Urteil des VerfG Nordrhein-Westfalen vom 25.06.2002

VerfG Nordrhein-Westfalen: ausweisung, gewerbe, gemeinde, genehmigung, erlass, raumordnung, bekanntmachung, ausdehnung, regionalplanung, einwendung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verfassungsgerichtshof NRW, VerfGH 42/00
25.06.2002
Verfassungsgerichtshof NRW
Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen
Urteil
VerfGH 42/00
1. Gebietsentwicklungspläne beeinträchtigen die gemeindliche
Planungshoheit regelmäßig nur, wenn die überörtliche Planung eine
hinreichend konkrete örtliche Planung nachhaltig stört. Darüber hinaus
kann die Planungshoheit beeinträchtigt sein, sofern wesentliche Teile
des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung der Gemeinde
entzogen werden.
2. Im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof NRW findet die
Regelung des § 86 Abs. 2 VwGO, nach der über Beweisanträge in der
mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist, keine entsprechende
Anwendung. Gemäß § 21 Satz 1 VerfGHG NRW stehen Art und Umfang
der Beweiserhebung im Ermessen des Gerichts.
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
A.
Die Beschwerdeführerin, eine kreisangehörige Stadt im Regierungsbezirk ..., macht
geltend, durch den Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk ... (GEP 99) in ihrem
Selbstverwaltungsrecht verletzt zu werden. Sie rügt, dass 86,53 % ihres Freiraums durch
die Darstellung eines großflächigen regionalen Grünzugs überplant und
Abgrabungsbereiche als Abgrabungskonzentrations- zonen ausgewiesen werden.
Außerdem richten sich ihre Einwände gegen die Darstellung einer unmittelbar östlich der A
57 und südlich der B 510 gelegenen Fläche als Abgrabungsbereich und die Einbeziehung
einer ca. 18 ha großen Fläche östlich der ... Landstraße/südlich der B ..., die sie als Bereich
für gewerbliche und industrielle Nutzungen ausweisen will, in den regionalen Grünzug.
I.
Am 28. November 1996 beschloss der Bezirksplanungsrat für den Regierungsbezirk ...,
anstelle des Gebietsentwicklungsplans aus dem Jahr 1986 einen neuen
Gebietsentwicklungsplan zu erarbeiten. Der dem Erarbeitungsbeschluss zugrundeliegende
Entwurf sah bereits die weitgehende Einbeziehung des Freiraums auf dem Gebiet der
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Beschwerdeführerin in einen regionalen Grünzug, die Bildung von
Abgrabungskonzentrationszonen und den Abgrabungsbereich östlich der A ../südlich der B
... vor. Die von der Beschwerdeführerin als "Gewerbegebiet ... Landstraße III" bezeichnete
Fläche östlich der ... Landstraße/südlich der B ... war ebenfalls als Abgrabungsbereich
vorgesehen. Sie war im alten Gebietsentwicklungsplan teils als Agrarbereich, teils als
Bereich für den Schutz der Landschaft/Erholungsbereich dargestellt.
Die Beschwerdeführerin, die sich schon mit Schreiben vom 7. November 1996 gegen
weitere Auskiesungen auf ihrem Gebiet gewandt und in diesem Zusammenhang auf ihre
Absicht hingewiesen hatte, im Anschluss an die Gewerbegebiete nördlich der B 510
weitere Gewerbeflächen südlich der Straße darzustellen, machte im Zuge des
Beteiligungsverfahrens nach entsprechender Beschlussfassung ihres Rates in einer
Stellungnahme vom März 1997 Bedenken gegen den GEP-Entwurf geltend; sie forderte
eine Verkleinerung des regionalen Grünzugs sowie die Darstellung eines Bereichs für
gewerbliche und industrielle Nutzungen im Bereich östlich der ... Landstraße/südlich der B
... und lehnte jegliche über die bereits genehmigten Auskiesungen hinausgehende
Darstellung von Abgrabungsbereichen auf ihrem Gebiet ab. Nach einem Erörterungstermin
fertigte die Bezirksplanungsbehörde für den Bezirksplanungsrat eine zeichnerische
Darstellung ihrer Beschlussvorschläge und eine Synopse, in der die Ergebnisse der
Erörterungen und die Beschlussvorschläge einander gegenüber gestellt wurden. Im
Kartenteil wurde der Abgrabungsbereich an der A .. nicht, der Abgrabungsbereich östlich
der ... Landstraße gestrichen aufgeführt. In der Synopse heißt es zu dem erstgenannten
Bereich, trotz der Bedenken der Beschwerdeführerin werde daran aus Gründen der
Arrondierung einer schon vorhandenen Abgrabung festgehalten. Für den zweiten Bereich
wurde die Streichung vorgeschlagen. Dem weitergehenden Verlangen der
Beschwerdeführerin nach einer flächenmäßigen Reduktion des regionalen Grünzugs und
nach der Darstellung eines Bereichs für gewerbliche und industrielle Nutzungen auf der
Fläche östlich der ... Landstraße/ südlich der B ... entsprachen die Beschlussvorschläge
nicht.
Der Bezirksplanungsrat beschloss am 18. Juni 1998 die Neufassung des
Gebietsentwicklungsplans. Mit Erlass vom 12. Oktober 1999 erteilte die
Landesplanungsbehörde für den Plan die Genehmigung, die am 15. Dezember 1999
veröffentlicht wurde (GV NRW S. 649). Dem Genehmigungserlass sind zahlreiche
Maßgaben beigefügt.
II.
1.
Beschwerdeführerin geltend, der Gebietsentwicklungsplan verletze die Vorschriften der
Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen (LV) über das Recht der gemeindlichen
Selbstverwaltung.
Sie beantragt,
1.
Regierungsbezirks ... beschlossene und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1999
genehmigte Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk ... (Bekanntmachung der
Genehmigung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1999, S.
649) die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Selbstverwaltung (Art. 78 Abs. 1 und 2
Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz für die
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Bundesrepublik Deutschland) verletzt;
1.
a)
Regierungsbezirks ... beschlossene und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1999
genehmigte Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk ... (Bekanntmachung der
Genehmigung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1999, S.
649) nichtig ist, soweit in den zeichnerischen Darstellungen auf Blatt L 4504 ... auf dem
Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin Bereiche als "Regionale Grünzüge"
(Planzeichen 2. dc) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3. Durchführungsverordnung zum
Landesplanungsgesetz) und "Schutz der Landschaft und landschaftsorientierten Erholung"
(Planzeichen 2. db) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3. Durch-führungsverordnung zum
Landesplanungsgesetz) ausgewiesen sind;
b)
Regierungsbezirks ... beschlossene und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1999
genehmigte Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk ... (Bekanntmachung der
Genehmigung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1999, S.
649) nichtig ist, soweit in den zeichnerischen Darstellungen auf Blatt L 4504 ... auf dem
Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin ein Bereich als Regionale Grünzüge
(Planzeichen 2. dc) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3. Durchführungsverordnung zum
Landesplanungsgesetz)/Schutz der Landschaft und landschaftsorientierten Erholung
(Planzeichen 2. db) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3. Durchführungsverordnung zum
Landesplanungsgesetz) ausgewiesen ist, der wie folgt eingegrenzt ist: nördlich durch die B
..., westlich/südlich durch die ... Landstraße bis zum Kreuzungspunkt mit dem ...bach,
südlich/östlich durch den ...bach ab dem Kreuzungspunkt mit der ... Landstraße bis zum
Kreuzungspunkt des ...bachs mit der Bahntrasse, ab dann durch die Bahntrasse bis zur B
...;
1.
a)
Regierungsbezirks ... beschlossene und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1999
genehmigte Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk ... (Bekanntmachung der
Genehmigung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1999, S.
