Beschwerdeführer auch die finanziellen
Verpflichtungen aus der Aufgabenwahrnehmung. Die Eigentumsübertragung verstoße
auch nicht gegen kompetenzrechtliche Vorschriften. Die angegriffene Überleitungsnorm
regele nur, dass Eigentumsübergänge entsprechend der Vermögensüberleitung bewirkt
werden müssten. Der eigentliche Transaktionsvorgang könne sich dann auch nach
Bundesrecht richten, sofern eine landesgesetzliche Anordnung nicht ausreiche. Ebenso
wenig liege ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vor.
Vermögenszuordnungsfragen könnten gesetzlich nur generell geregelt werden.
Art. 28 2.ModernG sei ebenfalls verfassungsgemäß. Diese Vorschrift wiederhole in ihrem
Kern nur, was nach § 128 BRRG ohnehin gelte. Eine eigenständige Regelung treffe Art. 28
2.ModernG lediglich hinsichtlich solcher Fragen, die vom Beamtenrechtsrahmengesetz
nicht gelöst würden. So sehe die Vorschrift die Entscheidungszuständigkeit des
Innenministeriums vor für den Fall, dass ein Einvernehmen der betroffenen Körperschaften
über Übertritt und Übernahme des Personals nicht zustande komme. Hiergegen stehe der
Rechtsweg offen.
3.
der Landesverfassung ergebe sich, dass die Landschaftsverbände nicht
Gemeindeverbände im Sinne von Art. 78 LV NRW seien. Allerdings komme in Betracht, Art.
78 LV NRW im Umfang der grundgesetzlichen Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 Satz 2
GG "aufzufüllen". Auch wenn Art. 78 LV NRW auf die Landschaftsverbände anzuwenden
sein sollte, würden diese jedenfalls nicht vor einem Aufgabenentzug geschützt. Aus Art. 78
LV NRW i.V.m. Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ergebe sich keine Bestandsgarantie der
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Landschaftsverbände im Sinne einer institutionellen Rechtssubjektsgarantie. Art. 28 Abs. 2
Satz 2 GG enthalte für Gemeindeverbände keine Aufgabengarantie; die
Aufgabenzuweisung obliege allein dem Gesetzgeber. Allerdings fordere das
Bundesverfassungsgericht als Mindestgarantie, dass jedenfalls den Kreisen überhaupt
irgendwelche Aufgaben als echte Selbstverwaltungsaufgaben zugewiesen würden. In
diesem Sinne verblieben den Landschaftsverbänden auch nach Inkrafttreten des Zweiten
Modernisierungsgesetzes Aufgaben, die zum Kernbereich landschaftsverbandlicher
Selbstverwaltung gehörten.
Selbst wenn den Gemeindeverbänden ein über Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG hinausgehender
Schutz vor gesetzlichem Aufgabenentzug durch Art. 78 LV NRW eingeräumt würde, sei das
Zweite Modernisierungsgesetz verfassungsgemäß. Der Schutz des Art. 78 Abs. 2 LV NRW
erstrecke sich allein auf den eigenen "regional-örtlichen", nicht jedoch den übertragenen
Aufgabenkreis der "überörtlichen" Aufgaben des Landes. Die durch das Zweite
Modernisierungsgesetz entzogenen Aufgaben seien überörtliche und damit originär
staatliche Aufgaben. Die Verwaltung der Bundesautobahnen und sonstigen
Bundesfernstraßen sei eine Bundesangelegenheit, die als "regional-örtliche" Aufgabe der
Landschaftsverbände von vornherein ausscheide. Für die Bewilligung besonders
zugewiesener Bundes- und Landesfördermittel ergebe sich der Charakter als Bundes- bzw.
Landesaufgabe daraus, dass der Bund bzw. das Land Zuschussgeber sei. Auch die
Verwaltung und Unterhaltung der Landesstraßen sei eine (überörtliche)
Landesangelegenheit. Entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch handele es sich
bei Landesstraßen um Straßen, deren Verkehrsbedeutung überwiegend im Bereich des
ganzen Landes liege. Die Verwaltung und Unterhaltung der Kreisstraßen durch die
Landschaftsverbände sei eine Fremdverwaltungsangelegenheit, weil sie von einer
Aufgabenübertragung durch die Kreise abhänge. Auch die Planung der Kreisstraßen sowie
die Führung der Straßenverzeichnisse seien durch eine überörtliche
Koordinierungsfunktion gekennzeichnet und stellten daher Landesaufgaben dar.
Selbst wenn man davon ausgehe, dass es sich bei den entzogenen Aufgaben um eigene
Selbstverwaltungsangelegenheiten handele, sei der Aufgabenentzug verfassungsgemäß.
Der Gesetzgeber habe keine sachwidrigen Zwecke verfolgt. Es liege auch keine eindeutig
widerlegbare oder offensichtlich fehlsame Einschätzung hinsichtlich der vom Gesetzgeber
verfolgten Ziele vor. Die Beschwerdeführer seien auch im Gesetzgebungsverfahren
angehört worden. Die späteren Änderungen gegenüber dem Gesetzentwurf seien bereits
im Fragenkatalog der Anhörungen berücksichtigt und damit Gegenstand der Anhörung
gewesen.
Der entschädigungslose Eigentumsübergang nach Art. 3 § 2 Satz 2 2.ModernG verstoße
nicht gegen die Selbstverwaltungsgarantie. Ob der Gesetzgeber des Vorbehalts in Art. 126
EGBGB im Falle der Rechts- oder Funktionsnachfolge überhaupt bedürfe, sei zweifelhaft.
Soweit von der angegriffenen Regelung auch bewegliche Sachen erfasst würden, ergebe
sich die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers aus einer Annexkompetenz. Die
Entschädigungslosigkeit des Eigentumsübergangs begegne keinen Bedenken, weil das
Eigentum den Landschaftsverbänden nicht zugestanden habe, um ihnen in ihrem eigenen
Interesse Rechte zu verschaffen, sondern um sie zur Wahrnehmung ihrer öffentlichen
Aufgabe zu befähigen.
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
I.
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Die Beschwerdeführer sind nach § 52 VerfGHG befugt, Verfassungsbeschwerde zu
erheben. Nach dieser Vorschrift können Gemeinden und Gemeindeverbände
Verfassungsbeschwerde erheben mit der Behauptung, dass Landesrecht die Vorschriften
der Landesverfassung über das Recht der Selbstverwaltung verletze. Die
Beschwerdeführer sind Gemeindeverbände im Sinne dieser Vorschrift.
§ 52 VerfGHG greift mit dem Begriff "Gemeindeverband" den identischen Begriff
"Gemeindeverband" in Art. 78 Abs. 1 LV NRW auf. Nach dieser Vorschrift sind die
Gemeinden und Gemeindeverbände Gebietskörperschaften mit dem Recht der
Selbstverwaltung durch ihre gewählten Organe. Die Landesverfassung bestimmt den
Begriff des Gemeindeverbandes nicht ausdrücklich. Er ist eine Sammelbezeichnung, die
bereits in der Entstehungszeit der Landesverfassung unterschiedlich verwendet wurde und
auch in der heutigen Gesetzessprache und Rechtswissenschaft nicht einheitlich gebraucht
wird (vgl. BVerfGE 52, 95, 110 f.). Die konkrete Bedeutung des Begriffs muss daher aus
dem Verfassungszusammenhang und mit Blick auf den Regelungszweck erschlossen
werden.
1.
