Urteil des OVG Niedersachsen vom 09.04.2014

OVG Lüneburg: stadt oldenburg, fahrzeug, öffentlich, gefährdung, abfallentsorgung, grundstück, ausstattung, verkehr, sammlung, verwertung

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Ausrüstung eines LKW mit einem gelben Blinklicht
(Rundumlicht)
Zu der Frage der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1
Nr. 1, § 52 Abs. 4 StVZO zur Ausstattung eines gewerblich für das Sammeln
von Schrott eingesetzten LKW mit einem gelben Blinklicht (Rundumlicht).
OVG Lüneburg 12. Senat, Urteil vom 09.04.2014, 12 LC 189/13
§ 52 Abs 4 Nr 1 StVZO, § 70 StVZO, § 113 Abs 1 S 4 VwGO
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage, auch soweit sie den Hilfsantrag
betrifft, abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die
Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden,
wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in
Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Beklagte den Antrag der
Klägerin ablehnen durfte, ihren im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit zum
Einsammeln von Schrott und Altmetallen seinerzeit eingesetzten, mit rot-
weißen Warnmarkierungen gemäß DIN 30710 versehenen LKW (F., Typ
Mercedes-Benz, offener Kasten) mit einem gelben Blinklicht auszurüsten.
Die Klägerin betreibt das Gewerbe „An- und Verkauf von Altmetallen,
Schrottentsorgung“. Zum Sammeln von Altmetallen und Schrott nutzt sie einen
LKW. Die Schrottabfuhren kündigt sie einige Tage vor dem Abholtermin durch
Postwurfsendungen an. Darin fordert sie die Adressaten jeweils auf, den
Schrott am Abholtag zu einer bestimmten Zeit auf ihren Grundstücken am
Straßenrand zur Abholung bereitzustellen. Am Abholtag fährt sie mit ihrem
LKW von Grundstück zu Grundstück und lädt den Schrott auf. Die
gesammelten Gegenstände verkauft die Klägerin an ein zertifiziertes
Entsorgungsunternehmen zur Verwertung.
Der Landkreis Ammerland erteilte der Klägerin im April 2008 für seinen
Zuständigkeitsbereich eine auf § 70 StVZO gestützte Ausnahmegenehmigung
für die Ausstattung ihres LKW mit einem gelben Blinklicht.
Den bei ihr gestellten Antrag auf Erteilung einer entsprechenden
Genehmigung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juni 2008 ab. Die
Klägerin übe eine gewerbliche Tätigkeit aus und betreibe keine
Müllentsorgung im Sinne von § 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO. Metalle seien kein Müll
im Sinne von § 52 Abs. 4 StVZO. Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei es, den
darin genannten Fahrzeugen das Recht zu gewähren, auf der Straße, auch
auf der entgegengesetzten Fahrspur, vor jedem Haus zu halten und Müll
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aufzunehmen. Um auf die Gefahr durch das auf der Straße stehende
Fahrzeug hinzuweisen, dürfe das gelbe Blinklicht im Rahmen einer
Ausnahmegenehmigung erlaubt und entsprechend benutzt werden. Die
Klägerin habe indessen die Möglichkeit, mit ihren Kunden Termin und Ort der
Abholung zu vereinbaren, ohne dadurch eine Gefährdung der übrigen
Verkehrsteilnehmer zu verursachen. Die Ausnahmegenehmigung des
Landkreises Ammerland führe nicht dazu, dass eine weitere
Ausnahmegenehmigung zu erteilen sei.
Das Verwaltungsgericht hat diesen Bescheid aufgehoben und (auf den Haupt-
/Verpflichtungsantrag der Klägerin) festgestellt, sie dürfe ihren LKW gemäß §
52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO mit einem gelben Blinklicht (Rundumleuchte) ausrüsten.
