Urteil des SozG Marburg vom 08.09.2010

SozG Marburg: versorgung, hessen, aufschiebende wirkung, vergütung, sicherstellung, arztpraxis, spezialisierung, ausnahmefall, anteil, ausdehnung

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 08.09.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 172/10
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 74/10
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
3. Der Streitwert wird auf 11.840 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars in den beiden Quartalen III und IV/08 und hierbei nur noch um die
Begrenzung der Bemessung des Regelleistungsvolumens aufgrund der fallzahlabhängigen Abstaffelung.
Der Kläger ist als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie seit 12.09.1998 zur vertragsärztlichen Versorgung
mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen und führt in
diesem Rahmen mit drei weiteren Zahnärzten eine Gemeinschaftspraxis.
Die Beklagte setzte das Honorar des Klägers für die streitbefangenen Quartale jeweils mit Honorarbescheid wie folgt
fest:
III/08 IV/08 Honorarbescheid vom 20.01.2009 30.03.2009 Widerspruch eingelegt am 13.03.2009 25.05.2009
Nettohonorar gesamt in EUR 29.902,86 17.255,82 Bruttohonorar PK + EK in EUR 30.262,37 17.182,37 Fallzahl PK +
EK 308 256
Regelleistungsvolumen § 5 Abs. 3 HVV Fallwert 1.941,4 1.887,2 Fallzahl 307 256 Fallzahl Fachgruppe 64 64
Fallzahlbereich bis 150 % (zu 100 %) 96 96 Fallzahlbereich 150 % bis 200 % (zu 75 %) 32 32 Fallzahlbereich ab 200
% (zu 0 %) 179 128 Praxisbezogenes RLV in Punkten 232.968,0 226.464,0 Abgerechnetes Honorarvolumen in
Punkten 502.145,0 277.410,0 Überschreitung in Punkten 269.177,0 50.946,0
Ausgleichsregelung § 5 Abs. 4 HVV Referenz-Fallzahl 56 52 Referenz-Fallwert EUR 273,7552 190,2344 Aktueller
Fallwert EUR 60,8065 40,2190 Auffüllbetrag je Fall EUR - - Auffüllbetrag gesamt in EUR - -
Gegen die Honorarbescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, sein Widerspruch
richte sich gegen die unzureichende Vergütung des unteren Punktwerts im Regelleistungsvolumen. Der untere
Punktwert könne sich nicht nach dem Fachgruppenwert richten, sondern er müsse sich nach den individuellen
Verhältnissen des Arztes aus vorangegangener Zeit richten.
Die Beklagte verband beide Widerspruchsverfahren und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom
13.01.2010 als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen verwies sie auf die gesetzlichen Vorgaben sowie auf die
Vorgaben des Bewertungsausschusses. Weiter führte sie aus, eine fallzahlabhängige Quotierung sei nicht
durchgeführt worden. Als Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie sei der Kläger der Honorar(unter)gruppe B 2.15
zugeordnet und abrechnungstechnisch der VfG VTG 53-00. Für seine Arzt-/Fachgruppe seien folgende
arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen festgelegt:
RLV-Fallpunktzahl Primärklassen Ersatzkassen Altersgruppe der Patienten in Jahren: 9-5 6-59 -)60 0-5 6-59 -) 60
Fallpunktzahl lt. HVV 561 1.701 1.312 852 3.030 2.047
Das Regelleistungsvolumen führe nicht zu einem Ausschluss der Honorierung der durchgeführten Leistungen, sondern
es erfolge eine Bewertung der überschreitenden Honorarforderung mit einem unteren Punktwert. Soweit das
Finanzvolumen nicht ausreiche, müsse eine weitere Quotierung der Leistungsbewertung vorgenommen werden. Diese
Bewertungsvorgabe trage den Grundsatz der gerechten Honorarverteilung Rechnung und verhindere eine übermäßige
Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit. In der Fachgruppe des Klägers sei der obere und untere Punktwert in den
