Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 30.03.2004

OVG NRW: bundesamt, stand der technik, kommission, gemeinde, icao, streuung, entlastung, belastung, flughafen, empfehlung

Oberverwaltungsgericht NRW, 20 D 128/00.AK
Datum:
30.03.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 D 128/00.AK
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des
Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand Die Klägerin ist eine Stadt nordöstlich des Verkehrsflughafens Düsseldorf.
Sie wendet sich gegen Abflugstrecken, die das Luftfahrt-Bundesamt für die Startrichtung
05 des Flughafens über den im Süden ihres Stadtgebiets liegenden Ortsteil Kettwig
gelegt hat. Kettwig wird seit langem sowohl durch Anflüge aus Richtung Nordosten (auf
die Landebahnen 23 L/R) als auch durch Abflüge von den Startbahnen 05 R/L in
Richtung Nordosten betroffen. Die Abflugstrecken in Startrichtung 05 verlaufen
gebündelt etwa 6 nautische Meilen (NM) auf dem Radial 055 des Funkfeuers DUS,
bevor sie sich nach Westen, Norden und Osten verzweigen. Auf den streitigen, nach
Osten weiter- bzw. nach Süden zurückführenden Abflugstrecken GMH und NOR muss
kurz vor Erreichen des Stadtgebiets der Klägerin eine Rechtskurve eingeleitet werden.
Das anschließende Streckensegment verlief ursprünglich südlich der Stadtgrenze von
Kettwig; durch die streitige Änderung ist die normative Ideallinie etwa 300 m nach
Norden und damit auf Kettwiger Gebiet verschoben worden. Bei einer Überprüfung der
Abflugrouten zur geplanten Ermöglichung rechnergestützter Abflüge (GPS/FMS-
Overlay- bzw. NeSS-Verfahren) am Flughafen Düsseldorf stellte die DFS Deutsche
Flugsicherung GmbH (DFS) im Juli 1999 fest, dass die Ideallinie der Verfahren GMH
und NOR nicht eingehalten wurde. Beginnend mit der Einleitung des Kurvenfluges kam
es vielfach zu einem Überschießen der tatsächlichen Flugwege nach Norden und in der
Folge zu einer erheblichen Streuung der Abflugwege; die Durchschnittsflugspur war
deutlich nach Norden verschoben, wodurch der südliche Teil von Kettwig großflächiger
überflogen wurde. Die DFS erarbeitete daraufhin unter Verwendung neuer Vorgaben
der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) für die Berechnung von
Kurvenflügen (Doc 8168- OPS/611 - PANS-OPS) zunächst zwei alternative
Neubeschreibungen der Strecken, die im fraglichen Abschnitt im Wesentlichen mit der
alten Idealspur (so genannte Variante 1 "rot", nach Bereinigung im Anfangssegment als
Variante 3, "hellblau", bezeichnet) identisch waren, zum anderen mit der alten
Durchschnittsflugspur (Variante 2 "grün"). In der für den Flughafen Düsseldorf
1
gebildeten Kommission nach § 32b LuftVG (Fluglärmkommission), der die DFS
Problematik und Alternativen erstmals in einer Sondersitzung am 11. August 1999
vorstellte, konnte über die Wahl der neuen Strecke zunächst keine Einigkeit erzielt
werden. Während die Klägerin und die DFS die Variante 1 favorisierten, forderte die
südlich an die Klägerin angrenzende Gemeinde Heiligenhaus, die an den
Kommissionssitzungen als Gast teilnahm, nachdrücklich, die Durchschnittsflugspur als
neue Idealspur festzulegen, weil jede weitere Südverschiebung des Fluggeschehens für
ihr Gemeindegebiet mit Belastungen über die bisherigen hinaus verbunden sei, die sie
nicht hinnehmen wolle. Nachdem die Klägerin und Heiligenhaus sich auch in direkten
Gesprächen nicht verständigen konnten, arbeitete die DFS eine Variante 4 ("rot") aus,
deren Idealspur im fraglichen Segment zwischen den ursprünglichen Varianten 2 und 3,
etwa 300 m nördlich der alten Idealspur verlief, und die aus ihrer Sicht einen
"akzeptablen Kompromiss für die beteiligten Gemeinden" und "im Interessenausgleich
letztlich die beste Routenführung" darstellte. Die Kommission sprach in ihrer 65. Sitzung
am 23. Februar 2000 eine abschließende Empfehlung zugunsten der Variante 4 aus.
Die Gemeinde Heiligenhaus erklärte dazu, diese Streckenführung sei für sie akzeptabel.
Hingegen hielt die Klägerin entsprechend der Beschlusslage ihrer Gremien an der
Variante 1 (= 3) fest. Mit der 20. Verordnung zur Änderung der 122.
Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung vom 15. Juni 2000 (in Kraft seit
dem 13. Juli 2000) legte das Luftfahrt-Bundesamt in § 3 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 bei
Benutzung der Startbahnen 05 die Abflugstrecken GMH und NOR entsprechend der
Variante 4 fest. Die Klägerin hat hiergegen am 28. September 2000 Klage erhoben. Im
Verlauf des Klageverfahrens ist die 122. Durchführungsverordnung mehrfach geändert
worden; seit dem 4. September 2003 gilt sie in der Fassung der 27.
