Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2010

OVG NRW (mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit, gutachten, kläger, veränderung der verhältnisse, gutachter, unfall, verhältnis zu, ursächlicher zusammenhang, begründung, bezug)

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 669/07
Datum:
10.12.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 A 669/07
Tenor:
Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurück-gewiesen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Der Kläger darf
die Voll¬streckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
vollstreck¬baren Betrages ab¬wenden, wenn nicht der Be¬klagte vor der
Voll¬streckung Sicherheit in Höhe des je¬weils zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der 1953 geborene Kläger stand bis zu seiner vorzeitigen Zurruhesetzung wegen
Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats Oktober 1987 als Justizvollzugsbeamter im
Dienst des beklagten Landes. Er erlitt am 13. Oktober 1983 bei einem Dienstgang auf
dem Gelände der Justizvollzugsanstalt H. einen Unfall. In der Meldung hierüber gab
er am 24. Oktober 1983 an, er sei beim Aufsteigen auf ein Fahrrad von der linken
Pedale abgerutscht und seitwärts auf den Boden gefallen. Dabei habe er sich am
rechten Knie verletzt. Der Kläger wurde im X1. -B. -Hospital in H1. medizinisch
behandelt. In dem Bericht des Herrn Dr. T. vom 14. Oktober 1983 ist als Diagnose
eine Prellung des rechten Kniegelenks angegeben. In dem Abschnitt "Befund" ist u.a.
festgestellt: "Steinmann'sches Zeichen negativ".
2
Mit Bescheid vom 13. Dezember 1983 stellte der Präsident des Justizvollzugsamts L.
fest, dass der Kläger sich in Ausübung des Dienstes eine Prellung des rechten
Kniegelenks zugezogen habe, und erkannte den Unfall vom 13. Oktober 1983 als
Dienstunfall an.
3
In den folgenden Jahren stand der Kläger wiederholt wegen seines rechten Knies in
Behandlung. Dabei wurden u. a. zwei Arthroskopien von Prof. Dr. von B1. -X2.
am 29. Februar 1984 und am 19. März 1985 im K. -Hospital in E. -I1.
durchgeführt.
4
Mit Schreiben vom 12. September 1985 stellte der Medizinalreferent bei dem
Regierungspräsidenten E1. gegenüber dem Präsidenten des Justizvollzugsamtes
L. fest, dass der Kläger zur Erfüllung seiner Dienstpflichten ungeeignet sei. Eine
frühere, anderslautende Einschätzung habe auf einem Missverständnis beruht.
5
Im September 1985 kam es – nicht im Zusammenhang mit der Dienstausübung stehend
– zu einer Gelenksperre im rechten Knie, als der Kläger sich aus der Hocke aufrichten
wollte. Hierauf wurde er am 24. September 1985 im N. L1. operiert. Im
ärztlichen Bericht von Herrn Dr. M. wurde die Diagnose "Korbhenkelriß des
Innenmeniskus rechts. Chronische Synovitis" gestellt. Weiter hieß es in dem Bericht:
"Die histologische Begutachtung des eingesandten Operationspräparates ergab:
Degenerative Meniskopathie mit Zeichen lateraler Laceration (Korbhenkelriß)."
6
Im Verfahren zur Feststellung der Dienstfähigkeit des Klägers stellte das
Kreisgesundheitsamt L2. (Dr. S. ) unter dem 10. Dezember 1985 gegenüber dem
Leiter der Justizvollzugsanstalt H. fest, dass der Kläger nicht dienstfähig sei. In dem
Bericht, der auch auf einen weiteren Dienstunfall vom 25. Juli 1983, welcher zu einer
Nervenentzündung im linken Arm geführt hatte, einging, hieß es weiter: "Die
Beschwerden im Bereich des rechten Knies – Korbhenkelriß des Innenmeniskus rechts
und chronische Synovitis mit Reizerguß – bestehen seit dem Dienstunfall vom
13.10.1983, so daß auch hier ein ursächlicher Zusammenhang anzunehmen ist."
7
Im Rahmen der Feststellung, in welchem Maße die Dienstunfähigkeit des Klägers auf
die beiden Dienstunfälle zurückzuführen sei, erstattete der Leitende Oberarzt der
Orthopädischen Abteilung des St. X3. -Spitals in F. , Herr Dr. G. , am 20. Mai
1987 ein Gutachten. Darin stellte er fest, dass sich nach dem Unfall am 13. Oktober
1983 ein Meniskusriss im rechten Knie trotz zweimaliger Arthroskopie nicht habe
diagnostizieren lassen. Erst knapp zwei Jahre später sei es beim Aufrichten aus der
Hocke zu einer korbhenkelförmigen Ablösung des rechten Innenmeniskus gekommen.
Dies habe dann eine Innenmeniskus-Resektion rechts nach sich gezogen. Die
geklagten Beschwerden und der objektive Befund sprächen für eine Chondropathie
bzw. Chondromalazie der Kniescheiben-Rückfläche, die jedoch unfallunabhängig sei.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) infolge des Dienstunfalls vom 13. Oktober
1983 sei auf unter 10 v. H. einzuschätzen.
8
Mit Schreiben vom 12. Juni 1987 teilte das Gesundheitsamt des Kreises L2. (Frau
T1. ) dem Leiter der Justizvollzugsanstalt H. mit, dass die dem Beamten am 10.
Dezember 1985 attestierte dauernde Dienstunfähigkeit auf die am 25. Juli und 13.
Oktober 1983 erlittenen Dienstunfälle zurückzuführen sei. Für den allgemeinen
Arbeitsmarkt ergebe sich eine MdE zwischen 5 und 10 %.
9
Sowohl das Gutachten des Dr. G. als auch das Schreiben vom 12. Juni 1987 wurden
dem Kläger unter dem 25. Juni 1987 übersandt.
10
Mit Bescheid vom 30. Juni 1987 wurde der Kläger unter Bezugnahme auf § 45 Abs. 1
LBG i. V. m. § 36 Abs. 1 BeamtVG (Unfallruhegehalt) mit Ablauf des Monats Oktober
11
1987 in den Ruhestand versetzt. In dem Bescheid heißt es einleitend, dass der Kläger
nach dem Gutachten des Medizinalreferenten bei dem Regierungspräsidenten in
E1. vom 12. September 1985 i. V. mit dem Gutachten des Amtsarztes des
Gesundheitsamtes des Kreises L2. vom 12. Juni 1987 als dauernd dienstunfähig
anzusehen sei. Die dauernde Dienstunfähigkeit sei auf die am 25. Juli 1983 und 13.
Oktober 1983 erlittenen Dienstunfälle zurückzuführen.
Im April 2002 erfolgte eine Resektion des Innenmeniskushinterhorns im rechten
Kniegelenk. Nach einer Bescheinigung des Herrn Dr. L3. – Ärztlicher Direktor der
Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E. – vom 19. April 2002 sei die stationäre
Behandlung aufgrund einer erheblichen Schädigung des Innenmeniskushorns erfolgt.
Diese sei auf eine posttraumatische Gonarthrose nach Verletzung mit
Innenmeniskusläsion 1985 zurückzuführen gewesen. Der damalige Unfall sei als
Dienstunfall anerkannt worden.
12
Mit Schreiben vom 27. Juli 2004 beantragte der Kläger, ihm rückwirkend ab dem
11. März 2002 – Behandlungsbeginn – einen Unfallausgleich zu zahlen. Hierzu legte er
ein orthopädisches Privatgutachten des Herrn Dr. Q. vom Katholischen Klinikum
E. vom 20. Juli 2004 vor. In seiner Beurteilung kam der Gutachter zu dem Ergebnis,
der Verschleißprozess im Bereich des inneren Kniekompartimentes des rechten
Kniegelenks sei als Folge des erlittenen Dienstunfalls vom Oktober 1983 anzusehen
und habe operative Interventionen im September 1985 und im April 2002 notwendig
gemacht. Der Grad der Behinderung für die verschleißbedingten Veränderungen im
Bereich des rechten Kniegelenks als Folge des erlittenen Dienstunfalls vom Oktober
1983 sei mit 30 v. H. zu bewerten.
13
Mit Bescheid vom 28. Februar 2005 lehnte das Landesamt für Besoldung und
Versorgung (LBV) den Antrag ab. Die Zahlung eines Unfallausgleichs auf Grundlage
des Gutachtens des Dr. Q. sei nicht möglich.
14
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 7. März 2005 Widerspruch, der nicht
weiter begründet wurde.
15
Auf Veranlassung des LBV erstellte der Arzt für Orthopädie im Institut für medizinische
Begutachtung, Herr C. , am 21. November 2005 ein fachärztliches Gutachten.
Zusammenfassend gelangte der Gutachter zu der Beurteilung, dass es orientiert an den
verfügbaren Informationen und insbesondere an den Angaben des Klägers selbst
fernliegend erscheine, dass das Ereignis vom 13. Oktober 1983 zu einem
verletzungsbedingten Kniebinnenschaden geführt habe, wenn eine operative
Behandlung des rechten Kniegelenks erst im Jahr 1985 erfolgt sei. Die klinisch
erhobenen Befunde mit im Wesentlichen einer endgradigen Bewegungseinschränkung
des Gelenks und Muskelminderung seien unspezifisch. Sie seien durch die
röntgenologisch zur Darstellung gelangenden, dem Lebensalter mäßig vorauseilenden
Verschleißumformungen des rechten Kniegelenks schlüssig und vollumfänglich erklärt.
16
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2006 wies das LBV den Widerspruch aus den
Gründen des Ausgangsbescheides zurück.
17
Der Kläger hat am 19. April 2006 Klage erhoben, die er unter Bezugnahme auf das von
ihm vorgelegte Gutachten des Herrn Dr. Q. begründet hat.