649) nichtig ist, soweit Plansatz 3.12 (Rohstoffgewinnung) Ziel 1 (Bodenschätze
haushälterisch nutzen) der textlichen Darstellungen und die zeichnerische Darstellung der
Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze
(Abgrabungsbereiche gemäß Planzeichen 2. eb) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3.
Durchführungsverordnung zum Landesplanungsgesetz) betroffen sind;
1.
b)
Regierungsbezirks ... beschlossene und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1999
genehmigte Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk ... (Bekanntmachung der
Genehmigung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1999, S.
649) nichtig ist, soweit in den zeichnerischen Darstellungen auf Blatt L 4504 ... auf dem
Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin ein Bereich für die Sicherung und den Abbau
oberflächennaher Bodenschätze (Abgrabungsbereich gemäß Planzeichen 2. eb) der
Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3. Durchführungsverordnung zum Landesplanungsgesetz)
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östlich an die A .. und südlich an die B ... angrenzend dargestellt wird;
1.
c)
des Regierungsbezirks ... beschlossene und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 1999
genehmigte Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk ... (Bekanntmachung der
Genehmigung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1999, S.
649) nichtig ist, soweit in den zeichnerischen Darstellungen auf Blatt L 4504 ... auf dem
Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin ein Bereich für die Sicherung und den Abbau
oberflächennaher Bodenschätze (Abgrabungsbereich gemäß Planzeichen 2. eb) der
Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3. Durchführungsverordnung zum Landesplanungsgesetz)
östlich an die A .. und südlich an die B ... angrenzend mit den Folgenutzungen
"Oberflächengewässer" (Planzeichen 2. c) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3.
Durchführungsverordnung zum Landesplanungsgesetz) und "Regionaler Grünzug" (Plan-
zeichen 2. dc) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3. Durchführungsverordnung zum
Landesplanungsgesetz) dargestellt wird.
Die Beschwerdeführerin macht geltend:
Der Gebietsentwicklungsplan leide in mehrfacher Hinsicht an Verfahrensfehlern. Die
Bezirksplanungsbehörde habe unter Verstoß gegen § 15 Abs. 2 Satz 3 bzw. § 15 Abs. 3
Satz 1 des Landesplanungsgesetzes (LPlG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.
Juni 1994 (GV NRW S. 474) weder den Bezirksplanungsrat noch die
Landesplanungsbehörde ausreichend über die von ihr - der Beschwerdeführerin -
vorgetragenen Anregungen und Bedenken unterrichtet. In der Synopse "Ergebnis der
Erörterung/Beschlussvorschlag" sei ihre Forderung, im Bereich östlich der ...
Landstraße/südlich der B ... einen Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen
auszuweisen, systematisch falsch nicht unter dem Gliederungspunkt 1.3 "Bereiche für
gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB)", sondern dem Gliederungspunkt 1.2
"Allgemeine Siedlungsbereiche" angesprochen worden. Zur Ausdehnung des regionalen
Grünzugs verhalte die Synopse sich nur bezogen auf eine Einwendung, die sie gemeinsam
mit drei anderen Städten erhoben habe, nicht dagegen bezogen auf ihre gesondert
erhobene eigene Einwendung. Dies habe ebenso wenig wie die ausschließlich textliche
Erwähnung ihrer Bedenken gegen die Darstellung eines Abgrabungsbereichs östlich der A
.. ausgereicht, um den Bezirksplanungsrat und die Landesplanungsbehörde zu
unterrichten.
Die Landesplanungsbehörde habe gegen § 16 Abs. 1 LPlG verstoßen, indem sie den
Gebietsentwicklungsplan unter den Maßgaben I.10 und II.7.1 ihres Erlasses genehmigt
habe, die die Versorgung mit Kies und Sand langfristig sichern sollten. Diese Maßgaben
entbehrten einer rechtlichen Grundlage und verstießen gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.
In der genehmigten Fassung könne der Plan auch deshalb nicht wirksam werden, weil der
Bezirksplanungsrat der Maßgabe II.7.1 und ebenso der den Schutz des Grundwassers vor
Abgrabungen betreffenden Maßgabe II.6 nur eingeschränkt beigetreten sei.
Unter Verstoß gegen § 14 Abs. 3 Satz 2 LPlG sei im Planaufstellungsverfahren hinsichtlich
der Abgrabungsbereiche eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben. Da die
Darstellung dieser Bereiche einen Vorhabenbezug im Sinne der Vorschrift aufweise, sei
eine solche Prüfung mit einem an die raumordnerische Ebene angepassten
Detaillierungsgrad erforderlich gewesen.
In materieller Hinsicht halte sich der Gebietsentwicklungsplan nicht innerhalb des
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allgemeinen Ermächtigungsrahmens des § 14 LPlG i.V.m. den Bestimmungen des
Landesentwicklungsprogramms (LEPro). Die flächendeckende Ausweisung eines
regionalen Grünzugs auf ihrem Gemeindegebiet verstoße gegen § 2 Abs. 1 der 3. DVO
zum Landesplanungsgesetz vom 17. Januar 1995 (GV NRW S. 144) i.V.m. B.2.dc) der
Anlage 1 zu dieser Bestimmung. Ausweislich der darin enthaltenen Definition der
regionalen Grünzüge solle deren Darstellung dazu dienen, den Freiraum funktionsgerecht
zu strukturieren und sinnvoll zu akzentuieren, nicht aber ihn flächendeckend zu
überplanen. Im Vergleich zu der Grundausweisung "Allgemeine Freiraum- und
Agrarbereiche" sei diese Darstellung an bestimmte qualifizierende Kriterien geknüpft. Die
Ausweisung eines im Wesentlichen bloß die Siedlungsbereiche aussparenden regionalen
Grünzugs diene hingegen nur dem Ziel, eine weitere räumliche Ausdehnung der
Siedlungsbereiche zu verhindern.
Die Darstellung von Abgrabungsbereichen entfalte über die Zielbestimmung für die
ausgewiesenen Flächen hinaus nach Plansatz 3.12 Ziel 1 Abs. 4 GEP 99 eine
außerbereichliche Ausschlusswirkung; die Abgrabungsbereiche seien danach
Abgrabungskonzentrationszonen. Damit sei ein durch die gesetzliche Ermächtigung nicht
gedeckter Eingriff in ihr Selbstverwaltungsrecht verbunden. Ausweislich des der
Bezirksplanungsbehörde durch Schreiben vom 7. November 1996 mitgeteilten
Beschlusses ihres Rates vom 25. September 1996 plane sie selbst die Darstellung von
Abgrabungskonzentrationszonen durch Änderung ihres Flächennutzungsplans. Dieses
Planungskonzept werde durch die Ausschlusswirkung der Darstellung von
Abgrabungskonzentrationszonen im Gebietsentwicklungsplan zunichte gemacht, ohne
dass die Regionalplanung dazu gesetzlich ermächtigt sei.
Der Gebietsentwicklungsplan greife unzulässig in den Kernbereich ihrer Planungshoheit
ein. Zum einen widerspreche er einer bereits konkretisierten Planung, zum anderen höhle
er ihre Planungshoheit substanziell aus. Bereits vor Beginn des Erarbeitungsverfahrens
habe sie am Standort östlich der ... Landstraße/südlich der B ... die Ausweisung eines
Gewerbegebiets "... Landstraße III" geplant. In der Folgezeit sei diese Planung konkretisiert
und im Jahr 1997 zum Gegenstand verbindlicher Rats- und Ausschussbeschlüsse gemacht
worden. Außerdem verbleibe ihr insgesamt kein ortsplanerischer Gestaltungsspielraum für
weitere Gewerbe- und Industrieansiedlungen. Der regionale Grünzug spare lediglich
ungünstig gelegene Freiflächen am nordwestlichen Rand des Stadtgebiets aus. Von ihrem
noch ungenutzten Gewerbeflächenpotenzial von ca. 50 ha entfalle der größte Teil auf
private Erweiterungs- und Vermarktungsflächen; es verblieben ihr aktuell nur ca. 0,8 ha zur
eigenen Verfügung.