beiden streitbefangenen Quartalen identisch. Die das praxisbezogene Regelleistungsvolumen überschreitenden
Honorarforderungen seien folglich nicht zu einem geringeren Punktwert vergütet worden. Soweit der Kläger die Höhe
des Punktwerts insgesamt im Vergleich der Vorquartale anzweifele, gelte für die Fachgruppe des Klägers in den
Referenzquartalen des Jahres 2005 die Besonderheit, dass für Leistungen, die im Rahmen des
Regelleistungsvolumens honoriert werden, im Quartal III/05 ein deutlich höherer Punktwert zugrunde gelegt worden
sei. Dieser hohe Punktwert habe auf dem Umstand beruht, dass bei gleichbleibendem Honorar im Fachgruppentopf
die operativen Leistungen der Fachgruppe der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen in den Bereich der
Kassenzahnärztlichen Vereinigung verlagert worden seien. Daher sei ab dem Quartal IV/05 aufgrund eines
Vorstandsbeschlusses eine Kappung der Punktwerte auf 4,0 Cent vorgenommen worden. Aufgrund dieser
Maximalbegrenzung sei die Auszahlung eines höheren Punktwertes auch in den streitgegenständlichen Quartalen
nicht möglich gewesen. Die aus der jeweiligen Arztrechnung zu entnehmenden geringfügig unter 4,0 Cent liegenden
Punktwerte resultierten zu Recht aus der Punktwertreduzierung zugunsten des Honorarbereichs C (ärztlicher
Bereitschaftsdienst) sowie der erweiterten Honorarverteilung (EHV). Die Punktwerte seien im Rahmen des
Regelleistungsvolumens jedoch seit dem Quartal IV/05 weitgehend konstant geblieben. Eine arztindividuelle
Betrachtung sei bei der Punktebewertung nicht möglich. Der Kläger habe im Quartal III/05 vergleichsweise wenige
Leistungen im Bereich des ambulanten Operierens erbracht. Im aktuellen Quartal III/08 habe der Anteil solcher
Leistungen an dem Gesamthonorar deutlich höher gelegen. Somit könne auch bei dem Kläger nicht ausgeschlossen
werden, dass im Referenzquartal III/05 eine Verlagerung dieser Leistungen in den Bereich der Kassenzahnärztlichen
Vereinigung erfolgt sei. Insofern habe die damalige Abrechnungssituation der der Fachgruppe entsprochen. Sein
Leistungsspektrum unterscheide sich nicht wesentlich von anderen Mund- Kiefer-Gesichtschirurgen, so dass keine
Anhaltspunkte (insbesondere Gründe der Sicherstellung) ersichtlich seien, die eine Sonderregelung im Rahmen des
Regelleistungsvolumens rechtfertigen könnten. Für die Ausgleichsregelung nach § 5 Abs. 4 HVV gelte, dass mit der
Herausnahme der AOP-Leistungen aus der budgetierten Gesamtvergütung die sonst gleichen Bedingungen nicht mehr
erfüllt seien. Eine Teilnahme an der Ausgleichsregelung setze nunmehr zusätzlich voraus, dass der jeweilige Arzt
entweder weniger als 1.000,00 EUR im Bereich AOP § 115 b SGB V abgerechnet habe oder mehr als 1.000,00 EUR
im Bereich AOP § 115 b SGB V abgerechnet und weniger extrabudgetäres Honorar (Honorargruppe 5) als die
Fachgruppe erwirtschaftet habe. Diese zusätzlichen Voraussetzungen zur Teilnahme an der Ausgleichsregelung lägen
bei dem Kläger nicht vor, da er in den streitgegenständlichen Quartalen zwar Leistungen des ambulanten Operierens
im Bereich des AOP-Vertrages in Höhe von mehr als 1.000,00 EUR erbracht habe, er aber weniger extrabudgetäres
Honorar als die Fachgruppe erwirtschaftet habe. Dementsprechend habe in seinem Fall von "sonst gleichen
Bedingungen" ausgegangen werden können. Da die weiteren Voraussetzungen gem. § 5 Abs. 4 HVV jedoch nicht
erfüllt gewesen seien bzw. das in der Honoraruntergruppe zur Verfügung stehende Honorarvolumen einen Ausgleich
auf minus 5 % nicht ermöglicht habe, sei die Teilnahme an der Ausgleichsregelung entfallen.
