Urteil des SozG Marburg vom 09.02.2011

SozG Marburg: freiwillige versicherung, erwerb, altersgrenze, krankenversicherung, hochschulreife, stadt, versicherungspflicht, berufsausbildung, beitrittserklärung, krankenkasse

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 09.02.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 6 KR 96/09
Hessisches Landessozialgericht L 8 KR 53/11
Die Beklagte wird unter entsprechender Abänderung ihres Bescheids vom 31.03.2009 in der Gestalt des Teil-
Abhilfebescheids vom 30.07.2009 und des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2009 verpflichtet, ihren Bescheid vom
21.01.2009 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin auch in der Zeit vom 01.04.2009 bis zum 30.09.2010
versicherungspflichtiges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung der Studenten war.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Fortbestand eines Versicherungspflichtverhältnisses der Klägerin in der gesetzlichen
Krankenversicherung der Studenten (KVdS) über den 31.03.2009 hinaus und die damit verbundenen
beitragsrechtlichen Konsequenzen.
Die 1976 geborene Klägerin schloss im Juni 2000 eine Berufsausbildung zur Bürokauffrau bei D. e.V. erfolgreich ab.
Damit erwarb sie zugleich die Aufnahmevoraussetzungen für das Abendgymnasium der X.-Y.-Schule A-Stadt, an dem
sie am 21.06.2006 die allgemeine Hochschulreife erwarb. Am 01.10.2006 nahm sie sodann ein Lehramtsstudium an
der VU.Universität A-Stadt auf, das sie bis heute (als ordentliche Studierende immatrikuliert) fortführt.
Aufgrund ihres Hochschulstudiums war die Klägerin pflichtversichertes Mitglied der Rechtsvorgängerin der Beklagten
in der KVdS. Dies wurde von der Krankenkasse zunächst nur bis zum 30.09.2008 akzeptiert. Im Januar 2009
beantragte die Klägerin auf einem Formblatt zur Einkommensabfrage zugleich eine freiwillige Versicherung bei der
Rechtsvorgängerin der Beklagten. Daraufhin stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Bescheid vom
21.01.2009 rückwirkend ab 01.10.2008 eine freiwillige Mitgliedschaft der Klägerin fest und stellte ihr entsprechende
Beiträge nach der Mindestbemessungsgrundlage in Rechnung. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Mit
anwaltlichem Schreiben vom 20.03.2009 beantragte die Klägerin dann aber, den Bescheid vom 21.01.2009 zu
überprüfen und bei ihr trotz des Überschreitens der Altersgrenze auch für die Folgezeit eine Versicherungspflicht in
der KVdS festzustellen. Dies lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Bescheid vom 31.03.2009 sinngemäß
ab. Die Versicherungspflicht in der KVdS ende grundsätzlich bereits mit der Vollendung des 30. Lebensjahres. Im
Hinblick auf den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife am Abendgymnasium habe man den
Pflichtversicherungszeitraum zugunsten der Klägerin bereits um 2 ½ Jahre verlängert. Eine weitere Verlängerung über
den 30.09.2008 hinaus sei aber nicht möglich.
Gegen diesen Bescheid (der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält) wandte sich die Klägerin in der Folgezeit mit
mehreren Schreiben. Daraufhin wurde seitens der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Teil-Abhilfebescheid vom
30.07.2009 Versicherungspflicht in der KVdS bis zum 31.03.2009 festgestellt. Im Übrigen wurde der Widerspruch der
Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2009 zurückgewiesen. Die Klägerin sei ab 01.04.2009 aufgrund ihrer
Beitrittserklärung vom 15.01.2009 freiwilliges Mitglied der Rechtsvorgängerin der Beklagten gewesen.
