Urteil des SozG Marburg vom 19.01.2011

SozG Marburg: brücke, karies, eingliederung, provisorisch, rka, obergutachten, versorgung, kontrolle, verwaltungsverfahren, datum

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 19.01.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 318/10
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 12/11
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung einer Regressforderung zugunsten der Beigeladenen wegen mangelhafter
prothetischer Versorgung der Patientin C. in Höhe von 921,38 EUR.
Der Kläger ist als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A Stadt zugelassen. Er gliederte
am 29.04.2009 bei der bei der Beigeladenen versicherten Patientin C., geboren 1946, eine Brücke im Bereich der
Zähne 47 bis 45 im Unterkiefer ein. Der Gesamtbetrag für die Leistung betrug 1.382,31 EUR, wovon die Beigeladene
als Zuschuss einen Betrag in Höhe von 563,86 EUR leistete, auf die Versicherte fiel ein Anteil von 814,45 EUR.
Die Versicherte wandte sich unter Datum vom 29.06.2009 an die Beigeladene. Sie trug vor, sie habe am 30.04.2009
ihren Versichertenanteil geleistet. Nach Montage der Brücke habe sie nicht essen und normal sprechen können, weil
diese nicht auf ihren Kiefer angepasst worden sei. Sie habe noch Schmerzen gehabt, weil die Brücke gestört habe.
Der Kläger habe zweimal versucht, nachzubessern, am 04.05.2009 habe er die Brücke herausgenommen. Sie sei an
einer Infektion der Mundschleimhaut erkrankt und habe die Notzahnärztin in Anspruch nehmen müssen. Am
22.05.2009 habe der Kläger ihr eine neue Brücke angepasst. Aber auch diese Brücke habe Mängel gehabt. Die
Zahnfarbe habe nicht gepasst, sie sei aus niedrigem Material gemacht worden. Die Funktionsfähigkeit sei niedrig
gewesen, sie habe eine schlechte Kaustabilität gehabt.
Auf Veranlassung der Beigeladenen erstellte Herr Dr. D. mit Datum vom 23.07.2009 ein Gutachten, indem er zu dem
Ergebnis gelangte, eine klinische Funktionsprüfung zeige Kreuzbiss beiderseits im Seitenzahngebiet. Die Anschlüsse
der Kronen seien nicht zu beanstanden. Der Kontaktpunkt sei einwandfrei. Die Zahnachse stimme. Die Farbe sei
gewählt wie bei der vorhandenen Brücke links, mit der die Patientin zufrieden sei. Ferner veranlasste die Beigeladene
eine Oberbegutachtung durch Dr. E. Dieser gelangte in seinem Obergutachten vom 17.09.2009 nach Untersuchung
der Patientin zu dem Ergebnis, die sondierbare und röntgenologisch nachweisbare Karies mesiolingual am
insuffizienten Kronenrand 47 sei ein Mangel, der nur durch eine Erneuerung der Brücke behoben werden könne.
Zwischen der periapikalen Ostitis und der Sekundärkaries könne im Rahmen dieses Gutachtens ohne Abnahme der
Brücke kein klarer kausaler Zusammenhang hergestellt werden. Die sondierbare Tiefe des Defekts sei gering (unter 2
mm) und entspreche damit einer Karies im frühen Stadium. Die im Vorgutachten erklärte Mängelfreiheit könne aus
seiner Sicht nicht bestätigt werden.