Hiergegen hat der Kläger am 12.02.2010 die Klage erhoben. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom
31.05.2010 hat er die Klage auf die Bemessung des Regelleistungsvolumens aufgrund der fallzahlabhängigen
Abstaffelung begrenzt.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, er wende sich dagegen, dass im Quartal III/08 179 Fälle und in
Quartal IV/08 128 Fälle überhaupt nicht vergütet worden seien, welches eine Punktsumme von ca. 320.000 Punkten
entspreche; zzgl. der Fälle, die ohnehin nur zu 75 % honoriert würden. Es dürfe nicht auf die Fallzahl der Fachgruppe,
sondern es müsse auf seine individuelle Fallzahl abgestellt werden. Die Beklagte habe nicht entsprechend den
Darlegungen des Bundessozialgerichts in der Sitzung vom 17.03.2010 (B 6 KA 43/098 R) dargelegt, inwieweit die
Honorarverteilungsregelungen der gesetzlichen Grundlage entsprochen hätten und inwieweit der
Bewertungsausschuss hiervon habe abweichend eine Regelung treffen dürfen. Die Ableitung zum HVV sei im Übrigen
nicht ersichtlich. Die Beklagte habe im Rahmen des ihr obliegenden Ermessens die Ausnahmeregelung des
Erweiterten Bewertungsausschusses nicht geprüft und nicht angewandt. Praxisbesonderheiten ergäben sich aus
einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen
Spezialisierung, wenn zusätzlich einer aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des
durchschnittlichen Fallwerts der Arztgruppe von mind. 30 % vorliege. Die Überschreitung von 30 % sei vom
Erweiterten Bewertungsausschuss nicht mehr aufrechterhalten worden.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale III und IV/08 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 die Beklagte zu verurteilen, ihn über seinen Honoraranspruch unter der
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, es sei eine
Abstaffelung vorzunehmen, die sowohl einer Verhinderung der übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen
Tätigkeit als auch einem nur begrenzt zur Verfügung stehenden Finanzvolumen Rechnung trage. Gem. § 5 Abs. 3 b
HVV sei das Regelleistungsvolumen einer Praxis für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der
Honoraruntergruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25 % zu ermindern. Im Übrigen gelte
eine Fallzahlobergrenze in Höhe von 200 % der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im
Vorjahresquartal. Überschreite eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, trete diese
anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Bedenken
an der Rechtmäßigkeit dieser Vorgaben bestünden nicht. Sie halte den Vortrag des Klägers für unsubstantiiert. Es
werde nicht ausgeführt, welche Praxisbesonderheiten gegeben seien sollten noch erschließe sich, woraus sich der
geltend gemachte Anspruch ergeben solle, wenn der Kläger selbst ausführe, die Voraussetzungen einer
Überschreitung von 30 % seien durch den Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses nicht mehr aufrecht
erhalten worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Sie konnte dies ohne
mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG). Der
Kläger hat dies mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12.07. und die Beklagte mit Schriftsatz vom
06.07.2010 getan.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 sind,
soweit sie hier noch angefochten werden, rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben. Die Beklagte ist nicht
verpflichtet, den Kläger über seinen Honoraranspruch unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
bescheiden. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 sind,
soweit sie hier noch angefochten werden, rechtmäßig.
Nach § 5 Abs. 3 der hier maßgeblichen Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der
AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband Hessen, der IKK Baden-Württemberg und
Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den
Gartenbau, der Knappschaft – Verwaltungsstelle Hessen -, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. –
Landesvertretung Hessen, dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen für das Jahr
2008, Honorarverteilung (HVV) gemäß § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V vom 21.05.2008, veröffentlicht in info.doc Nr. 3a
vom Juli 2008 (im Folgenden: HVV), sind praxisindividuelle Regelleistungsvolumina zu bilden, da der Kläger zu den
entsprechenden Arztgruppen gehört.