18
Der Kläger hat beantragt,
19
das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für
Besoldung und Versorgung NRW vom 28. April 2005 und des
Widerspruchsbescheides vom 7. April 2006 zu verpflichten, ihm auf seinen
Antrag vom 27. Juli 2004 ab dem 11. März 2002 einen Unfallausgleich auf
der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v. H. zu
gewähren.
20
Das beklagte Land hat beantragt,
21
die Klage abzuweisen.
22
Zur Begründung hat sich das LBV auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide
bezogen.
23
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird,
hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
es könne nicht festgestellt werden, dass die von dem Kläger als Grundlage seines
Änderungsbegehrens nach § 35 Abs. 3 BeamtVG geltend gemachten Beschwerden in
einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Dienstunfallereignis vom 13. Oktober
1983 stünden. Hierzu hat sich das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die
Gutachten des Dr. G. und des Herrn C. sowie auf den Bericht des Dr. T.
gestützt. Im Gegensatz zu den Ausführungen des Herrn Dr. Q. berücksichtigten
insbesondere die Ausführungen des Herrn C. auch das traumatische Ereignis aus
dem Jahr 1985 und ordneten es in den Kausalverlauf ein.
24
Der Kläger begründet die mit Beschluss des Senats vom 20. August 2008 zugelassene
Berufung u. a. unter Bezugnahme auf das von ihm in Auftrag gegebene weitere
Gutachten des Dr. W. vom 22. Januar 2007 fristgerecht wie folgt:
25
Das Verwaltungsgericht habe die ihm vorgelegten Gutachten einseitig ausgewertet und
untereinander unausgewogen gewichtet. Insbesondere überzeugten die Ausführungen
nicht, wonach die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden nicht in einem
ursächlichen Zusammenhang mit dem Dienstunfall vom 13. Oktober 1983 stünden. So
sei die amtsärztliche Stellungnahme von Dr. S. vom 10. Dezember 1985 nicht
berücksichtigt worden. Dr. S. habe aber einen ursächlichen Zusammenhang zwischen
den Beschwerden im Bereich des rechten Knies und dem Dienstunfall vom 13. Oktober
1983 angenommen. Soweit sich das Gericht wesentlich auf das Gutachten von Dr. G.
vom 20. Mai 1987 gestützt habe, überzeuge dies schon im Ansatz nicht, weil das
Gutachten aus dem Jahr 1987 schon aus Gründen der Sachlogik keine Angaben zu der
hier maßgeblichen Veränderung der Verhältnisse ab dem 11. März 2002 machen
könne. Die Annahme von Dr. G. , die Beschwerden des Klägers beruhten auf einer
Chondropathie bzw. Chondromalazie der Kniescheiben-Rückfläche, die jedoch
unfallunabhängig sei, stehe im Widerspruch zu dem Gutachten von Herrn C. , welcher
aufgezeigt habe, dass die Befunde im Hinblick auf die Kniescheibeninnenflächen
unauffällig seien. Der Gutachter Dr. G. begründe zudem nicht, warum nach seiner
Ansicht die Gründe für die angenommene Chondropathie bzw. Chondromalazie
unfallunabhängig seien. Dr. G. habe weiterhin nicht begründet, warum er aus der
Tatsache, dass ein Meniskusriss bei zweimaliger Arthroskopie nicht habe diagnostiziert
werden können, folgere, dass die seinerzeitigen Beschwerden nicht auf das
26
Unfallereignis vom 13. Oktober 1983 zurückzuführen seien. Nach der Stellungnahme
von Dr. L3. vom 19. April 2002 sei die erhebliche Schädigung des
Innenmeniskushinterhorns auf eine posttraumatische Gonarthrose nach Verletzung mit
Innenmeniskusläsion im Zuge des Dienstunfalls zurückzuführen. Auch der Gutachter Dr.
Q. führe die Notwendigkeit der beiden Operationen in den Jahren 1985 und 2002 auf
den Dienstunfall vom 13. Oktober 1983 zurück. Das Verwaltungsgericht habe zu
Unrecht das Gutachten von Dr. Q. im Wesentlichen mit der Begründung eines
abweichend zu Grunde gelegten Geschehensablaufs unberücksichtigt gelassen.
Entgegen der Darstellung des Gerichts habe sich der Gutachter nämlich sehr wohl auch
mit dem Unfallereignis aus dem Jahr 1985 auseinandergesetzt.
Das den Entscheidungsgründen maßgeblich zu Grunde gelegte Gutachten des Herrn
C. sei grundlegenden Bedenken ausgesetzt. Zunächst bestünden an der
Unparteilichkeit des Gutachters Bedenken. Dieser sei am Institut für medizinische
Begutachtung in F1. tätig. Dieses Institut begutachte ganz überwiegend im Auftrag
von Versicherungsgesellschaften und Behörden. Insoweit bestehe eine wirtschaftliche
Abhängigkeit von den Auftraggebern. Das Gutachten des Herrn C. könne auch nicht
allein die Feststellung eines nicht gegebenen Kausalzusammenhangs stützen, da es in
grundlegendem Widerspruch zu den Gutachten und Stellungnahmen der Dres. Q. ,
W. , S. und L3. stehe. In Übereinstimmung mit dem Gutachten des Dr. W.
sei darauf hinzuweisen, dass das Gutachten des Herrn C. insoweit einen
gravierenden Mangel aufweise, als es bereits vorhandene ärztliche Befund- oder
Behandlungsinformationen nicht einbezogen habe. Zumindest hätte Herr C. die MRT-
Aufnahmen vom rechten Kniegelenk des Klägers vom 30. Januar 2004 auswerten
müssen. Der Gutachter Dr. W. habe zudem verschiedene Fehler in medizinischer
Hinsicht im Gutachten des Herrn C. aufgezeigt. So könne aus der erst zwei Jahre
nach dem Dienstunfall erfolgten Operation nicht geschlossen werden, dass nicht schon
bei dem Dienstunfall ein verletzungsbedingter Kniebinnenschaden entstanden sei.
Dieser stelle keinesfalls eine Indikation zur sofortigen operativen Versorgung dar. Dr.
W. weise zudem zu Recht darauf hin, dass die Aussage von Herrn C. , eine
Teilablösung des Innenmeniskus sei ein Befund typischerweise degenerativer Natur,
wissenschaftlich falsch sei und eine degenerative Veränderung des Innenmeniskus
sowohl verschleißbedingt als auch posttraumatisch verursacht sein könne.
27
Ohne weiteres nachvollziehbar seien die Ausführungen des Dr. W. , dass im Falle
des Klägers ganz klar eine posttraumatische Degeneration infolge der Verletzung vom
13. Oktober 1983 gegeben sei. Das folge aus dem geringen zeitlichen Abstand von
etwa zwei Jahren zwischen der Verletzung und der Operation sowie aus dem damals
mit rund 30 Jahren noch recht jungen Alter des Klägers, welches keine
verschleißbedingten Veränderungen im Bereich der Kniegelenke erwarten lasse.
Fälschlich sei das Verwaltungsgericht auch der Einschätzung des Herrn C. gefolgt,
wonach eine (Teil-) Ablösung des Innenmeniskus als typisch degenerativ bedingtes
Schadensbild eine stattgehabte äußere Einwirkung auf das Kniegelenk, also eine
Traumatisierung, grundsätzlich nicht indiziere. Richtig sei nach den Ausführungen von
Dr. W. hingegen, dass es bei der traumatisch bedingten Meniskusschädigung nicht
um eine äußere Einwirkung auf das Kniegelenk gehe, sondern um eine indirekte
Gewalteinwirkung infolge bestimmter geeigneter Verletzungsmechanismen. Anders als
das Gutachten des Herrn C. beinhalte das Gutachten des Dr. W. auch eine
Zusammenhangsbegutachtung.
28
Der Kläger beantragt,
29
das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des
Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung NRW vom 28.
April 2005 und dessen Widerspruchsbescheides vom 7. April 2006 zu
verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 27. Juli 2004 einen Unfallausgleich
für den Zeitraum ab dem 11. März 2002 auf Grund einer Minderung der
Erwerbsfähigkeit von 30 Prozent zu gewähren.
30
Der Beklagte beantragt,
31
die Berufung zurückzuweisen.
32
Zur Begründung trägt er vor, dass sich Dr. W. lediglich theoretisch mit den
Gutachten von Dr. Q. und Herrn C. auseinandergesetzt habe. Es sei zudem zu
berücksichtigen, dass es für Dr. W. 24 Jahre nach dem Dienstunfall nur schwer
möglich gewesen sei, die Ursächlichkeit für die MdE festzustellen. Ein Anspruch auf
Unfallausgleich werde auch deswegen verneint, weil die MdE zeitnah zum
Unfallgeschehen mehrfach unterhalb von 25 % bewertet worden sei.
33
Mit Beweisbeschluss vom 12. Juni 2009 hat der Senat Herrn Prof. Dr. T2. , Chefarzt
der orthopädischen Abteilung des St. K. -Hospitals in E. , mit der Erstellung
eines fachärztlichen Gutachtens zur Beantwortung der folgenden Fragen beauftragt:
34
a. Ist das am 11. März 2002 vorliegende, das rechte Kniegelenk des Klägers
betreffende Krankheitsbild auf den Dienstunfall vom 13. Oktober 1983
zurückzuführen, bejahendenfalls in welchem (in Prozenten ausgedrückten) Maße
im Verhältnis zu etwaigen anderen mitwirkenden Ursachen?
