Urteil des VerfG Nordrhein-Westfalen vom 23.07.2002

VerfG Nordrhein-Westfalen: politische partei, petition, chancengleichheit, handschriftlich, wahlkreis, bekanntmachung, rechtfertigung, unterlassen, gefährdung, beteiligter

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verfassungsgerichtshof NRW, VerfGH 2/01
23.07.2002
Verfassungsgerichtshof NRW
Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen
Beschluss
VerfGH 2/01
Die abschlägige Bescheidung einer Petition, mit der eine politische
Partei die Änderung einer wahlrechtlichen Bestimmung erstrebt, berührt
nicht ihren verfassungsrechtlichen Status. Sie vermittelt daher nicht die
Befugnis zur Durchführung eines Organstreitverfahrens.
Der Antrag wird als unzulässig verworfen.
G r ü n d e :
I.
Der Antragsteller ist der am 1. März 1997 gegründete nordrhein-westfälische
Landesverband der Partei ... . Er wendet sich im Organstreitverfahren dagegen, dass der
Antragsgegner es unterlassen hat, die Kreiswahlvorschläge solcher Parteien, die eine von
mindestens 1.000 Wahlberechtigten unterzeichnete Landesreserveliste eingereicht haben,
von dem in § 19 Abs. 2 Satz 3 des Landeswahlgesetzes normierten Erfordernis der
Beibringung von mindestens 100 Unterstützungsunterschriften auszunehmen. Hilfsweise
rügt er das Unterbleiben einer verfassungsrechtlichen Überprüfung der Vorschrift.
1. a)
(Landeswahlgesetz) - LWahlG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. August 1993
(GV. NRW. S. 516), geändert durch Gesetz vom 23. März 1999 (GV. NRW. S. 66), verbindet
die relative Mehrheitswahl im Wahlkreis mit einem Verhältnisausgleich im Wahlgebiet für
die mit Landesreservelisten vertretenen politischen Parteien.
Das Land wird durch Gesetz in 151 Wahlkreise eingeteilt (§ 13 Abs. 1 LWahlG). In jedem
Wahlkreis wird ein Abgeordneter mit relativer Mehrheit der Stimmen direkt gewählt (§ 14
Abs. 1, § 32 Abs. 1 LWahlG). Die Wahl erfolgt auf der Grundlage von
Kreiswahlvorschlägen, die den in § 19 LWahlG normierten Anforderungen genügen
müssen. § 19 Abs. 2 Satz 3 Hs. 1 LWahlG bestimmt:
"Die Wahlvorschläge von Parteien, die nicht im Landtag oder im Deutschen
Bundestag aufgrund eines Wahlvorschlages aus dem Land ununterbrochen seit deren
letzter Wahl vertreten sind, müssen (...) von mindestens 100 Wahlberechtigten des
Wahlkreises persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein; ..."
Zu den in den Wahlkreisen gewählten Abgeordneten treten nach
Verhältniswahlgrundsätzen weitere Abgeordnete aus Landesreservelisten, wobei eine
Gesamtzahl von 201 Sitzen zugrundegelegt wird (§ 14 Abs. 2, § 33 Abs. 3 Satz 1 LWahlG).
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Landesreservelisten können nur von Parteien eingereicht werden (§ 20 Abs. 1 Satz 1
LWahlG). Diesbezüglich regelt § 20 Abs. 1 Satz 3 LWahlG:
"Die Landesreserveliste von Parteien, die nicht im Landtag oder im Deutschen
Bundestag aufgrund eines Wahlvorschlages aus dem Land ununterbrochen seit deren
letzter Wahl vertreten sind, muss (...) von mindestens 1.000 Wahlberechtigten des Landes
persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein."