Ein der Müllabfuhr dienendes Fahrzeug im Sinne von § 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO
sei jedes Fahrzeug, mit dem verwertbare oder unverwertbare Abfälle im Sinne
des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes rechtmäßig in der Weise
eingesammelt würden, dass "müllabfuhrtypische" Gefahren für den
Straßenverkehr entstünden. Zu diesen Gefahren zählten insbesondere das
langsame Fahren von einer Aufladestelle zur nächsten, verbunden mit
häufigem Anhalten am Straßenrand sowie mit häufigem Ab- und Aufsteigen
von Arbeitern zum Verladen der Abfälle. Ein Grund, das gewerbliche
Einsammeln von Abfall hier anders zu behandeln als die öffentlich-rechtliche
Abfallsammlung durch einen öffentlichen Entsorgungsträger, sei nicht
ersichtlich. Die für den Straßenverkehr entstehenden Gefahren seien
dieselben.
Auf die Berufung der Beklagten hat der Senat (Urt.v. 8.12.2011 - 12 LC 91/09 -
, NordÖR 2012, 366, juris) die erstinstanzliche Entscheidung geändert und
die Klage sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag (gerichtet auf
Neubescheidung des Antrags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung
nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO zum Ausrüsten des LKW mit einem gelben
Blinklicht) mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen: Die
Klägerin dürfe nicht, wie mit dem Hauptantrag geltend gemacht, ihr Fahrzeug
gemäß § 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO mit einem gelben Blinklicht ausstatten. Zwar
umfasse der Begriff der Müllabfuhr im Sinne von § 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO
entgegen der Annahme der Beklagten auch die Abfuhr verwertbarer Stoffe.
Doch fielen aus systematischen und teleologischen Erwägungen nur
Fahrzeuge unter diese Regelung, die von den nach § 15 KrW-/AbfG zur
Verwertung oder Beseitigung verpflichteten öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgern im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgabe in der Weise
betrieben würden, dass "müllabfuhrtypische" Gefahren entstünden; ebenso
würden Fahrzeuge Dritter erfasst, denen die Entsorgungsverpflichtung nach §
16 KrW-/AbfG übertragen worden sei. Zur Vermeidung eines
Gewöhnungseffekts müsse der übermäßige Gebrauch von gelbem Blinklicht
verhindert werden. Außerdem sei die korrespondierende Bestimmung des §
35 Abs. 6 StVO zu berücksichtigen, in der derselbe Begriff verwendet werde.
Darüber hinaus fehle eine weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit von
§ 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO. Bei einer gewerblichen Abfallsammlung wie der der
Klägerin entstünden nicht regelmäßig die gleichen "müllabfuhrtypischen"
Gefahren wie bei der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung. Diese typischen
Gefahren lägen in notwendigen - teilweise unter Inanspruchnahme von
Sonderrechten erfolgenden - kurzfristigen Stopps und einem Anfahren über
kurze Strecken bis zur nächsten Müllaufnahme und dem plötzlichen
Hervortreten von Personen, die ihr Augenmerk in erster Linie auf ihre Arbeit
richteten und deswegen nicht primär auf den Verkehr achten könnten. Mit
dieser Gefahrenkonstellation sei regelmäßig bei einem für ein ganzes
Entsorgungsgebiet zuständigen und auf eine Anfahrt möglichst aller
Grundstücke angewiesenen Abfallentsorger zu rechnen, insbesondere dann,
wenn es sich bei dem Müllfahrzeug um einen Hecklader handele. Gewerbliche
Sammlungen dürften aber aus rechtlichen Gründen nicht wie die öffentlich-
rechtliche Entsorgungstätigkeit in dauerhaften Strukturen auf ein gesamtes
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Entsorgungsgebiet ausgerichtet sein. Den Betreibern hierfür eingesetzter
Fahrzeuge stünden auch keine Sonderrechte zu. Daher seien beide
Entsorgungsformen auch im Rahmen von § 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO
unterschiedlich zu behandeln. Ohne Erfolg bleibe auch das hilfsweise verfolgte
Begehren der Klägerin auf Neubescheidung ihres Antrags auf Erteilung einer
Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO. Die behördliche
Ermessensentscheidung habe sich daran auszurichten, ob ihr LKW wie die
von § 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO erfassten Fahrzeuge typischerweise in
Situationen eingesetzt werde, in denen die Verwendung des gelben Blinklichts
vorgesehen sei. Das sei aus den genannten Gründen nicht der Fall. Im
Übrigen gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin
bei der Durchführung ihrer Sammlungen drohende Gefahren nicht auf andere
Weise abwenden könne. Es sei ihr möglich, ihr Fahrzeug ausschließlich über
die rechte Bordwand, also ohne ein Betreten der Straße, zu beladen. Selbst
wenn in bestimmten Fällen ein Betreten der Straße erforderlich werde,
unterscheide sich das Erscheinungsbild dieser Tätigkeit und das damit
einhergehende Gefahrenpotenzial erheblich von dem der Müllabfuhr.