Die Beigeladene machte mit Schreiben vom 20.10.2009 ihren Schaden gegenüber der Beklagten geltend. Sie teilte
mit, die Versicherte habe das Vertrauen zu dem Kläger verloren und den Zahnarzt gewechselt. Sie habe deshalb am
15.10.2009 einen neuen Heil- und Kostenplan bewilligt. Sie mache daher einen Schadensersatzanspruch in Höhe des
gezahlten Kassenanteils von 563,86 EUR sowie die Gutachterkosten von 105,85 EUR und die Kosten des
Obergutachtens in Höhe von 251,94 EUR geltend.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 11.11.2009 einen Regressbetrag in Höhe der von der Beigeladenen geltend
gemachten Kosten fest, insgesamt in Höhe von 921,38 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 24.11.2009 Widerspruch ein. Er habe die Versicherte aufgefordert, sich zur Behandlung
vorzustellen. Das Obergutachten erkenne er nicht an, da es grundsätzlich Mängel in Ausführung und
Schlussfolgerungen habe. Es stehe auch eine zivilrechtliche Auseinandersetzung mit der Patientin im Raume. Die
streitgegenständliche Brücke sei erst provisorisch eingegliedert worden, sodass eine ggf. notwendige Reparatur
möglich sei. Er bestreite vorsorglich jeden Mangel. Er schulde keinen Erfolg. Die Patientin habe sich erstmals am
24.03.2009 in seiner Praxis vorgestellt. Die Brücke habe er am 29.04.2009 eingegliedert. Die letzte Kontrolle habe am
22.05.2009 stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt habe es keine Karies an der Brücke gegeben. Vom Obergutachter sei
ihm dessen Untersuchungstermin am 07.09.2009 nicht bekannt gegeben worden, sodass ihm die Möglichkeit der
direkten Begutachtung genommen worden sei. Es fehlten Fotos von der behaupteten kariösen Stelle. Es seien zwei
weitere Wochen verstrichen gewesen. Das zeige, dass die Karies an der Stelle neu sei. So erkläre sich auch der
Befund des Gutachters Dr. D., der im Juli keine kariöse Stelle am Kronenrand gefunden habe. Erst mit Schreiben der
Beigeladenen vom 29.09.2009 sei ihm der angebliche Mangel erstmals bekannt gegeben worden. Daraufhin habe er
mit Schreiben vom 16.10.2009 die Patientin aufgefordert, sich in seiner Praxis zu melden, um einen Termin zu
vereinbaren. Dieser Aufforderung habe die Patientin nicht Folge geleistet.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2010, dem Kläger am 06.04.2010 zugestellt, den
Widerspruch als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, aufgrund der obergutachterlich festgestellten
Unbrauchbarkeit des Behandlungsergebnisses sei die Patientin berechtigt, den Behandlungsvertrag zu kündigen. Ein
Nachbesserungsrecht entfalle in diesem Fall. Die Patientin sei berechtigt, den Behandler zu wechseln. Es sei
unwahrscheinlich, dass zum Zeitpunkt der Erstbegutachtung keine Karies vorhanden gewesen sei. Darüber hinaus sei
der Zahn 47 devital. Sie finde keine Anhaltspunkte, das Obergutachten fachlich anzuzweifeln.
Der Kläger hat am 03.05.2010 die Klage erhoben. Ergänzend zu seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren trägt er
vor, bis zur letzten Kontrolle am 22.05.2009 sei die Patientin mit seiner Leistung höchst zufrieden und beschwerdefrei
gewesen. Anhaltspunkte für einen kariösen Befall hätten sich zu keinem Zeitpunkt ergeben. Gegen die Feststellung
einer kariösen Vorschädigung durch den Obergutachter spreche bereits die Feststellung des Erstgutachters Dr. D.,
der auch drei Monate nach Eingliederung des Zahnersatzes weder Karies noch mängelbehaftete Kronenrandschlüsse
habe feststellen können. Auch Dr. E. habe lediglich eine Karies im frühen Stadium festgestellt, was ebenfalls nur den
Schluss zulasse, dass die Karies erst nach Begutachtung durch den Erstgutachter aufgetreten sei. Er bezweifle auch
insgesamt die Feststellung des Obergutachters, da er keine Möglichkeit gehabt habe, der Untersuchung beizuwohnen.