35
36
b. Wie hoch war der am 11. März 2002 bestehende Grad der Minderung der
Erwerbsfähigkeit nach der körperlichen Beeinträchtigung des Klägers im
allgemeinen Erwerbsleben infolge derjenigen Schädigungen seines rechten
Kniegelenks, welche auf der Grundlage der Feststellungen gemäß Frage a) dem
Dienstunfall vom 13. Oktober 1983 zugerechnet werden können?
37
38
In seinem fachärztlichen Gutachten vom 26. Januar 2010 hat Prof. Dr. T2. im
Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Nach dem Unfallereignis vom 13. Oktober 1983
sei von dem behandelnden Arzt eine Prellung diagnostiziert worden. Bei den zwei
arthroskopischen Untersuchungen am 29. Februar 1984 und am 19. März 1985 sei
ausweislich der ihm vorliegenden OP-Berichte auch bei Untersuchungen mit dem
Tasthaken eine Innenmeniskusverletzung nicht nachweisbar gewesen. Die Ansicht des
Dr. W. , dass das Unfallereignis vom 13. Oktober 1983 eine Meniskopahtie
39
hervorgerufen habe, die schließlich aus geringer Ursache 1985 zum Korbhenkelriss
eines Innenmeniskus geführt habe, sei wissenschaftlich nicht haltbar. Zum
Krankheitsbild der Meniskopathie gehörten degenerative Veränderungen mit Zerstörung
der Grundsubstanz und Knorpelzusammenschlüsse sowie reparative
Bindegewebevernarbungen. Sie trete als Folge ständiger Fehlbelastung durch extreme
Beanspruchung der Kniegelenke auf. Im Ergebnis hielt der Gutachter fest, dass sich das
am 11. Februar 2002 vorliegende, das rechte Kniegelenk des Klägers betreffende
Krankheitsbild nicht auf den Dienstunfall vom 13. Oktober 1983 zurückführen lasse. Der
am 11. März 2002 bestehende Grad der MdE infolge derjenigen Schädigung des
rechten Kniegelenkes, welche auf der Grundlage der Feststellung gemäß Frage a dem
Dienstunfall vom 13. Oktober 1983 zugerechnet werden könne, sei in Anlehnung an das
Gutachten des Herrn Dr. G. aus dem Jahre 1987 unter 10 % anzusetzen.
In Bezug auf dieses Gutachten trägt der Kläger unter Vorlage eines Auszugs aus dem
medizinischen Lehrwerk von C. Thomas, Histopathologie, 14. Aufl. 2006, S. 378 f.,
ergänzend vor, dass im Hinblick auf die Ursachen der Teilablösung des Innenmeniskus
wissenschaftlich gesehen auch eine posttraumatische Degeneration möglich sei. Hierzu
habe der Gutachter nur "lapidar" bemerkt, dass dies wissenschaftlich nicht haltbar sei.
Es sei mit dem Gutachter Dr. W. davon auszugehen, dass der Unfall vom 13.
Oktober 1983 eine Meniskopathie hervorgerufen habe, die schließlich im September
1985 zu einer korbhenkelförmigen Ablösung des rechten Innenmeniskus geführt habe,
als sich der Kläger aus der Hocke habe aufrichten wollen. Folglich sei auch der heutige
Zustand des Kniegelenks als Folge dieser Meniskusverletzung anzusehen.
40
Im Übrigen sei es nicht unwahrscheinlich, dass der Meniskusriss bei den
Kniegelenksspiegelungen am 29. Februar 1984 und am 19. März 1985 übersehen
worden sei. Das gelte insbesondere dann, wenn eine Kniegelenksspiegelung nicht mit
äußerster Sorgfalt durchgeführt werde und wenn hierbei nur eine reine Sichtdiagnostik
vorgenommen werde. Insoweit habe der Gutachter Prof. Dr. T2. auch zutreffend
darauf hingewiesen, dass es sich seinerzeit, Mitte der 80er Jahre, um die Anfänge der
Arthroskopie gehandelt habe. Ein Meniskusriss sei nicht immer deutlich sichtbar, weil
sich das Gewebe zusammenziehe, zumal dann, wenn der Betroffene noch jung sei.
41
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit Bescheid vom 30. Juni 1987
bereits bestandskräftig darüber entschieden habe, dass die gesundheitlichen
Beschwerden einschließlich des im Jahr 1985 operierten Korbhenkelrisses und seiner
Folgen auf den Dienstunfall vom 13. Oktober 1983 zurückzuführen seien. Das folge aus
der Bezugnahme auf die amtsärztliche Stellungnahme vom 12. Juni 1987 in dem
genannten Bescheid. Diese nehme ihrerseits auf die ärztliche Stellungnahme des Dr.
S. vom 10. Dezember 1985 Bezug. Zumindest sei aus diesem Umstand abzuleiten,
dass eine Beweislastumkehr erfolge, sodass der Beklagte nachweisen müsse, dass der
Korbhenkelriss nicht auf den genannten Dienstunfall zurückzuführen sei.
42
Der Sachverständige Prof. Dr. T2. hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
das von ihm zuvor schriftlich erstellte Gutachten erläutert. Bezüglich des Inhalts der
Erläuterungen wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
43
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der Beiakten (10 Hefte) Bezug genommen.
44
Entscheidungsgründe
45
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Bescheid des LBV vom 28. Februar
2005 und der Widerspruchsbescheid vom 7. April 2006 sind rechtmäßig und verletzen
den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen
Anspruch auf den von ihm begehrten Unfallausgleich.
46
Gemäß dem in Anwendung von Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG (bis zu einer – hier
fehlenden – Ersetzung durch Landesrecht) auch für Landesbeamte fortgeltend
anwendbaren § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr.
3 BeamtVG steht einem Beamten, der durch einen Dienstunfall verletzt worden und der
infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate
wesentlich beschränkt ist, ein Unfallausgleich zu. Der Unfallausgleich ist gemäß § 35
Abs. 3 BeamtVG neu festzustellen, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung
maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Die von dem
Kläger im Jahr 2002 geklagten Beschwerden im rechten Knie, welche letztlich zur
operativen Entfernung des rechten Innenmeniskus geführt haben, rechtfertigen nicht die
Annahme, es liege gegenüber der im – einen Unfallausgleich versagenden –
Zurruhesetzungsbescheid vom 30. Juni 1987 in Bezug genommenen amtsärztlichen
Feststellung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit zwischen 5 und 10 %, höchstens
jedoch 10 %, eine wesentliche Änderung in diesem Sinne vor.
47
Das folgt – entgegen der Ansicht des Beklagten – allerdings nicht schon daraus, dass
zeitnah zu dem anerkannten Dienstunfall der Grad der MdE mit jeweils unter 10 %
festgestellt wurde. Richtig ist, dass gemäß Ziff. 35.1.3 der Verwaltungsvorschrift zu § 35
BeamtVG Unfallausgleich nur gewährt wird, wenn die MdE mindestens 25 % beträgt,
was unstreitig zeitnah zum Dienstunfall nicht der Fall war. Allerdings sieht § 35 Abs. 3
Satz 1 BeamtVG eine Neufeststellung des Unfallausgleichs vor, wenn in den
Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche
Änderung eingetreten ist. Nach Ziff. 35.3.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 35 BeamtVG
ist von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse (nur) auszugehen, wenn eine
Minderung oder Erhöhung des Grades der Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v. H.
voraussichtlich länger als sechs Monate anhalten wird oder wenn die Änderung dazu
führt, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit 25 v. H. erreicht – dies macht der Kläger
hier geltend – oder unter diesen Vomhundertsatz sinkt. Diese Regelung verdeutlicht,
dass die Anwendung von § 35 Abs. 3 BeamtVG nicht auf solche Fälle beschränkt ist, die
bereits unmittelbar nach dem Dienstunfall die Mindestgrenze von 25 % erreicht haben,
sondern auch diejenigen Fälle erfasst, in denen erstmalig durch die später erfolgte
wesentliche Veränderung der Verhältnisse der Grenzwert von 25 % erreicht wird.
48
Die Gewährung eines Unfallausgleichs setzt jedoch voraus, dass die gesundheitlichen
Beeinträchtigungen, welche die – ggf. wesentlich geänderte - Minderung der
Erwerbsfähigkeit bedingen, ursächlich auf den Dienstunfall zurückzuführen sind. Nach
den Grundsätzen, die im Dienstunfallrecht zum Nachweis der Ursächlichkeit gelten,
steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der erforderliche Ursachenzusammenhang
von dem insoweit grundsätzlich beweisbelasteten Kläger nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme nicht nachgewiesen ist (I.). Der Senat ist auch nicht gehalten, weiteren
Beweis zu dieser Kausalitätsfrage zu erheben (II.). Eine Beweislastumkehr zugunsten
des Klägers findet nicht statt (III.).
49
I.
50
Die in Rede stehende Ursächlichkeit im Sinne des Dienstunfallrechts setzt einen
spezifischen Ursachenzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem
eingetretenen körperlichen Schaden voraus. Ein solcher Ursachenzusammenhang ist
hier nicht nachgewiesen.
51
Maßgeblich für diese Bewertung ist allein die Betrachtung des Zusammenhangs
zwischen dem Dienstunfall vom 13. Oktober 1983 und dem im September 1985
aufgetretenen Korbhenkelriss. Denn nach den überzeugenden und von den Beteiligten
nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat wäre die dem Korbhenkelriss nachfolgende Entwicklung
der Schädigung im rechten Kniegelenk bis hin zu der im Jahr 2002 erforderlich
gewordenen Hinterhornresektion kausal auf den Dienstunfall vom 13. Oktober 1983
zurückzuführen, wenn der Korbhenkelriss kausal auf diesen Dienstunfall
zurückzuführen wäre. Die danach hier allein nachzuweisende Kausalität des
Dienstunfalles vom 13. Oktober 1983 für den Korbhenkelriss im Jahr 1985 ist nicht
schon durch den Bescheid vom 30. Juni 1987 bestandskräftig anerkannt worden (1.)
und kann zur Überzeugung des Senats auch nicht auf der Grundlage der vorliegenden
gutachterlichen Stellungnahmen angenommen werden (2.).