Änderungsverordnung vom 16. Juli 2003. Die Klägerin macht mit ihrer Klage geltend:
Sie sei klagebefugt, denn die neue Streckenführung verursache in Kettwig unzumutbare
Lärmbeeinträchtigungen und wirke sich damit unmittelbar nachteilig auf dort geplante
Baugebiete und die Situation dortiger Grundstücke aus. Am Messpunkt 14 in Kettwig
würden regelmäßig Werte durch Überflüge von 70 dB(A) und in den Spitzen sogar bis
zu 84 dB(A) registriert. Eine nachvollziehbare Abwägung habe nicht stattgefunden.
Nicht einmal eine Begründung für die Änderung, etwa in Form einer Auflistung der für
und gegen sie sprechenden Gründe, finde sich. Vielmehr habe das Luftfahrt-Bundesamt
die von der DFS vorgeschlagene Änderung "praktisch automatisch", ohne eigene
Überlegungen für verbindlich erklärt. Die DFS habe ihrerseits, soweit ersichtlich, den
Vorschlag der Kommission zugunsten der Variante 4 ohne weitere Prüfung
übernommen. Auch in der Fluglärmkommission habe keine nachvollziehbare
Abwägung stattgefunden; die Kommission habe vielmehr eine politische Entscheidung
getroffen, bei der jedes Mitglied darum bemüht gewesen sei, eigenen Interessen am
effektivsten Geltung zu verschaffen. Jedenfalls seien ihre, der Klägerin, Belange nicht in
eine Abwägung eingestellt worden. Vor allem sei nicht berücksichtigt worden, dass
Kettwig nicht nur Abflügen, sondern in erheblichem Ausmaß auch Landeanflügen
ausgesetzt sei; 85 % aller Landeanflüge verliefen quer über dieses Gebiet. Dabei fielen
die Immissionen der wesentlich tiefer fliegenden Landeanflüge weitaus extremer aus als
diejenigen der Abflüge. Die durch die Festlegung begünstigte Nachbargemeinde
Heiligenhaus- Isenbügel bleibe hingegen von Landeanflügen völlig verschont und habe
auch nur einen Bruchteil der Abflüge zu ertragen. Es erscheine von daher nicht
angängig, die Abflugstrecken weiter nördlich in ihr Kettwiger Stadtgebiet zu verlegen
und damit die dort bestehenden Beeinträchtigungen noch zu intensivieren. Ein
sachgerechter Ausgleich der Interessen beider Gemeinden könne bei Betrachtung der
gesamten Flugbewegungen vielmehr nur dadurch erreicht werden, dass dem Stadtteil
Kettwig keine Belastungen über diejenigen durch Anflüge hinaus aufgebürdet würden.
Mit der Möglichkeit, den früheren Rechtszustand verbindlich festzuschreiben, stehe eine
solche Alternative zur Verfügung. Dass die Anflugbelastung fehlerhaft unberücksichtigt
geblieben sei, belege auch der Umstand, dass ein Vertreter der DFS in der 64. Sitzung
der Fluglärmkommission am 8. Dezember 1999 selbst angeregt habe, diesen Umstand
bei der Neufestlegung in die Bewertung einzubeziehen, dass diese Anregung aber nicht
weiterverfolgt worden sei. Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass die Festlegung der
Abflugverfahren GMH7Z und NOR8Z (früher NOR6Z) von der Startbahn 05R und
GMH1Y und NOR3Y (früher NOR1Y) von der Startbahn 05L in § 3 Abs. 2 Nrn. 3 und 4
der 122. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs- Ordnung in der Fassung der 20.
Änderungsverordnung sie in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte beantragt, die Klage
abzuweisen. Sie hält die Klage für unzulässig, schon weil sich kommunale
Gebietskörperschaften im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung nicht in gleicher
Weise auf eigene Belange berufen könnten wie Privatpersonen. Überdies fehle es der
Klägerin offensichtlich an rechtlicher Betroffenheit; die Lärmsituation habe sich zu ihrem
Vorteil verbessert, kommunale Planungen, auch für übliche Wohnbebauung, würden
nicht vereitelt, und ansonsten sei nachteilig betroffenes Wohneigentum der Klägerin
nicht vorhanden. Die Klage sei aber auch unbegründet. Es treffe nicht zu, dass sich die
Zielrichtung der beklagten Änderung darin erschöpfe, die Gemeinde Heiligenhaus auf
Kosten der Klägerin zu entlasten. An einer Vielzahl von Flughäfen, so auch in
Düsseldorf, habe die Notwendigkeit bestanden, die Flugverfahren sowohl an die
verbesserte Triebwerksleistung moderner Strahlflugzeuge als auch an deren
Ausrüstung mit computergestützten Navigationssystemen (FMS/GPS) anzupassen.