Die dargestellten Eingriffe in ihre Planungshoheit verstießen außerdem gegen das
Willkürverbot. Wenn die Regionalplanung einen solchen Konkretheitsgrad aufweise, dass
der nachfolgenden Bauleitplanung kein nennenswerter Spielraum verbleibe, dann dürften
sich weder die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials noch die eigentliche
Abwägung auf globale Gesichtspunkte beschränken. Dem habe der Plangeber bei der
Sachverhaltsermittlung und nachfolgenden Abwägung nur unzureichend Rechnung
getragen. Der Darstellung des regionalen Grünzugs seien, namentlich soweit er ihr Gebiet
betreffe, nicht die erforderliche Gebietsaufgliederung sowie Bestandserfassung und -
bewertung vorausgegangen. Es sei nicht erkennbar, dass die räumliche Ausdehnung des
Grünzugs überhaupt auf einer Abwägung beruhe. Ein Ausgleich zwischen den
Zielsetzungen des Landesentwicklungsprogramms, das bezogen auf Ballungsrandzonen
das Interesse an einem ausreichenden Gewerbeflächenangebot dem Belang des
Freiraumschutzes gleichberechtigt gegenüberstelle, sei verfehlt worden. Ferner verstoße
die Darstellung des regionalen Grünzugs gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil
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die Ausweisung der betroffenen Flächen als allgemeiner Freiraum- und Agrarbereich
ausgereicht hätte. Speziell für die Fläche "... Landstraße III" habe der Plangeber
Feststellungen weder zu ihrer Eignung als Bestandteil des regionalen Grünzugs noch zur
Erforderlichkeit ihrer Einbeziehung getroffen. Darüber hinaus seien die Überlegungen, die
der Plangeber in seiner Abwägungsentscheidung zum Bereich "... Landstraße III" angestellt
habe, grob widersprüchlich und willkürlich. Die dringend erforderliche Ausweisung von
Gewerbeflächen an dieser Stelle sei ihr, der Beschwerdeführerin, mit der Begründung
verweigert worden, eine spätere Erweiterung wäre nicht möglich. Auf der anderen Seite sei
durch die flächendeckende Grünzugausweisung alles getan worden, um jegliche
Ausdehnung ihrer Gewerbeflächen zu verhindern. Ebenso unstimmig sei die Begründung
für die Streichung des an dieser Stelle zunächst vorgesehenen Abgrabungsbereichs. Die
Streichung sei nämlich mit dem Hinweis auf ihre Absicht, dort einen Gewerbestandort
auszuweisen, begründet worden, obwohl der Gebietsentwicklungsplan die Realisierung
ihrer Absicht mit der Einbeziehung der Flächen in den Grünzug gerade vereitele. Die
Ausweisung des Abgrabungsbereichs östlich der A .. sei schon deshalb fehlerhaft, weil der
Plangeber es versäumt habe, sich ausreichende Kenntnis über die abbauwürdigen
Lagerstätten von Kies und Sand zu verschaffen. Die Abwägung beruhe außerdem auf dem
fehlerhaften Konzept, die Belange der Rohstoffgewinnung gegenüber ökologischen
Belangen generell hintanzustellen und deshalb von vornherein nur solche Flächen als
Abgrabungsbereiche in Betracht zu ziehen, hinsichtlich derer es zu keinen oder nur
geringen Konflikten mit ökologischen Schutzansprüchen kommen könne. Die bei der
Abwägung speziell zu der Fläche an der A .. angestellten Erwägungen seien nicht
nachvollziehbar. Es gehe keineswegs, wie von der Bezirksplanungsbehörde ausgeführt,
um die maximale Nutzung eines vorhandenen Abgrabungsbereichs. Von einer bereits
erfolgten Abgrabung sei die dargestellte Fläche durch eine Bahntrasse getrennt und stelle
sich auch sonst als eigenständiges Vorhaben dar.
2.
Die Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Sie trägt im
Wesentlichen vor:
Die Ausweisung eines regionalen Grünzugs entspreche den formellen und materiellen
Anforderungen der Landesverfassung. Die Bezirksplanungsbehörde habe die von der
Beschwerdeführerin im Erarbeitungsverfahren vorgebrachten Bedenken und Anregungen
in der Vorlage für den Aufstellungsbeschluss in geraffter Form weitergegeben. Sowohl dem
Bezirksplanungsrat als auch der Landesplanungsbehörde hätten also die nötigen
Informationen vorgelegen. In materieller Hinsicht halte die Darstellung eines regionalen
Grünzugs sich innerhalb des Ermächtigungsrahmens des § 14 LPlG. Sie werde
gerechtfertigt durch die überragende Bedeutung, die regionalen Grünzügen nach den
Zielsetzungen übergeordneter landesplanerischer Regelungen zukomme. Den durch das
Landesplanungs- recht ebenfalls geschützten siedlungsstrukturellen Erfordernissen sei
Rechnung getragen worden. Der Beschwerdeführerin blieben, wie im
Erarbeitungsverfahren in Kontakt mir ihr ermittelt worden sei, noch genügend
Entwicklungsmöglichkeiten für Siedlungen und Gewerbe. Der Vorwurf, die über die
Grünzugausweisung getroffene Abwägungsentscheidung verstoße gegen das
Willkürverbot, werde durch die Planunterlagen widerlegt.
Auch durch die Darstellung von Abgrabungsbereichen werde die Beschwerdeführerin nicht
in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt. Der Bezirksplanungsrat und die
Bezirksplanungsbehörde seien auch insoweit entsprechend den gesetzlichen
Erfordernissen informiert worden. Die Darstellung eines Abgrabungsbereichs an der A .. mit
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Folgenutzung Oberflächengewässer/regionaler Grünzug schränke die Planungshoheit der
Beschwerdeführerin nicht substanziell ein und verletze auch nicht das Willkürverbot. Sie
beruhe weder auf Ermittlungs- noch auf evidenten Abwägungsdefiziten.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
Nach Art. 75 Nr. 4 LV, § 52 Abs. 1 VerfGHG können Gemeinden die
Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, dass Landesrecht die Vorschriften
der Landesverfassung über das Recht der Selbstverwaltung verletze. Zum Landesrecht in
diesem Sinne gehören nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs auch
Ausweisungen eines Gebietsentwicklungsplans (VerfGH NRW, OVGE 40, 310, 311 f.; 45,
291, 292).
Die Beschwerdeführerin ist beschwerdebefugt. Sie kann geltend machen, durch den
angegriffenen Gebietsentwicklungsplan in ihrem Selbstverwaltungsrecht (Art. 78 Abs. 1
und 2 LV) verletzt zu sein. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Plan mit
den von ihr beanstandeten Ausweisungen in ihre Planungshoheit eingreift. Diese wird vom
Schutzbereich der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie umfasst (VerfGH NRW,
OVGE 46, 295, 303).
C.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
Der angegriffene Gebietsentwicklungsplan verletzt mit den in ihm festgelegten Zielen der
Raumordnung und Landesplanung nicht das Recht der Beschwerdeführerin auf
Selbstverwaltung aus Art. 78 Abs. 1 und 2 LV.
I.
1.
der Selbstverwaltung. Dieses Recht erstreckt sich grundsätzlich auf alle Angelegenheiten
der örtlichen Gemeinschaft und umfasst die Befugnis zur grundsätzlich
eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte (vgl. VerfGH NRW, OVGE 45, 291, 293; 46,
295, 303).
2.