Im Einzelnen bestimmt § 5 Abs. 3 HVV:
a) Die Bewertung der Honorarforderungen einer Praxis erfolgt auf Basis eines Regelleistungsvolumens. Die
Fallpunktzahl der Praxis bestimmt sich dabei nach der Zugehörigkeit der Ärzte dieser Praxis zu einer der unter
Anlagen 1a bzw. 1b angeführten Fachgruppen unter Beachtung der angeführten Altersgruppen der Patienten. Bei
Berufsausübungsgemeinschaften bestimmt sich die Höhe der Fallpunktzahl als arithmetischer Mittelwert aus der
Fallpunktzahl der in der Berufsausübungsgemeinschaft vertretenen Ärzte, verbunden mit folgender
Zuschlagsregelung: - 130 Punkte bei arztgruppen- und schwerpunktgleichen Berufsausübungsgemeinschaften.
alternativ - 30 Punkte je in einer arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft
repräsentiertem Fachgebiet oder Schwerpunkt, mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte. Im
Hinblick auf überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften gelten die Regelungen des EBM. Bei der Ermittlung der
Zuschlagsregelung bleiben Ärzte aus Arztgruppen, für die keine arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen definiert
sind, unberücksichtigt. Für Ärzte die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen
ausüben, richtet sich die Höhe der Fallpunktzahl nach dem Versorgungsauftrag, mit dem er zur vertragsärztlichen
Tätigkeit zugelassen ist. Für Vertragsärzte, die neben ihrer Arztpraxis auch in einer oder mehreren
Teilberufsausübungsgemeinschaften tätig sind, wird ein gesamtes Regelleistungsvolumen für die vom jeweiligen
Vertragsarzt in der Arztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) erbrachten Leistungen ermittelt.
Dem so ermittelten Regelleistungsvolumen werden die Leistungen des Vertragsarztes in der Vertragsarztpraxis und in
der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) gegenübergestellt. Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige
Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimmt sich dann aus der Multiplikation der nach Anlage 1a bzw. 1b im
aktuellen Quartal ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der
Aufteilung der kurativ ambulanten Fallzahlen (abzgl. Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Leistungen nach § 115
b SGB V oder strahlentherapeutische Leistungen abgerechnet wurden) in die verschiedenen Altersgruppen der
Patienten. Hierbei ist das Ergebnis der evtl. durchzuführenden fallzahlabhängigen Quotierung gemäß Abs. 2 zu
berücksichtigen.
b) Das nach dieser Vorschrift festgestellte Regelleistungsvolumen einer Praxis im aktuellen Quartal ist dann
nachfolgend für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Honoraruntergruppe im vergleichbaren
Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25% zu mindern. Die Feststellung der durchschnittlichen Fallzahl erfolgt bei
Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung
unterliegen, für jeden in der Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Arzt. Für die Bildung des Regelleistungsvolumens
einer Praxis im Abrechnungsquartal gilt im Übrigen eine Fallzahlobergrenze in Höhe von 200% der durchschnittlichen
Fallzahl der Honoraruntergruppe im Vorjahresquartal. Überschreitet eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese
Fallzahlobergrenze, tritt diese anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen
Regelleistungsvolumens. Dabei bestimmt sich im Falle von Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit
angestellten Ärzten, die keiner Leistungsbeschränkung unterliegen, die Fallzahlobergrenze aus den
arztgruppenbezogenen durchschnittlichen Fallzahlen im entsprechenden Vorjahresquartal je in der
Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Arzt bzw. Psychotherapeuten.
c) Für Ärzte, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, bestimmt sich die
durchschnittliche Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal nach dem Schwerpunkt der Praxistätigkeit.
d) Der Vorstand der KV Hessen ist ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung
praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen vorzunehmen.
e) Die Vertragspartner können nach Abrechnung der jeweiligen Quartale und der gemeinsamen Bewertung der
Auswirkungen auf die Versorgungssituation im gegenseitigen Einvernehmen weitere Anpassungen bezüglich der
Regelleistungsvolumina beschließen.
Die Kammer hält diese Regelungen, soweit sie hier streitbefangen sind, grundsätzlich für rechtmäßig. Dies hat die
Kammer bereits für die Vorgängerregelung nach Ziff. 6.3 des HVV für die Quartale ab II/05 ff. entschieden (vgl. SG
Marburg, Urt. v. 08.10.2008 S 12 KA 84/08 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). LSG Hessen, Urt. v. 04.11.2009 –
L 4 KA 99/08 – hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477
in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 mit Gültigkeit ab 01.01.2005 (SGB V), verteilt die
Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung
verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§
73) (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der
Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu
vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten
vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (§ 85
Abs. 4 Satz 2 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der
Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten
Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Im
Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten,
der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und
Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der
ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit
gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen
gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat
Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs.