Gemeinden ist. Weitere Konkretisierungen erschließen sich aus dem
Regelungszusammenhang. Die Landesverfassung erwähnt die Gemeindeverbände außer
in der Bestimmung über die kommunale Selbstverwaltung (Art. 78 LV NRW) vor allem in
ihrem ersten Teil über die Grundlagen des Landes. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 LV NRW bestimmt,
dass sich das Land in Gemeinden und Gemeindeverbände gliedert. Der von der
Gewaltenteilung handelnde Art. 3 LV NRW sieht in seinem Absatz 2 vor, dass die
Verwaltung in den Händen der Landesregierung, der Gemeinden und Gemeindeverbände
liegt. In diesen grundlegenden Bestimmungen werden Gemeindeverbände neben den
Gemeinden zu Einrichtungen erhoben, die nach der Verfassung notwendig sind. Gemeinde
und Gemeindeverband sind als Grundeinheiten der gebietlichen Gliederung des Landes
institutionell garantiert (vgl. VerfGH NRW, OVGE 26, 270, 272).
Aus dieser grundlegenden verfassungsrechtlichen Funktion der Gemeindeverbände folgt,
dass nur solche Körperschaften des öffentlichen Rechts Gemeindeverbände im Sinne der
Landesverfassung sein können, die in größerem Umfang kommunale Aufgaben von
einigem Gewicht als Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen. Zweckverbände, die auf
einzelne Aufgaben beschränkt sind, gehören hierzu nicht. Die den Landschaftsverbänden
zugewiesenen Aufgaben (vgl. § 5 LVerbO) unterscheiden sich sowohl nach Umfang als
auch Bedeutung von dem eng begrenzten Zuständigkeitsbereich kommunaler
Zweckverbände.
2.
der Gemeindeverbände setzt die Landesverfassung nicht voraus. Verlangt wird weder die
Kompetenz der Gemeindeverbände, im eigenen Wirkungskreis freiwillige Aufgaben zu
übernehmen, noch eine generelle Aufgabenzuweisung, alle Aufgaben des eigenen
Wirkungskreises wahrzunehmen. Eine Allzuständigkeit in diesem Sinne ergibt sich auch
nicht aus Art. 78 Abs. 2 LV NRW. Nach dieser Vorschrift sind die Gemeinden und
Gemeindeverbände in ihrem Gebiet die alleinigen Träger der öffentlichen Verwaltung,
soweit die Gesetze nichts anderes vorschreiben. Diese Bestimmung erklärt Gemeinden
und Gemeindeverbände zu den alleinigen zuständigen Verwaltungsträgern im
kommunalen Bereich, ohne jedoch im Hinblick auf die unterschiedliche Funktion von
Gemeinden und Gemeindeverbänden eine unterschiedliche Aufgabengarantie für
Gemeinden und Gemeindeverbände auszuschließen (vgl. VerfGH NRW, OVGE 42, 270,
272 f.).
3.
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auch keine unmittelbar vom Volk gewählte Vertretung voraus (anders für Niedersachsen
bzw. Hessen: OVG Lüneburg, OVGE 26, 487, 494; HessStGH, DVBl. 1999, 1725, 1726 f.).
Mit der kommunalen Dezentralisierung in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 LV NRW hat sich die
Landesverfassung ebenso wie das Grundgesetz für eine auf
Selbstverwaltungskörperschaften aufgebaute "gegliederte Demokratie" entschieden (vgl.
von Unruh, DVBl. 1975, 1, 2; ders., in: von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Aufl.,
S. 99). Art. 78 Abs. 1 LV NRW konkretisiert diese politisch-demokratische Funktion der
Selbstverwaltung, indem den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der
Selbstverwaltung "durch ihre gewählten Organe" garantiert wird. Diese Bestimmung setzt
nicht voraus, dass in Gemeindeverbänden, die nicht Kreise sind, unmittelbar gewählte
Volksvertretungen bestehen müssten. Ausreichend ist vielmehr auch eine mittelbare Wahl,
wie sie die Landschaftsverbandsordnung (§ 2 LVerbO) vorsieht.
4.
hinaus als "Gebietskörperschaften" (vgl. VerfGH NRW, OVGE 26, 270, 272). Der Begriff
"Gebiets-körperschaft" wird nicht einheitlich verwendet. Verschiedentlich werden als
Gebietskörperschaften nur solche Körperschaften des öffentlichen Rechts bezeichnet, bei
denen sich die Mitgliedschaft aus dem Wohnsitz - mitunter in Verbindung mit dessen Dauer
und der Staatsangehörigkeit - im Gebiet der Körperschaft ergibt; in Abgrenzung hierzu
werden öffentlich-rechtliche Körperschaften, die nicht von den einzelnen Bewohnern eines
Gebiets, sondern von juristischen Personen getragen werden, Bundkörperschaften
genannt. Nach anderer Auffassung bezeichnet "Gebietskörperschaft" eine mit
allerfassender örtlicher Zuständigkeit (Gebietshoheit) ausgestattete Körperschaft des
öffentlichen Rechts. Der Begriff soll danach lediglich zum Ausdruck bringen, dass eine
öffentlich-rechtliche Körperschaft in ihrem Zuständigkeitsbereich Gebietshoheit ausübt (vgl.
zum Meinungsstand Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 84 Rn. 24 und 27;
Hoppe, Die Begriffe Gebietskörperschaft und Gemeindeverband und der Rechtscharakter
der nordrhein-westfälischen Landschaftsverbände, 1958, S. 26; von Unruh, in: von Münch
[Hrsg.], Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 1979, S. 103 und 147; BVerfGE 52, 95, 117
ff.; OVG Lüneburg, OVGE 26, 487, 495).
Art. 78 Abs. 1 LV NRW verwendet den Begriff "Gebietskörperschaft" in diesem letzteren,
weniger systematischen Sinne. Im Verfassungsausschuss ist die Bezeichnung
"Gebietskörperschaft" nicht in bewusster Unterscheidung zum Begriff "Bund-körperschaft"
verwendet worden; der Begriff sollte Bundkörperschaften im beschriebenen Sinne nicht
ausgrenzen. Die Verwendung der Bezeichnung "Gebietskörperschaft" sollte keine
Vorentscheidung darüber sein, dass die bisherigen, als Bundkörperschaften organisierten
Provinzialverbände nicht als "Gemeindeverbände" im Sinne des Art. 78 LV NRW
anzusehen sein sollten (zur Entstehungsgeschichte unter 5.).
Diesem Begriffsinhalt genügen die Landschaftsverbände. Sie üben in ihren
Gebietsgrenzen und bezogen auf ihren Aufgabenkreis Hoheitsgewalt aus.
5.
"Gemeindeverband" nicht entgegen. Zwar bestanden im Verfassungsausschuss zum Teil
unklare Vorstellungen darüber, was unter dem Begriff "Gemeindeverband" zu verstehen sei
(Verfassungsausschuss, 35. Sitzung am 27. Januar 1950, S. 154 ff.: missverständlicher
Ausdruck). Den Beratungen zu dem letztlich abgelehnten Vorschlag, den heutigen Art. 78
Abs. 1 LV NRW (seinerzeit Art. 71 Abs. 1 des beratenen Entwurfs) um einen Satz 2
("Gemeindeverbände sind auch die Landschaftsverbände für Nordrhein-Westfalen, deren
Rechtsverhältnisse durch besonderes Gesetz geregelt werden.") zu ergänzen, ist aber zu
entnehmen, dass die Landschaftsverbände nicht vom Begriff des Gemeindeverbandes
ausgeschlossen sein sollten.