Die Stimmen, die auf die von einer Partei aufgestellten Bewerber um ein Direktmandat
entfallen, schlagen zugleich für die Reserveliste dieser Partei zu Buche; die Ergänzung
durch Listenmandate erfolgt nach Maßgabe der landesweiten Stimmenanteile der
Parteilisten (§ 33 Abs. 2 bis 5 LWahlG). Das geschieht in der Weise, dass die Parteien, die
weniger Sitze in den Wahlkreisen errungen haben, als ihre Sitzzahl nach dem
Verhältnisausgleich beträgt, die fehlenden Sitze aus der Reserveliste erhalten. Erringt eine
Partei mehr Direktmandate, als ihr nach der auf ihre Liste entfallenden Stimmenzahl
zustehen, so wird die Zahl von regulär 201 Sitzen so weit erhöht, dass die Sitzanteile der
Parteien ihren Stimmenanteilen entsprechen (§ 33 Abs. 4 Satz 2 LWahlG). Parteien mit
weniger als 5 v.H. der Gesamtstimmenzahl bleiben beim Verhältnisausgleich
unberücksichtigt (§ 33 Abs. 2 Sätze 2 und 3 LWahlG).
b)
Kreiswahlvorschläge und Landesreservelisten (§ 19 Abs. 2 Satz 3, § 20 Abs. 1 Satz 3
LWahlG) haben ihre heutige Gestalt durch das Wahlrechtsänderungsgesetz vom 8. Juni
1993 (GV. NRW. S. 300) gefunden. Zuvor bestand die Notwendigkeit für alle Parteien, die
in der laufenden Wahlperiode nicht ununterbrochen mit mindestens drei Abgeordneten im
Landtag vertreten waren. Die entsprechenden ursprünglichen Regelungen der §§ 20 Abs. 2
Satz 3 und 21 Abs. 1 Satz 3 LWahlG in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. März
1954 (GV. NRW. S. 88) waren Gegenstand einer - erfolglosen - Verfassungsbeschwerde;
das Bundesverfassungsgericht stellte in seinem Urteil vom 3. Juni 1954 - 1 BvR .../.. -
(BVerfGE ., ..., ... ff.) fest, dass das Erfordernis von 100 Unterschriften für
Kreiswahlvorschläge bei der damaligen Ausgestaltung des Wahlsystems in Nordrhein-
Westfalen nicht die Grenze des nach Art. 3 GG Zulässigen überschreite.
2.
Anregung, § 19 Abs. 2 Satz 3 LWahlG dahin zu ändern, dass Unterstützungsunterschriften
nicht erforderlich sind für Kreiswahlvorschläge von Parteien, die eine den Anforderungen
des § 20 Abs. 1 Satz 3 LWahlG genügende Landesreserveliste eingereicht haben.
Alternativ schlug er die Einführung einer Zweitstimme vor. Der Petitionsausschuss des
Antragsgegners beschloss in seiner Sitzung vom 29. August 2000, dass er die Auffassung
des Antragstellers, das geltende Recht verletze den Grundsatz der Chancengleichheit,
nicht teile. Von diesem Beschluss wurde der Antragsteller mit Schreiben vom 7. September
2000 in Kenntnis gesetzt. Dem Schreiben war eine die Petition betreffende Stellungnahme
des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. Juli 2000 beigefügt.
3.
eingeleitet.
a)
festzustellen, dass der Antragsgegner die Rechte
des Antragstellers auf Gleichheit der Wahl und auf
Chancengleichheit im politischen Wettbewerb da-
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durch verletzt hat, dass er es unterlassen hat, in
§ 19 Abs. 2 Satz 3 LWahlG eine Ausnahme für die
Bewerber solcher Parteien vorzusehen, die eine
den Anforderungen des § 20 Abs. 1 Satz 3 LWahlG
genügende Landesreserveliste eingereicht haben,
hilfsweise
festzustellen, dass der Antragsgegner die vorgenannten
Rechte des Antragstellers dadurch verletzt hat, dass er
§ 19 Abs. 2 Satz 3 LWahlG nicht erneut verfassungs-
rechtlich überprüft hat.