4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer
Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz
7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende
Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Widerspruch und Klage
gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4
Satz 9 SGB V). Die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der
Vereinbarungen nach Satz 2 (§ 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Dabei bestimmt nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V der
Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, insbesondere zur
Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung
an solche Veränderungen der vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen
und der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum
29. Februar 2004, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen.
Der Bewertungsausschuss ist seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss
in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen
Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46
vom 12.11.2004, Seite A-3129 = B-2649 = C-2525) (im Folgenden: BRLV) nachgekommen. Darin bestimmt er, dass
Regelleistungsvolumen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von
einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (Arzt-Abrechnungsnummer) im jeweiligen
Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des
Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind.
Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen
überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (III.2.1 BRLV).
Für die Arztpraxis oder das medizinische Versorgungszentrum, die bzw. das mit mindestens einer der in Anlage 1
genannten Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sind im Honorarverteilungsvertrag
nachfolgende Regelleistungsvolumen zu vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt
(III.3.1 Abs. 1 BRLV). Die in 4. aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen nicht den
Regelleistungsvolumen (III.3.1 Abs. 4 BRLV).
Die Kammer sieht in diesen Bestimmungen eine verbindliche Vorgabe des Bewertungsausschusses. Dies hat die
Kammer bereits für die von der Beklagten vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses
verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina festgestellt (vgl. Urteil der Kammer
vom 26.09.2007 - S 12 KA 822/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Die hiergegen eingelegte Berufung hat das
Landessozialgericht zurückgewiesen (LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008 - L 4 KA 69/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de
= juris). Es hat im Einzelnen dargelegt, dass ein Honorarverteilungsvertrag nach der gesetzlichen Fiktion des § 85
Abs. 4 Satz 10 SGB V aus einem Beschlussteil und dem zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Teil besteht,
dass im Falle einer divergenten Regelung den bundeseinheitlichen Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses
der Vorrang zu kommt und dass die Vertragspartner des Honorarverteilungsvertrags an die Beschlussregelungen des
Bewertungsausschusses in der Weise gebunden sind, dass sie rechtswirksam keine abweichende Regelung treffen
konnten. Auf Revision der Beklagten hat das Bundessozialgericht dargelegt, dass die Vorgaben der BRLV rechtmäßig
und verbindlich sind und keine Spielräume für abweichende Regelungen im HVV ließen (vgl. BSG, Urt. v. 03.02.2010 -
B 6 KA 31/08 R – juris Rdnr. 17 ff.). Dem folgt die Kammer vollumfänglich. Eine Änderung der Rechtslage ist für den
hier streitbefangenen Zeitraum nicht eingetreten.
In der Anlage 1 BRLV werden unter den Arztgruppen, für die Arztgruppentöpfe gemäß III.1. BRLV und
Regelleistungsvolumen gemäß III.3.1 BRLV berechnet werden, die Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
genannt. Entsprechend hat der HVV auch die Honorar(unter)gruppe B 2.15 "Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen"
gebildet und für diese Fachgruppe gemäß der Anlage 1b zu § 5 Abs. 3 HVV die im Widerspruchsbescheid genannten
Fallpunktzahlen vorgegeben.
Mit dem GMG hat der Gesetzgeber die bisher als Soll-Vorschrift ausgestaltete Regelung zu den
Regelleistungsvolumina verbindlich vorgegeben. Dadurch soll erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten
Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit
Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert
überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei
steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen
Mengenausweitung begrenzt werden (vgl. BT-Drs. 15/1170, S. 79).