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Vor dem Hintergrund der zur Entstehungszeit der Verfassung weitgehend offenen Debatte
um Existenz und Aufgabenzuschnitt der Landschaftsverbände (vgl. Naunin, Entstehung
und Sinn der Landschaftsverbandsordnung in Nordrhein-Westfalen, 1963, S. 38 ff.) war es
ausdrückliches Ziel des Verfassungsgebers, den einfachen Gesetzgeber angesichts der
geplanten Verwaltungsreform nicht in Bezug auf die Provinzial- bzw. Landschaftsverbände
zu präjudizieren. Die Ergänzung des Art. 78 Abs. 1 LV NRW um den Satz 2 wurde zum
einen deshalb abgelehnt, weil die im Plural gefasste Formulierung "Landschafts-verbände"
eine Festlegung auf mindestens zwei Landschaftsverbände bedeutet hätte, der
Gesetzgeber aber frei sein sollte, auch lediglich einen einzigen, auf das gesamte Land
bezogenen Kommunalverband zu schaffen (vgl. Vorsitzender Abgeordneter Jacobi [SPD]
und Abgeordneter Scholtissek [CDU], Verfassungsausschuss, 62. Sitzung am 27. Mai
1950, S. 770 D und 771 A). Zum anderen sollte der Gesetzgeber zwar berechtigt, aber nicht
verpflichtet sein, Landschaftsverbände zu schaffen. Die ablehnende Haltung gegenüber
einer "Verbriefung" der "Frage der Landschaftsverbände" in der Verfassung bedeutete
jedoch nicht, dass die Provinzial- bzw. Landschaftsverbände von der Formulierung
"Gemeindeverbände" nicht erfasst sein sollten (vgl. Abgeordneter Altenhain [FDP], a.a.O.,
S. 771 B; Abgeordneter Klingelmöller [KPD], a.a.O., S. 771 C; Abgeordneter Jacobi [SPD],
a.a.O., S. 771 C und D). Hiermit übereinstimmend wurden auch in den Beratungen zu
anderen landesverfassungsrechtlichen Vorschriften die Gemeindeverbände mit den
Landschaftsverbänden ausdrücklich in Verbindung gebracht (vgl. Ministerialrat Vogels,
a.a.O., 35. Sitzung am 27. Januar 1950, S. 155 A und 156 A).
II.
Die Verfassungsbeschwerden sind auch im Übrigen zulässig.
Sie sind rechtzeitig, nämlich vor Ablauf der Jahresfrist des § 52 Abs. 2 VerfGHG eingelegt
worden.
Die Beschwerdeführer sind durch die angegriffenen Regelungen selbst, gegenwärtig und
unmittelbar betroffen. An der Gegenwärtigkeit der Beschwer fehlt es nicht deshalb, weil die
Verfassungsbeschwerden vor dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen des Zweiten
Modernisierungsgesetzes am 1. Januar 2001 erhoben worden sind. Die Auswirkungen der
zwischenzeitlich in Kraft getretenen Regelungen auf die Beschwerdeführer waren bereits
bei Verkündung des Zweiten Modernisierungsgesetzes hinreichend absehbar und
zwangen die Beschwerdeführer schon vor Inkrafttreten der Regelungen zu
organisatorischen, vertragsrechtlichen und finanziellen Dispositionen (vgl. BVerfGE 38,
326, 335 f.; BVerfGE 48, 64, 80; BVerfGE 74, 297, 319 f.; ferner BVerfGE 18, 1, 11).
C.
Die zulässigen Verfassungsbeschwerden sind nicht begründet.
I.
Die Übertragung der bislang von den Landschaftsverbänden wahrgenommenen Aufgaben
des Straßenwesens auf das Land gemäß Art. 3 § 1 und Art. 4 2.ModernG verstößt nicht
gegen Art. 78 LV NRW.
Die den Landschaftsverbänden gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. b LVerbO a.F. zugewiesenen
Aufgaben im Bereich des Straßenwesens sind keine Angelegenheiten der
Landschaftsverbände, die nach Art. 78 Abs. 1 und 2 LV NRW (Art. 28 Abs. 2 GG) gegen
eine Aufgabenübertragung auf das Land geschützt sind. Der Gesetzgeber konnte diese
Aufgaben den Landschaftsverbänden entziehen, ohne insoweit Beschränkungen aus Art.
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78 LV NRW zu unterliegen.
1.
LV NRW überhaupt gegen einen Aufgabenentzug geschützt sind. Jedenfalls bezieht sich
ein etwa durch Art. 78 LV NRW - wie auch immer - geschützter Aufgabenbereich nach
Herkommen und Intention der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nur auf kommunale
Angelegenheiten (vgl. VerfGH, OVGE 42, 270, 273 im Anschluss an BVerfGE 79, 127,
152). Kommunale Angelegenheiten sind solche Aufgaben, die in den örtlichen
Gemeinschaften wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben und den
Einwohnern der Gemeinden, Städte und Kreise gerade als solchen gemeinsam sind (vgl.
BVerfGE 52, 95, 120; BVerfGE 79, 127, 151 f.; VerfGH, OVGE 42, 270, 272 f.). Kommunale
Angelegenheiten der Landschaftsverbände sind Aufgaben, die kommunalen Ursprungs
sind, aber weder von Gemeinden noch von Kreisen je für sich, sondern gemeinsam
wahrgenommen werden.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer gehören zu den von Art. 78 LV NRW
erfassten Angelegenheiten nicht alle durch Gesetz übertragenen Aufgaben, auch wenn sie
in Selbstverwaltung wahrgenommen werden. Gegenstand der Selbstverwaltungsgarantie
des Art. 78 Abs. 1 und 2 LV NRW (Art. 28 Abs. 2 GG) sind vielmehr - jedenfalls soweit
deren Entzug in Rede steht - nur Aufgaben mit örtlichem Bezug. Abgrenzungskriterium ist
mithin der Inhalt der Aufgabe, nicht die Art der Aufgabenwahrnehmung. Die
selbstverantwortliche Aufgabenerfüllung ist nicht (tatbestandliche) Voraussetzung, sondern
Rechtsfolge der Selbstverwaltungsgarantie. Übertragene, der Selbstverwaltung der
Gemeinden und Gemeindeverbände anvertraute Aufgaben werden durch den
Übertragungsakt nicht zu eigenen (kommunalen) Aufgaben der
Selbstverwaltungskörperschaften, die gegebenenfalls verfassungsrechtlich vor einem
Entzug geschützt sind. Es greift daher zu kurz, aus der eigenverantwortlichen
Wahrnehmung einer Aufgabe rückzuschließen, es handele sich zwangsläufig um eine
"typische", "eigene" kommunale Aufgabe der betreffenden Selbstverwaltungskörperschaft.
Eine Aufgabe fällt auch nicht allein deshalb unter den Schutzbereich des Art. 78 LV NRW,
weil sie über einen langen Zeitraum beanstandungsfrei von der
Selbstverwaltungskörperschaft wahrgenommen worden ist. Zwar ist die historische
Entwicklung mit zu berücksichtigen. Allein die zuverlässige Aufgabenwahrnehmung über
einen längeren Zeitraum wandelt aber eine staatliche Aufgabe nicht in eine kommunale
um. Dass die Aufgabe den Selbstverwaltungsträger nicht überfordert und von ihm
ordentlich wahrgenommen wird, ist Voraussetzung zur Erfüllung nicht nur kommunaler,
sondern auch staatlicher Aufgaben. Anderenfalls darf eine staatliche Aufgabe nicht
übertragen werden.
Bei der Einschätzung einer Aufgabe als kommunale Angelegenheit kommt dem
Gesetzgeber ein Spielraum zu. Der Verfassungsgerichtshof hat im Streitfall nur zu prüfen,
ob die gesetzgeberische Einschätzung der örtlichen Wurzeln und Bezüge einer Aufgabe
vertretbar ist. Erweist sich eine bestimmte Aufgabe nach der vertretbaren Entscheidung des
Gesetzgebers nicht (mehr) als kommunale Angelegenheit, so unterfällt sie nicht dem
Gewährleistungsbereich des Art. 78 Abs. 1 und 2 LV NRW bzw. Art. 28 Abs. 2 GG (vgl.
BVerfGE 79, 127, 153 f.; VerfGH NRW, OVGE 42, 270, 273).