Er macht geltend:
Der Antrag sei zulässig. Er - der Antragsteller - sei antragsbefugt, da nicht von vornherein
ausgeschlossen sei, dass seine Rechte auf Gleichheit der Wahl und auf Chancengleichheit
eine Pflicht des Antragsgegners zur Änderung von § 19 Abs. 2 Satz 3 LWahlG ausgelöst
hätten. Die Frist des § 44 Abs. 3 VerfGHG sei eingehalten, da der Antrag innerhalb von
sechs Monaten nach Bekanntgabe der abschlägigen Petitionsentscheidung gestellt
worden sei. Dieser Zeitpunkt sei für den Fristbeginn maßgeblich, da die Petition die
generelle Pflicht des Antragsgegners zur Überprüfung der Wahlrechtsnormen aktualisiert
habe.
Der Antrag sei auch begründet. Die in § 19 Abs. 2 Satz 3 LWahlG getroffene Regelung
beinhalte eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung kleiner
Parteien. Sie beeinträchtige den Antragsteller nicht nur bei der Wahl selbst, sondern auch
bei deren Vorbereitung. Diese Beeinträchtigung sei vor dem Hintergrund der 5-v.H.-
Sperrklausel und des Fehlens einer Zweitstimme von erheblichem Gewicht.
Wahlrechtsbezogene Differenzierungen setzten einen besonderen rechtfertigenden,
zwingenden Grund voraus. Hieran fehle es, soweit das Unterschriftenerfordernis die
Wahlvorschläge solcher Parteien betreffe, die eine den Anforderungen von § 20 Abs. 1
Satz 3 LWahlG genügende Landesreserveliste eingereicht hätten. Die Ernsthaftigkeit
derartiger Wahlvorschläge sei bereits dadurch gesichert, dass die Landesreserveliste von
mindestens 1.000 Wahlberechtigten unterzeichnet sei. Das zusätzliche
Unterschriftenquorum für Kreiswahlvorschläge sei weder geeignet, eine
Stimmenzersplitterung zu verhindern, noch lasse es sich durch das Anliegen rechtfertigen,
die Wählerinnen und Wähler vor einer "Vergeudung" ihrer Stimmen zu schützen. Es werde
schließlich auch nicht durch die Ausgestaltung des nordrhein-westfälischen Wahlsystems
legitimiert. Die dahingehende Argumentation des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 3,
383, 394 ff.) sei aufgrund zwischenzeitlicher Wahlrechtsänderungen überholt. Sie habe auf
die das Wahlsystem seinerzeit prägende stärkere Betonung des Mehrheitsprinzips in den
Wahlkreisen gegenüber dem Verhältnisprinzip der Landeslisten abgestellt. Heute habe das
Landeswahlrecht in Nordrhein-Westfalen infolge der Einführung von Ausgleichsmandaten
den Charakter eines Verhältniswahlsystems angenommen.
b)
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die Anträge zurückzuweisen.
Er macht geltend:
Die Anträge seien unzulässig. Eine im Organstreitverfahren rügefähige Unterlassung des
Gesetzgebers sei nicht dargetan. Sie setze voraus, dass er eindeutig erkennbar der geltend
gemachten Handlungspflicht nicht nachkommen werde. Dies müsse sich aus einem
objektiv fassbaren, hinreichend deutlichen Verhalten ergeben. Die abschlägige
Bescheidung der Petition des Antragstellers könne nicht als Ausdruck eines
gesetzgeberischen Unterlassens gewertet werden. Denn zum einen werde die
Rechtssicherheit gefährdet, wenn die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 3 VerfGHG jederzeit
durch Herbeiführung einer negativen Petitionsentscheidung wieder in Lauf gesetzt werden
könne. Zum anderen werde der Antragsgegner im Petitionsverfahren nicht in seiner
Eigenschaft als Gesetzgeber, sondern als Adressat von "Bitten oder Beschwerden" im
Sinne von Art. 4 Abs. 1 LV NRW, Art. 17 GG tätig. In dieser Funktion habe er nicht die
Kompetenz zur Änderung oder Überprüfung von Gesetzen.