Dementsprechend seien ihre Beiträge für den streitgegenständlichen Zeitraum nach § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes
Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zu bemessen. Eine Pflichtversicherung scheide aus, da keine
weiteren Hinderungsgründe erkennbar seien, die einer früheren Aufnahme des Hochschulstudiums entgegengestanden
hätten. Allein die Tatsache, dass die Klägerin ihr Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg erworben hat, rechtfertige
ohnehin kein Abweichen von der gesetzlichen Altersgrenze. Dafür sei es vielmehr nach höchstrichterlicher
Rechtsprechung erforderlich, dass zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr durchgehend Hinderungsgründe für die
Aufnahme des Studiums vorgelegen hätten. Dies sei angesichts der jahrelangen Berufstätigkeit bzw. Arbeitslosigkeit
der Klägerin aber nicht der Fall.
In der Folgezeit stellte die Beklagte (bzw. bis Ende 2009 ihre Rechtsvorgängerin) der Klägerin jeweils die monatlichen
Krankenversicherungsbeiträge als freiwilliges Mitglied nach der Mindestbemessungsgrundlage in Rechnung. Diese
wurden von der Klägerin, die weiterhin von ihrer Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten
ausgeht, nicht (vollständig) beglichen. Auf diese Weise entstand nach Auffassung der Beklagten eine Beitragsschuld
der Klägerin, die mehrfach angemahnt wurde. Mit Bescheid vom 09.08.2010 forderte die Beklagte die Klägerin zur
Zahlung von 1.542,65 Euro bis zum 16.08.2010 auf. Zugleich ordnete sie für den Fall nicht fristgerechter Zahlung an,
dass der Leistungsanspruch der Klägerin ab dem 17.08.2010 ruht. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin,
vertreten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, fristgerecht Widerspruch. Über diesen Widerspruch wurde von der
Beklagten bislang – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden. Einen gegen das Ruhen der Leistungen gerichteten
Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz der Klägerin lehnte die Kammer mit Beschluss vom 06.01.2011 ab (Az.: S 6
KR 132/10 ER).
Zum 01.10.2010 nahm die Klägerin ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auf.
Am 20.11.2009 hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, gegen den Widerspruchsbescheid vom
21.10.2009 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben.
Sie ist der Ansicht, auch die knapp zweijährige Zeit ihrer Berufsausbildung, die Voraussetzung für den Erwerb der
allgemeinen Hochschulreife auf dem Abendgymnasium gewesen ist, rechtfertige eine dementsprechende
Verlängerung ihrer Pflichtversicherung in der KVdS über das vollendete 30. Lebensjahr hinaus. Dies ergebe sich auch
aus dem in eigener Sache ergangenen Urteil der Kammer vom 08.07.2008 (Az.: S 6 KR 38/07).
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter entsprechender Abänderung ihres Bescheids vom 31.03.2009 in der Gestalt
des Teil-Abhilfebescheids vom 30.07.2009 und des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2009 zu verpflichten, ihren
Bescheid vom 21.01.2009 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin auch in der Zeit vom 01.04.2009 bis zum
30.09.2010 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten in der gesetzlichen Krankenversicherung der Studenten
war.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten des vor dem Sozialgericht Marburg unter dem Aktenzeichen S 6 KR 132/10 ER geführten
Eilverfahrens und des vor dem Sozialgericht Marburg unter dem Aktenzeichen S 6 KR 38/07 geführten
Hauptsacheverfahrens der Klägerin gegen ihre frühere Krankenkasse beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte insgesamt. Ferner wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der
Beklagten und die beigezogene Gerichtsakten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der streitgegenständliche Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 31.03.2009 in der Gestalt des Teil-
Abhilfebescheids vom 30.07.2009 und des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2009 war abzuändern, da er bezüglich
des streitgegenständlichen Zeitraums rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat
einen Anspruch gegen die Beklagte auf Aufhebung des sie belastenden Bescheids vom 21.01.2009 und Feststellung,
dass sie in der Zeit vom 01.04.2009 bis zum 30.09.2010 versicherungspflichtiges Mitglied in der gesetzlichen
Krankenversicherung der Studenten war.