Ihm liege auch zwischenzeitlich das von Dr. E. am 07.09.2009 gefertigte Röntgenbild (Zahnfilm) vor, auf der keine
Sekundärkaries erkennbar sei. Dr. E. habe auch nicht die Feststellung einer "zufriedenstellenden" Mundhygiene
verifiziert anhand messbarer Merkmale. Den Zahnersatz habe er, wie im Heil- und Kostenplan angegeben, definitiv
und nicht nur provisorisch eingegliedert. Weil sich die Patientin an Form und Farbgebung der Brücke gestört habe,
habe er die Brücke wieder entfernt und sie, diesmal allerdings als Provisorium, um sie bei evtl. erneuten
Reklamationen wieder entfernen zu können, am 22.05.2009 wieder eingepasst. Die Beigeladene habe er hiervon nicht
in Kenntnis setzen müssen, weil die Folgebehandlung auf dem Kulanzweg erfolgt sei. Streitgegenständlich dürfte nur
das am 22.05.2009 eingesetzte und nach wie vor vorhandene Provisorium sein. Einer Weiterbehandlung habe er sich
nicht verweigert.
Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 11.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
31.03.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den angefochtenen Bescheid. Ergänzend trägt sie vor, die Tatsache, dass Karies im Bereich von
Kronenrändern entstehen könne, sei eine hinreichend bekannte Tatsache. Dass die vom Obergutachter festgestellte
Karies erst nach der Versorgung im April 2009 entstanden sein solle, sei nach zahnmedizinisch-fachlicher
Einschätzung unwahrscheinlich. Die Größe der Karieserkrankung an Zahn 47 auf dem Röntgenbild lasse daraus
schließen, dass die Erkrankung älter als acht Wochen sei. Mangelnde Mundhygiene könne ein entscheidender Faktor
für die Entstehung von Kronenrandkaries sein, hier sei aber die Mundhygiene laut Obergutachten ausreichend
gewesen. Dr. E. habe auch den Mundhygienezustand der Patientin untersucht. Er müsse nicht die vom Kläger
angeführte Klassifizierung verwenden. Zwar treffe es zu, dass man von der Entwicklung von Karies nicht zwingend
darauf schließen könne, dass der Kronenrand nicht exakt gewesen sei (vgl. LG Hannover – 19 O 5370/99 – ArztR
2003, 82 – 83). Herr Dr. E. habe jedoch anhand der Röntgenaufnahme eindeutig festgestellt, dass der Kronenrand an
Zahn 47 insuffizient gewesen sei. Hierin sei der eigentliche Mangel zu sehen. Die Versicherte sei auch zur Kündigung
berechtigt gewesen. Die nunmehr vorgetragene provisorische Eingliederung sei von den Gutachtern nicht erkannt
worden. Dies ändere aber nicht an der Mangelhaftigkeit der ursprünglichen Versorgung.
Die Beigeladene hat sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen. Weiter trägt sie vor, die Karies zeige, dass
ein insuffizienter Kronenrand ein nicht zu tolerierender Fehler bei der Herstellung und Eingliederung eines
Zahnersatzes sei, der zur Gefährdung der Zähne führe. Entgegen der im Heil- und Kostenplan bestätigten
Eingliederung trage der Kläger nunmehr vor, den Zahnersatz nur provisorisch eingegliedert zu haben. Sollte dies der
Fall sein, dann verliere der Kläger schon aus diesem Grund seinen Vergütungsanspruch (LSG Bayern vom 28.11.2001
– L 12 KA 509/99 -). Die nunmehr vorgetragene provisorische Eingliederung vertrage sich nicht mit dem Vortrag des
Klägers, am 22.05.2009 habe der letzte Kontrolltermin stattgefunden und die Patientin sei höchst zufrieden gewesen.