Die verfassungsgerichtliche Überprüfung der Vertretbarkeit beschränkt sich nicht auf die
vom Gesetzgeber angestellten - und gegebenenfalls in den Gesetzesmaterialien
dokumentierten - Überlegungen. Die Vertretbarkeit kann sich vielmehr auch aus objektiven
Gründen ergeben (VerfGH NRW, OVGE 42, 270, 276).
2.
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und 4 2.ModernG verfassungsgemäß. Die Einschätzung des Gesetzgebers, die hier in
Rede stehenden Aufgaben seien keine kommunalen Angelegenheiten der
Landschaftsverbände, ist vertretbar.
a)
durchgeführte Verwaltung der Bundesautobahnen und der sonstigen Bundesstraßen des
Fernverkehrs eine staatliche Aufgabe ist und nicht in den Gewährleistungsbereich des Art.
78 LV NRW fällt (vgl. Art. 90 Abs. 2 GG).
b)
Landesstraßen dem Land als Aufgabe zuzuordnen, ist nicht zu beanstanden. Es ist
vertretbar, dass der Gesetzgeber diese Aufgabe nicht als kommunale, sondern als eine des
Landes qualifiziert.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die kommunalen Angelegenheiten keinen ein für alle
Mal feststehenden Aufgabenkreis bilden (vgl. BVerfGE 79, 127, 152). Nach der
Einschätzung des Landesgesetzgebers hängt der Aufgabencharakter des Straßenwesens
von vielfältigen technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen und
Zusammenhängen ab. Mit wachsender Verkehrsdichte erfordert das Straßenwesen eine
zusammenfassende Betrachtung und Behandlung im nationalen und übernationalen
Raum. Der Straßenbau muss mit den Möglichkeiten und Notwendigkeiten anderer
Verkehrsmittel koordiniert und in ein Gesamtverkehrskonzept eingepasst werden. Das
Straßenwesen ist so zunehmend integraler Bestandteil der Entwicklungsplanung
geworden. Wirtschafts- und Siedlungspolitik, Natur- und Landschaftsschutz sowie
Fremdenverkehrspolitik sind mit dem Straßenbau eng verknüpft. Die mehrfunktionale
Bedeutung des Straßenwesens findet ihren Ausdruck in der historischen Entwicklung des
Straßenwesens und ihres Aufgabencharakters.
Im 19. Jahrhundert bestand zunächst eine enge Beziehung des Straßenwesens zu den
Gesamtinteressen und Aufgaben des Landes. Der Bau sogenannter chaussierter
Kunststraßen war seit der napoleonischen Zeit bis 1875 ausschließlich Sache des Staates.
Die Aufgabe des Straßenbaus ist den Provinzialverbänden erst durch die
Dotationsgesetzgebung 1873/75 (vgl. § 18 des "Gesetzes betreffend die Ausführung der §§
5 und 6 des Gesetzes vom 30. April 1873 wegen der Dotation der Provinzial- und
Kreisverbände" vom 8. Juli 1875, Preußische Gesetzessammlung 1875, S. 497 ff.)
übertragen worden. Maßgeblich dafür war nicht zuletzt die seinerzeit sinkende Bedeutung
der Straßen angesichts des Ausbaus des Eisenbahnnetzes, mit dessen Entwicklung die
Chausseen ihre frühere Bedeutung als große Adern des durchgehenden Verkehrs immer
mehr verloren und in die Reihe der mehr lokalen Verkehrsmittel zurücktraten (so die
Gesetzesbegründung, Drucksachen des Abgeordnetenhauses 1875, Nr. 28, zitiert nach
Naunin, Wiederaufbau in Westfalen 1945 bis 1951, S. 164). Durch den
Kraftfahrzeugverkehr im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts gewannen die Straßen indes
den überregionalen Charakter zurück. Schon das "Gesetz über die einstweilige
Neuregelung des Straßenwesens und der Straßenverwaltung" vom 26. März 1934 (RGBl. I
S. 243) klassifizierte die Straßen in Reichsstraßen sowie Landstraßen I. und II. Ordnung.
Nach 1945 war lange Zeit umstritten, ob die Aufgabe des Straßenwesens den
Landschaftsverbänden zugewiesen werden sollte. Die Begründung des
Regierungsentwurfs einer Landschaftsverbandsordnung vom 15. Februar 1951 (Landtags-
Drucksache, 2. Wahlperiode, Nr. 214) führte aus, dass manche der den
Landschaftsverbänden übertragenen Aufgaben, wie z.B. das weite Gebiet der
Wohlfahrtspflege, sich eng mit den Aufgaben der örtlichen Selbstverwaltung berührten,
während die Aufgaben des Straßenwesens zu den Gesamtinteressen des Landes in enger
Beziehung stünden.
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Spätestens mit der Neubenennung der Straßengruppen als "Land-straßen" (früher:
Landstraßen I. Ordnung) und "Kreisstraßen" (früher: Landstraßen II. Ordnung) durch das am
1. Januar 1962 in Kraft getretene Straßengesetz des Landes NRW vom 28. November
1961 (GV NRW S. 3065) - LStrG 1961 - wurde klargestellt, dass Landstraßen solche
Straßen sind, deren Verkehrsbedeutung überwiegend im Bereich des ganzen Landes liegt
(vgl. Golz, Der Landkreis 1962, 122, 123; Fritsch, Straßengesetz des Landes NRW, 1962, §
3 Anm. 3). § 3 Abs. 2 LStrG 1961 qualifizierte Landstraßen als Straßen, die hintereinander
oder zusammen mit Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz für den durchgehenden Verkehr
im Land bilden.
In der Neufassung des Straßen- und Wegegesetzes des Landes NRW von 1983
(Bekanntmachung vom 1. August 1983, GV NRW S. 306) wurde der Begriff "Landstraßen"
durch den Begriff "Landesstraßen" ersetzt. Diese Änderung lehnte sich an die Bezeichnung
"Bundesstraßen" an und entspricht dem in den Straßengesetzen der anderen
Flächenländer (mit Ausnahme von Bayern: "Staatsstraßen") verwendeten Begriff zur
Kennzeichnung der Straßen des Landes (vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen,
3. Aufl. 1989, § 3 StrWG Rn. 9).
Damit trat zugleich der Straßenbau als strukturwirksames Mittel der Landesentwicklung in
den Vordergrund. Mit der Neuregelung 1983 betonte der Gesetzgeber die "überörtliche"
Verkehrsbedeutung der Landesstraßen stärker dahingehend, dass ihnen mindestens
regionale Verkehrsbedeutung zukommen muss. Diese Begriffsbildung nimmt Bezug auf die
Regelung zur Straßenplanung in § 28 Abs. 2 Buchst. a Landesentwicklungsprogramm.
Danach ist das Grundnetz, das aus leistungsfähigen Straßen für den großräumigen,
überregionalen und regionalen Verkehr bestehen soll, auf Entwicklungsschwerpunkte und
Entwicklungsachsen auszurichten. Vom Grundsatz her sind die Bundesfernstraßen dem
weiträumigen Verkehr (vgl. § 1 Abs. 1 FStrG) und Landesstraßen mindestens dem
"regionalen" Verkehr zu dienen bestimmt (vgl. Fickert, a.a.O., § 3 Rn. 15). Dieser
Regelungszusammenhang verdeutlicht die nach der Beurteilung des Gesetzgebers
zentrale Funktion der Landesstraßen für die Landesplanung und -entwicklung.