Erklärtes Ziel sei es dabei gewesen, die Idealspuren möglichst unverändert zu lassen,
wo sie sich als sinnvoll erwiesen hätten, und lediglich größere Ungenauigkeiten zu
korrigieren. Da hier unter den beiden unmittelbar betroffenen Gemeinden keine Einigkeit
habe erzielt werden können, habe sie schließlich die Variante 4 erarbeitet, die als beste
unter den denkbaren Alternativen erscheine. Dadurch werde eine engere Bündelung
erreicht und das "Überschießen" der Flugspuren nach Kettwig beseitigt; es trete eine
leichte Verschiebung der Flugspuren in Richtung Isenbügel ein, wo die Flugspuren
allerdings noch im Nordostbereich und damit erträglich blieben. Die von der Klägerin
behauptete erhebliche Verschlechterung der Lärmsituation in Kettwig sei nicht
nachvollziehbar; im Gegenteil ergebe sich eine geringfügige Verbesserung. Die von der
Klägerin genannten Messwerte seien insoweit nicht aussagekräftig, weil die Messstelle
14 ("Kettwig") überwiegend die erheblich lauteren Landeanflüge erfasse. Die
Lärmsituation im Anflugbereich von Kettwig sei zwar unbestritten ungünstig, lasse sich
aufgrund der geographischen Situation aber nicht ändern. Das Gesamtpotenzial der
Belastung sei durch die Streckenverlegung nicht erhöht worden, wie ein Vergleich der
Flugspuraufzeichnungen vor und nach der Änderung zeige. Ein Teil der Abflüge treffe
jetzt Isenbügel, wo allerdings die Betroffenheit durch eine Vielzahl direkter Überflüge
erheblich größer als bei der Klägerin gewesen wäre, wenn der Forderung nach
Festlegung der Variante 1 entsprochen worden wäre. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten und auf die von den Beteiligten überreichten
Karten Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die Klage, über die im Einverständnis
der Beteiligten der Berichterstatter des Senats ohne mündliche Verhandlung
entscheidet (§ 87a Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg. Zulässiger
Klagegegenstand ist weiterhin § 3 Abs. 2 der 122. Durchführungsverordnung zur
Luftverkehrs-Ordnung in der Fassung der 20. Änderungsverordnung. Die dort unter Nrn.
3 und 4 für die Benutzung der Startbahnen des Flughafens Düsseldorf in Richtung 05
festgelegten Abflugverfahren GMH und NOR sind durch die späteren Änderungen der
122. Durchführungsverordnung nicht berührt worden und gelten unverändert. Die Klage
ist als Feststellungsklage zulässig, insbesondere ist die entsprechend § 42 Abs. 2
VwGO erforderliche Klagebefugnis zu bejahen. Die Klägerin wendet sich gegen die
Neuordnung der oben genannten (im zu prüfenden Abschnitt deckungsgleichen)
Abflugverfahren, weil damit im streitigen Streckensegment die früher festgelegten
Idealspuren auf ihr Stadtgebiet hin verschoben worden sind. Allein dies begründet die
Möglichkeit einer Rechtsverletzung, denn kommunale Gebietskörperschaften können
gegen die Festlegung von Flugverfahren, wie gegen überörtliche Entscheidungen im
Übrigen, eine Vernachlässigung ihrer Rechte aus Art. 28 Abs. 2 GG sowie ihres
Eigentums geltend machen. Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 - 9 C 6.02 -,
amtlicher Umdruck S. 11 m.w.N. Eine Verletzung subjektiver Rechte der Klägerin durch
das streitgegenständliche Rechtsverhältnis ist nicht deshalb offensichtlich und nach
jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, weil sich - wie die Beklagte einwendet -
infolge der Neuordnung eine Verbesserung der tatsächlichen Lärmsituation für die
Klägerin ergeben hat. Abgesehen davon, dass eine Beurteilung dieser zwischen den
Parteien streitigen Frage die Sachprüfung in einer dem Sinn einer
Zugangsvoraussetzung für die gerichtliche Sachentscheidung widersprechenden Weise
vorwegnehmen müsste, kann dieser Gedanke jedenfalls dann nicht zum Tragen
kommen, wenn beansprucht wird, dass Belange bei der Entscheidung stärker als
geschehen hätten zu Buche schlagen müssen und eine weitergehende Verbesserung
daher zu Unrecht verwehrt worden sei. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin
wird durch die Entscheidung des Luftfahrt-Bundesamtes nicht in ihren Rechten verletzt.
Die Festlegung der Abflugverfahren durch Rechtsverordnung beruht - wie in der 20.
Änderungsverordnung gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG angegeben - auf der
Ermächtigung des Luftfahrt-Bundesamtes aus § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 2
und 3 LuftVG i.V.m. § 27a Abs. 2 LuftVO. Formelle Fehler, die auf eine Rechtsverletzung
der Klägerin führen könnten, sind dem Luftfahrt-Bundesamt bei der Ausübung der
Verordnungsermächtigung nicht unterlaufen. Insbesondere ist die Klägerin im Vorfeld
der Streckenfestlegung eingehend und ausreichend beteiligt worden, was sie selbst
