Urteil des SozG Osnabrück vom 22.07.2009

SozG Osnabrück: kostenvorschuss, mittelwert, quote, sicherheit, einwirkung, entlastung, drucksache, widerspruchsverfahren

Sozialgericht Osnabrück
Beschluss vom 22.07.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Osnabrück S 1 SF 66/08
Auf die Erinnerung des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom
20.06.2008 dahin geändert, dass dem Kläger über die getroffene Festsetzung hinaus auf die Einigungs-/Erle-
digungsgebühr noch ein Betrag von 35,70 EUR (1/2 von 60,00 EUR zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer) nebst Zinsen seit
Antragstellung zu erstatten ist. Die weitergehende Erinnerung des Klägers wird aus den insoweit zutreffenden Gründen
der angefochtenen Festsetzung zurückgewiesen.
Gründe:
Nicht zu beanstanden ist die streitige Kürzung der Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren und der
Verfahrensgebühr für das Klageverfahren. Der zugrunde liegende Rechtsstreit betraf bei der Gesamtschau aller
Vergütungskriterien den klassischen Durchschnittsfall eines Verfahrens auf dem Gebiete des
Schwerbehindertenrechts. Richtig ist insbesondere auch die Entscheidung, dass eine Terminsgebühr nach Nr. 3006
VV RVG nicht entstanden ist, stRspr der Kostenkammer, zuletzt Beschluss vom 03.12.2008 zum Az. S 1 SF 80/08
mit weiteren Nachweisen.
Gerechtfertigt ist allerdings die vom Kläger verlangte Einigungs-/Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG in Höhe
von 250,00 EUR anstelle des vom Urkundsbeamten festgesetzten Betrages von 190,00 EUR. Der
Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich im Klageverfahren in besonderem Maße um die Erledigung des
Rechtsstreits bemüht. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll mit der Einigungs-/Erledigungsgebühr das erfolgreiche
Bemühen eines Rechtsanwaltes um eine möglichst weitgehende Herstellung des Rechtsfriedens ohne gerichtliche
Sachentscheidung und die damit verbundene Entlastung des Gerichts honoriert werden, Bundestags-Drucksache
15/1971, Seite 204 zu Nr. 1002.
Eine erhöhte Einigungsgebühr wird allerdings nicht schon dann fällig, wenn auf Antrag der Klägerseite ein Gutachten
nach § 109 SGG eingeholt und für die Erledigung des Rechtsstreits ursächlich geworden ist. Denn allein das Anbieten
von Beweismitteln oder auch die Mitwirkung bei der Auswahl und Beschaffung von Beweismitteln kann nicht regelhaft
als über die allgemeine Verfahrensförderung hinausgehendes anwaltliches Handeln qualifiziert werden. Davon
abgesehen muss auch sichergestellt sein, dass die Antragstellung nach § 109 SGG verfahrensfördernde und nicht
verfahrensfremde Zwecke verfolgt. Unsachlich sind beispielsweise Beweisantritte zu dem Zweck, den der
Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren S 7 SB 489/06 mit Schriftsatz vom 12.02.2008 wie folgt formuliert
hat: "Sollte die kosten- und verfahrensfördernde Einwirkung des Unterzeichners nicht entsprechend gewürdigt werden,
kündige ich bereits jetzt für künftige Verfahren das Ausreizen sämtlicher Beweisantritte nach § 109 SGG für
vergleichbare Fälle an, was mit Sicherheit das Gerichtskostenvolumen des Sozialgerichts erhöht."
Im hier zugrunde liegenden Verfahren ist das ganz konkret auf Einigung und Erledigung gerichtete Handeln des
Prozessbevollmächtigten allein mit der Mittelgebühr nach Nr. 1006 VV RVG nicht abgegolten. Der Rechtsanwalt hat
hier eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne Entscheidung des Gerichts abzielende Tätigkeit entfaltet. Im
Klageverfahren hatte der Beklagte schon nach Einholung eines von Amts wegen angeforderten ersten Gutachtens ein
Teilanerkenntnis vom 18.02.2007 erklärt und nach Erledigung auf dieser Grundlage gefragt. Der Kläger konkretisierte
sein Begehren indessen auf einen höheren Behinderungsgrad, stützte sich auf umfassende Beweiserhebung nach §
109 SGG und leistete den entsprechend vom Gericht geforderten Kostenvorschuss. Wenn dann die nach § 109 SGG
beantragten Gutachten ursächlich für ein weiteres Teilanerkenntnis des Beklagten waren und der Kläger unter dessen
Annahme auf weitergehende Ansprüche verzichtet hat, ist es angesichts der zutage getretenen besonderen
anwaltlichen Mitwirkung nicht unbillig, wenn eine 60,00 EUR über dem Mittelwert von 190,00 EUR liegende
Einigungsgebühr verlangt wird.
Auf die Differenz von 60,00 EUR hat der Beklagte entsprechend seinem diesbezüglichen Kostenanerkenntnis eine
Quote von 1/2 zu erstatten, mithin den noch offenen Betrag von 30,00 EUR, der sich zuzüglich der gesetzlichen
Mehrwertsteuer auf den im Tenor des vorliegenden Beschlusses ausgeworfenen Betrag von 35,70 EUR erhöht.
Diese Entscheidung ist endgültig, § 197 Abs. 2 SGG.
E.