Die sich daraus ergebende Einschätzung des Gesetzgebers, dass es sich bei den
Landesstraßen bereits vor der Aufgabenübertragung durch das Zweite
Modernisierungsgesetz um eine Aufgabe des Landes ohne spezifische kommunale
Bezüge handelte, hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben und ist nicht
zu beanstanden. Die Aufgabe der Planung, Verwaltung und Unterhaltung der
Landesstraßen fällt damit aus dem Gewährleistungsbereich des Art. 78 Abs. 1 und 2 LV
NRW heraus (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 9. Juni 1978 - XI A 319/77 -,
Urteilsabdruck, S. 12). Dementsprechend kommt es auf die von den Beschwerdeführern in
den Vordergrund ihrer Argumentation gestellte Frage nach dem Vorliegen von Gründen
des öffentlichen Wohls für den Aufgabenentzug nicht an.
c)
Zweiten Modernisierungsgesetzes nicht zu den von Art. 78 Abs. 1 und 2 LV NRW erfassten
Angelegenheiten der Beschwerdeführer. Sie war und ist eine kommunale Angelegenheit,
die von den Kreisen wahrgenommen wird. Soweit die Landschaftsverbände diese Aufgabe
anstelle der Kreise wahrnehmen konnten, beruhte die Aufgabenerfüllung auf einer
ausdrücklichen Übertragung dieser Aufgabe durch den jeweiligen Kreis (§ 56 Abs. 4 StrWG
NRW a.F.). Die Landschaftsverbände handelten dabei nicht aus eigener Zuständigkeit,
sondern kraft Mandats (vgl. Wagener, Gemeindeverbandsrecht in Nordrhein-Westfalen,
1967, § 5 LVerbO Rn. 13). Im Falle der Aufgabenübertragung blieben die Rechte der
Kreise als Straßenbaulastträger unberührt; sie hatten den Landschaftsverbänden die
entstehenden Kosten zu ersetzen (§ 56 Abs. 4 StrWG NRW). Mit der Mandatierung des
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Landschaftsverbandes änderte sich nicht die Zuordnung der Aufgabe zu den Kreisen.
d)
den kommunalen Angelegenheiten der Beschwerdeführer i.S. des Art. 78 Abs. 1 und 2 LV
NRW. Als besondere Ausprägung der staatlichen Anlagenzulassung ist die
Planfeststellung eine grundsätzlich staatliche Aufgabe (vgl. Steinberg, Fachplanung, 2.
Aufl. 1993, S. 18 f.; Gaentzsch, in: Festschrift für Sendler, 1991, S. 403, 412). Zweck der
Planfeststellung ist es, das vom Vorhabenträger geplante Vorhaben auf seine Vereinbarkeit
mit den von ihm berührten öffentlichen und privaten Belangen zu prüfen und unter
Beachtung des Grundsatzes der Problembewältigung sowohl über die öffentlich-rechtliche
Zulässigkeit der Ausführung des Vorhabens - ggf. unter Änderung des Plans und mit
Festsetzung von Auflagen - zu entscheiden als auch die der Verwirklichung der
festgestellten Planung entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belange zu
berücksichtigen (vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Auflage 1995, S. 945).
e)
Landesstraßen und Kreisstraßen sei keine kommunale Aufgabe der Landschaftsverbände,
begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Straßenverzeichnisse sind amtliche
Übersichten über den Bestand und die Rechtsverhältnisse öffentlicher Straßen. Die
Führung von Straßenverzeichnissen steht im engen Zusammenhang mit der Einteilung der
Straßen, weshalb die Straßengesetze anderer Länder beide Punkte in einer Vorschrift
geregelt haben.
Die Bestimmung der Straßennummern für Landes- und Kreisstraßen ist wegen der
erforderlichen landeseinheitlichen Koordination und Vergabe eine Landesaufgabe (vgl.
dazu auch § 1 Abs. 5 Satz 2 FStrG, wonach der Bundesminister für Verkehr die
"Nummerung" und Bezeichnung der Bundesfernstraßen bestimmt). Das für das
Straßenwesen zuständige Ministerium bestimmte daher gemäß § 4 Abs. 2 LStrG 1961 die
Straßennummern für Landesstraßen, seit 1983 auch die Straßennummern für Kreisstraßen
(§ 4 Abs. 2 StrWG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. August 1983, GV
NRW S. 306). Erst durch Gesetz vom 2. Mai 1995 (GV NRW S. 384) ist die "Nummerung"
der Kreisstraßen auf die Landschaftsverbände übertragen worden. Durch Art. 3 2.ModernG
hat der Gesetzgeber diese Landesaufgabe auf das Land rückübertragen.
f)
Bewilligungsentscheidung über Bundes- und Landeszuwendungen zur Förderung des
kommunalen Straßenbaus und des öffentlichen Personennahverkehrs von den
Landschaftsverbänden auf das Land rückzuübertragen. Seine Beurteilung, bei dieser
Aufgabe handele es sich nicht um eine kommunale Angelegenheit, ist nicht zu
beanstanden. Es gehört zur Zuständigkeit des jeweiligen Zuwendungsgebers, über die
Verteilung der Mittel zu bestimmen bzw. die Entscheidung darüber gegebenenfalls auf
andere Körperschaften zu übertragen. Ob die Landschaftsverbände diese Aufgabe vor der
Rückübertragung auf das Land in Selbstverwaltung wahrgenommen haben, ist insoweit
nicht entscheidend.
3.
Grundsatz gemeindefreundlichen Verhaltens beanspruchen. Das aus Art. 78 LV NRW
abzuleitende Gebot gemeindefreundlichen Verhaltens (vgl. Macher, Der Grundsatz des
gemeindefreundlichen Verhaltens, 1971, S. 49 ff.; Stern, Staatsrecht, Band I, 2. Aufl. 1984,
§ 12 II 5; ferner OVG NRW, OVGE 19, 192, 198 f.) ist - wie das Gebot bundesfreundlichen
Verhaltens - akzessorischer Natur und begründet für sich allein keine selbständigen
(Handlungs-, Unterlassungs-, Duldungs-)Pflichten des Landes (vgl. BVerfGE 95, 250, 266;
zuletzt BVerfG, DVBl. 2001, 636, 637). Nur innerhalb einer anderweitig rechtlich
begründeten selbständigen Rechtspflicht kann der Grundsatz vom gemeindefreundlichen
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Verhalten Bedeutung gewinnen, indem er diese anderen Rechte und Pflichten moderiert,
variiert oder durch Nebenpflichten ergänzt (vgl. BVerfGE 42, 103, 117; zuletzt BVerfG,
DVBl. 2001, 636, 637; Stern, a.a.O.; Schmidt-Aßmann, in: Besonderes Verwaltungsrecht,
11. Aufl. 1999, S. 1, 25). Da die den Beschwerdeführern entzogenen Aufgaben nicht dem
Schutz des Art. 78 LV NRW unterfallen, steht auch die generelle Rücksichtnahmepflicht
des Landes gegenüber den Gemeinden und Gemeindeverbänden einem Aufgabenentzug
nicht entgegen. Die Beschwerdeführer genießen insoweit auch keinen Vertrauensschutz,
dass staatliche Aufgaben auf Dauer von ihnen wahrgenommen werden.
Ob und inwieweit aus dem Grundsatz gemeindefreundlichen Verhaltens ein Recht der
Beschwerdeführer auf Anhörung im Gesetzgebungsverfahren zum Zweiten
Modernisierungsgesetz folgt, kann dahinstehen. Denn jedenfalls sind die
Beschwerdeführer zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung ausführlich angehört
worden. Eine weitergehende Pflicht zur Anhörung der Beschwerdeführer zu späteren
Änderungen des Gesetzentwurfs bestand schon deshalb nicht, weil die Änderungen nicht
den Aufgabenentzug zu Lasten der Beschwerdeführer, sondern Organisationsfragen in der
Landesverwaltung betrafen.
II.