Anspruchsgrundlage für die Rücknahme des Bescheids vom 21.01.2009 ist § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch
Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch
nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall
ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist,
der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb zu Unrecht Sozialleistungen nicht erbracht oder Beiträge erhoben
worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat bei Erlass ihres Bescheids vom 21.01.2009 das Recht unrichtig angewandt,
da sie zu Unrecht davon ausgegangen ist, die Klägerin sei freiwillig und nicht pflichtversichert. Tatsächlich lagen
jedoch die Voraussetzungen für eine (vorrangige) Pflichtversicherung der Klägerin im Rahmen der KVdS im
streitgegenständlichen Zeitraum vor. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V. Nach dieser Regelung sind
Studenten bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres
versicherungspflichtig, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind (unabhängig
davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder
zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistung besteht); Studenten nach Abschluss des 14.
Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der
Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer
Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit
rechtfertigen.
Zwar hat die Klägerin, die im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend an einer staatlichen Hochschule
eingeschrieben war, die Altersgrenze von 30 Jahren bereits überschritten. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall für den
gesamten streitgegenständlichen Zeitraum durch persönliche Gründe gerechtfertigt. Insoweit folgt die Kammer in
ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil vom 08.07.2008 – S 6 KR 38/07 – juris nicht der von der Rechtsvorgängerin
der Beklagten ihrer Entscheidung zugrundegelegten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom
23.06.1994 – 12 RK 71/93 – juris. In dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht die These aufgestellt, bei
Absolventen des Zweiten Bildungswegs, die diesen so spät beschritten haben, dass sie erst nach Vollendung des 30.
Lebensjahres mit dem Studium beginnen konnten, sei die Überschreitung der Altersgrenze in der Regel nicht mehr
gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V gerechtfertigt. Dies setze vielmehr voraus, dass bei der betreffenden Person in der
Zeit zwischen etwa der Vollendung des 20. Lebensjahres und dem Beginn des Zweiten Bildungswegs sowie zwischen
dem Abitur im Zweiten Bildungsweg und dem Beginn des Studiums im Wesentlichen durchgehend Hinderungsgründe
vorgelegen haben. Diese enge Auslegung des Ausnahmetatbestands in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V vermag indes nicht
zu überzeugen (ablehnend auch Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 5 Rn. 377, Stand XI/04). Denn ein solches
Verständnis der Norm wird der besonderen Bedeutung nicht gerecht, die der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen für
ein Studium in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs im Gesetzeswortlaut erfahren hat (vgl. auch
Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 23.01.2007 – S 40 KR 179/05 – juris). Diese (auch im vorliegenden Fall gegebene)
Konstellation hat der Gesetzgeber gerade als Regelbeispiel für eine Rechtfertigung des Überschreitens der
Altersgrenze hervorgehoben. Wollte man der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgen, würde dieser
Regelungszweck jedoch verfehlt. Denn der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen für ein Studium auf dem Zweiten
Bildungsweg (einschließlich einer möglicherweise dafür erforderlichen vorangegangenen Berufsausbildung) vermag in
aller Regel den vom Bundessozialgericht für maßgeblich gehaltenen Zehn-Jahres-Zeitraum nicht auszufüllen. Dies
würde dann aber bedeuten, dass entgegen der Intention des Gesetzgebers auch bei Absolventen des Zweiten
Bildungswegs eine Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit in der Regel gerade nicht
gerechtfertigt wäre. Vielmehr müssten andere (in der Art der Ausbildung begründete, familiäre oder sonstige
persönliche) Gründe hinzutreten, die durchgängig einen früheren Studienbeginn verhindert hätten. Ein derartig strenges
Kausalitätserfordernis ist der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V jedoch nach Ansicht der Kammer
nicht zu entnehmen.
An dieser Rechtsprechung hält die Kammer ausdrücklich fest. Zwar hat sie – soweit ersichtlich – kein Gefolge in der
jüngeren obergerichtlichen Rechtsprechung (siehe etwa die Entscheidungen des Landessozialgerichts Berlin-
Brandenburg vom 06.08.2008 – L 9 KR 680/07 und vom 16.02.2009 – L 9 KR 230/06 – juris) oder der aktuellen
Kommentarliteratur gefunden. Dabei werden jedoch in aller Regel keine neuen Argumente für eine enge Auslegung des
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V vorgebracht. Vielmehr wird dort die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kritiklos
übernommen, ohne sich mit der Gegenansicht auseinanderzusetzen.