einräumt. Die DFS, die wie üblich mit der Vorbereitung der Streckenänderungen betraut
war, hat im vorliegenden Fall von der Befugnis des Verordnungsgebers Gebrauch
gemacht, möglicherweise betroffene Dritte (durch Information und Anhörung) in das
Entscheidungsverfahren einzubeziehen. Sie hat dazu in der Fluglärmkommission die in
Betracht kommenden Alternativen einer Neubeschreibung der Strecken und ihre
voraussichtlichen Auswirkungen vorgestellt, eingehend Gelegenheit zur
Meinungsbildung in den politischen Gremien der betroffenen Gemeinden gegeben und
die Ergebnisse in den Entscheidungsprozess einbezogen. Daher kannte die Klägerin,
die - anders als die Gemeinde Heiligenhaus - schon bei Planungsbeginn Mitglied der
Fluglärmkommission war, von vornherein sämtliche Überlegungen und konnte ihre
Auffassung im Verlauf des Verfahrens (August 1999 bis Juni 2000) zur Geltung bringen;
dies hat sie innerhalb und außerhalb der Fluglärmkommission auch getan. Daher war
dem Luftfahrt-Bundesamt als Verordnungsgeber hinlänglich bekannt, dass und aus
welchen Gründen die Klägerin die zunächst als Variante 1 dargestellten Strecken
bevorzugte und daran bis zum Schluss festhielt. Ist die Klägerin mithin in einer Weise
beteiligt worden, die selbst einem formellen Anhörungsrecht genügen würde, so bedarf
keiner Erörterung, welche Folgen das Unterlassen einer Beteiligung für das materielle
Abwägungsergebnis gehabt hätte, obwohl eine Pflicht zur Verfahrensbeteiligung, deren
Verletzung die Änderungsverordnung ohne Rücksicht auf das Entscheidungsergebnis
in der Sache nichtig machen würde, weder im einfachen Recht angeordnet noch aus
Verfassungsrecht herzuleiten ist. Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26. November 2003,
amtlicher Umdruck S. 12 ff., 15 f. Die Klägerin wird durch die angegriffenen
Flugverfahren nicht in einer materiellen Rechtsposition verletzt. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das erkennende Gericht folgt,
unterliegt die Festlegung von Flugverfahren durch Rechtsverordnung des Luftfahrt-
Bundesamtes ungeachtet einer ausdrücklicher Normierung dem rechtsstaatlichen
Abwägungsgebot. Mangels jeglicher Konkretisierung der Abwägungspflicht im
Luftverkehrsgesetz oder in der Luftverkehrs-Ordnung obliegt sie dem Luftfahrt-
Bundesamt allerdings nur im Umfang des rechtsstaatlich für jede Abwägung
unabdingbar Gebotenen. Insofern wirkt sich aus, dass Flugverfahren
flugsicherungsbetriebliche Vorkehrungen in Gestalt von Verkehrsregeln sind, die ganz
vorrangig der sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs im
Instrumentenflugbetrieb verpflichtet sind und bleiben. Dies ergibt sich aus § 27c Abs. 1
LuftVG, aber auch aus dem in § 27a Abs. 1 LuftVO betonten Zusammenhang der
Flugverfahren mit den Flugverkehrskontrollfreigaben nach § 26 LuftVO. Freilich hat das
Luftfahrt-Bundesamt unbeschadet seines primär verkehrsbezogenen
Gestaltungsauftrags sonstige Aspekte der Flugverfahren zu berücksichtigen, soweit sich
dies im Rahmen des flugsicherungsbetrieblich Verantwortbaren bewerkstelligen lässt.
Was Fluglärm angeht, der sich infolge einer beabsichtigten Streckenführung für
Gemeinden und Bevölkerung aufgrund der räumlichen Lärmverteilungseffekte von
Flugverfahren einstellt, wird die Abwägungsentscheidung des Luftfahrt-Bundesamtes
durch § 29b LuftVG geprägt, nach dessen Absatz 2 die Luftfahrtbehörden (das Luftfahrt-
Bundesamt) und die für die Flugsicherung zuständige Stelle "auf den Schutz der
Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken" haben. Schon der Wortlaut
dieser Norm zeigt, dass auch damit kein über das rechtsstaatlich Unabdingbare
hinausführender Auftrag erteilt ist, Flugverfahren unter Lärmgesichtspunkten zu
optimieren, d.h. gerade im Hinblick auf die Verteilung des von dem genehmigten
Flugbetrieb eines Flughafens ausgehenden Lärms. Daher kann die Behörde nach
freiem Ermessen im Einzelfall entscheiden, ob und in welchem Umfang der erhebliche
Verfahrensaufwand in Kauf genommen werden soll, der in aller Regel damit verbunden
ist, Flugverfahren unter allen in Betracht kommenden und regelmäßig nicht vollständig
zu harmonisierenden Gesichtspunkten zu optimieren - etwa im Sinne größtmöglicher
Erkundung und Ausschöpfung ihrer Lärmminderungspotenziale -, obwohl eine
Verpflichtung hierzu nicht besteht. Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2003,
amtlicher Umdruck S. 17 unter Bekräftigung der Ausführungen im Urteil vom 28. Juni
2000 - 11 C 13.99 -, NJW 2000, 3584, 3585; ebenso OVG NRW, Urteil vom 4. März
2002 - 20 D 120/97.AK -, NWVBl. 2003, 95 (nachfolgend: BVerwG, Beschluss vom 16.
