Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.10.2005

OVG NRW: befristung, universität, öffentlich, verwaltungsakt, nichtigkeit, beendigung, dienstverhältnis, rechtswidrigkeit, anerkennung, fehlerhaftigkeit

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 3508/03
Datum:
07.10.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 A 3508/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 3 K 8746/99
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf die Wertstufe bis
65.000,- Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend
gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO greifen nicht durch.
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Die gerichtliche Prüfung im Zulassungsverfahren richtet sich an den in dem Antrag auf
Zulassung der Berufung angesprochenen Gesichtspunkte aus.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2003 - 6 A 4428/02 -, unter Hinweis auf
OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Juli 1997 - 12 A 2047/97 -, DVBl. 1997, 1342 und vom
20. Oktober 1998 - 18 B 69/98 -. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des
vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen
ist (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
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Ausgehend von diesen Maßstäben ergeben sich keine ernstlichen Zweifel im Sinne des
§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht
abgewiesen hat. Der Kläger hat mit seinem Vorbringen nicht dargetan, dass er einen
Anspruch auf Weiterbeschäftigung über den Ablauf des 00.00.00 hinaus bis zum
00.00.00 hatte.
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Der Anspruch auf Weiterbeschäftigung lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers
nicht aus den in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur
Entfristung befristeter Arbeitsverträge herleiten. Einer entsprechenden Anwendung
dieser Grundsätze steht entgegen, dass das mit ihnen verfolgte Ziel, die Umgehung
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zwingender Kündigungsschutzvorschriften zu vereiteln,
vgl. hierzu grundlegend BAG, Beschluss vom 12. Oktober 1960 - GS 1/59 -, BAGE 10,
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aufgrund der Besonderheiten des hier in Rede stehenden Beschäftigungsverhältnisses
nicht erreicht werden kann. Das Verwaltungsgericht ist in dem angegriffenen Urteil
zutreffend davon ausgegangen, dass es sich hierbei um ein öffentlich-rechtliches
Dienstverhältnis sui generis handelt.
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Vgl. in diesem Zusammenhang BAG, Urteil vom 30. November 1984 - 7 AZR 511/83 -,
BAGE 47, 275.
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Hiervon gehen im Übrigen auch die Beteiligten übereinstimmend aus.
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Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass der - wie hier -
gemäß § 49 Abs. 3 HG NRW mit einer Professurvertretung Beauftragte keines Schutzes
vor der Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses durch Fristablauf bedarf. Denn
einer Professurvertretung ist eine Befristung nach den gesetzlichen Vorgaben dieser
Vorschrift ("vorübergehend, bis zur Besetzung der Stelle") wie auch nach ihrem Sinn
und Zweck immanent. Einer Kündigung bedarf es zu deren Beendigung nicht.
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Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, seine
Tätigkeit habe nicht der eines klassischen Professurvertreters im Sinne von § 49 Abs. 3
HG NRW entsprochen, weil er diese Tätigkeit in Kenntnis und mit dem Willen aller
Beteiligten nicht nur vorübergehend für zwei bis drei Semester, sondern insgesamt neun
Jahre wahrgenommen habe, um eine mittel- bis langfristige Kontinuität und Stabilität am
Biochemischen Institut der Universität zu X zu gewährleisten; er sei also "nur unter dem
Deckmantel der Professurvertretung" beschäftigt worden. Selbst wenn man dies zu
seinen Gunsten als zutreffend unterstellt und ihm ausgehend hiervon in seiner
Auffassung folgt, dass seine - zuletzt - mit Schreiben des Rektors der Universität zu X
vom 00.00.00 erfolgte Beauftragung mit einer Professurvertretung für das Fach
Biochemie deshalb rechtswidrig wäre, würde hieraus nicht die Unwirksamkeit der
Befristung dieser Professurvertretung resultieren. Bei dieser gemäß § 49 Abs. 3 HG
NRW erfolgten Beauftragung des Klägers handelt es sich um einen - wenn auch
zustimmungsbedürftigen - Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG NRW, dem
ungeachtet einer etwaigen Rechtswidrigkeit Wirksamkeit zukommt. Dieser ist
mittlerweile bestandskräftig geworden, denn der Kläger hat seine Beauftragung auch
nicht in Bezug auf ihre bis zum 00.00.00 erfolgte Befristung angefochten. Es lässt sich
auch nicht feststellen, dass eine - mögliche - Rechtswidrigkeit der Beauftragung aus den
von dem Kläger genannten Gründen zu ihrer Nichtigkeit führen würde.