Planungsmöglichkeiten greift rechtserheblich in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde
ein. Deren Planungshoheit wird regelmäßig nur beeinträchtigt, wenn die überörtliche
Planung eine hinreichend konkrete örtliche Planung nachhaltig stört. Darüber hinaus kann
die Planungshoheit beeinträchtigt sein, sofern wesentliche Teile des Gemeindegebiets
einer durchsetzbaren Planung der Gemeinde entzogen werden (VerfGH NRW, DVBl. 1992,
710, 711; NWVBl. 1992, 242; OVGE 45, 291, 294; ebenso für Akte der überörtlichen
Fachplanung BVerwGE 79, 318, 325; 100, 388, 394 f.; BVerwG, NVwZ 2001, 1280, 1281).
Die genannten Fallgruppen umschreiben diejenigen Bereiche, in denen die gemeindlichen
Belange nicht mehr als unbedeutend anzusehen sind und daher nicht wegen
angenommener Geringfügigkeit vom Träger der Regionalplanung unbeachtet gelassen
werden dürfen (vgl. BVerwG, NVwZ 2001, 1280, 1281 für die überörtliche Fachplanung).
Das allgemeine Interesse einer Gemeinde, ihr Gebiet vor einer überörtlichen Planung zu
bewahren, reicht für die Geltendmachung einer Verletzung der Planungshoheit hingegen
nicht aus (vgl. BVerwG, NVwZ 2001, 88, 89).
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3.
Landesverfassung die kommunale Selbstverwaltung nicht absolut. Das Recht der
Selbstverwaltung ist nur im Rahmen der Gesetze garantiert (Art. 78 Abs. 2 LV, Art. 28 Abs.
2 GG). In den Bereich der Selbstverwaltung einschließlich der Planungshoheit kann gemäß
Art. 78 Abs. 2 LV (Art. 28 Abs. 2 GG) aufgrund von Gesetzen eingegriffen werden.
Derartigen Eingriffen sind Grenzen gesetzt. Der Kernbereich der Selbstverwaltung darf
nicht angetastet werden. Außerhalb des Kernbereichs sind das verfassungsrechtliche
Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft
sowie das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Willkürverbot zu beachten (VerfGH NRW,
OVGE 40, 310, 312; 45, 291, 293; 46, 295, 304).
Gesetze im Sinne des Art. 78 Abs. 2 LV (Art. 28 Abs. 2 GG) sind nicht nur förmliche
Gesetze, sondern auch untergesetzliche Rechtsnormen, sofern sie auf einer hinreichenden
Ermächtigungsgrundlage beruhen. Greift eine untergesetzliche Norm in die
Selbstverwaltung ein, so muss auch die ermächtigende gesetzliche Norm selbst mit Art. 78
LV vereinbar sein. Die verfassungsgerichtliche Prüfung, ob die untergesetzliche Norm mit
Art. 78 LV vereinbar ist, umfasst außerdem die Frage, ob diese Norm den allgemeinen
gesetzlichen Ermächtigungsrahmen einhält (VerfGH NRW, OVGE 40, 310, 312 f.; 45, 291,
293; 46, 295, 304).
II.
Die Planungshoheit der Beschwerdeführerin wird nur durch die Ausweisung von Teilen
ihres Gebiets als Bestandteil eines regionalen Grünzugs beeinträchtigt. Die weiteren
beanstandeten Ausweisungen des Gebietsentwicklungsplans greifen dagegen nicht in
rechtserheblicher Weise in die Planungshoheit der Beschwerdeführerin ein und bedürfen
mithin keiner Überprüfung am Maßstab des Art. 78 LV.
1.
als Abgrabungskonzentrationszonen und die Ausweisung eines Abgrabungsbereichs
östlich der A .. stellen keine rechtserheblichen Eingriffe in die gemeindliche
Planungshoheit dar.
a)
des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung. Diese Ausweisung wirkt zum einen
nur in den Bereichen, die nach den geologischen Gegebenheiten für eine Abgrabung in
Betracht kommen. Sie betrifft zum anderen lediglich einen einzelnen Planungsaspekt.
Unter anderen als Abgrabungsgesichtspunkten schließt sie eine durchsetzbare
Ortsplanung nicht aus.
b)
Beschwerdeführerin. Eine Absicht der Beschwerdeführerin, selbst derartige Zonen oder
überhaupt Abgrabungsflächen an bestimmter Stelle auszuweisen, hat namentlich weder in
ihrer an die Bezirksplanungsbehörde gerichteten Stellungnahme vom 7. November 1996
noch in dem vorangegangenen Ratsbeschluss vom 25. September 1996 Ausdruck
gefunden. In dem genannten Beschluss hat der Rat der Beschwerdeführerin der
Verwaltung lediglich den Auftrag erteilt, die planungsrechtlichen Voraussetzungen zu
schaffen, um alle noch nicht genehmigten Abgrabungen auf dem Gemeindegebiet zu
verhindern. Dieser Auftrag zielt auf eine reine Negativplanung ab. Dem damit verfolgten
Planungsziel kommt die Ausgestaltung der Abgrabungsbereiche im
Gebietsentwicklungsplan als Konzentrationszonen wegen der mit ihr verbundenen
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Ausschlusswirkung für alle nicht dargestellten Flächen entgegen.
c)
Abgrabungsbereichs östlich der A .. beeinträchtigt. Die Beschwerdeführerin hat selbst nicht
behauptet, an dieser Stelle eine eigene Planung verfolgt zu haben, sondern nur auf spätere
Entwicklungsmöglichkeiten hingewiesen. Das genügt nicht, um eine Beeinträchtigung ihrer
Planungshoheit darzutun.
2.
Eingriff in die Planungshoheit der Beschwerdeführerin dar, denn sie entzieht wesentliche
Teile des Gebiets der Beschwerdeführerin einer durchsetzbaren Ortsplanung und stört
darüber hinaus im Bereich "... Landstraße III" nachhaltig eine gemeindliche Planung von
hinreichender Konkretheit.
a)
dass die Beschwerdeführerin diese Teile nicht mehr abweichend überplanen kann.
Planungsbetroffen ist der weit überwiegende Teil des Gebiets der Beschwerdeführerin,
namentlich ca. 85 % ihres Freiraums. Ob überplante Flächen wesentliche Teile des
Gebiets einer Gemeinde darstellen, lässt sich allerdings nicht anhand einer rein
quantitativen Betrachtung entscheiden. Maßgeblich ist vielmehr auch, welche Bedeutung
den Flächen nach den örtlichen Verhältnissen für die bauliche Entwicklung der Gemeinde
zukommt. Im Fall der Beschwerdeführerin erstreckt sich der regionale Grünzug auch auf
solche Flächen, die vorhandenen Gewerbe- und Industriegebieten benachbart liegen
sowie verkehrlich günstig angebunden sind und sich deshalb in besonderer Weise für eine
Gewerbeansiedlung eignen. Angesichts dessen handelt es sich um wesentliche Flächen.
Die überplanten Flächen stehen aufgrund ihrer Darstellung als Bestandteil eines
regionalen Grünzugs einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung nicht mehr zur
Verfügung. Im Hinblick auf die notwendigen Ausgleichsfunktionen, die Grünzüge in
Verdichtungsgebieten zu erfüllen haben, legt der Gebietsentwicklungsplan zielförmig fest,
regionale Grünzüge seien gegen die Inanspruchnahme für Siedlungszwecke besonders zu
schützen (Ziel 2 Abs. 1 des Abschnitts 2.1); Planungen und Maßnahmen, welche die den
regionalen Grünzügen zukommenden Funktionen beeinträchtigen, seien auszuschließen
(Ziel 2 Abs. 2 Satz 3 des Abschnitts 2.1.). Mit diesen von der Beschwerdeführerin nach § 16
Abs. 3 Satz 2 LPlG zu beachtenden Zielen ist die Ausweisung von Siedlungsflächen
unvereinbar. Vorbehaltlich einer Planänderung könnte die Beschwerdeführerin nur
versuchen, über ein Verfahren nach § 19 a LPlG die Zulassung einer Zielabweichung zu
erreichen. Die Entscheidung darüber steht aber im Ermessen der mit ihr befassten Stellen.