Dezember 2002 - 9 B 53.02). Dementsprechend begrenzt ist die Überprüfbarkeit der
luftfahrtbehördlichen Abwägungsentscheidung durch die Verwaltungsgerichte. Diese
kann nicht weiter reichen als bis zur Beantwortung der Frage, ob der gesetzlich
vorgegebene Gestaltungsauftrag, gegebenenfalls unter Einbeziehung eines im
Einzelfall selbst gesetzten Regelungskonzepts, sofern dieses über das Unabdingbare
hinausgeht, gewahrt worden ist. Gerichtlich überprüfbar ist die Festlegung von
Flugverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts daher nur
darauf, ob das Luftfahrt-Bundesamt vom einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen
ist, den gesetzlichen Rahmen erkannt hat und die Lärmschutzinteressen der Betroffenen
in die gebotene Abwägung eingestellt und nicht ohne sachlichen Grund zurückgesetzt
hat. Nach diesen Maßstäben wird die Klägerin nicht in ihrem einklagbaren subjektiven
Recht auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange verletzt. Insoweit ist zunächst
festzustellen, dass weder der von der Klägerin gerügte Abwägungsausfall noch das
gänzliche Ausblenden eines abwägungserheblichen und die Klägerin berührenden
Belangs vorliegt. Aufgrund der vorbereitenden Tätigkeit der DFS und deren Kontakte zur
örtlichen Fluglärmkommission kann schlechthin nicht bezweifelt werden, dass im Sinne
eines Abwägens das Für und Wider der denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten betrachtet
worden ist und die Lärmwirkungen dabei - als durchgängig prägendes Element - mit
vorrangigem Gewicht einbezogen worden sind. Wenn die Klägerin demgegenüber
meint, eine nachvollziehbare Abwägungsentscheidung sei nirgends zu entdecken, so
verkennt sie die Notwendigkeit der Einbeziehung der vorbereitenden
Flugverfahrensplanung der DFS, die in dieser ihr vom Verordnungsgeber im Rahmen
seines Verfahrensgestaltungsermessens übertragenen Funktion von der
Rechtsprechung anerkannt ist. Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 -,
NJW 2000, 3584, 3586; OVG NRW, Urteil vom 4. März 2002, a.a.O. S. 96. Die DFS hat
sich ihrerseits nicht von der Fluglärmkommission abhängig gemacht. Vielmehr hat sie
mit der - aller Meinungsbildung in der Fluglärmkommission vorgelagerten -
Ausarbeitung von Strecken und ihrer Präsentation in der Kommission die Abwägung
und die Beschlussfassung in der Kommission von Anbeginn an gezielt gesteuert. In
dem von ihr vorgezeichneten Rahmen hat sie Anregungen namentlich der betroffenen
Gemeinden aufgegriffen und die bis zum Schluss in einem unvereinbaren Gegensatz
verharrenden Interessenlagen in einem neuen Vorschlag - der Variante 4 - einem
wiederum eigenständigen Ausgleich zugeführt. Durch die fortlaufende Fixierung auf
vorgegebene Varianten entzog sie das Votum der Kommission von vornherein dem von
der Klägerin unterstellten freien - eventuell politisch geprägten - Kräftespiel in der
Fluglärmkommission. Dabei stand, wie schon die oben dargelegte Art der Beteiligung
zeigt, die Klägerin mit ihren Interessen stets selbst - und nicht nur als Mitglied der
Kommission - im Blickfeld der DFS. Von daher ist der Vorwurf, die DFS habe die
Empfehlung der Kommission "ohne weitere Prüfung übernommen", schon in Ansatz
verfehlt; vielmehr ist die Kommission - gerade umgekehrt - dem abschließenden,
abwägend gefundenen Konsensvorschlag der DFS gefolgt. Auch das Luftfahrt-
Bundesamt hat durch die Einbeziehung dieser vorbereitenden Arbeiten in seine
Entscheidung die Abwägung eben nicht unbesehen der Fluglärmkommission
überantwortet und damit aus der Hand gegeben. Ebenso wenig trifft zu, dass das
Luftfahrt-Bundesamt die von der DFS erarbeiteten Strecken gleichsam "automatisch",
d.h. ohne eigene Überzeugungsbildung festgelegt hat. Wenngleich die Erwägungen, die
aus Sicht des Verordnungsgebers letztlich ausschlaggebend waren, nicht dokumentiert
sind, was im Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Änderungsverordnung nicht üblich
war - nicht anders als bei Bundesrechtsverordnung regelmäßig auch sonst -, so
unterliegt doch keinem Zweifel, dass eine Prüfung und Bewertung der Flugverfahren
durch das Luftfahrt- Bundesamt, die den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts
an die Sicherstellung seiner Letztverantwortlichkeit entspricht, vgl. dazu BVerwG, Urteil
vom 28. Juni 2000, a.a.O. S. 3586, stattgefunden hat. Die Alternativen und die
maßgeblichen Erwägungen für die Variante 4 waren dem Luftfahrt-Bundesamt bekannt
und dienten als Grundlage seiner Entscheidung; aus den Kommissionsprotokollen
ergaben sich zudem die wechselseitigen Auffassungen und der Diskussionsstand. Dies
ist aus den Verwaltungsvorgängen ohne weiteres ersichtlich und durch die Schilderung
der Vorgänge durch den Beklagtenvertreter im Erörterungstermin bestätigt worden. Vor
allem die laufenden und intensiven Kontakte zur federführenden Fachgruppe
Verfahrensplanung der DFS, die dem Gericht schon in anderen Verfahren verdeutlicht
worden sind, stellten sicher, dass der Erkenntnis- und Bewertungsprozess von Anfang
an nach den Maßstäben des Verordnungsgebers ablief. Anhaltspunkte dafür, dass sich
das Luftfahrt-Bundesamt gleichwohl als Vollzugsorgan der DFS oder gar für einen
Beschluss der Kommission verstanden oder geriert haben könnte - was nach dem
konkreten Lauf der Dinge ausgesprochen fern liegt -, hat die Klägerin denn auch nicht