Nichtigkeitsgründe nach § 44 Abs. 2 VwVfG NRW sind damit nicht dargetan, und die
vom Kläger behauptete Fehlerhaftigkeit ist jedenfalls nicht offensichtlich, so dass auch
eine Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG NRW nicht in Betracht kommt.
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Erweist sich demnach die unter dem 00.00.00 erfolgte Beauftragung des Klägers
einschließlich ihrer Befristung - ebenso wie vorangegangene gleichartige
Beauftragungen - als wirksam, kommt den ihm im Zusammenhang mit dem
Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO weiterhin geltend gemachten
Fragestellungen, welche Professurstellen er während seiner neunjährigen
Beschäftigung im Einzelnen vertreten hat und welche Hintergründe seiner langjährigen
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Beschäftigung zugrunde gelegen haben, keine entscheidungserhebliche Bedeutung
mehr zu.
Nach alledem weist die Rechtssache auch keine besonderen Schwierigkeiten
rechtlicher oder tatsächlicher Art auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Schließlich führt das Vorbringen des Klägers auch nicht auf den Zulassungsgrund der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der genannten Vorschrift hat eine Rechtssache
dann, wenn sie eine grundsätzliche, bisher höchst- oder obergerichtlich noch nicht
geklärte Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung
oder einer bedeutsamen Fortentwicklung des Rechts der Klärung bedarf. Das
Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt dabei die Bezeichnung
einer für die Berufungsentscheidung erheblichen Frage und einen Hinweis auf den
Grund, der die Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2005 - 6 A 2670/03 -.
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Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Der Kläger sieht als
obergerichtlich klärungsbedürftig an,
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„ob ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis suigeneris der Befristungskontrolle
unterliegt",
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„welche Länge eine Professorenvertretung zulässigerweise haben darf"
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und
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„was gilt, wenn eine Professorenvertretung nicht mehr rechtswirksam befristet ist, weil
die zulässige Befristungshöchstdauer überschritten ist".
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Insoweit hat er zwar darauf verwiesen, dass diese Fragen obergerichtlich noch nicht
geklärt seien. Aus welchem Grund eine Entscheidung hierüber im Interesse der
Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer bedeutsamen Fortentwicklung des
Rechts geboten erscheint, hat der Kläger hingegen nicht dargelegt. Soweit er in diesem
Zusammenhang im Hinblick auf die zuerst genannte Frage darauf verweist, "Welche
Regelungen auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse sui-generis anwendbar sind, ist
jedoch im Gesetz nicht explizit geregelt.", hat er mit diesem Vorbringen eine
grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht dargetan; denn allein der Umstand, dass
eine Rechtsfrage keine explizite rechtliche Regelung erfahren hat, ist insoweit nicht
ausreichend.
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Daneben steht der Annahme des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO
entgegen, dass die aufgeworfenen Fragen nicht entscheidungserheblich sind. Wie
bereits ausgeführt, erfolgte die Beauftragung des Klägers mit der Professurvertretung für
das Fach Biochemie an der Universität zu X - zuletzt für die Zeit vom 00.00.00 bis zum
00.00.00 - jeweils durch Verwaltungsakt, der aus den genannten Gründen - auch
hinsichtlich der darin ausgesprochenen Befristung - wirksam war und ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 13 Abs. 4
Satz 1 lit.a i.V.m. §§ 14 Abs. 3, 15 GKG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung
(§§ 71 Abs. 1 Satz 1, 72 Nr. 1 GKG in der seit dem 1. Juli 2004 geltenden Fassung).
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts
rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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