Die den Beschwerdeführern gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie (Art. 78 LV NRW)
wird auch nicht dadurch verletzt, dass das der Landesstraßenbauverwaltung dienende
Vermögen nach Art. 3 § 2 Satz 2 2.ModernG entschädigungslos von den
Beschwerdeführern auf das Land übergegangen ist und in diesem Gesetz kein Ausgleich
solcher Schulden vorgesehen ist, die nach dem Vortrag der Beschwerdeführer durch die
Wahrnehmung der Aufgabe "Straßenbau" bei ihnen entstanden sind.
1.
Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung mit der Befugnis zur
eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte. Dabei reicht die organisatorische
Autonomie der Landschaftsverbände weiter als die inhaltliche. Das Recht zur Organisation
der Landschaftsverbandsverwaltung einschließlich der Finanzhoheit besteht für die
gesamte Verwaltung (vgl. BVerfGE 83, 363, 382; BVerfGE 91, 228, 236, 245; BVerfG,
NVwZ 1999, 520).
Die Organisationshoheit umfasst die Befugnis der Landschaftsverbände, für die
Wahrnehmung ihrer Aufgaben Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im Einzelnen
festzulegen, ihren Handlungsapparat selbst zu organisieren einschließlich der Ausstattung
ihrer Organe mit sachlichen und personellen Mitteln (vgl. BVerfGE 91, 228, 236; Stober,
Kommunalrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1992, S. 44 f.; Löwer, in: von
Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 1995, Art. 28 Rn. 70; Schink,
Rechtsnachfolge bei Zuständigkeitsveränderungen in der öffentlichen Verwaltung, 1984, S.
224 f.).
Die Finanzhoheit sichert die Befugnis, die Einnahme- und Ausgabewirtschaft
einschließlich der Haushaltsführung eigenverantwortlich zu regeln (vgl. VerfGH NRW,
OVGE 36, 314, 316; VerfGH NRW, NWVBl. 1996, 426, 427). Sie garantiert allerdings nur,
dass den Gemeindeverbänden das eigene Wirtschaften mit Einnahmen und Ausgaben
nicht aus der Hand genommen wird. Zum eigenverantwortlichen kommunalen Wirtschaften
gehört es, dass die Gemeindeverbände ihr Vermögen selbständig verwalten und auch
wirtschaftlich nutzen können. Daraus folgt aber kein Schutz einzelner vermögenswerter
Rechtspositionen. Einen so weit gehenden Schutz könnte allein das Eigentumsgrundrecht
(Art. 4 Abs. 1 LV NRW i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) gewähren, das den kommunalen
Selbstverwaltungskörperschaften jedoch nicht zur Seite steht (vgl. BVerfG, NVwZ 1999,
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520, 521).
Das Recht der Selbstverwaltung ist nur im Rahmen der Gesetze garantiert (Art. 78 Abs. 2
LV NRW, Art. 28 Abs. 2 GG). In den Bereich der Selbstverwaltung kann gemäß Art. 78 Abs.
2 LV NRW (Art. 28 Abs. 2 GG) aufgrund von Gesetzen eingegriffen werden. Derartigen
Eingriffen sind Grenzen gesetzt. Sie dürfen den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie
nicht antasten und haben außerhalb des Kernbereichs das Verhältnismäßigkeitsprinzip
sowie das Willkürverbot zu beachten (VerfGH NRW, NWVBl. 1995, 373 m.w.N.; VerfGH
NRW, OVGE 46, 295, 305 f. = NWVBl. 1997, 333, 337).
2.
sonstigen der Landesstraßenbauverwaltung dienenden, im Eigentum der
Landschaftsverbände stehenden Vermögens gemäß Art. 3 § 2 Satz 2 2.ModernG verstößt
nicht gegen die Organisations- und Finanzhoheit.
a)
Landschaftsverbänden wird lediglich im Rahmen eines gesetzlich angeordneten
Aufgabenübergangs in beschränktem Umfang Vermögen entzogen, das diesen Aufgaben
gedient hat. Die Befugnis der Landschaftsverbände zur organisatorischen Regelung ihrer
Angelegenheiten und zur eigenverantwortlichen Einnahme- und Ausgabewirtschaft im
Übrigen bleibt unberührt. Die organisatorischen und finanziellen Handlungsmöglichkeiten
der Landschaftsverbände werden nicht erstickt.
b)
der Selbstverwaltung nicht gegen Art. 78 Abs. 1 LV NRW. Die angegriffene
Vermögensübertragung greift nicht unverhältnismäßig oder willkürlich in die Organisations-
und Finanzhoheit der Landschaftsverbände ein.
aa)
Landschaftsverbänden auf das Land erfasst lediglich die unmittelbar und ausschließlich
der Landesstraßenbauverwaltung dienenden Vermögensgegenstände.
Nach dem Wortlaut der angegriffenen Vorschrift erstreckt sich der Vermögensübergang
nicht auf Vermögensgegenstände, die auch anderen Verwaltungszwecken dienen (so
genannte Mischnutzungen). Der Wortlaut der Regelung enthält keine einschränkenden
Zusätze wie "die ... überwiegend ... dienen" (vgl. z.B. Art. 134 Abs. 2 GG; § 10 des
Gesetzes über den deutschen Wetterdienst; §§ 2, 3 Reichsvermögens-Gesetz; Art. 21, 22
EV). Zudem fehlen Vorschriften über eine Auseinandersetzung der betroffenen
Körperschaften bei für unterschiedliche Zwecke genutzten Gegenständen (vgl. etwa § 18
Abs. 1 GO NRW).
Dass der Gesetzgeber nur die ausschließlich der Straßenbauverwaltung dienenden
Gegenstände erfassen wollte, verdeutlicht die Entstehungsgeschichte der Norm. Dem
Gesetzgeber erschien es interessengerecht, das der Straßenbauverwaltung dienende
Vermögen (z.B. Landesstraßenbauämter, mobile Gerätschaften) und die Nebenanlagen
(z.B. Straßenmeistereien) deshalb auf das Land zu übertragen, weil sie "keinem über die
Erfüllung dieser Aufgaben hinausgehenden Zweck dienen" (Landtags-Drucksache
12/4320, S. 132). Vermögen, das auch anderen Zwecken als dem Straßenbau dient, soll
den Landschaftsverbänden nicht entzogen werden. Dieses Normverständnis trägt auch
dem Bestimmtheitsgrundsatz Rechnung. Unberührt von der Regelung bleiben
Vereinbarungen zwischen den Beschwerdeführern und dem Land über gemischt genutzte
Vermögensgegenstände.
bb)
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auf sachgerechten Erwägungen und ist nicht unverhältnismäßig. Zwar existiert kein
allgemeiner (ungeschriebener) Rechtsgrundsatz, dass mit dem Übergang einer
Verwaltungsaufgabe auch das zugehörige Verwaltungsvermögen unentgeltlich übergeht
(vgl. zuletzt J. Dietlein, Nachfolge im öffentlichen Recht, 1999, S. 499 ff., insbesondere 524
ff. m.w.N.). Der entschädigungslose, aufgabenakzessorische Übergang von
Verwaltungsvermögen hat allerdings eine lange Tradition (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 des
Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der zum dienstlichen Gebrauch einer
Reichsverwaltung bestimmter Gegenstände vom 25. Mai 1873 [RGBl. S. 113]; §§ 2, 3
Reichsvermögen-Gesetz; Art. 134 Abs. 2, 135 Abs. 2 GG; § 10 des Gesetzes über den
deutschen Wetterdienst; § 6 Abs. 1 FStrG; § 10 Abs. 1 und 5 LStrG NRW; Art. 21, 22
Einigungsvertrag). Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, jeweils eine sachgerechte und
angemessene Regelung zu finden (vgl. BayVerfGH, BayVBl. 1976, 589, 622, 623).