Mit Beschluss vom 05.05.2010 hat die Kammer die Beiladung ausgesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den
Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte
handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Sie konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil die
Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 11.11.2009 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 31.03.2010 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Beklagte ist zuständig. Sie stellt Ansprüche von Ersatzkassen gegen einen Vertragszahnarzt auf Grund
mangelhafter prothetischer oder kieferorthopädischer Leistungen fest (§ 21 Abs. 2 EKV-Z i. d. F. mit Geltung ab
01.01.2005 bzw. § 12 Nr. 6 EKV-Z a. F.) (vgl. BSG, Urt. v. 03.12.1997 – 6 RKa 40/96 – SozR 3-5555 § 12 Nr. 5 =
USK 97149, juris Rdnr. 15 ff. m. w. N.). Ein Antrag ist hierfür nicht erforderlich; die Beklagte kann von Amts wegen
tätig werden.
Voraussetzung für den Anspruch einer Krankenkasse auf Ersatz eines sonstigen Schadens durch einen
Vertragszahnarzt ist die Verletzung einer vertragszahnärztlichen Pflicht, ein hieraus resultierender Schaden sowie ein
schuldhaftes, also zumindest fahrlässiges Verhalten des Vertragszahnarztes (vgl. BSG, Urt. v. 14.03.2001 - B 6 KA
19/00 R – SozR 3-2500 § 106 Nr. 52 = USK 2001-148, juris Rdnr. 15 m. w. N.)
Bei einem Regressanspruch handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der
abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, um eine öffentlich-rechtliche Schadenersatzpflicht des
Vertragszahnarztes wegen mangelhafter Prothetikleistungen aus dem Gesamtzusammenhang des EKV-Zahnärzte.
Der Vorstand der KZVH kann als allgemeine Vertragsinstanz das Rechtsverhältnis durch Verwaltungsakt regeln (vgl.
BSG, Urteil vom 21.04.1993 - 14 a RKa 6/92 - SozR 3 - 5555 § 15 Nr. 1, Seite 7; vom 20.05.1992 - 14 a RKa 9/90 -
SozR 3 - 5555 § 12 Nr. 3, Seite 13). Aus dem aus Rechten und Pflichten bestehenden Kassenzahnarztverhältnis
ergibt sich, dass der Kassenzahnarzt gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, hier der Kläger gegenüber der
Beklagten, verpflichtet ist, durch Einhaltung der Regeln der zahnärztlichen Kunst Vermögensnachteile, die
typischerweise mit solchen Regelverletzungen verbunden sind, vom Versicherungsträger, den Krankenkassen,
abzuhalten (vgl. BSGE 55, 144 = SozR 2200 § 368 RVO Nr. 26; SozR 3 - 5555 § 12 Nr. 1 und 2). Ein
Schadenersatzanspruch setzt voraus, dass der Versicherte aufgrund eines schuldhaft vertragswidrigen Verhaltens
des Zahnarztes zur Kündigung veranlasst worden ist. Hierfür reicht allein die Tatsache, dass eine im Rahmen der
Dienstleistung erbrachte Leistung mit Mängeln behaftet ist, nicht aus, jedoch liegt ein zur Kündigung berechtigendes
schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Zahnarztes dann vor, wenn dessen Arbeitsergebnis vollständig unbrauchbar
und eine Nachbesserung nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.12.1992 -
14 a RK a 43/91 - SozR 3 - 5555 § 9 Nr. 1).
Auszugehen ist zunächst von dem am 29.04.2009 eingegliederten Zahnersatz. Die Kammer geht davon aus, dass der
Kläger diesen Zahnersatz tatsächlich eingegliedert hat und diesen erst anschließend wieder wegen des neu
angefertigten Zahnersatzes entfernt hat. Dies deckt sich insoweit mit dem Vortrag der Patientin im
Verwaltungsverfahren. Von daher hat der Kläger auch zunächst einen Vergütungsanspruch erworben, da er die
Leistung vollständig erbracht hatte und er Mangelfreiheit nicht schuldete.