aufgezeigt. Dementsprechend zeigen die Verwaltungsvorgänge, dass sich das Luftfahrt-
Bundesamt die Erkenntnisse aus der vorbereitenden Arbeit der DFS maßgeblich
billigend zu eigen gemacht hat. Auch im Übrigen ist ein Abwägungsmangel zulasten der
Klägerin nicht gegeben. Die Beklagte hat mit der streitigen Regelung ein zu billigendes
Ziel verfolgt und dieses auf tauglichem Wege erreicht: Nicht zu kritisieren ist der Anlass
für die Streckenänderung. Das Luftfahrt-Bundesamt bezweckte, durch Neubeschreibung
der Strecken im Zusammenhang mit einer ohnehin anstehenden Einführung GPS/FMS-
gestützter Abflugverfahren einer Fehlentwicklung entgegenzuwirken, die sich gerade in
Befolgung der seinerzeit geltenden normativen Vorgaben ergeben hatte. Denn die
ursprüngliche Beschreibung namentlich der Abflugverfahren GMH und NOR beruhte auf
veralteten Annahmen über die Flugleistungsdaten der am Flughafen Düsseldorf
verkehrenden Luftfahrzeuge, weshalb es bei Einhaltung des vorgeschriebenen
Abdrehpunktes vielfach zu nach Norden überschießenden Flugbahnen und einer
großflächigen Streuung der Überflüge gekommen war. Dass diese Entwicklung von der
Beklagten als Missstand betrachtet wurde, ist ohne weiteres nachvollziehbar, auch
wenn insoweit Sicherheitserwägungen augenscheinlich keine entscheidende Rolle
spielten. Allein die ungesteuerte Verlagerung und unkontrollierbare Ausbreitung von
Lärmereignissen, weg von der - grundsätzlich für sinnvoll erachteten - alten Idealspur
und hin auf das dicht besiedelte südliche Stadtgebiet der Klägerin (bis nördlich der
Ruhr), durfte unter dem von der Beklagten mitzubedenkenden
Lärmschutzgesichtspunkten als Fehlentwicklung von Gewicht betrachtet werden. Mit der
gewählten Neubeschreibung der Abflugstrecken hat die Beklagte eine
Handlungsalternative aufgegriffen, gegen die rechtlich nichts zu erinnern ist. Das gilt
zunächst für das Bemühen, die Flugspuren in Anwendung eines aktuellen Regelwerks
der ICAO mit Vorgaben für die Berechnung von Kurvenradien, vgl. ICAO Doc 8168-
OPS/611: Procedures for Air Navigation Services - Aircraft Operations (PANS- OPS),
Volume II: Construction of visual and instrument flight procedures, möglichst stark auf
einer Ideallinie zu bündeln. Obgleich sich eine Pflicht zur Bündelung, die sie
rechtfertigen würde, weder aus dem deutschen noch aus dem europäischen Recht
herleiten lässt, vgl. dazu Senatsurteil vom 4. März 2002, a.a.O. S. 98, und sich auch
nicht völkervertraglich aus dem vorbezeichneten Dokument der ICAO ergibt - bei diesem
dürfte es sich um eine bloße Empfehlung handeln, deren Beachtung einem
Vertragsstaat des Chicagoer Abkommens allenfalls insoweit abverlangt ist, wie "er es
für durchführbar hält" (vgl. Art. 28 des Abkommens) -, so spricht doch vorliegend nichts
dagegen, und ist auch von der Klägerin nichts vorgebracht worden, dass sich die
Beklagte dieser Vorgaben, die sich eigenen Berechnungsmodellen als überlegen
erwiesen hatten, bediente, um ein billigenswertes Ziel zu erreichen. Tatsächlich ging es
der Beklagten auch nicht um eine unbesehene Befolgung eines ICAO-Regelwerks,
sondern um die Nutzung einer darin enthaltenen, dem Stand der Technik
entsprechenden Bündelungstechnik zur Beherrschung und Verbesserung der - offenbar
auch von der Klägerin - als unerwünscht betrachteten Lärmsituation. Denn erst die
effektive Bündelung von Flugbewegungen auf einem Sollflugweg erlaubt die
Planbarkeit des tatsächlichen Fluggeschehens und die Vorhersehbarkeit der
ausgelösten Lärmbelastung. Mit den Berechnungsvorgaben der ICAO stand daher eine
wirksame Möglichkeit der Abhilfe zur Verfügung. Das Regelungsziel der Neuordnung ist
erreicht worden, und auch, was die Verbesserung der tatsächlichen Situation für die
Klägerin angeht, haben sich die Erwartungen erfüllt: Die Radarspuraufzeichnungen des
Flugwegbeobachtungssystems FANOMOS belegen überzeugend, dass die Flugspuren
infolge der Neuregelung wesentlich stärker als früher um den neuen Sollflugweg
gebündelt sind; der Durchschnittsflugweg der tatsächlichen Abflüge (Ist- Flugspur,
"Average Track") ist auf dem Gebiet der Klägerin der neuen Ideallinie weitgehend
angeglichen. Wenngleich noch eine gewisse Streuung der Flugspuren (auch) nach
Norden zu verzeichnen ist - und der nachvollziehbaren Erläuterung der Beklagten
zufolge aufgrund des Kurvenfluges einstweilen unvermeidbar bleibt -, so ist doch im
Verhältnis zur früher bestehenden Situation eine nicht unbeträchtliche Verminderung
der Belastung durch Abflüge auf dem Gebiet der Klägerin eingetreten. Schon die
Verringerung des Streubereichs der Flugwege im Kurvenbereich hat die durch
Abfluglärm belastete Gesamtfläche von Kettwig sichtlich verkleinert. Zudem ist der
Durchschnittsflugweg nunmehr an die südliche Stadtgrenze verlagert, wodurch sich die
lärmbelastete Fläche deutlich nach Süden zurückgezogen hat. Dort ist ausweislich der
klägerseitig vorgelegten Karten - abgesehen von der Laupendahler Siedlung - kaum
verdichtete Wohnbebauung anzutreffen; die Klägerin besitzt in diesem Bereich lediglich
Wald- bzw. Grünflächen sowie Straßen. Die Verwirklichung der Bebauungspläne am
nördlichen Ufer des Ruhr-Stausees (mit insgesamt 400 Wohneinheiten) wird schließlich
sogar erleichtert; denn das Plangebiet liegt jetzt mehrere 100 m nördlich der