Im Mai 2011 hatte die Klägerin ihre Betriebsstätte auf die im Rubrum
bezeichnete Anschrift umgemeldet und ihre Tätigkeit wie folgt umschrieben:
„Kleintransporte bis 3,5 t“, „Verkauf von Fahrädern, Schrottentsorgung
(keine Lagerung)“. Im Juli 2012 meldete die Klägerin gewerbliche Sammlungen
nach § 18 KrWG an. Der Anzeige und dem ergänzenden Schreiben vom
25. August 2012 ist zu entnehmen, sie sammele Schrott in Form von
Eisenmetallen, gemischten Metallen, Eisen und Stahl in einer Menge von
durchschnittlich 800 kg monatlich allein im Gebiet der Stadt Oldenburg
(insgesamt 4 t monatlich in Niedersachsen und Bremen) und führe sie dem
Entsorgungsbetrieb „Q. Metalle“ zur ordnungsgemäßen Entsorgung und
Verwertung zu. Beispielhaft wurden für den 4. und 7. September 2012
folgende Schrottsammlungen im Stadtgebiet der Beklagten angekündigt:
Koopmannweg, Gersteweg, Haferweg, Rogenweg, Hirseweg, Nordring,
Norderdiek und Wulfswahl bzw. Osterdiek, Süderdiek, Immenweg, Weiselweg,
Drohnenweg, Wabenweg, Ostring und Schafjukenweg.
Auf die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin hat das
Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 30.5.2013 - 3 C 9.12 -, BVerwGE 146, 357,
juris) das Urteil des Senats vom 8. Dezember 2011 aufgehoben, soweit es den
Hilfsantrag betrifft, den Rechtsstreit insoweit zur anderweitigen Verhandlung
und Entscheidung zurückverwiesen und im Übrigen die Revision
zurückgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Die Revision sei nur
hinsichtlich des Hilfsantrags gerichtet auf erneute Bescheidung des Antrags
auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO
begründet. Dieser sei nicht dadurch unzulässig geworden, dass die Klägerin
ihren ursprünglich verwendeten Lkw zum 18. November 2010 außer Betrieb
genommen habe. Sie nutze nun ein ähnliches Fahrzeug und könne sich
wegen Wiederholungsgefahr auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse
berufen. Über den Hilfsantrag könne nicht abschließend entschieden werden.