Die Anträge seien im Übrigen auch unbegründet. Insoweit werde auf die Stellungnahme
des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. Juli 2000 Bezug
genommen.
c)
gemacht.
II.
Der Haupt- und der Hilfsantrag sind unzulässig.
Der Antragsteller kann als Landesverband einer politischen Partei zwar Beteiligter eines
Organstreitverfahrens nach Art. 75 Nr. 2 LV, § 12 Nr. 5, §§ 43 ff. VerfGHG sein (vgl. VerfGH
NRW, OVGE 44, 301, 303; NWVBl. 1999, 383, 383; NWVBl. 2001, 467, 468). Seine
Antragsbefugnis ist allerdings beschränkt auf die Geltendmachung einer spezifisch
organschaftlichen Rechtsbetroffenheit (
1.
(
2.
1.
dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des
Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten
verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Den Antragsteller trifft hierbei eine
Substanziierungspflicht. Er hat näher darzulegen, in welcher Maßnahme oder Unterlassung
er den Verfassungsverstoß erblickt (§ 44 Abs. 2 VerfGHG); sein Sachvortrag muss
außerdem eine Verletzung oder Gefährdung des ihm verfassungsrechtlich eingeräumten
Rechtsstatus als möglich erscheinen lassen (vgl. VerfGH NRW, OVGE 44, 301, 304;
NWVBl. 2001, 467, 469; ebenso zum bundesrechtlichen Organstreit: BVerfGE 2, 347, 366;
70, 324, 350).
Hiernach ist der Antragsteller zwar befugt, im Wege des Organstreits eine
gesetzgeberische Untätigkeit des Antragsgegners auf wahlrechtlichem Gebiet zu
beanstanden (
a
Einlegung einer Petition auslösen (
b
a)
obliegenden Pflicht zur Überprüfung oder sogar Änderung von § 19 Abs. 2 Satz 3 LWahlG
nicht nachgekommen, erscheint eine Verletzung seiner Rechte auf Gleichheit der Wahl und
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auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb möglich.
Die genannten Rechte stehen dem Antragsteller zu. Sie sind Bestandteil des
verfassungsrechtlichen Status politischer Parteien. Die Wahlrechtsgleichheit gründet in Art.
28 Abs. 1 Satz 2 GG, dessen Geltung als Landesverfassungsrecht Art. 1 Abs. 1 LV NRW
vermittelt, und ist zudem Ausprägung des durch Art. 2 LV NRW gewährleisteten
Demokratieprinzips. Das Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb ergibt
sich aus Art. 21 GG, dessen Grundsätze als Landesverfassungsrecht auch in Nordrhein-
Westfalen gelten (vgl. VerfGH NRW, OVGE 43, 205, 214; NWVBl. 1994, 453, 454; NWVBl.
1999, 383, jeweils m.w.N.).
Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass den Antragsgegner infolge einer
Veränderung der Umstände eine bislang nicht erfüllte Pflicht zur Überprüfung oder sogar
zur Änderung von § 19 Abs. 2 Satz 3 LWahlG trifft. Gesetzliche Bestimmungen, die auf
bestimmte Verhältnisse bezogen sind, hat der Gesetzgeber unter Kontrolle zu halten (vgl.