Der Gemeinde verbleibt also nicht die Möglichkeit, kraft eigener Entscheidungsmacht
abweichende ortsplanerische Vorstellungen durchzusetzen.
b)
der Ausweisung eines Bereichs zum Schutz der Landschaft und der landschaftsorientierten
Erholung verknüpfte Grünzugausweisung eigene konkrete Planungsvorstellungen der
Beschwerdeführerin für den Bereich "... Landstraße III" zunichte macht.
Eine gemeindliche Planung ist nicht erst dann hinreichend konkretisiert, wenn sie das
Stadium eines verbindlichen Bauleitplans erreicht hat. Vielmehr können auch auf andere
Weise dokumentierte örtliche Planungsvorstellungen Bedeutung erlangen (VerfGH NRW,
DVBl. 1992, 710, 711). Für den durch die Ausweisung eines regionalen Grünzugs
überplanten Bereich "... Landstraße III" hat die Beschwerdeführerin vor der
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Beschlussfassung des Bezirksplanungsrats über die Aufstellung des
Gebietsentwicklungsplans hinreichend konkrete eigene Planungsvorstellungen entwickelt.
Im Protokoll einer Sitzung ihres Rats am 28. September 1993 heißt es zwar noch gänzlich
unbestimmt, es gebe langfristig Überlegungen zu einer baulichen Nutzung des
betreffenden Bereichs, ohne dass die städtebauliche Zielrichtung schon benannt werden
könne. Ausweislich eines Vermerks über ein Planergespräch am 26. Januar 1994, an dem
u.a. Vertreter der Beschwerdeführerin und des Kreises Wesel teilnahmen, sah die
Beschwerdeführerin den Bereich "... Landstraße III" damals lediglich als einen von
mehreren alternativen Erweiterungsbereichen für eine gewerbliche Nutzung an. Später
haben sich diese Vorstellungen aber konkretisiert. In ihrer Stellungnahme gegenüber der
Bezirksplanungsbehörde vom 7. November 1996 verwies die Beschwerdeführerin auf ihre
Absicht, dort ein Gewerbegebiet auszuweisen, und erhob in einer von ihrem Rat gebilligten
Stellungnahme vom März 1997 die Forderung, im Gebietsentwicklungsplan die fragliche
Fläche als Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereich darzustellen. Ein näher
spezifiziertes Planungskonzept eines im Auftrag der Beschwerdeführerin tätig gewordenen
Planungsbüros datiert allerdings erst vom 16. November 1999, einem Zeitpunkt, zu dem die
Ziele des Gebietsentwicklungsplans bereits verbindlich geworden waren. Zur Einleitung
eines entsprechenden Verfahrens über die Änderung des Flächennutzungsplans der
Beschwerdeführerin ist es überhaupt nicht gekommen. Auch so hatte die gemeindliche
Planung im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bezirksplanungsrats über den
Gebietsentwicklungsplan (§ 15 Abs. 3 Satz 1 LPlG) aber einen hinreichenden
Konkretisierungsgrad erreicht. Durch die vorangegangene Stellungnahme der
Beschwerdeführerin vom 7. November 1996 und diejenige vom März 1997, die auf einem
entsprechenden Ratsbeschluss beruhte, war die in Rede stehende Planungsvorstellung
nicht nur als Option, sondern als feste Absicht dokumentiert worden; sowohl der betroffene
räumliche Bereich als auch die vorgesehene Nutzungsart waren konkret bezeichnet. Über
das allgemeine Interesse, das Gemeindegebiet vor einer überörtlichen Planung zu
verschonen, gingen die gemeindlichen Vorstellungen damit deutlich hinaus. Dass sich die
gemeindliche Planung noch nicht durch einen Planaufstellungsbeschluss (§ 2 Abs. 1 Satz
2 BauGB) oder gar die Auslegung von Planunterlagen (§ 3 BauGB) verfestigt hatte (vgl.
BVerwG, NVwZ-RR 1998, 290, 292), beeinflusst zwar das Gewicht, mit dem sie vom
Bezirksplanungsrat im Rahmen der planerischen Abwägung zu berücksichtigen war (vgl.
VerfGH NRW, DVBl. 1992, 710, 713; BVerwGE 100, 388, 394), stellt aber ihre
Berücksichtigungsbedürftigkeit nicht völlig in Frage.
Der Gebietsentwicklungsplan greift mit der Ausweisung eines regionalen Grünzugs in die
Planung der Beschwerdeführerin auch nachhaltig ein. Mit dieser Ausweisung ist die
Darstellung örtlicher Bauflächen unvereinbar; das gemeindliche Planungsvorhaben ließe
sich also allenfalls unter den strengen Voraussetzungen für ein Zielabweichungsverfahren
(§ 19 a LPlG) realisieren.
III.
Die mit der Ausweisung eines regionalen Grünzugs verbundene Beeinträchtigung der
Planungshoheit der Beschwerdeführerin hält einer Überprüfung am Maßstab des Art. 78 LV
Stand.
1.
darin getroffene Ausweisung eines regionalen Grünzugs ist § 14 Abs. 1 LPlG i.V.m. § 15
Abs. 4 LPlG und den Bestimmungen des Landesentwicklungsprogramms. Diese
Ermächtigungsgrundlage begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VerfGH
NRW, OVGE 40, 310, 313 ff.).
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2.
gewährleisteten Position der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht zu beanstanden.
a)
aa)
Unterrichtung des Bezirksplanungsrats durch die Bezirksplanungsbehörde über die von der
Beschwerdeführerin im Beteiligungsverfahren geltend gemachten Anregungen und
Bedenken an einem das Selbstverwaltungsrecht verletzenden Verfahrensfehler.
(1)
verfassungsgerichtlich für solche Normen überprüft werden, die selbst Ausprägung der
Selbstverwaltungsgarantie sind (VerfGH NRW, OVGE 46, 295, 310). Für das Erfordernis,
den Bezirksplanungsrat gemäß § 15 Abs. 2 Sätze 3 und 4 LPlG über die von
planungsbetroffenen Gemeinden geltend gemachten Anregungen und Bedenken zu
unterrichten, trifft dies zu. Aus der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 78 LV ist die Pflicht
des Urhebers einer überörtlichen Planungsnorm abzuleiten, die von dem Plan individuell
betroffene Gemeinde anzuhören (BVerfGE 76, 107, 122, VerfGH NRW, OVGE 40, 310,
318). Die Anhörung bildet nämlich einen Bestandteil der Sachverhaltsermittlung, die
ihrerseits Grundlage und Voraussetzung einer jeden die gemeindlichen Belange
berücksichtigenden planerischen Abwägungsentscheidung ist. Wird die Anhörung von
einer anderen Stelle als dem eigentlichen Entscheidungsträger der Planung durchgeführt,
so kann sie ihren Informationszweck nur erfüllen, wenn die dabei gewonnenen
Erkenntnisse Letzterem zugänglich gemacht werden. Für die Regionalplanung
gewährleistet das die Berichtspflicht nach § 15 Abs. 2 Sätze 3 und 4 LPlG.
Auswirkungen auf die Planungshoheit hat eine Verletzung der Berichtspflicht allerdings
nur, falls sie die planerische Sachentscheidung beeinflusst haben kann. Hat der
Bezirksplanungsrat die nötigen Informationen auf sonstige Weise erhalten oder fehlt es aus
anderen Gründen an der konkreten Möglichkeit, dass ein Verstoß gegen die Berichtspflicht
Einfluss auf den Planinhalt gehabt hat, so scheidet ein Verfassungsverstoß aus (vgl. zur
Beachtlichkeit von Anhörungsmängeln in der Fachplanung BVerwGE 100, 370, 379 f.).