Es fehle an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen dazu, inwieweit sich
die gewerblichen Sammlungen der Klägerin nach ihrem konkreten
Erscheinungsbild von dem der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung
unterschieden und sich das auf die straßenverkehrsrechtliche
Gefährdungssituation auswirke. Mit der Ausnahmegenehmigung solle
besonderen Ausnahmesituationen Rechnung getragen werden können, die
bei strikter Anwendung der Bestimmungen nicht hinreichend berücksichtigt
werden könnten. Ob ein solcher besonderer Ausnahmefall vorliege, bemesse
sich nach dem Ergebnis eines Vergleichs der Umstände des konkreten Falls
mit dem typischen Regelfall, der dem generellen Verbot zugrunde liege. Das
so gewonnene Merkmal einer Ausnahmesituation sei unverzichtbarer
Bestandteil der einheitlich zu treffenden Ermessensentscheidung. Die
Ausnahmegenehmigung müsse demnach geboten sein, um ansonsten nicht
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beherrschbaren Gefahren begegnen zu können. Das Berufungsgericht habe
die Erwägung der Beklagten, die Klägerin habe die Möglichkeit, mit ihren
Kunden Termin und Ort der Abholung zu vereinbaren, ohne dadurch eine
Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer zu verursachen oder darzustellen,
sie bedürfe deshalb der mit dem Einsatz eines Gelblichts verbundenen
Sonderrechte nicht, im Ergebnis unbeanstandet gelassen und ausgeführt, das
Fahrzeug der Klägerin werde nicht typischerweise in Situationen eingesetzt, in
denen für Müllfahrzeuge öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger oder Dritter,
denen die Entsorgungsverpflichtung des öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgers übertragen wurde, die Verwendung des gelben Blinklichts
vorgesehen sei. Diese Einschätzung stütze das Berufungsgericht vor allem
darauf, dass sich die gewerblichen Sammlungen der Klägerin schon aus
rechtlichen Gründen von der Tätigkeit eines öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgers und der von ihnen Beauftragten unterscheiden müssten.
Dazu verweise das Berufungsgericht auf das noch zum Kreislaufwirtschafts-
und Abfallbeseitigungsgesetz ergangene Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2009 - BVerwG 7 C 16.08 -
(BVerwGE 134, 154). Dort hatte der 7. Senat ausgeführt, die öffentlich-
rechtliche Entsorgungstätigkeit der hiermit Beauftragten sei dadurch
gekennzeichnet, dass sie auf vertraglichen Grundlagen und regelmäßig
dauerhaften Strukturen wiederkehrende Entsorgungsleistungen erbrächten;
dagegen seien gewerbliche Sammlungen typischerweise ein allgemeines, auf
freiwilliger Basis unterbreitetes Angebot der unentgeltlichen Überlassung
verwertbarer Abfälle. Insoweit sei jedoch eine Änderung der Rechtslage
eingetreten. In § 3 Abs. 18 Satz 2 des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen
Kreislaufwirtschaftsgesetzes sei nun - in bewusster Reaktion auf das genannte
Urteil - geregelt, dass die Sammeltätigkeit auf der Grundlage vertraglicher
Bindungen zwischen dem Sammler und der privaten Haushaltung in
dauerhaften Strukturen einer gewerblichen Sammlung nicht entgegenstehe.
Ausgehend davon reichten die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht
aus, um eine abweichende - geringere - Gefährdung des Straßenverkehrs bei
den von der Klägerin durchgeführten Sammlungen belegen zu können; denn
Grundlage der dahingehenden Einschätzung des Berufungsgerichts sei das
überholte rechtliche Bild einer gewerblichen Sammlung, das weitgehend durch
an diesem Bild ausgerichtete tatsächliche Annahmen untermauert werde, nicht
aber in dem für eine ordnungsmäßige Überzeugungsbildung erforderlichen
Umfang auf von dieser Vorgabe unabhängigen Tatsachen beruhe. So fehle es
insbesondere an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen dazu, inwieweit
bei dem von der Klägerin betriebenen Sammeln von Schrott und Altmetallen
tatsächlich in erheblich geringerem Umfang als bei der öffentlich-rechtlichen
Abfallentsorgung und/oder in größerer Entfernung voneinander Grundstücke
angefahren würden. Nicht hinreichend geklärt sei außerdem, inwieweit sich die
Fahrweise und die jeweiligen Beladevorgänge in einer Weise unterschieden,
die für eine mögliche Gefährdung des dabei eingesetzten Personals einerseits
und der übrigen Verkehrsteilnehmer - also etwa vorbeifahrender
Kraftfahrzeuge oder Fahrradfahrer - andererseits von Bedeutung sei. So
schließe es auch das Berufungsgericht selbst nicht aus, dass das für die
Klägerin tätige Personal in bestimmten Fällen zum Aufladen doch die Straße
betreten müsse, und stelle damit seine zuvor als wesentlichen Unterschied zur
öffentlich-rechtlichen Müllabfuhr herausgestellte Annahme, es sei möglich, das
Fahrzeug der Klägerin ausschließlich vom Bürgersteig über die rechte
Bordwand zu beladen, wieder in Frage. Es bleibe im Unklaren, in welchem
Umfang das geschehe.