52
1.
53
Die Ursächlichkeit des Dienstunfalls im Oktober 1983 für den Korbhenkelriss im
September 1985 ist nicht bereits durch den Bescheid vom 30. Juni 1987 bestandskräftig
anerkannt worden und insofern vom Senat nicht ohne weitere Sachprüfung seiner
Entscheidung zugrunde zu legen. In Bestandskraft erwächst nur der Tenor eines
Verwaltungsakts, nicht aber dessen Begründung. Auch in der Begründung etwa
enthaltene präjudizielle Tatsachenfeststellungen sowie rechtliche Beurteilungen
erlangen selbst keine Verbindlichkeit.
54
Vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Aufl. 2010, § 43, Rn.
15, 32; Sachs, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7.
Aufl. 2008, § 43, Rn. 59.
55
Der Bestandskraft zugängliche feststellende Begründungselemente außerhalb des
Bescheidtenors können allenfalls dann vorliegen, wenn es sich bei ihnen um eine
eigene, feststellende Regelung handelt, die im Wege der Auslegung entsprechend §§
133, 157 BGB klar und unmissverständlich den Regelungs- und Rechtsbindungswillen
der Behörde erkennen lässt.
56
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 – 4 C 3.09 –, BVerwGE 135, 209
= juris, Rn. 20 ff.
57
Das ist vorliegend nicht der Fall. Regelungsgegenstand des Bescheids vom 30. Juni
1987 ist – soweit hier von Interesse – ausschließlich die Versetzung des Klägers in den
Ruhestand. Hierauf beschränkt sich die Bestandskraft des Bescheids. Auch wenn der
die Versetzung regelnde Teil des Bescheids nicht wie sonst üblich durch die besondere
Gestaltung des Bescheidtextes abgesetzt ist, wird schon durch die gewählte
Formulierung "Sie werden daher [...] in den Ruhestand versetzt." (Hervorhebung durch
den Senat) deutlich, dass die dieser Regelung vorangestellten Sätze der Begründung
des Verfügungsausspruchs dienen. Die vom Kläger für sich in Anspruch genommene
Feststellung der Ursächlichkeit des Dienstunfalls vom 13. Oktober 1983 für den
58
Korbhenkelriss im September 1985 findet sich zudem nicht ausdrücklich in dem
Bescheid vom 30. Juni 1987 wieder, sondern kann nur unter Zuhilfenahme weiterer
Dokumente erschlossen werden. So ist in dem Bescheid ausdrücklich zunächst nur
ausgeführt, dass der Kläger nach dem Gutachten des Medizinalreferenten bei dem
Regierungspräsidenten in E1. vom 12. September 1985 in Verbindung mit dem
Gutachten des Amtsarztes des Gesundheitsamts des Kreises L2. vom 12. Juni 1987
als dauernd dienstunfähig anzusehen sei. Zwar wird sodann die Feststellung des
erwähnten Gutachtens vom 12. Juni 1987 wiederholt, die dauernde Dienstunfähigkeit
sei auf die "am 25.07.1983 und 13.10.1983 erlittenen Dienstunfälle" zurückzuführen;
diese im Begründungsteil des Bescheides enthaltene Formulierung gibt für die
Annahme einer ausnahmsweise gewollten regelnden Feststellung im Sinne des
Klägers aber schon deshalb nichts her, weil sie gänzlich undifferenziert zwei
Dienstunfälle als ursächlich bezeichnet, welche indes unterschiedliche Körperteile des
Klägers (linker Arm; rechtes Knie) betroffen hatten. Eine Gewichtung zwischen den
beiden angeführten Ereignissen wird zudem nicht vorgenommen. Nur in dem Schreiben
des Medizinalreferenten des Kreises L2. an den Leiter der Justizvollzugsanstalt H.
vom 10. Dezember 1985, welches in dem amtsärztlichen Gutachten vom 12. Juni 1987
in Bezug genommen worden ist, heißt es etwas konkreter, dass die Beschwerden im
Bereich des rechten Knies – Korbhenkelriss des Innenmeniskus rechts und chronische
Synovitis mit Reizerguss – seit dem Dienstunfall vom 13. Oktober 1983 bestünden, so
dass auch hier ein ursächlicher Zusammenhang anzunehmen sei. Verständige
Würdigung des in dem Bescheid vom 30. Juni 1987 zum Ausdruck kommenden
behördlichen Willens führt danach nicht auf den Schluss, die Behörde habe hier
gleichsam durch einen Kettenverweis eine Regelung treffen wollen, die sich allenfalls
erst nach der Kenntnisnahme von zumindest zwei weiteren – dem Bescheid nicht
beigefügten – Dokumenten hätte erschließen können.
2.
59
Als Ursachen im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen
Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen
Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne
anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher
Betrachtungsweise bei dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Der
Ursachenzusammenhang ist nicht schon dann ausgeschlossen, wenn außer dem Unfall
auch andere Umstände (namentlich eine anlage- oder schicksalsbedingte Krankheit
oder ein anderes Unfallereignis) als Ursachen in Betracht kommen. In derartigen Fällen
ist der Dienstunfall vielmehr dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne
anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum
Erfolg (Körperschaden) beigetragen hat oder zumindest annähernd die gleiche
Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt.
Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann auch ein äußeres Ereignis sein, das ein
anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im
Verhältnis zu anderen Bedingungen – zu denen auch die bei Eintritt des äußeren
Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört – eine derart untergeordnete
Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen
Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind.
Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h.
Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienstunfall eine
rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das
anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter
60
Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen
bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben
Erfolg geführt hätte.
Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Oktober 2009 – 2 C
134.07 –, BVerwGE 135, 176 = juris, Rn. 26, und vom 1. März 2007 – 2 A 9.04
–, Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 16 = juris, Rn. 8; Beschluss vom 20. Februar
1998 – 2 B 81.97 –, Schütz BeamtR ES/C II 3.4 Nr. 7 = juris, Rn. 2; OVG
NRW, Urteile vom 15. September 2005 – 1 A 3329/03 –, Schütz BeamtR ES
/A II 5.1 Nr. 90 = juris, Rn. 52, vom 4. November 1999 – 12 A 2174/98 –, juris,
Rn. 47, und vom 3. Mai 1996 – 6 A 5978/94 –, DÖD 1997, 39 = juris, Rn. 10;
BayVGH, Urteil vom 22. April 1998 – 3 B 95.1754 –, juris, Rn. 30;
Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 31. Januar 2008 – 5 LA 23/07 –,
juris, Rn. 5; OVG des Saarlandes, Urteil vom 12. Mai 2005 – 1 R 4/04 –, juris,
Rn. 48.
61
Der Beamte trägt dabei nach den – auch hier geltenden (vgl. zur Frage einer etwaigen
Umkehr der Beweislast unten III.) – allgemeinen Beweisgrundsätzen die materielle
Beweislast für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen. Lässt sich der
volle Beweis ("mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit") für den Dienstunfall,
den Körperschaden oder für die beide verknüpfende Ursächlichkeit nicht erbringen, geht
dies zu Lasten des Beamten. Allerdings kommt bei typischen Geschehensabläufen der
Anscheinsbeweis in Betracht, und zwar in Fällen, in denen ein gewisser Tatbestand
nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und
infolgedessen wegen des typischen Charakters der Geschehensabläufe die konkreten
Umstände des Einzelfalles für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind.
62
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1981 – 2 C 17.81 –, NJW 1982, 1983 =
juris, Rn. 18; Beschluss vom 11. März 1997 – 2 B 127/96 –, juris, Rn. 5; OVG
NRW, Urteil vom 4. November 1999 – 12 A 2174/98 –, juris, Rn. 47; BayVGH,
Beschluss vom 26. November 2004 – 3 B 00.3189 –, juris, Rn. 36.
63
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben steht bei einer Gesamtwürdigung der im Laufe
des Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens erstellten medizinischen
Fachgutachten, ärztlichen Berichte und Stellungnahmen – dabei insbesondere aufgrund
der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme – zur Überzeugung des
Senats fest, dass die Ursächlichkeit des anerkannten Dienstunfalls vom 13. Oktober
1983 für die gegenwärtigen bzw. die seit dem 11. März 2002 bestehenden
gesundheitlichen Beschwerden des Klägers im Bereich des rechten Knies nicht mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann. Auch ist aufgrund
des festgestellten Tatbestands kein typischer Geschehensablauf erkennbar, der die
oben genannten Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises erfüllen könnte. Es ist
deswegen im Ergebnis nicht mit dem rechtlich geforderten Wahrscheinlichkeitsgrad
nachgewiesen, dass das Unfallereignis vom 13. Oktober 1983 wesentliche Ursache im
Rechtssinne für den Korbhenkelriss ist, welcher im September 1985 zu einer operativen
Teilentfernung des Meniskus geführt hat. Der Dienstunfall hat nicht feststellbar
annähernd die Bedeutung für das Entstehen dieses Körperschadens wie sonst in
Betracht kommende Ursachen und dabei namentlich verschleißbedingte (degenerative)
Veränderungen bzw. Krankheitszustände in dem betreffenden Kniegelenk.
64
a)
65
Der Senat folgt insoweit den Ausführungen im Gutachten des Sachverständigen Prof.