(2)
nicht vor.
Über die eigene Einwendung der Beschwerdeführerin gegen die Ausweisung von Teilen
ihres Gebiets als Bestandteil eines regionalen Grünzugs hat die Bezirksplanungsbehörde
den Bezirksplanungsrat in ihrem als Synopse "Ergebnis der
Erörterung/Beschlussvorschläge" bezeichneten abschließenden Bericht zwar nicht
gesondert informiert. Dem Informationszweck hat sie aber in der Sache dadurch Rechnung
getragen, dass sie in der Synopse auf die gemeinsame Stellungnahme der Städte ..., ..., ...
und ... eingegangen ist. Die inhaltliche Information darüber deckt auch das von der
Beschwerdeführerin mit ihrer gesonderten Einwendung verfolgte Anliegen ab. Die
Beschwerdeführerin hatte mit ihrer Einzeleinwendung eine flächenmäßige Reduktion des
regionalen Grünzugs gefordert und dieses Begehren auf die Erwägung gestützt, eine
nahezu flächendeckende Darstellung des Gemeindegebiets als Bestandteil des Grünzugs
widerspreche der einschlägigen planungsrechtlichen Definition, die auf eine "sinnvolle
Akzentuierung" ausgerichtet sei. Die Synopse spricht beide Gesichtspunkte an. Ihr ist zum
einen zu entnehmen, dass es den vier Städten um eine Flächenreduzierung der als
flächendeckend bezeichneten Grünzugdarstellung ging; zum anderen gibt sie mit dem
Hinweis, nach Meinung der vier Städte sei die Methodik der Grünzugdarstellung zu
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undifferenziert angewandt worden, auch die Kritik mangelnder Akzentuierung und
ausufernder Verwendung dieser planerischen Ausweisung wieder.
Über die Planungsabsichten der Beschwerdeführerin in dem von der Ausweisung des
regionalen Grünzugs umfassten Bereich "... Landstraße III" hat die
Bezirksplanungsbehörde den Bezirksplanungsrat in der Synopse ordnungsgemäß
unterrichtet. Dass sie die dazu erhobene Einwendung der Beschwerdeführerin nicht im
Abschnitt 1.3 der Synopse "Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB)",
sondern im Abschnitt 1.2 "Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB)" abgehandelt hat, stellt
eine sachgerechte Information nicht in Frage. Im Erarbeitungsverfahren bestand zwischen
der Beschwerdeführerin und der Bezirksplanungsbe- hörde Streit, ob gewerbliche
Erweiterungsflächen der Beschwerdeführerin entsprechend dem Planentwurf im Bereich ...
Heide als Teil des dort vorgesehenen allgemeinen Siedlungsbereichs oder auf den
Flächen an der ... Landstraße als Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen
ausgewiesen werden sollten. Insofern stellte sich die Forderung der Beschwerdeführerin
als Einwendung gegen die vorgesehene Ausweisung des allgemeinen Siedlungsbereichs
... Heide dar.
bb)
ist dem Plangeber ferner nicht in Gestalt ungenügender Information der
Landesplanungsbehörde über die Einwendungen der Beschwerdeführerin unterlaufen.
§ 15 Abs. 3 Satz 1 LPlG, der die Berichtspflicht der Bezirksplanungsbehörde gegenüber
der Landesplanungsbehörde regelt, ist schon kein Prüfungsmaßstab im Verfahren der
Kommunalverfassungsbeschwerde. Die Aufsicht der Landesplanungsbehörde über die
Regionalplanung mag auch dem Schutz von Gemeindeinteressen dienen. Daraus folgt
aber noch nicht, dass die im Zusammenhang damit stehende einfachgesetzliche
Berichtspflicht Ausfluss der Selbstverwaltungsgarantie ist. Diese Garantie verlangt die
Berücksichtigung der gemeindlichen Belange in der Regionalplanung und als
Voraussetzung dafür die Unterrichtung des Planungsträgers über diese Belange. Hingegen
ergibt sich aus ihr nicht zwingend, dass die Berücksichtigung der gemeindlichen Belange
zusätzlich durch eine Aufsichtsbehörde kontrolliert werden muss und dementsprechend der
Aufsichtsbehörde die dafür notwendigen Informationen zuteil werden müssen.
Unabhängig davon hat die Bezirksplanungsbehörde ihrer Berichtspflicht auch gegenüber
der Landesplanungsbehörde genügt. Sie hat die Landesplanungsbehörde durch Vorlage
der Synopse "Ergebnis der Erörterung/Beschlussvorschläge" in gleicher Weise unterrichtet
wie den Bezirksplanungsrat.
cc)
Gebietsentwicklungsplans beigefügten Maßgaben beziehen, bedürfen bereits deshalb
keiner weiteren Prüfung, weil diese Maßgaben nicht auf das Selbstverwaltungsrecht der
Beschwerdeführerin einwirken. Ihnen fehlt jeglicher Bezug zur Ausweisung eines
regionalen Grünzugs.
dd)
durchgeführt werden müssen, greift nicht durch. Zum einen bezieht sie sich nicht auf die
Ausweisung eines regionalen Grünzugs, die allein rechtserheblich in das
Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerin eingreift. Zum anderen zählt die genannte
Bestimmung nicht zu den Prüfungsmaßstäben im
Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren, da sie keine Ausprägung der kommunalen
Selbstverwaltungsgarantie ist, sondern allein dem Schutz der Umwelt dient (vgl. VerfGH
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NRW, Urteil vom 9. Juni 1997 - VerfGH 20/95 u.a. -, S. 52 des Urteilsabdrucks, insoweit in
OVGE 46, 295 nicht abgedruckt).
b)
Vorgaben, deren Einhaltung der Verfassungsgerichtshof im
Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren zu prüfen hat.
aa)
Landesentwicklungsprogramms gesetzten Ziele und überschreitet damit nicht den
allgemeinen Ermächtigungsrahmen. Der nach § 14 LPlG gebotene überörtliche Bezug der
Darstellung ist angesichts der Ausdehnung des ausgewiesenen Grünzugs nicht
zweifelhaft. Die mit der Darstellung verfolgten, unter Ziel 2 des Abschnitts 2.1 GEP 99
aufgeführten Zielsetzungen korrespondieren mit den Ermächtigungszwecken der §§ 2, 16,
17, 20 und 21 LEPro. Namentlich wird die Darstellung der in §§ 20 Abs. 3, 21 Abs. 3 LEPro
formulierten Zielvorgabe gerecht, den Freiraum vor allem in Verdichtungsgebieten seiner
ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung entsprechend zu sichern und
funktionsgerecht zu entwickeln. Ob die Ausweisung des Grünzugs trotz dessen
Großflächigkeit der Definition regionaler Grünzüge in Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 der 3. DVO
zum Landesplanungsgesetz entspricht, ist keine Frage der Zielkonformität von
Planungsnorm und gesetzlicher Ermächtigung, sondern betrifft ein davon unabhängiges
Detail der einfachrechtlichen, nicht aus der Selbstverwaltungsgarantie ableitbaren
Vorgaben für den Gebietsentwicklungsplan und gehört daher nicht zum Prüfungsprogramm
im Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde.
bb)
Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung ein, wenn diesem die gemeindliche
Planungshoheit zuzurechnen sein sollte (vgl. dazu VerfGH NRW, OVGE 40, 310, 313 f.; 45,
291, 294; 46, 295, 305; BVerfGE 103, 332, 365 f.). Art. 78 Abs. 1 LV garantiert wie Art. 28
Abs. 2 GG die kommunale Selbstverwaltung als Einrichtung. Dabei kann offen bleiben, ob
sie in ihrem Kernbereich nur institutionell oder auch individuell gewährleistet ist. Denn der
Beschwerdeführerin verbleiben hinreichende Bauflächenreserven und damit
Planungsmöglichkeiten im Bereich "...-West".
cc)
Planungshoheit der Beschwerdeführerin verstößt weder gegen das
Verhältnismäßigkeitsprinzip noch gegen das Willkürverbot.