Ist nach alledem davon auszugehen, dass zur Erfüllung der Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V nicht
durchgängig Hinderungsgründe die Aufnahme eines Studiums unmöglich gemacht haben müssen, so ist im
vorliegenden Fall der Erwerb des Abiturs auf dem Zweiten Bildungsweg für den Studienbeginn nach Vollendung des
30. Lebensjahres und die Fortführung des Studiums im streitgegenständlichen Zeitraum ursächlich geworden. Denn
die Klägerin hat in der Zeit vom 01.02.2004 bis zum 21.06.2006 die Allgemeine Hochschulreife am Abendgymnasium
der X.-Y.-Schule A Stadt erworben. Voraussetzung dafür war eine abgeschlossene Berufsausbildung, die die Klägerin
vom 01.08.1998 bis zum 13.06.2000 bei D. e.V. A-Stadt absolviert hat. Diese Zeiten rechtfertigen eine Verschiebung
der Altersgrenze um die jeweilige Zeitspanne. Nach Ansicht der Kammer ist nicht nur der Zeitraum zu
berücksichtigen, der unmittelbar auf den Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife auf dem Zweiten Bildungsweg
entfällt. Vielmehr sind alle Zeiten anzurechnen, die für den Erwerb des Abiturs erforderlich waren, da diese ursächlich
für den späten Studienbeginn geworden sind. Dies gilt zumindest, wenn es sich dabei – wie hier – durchweg um
Zeiträume nach der Vollendung des 20. Lebensjahres handelt (vgl. zu einer andernfalls drohenden Benachteiligung
von Abiturienten des "Ersten Bildungswegs" LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund geht die
Kammer nicht davon aus, dass ein pauschaler Zeitraum von zehn Jahren nach Erlangung der Hochschulreife auf dem
Zweiten Bildungsweg anzusetzen ist, wie es die Spitzenverbände der Krankenkassen früher empfohlen haben (siehe
dazu auch Gerlach, a.a.O.). Denn eine solche generalisierte Vorgehensweise lässt den Bezug zu den im konkreten
Einzelfall aufgetretenen Hinderungsgründen vermissen. Daher hält es die Kammer für vorzugswürdig, den
maßgebenden Zeitraum um die Dauer der vorliegenden Hinderungszeiten zu verlängern.
Auf Grund ihrer unrichtigen Rechtsanwendung in dem Bescheid vom 21.01.2009 hat die Rechtsvorgängerin der
Beklagten auch zu Unrecht Beiträge erhoben. Die Klägerin war nicht verpflichtet, gemäß § 250 Abs. 2 SGB V Beiträge
zur freiwilligen Krankenversicherung zu tragen, die die Rechtsvorgängerin der Beklagten hier nach Maßgabe des § 240
SGB V berechnet hat. Ein solches Versicherungsverhältnis ist nach dem oben Gesagten nicht zustandegekommen.
Die entsprechende Beitrittserklärung der Klägerin vom 15.01.2009 ist hinfällig geworden, da eine freiwillige
Versicherung nicht in Betracht kommt, soweit bereits ein Pflichtversicherungsverhältnis besteht. Wegen der
Mitgliedschaft in der KVdS durfte die Rechtsvorgängerin der Beklagten gegenüber der Klägerin keine Beiträge
festsetzen, die über den nach § 245 Abs. 1 SGB V maßgebenden Beitragssatz für Studenten hinausgingen. Da dies
jedoch in dem Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 21.01.2009 erfolgt ist, ist dieser, auch nachdem er
zwischenzeitlich unanfechtbar geworden ist, gemäß § 44 Abs. 1 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit
zurückzunehmen. Ein Ermessensspielraum stand der Rechtsvorgängerin der Beklagten insoweit nicht zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).