Dr. T2. vom 20. Januar 2010 und dessen Erläuterungen in der mündlichen
Verhandlung, die umfassend, in sich schlüssig und überzeugend sind. Dem Gutachten
von Prof. Dr. T2. liegt eine ausführliche Untersuchung des Klägers sowie eine
intensive Auseinandersetzung mit den auch dem Gericht vorliegenden ärztlichen
Berichten, Stellungnahmen und Gutachten – namentlich dem ärztlichen Bericht des Dr.
T. vom 14. Oktober 1983, den ärztlichen Berichten von Prof. Dr. von B1. -X2.
über die von ihm, im zweiten Fall gemeinsam mit Dr. C1. , vorgenommenen
arthroskopischen Eingriffe am 29. Februar 1984 und am 19. März 1985, der
amtsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. vom 10. Dezember 1985, dem ärztlichen
Gutachten des Dr. G. vom 20. Mai 1987, in seiner Urheberschaft irrtümlich dem
zuständigen Chefarzt Dr. I2. zugeordnet, dem Gutachten des Dr. Q. vom 20. Juli
2004, dem Gutachten von Herrn C. vom 21. November 2005 und dem Gutachten des
Dr. W. vom 22. Januar 2007 – zu Grunde. Zu betonen ist, dass der
Sachverständige über die ihm gerichtlicherseits zur Verfügung gestellten Gutachten etc.
hinaus weitere ärztliche Berichte aus seinem Klinikum herangezogen und sogar an
früheren Behandlungen beteiligtes Personal befragt hat, was die Gründlichkeit des
Gutachtens unterstreicht. In der mündlichen Verhandlung hat er seine Ausführungen
zudem noch in einen Zusammenhang mit den Ausführungen des
Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 9. November 2010 gebracht
und behauptete Widersprüche zu weiteren Gutachten und Lehrmeinungen
widerspruchsfrei aufgeklärt.
66
Der Sachverständige kommt in sich schlüssig, überzeugend und durchgreifenden
Einwänden nicht ausgesetzt zu dem Ergebnis, dass die hier maßgebliche
Ursächlichkeit nicht gegeben ist, sondern dass der Korbhenkelriss im Jahr 1985 seine
Grundlage in einem verschleißbedingten Erkrankungsvorgang (degenerative
Meniskopathie) findet. Diese Annahme stützt er zunächst darauf, dass ein
traumabedingter Meniskusriss ohne Vorschädigung nur sehr selten vorkomme, und
dann auch nur bei heftigen Distorsionen, etwa wenn bei einem Fußballer der Fuß durch
feststeckende Stollen fixiert sei und dann durch einen Gegner eine Verdrehung im Knie
erzeugt werde. Einen solchen Vorgang stelle das Hochkommen aus der Hocke,
welches beim Kläger zu dem Korbhenkelriss geführt habe, nicht dar. Hierbei handele es
sich vielmehr um ein alltägliches Ereignis, das bei einem gesunden Meniskus nicht zu
einem Riss führen könne. Es sei auch ausgeschlossen, dass der Korbhenkelriss bei
einem früheren Ereignis entstanden sei. Dieser führe nämlich regelmäßig zu einer
Gelenksperre, die einen sofortigen operativen Eingriff erforderlich mache. Entsprechend
ist es bei dem Kläger im September 1985 nach dem Hochkommen aus der Hocke auch
zu einer Gelenksperre gekommen.
67
Die Annahme einer verschleißbedingten Vorschädigung sieht Prof. Dr. T2. zudem
dadurch bestätigt, dass Prof. Dr. von B1. -X2. aufgrund der Untersuchung vom 19.
März 1985 eine bräunliche Verfärbung des rechten Innenmeniskus festgestellt hat. Nach
der Einschätzung des Sachverständigen ist diese Verfärbung ein sicherer Hinweis auf
eine bestehende Meniskopathie. Insoweit sieht er sich auch durch den ihm in der
mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebrachten ärztlichen Bericht des Dr. M. vom
16. Oktober 1985 bestätigt, welcher nach der operativen Behandlung des
Korbhenkelrisses am 24. September 1985 festgehalten hat, dass die histologische
Begutachtung des eingesandten Operationspräparats eine "degenerative
Meniskopathie im Zeichen lateraler Laceration (Korbhenkelriss)" ergeben hat.
68
Der Sachverständige hat ebenso überzeugend dargestellt, warum er es für
ausgeschlossen hält, dass die beim Kläger nach dem zuvor Gesagten in jedem Fall
schon vor dem Korbhenkelriss im Jahr 1985 bestehende Schädigung des Meniskus auf
den Dienstunfall im Jahr 1983 zurückzuführen sei. Bei der Meniskopathie handele es
sich um eine Stoffwechselerkrankung, der degenerative Veränderungen mit Zerstörung
der Grundsubstanz und Knorpelzusammenschlüssen sowie reparativen
Bindegewebevernarbungen zu Grunde lägen. Diesbezüglich hat er – konfrontiert mit der
anderslautenden Einschätzung des Dr. W. und dem vom Kläger vorgelegten
Auszug aus dem Lehrwerk von C. Thomas (Histopathologie, a. a. O., S. 378, Bl. 278 der
GA) – widerspruchsfrei in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass jedenfalls mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, also in der ganz überwiegenden Zahl der
Fälle, die Meniskopathie nicht durch einen Unfall, sondern in der beschriebenen Weise
ausgelöst werde. Diese Erkenntnis sei die Grundlage für seine Äußerung im
schriftlichen Gutachten gewesen, dass die Annahme einer durch den Dienstunfall
hervorgerufenen Meniskopathie, die in der Folge im Jahr 1985 zum Korbhenkelriss
geführt habe, wissenschaftlich nicht haltbar sei. Vorliegend könne der
unwahrscheinliche Fall einer traumabedingten Meniskopathie auch deswegen
ausgeschlossen werden, weil bei zwei von Prof. Dr. von B1. -X2. durchgeführten
Arthroskopien in den Jahren 1984 und 1985 eine Meniskusverletzung nicht habe
festgestellt werden können.
69
Soweit der Kläger hierzu bemerkt, es sei nicht unwahrscheinlich, dass im Rahmen der
Arthroskopie eine Meniskusläsion übersehen werde, wenn sie nicht mit äußerster
Sorgfalt durchgeführt werde, bewegt er sich im Hinblick auf die mangelnde Sorgfalt im
Bereich der Spekulation. Dafür, dass die zwei durchgeführten Arthroskopien nicht
sorgfältig durchgeführt worden wären, bestehen keine Anhaltspunkte. Die ausführlichen
Berichte über diese operativen Eingriffe, die Prof. Dr. T2. im Rahmen seines
Gutachtens (S. 5 bis 8) zitiert hat, sprechen – im Gegenteil – für eine besondere Sorgfalt.
Es ist dort auch dargelegt, dass entgegen der Darstellung des Klägers nicht nur eine
reine Sichtdiagnostik, sondern jedenfalls im Jahr 1984 auch eine Untersuchung des
Meniskus mit dem Tasthaken negativ verlaufen ist. Die Tasthakenmethode liefert nach
der Darstellung des Sachverständigen zuverlässige Ergebnisse. In der mündlichen
Berufungsverhandlung hat er erläutert, dass diese Methode bis zum heutigen Tage die
sicherste ist, um den Meniskus auf Risse hin zu untersuchen. Wegen der Möglichkeit,
den Meniskus dabei zu bewegen und anzuheben, sei diese Methode auch einer
Kernspinuntersuchung überlegen. Auch kleine Risse würden so sicher festgestellt. Aus
der negativ verlaufenen Tasthakenuntersuchung im Falle des Klägers schließt
Prof. Dr. T2. daher, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung ein Meniskusriss sicher
nicht vorgelegen habe.
70
Gestützt wird diese Bewertung des Sachverständigen durch die Einschätzung von Dr.
G. , wonach die Beschwerden des Klägers auf eine unfallunabhängige
Chondropathie (Knorpelveränderung an der Kniescheibe) zurückzuführen seien. Diesen
Befund stützt Dr. G. nachvollziehbar auf die von ihm angefertigten
Röntgenaufnahmen wie auch die von dem Kläger geklagten Schmerzen.
71
Noch deutlichere Anzeichen für verschleißbedingte Beschwerden finden sich in dem
von Prof. Dr. T2. zitierten Unfallbericht des Prof. Dr. von B1. -X2. an die HUK-
Unfall-Versicherung auf deren Anfrage vom 12. Februar 1986. Danach diagnostizierte
Prof. Dr. von B1. -X2. eine degenerative mediale Meniskopathie und einen
72
leichten Knorpelschaden auf der medialen Schienbeinkopfgelenkfläche rechts, wobei er
betonte, dass bei den von ihm durchgeführten Arthroskopien kein Meniskusschaden
feststellbar gewesen sei. Der Bericht verneinte zudem eindeutige Anzeichen eines
Traumas. Degenerative Veränderungen stünden bei dem Kläger im Vordergrund und
seien erstmalig im Rahmen der Dienstsportausübung im Jahre 1982 bei einer
Beugebeanspruchung (sog. "Entengang") in Erscheinung getreten, die kein eigentliches
Unfallereignis dargestellt habe. Nicht nur die eindeutig auf einen Verschleiß anstatt
einer Traumatisierung hinweisende Diagnose, sondern auch der Hinweis auf das
erstmalige Auftreten entsprechender Beschwerden ein Jahr vor dem Dienstunfall
sprächen deutlich gegen dessen Ursächlichkeit im hier relevanten Sinne. Auch wenn
die zuletzt angesprochenen Beschwerden des Klägers entsprechend seiner
Unfallanzeige vom 24. Oktober 1983 im linken und nicht im rechten Knie aufgetreten
sein sollten, so sind sie jedenfalls ein weiterer Beleg dafür, dass auch im seinerzeitigen
(jungen) Alter des Klägers von 29 Jahren aller Wahrscheinlichkeit nach bereits
Verschleißerscheinungen im Bereich der Kniegelenke vorgelegen haben.
b)
73
Diese Bewertung des gerichtlich beauftragten Sachverständigen wird auch nicht durch
die Gutachten der Dres. Q. , W. und S. erschüttert. Soweit diese nicht schlicht
ohne vertiefende Begründung und damit nicht belastbar behaupten, dass das
Beschwerdebild im Jahr 2002 bzw. der Korbhenkelriss auf den Dienstunfall aus dem
Jahr 1983 zurückzuführen seien, weisen sie bestenfalls auf die – für die Annahme der
Ursächlichkeit nach dem eingangs beschriebenen Maßstab ohnehin nicht genügende –
Möglichkeit der Ursächlichkeit hin. Hierdurch lässt sich aber die entgegenstehende
Ansicht von Prof. Dr. T2. , wonach jedenfalls beim Kläger eine den Korbhenkelriss
bedingende Schädigung des rechten Knies durch den Dienstunfall mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei, schon im Ansatz nicht entkräften.