Planungsentscheidungen sind aufgrund einer Abwägung der durch die Planung berührten
Belange zu treffen. Dem Normgeber ist dafür eine Gestaltungsbefugnis eingeräumt, die
allerdings verfassungsrechtlichen Begrenzungen unterliegt. Einschränkungen der
gemeindlichen Planungshoheit durch eine überörtliche Planung sind verfassungsrechtlich
nur gerechtfertigt, wenn sie das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Willkürverbot wahren.
Aus diesen Grundsätzen ergeben sich Anforderungen an die Vorbereitung, die
Durchführung und das Ergebnis der Abwägung. Ein im Wege der Abwägung
herzustellender verhältnismäßiger Ausgleich der berührten Belange setzt voraus, dass der
Planungsträger den erheblichen Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt und
anhand dieses Sachverhalts die für die Planung sprechenden überörtlichen Belange
einerseits und die beeinträchtigten gemeindlichen Belange andererseits der Entscheidung
zugrundegelegt sowie umfassend und in nachvollziehbarer Weise abgewogen hat. Soweit
hierbei über Wertungen und Prognosen zu befinden ist, hat der Verfassungsgerichtshof
seine Nachprüfung in Anwendung des Willkürverbots darauf zu beschränken, ob diese
Einschätzungen und Entscheidungen auf unsachgemäßen Erwägungen beruhen oder
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sonst offensichtlich fehlerhaft sind. Die angegriffene Regelung ist außerdem im Ergebnis
daraufhin zu überprüfen, ob sie im Hinblick auf die berührten gemeindlichen Belange das
Verhältnismäßigkeitsprinzip wahrt, insbesondere der Bedeutung der gemeindlichen
Selbstverwaltungsgarantie Rechnung trägt (vgl. VerfGH NRW, OVGE 40, 310, 317 f.;
NWVBl. 1991, 371, 372; OVGE 43, 245, 248; 45, 291, 294 f.).
Diesen Maßstäben halten die vorbereitende Sachverhaltsermittlung sowie der Vorgang
und das Ergebnis der Abwägung Stand.
(1)
Abwägungsentscheidung richtig und vollständig ermittelt. Ob die Annahme der
Beschwerdeführerin zutrifft, dass als regionale Grünzüge nur solche Freiraumbereiche
ausgewiesen werden können, die besondere qualifizierende Funktionen, insbesondere
Ausgleichsfunktionen für benachbarte Siedlungsgebiete erfüllen, kann offen bleiben. Es
liegt auf der Hand, dass der verbliebene Freiraum in Verdichtungsgebieten in aller Regel
solche Funktionen erfüllt. Dort ist er in besonderem Maße zum knappen Gut geworden, so
dass ihm typischerweise Ausgleichsfunktionen für die Siedlungsbereiche zukommen. Da
das Gebiet der Beschwerdeführerin in einer Ballungsrandzone und damit in einem
Verdichtungsgebiet (§ 21 Abs. 1 LEPro) liegt, erübrigten sich genauere Ermittlungen, um
die eine Grün- zugausweisung rechtfertigenden Freiraumfunktionen zu belegen.
Hinsichtlich der entgegenstehenden Belange der Beschwerdeführerin sind
Ermittlungsdefizite ebenfalls nicht feststellbar. Die Beschwerdeführerin hatte im
Erarbeitungsverfahren Gelegenheit, ihre durch die Grünzugausweisung betroffenen
Interessen darzulegen. Wie bereits ausgeführt, wurde der Bezirksplanungsrat über die von
ihr geltend gemachten Anregungen und Bedenken ordnungsgemäß unterrichtet. Der
Stellungnahme der Landesregierung ist zu entnehmen, dass darüber hinaus insbesondere
nähere Untersuchungen dazu angestellt wurden, in welchem Umfang die
Beschwerdeführerin künftig Gewerbeflächen benötigen würde und wo dieser Bedarf
sachgerecht befriedigt werden könnte. Dass es hierbei zu groben Fehleinschätzungen
gekommen wäre, lässt sich dem Vortrag der Beschwerdeführerin nicht entnehmen und ist
auch sonst nicht erkennbar geworden.
(2)
Beschwerdeführerin keine offensichtlichen Fehleinschätzungen oder -bewertungen
unterlaufen.
Es lässt sich nicht feststellen, dass der räumlichen Ausdehnung des regionalen Grünzugs
auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin unsachgemäße Erwägungen zugrunde liegen. Die
Ausgleichsfunktionen, die der Freiraum für benachbarte Siedlungsbereiche erfüllt, haben in
Verdichtungsgebieten eine hohe Bedeutung und rechtfertigen es daher, den Freiraum unter
besonderen Schutz zu stellen. Welche Überlegungen maßgeblich dafür waren, einen Teil
der zum Gemeindegebiet gehörenden Freiflächen bei der Ausweisung des Grünzugs
auszusparen, ist zwar nicht ausdrücklich erläutert worden; ihre Randlage lässt die
ausgeklammerten Flächen aber als weniger schutzbedürftig erscheinen. Anhaltspunkte für
eine sachwidrige, von der Gestaltungsfreiheit des Plangebers nicht mehr gedeckte
Differenzierung bei der räumlichen Abgrenzung fehlen demnach.
Der Bezirksplanungsrat hat bei seiner Abwägung die Siedlungsbelange der
Beschwerdeführerin im Verhältnis zu den Belangen des Freiraumschutzes nicht unter
Verstoß gegen § 21 Abs. 3 Buchst. b LEPro als prinzipiell nachrangig behandelt. Den
Planunterlagen und den ergänzenden Erläuterungen der Landesregierung im vorliegenden
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Verfahren ist zu entnehmen, dass die Notwendigkeit der Bereitstellung weiterer
Gewerbeflächen auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin gesehen und bei der
Entscheidung über die räumliche Ausdehnung des allgemeinen Siedlungsbereichs ...
Heide berücksichtigt wurde. Das Planungskonzept war also auf einen Ausgleich der
gegenläufigen Belange, nicht auf die einseitige Bevorzugung des Freiraumschutzes
ausgerichtet.
Die Einbeziehung des Bereichs "... Landstraße III" in den regionalen Grünzug beruht nicht
auf offensichtlich widersprüchlichen Erwägungen. Aus den beiden Synopsen "Hinweise,
Anregungen und Bedenken/Ausgleichsvorschlag" und "Ergebnis der
Erörterung/Beschlussvorschläge" geht deutlich hervor, dass die Bezirksplanungsbehörde
und der Bezirksplanungsrat der Anregung der Beschwerdeführerin, die ursprünglich
geplante Ausweisung des Bereichs als Abgrabungsfläche aufzugeben, nur im Ergebnis zu
folgen bereit waren, sich aber zu keinem Zeitpunkt die Motivation der Beschwerdeführerin
zu Eigen machten, dort ein Gewerbegebiet auszuweisen. Bereits im "Ausgleichsvorschlag"
wurden tragfähige Gründe dafür angegeben, warum den Planungsvorstellungen der
Beschwerdeführerin nicht entsprochen werde. Ein Gewerbestandort "... Landstraße III"
stelle eine isolierte Siedlungsentwicklung südlich der B ... dar und habe keine
Erweiterungsmöglichkeit. In den "Beschlussvorschlägen" wurde zusätzlich ausgeführt, mit
der großzügigen Darstellung des allgemeinen Siedlungsbereichs "... West" stünden der
Stadt auch ohne den Bereich "... Landstraße III" alle Möglichkeiten offen, neben Wohnen
und wohnverträglichem Gewerbe auch störendes Gewerbe mit Anschluss an
Bundesautobahn und künftige Umgehungsstraße zu planen. In der mündlichen
Verhandlung hat der Vertreter der Bezirksplanungsbehörde deutlich gemacht, dass Anlass
für den Verzicht auf eine Abgrabungsfläche im Bereich "... Landstraße III" allein die
entschiedene, mit Schreiben vom 7. November 1996 gegenüber der
Bezirksplanungsbehörde zum Ausdruck gebrachte Ablehnung weiterer Abgrabungen im
Stadtgebiet durch die Beschwerdeführerin gewesen sei. Die Einbeziehung des Bereichs
"... Landstraße III" in den regionalen Grünzug und der Verzicht auf die Abgrabungsfläche
stehen mithin in keinem Widerspruch.