Die Beklagte trägt zum zurückverwiesenen Streitgegenstand weiter vor: Sie
habe die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung rechtsfehlerfrei abgelehnt.
Die Tätigkeit der Klägerin sei nicht geeignet, die gleichen bzw. im
erforderlichen Maße vergleichbare müllabfuhrtypische Gefahren zu begründen
wie bei der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung. Zum Umfang der
Entsorgungstätigkeit der Klägerin bestünden die aus ihrer Anmeldung vom 26.
Juli 2012 und dem ergänzenden Schreiben vom 25. August 2012 folgenden
Erkenntnisse. Danach sei davon auszugehen, dass sie - die Klägerin -
monatlich im Gebiet der Stadt Oldenburg durchschnittlich 800 kg, mithin 9,6 t
jährlich, sammele. Nach neueren Angaben der Klägerin seien es
durchschnittlich 10 t monatlich, also 830 kg Schrott je Fahrt, davon ca. 210 kg
im Gebiet der Stadt Oldenburg. Sie - die Beklagte - habe z.B. im Jahr 2012
132,76 t Schrott gesammelt. An Restmüll seien 2012 17.677 t und insgesamt
35.296 t Müll entsorgt worden. Wie den Ankündigungen der
Schrottsammlungen vom 4. und 7. September 2012 zu entnehmen sei, seien
von der Klägerin jeweils acht Straßen täglich abgefahren worden. Von der
Straßenmitte aus gemessen lägen die Straßenzüge durchschnittlich 315 bzw.
330 m voneinander entfernt. Unbekannt sei, wie viele Grundstücke die
Klägerin jeweils anfahre. Anders als sie - die Beklagte -, die nach einem zuvor
festgestellten Tourenplan und in Kolonne täglich 25 bis 30 Grundstücke mit
Abständen von durchschnittlich ca. 737 m zwischen den jeweiligen
Grundstücken anfahre und den Abfall zu einem dem Kunden zuvor benannten
Termin abhole, fahre die Klägerin die jeweiligen Straßen ab und halte dort, wo
Abfälle zur Entsorgung bereitgestellt worden seien. Bei der
Entsorgungstätigkeit der Klägerin würden Grundstücke in erheblich geringerem
Umfang und in geringerer Entfernung voneinander angefahren. Die Klägerin
halte nicht an jedem Grundstück und benötige im Verhältnis zur
abzufahrenden Strecke deutlich weniger Stopps als sie (die Beklagte). Aus
ihrer - der Beklagten - Sicht sei für die Erforderlichkeit einer Rundumleuchte
wichtig, dass sich ihre Mitarbeiter zwangsläufig auf der Fahrbahn befänden
bzw. - im Falle der Kehrmaschinen - ihre Fahrzeuge mit sehr geringer
Geschwindigkeit als Arbeitsmaschinen im Straßenraum tätig seien. Die von ihr
betriebenen Kleinelektro-Schrott-Fahrzeuge (Pritschenwagen), die denen bzw.
dem der Klägerin ähnele, könnten ebenso seitlich beladen werden, die
Rundumleuchten dienten aber auch zur Absicherung der Mitarbeiter, die die
Sperrmüllfahrzeuge beladen, und zur Warnung vor den weiteren - im
gemeinschaftlichen Einsatz befindlichen - Kraftfahrzeugen. Sie - die Beklagte -
setze den mit dem Fahrzeug der Klägerin vergleichbaren Pritschenwagen
nämlich nur im Verband mit den Heckladern für die Sperrmüllsammlung mit
Presse ein. Aufgrund der ausschließlichen Sammlung in einer Kolonne
entstünden - ungeachtet des Umstands, dass auch ihr Pritschenwagen (der
der Beklagten) seitlich beladen werden könne - andere Gefahren als bei der
Klägerin. Ferner werde regelmäßig und zwar ungewöhnlich langsam ein
ganzes Entsorgungsgebiet und damit möglichst jedes Grundstück angefahren
(z.B. im Falle der Restmüllentsorgung auf einer Strecke von etwa 16,4 km und
bei Haltepunkten, die etwa 20 m voneinander entfernt lägen, 983 Behälter).