Durchschnittsflugspur und wird nur noch von einzelnen Flugbewegungen vom
nördlichen Rand des Flugerwartungsgebietes berührt. Die Klägerin bezweifelt letztlich
nicht die dargetane Verbesserung der tatsächlichen Lärmsituation; ihr Haupteinwand
zielt vielmehr darauf, das Luftfahrt-Bundesamt sei verpflichtet gewesen, den Sollflugweg
erneut auf die alte Ideallinie (= Variante 1 bzw. 3) festzuschreiben und dadurch eine
weitergehende Entlastung des Kettwiger Stadtbereichs zu bewirken, mindestens habe
es diese Forderung mit fehlerhaften Erwägungen abgelehnt. Auch hiermit dringt die
Klägerin nicht durch: Freilich mag insofern Bedenken wecken, dass die DFS die von der
Klägerin geforderte Lösung ursprünglich nicht nur ausdrücklich in Betracht gezogen,
sondern sie in ihren ersten Stellungnahmen an die Fluglärmkommission sogar als
sinnvollste Lösung dargestellt hat. Dass sie von dieser ursprünglichen Wertung im
Verlauf des Verfahrens - zulasten der Klägerin - abgerückt ist, beruhte indes auf der die
Grundlagen ihrer Ausgangsposition erschütternden Erkenntnis, dass mit der Festlegung
der alten Ideallinie eine erhebliche und erstmalige Neubelastung des Ortsteils Isenbügel
der Gemeinde Heiligenhaus einhergehen würde. Dies offenbarte einen Zielkonflikt mit
dem vom Luftfahrt-Bundesamt generell verfolgten Bemühen, bei Streckenfestlegungen
Neubelastungen nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Beklagte sah sich damit
grundsätzlich vor die Wahl gestellt, sich an der tatsächlich bestehenden Situation zu
orientieren und zulasten der Klägerin die über ihr Gebiet führende Durchschnittsflugspur
(= Variante 2) festzuschreiben oder mit der Festlegung der Variante 3 (= 1) zulasten von
Heiligenhaus-Isenbügel eine gewissermaßen "plangegebene Vorbelastung" aufgrund
der damals noch gültigen normativen Festlegung der alten, faktisch allerdings nicht
beflogenen Ideallinie zu aktivieren. Ein Lärmminderungspotenzial, das die Klägerin
hätte entlasten können, ohne die Gemeinde Heiligenhaus in entsprechendem Umfang
zu belasten, war jedenfalls nicht gegeben. Bei dieser Lage ist es unter keinem der
anzulegenden rechtlichen Maßstäbe zu beanstanden, dass das Luftfahrt-Bundesamt
eine zwischen den Varianten 2 und 3 verlaufende Streckenführung als angemessene
Lärmverteilung zwischen der Klägerin und der Gemeinde Heiligenhaus betrachtet hat.
Denn die Variante 4 verbindet eine Gesamtverbesserung der Lärmsituation mit einer
Entlastung des südlichen Gebietes von Kettwig und einer maßvollen Neubelastung von
Heiligenhaus-Isenbügel, die von ihr als akzeptabel deklariert worden war. Die rechtliche
Billigung der getroffenen Entscheidung gründet darin, dass nach der Rechtsprechung
des erkennenden Gerichts mangels eindeutiger gesetzlicher oder
verordnungsrechtlicher Abwägungsdirektiven bei einer Alternativenwahl innerhalb des
Lärmaspekts grundsätzlich keine zwingende Ableitung einer vorzugswürdigen Lösung
möglich ist. Die Alternativenwahl gehört zum Kern des Gestaltungsauftrags der -
demokratisch legitimierten - Behörde, bei dessen Ausfüllung Dritte oder auch ein Gericht
wegen des Fehlens normativer Aussagen regelmäßig keine überzeugenderen, sondern
nur andere Anworten haben können. Bestehen aber keine Vorgaben, die der
gerichtlichen Kontrolle zugrunde gelegt werden könnten, so haben die Gerichte zu
akzeptieren, dass der Gesetzgeber die letztverantwortliche Entscheidung dem Luftfahrt-
Bundesamt vorbehalten hat, soweit nicht im Einzelfall unsachliche, außerhalb des
behördlichen Gestaltungsspielraums liegende Gründe hervortreten. Vgl. OVG NRW,
Urteil vom 4. März 2000, a.a.O. S. 98. Auch § 29b Abs. 2 LuftVG hilft in solchen Fällen
regelmäßig nicht weiter. Denn es ist eine nachhaltige Besonderheit der hier in Rede
stehenden Abwägung, dass der mit ihr herzustellende Ausgleich weithin nicht zwischen
widerstreitenden Belangen eines "Störers" und eines "Gestörten" zu finden ist, sondern
sich zwischen den prinzipiell gleichgelagerten und deshalb prinzipiell mit gleichem
Gewicht zu veranschlagenden Interessen verschiedener Flughafennachbarn am
Fernhalten von Lärmbeeinträchtigungen von ihren Grundstücken vollzieht. Dabei geht
es insbesondere nicht an, die durch ein neues oder geändertes Flugverfahren
Entlasteten dem "Begünstigten" eines emittierenden Vorhabens gleichzusetzen; denn
die Entlasteten sind, anders als ein Vorhabenträger, nicht Lärmverursacher. Nicht
anders liegen die Dinge im Fall der Klägerin, da nichts dafür spricht, dass sie infolge der
Abflüge - gegebenenfalls im Zusammenspiel mit den von ihr thematisierten Anflügen -
mit unzumutbarem Lärm zu kämpfen hat, sodass es das Luftfahrt-Bundesamt in
Verkennung der Anforderungen aus § 29b Abs. 2 LuftVG abgelehnt haben könnte, durch
weitergehende Verlagerung der Ideallinie nach Süden - also mittels zusätzlicher
Belastung von Isenbügel - Abhilfe zu schaffen. Auch die Klägerin macht eine
unzumutbare Situation nicht geltend. Wie sie selbst hervorhebt, sind die in der
Klageschrift angeführten Lärmwerte für die in Rede stehenden Abflüge nicht
aussagekräftig. Die Werte entstammen der Messstelle 14 (Kettwig, Brederbachstraße 1),
die unterhalb der Anfluggrundlinie der Südbahn (23 L) liegt und daher überwiegend
Pegel der nördlich des in Rede stehenden Gebiets anfliegenden Flugzeuge registriert.