Die aufgabenorientierte Zuordnung des Verwaltungsvermögens ermöglicht dem neuen
Aufgabenträger, die übertragene Aufgabe in geeigneter Form wahrzunehmen. Auf die
Erfüllung der den Landschaftsverbänden verbliebenen Aufgaben wirkt sich der
Vermögensentzug nicht aus. Vermögenswerte, die Hoheitsträgern zur Erfüllung ihrer
Verwaltungsaufgaben dienen, stehen ihnen nicht um der Begründung eigener Rechte
willen zu, sondern um sie zur Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben zu befähigen. Das einer
besonderen Zweckbindung unterliegende Verwaltungsvermögen ist für die kommunalen
Selbstverwaltungskörperschaften nicht wegen seines Vermögenswertes, sondern allein im
Hinblick auf die zu erledigende Sachaufgabe von Bedeutung (vgl. Schink, a.a.O., S. 225 f.).
3.
Beschwerdeführer, weil in dem angegriffenen Gesetz kein Ausgleich derjenigen Schulden
vorgesehen ist, die nach dem Vortrag der Beschwerdeführer durch die Wahrnehmung der
Aufgabe "Straßenbau" bei ihnen entstanden sind. Das Zweite Modernisierungsgesetz
schließt allerdings eine Schuldenübernahme durch das Land auch nicht aus; es lässt diese
Frage vielmehr offen.
Etwaige aus der Erfüllung der Aufgabe "Straßenwesen" resultierende Defizite beruhen
nicht auf dem durch Art. 3 2.ModernG bewirkten Aufgaben- und Vermögensentzug, sondern
sind Folge der früheren Übertragung der Aufgabe auf die Landschaftsverbände.
Verfassungsrechtlicher Maßstab ist insoweit Art. 78 Abs. 3 LV NRW. Nach dieser Vorschrift
kann das Land die Gemeinden und Gemeindeverbände durch gesetzliche Vorschriften zur
Übernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten, wenn
gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden. Diese
Verfassungsdirektive dient der finanziellen Sicherung der in Art. 78 Abs. 1 und Abs. 2 LV
NRW (Art. 28 Abs. 2 GG) gewährleisteten kommunalen Selbstverwaltung. Ihr Sinn besteht
darin, den kommunalen Gebietskörperschaften die finanzielle Grundlage für eine
ausreichende, eigenverantwortliche Selbstverwaltungstätigkeit zu erhalten. Die Gemeinden
und Gemeindeverbände können ihre Aufgaben im eigenen und im übertragenen
Wirkungskreis nur erfüllen, wenn sie über die notwendigen Finanzmittel verfügen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist es verfassungsrechtlich
nicht geboten, Kosten im Sinne des Art. 78 Abs. 3 LV NRW - sei es im Rahmen des
Aufgabenübertragungsgesetzes, sei es im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes -
gesondert abzugelten. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden ist verfassungsrechtlich
eine angemessene Finanzausstattung zur Erfüllung aller ihrer Aufgaben nur als
Gesamtvolumen gewährleistet (VerfGH NRW, OVGE 38, 301, 305 m.w.N.; VerfGH NRW,
NWVBl. 1993, 7, 11 f.; VerfGH NRW, OVGE 46, 262, 266 = NWVBl. 1997, 129, 130).
Etwas anderes ergibt sich nicht dann, wenn der Gesetzgeber die Aufgabenübertragung
rückgängig macht. Die (Rück-)Über-tragung der öffentlichen Aufgabe "Straßenwesen" von
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den Landschaftsverbänden auf das Land beendet nicht die Verpflichtung des Landes aus
Art. 78 Abs. 3 LV NRW, solchen Kosten, die anlässlich der früheren Wahrnehmung dieser
Aufgaben durch die Landschaftsverbände entstanden sind, entweder im Rahmen des
Gemeindefinanzierungsgesetzes oder durch gesonderte Kostenregelungen Rechnung zu
tragen. Diese Pflicht erlischt nicht mit der (Rück-)Übertragung der Aufgabe auf das Land.
Das Land ist sich dieser Verpflichtung - ausweislich der Regierungsbegründung zum
Zweiten Modernisierungsgesetz (Landtags-Drucksache 12/4320, S. 130) - auch bewusst.
Den Beschwerdeführern steht im Zusammenhang mit der Aufgabenrückübertragung kein
über die abschließende Regelung des Art. 78 Abs. 3 LV NRW hinausgehender Ausgleichs-
oder Entschädigungsanspruch hinsichtlich nicht gedeckter aufgabenbezogener Kosten zu.
Vielmehr können sie "nur" nach Art. 78 Abs. 3 LV NRW eine - hier nicht
streitgegenständliche - angemessene Finanzausstattung zur Erfüllung aller ihrer Aufgaben
als Gesamtvolumen beanspruchen.
4.
Beschwerdeführer auf Selbstverwaltung aus Art. 78 Abs. 1 und 2 LV NRW.
a)
in Rechte und Pflichten, die mit der Straße in Zusammenhang stehen, sowie der
gesetzliche Eigentumsübergang an beweglichem Verwaltungsvermögen verstießen gegen
die dem Bund zustehende Gesetzgebungskompetenz für das bürgerliche Recht (Art. 74
Abs. 1 Nr. 1 GG), hat der Verfassungsgerichtshof hier nicht zu prüfen. Zwar zieht der
Verfassungsgerichtshof im Rahmen der kommunalen Verfassungsbeschwerde auch solche
Verfassungsbestimmungen und Verfassungsgrundsätze als Prüfungsmaßstab heran, die
nach ihrem Inhalt das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen
geeignet sind (VerfGH NRW, OVGE 39, 292, 293; VerfGH NRW, OVGE 46, 295, 306 f. und
310 = NWVBl. 1997, 333, 337 und 338; BVerfGE 56, 298, 310; BVerfGE 91, 228, 244
m.w.N.; M. Dietlein, NWVBl. 1992, 1 ff.; Bertrams, in: Festschrift für Hoppe, 2000, S. 975,
994). Jedoch muss es sich um Bestimmungen der Landesverfassung handeln.
b)
Selbstverwaltungsgarantie vorliegt, wenn ein nordrhein-westfälischer Normgeber
Landesrecht eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis schafft und dieser Widerspruch zum
Bundesrecht auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender Eingriff in die
Rechtsordnung zu werten ist (vgl. BayVerfGH, NVwZ 1993, 163f.), kann offen bleiben. Ein
solcher Fall ist hier nicht gegeben. Vielmehr spricht viel dafür, dass dem
Landesgesetzgeber nach Art. 70 GG die Gesetzgebungskompetenz für den in Art. 3 § 2
Satz 2 2.ModernG geregelten Übergang des beweglichen Verwaltungsvermögens von den
Landschaftsverbänden auf das Land sowie für die sonstige Nachfolge in zivilrechtliche
Rechte und Pflichten zusteht, weil die angegriffene Regelung in den den Ländern
zustehenden Kompetenzbereich des kommunalen Organisationsrechts, nicht in den
Kompetenztitel des bürgerlichen Rechts (Art. 74 Nr. 1 GG) fällt (vgl. Scholz, Gemeindliche
Gebietsreform und regionale Energieversorgung, 1977, S. 25 ff.; Bethge, BayVBl. 1978,
659 ff.; Schieder/Simmon, BayVBl. 1978, 14 ff.; Kulartz, Kommunale Gebietsreform und
Energieversorgung, 1982, S. 54 ff.; J. Dietlein, Nachfolge im öffentlichen Recht, 1999, S.
491 ff.; im Ergebnis auch KG, VIZ 1996, 171; a.A. Bettermann, Die Auswirkungen der
Gebietsreform auf die Verträge der Kommunen mit Energieversorgungsunternehmen, 1977,
S. 19 ff.; Renck, BayVBl. 1978, 12, 13; Heydt, DVBl. 1965, 509 ff.).
III.