VerfGH NRW, OVGE 44, 301, 310; NWVBl. 1999, 383, 384; NWVBl. 2001, 467, 470;
BVerfGE 1, 208, 259; 82, 322, 338; jeweils betreffend wahlrechtliche Sperrklauseln). Auch
die in Rede stehende wahlrechtliche Zulassungsbeschränkung könnte eine derartige
Bestimmung sein, deren Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Wahl- und der
Chancengleichheit sich nicht ein für alle Mal abstrakt, sondern nur jeweils
situationsbezogen beurteilen lässt. Ihre verfassungsrechtliche Legitimation könnte - wie
vom Antragsteller geltend gemacht - im Hinblick auf die Einführung der
Ausgleichsmandatsregelung überprüfungsbedürftig geworden sein. Denn hierdurch könnte
die ursprüngliche Rechtfertigung des Unterschriftenquorums mit der "stärkeren Betonung
des Mehrheitsprinzips" (BVerfGE 3, 383, 396) obsolet geworden sein, da die
Ausgleichsmandate erklärtermaßen dem Zweck dienen, "die Verrechnung der von
einzelnen Parteien in den Wahlkreisen errungenen Mehrsitze (...) den Grundsätzen eines
vollkommenen Verhältniswahlrechts (anzupassen)" (vgl. die Begründung des
Gesetzesentwurfs der FDP-Fraktion vom 10. Oktober 1957, LT NRW-Drs. 3/595, S. 3).
Die Nichterfüllung einer gesetzgeberischen Überprüfungs- oder Änderungspflicht ist mit der
Organklage angreifbar (VerfGH NRW, OVGE 44, 301, 305 f.; NWVBl. 2001, 467, 470; offen
lassend für den bundesrechtlichen Organstreit: BVerfGE 92, 80, 87; 103, 164, 170).
b)
Antragsteller kann dieser aber nicht durch Einlegung einer Petition auslösen. Im
Petitionsverfahren kommt eine Verletzung organschaftlicher Rechte des Antragstellers von
vornherein nicht in Betracht. Denn die abschlägige Bescheidung einer Petition, mit der eine
politische Partei die Änderung einer wahlrechtlichen Bestimmung erstrebt, berührt nicht
ihren verfassungsrechtlichen Status. Mit der Einlegung der Petition hat der Antragsteller
nicht als Verfassungsorgan gehandelt, sondern von dem "jedermann" - mithin auch ihm als
gesellschaftlicher Gruppierung - zustehenden Recht Gebrauch gemacht, sich mit "Bitten
und Beschwerden" an die Volksvertretung zu wenden (Art. 17 GG, Art. 4 Abs. 1 LV NRW).
Zwar bezieht sich die Bitte hier auf die Überprüfung und Änderung einer
Wahlrechtsvorschrift, mithin einer Norm, welche die verfassungsrechtlich gewährleistete
Mitwirkung des Antragstellers an der politischen Willensbildung des Volkes regelt. Dieser
thematische Bezug des Petitums auf den verfassungsrechtlichen Status des Antragstellers
verleiht jedoch der Petitionseinlegung als solcher nicht den Charakter organschaftlichen
Handelns. Dementsprechend begründet die abschlägige Bescheidung der Petition auch
keine organschaftliche Rechtsbetroffenheit auf Seiten des Antragstellers und vermittelt
nicht die Befugnis zur Durchführung eines Organstreitverfahrens.
2.
gegenüber dem Antragsteller ausgelöst haben könnten, liegen zu lange zurück, als dass
der Antragsteller die Antragsfrist von sechs Monaten ab Kenntnis gewahrt hätte. Die
Änderung des Wahlsystems vom 8. Februar 1958, durch die das Mehrheitsprinzip, auf
dessen tragende Bedeutung das Bundesverfassungsgericht bei seiner Rechtfertigung des
Unterschriftenquorums für Kreiswahlvorschläge seinerzeit abgestellt hatte, hinter das
Verhältnismäßigkeitsprinzip zurücktrat, und die Änderung vom 8. Juni 1993, durch die die
Voraussetzungen für die Beibringung der Unterstützungsunterschriften neu gefasst wurden,
sind dem Antragsteller mit seiner Gründung am 1. März 1997, spätestens aber mit seiner
Teilnahme an der Wahl vom 14. Mai 2000 bekannt geworden. Das Organstreitverfahren hat
er jedoch erst am 12. Januar 2001 eingeleitet.