Die Lärmpegel der streitigen Abflüge, die die Klägerin übrigens nur mit einem Bruchteil
(12 %) aller relevanten Überflüge veranschlagt, sind auch nach ihrer Auffassung
keinesfalls mit denjenigen der Anflüge vergleichbar, weil die Abflüge über dem Gebiet
der Klägerin (etwa 8 bis 10 NM nach dem Abheben) eine wesentlich größere Höhe
aufweisen als die von der Messstelle 14 erfassten Anflüge. Zudem treffen die Abflüge
dort, wie ausgeführt, auf eine Besiedlungsstruktur, deren Dichte mit dem Kettwiger
Anflugbereich nördlich der Ruhr nicht annähernd vergleichbar ist. Schon deshalb
bestand für die Beklagte kein hinreichend gewichtiger Anlass zu erwägen, die
Bündelung der Flugspuren wegen der mit ihr zwangsläufig einhergehenden
Verschärfung der Lärmbelastung im Überflugbereich ausnahmsweise - nämlich
abweichend von ihrer generellen Linie - zugunsten der Beibehaltung einer gewissen
Streuung fallenzulassen. Im Übrigen ist erneut zu betonen, dass es mangels normativer
Vorgaben grundsätzlich der Bewertung der Beklagten überlassen bleiben muss, im
Einzelfall zwischen Bündelung und Streuung von Flugbewegungen zu wählen und
damit über die Vorzugswürdigkeit einer Verringerung der lärmbetroffenen Fläche oder
und einer Milderung der Lärmbelastung betroffener Grundstücke (gegebenenfalls bei
Vermehrung ihrer Zahl) zu entscheiden. Es ist hier wie dargelegt unter keinem Aspekt
erkennbar, dass das Spektrum der in diesem Zusammenhang potenziell sachgerechten
Erwägungen überschritten ist. Eine unzumutbare und zudem durch die begehrte
Streckenfestlegung zu mildernde Belastung der Klägerin hatte das Luftfahrt-Bundesamt
ferner auch nicht deshalb einzustellen, weil das Kettwiger Stadtgebiet zusätzlich durch
eine erhebliche Anzahl von Anflügen belastet ist. Die Lage unter den Anfluggrundlinien
stellt sich als von jeher gegebener und als solcher nicht zu verändernder lagebedingter
Nachteil dar. Dieser Nachteil trifft allerdings nicht das von Abflügen betroffene Gebiet
südlich der Ruhr, sondern das Kettwiger Zentrum, das so weit nördlich gelegen ist, dass
ein durch die Lärmeinwirkungen der An- und Abflüge vermittelter Bezug zwischen
beiden Stadtgebieten nicht erkennbar ist. Sowohl die Ideallinie wie die tatsächlichen
Flugspuren weisen aus, dass sich die Streckenführung der Abflüge mit den
Anfluggrundlinien vor Erreichen des Stadtgebiets der Klägerin kreuzen. Es verhält sich
also nicht so, dass dasselbe Gebiet bei Westwindlagen durch Anflüge und bei
Ostwindlagen durch die zu beurteilenden Abflüge mit Lärm beaufschlagt würde.
Vielmehr liegen die Gebiete so weit entfernt voneinander, dass völlig gesonderte
Betroffenheiten vorliegen. Lässt sich aber durch Südverschiebung der in Rede
stehenden Abflugstrecken keine Entlastung für den Anflugbereich bewirken, so fehlte im
Rahmen des rechtsstaatlich Gebotenen jeder zwingende Anknüpfungspunkt für eine
Pflicht des Luftfahrt-Bundesamtes, die Anflugbelastung in ihre Abwägungsentscheidung
einzustellen. Eine solche Erwägung mag in gewissen Fällen ein achtenswertes Motiv
für eine Streckenwahl darstellen - für eine Rechtspflicht des Inhalts, dass einer
Gemeinde zum Ausgleich für lagebedingte Nachteile mögliche Lärmminderungen an
anderer Stelle zugestanden werden müssten, findet sich keine Grundlage. Das gilt erst
recht, wenn die Entlastung wie hier mit der Neubelastung Dritter erkauft werden müsste.
Von daher kann nicht als Indiz für einen Abwägungsmangel genommen werden, dass
das Luftfahrt- Bundesamt der Anflugbelastung der Klägerin kein Gewicht gegeben hat,
obwohl ein Bediensteter der DFS in der 64. Sitzung der Fluglärmkommission angeregt
hat, genau diesen Umstand bei der Alternativenwahl zu berücksichtigen. Ist die
Abwägungsentscheidung mithin objektivierbar vom Bemühen um einen angemessenen
Lärmlastenausgleich getragen, so sind auch im Übrigen Anhaltspunkte dafür, dass die
Wahl gleichwohl aus einer unsachlichen, außerhalb des Rahmens des behördlichen
Gestaltungsauftrags liegenden Motivation heraus getroffen worden ist, nicht geltend
gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO, § 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen
des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.