Auch die sonstigen angegriffenen Regelungen des Zweiten Modernisierungsgesetzes sind
verfassungsgemäß.
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1.
Einigung über die zu übernehmenden Bediensteten regelt, ist mit Art. 78 Abs. 1 und 2 LV
NRW vereinbar.
Zu dem von Art. 78 Abs. 1 und 2 LV NRW gewährleisteten Selbstverwaltungsrecht der
Gemeindeverbände gehört auch die Personalhoheit (vgl. VerfGH NRW, OVGE 9, 74;
VerfGH NRW, OVGE 10, 282, 284; BVerfGE 8, 332, 359; BVerfGE 17, 172, 181 f.; BVerfGE
91, 228, 245). Sie umfasst vor allem die Befugnis, die Bediensteten auszuwählen,
anzustellen, zu befördern und zu entlassen. Auch die Personalhoheit ist nicht absolut
geschützt, sondern unterliegt der Formung durch den Gesetzgeber, der dabei freilich
seinerseits - entsprechend den Anforderungen für die Entziehung von Aufgaben oder für
die Vorgabe organisationsrechtlicher Regelungen - durch die kommunale
Selbstverwaltungsgarantie verfassungsrechtlich gebunden ist (VerfGH NRW, OVGE 10,
282, 286; BVerfGE 17, 172, 182; BVerfGE 91, 228, 245; Saarl. VerfGH, NVwZ-RR 1995,
153, 154).
Gewisse Beeinträchtigungen der Personalhoheit der Gemeinden und Gemeindeverbände
sind herkömmlich. Insbesondere sind gesetzliche Regelungen, die bei Umbildung von
Körperschaften oder Zuständigkeitsänderungen eine Körperschaft zur Übernahme von
Beamten verpflichten, mit Art. 78 Abs. 1 und 2 LV NRW (Art. 28 Abs. 2 GG) vereinbar, wenn
die Verpflichtung zur Übernahme von Bediensteten verknüpft ist mit einem Zuwachs von
Verwaltungsaufgaben (vgl. BVerfGE 17, 172, 182 ff., 185 ff.; BVerwG, Buchholz 415.1 Allg.
Kommunalrecht Nr. 33). Entsprechendes gilt für den Entzug von Aufgaben.
Auch Art. 28 § 1 Abs. 3 2.ModernG ist verfassungsgemäß. Nach dieser Vorschrift trifft bei
fehlender Einigung der beteiligten Körperschaften über die zu übernehmenden
Bediensteten entweder die am Sitz des jeweiligen Landschaftsverbandes bestehende
Bezirksregierung (bei der Aufgabenverlagerung auf die Kreise und kreisfreien Städte) oder
(in den übrigen Fällen) das Innenministerium im Einvernehmen mit der die Aufgabe
übernehmenden obersten Landesbehörde die Entscheidung. Diese Regelung ist wegen
des Zusammenhangs mit der Aufgabenerweiterung sachlich gerechtfertigt (vgl. BVerfGE
17, 172, 187).
Sie eröffnet der Bezirksregierung bzw. dem Innenministerium angesichts des rechtlich
vorgeformten Übergangs der Bediensteten einen allenfalls unerheblichen
Entscheidungsspielraum bei der Übernahmeentscheidung. Der Kreis der zu
übernehmenden Bediensteten ist bereits gesetzlich festgelegt. Von dem
Dienstherrnwechsel nach Art. 28 § 1 Abs. 1 Satz 1 2.ModernG i.V.m. § 128 Abs. 4 i.V.m.
Abs. 3 BRRG (analog) sind nur die bislang schon mit der übergegangenen Sachaufgabe
befassten Bediensteten, nicht sonstige Bedienstete des Landschaftsverbandes betroffen
(vgl. Schütz/Kathke, Beamtenrecht, vor §§ 28 f. LBG Rn. 189; Schink, a.a.O., S. 241). Die
sich aus den §§ 128 ff. BRRG ergebende Übernahmeverpflichtung wird nochmals
klargestellt durch Art. 28 § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 2.ModernG. Danach "sind" die
Bediensteten "entspre-chend den von ihnen jeweils wahrgenommenen Aufgaben" anteilig
von den Körperschaften zu übernehmen. Aufgrund dieser Übernahmeverpflichtung und
ihrer rechtlichen Ausgestaltung haben die beteiligten Körperschaften kein freies
"Auswahlermessen". Allerdings können sich im Einzelfall Rechtsanwendungsprobleme
etwa bei der Frage ergeben, in welchem Umfang ein Bediensteter die übergegangene
Aufgabe wahrgenommen oder welche von mehreren Körperschaften einen Bediensteten
zu übernehmen hat. Das Beamtenrechtsrahmengesetz sieht keine Regelung für den Fall
vor, dass in strittigen Einzelfragen ein Einvernehmen der beteiligten Körperschaften nicht
erzielt werden kann. Herkömmlich haben die Aufsichtsbehörden, falls erforderlich, auf die
Erfüllung der Pflichten der beteiligten Körperschaften hinzuwirken und gegebenenfalls die
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notwendigen Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme zu treffen (vgl. §§ 119 ff. GO
NRW; § 57 Abs. 3 KrO NRW; §§ 26 f. LVerbO NRW; Schütz/Kathke, Beamtenrecht, vor §§
28 f. LBG Rn. 194 für den Fall des fehlenden Einvernehmens nach § 128 BRRG). Die
Aufsichtsregelungen werden hier durch die speziellere Regelung des Art. 28 § 1 Abs. 3
2.ModernG verdrängt. Diese Vorschrift soll - entsprechend dem Sinn der 6-Monats-Frist des
§ 128 Abs. 2 Satz 2 BRRG - eine zeitnahe Entscheidung über die Verteilung der
Bediensteten ermöglichen.
Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber verfassungsrechtliche Grenzen nicht
überschritten. Die Personalhoheit der Beschwerdeführer wird nicht über die gesetzlichen
Vorgaben des § 128 BRRG hinaus in relevanter Weise eingeschränkt. Die beanstandete
Norm sieht lediglich eine sachlich gerechtfertigte Konfliktregelung für den Ausnahmefall
einer fehlenden Einigung der beteiligten Körperschaften vor, ohne die Personalhoheit der
Beschwerdeführer über Gebühr zu tangieren. Sollten die Beschwerdeführer durch eine
Entscheidung nach Art. 28 § 1 Abs. 3 2.ModernG in ihrem Selbstverwaltungsrecht
beeinträchtigt sein, steht ihnen - wie auch sonst gegen eine Aufsichtsmaßnahme (vgl. § 28
LVerbO) - der Rechtsweg im Verwaltungsstreitverfahren offen.
2.
§§ 128 ff. BRRG auf Angestellte und Arbeiter (Art. 28 § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1
2.ModernG) gegen Art. 12 GG verstoße, sind sie nicht in ihrem Selbstverwaltungsrecht
verletzt. Maßstab ist im vorliegenden Verfahren allein Art. 78 LV NRW einschließlich der
den Inhalt der Selbstverwaltungsgarantie mitbestimmenden Verfassungsbestimmungen.
Auf Art. 12 GG (i.V.m. Art. 4 Abs. 1 LV NRW) können sich die Beschwerdeführer im
Rahmen einer kommunalen Verfassungsbeschwerde nicht berufen.
3.
sie nicht hinreichend substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen ein Inkrafttreten der
angegriffenen Vorschriften zum 1. Januar 2001 unzumutbar sein soll. Der Umstand allein,
dass sie bereits vor Inkrafttreten der Regelungen zu "erheblichen organisatorischen,
finanziellen und personellen Vorkehrungen" gezwungen sind, begründet keine Verletzung
des Selbstverwaltungsrechts.