74
Für das Gutachten des Dr. Q. vom 20. Juli 2004 gilt insoweit: Der Gutachter
beschreibt in seinem Gutachten zunächst aufgrund der Eigenanamnese des Klägers
sowie seiner eigenen orthopädischen Untersuchung den Gesundheitszustand des
Klägers zum Zeitpunkt der Untersuchung. An diese Beschreibung schließt sich die
zusammenfassende Diagnose "Varusgonarthrose rechts bei Zustand nach subtotaler
Innenmeniskusresektion aus dem Jahre 1985 nach einem Dienstunfall vom Oktober
1983 und Hinterhornresektion des verbliebenen Innenmeniskus vom April 2002" an.
Ausführungen zu einem Kausalzusammenhang zwischen dem Gesundheitszustand
zum Zeitpunkt der Untersuchung und den drei genannten Ereignissen in den Jahren
1983, 1985 und 2002 fehlen. Unter dem sich anschließenden Gliederungspunkt II.
("Diskussion der Diagnosen") heißt es dann – ebenfalls ohne weitere Begründung –,
dass die Beschwerden des Klägers "die Folge deutlicher und altersunspezifischer
verschleißbedingter Veränderungen im Bereich des inneren Kniekompartimentes des
rechten Kniegelenkes nach einem Distorsionstrauma im Rahmen eines Dienstunfalls
vom Oktober 1983, nachfolgender subtotaler Innenmeniskusresektion vom September
1985 und Hinterhornresektion vom April 2002" seien. Aus dieser völlig unbegründeten
Aussage lässt sich schon für sich die Annahme der Ursächlichkeit des Dienstunfalls im
Jahr 1983 für die gegenwärtigen Beschwerden nicht herleiten. Das Gutachten ist
insoweit substanzlos. Ihm kann deswegen nicht gefolgt werden. Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Qualität von gerichtlicherseits in
Auftrag gegebenen Gutachten, die auch für die Qualität eines privat veranlassten
Gutachtens Geltung beanspruchen kann, ist ein Gutachten dann nicht als geeignet für
75
die in ihm getroffenen Feststellungen anzusehen, wenn es auch für den nicht
Sachkundigen erkennbare Mängel aufweist. Das gilt insbesondere, wenn es von
unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare Widersprüche
aufweist, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des
Sachverständigen besteht, wenn ein anderer Sachverständiger über bessere
Forschungsmittel verfügt oder wenn es sich um besonders schwierige (medizinische)
Fragen handelt, die umstritten sind.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 – 8 C 15.84 –, BVerwGE 71, 38 =
juris, Rn. 23; Beschlüsse vom 30. Juni 2010 – 2 B 72.09 –, juris, Rn. 5, und
vom 15. Juni 2009 – 2 B 38.09 –, juris, Rn. 7.
76
Weitere erkennbare Mängel können sich auch für den nicht Sachkundigen daraus
ergeben, dass das Gutachten im Hinblick auf die gutachterlich zu treffenden
Feststellungen und ihre Herleitung und Begründung unvollständig ist.
77
Vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 15. Januar 1996 – Bf I 22/94 –,
juris, Rn. 29.
78
Das bedeutet für Fälle, in denen die Ursächlichkeit eines Ereignisses für einen Erfolg
nachzuweisen ist, dass das Gutachten zumindest einen Ursachenzusammenhang
erläutern muss, der die Wirkmechanismen, welche durch den als Ursache
angenommenen Umstand in Gang gesetzt werden, nachvollziehbar beschreibt.
Zugleich sind – soweit nicht die oben angesprochenen Beweiserleichterungen greifen –
vom Gutachter Tatsachen zu benennen, die diesen Ursachenzusammenhang nicht nur
als potentiellen Ablauf, sondern als tatsächliches Geschehen kennzeichnen. Fehlen
dem Gutachten diese Eigenschaften, ist es nicht vollständig und daher zum Nachweis
der getroffenen Feststellungen nicht geeignet. Die sich aus der Vollständigkeit
ergebende Nachvollziehbarkeit der Begutachtung kann auch nicht durch den Hinweis
auf die Sachkunde des Gutachters ersetzt werden. Das Gericht muss sich im Rahmen
des ihm obliegenden Untersuchungsauftrags (§ 86 Abs. 1 VwGO) und unter Beachtung
des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) aufgrund des
Gutachtens eine eigene Überzeugung bilden und ist dabei nicht an die Bewertungen
des Gutachters gebunden.
79
Vgl. Höfling, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl. 2010, §
108, Rn. 68 ff.; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl. 2006,
Rn. 675 ff.
80
Da entsprechende Ausführungen zu den Wirkmechanismen und zu
Anknüpfungstatsachen im Gutachten des Dr. Q. gänzlich fehlen, die im Gutachten
von Prof. Dr. T2. aber mit anderem Ergebnis – wie oben beschrieben – enthalten
sind, kann der Senat dem vom Gutachter gefundenen Ergebnis nicht folgen.
81
Ebenso erläutert Dr. Q. nicht, ob, wie und in welchem Umfang die von ihm
festgestellten "verschleißbedingten Veränderungen" im Bereich des rechten Knies auf
den Dienstunfall zurückzuführen sind und ggf. welchen Anteil ein unfallunabhängiger
Verschleiß an dem Gesundheitszustand einnimmt.
82
Auch aus dem Gutachten des Dr. W. vom 22. Januar 2007 lässt sich die
Ursächlichkeit des Dienstunfalls vom 13. Oktober 1983 nicht herleiten. Denn dieses
83
Gutachten befasst sich in seinem Schwerpunkt damit, Fehler und Unzulänglichkeiten in
dem Gutachten des Herrn C. aufzuzeigen. Damit entspricht der Gutachter auch dem
Gutachtenauftrag, der ausweislich der zu Beginn des Gutachtens genannten
Fragestellung darin bestanden hat, zu prüfen, ob der vom Amtsärztlichen Dienst des
Gesundheitsamtes E. beauftragte Sachverständige, Herr Klaus C. , in seinem
Gutachten vom 21. November 2005 eine zutreffende Bewertung des medizinischen
Sachverhalts vorgenommen hat. Mit dieser Prüfung kann aber allenfalls der Nachweis
gelingen, dass das Gutachten des Herrn C. fehlerhaft oder jedenfalls unbrauchbar ist,
die in ihm enthaltenen Feststellungen zu begründen. Das genügt nach der oben
beschriebenen Beweislastverteilung aber nicht zur Begründung des Anspruchs des
Klägers auf Unfallausgleich.
Aber auch die Passagen des Gutachtens, die sich mit der hier relevanten Frage nach
der Ursächlichkeit befassen, können diese nicht positiv begründen. Soweit der
Gutachter die Aussage des Herrn C. beanstandet, ein durch das Unfallereignis vom
13. Oktober 1983 ausgelöster Kniebinnenschaden sei fern liegend, weil eine operative
Behandlung erst 1985 erfolgt sei, und er hierzu anmerkt, dass ein verletzungsbedingter
Kniebinnenschaden keineswegs eine Indikation zur sofortigen operativen Versorgung
darstelle, kann diese Aussage – ihre Richtigkeit unterstellt – allenfalls die theoretische
Möglichkeit eines bereits 1983 unfallbedingt erlittenen Kniebinnenschadens belegen.
Diese These wird zudem überzeugend durch die bereits dargestellten Ausführungen
von Prof. Dr. T2. entkräftet, wonach ein solcher Schaden bei den Arthroskopien und
der Untersuchung mit dem Tasthaken durch Prof. Dr. von B1. -X2. in den Jahren
1984 und 1985 aufgefallen wäre. Im Übrigen hat Prof. Dr. T2. in der mündlichen
Verhandlung überzeugend dargelegt, dass jedenfalls ein Korbhenkelriss eines
sofortigen operativen Eingriffs bedarf.