(3)
Gesichtspunkten auch nicht im Ergebnis beanstandet werden. Obgleich sie wesentliche
Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Ortsplanung entzieht und im Bereich "...
Landstraße III" eine Ortsplanung nachhaltig stört, wahrt sie den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Zwar ist der Beschwerdeführerin durch die Grünzugausweisung - zunächst abgesehen von
der Sonderproblematik der erwähnten Ortsplanung - eine Gewerbe- und
Industrieansiedlung großflächig verwehrt. Das Gewicht dieses Eingriffs wird aber deutlich
dadurch relativiert, dass zum einen die überplanten Flächen auch in der Vergangenheit
nach dem Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) vom 11. Mai 1995
(GV NRW S. 532) nur unter engen Voraussetzungen als Siedlungsbereich ausgewiesen
werden konnten und dass zum anderen der Beschwerdeführerin nach dem maßgeblichen
Sachstand im Zeitpunkt der Planungsentscheidung an anderer Stelle noch in
beträchtlichem Umfang Raum für die Schaffung von Gewerbe- und
Industrieansiedlungsbereichen verblieben ist. Die von der Landesregierung und der
Beschwerdeführerin hierzu gemachten Angaben belegen einschlägig nutzbare
Bauflächenreserven von immerhin ca. 50 ha. Dass diese Flächen zum überwiegenden Teil
nicht im städtischen Eigentum stehen, mag ihre Mobilisierung erschweren, doch handelt es
sich dabei um eine Einschränkung, die für eine Angebotsplanung wie die Bauleitplanung
typisch ist. Sollten die der Beschwerdeführerin als Planungsreserven verfügbaren Flächen
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früher als vom Plangeber prognostiziert erschöpft sein, so kann sich der Plangeber -
eventuell schon vor Ablauf der in § 15 Abs. 5 LPlG vorgesehenen Frist von 10 Jahren -
gehalten sehen, die Ausweisungen des Gebietsentwicklungsplans zu überprüfen und nach
erneuter Abwägung gegebenenfalls anzupassen. Außerdem besteht bei dringendem
Bedarf die Möglichkeit, ein Zielanpassungsverfahren nach § 19 a LPlG durchzuführen.
Angesichts dessen begegnet die Entscheidung, den überörtlichen Belangen des
Freiraumschutzes höheres Gewicht als den entgegenstehenden gemeindlichen Belangen
beizumessen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Freiraum gehört zu den
Rechtsgütern, die nach Art. 29 a LV unter dem besonderen Schutz der Landesverfassung
stehen. Diese verfassungsrechtliche Wertung wird konkretisiert u.a. durch die §§ 16, 17 und
20 LEPro und die Zielsetzungen unter B.III.1.2 LEP NRW, die die hohe Bedeutung des
Freiraumschutzes betonen. Diesem Schutz kommt hier wegen der Lage der als Grünzug
ausgewiesenen Flächen in einem Verdichtungsgebiet besonderer Stellenwert zu. Trotz der
großflächigen Betroffenheit des Gemeindegebiets kann deshalb von einer
Disproportionalität zwischen den verfolgten überörtlichen Zwecken und den
beeinträchtigten gemeindlichen Planungsmöglichkeiten keine Rede sein.
Unverhältnismäßig betroffen ist die Beschwerdeführerin schließlich auch nicht durch die
Beeinträchtigung ihrer Planung im Bereich "... Landstraße III". Das Gewicht einer
gemeindlichen Planung in der Abwägung hängt maßgeblich davon ab, wie stark sie sich
inhaltlich konkretisiert und rechtlich verfestigt hat (VerfGH NRW, OVGE 43, 245, 249).
Beide Aspekte sprechen dafür, der Planung der Beschwerdeführerin nur geringes Gewicht
zuzubilligen. Selbst im Verlauf des Verfahrens zur Änderung des
Gebietsentwicklungsplans hat die Beschwerdeführerin keine Schritte unternommen, um
ihre Planungsvorstellungen näher auszuarbeiten; ein detaillierterer Planentwurf ist erst
nach Inkrafttreten der Neufassung des Gebietsentwicklungsplans vorgelegt worden. Über
den Ratsbeschluss, der ihrer Stellungnahme vom März 1997 zum GEP-Entwurf
zugrundelag, hinaus sind auch keine Entscheidungen getroffen worden, die zu einer
rechtlichen Verfestigung der Planung hätten führen können; insbesondere ist nie ein
entsprechendes Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans der
Beschwerdeführerin eingeleitet worden.
Unter diesen Umständen war das überörtliche Interesse an der Einbeziehung des Bereichs
"... Landstraße III" in den regionalen Grünzug geeignet, das gegenläufige gemeindliche
Planungsinteresse zu überwinden. Die betroffene Fläche ist zwar im Verhältnis zu den
insgesamt als Bestandteile des Grünzugs ausgewiesenen Flächen der
Beschwerdeführerin recht klein. Das ändert aber nichts daran, dass ihre Planung den
Freiraum deutlich beeinträchtigen würde. Der Bereich ist bisher durch die B ... von den
weiter nördlich gelegenen Gewerbe- und Industrieflächen klar getrennt und auch sonst von
Siedlungstätigkeit noch verschont. Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine
einmal zugelassene gewerbliche Nutzung südlich der Bundesstraße eine Eigendynamik
entfaltet und sich als Folgewirkung die Inanspruchnahme weiterer Teile des dort jetzt noch
intakten Freiraums anbahnt. Diese Beeinträchtigungen und Risiken für den Freiraum
rechtfertigen den mit der streitigen Ausweisung verbundenen Eingriff in die gemeindliche
Planung, zumal die Beschwerdeführerin zur Befriedigung ihres Bedarfs an Gewerbeflächen
auf die betroffene Fläche innerhalb des für den Plangeber überschaubaren Zeitraums nicht
zwingend angewiesen ist.
Angesichts der dargestellten, auf der Grundlage der von der Beschwerdeführerin und der
Landesregierung vorgelegten Unterlagen erschöpfend zu beurteilenden Sach- und
Rechtslage war es entbehrlich, die gesamten Aufstellungsunterlagen zur Änderung des
Gebietsentwicklungsplans beizuziehen. Der darauf gerichtete Antrag der
Beschwerdeführerin brauchte nicht in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 2 VwGO
in der mündlichen Verhandlung beschieden zu werden. Diese Vorschrift findet im
Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht über § 13 Abs. 1 Satz 1 VerfGHG
entsprechende Anwendung, da § 21 Satz 1 VerfGHG eine abweichende Regelung trifft.
Danach stehen Art und Umfang der Beweiserhebung im Ermessen des
Verfassungsgerichtshofs. Die Beteiligten können lediglich Beweisanregungen geben, die
den Verfassungsgerichtshof aber nicht binden (vgl. zum Verfahren vor dem
Bundesverfassungsgericht Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozessrechts, 2. Aufl.
2001, Rdnr. 254; Geiger, Einige Besonderheiten im verfassungsgerichtlichen Prozess,
1981, S. 22; Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 1991, § 2 Rdnr. 49).