Regelleistungsvolumina dienen damit der Kalkulationssicherheit bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen
(vgl. Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, § 85, Rn. 256a f.; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, Online-
Ausgabe, Stand: 26.02.2008, § 85, Rn. 164). Zum anderen haben sie aufgrund des Zwecks, der Kostendegression bei
steigender Leistungsmenge Rechnung zu tragen als auch den ökonomischen Anreiz zur Ausweitung der
Leistungsmenge zu verringern, auch den Charakter von Honorarbegrenzungsmaßnahmen (vgl. Engelhard, ebd.). Nach
Auffassung der Kammer steht aber angesichts der gesetzgeberischen Vorgaben der Gesetzeszweck der
Kalkulationssicherheit im Vordergrund, insbesondere auch im Hinblick auf eine begrenzte Gesamtvergütung bei
insgesamt steigenden Leistungsanforderungen.
Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen vom festgesetzten Regelleistungsvolumen rechtfertigen würde, liegt nicht vor.
Der Kläger hat auch keine entsprechenden Gründe vorgetragen.
Nach der Ermächtigung in § 5 Abs. 3 Buchst. d HVV ist der Vorstand ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der
ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen vorzunehmen. Es
kann hier dahinstehen, ob diese Bestimmung eine hinreichende Rechtsgrundlage für eine Ausnahmegenehmigung von
der fallzahlabhängigen Abstaffelung darstellt, da jedenfalls nur eine Änderung der Fallpunktzahlen vorgesehen ist.
Eine Ausnahmeregelung käme jedenfalls nur bei Vorliegen von Sicherstellungsgründen in Betracht. Nach Auffassung
der Kammer liegt aber kein Ausnahmefall vor und musste die Beklagte daher von ihrem Ermessen keinen Gebrauch
machen.
Wann ein solcher Ausnahmefall aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung
vorliegt, wird weder im HVV noch im Beschluss des Bewertungsausschusses noch in den gesetzlichen Regelungen
bestimmt und ist daher durch Auslegung zu konkretisieren.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), von der abzuweichen die Kammer hier keine
Veranlassung sieht, darf der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung, was nach Auffassung der Kammer auch
unter Geltung eines Honorarverteilungsvertrags gilt, außer zu konkretisierenden Bestimmungen, die nicht im voraus
für mehrere Quartale gleichbleibend festgelegt werden können, auch dazu ermächtigt werden, Ausnahmen für sog.
atypische Fälle vorzusehen. Es ist eine typische Aufgabe des Vorstandes, zu beurteilen, ob sog. atypische Fälle die
Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen erfüllen. Dabei beschränkt sich die
Kompetenz des Vorstandes nicht auf die Statuierung von Ausnahmen für "echte Härten", vielmehr müssen sie
generell für atypische Versorgungssituationen möglich sein (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – SozR 3-
2500 § 85 Nr. 31 = MedR 2000, 153, juris Rn. 36; BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr.
27, juris Rn. 23). So hat das BSG eine vom Vorstand getroffene Sonderregelung für spezialisierte Internisten nicht
beanstandet. Die Entscheidung, dass bei den Internisten, die eine Teilgebietsbezeichnung führten und deren spezielle
Leistungen (einschließlich Folgeleistungen) 30 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, diese Leistungen
herausgerechnet werden und dass diejenigen, deren spezialisierte Leistungen sogar 50 % der
Gesamthonoraranforderung ausmachten, gänzlich von der Teilquotierung freigestellt werden, enthalte
Schematisierungen, die nicht als sachwidrig beanstandet werden könnten. Derartige mit scharfen Grenzziehungen
einhergehende Härten seien - wie z.B. auch für Stichtagsregelungen anerkannt - hinzunehmen, solange sie nicht im
Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung willkürlich seien (vgl. BSG, Urt. v.
03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – aaO., Rn. 36). Eine Generalklausel könne z.B. zur Anwendung kommen, wenn sich
überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen
Vertragszahnärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschieden sei.
Die von diesem Zahnarzt bisher behandelten Patienten müssten dann kurzfristig auf andere Zahnarztpraxen
ausweichen, was zwangsläufig zu einer von diesen Praxen nur eingeschränkt steuerbaren Erhöhung der Zahl der dort
behandelten Patienten führen werde. Vergleichbares gelte für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer
zahnärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich
tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriert und deshalb höhere Fallwerte erreiche (vgl.
BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 23). Darauf reagierende Differenzierungen hinsichtlich der
Festlegung der individuellen Bemessungsgrundlage seien nicht nur dann geboten, wenn ihr Unterlassen zur
Existenzgefährdung zahnärztlicher Praxen führen würde. Ein Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass sich auf eine
Verletzung des Gebotes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nur solche Vertrags(zahn)ärzte berufen können, bei
denen die Anwendung der jeweils angegriffenen Honorarverteilungsregelung zu existenzbedrohenden Konsequenzen
führen könnte, ist dem Vertrags(zahn)arztrecht fremd (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 25).
Zur Erweiterung von Praxis- und Zusatzbudgets gemäß Nr. 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen A I., Teil B, EBM
1996 im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs hat das BSG zur Auslegung des Begriffs
"besonderer Versorgungsbedarf" entschieden, dass der besondere Versorgungsbedarf eine im Leistungsangebot der
Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende
Praxisausrichtung voraussetze, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten
Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis habe. Dies erfordere vom Leistungsvolumen her, dass bei dem
Arzt das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem vom Budget erfassten Bereich die Budgetgrenze
übersteige und zudem, dass bei ihm im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant
überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit vorliegt, die zwar allein noch nicht ausreiche, aber immerhin ein Indiz für
eine entsprechende Spezialisierung darstelle (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 80/04 R - SozR 4-2500 §
87 Nr. 12 = GesR 2006, 363, juris Rn. 15 m.w.N.). Zu Erweiterungen der Zusatzbudgets nach den Allgemeinen
Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.3 EBM 1996 hat das BSG ebf. entschieden, dies setze voraus, dass im
Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende
Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich
entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis habe (vgl. BSG, Urt. v. 02.04.2003 - B 6 KA
48/02 - SozR 4-2500 § 87 Nr. 1, juris Rn. 23; BSG, Urt. v. 02.04.2003 – B 6 KA 48/02 R – SozR 3-2500 § 87 Nr. 31,
juris Rn. 26 f.).
Die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Der
Beklagten steht insoweit kein – der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher – Beurteilungsspielraum
zu. Es gelten dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der
Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 26) und der Erweiterung
der Praxis- und Zusatzbudgets (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31).
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es bei Feststellung der Sicherstellungsgründe nicht allein auf die
Versorgung im Umkreis einer Praxis an. Maßgebend für die hier strittige Ausnahmeregelung ist der
Versorgungsschwerpunkt der Praxis. Mit der Erbringung der Leistungen wird zunächst der Bedarf dokumentiert, soweit
eine Fehlabrechnung oder Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen werden kann. Der mit einer Spezialisierung
einhergehende vermehrte Zulauf von Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern kann gerade auch Ausdruck der
Qualität und des Rufs der Praxis sein.
Im vorliegenden Fall sieht die Kammer es jedoch nicht als erwiesen an, dass ein atypischer Sonderfall vorliegt.
Soweit der Kläger vorträgt, es dürfe nicht auf die Fallzahl der Fachgruppe, sondern es müsse auf seine individuelle
Fallzahl abgestellt werden, entbehrt dies einer Rechtsgrundlage. Das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes kann
damit nicht begründet werden. Der Kläger hat gerade nicht substantiiert dargelegt, worin die Praxisbesonderheit liegen
sollte. Allein im Überschreiten der Fallzahlen kann eine solche Praxisbesonderheit nicht gesehen werden. Die
Kammer hält es für zulässig, dass übergroße Praxen entsprechend der Vorgaben des HVV nur noch abgestaffelt
vergütet werden.
Wegen des Fehlens eines Ausnahmetatbestandes kommt es auf eine Ermessensausübung nicht an.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach
den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet
der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert
von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Auszugehen ist von einem geltend gemachten Punktezahlvolumen in Höhe von 300.000 aufgrund der nicht
berücksichtigten Fälle sowie von weiteren ca. 20.000 Punkten aufgrund der abgestaffelten Vergütung zu 75 % pro
Quartal. Dies ergibt pro Quartal ca. 320.000 Punkte zu einem Punktwert von ca. 3,7 Cent. Dies entspricht einem
Honorarvolumen von 11.840,00 EUR. Im Hinblick auf den Bescheidungsantrag ist dieser Betrag zu halbieren, für zwei
Quartale wieder zu verdoppeln. Dies ergab den festgesetzten Wert.