84
Soweit Dr. W. im Folgenden auf S. 3 des Gutachtens ausführt, es müsse sich bei
der von Herrn C. angenommenen Degeneration als Ursache der Teilablösung des
Innenmeniskus um die Form der posttraumatischen Degeneration infolge des
Unfallereignisses am 13. Oktober 1983 und nicht um die Form der verschleißbedingten
Degeneration handeln, weil zwischen dem Unfallereignis und der Befunderhebung etwa
zwei Jahre gelegen haben, unterstellt diese Argumentation schlicht die Ursächlichkeit
des Dienstunfalls für die Teilablösung des Innenmeniskus ohne zu erläutern, warum die
andere Form der Degeneration, der Verschleiß, ausgeschlossen sein soll; das schließt
den angeführten Zeitfaktor (zwei Jahre) ein, dessen Bedeutung aus sich heraus nicht
hervortritt. Auch das im Folgenden als weiterer Grund angegebene Alter des Klägers (32
Jahre bei der operativen Teilentfernung des Meniskus im Jahre 1985) sowie seine
Tätigkeit als Sportübungsleiter können weder eine verschleißbedingte Degeneration
ausschließen noch – und darauf kommt es an – die hier relevante Ursächlichkeit des
Dienstunfalls vom 13. Oktober 1983 für den Korbhenkelriss und die nachfolgenden
Entwicklungen im rechten Knie des Klägers positiv begründen. Das gilt umso mehr, als
der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 9. November 2010 einen Auszug aus dem bereits
zitierten medizinisch-wissenschaftlichen Lehrwerk von C. Thomas vorgelegt hat
(Histopathologie, a. a. O., S. 378 Bl. 278 der GA), in dem beschrieben wird, dass eine
primäre – verschleißbedingte – Meniskusdegeneration bereits im dritten
Lebensjahrzehnt, somit ab dem Alter von 20 Jahren, auftreten kann. Auch insoweit gilt
im Übrigen, dass die von dem Gutachter vorgenommene Spekulation über eine
traumatische Ursache im Rahmen des Dienstunfalls nach den Ausführungen von Prof.
Dr. T2. zu der Untersuchung mit dem Tasthaken als widerlegt anzusehen ist.
85
Auch mit der Überlegung, dass eine Traumatisierung eine innere Gewalteinwirkung
infolge bestimmter Verletzungsmechanismen darstelle und dass das Abrutschen vom
Pedal eines Fahrrads ein solcher geeigneter Verletzungsmechanismus sei, ist nichts
darüber gesagt, dass auch im konkreten Fall dieses Abrutschen ursächlich für die zwei
Jahre später festgestellte Teilablösung des Meniskus gewesen ist. Mit der
Einschätzung, dass das Abrutschen von der Pedale ein möglicherweise geeigneter
Mechanismus zur Hervorrufung einer Meniskopathie ist, befindet sich Dr. W. sogar
in Einklang mit den Ausführungen von Prof. Dr. T2. in der mündlichen Verhandlung.
Letzterer konnte aber im direkten Zusammenhang hiermit aufgrund der bereits mehrfach
dargestellten Erwägungen ausschließen, dass es sich im konkreten Fall so verhalten
hat.
86
Das gilt auch, soweit Dr. W. darauf verweist, dass nach dem Unfall Schmerzen an
der für eine solche Verletzung entsprechenden Stelle, dem inneren Kniegelenkspalt
aufgetreten seien. Denn Prof. Dr. T2. hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass es
gerade bei einem verschleißbedingt vorgeschädigten Meniskus selbst bei an sich
ungeeigneten Verletzungsmechanismen zu Schmerzen kommen kann.
87
Auch die Bestätigung, welche der Gutachter Dr. W. in dem Arztbericht von Dr.
L3. vom 19. April 2002 sieht, kann der Senat nicht nachvollziehen. Dr. W. zitiert
insoweit eine Passage aus dem Arztbericht, in welchem in Bezug auf die erhebliche
Schädigung des Innenmeniskushorns – im Jahr 2002 – geäußert wird, dass sich diese
"auf eine posttraumatische Gonarthrose nach Verletzung mit Innenmeniskusläsion 1985
zurückführen" lasse. Der damalige Unfall sei als Dienstunfall anerkannt worden. Dr.
W. bemerkt hierzu recht lapidar, dass Dr. L3. wohl 1983 anstatt 1985 gemeint
haben müsse. Dafür spricht, dass Dr. L3. die Anerkennung als Dienstunfall erwähnt,
welche lediglich in Bezug auf den Unfall im Jahr 1983, nicht aber in Bezug auf
denjenigen im Jahr 1985 erfolgt ist. Bei einer Gesamtbewertung der Aussage erscheint
es aber wesentlich wahrscheinlicher, dass Dr. L3. sehr wohl den Unfall von 1985
gemeint und lediglich die Anerkennung als Dienstunfall falsch zugeordnet hat. Denn es
wäre kaum nachvollziehbar, dass Dr. L3. die hier streitigen Umstände im Rahmen
des Dienstunfalls im Jahr 1983 mit der eher beiläufigen Bemerkung, es sei eine
Verletzung mit Innenmeniskusläsion erfolgt, hat kommentieren wollen, zumal in dem von
ihm genannten Jahr 1985 unstreitig ein Korbhenkelriss diagnostiziert wurde, der zu
einer operativen Teilentfernung des Meniskus geführt hat. Hätte Dr. L3. wirklich den
Dienstunfall aus dem Jahre 1983 gemeint, wäre es unvermeidlich gewesen, daneben
auch auf den Unfall aus dem Jahre 1985 einzugehen. Insbesondere lassen die
Ausführungen von Dr. L3. nicht erkennen, aufgrund welcher Quellen und Methoden
er nach knapp 20 Jahren diese bis heute streitige Feststellung zu dem Unfallereignis im
Jahre 1983 hätte treffen wollen.
88
Keinen Aussagewert zu der hier relevanten Frage der Ursächlichkeit hat ferner die von
Dr. W. auf S. 5 f. des Gutachtens vorgenommene "Zusammenhangsbegutachtung",
in deren Rahmen er vier Punkte anspricht, die nach seiner Ansicht das Ergebnis ("nach
alledem…") belegen, dass "der Zusammenhang zwischen den nach dem Unfall vom 13.
10. 1983 aufgetretenen Beschwerden im rechten Knie und dem genannten
Unfallereignis zu bejahen" sei. Diese Zusammenhangsbegutachtung befasst sich nur
mit den unmittelbar nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden. Sie stellt keinen
Bezug zu dem Unfallereignis im Jahr 1985 und dem seit 2002 bestehenden
Beschwerdebild des Klägers her. So beschreibt der Gutachter die "sofort nach dem
Abrutschen" aufgetretenen Beschwerden. Auch führt er zu der von ihm aufgestellten
89
Voraussetzung der Abwesenheit einer alternativen Erklärung für die nach dem
Dienstunfall aufgetretenen Beschwerden aus, dass eine nicht traumatisch bedingte
Ursache nicht erkennbar sei. Dass dies sehr wohl der Fall ist, hat Prof. Dr. T2. , wie
bereits geschildert, überzeugend dargelegt. Auch der von Dr. W. angenommene
Ausschluss einer Verschleißerscheinung aufgrund des Alters des Klägers ist bereits als
nicht haltbar erläutert worden.
Nach der Zusammenhangsbegutachtung schließt Dr. W. die folgende Passage an:
"Auch die Folgen der Operationen am rechten Knie wie narbige Alteration mit mucoiden
Veränderungen sowie die inzwischen bestehende Gonarthrose 3. Grades sind dem
Unfall zuzurechnen bzw. als typische Folge anzusehen." Eine Begründung hierfür fehlt
indes vollständig. Ebenso wie Dr. Q. macht Dr. W. keine Angaben über
Wirkmechanismen sowie über dem konkreten Ursachenzusammenhang zugrunde
liegende Tatsachen. Diese Passage kann vom Senat daher ebenfalls nicht zugunsten
des Klägers herangezogen werden, zumal sie sich nicht auf die (hier entscheidende)
Frage der Kausalität des Dienstunfalls für gesundheitlichen Beschwerden, welche den
angesprochenen Operationen zugrunde lagen, bezieht.
90
Schließlich liefert die amtsärztliche Stellungnahme des Dr. S. vom 10. Dezember 1985
keine ausreichende Grundlage für die Annahme des hier relevanten
Ursachenzusammenhangs. Dieser Arzt konstatiert zwar, dass die Beschwerden im
Bereich des rechten Knies – Korbhenkelriss des Innenmeniskus rechts und chronische
Synovitis mit Reizerguss – seit dem Dienstunfall vom 13. Oktober 1983 bestünden. Weil
hierfür aber keinerlei Begründung gegeben wird und diese Annahme in deutlichem
Gegensatz zu den vom Sachverständigen im Rahmen seines Gutachtens
nachvollziehbar mitgeteilten Untersuchungsberichten von Prof. Dr. von B1. -X2.
und den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. T2. namentlich in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat steht, kann hieraus nichts durchschlagend
zugunsten des Klägers abgeleitet werden.
91
Nach allem ist der Ursachenzusammenhang zwischen dem Dienstunfall im Jahr 1983
und den seit dem Jahr 2002 bestehenden Beschwerden vom Kläger nicht mit dem
rechtlich geforderten Wahrscheinlichkeitsgrad nachgewiesen. Sonstige für die
Beurteilung dieser Frage möglicherweise relevante Umstände sind nicht zu erkennen
(siehe auch nachfolgend II.).
92
II.
93
Der Senat muss auch keine weiteren Beweise erheben, um den Sachverhalt vertiefend
aufzuklären. Insbesondere muss er nicht entsprechend dem Antrag des Klägers in der
mündlichen Verhandlung durch die Beiziehung des seitens des Marienhospitals in
L1. eingeholten Pathologieberichts sowie durch Beiziehung einer
Sachverständigenbegutachtung des bei der Meniskusoperation gewonnenen Präparats
Beweis darüber erheben, "dass die Meniskusschädigung des Klägers in der Gestalt
einer Rissverletzung nicht erst durch das Ereignis des September 1985 entstanden ist".
94
Das Gericht ist zwar aufgrund seines Untersuchungsauftrags gehalten, bis an die
Grenze des Zumutbaren jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen
Sachverhalts zu unternehmen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits
erforderlich ist.
95
Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2010 – 2 B
72.09 –, juris, Rn. 4; Urteil vom 6. Oktober 1987 – 9 C 12.87 –, Buchholz 310
§ 98 VwGO Nr. 31 = juris, Rn. 10, jeweils m. w. N.