Mit der Entfernung des am 29.04.2009 eingegliederten Zahnersatzes am 04.05.2009 hat der Kläger allerdings
anerkannt, dass ein Regressanspruch zugunsten der Beigeladenen bestand. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es
sich hierbei um eine "Kulanzleistung" des Klägers gehandelt hat. Mit dem Hinweis auf eine "Kulanzleistung" möchte
der Kläger offensichtlich zum Ausdruck bringen, dass die Eingliederung am 29.04.2009 ohne Verletzung
vertragszahnärztlicher Pflichten erfolgt ist. Mit der Entfernung des eingegliederten Zahnersatzes hat der Kläger aber
anerkannt, dass eine Neuanfertigung erforderlich ist. Zugleich hat sich die Patientin mit einer Nachbehandlung durch
den Kläger einverstanden erklärt. Soweit der Kläger damit auf eine Auseinandersetzung mit der Beklagten und der
Beigeladenen verzichtet, verhindert er auch das bundesmantelvertraglich vereinbarte Gutachterverfahren. Er kann
daher ab dem Zeitpunkt der Entfernung des Zahnersatzes nicht mehr damit gehört werden, es liege keine schuldhafte
Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten vor. Die Entfernung des Zahnersatzes bedeutet das Anerkenntnis der
Verpflichtung zum Schadensersatz durch Neuanfertigung des Zahnersatzes. Im Übrigen hat die Patientin bereits im
Verwaltungsverfahren auf massive Beschwerden bereits nach der Eingliederung des ersten Zahnersatzes
hingewiesen. Sie hat vorgetragen, nach Montage der Brücke habe sie nicht essen und normal sprechen können, weil
diese nicht auf ihren Kiefer angepasst worden sei. Sie habe noch Schmerzen gehabt, weil die Brücke gestört habe.
Der Kläger habe zweimal versucht, nachzubessern, erst dann habe er den ersten Zahnersatz entfernt. Der Vortrag des
Klägers, die Patientin sei mit seiner Leistung bis zur letzten Kontrolle am 22.05.2009 höchst zufrieden und
beschwerdefrei gewesen, steht insofern in völligem Widerspruch zur – kostenlosen – Entfernung des ersten
Zahnersatzes. Dem vermochte die Kammer daher nicht zu folgen. Aber selbst die Richtigkeit des Vortrags unterstellt,
hätte der Kläger ohne zahnmedizinischen Grund den ersten Zahnersatz vorsätzlich zerstört und wäre er nach
allgemeinen Regeln schadensersatzpflichtig.
Der Kläger ist auch zunächst seiner Verpflichtung zum Schadensersatz durch Neuanfertigung des – zweiten –
Zahnersatzes nachgekommen. Die Patientin war aber zum Behandlungsabbruch berechtigt, weil diese Neuanfertigung
unbrauchbar war. Von daher kommt dem Kläger auch kein weiteres Nachbesserungsrecht zu und kommt es nicht
darauf an, dass die Nachbesserung noch nicht abgeschlossen war, sondern der Kläger den Zahnersatz nur
provisorisch eingegliedert hatte, worauf er erst nach Abschluss des gesamten Gutachterverfahrens mit Schreiben
vom 03.12.2009 an die Beklagte hingewiesen hat.
Die Unbrauchbarkeit des – zweiten – Zahnersatzes folgt für die mit einer Zahnärztin und einem Zahnarzt fachkundig
besetzte Kammer aus dem urkundenbeweislich verwertbaren Oberbegutachten des Dr. E. Der von diesem
festgestellte insuffiziente Kronenrand am Zahn 47 führt zur Unbrauchbarkeit des Zahnersatzes. Für die fachkundig
besetzte Kammer war die Feststellung des insuffizienten Kronenrands nachvollziehbar. Der Kronenrand ist eindeutig
zu kurz geraten und bedeckt nicht vollumfänglich den vorpräparierten Zahn. Dies ist für die Kammer unzweifelhaft auf
dem durch Dr. E. angefertigten Röntgenbild zu erkennen. Soweit Dr. D. den insuffizienten Kronenrand nicht angibt, so
kann es für die Kammer daran gelegen haben, dass ihm der Röntgenbefund nicht vorlag und er selbst kein
Röntgenbild angefertigt hat. Allerdings ist der Kronenrand in einem solchen Umfang insuffizient, dass die Kammer
davon ausgeht, dass dies auch ohne Röntgenbild bei gründlicher Untersuchung hätte erkannt werden können. Mit dem
insuffizienten Kronenrand lag jedenfalls ein Behandlungsfehler vor, der nur durch Neuanfertigung behebbar war. Der
Kläger hatte damit keinen weiteren Anspruch auf Nachbesserung. Die Versicherte war berechtigt, die Behandlung
abzubrechen.