96
Die vom Kläger beantragte weitere Beweiserhebung ist aber im Hinblick auf die hier zu
klärende Frage der Ursächlichkeit von vornherein ungeeignet, Sachdienliches für die
Beantwortung der Streitfrage zu erbringen. Das Vorhandensein von im Jahr 1985
vorhandenen älteren Rissen im Meniskus kann sogar als wahr unterstellt werden, ohne
dass sich daraus der hier relevante Ursachenzusammenhang gerade mit dem
Dienstunfall von Oktober 1983 herstellen ließe. Weder aus dem genannten
Pathologiebericht noch aus einer weiteren Untersuchung des seinerzeit entnommenen
Präparats wird sich ergeben, dass gerade durch diesen bzw. auch nur bei diesem
Dienstunfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine solche
Rissschädigung erfolgt ist. Allenfalls über einen solchen Befund könnte der Kläger aber
den nach der beschriebenen Beweislastverteilung ihm obliegenden Beweis erbringen.
Die Ungeeignetheit der beantragten Beweiserhebung folgt insofern schon daraus, dass
– wie bereits ausführlich geschildert – bei der Tasthakenuntersuchung im Jahr 1984
sicher festgestellt worden ist, dass eine Rissverletzung, auch eine sehr kleine
Schädigung, zu dieser Zeit nicht vorgelegen hat. Dies hat Prof. Dr. T2. gerade auch
im Zusammenhang mit der Erörterung der Möglichkeit der heutigen Untersuchung des
Präparats noch einmal bestätigt. Sollte die von dem Kläger angenommene Feststellung,
dass im Jahr 1985 bereits eine frühere Schädigung des Meniskus in Form eines Risses
zu sehen gewesen sei, tatsächlich das Ergebnis der Untersuchung des Präparats oder
der Inhalt des angesprochenen Pathologieberichts sein, könnte diese Vorschädigung
also – jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach – erst durch ein weiteres Ereignis, das
zeitlich nach der Tasthakenuntersuchung gelegen hätte, entstanden sein. Eine kausale
Verknüpfung mit dem Dienstunfall kann hierdurch nicht gelingen. Das gilt im Übrigen
auch noch aus einem weiteren Grund: So hat Prof. Dr. T2. – angesprochen auf die
Möglichkeit der heutigen Untersuchung des Präparats – überzeugend ausgeführt, dass
zwar das Ausmaß der Degeneration zum Unfallzeitpunkt im Jahr 1985 näher bestimmt
werden könnte, es sich aber nicht feststellen ließe, was 1982 und 1983 an
unfallbedingten Schädigungen entstanden sei. Das Alter von möglicherweise
vorhandenen Rissen lasse sich nicht bestimmen und somit auch nicht dem Dienstunfall
von 1983 zuordnen. Insoweit besteht auch eine Übereinstimmung mit dem Auszug aus
dem vom Kläger vorgelegten Lehrwerk von C. Thomas (Histopathologie, a. a. O., S. 379,
Bl. 279 der GA). Dort ist nämlich ausgeführt, dass etwa vier bis fünf Monate nach einer
traumatischen Meniskusläsion eine sekundäre Degeneration auftreten könne, die
histologisch der primären Meniskusdegeneration gleiche. Dadurch könne zu (bzw. ab)
diesem Zeitpunkt eine sichere Aussage bezüglich eines ursächlichen Zusammenhangs
zwischen Trauma und Meniskusveränderung nicht mehr gemacht werden. Außerdem
besteht nach Darstellung des Sachverständigen Prof. Dr. T2. in der mündlichen
Verhandlung bei Sportausübung immer die Möglichkeit der Bildung kleinerer Risse. Das
bedeutet für die hier zu entscheidende Frage, dass – da der Kläger regelmäßig Sport
trieb – selbst bei dem Auffinden kleinerer Risse diese einem konkreten ursächlichen
Ereignis auch aus diesem Grunde nicht zuzuordnen wären. Gleiches gilt demnach auch
für die Erkenntnismöglichkeiten im Jahr 1985, welche die Grundlage für den
angesprochenen Pathologiebericht gebildet haben.
97
III.
98
Für eine Beweislastumkehr, wie sie der Kläger mit Blick auf besondere Umstände
99
seines Falles für geboten erachtet, ist hier kein Raum. Der Kläger leitet diese
Auffassung daraus ab, dass der Beklagte – wie bereit dargestellt (oben I. 1.) – im
Bescheid vom 30. Juni 1987 letztlich auf die amtsärztliche Stellungnahme des Dr. S.
vom 10. Dezember 1985 Bezug genommen hat, in der die Ursächlichkeit des
Dienstunfalls für den Korbhenkelriss angenommen wurde. Aufgrund dieser Äußerung
habe er es seinerzeit unterlassen, mögliche Beweise zu sichern.
Eine Beweislastumkehr wäre zugunsten des Klägers allenfalls bei der Annahme einer
Beweisvereitelung durch den Beklagten denkbar. Bei dem konkret in den Blick zu
nehmenden Verhalten des Beklagten, der inhaltlichen Gestaltung des
Zurruhesetzungsbescheids vom 30. Juni 1987, handelt es sich aber nicht um eine
Beweisvereitelung. Eine Beweisvereitelung, die eine Beweislastumkehr rechtfertigen
kann, ist ein schuldhaftes Verhalten des Prozessgegners, das einen an sich möglichen
Beweis verhindert und so die Beweisführung der beweisbelasteten Partei endgültig
scheitern lässt.
100
Vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 – X ZR 119/94 –, NJW 1998, 79 = juris,
Rn. 14.
101
Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes und des Rechtsstaatsprinzips soll so
verhindert werden, dass eine Lücke in der Beweisführung, die die nicht beweispflichtige
Partei verschuldet hat, ohne Weiteres und in jedem Fall nach allgemeinen
Rechtsgrundsätzen der beweispflichtigen Partei zur Last fällt.
102
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Februar 2003 – 6 B 10.03 –, juris, Rn. 6,
und vom 22. Oktober 1992 – 3 B 26.92 –, Buchholz 427.207 § 1
7.FeststellungsDV Nr. 61 = juris, Rn. 14.
103
Daraus folgt, dass es sich zunächst um eine Beweisführung handeln muss, die zum
Zeitpunkt der Vereitelungshandlung noch möglich gewesen wäre. Es reicht darüber
hinaus nicht aus, dass die Beweisführung durch das Verhalten des Prozessgegners
erschwert wird; vielmehr muss die Beweisführung verhindert worden sein. Schließlich
ist bei dem schuldhaften Verhalten zu beachten, dass sich dieses auch auf die
Beweisfunktion des Beweismittels bezogen haben muss. D. h. die Partei hätte erkennen
können müssen, dass das betreffende Beweismittel künftig für einen Rechtsstreit
benötigt werden könnte.
104
Vgl. Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner,
Verwaltungsgerichtsordnung, Lsbl., Stand Mai 2010, § 108, Rn. 78 ff.; Höfling,
a.a.O., § 108, Rn. 142 ff.
105
Alle drei genannten Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie bereits unter II. ausgeführt,
wäre der vom Kläger angestrebte Beweis schon im Jahr 1985 nicht zu erbringen
gewesen. Gleiches gilt erst recht für das Jahr 1987, in dem der
Zurruhesetzungsbescheid möglicherweise durch seine Begründung den Kläger davon
hat Abstand nehmen lassen, weitere Beweise zu erheben bzw. zu sichern. Der Kläger
hat auch nicht vorgetragen und dem Senat ist auch nicht ersichtlich, welches sonstige
Beweismittel nach der Bescheiderteilung im Jahr 1987 und damit etwa vier Jahre nach
dem Dienstunfall und zwei Jahre nach dem Korbhenkelriss hätte bemüht werden
können, das ihm einerseits heute nicht mehr zur Verfügung steht und das andererseits
geeignet gewesen wäre, seinen Anspruch zu stützen. Denn nach den überzeugenden
106
Ausführungen von Prof. Dr. T2. kann – wie bereits geschildert – ausgeschlossen
werden, dass der Dienstunfall im Jahr 1983 einen Meniskusriss verursacht hat. Ebenso
kann danach ausgeschlossen werden, dass es im Jahr 1987 noch möglich gewesen
wäre, aufgrund weiterer Untersuchungen eine bestimmte Meniskusschädigung – sollte
sie denn unabhängig von den gegenwärtig bereits bekannten bestanden haben – dem
Dienstunfall von 1983 zuzuordnen.
Sodann ist durch diesen Bescheid eine Beweiserhebung nicht verhindert worden. Sie
wäre auch nach der Bescheiderteilung in gleicher Weise wie zuvor möglich gewesen.
Ein Vergleich mit der einzigen normativen Regelung zur Beweisvereitelung, welche in §
444 ZPO in Bezug auf das Vernichten von Urkunden besteht, zeigt, dass es sich
vorliegend um eine andere Qualität der Hemmung der Beweiserhebung handelt.
Während § 444 ZPO die physische Zerstörung und damit die Unwiederbringlichkeit des
Beweismittels in den Blick nimmt, betrifft der vorliegende Fall allenfalls eine
Motivationshemmung zur rechtzeitigen Beweiserhebung.
107
Schließlich ist nicht erkennbar, dass dem Beklagten schon im Jahr 1987 bewusst war
oder hätte bewusst sein müssen, dass die nunmehr relevante Frage der Ursächlichkeit
Bedeutung für einen späteren Rechtsstreit, der tatsächlich auch erst siebzehn Jahre
später seinen Anfang genommen hat, haben würde.
108
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
109
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO,
§ 127 BRRG nicht gegeben sind.
110