Es kommt damit nicht darauf an, ob die Karies bereits bei – provisorischer - Eingliederung des (zweiten) Zahnersatzes
vorhanden war oder ob dieser erst nachträglich entstanden ist.
Das (Erst-)Gutachten des Dr. D. steht der Befundung des Dr. E. nicht entgegen. Hinsichtlich des insuffizienten
Kronenrands hat dies die Kammer bereits dargelegt. Soweit Dr. D. eine Karies nicht festgestellt hat, so kann es sein,
dass diese noch geringer ausgeprägt hat und der Vorgutachter sie deshalb nicht gesehen hat. Allerdings ist die Karies
auf dem ca. sechs Wochen später durch Dr. E. angefertigten Röntgenbild mit einem Umfang von sicherlich 3 mm so
groß, dass kaum anzunehmen ist, dass sie erst in diesem Zeitraum entstanden ist. Wie bereits ausgeführt, kommt es
aber auf den Kariesbefund nicht an. Ebenso wenig war von der Kammer deshalb aufzuklären, ob die Mundhygiene
ausreichend war.
Soweit der Kläger vorträgt, er habe keine Möglichkeit gehabt, der Untersuchung beizuwohnen, so entfällt nicht die
Verpflichtung zum Schadensersatz. Die Beklagte hat den Kläger noch unter Datum vom 25.08.2009 über das
Verfahren vor dem Obergutachter unterrichtet und ihn zur Übersendung der erforderlichen Unterlagen aufgefordert. Es
ist aber nicht ersichtlich, dass an den Kläger eine Terminsmitteilung erging. Insoweit geht die Kammer von dem
Vortrag des Klägers aus, er habe keine Möglichkeit gehabt, der Untersuchung beizuwohnen. Damit ist im Verfahren
vor dem Obergutachter gegen § 23 Abs. 6 EKV-Z verstoßen worden. Danach ist der Untersuchungstermin auch im
Benehmen mit dem Vertragszahnarzt festzulegen und kann er an der Untersuchung teilnehmen. Dieser
Verfahrensverstoß führt, jedenfalls dann, wenn die Fehlerhaftigkeit der Behandlung auch unabhängig von den
Feststellungen des Gutachters durch eigene Anschauung der Kammer anhand eines Röntgenbefunds nachvollzogen
werden kann, aber nicht zur Unbrauchbarkeit der vom Obergutachter festgestellten Mängel. Insbesondere konnte das
Gericht das vom Obergutachter angefertigte Röntgenbild verwerten. Entscheidend kommt es auf die objektive
Fehlerhaftigkeit der Behandlung an. Diese liegt mit dem insuffizienten Kronenrand vor, womit zumindest
Fahrlässigkeit gegeben ist.
Ein Schaden ist eingetreten. dabei ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Schaden nach den abgerechneten
bzw. beanstandeten Leistungen bemisst (vgl. zur Schadenshöhe BSG, Urt. v. 29.11.2006 - B 6 KA 21/06 R – juris
Rdnr. 23 m. w. N.).
Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Es gilt eine vierjährige Verjährungsvorschrift (vgl. BSG, Urt. v. 28.08.1996 - 6
RKa 88/95 - SozR 3-5545 § 23 Nr. 1 = BSGE 79, 97 = NJW 1997, 3116 = USK 96151, juris Rdnr. 16).
Nach allem war der angefochtene Bescheid nicht aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende
Teil trägt die Kosten des Verfahrens.