Anders als bei ihren Restmüllfahrzeugen habe die Klägerin die Möglichkeit, ihr
Fahrzeug über die rechte Bordwand zu beladen und dadurch Risiken für den
Verkehr zu vermeiden. Auch fahre die Klägerin alleine. Ein einzelnes Fahrzeug
stelle grundsätzlich eine wesentlich geringere Gefährdung für die übrigen
Verkehrsteilnehmer dar als die Kolonnenfahrt, bzw., da die Rundumleuchte nur
beim Sammel- und Beladevorgang eingeschaltet werde, die Sammlung in
Kolonne. Die Rundumleuchte solle nur bei solchen Tätigkeiten mit Fahrzeugen
im Straßenverkehr genutzt werden, die ein besonderes Gefahrenpotential
aufwiesen. Bei ihrer öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit, die von
kurzfristigen Stopps, plötzlich hervortretenden, nicht primär auf den Verkehr
achtenden Mitarbeitern und der Möglichkeit zur Ausübung von Sonderrechten
geprägt sei, liege die Gefährdung für das eingesetzte Personal und die übrigen
Verkehrsteilnehmer auf der Hand. Im Falle der Klägerin liege ein - zu einer
entsprechenden Gefährdung führender - vergleichbarer, atypischer Fall nicht
vor. Es erschließe sich nicht, inwieweit es der Klägerin nicht möglich sei, ihr
Fahrzeug anders als durch eine Rundumleuchte effektiv und auffällig zu
kennzeichnen. Ebenso wenig erscheine geklärt, welcher Unterschied zu
anderen gewerblichen Lieferfahrzeugen wie Paketdiensten, privaten
Dienstleistern und sonstigen gewerblichen Sammlern, auszumachen sei. Die
Tätigkeit der Klägerin erreiche hinsichtlich des Ablaufs und Umfangs von
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Grundstücksanfahrten nicht die eines Paketdienstes, obwohl bei diesem die
Gefährdungslage als höher anzusehen sein dürfte.
Die Klägerin trägt dagegen vor: Entgegen der Annahme der Beklagten lasse
sich eine geringere Gefährdung ihrer Mitarbeiter - der der Klägerin - bei den
durchgeführten Sammlungen nicht feststellen. Auf die Quantität der
Sammlungen könne nicht abgestellt werden. Bereits eine einzige Sammlung
führe zu einer Gefährdung der Mitarbeiter und der Verkehrsteilnehmer.
Gefährdungslagen könnten nur dann ausgeschlossen werden, wenn die
Beklagte belegen könne, dass es ihr - der Klägerin - möglich wäre, mit dem
Fahrzeug ein Grundstück zu befahren, auf dem dann das zu entsorgende
Material ohne jegliche Gefährdung aufgeladen werden könne. Ein derartiger
Nachweis sei der Beklagten naturgemäß nicht möglich. Umgekehrt könne es
auch der Klägerin nicht zugemutet werden, bzgl. jeder einzelnen Aufnahme
von zu entsorgenden Gegenständen mögliche Gefährdungslagen
nachzuweisen bzw. darzulegen. Dies würde die rechtlichen Anforderungen an
die beantragte Ausnahmegenehmigung überspannen. Die Beladung erfolge
zumeist im öffentlichen - von anderen Verkehrsteilnehmern genutzten -
Straßenraum. Eine Differenzierung zwischen öffentlich-rechtlicher und
privatrechtlicher Abfallentsorgung sei sachfremd. Dass bei ihr - der Klägerin -
die gleichen Gefährdungslagen entstünden wie bei der Entsorgungstätigkeit
der Beklagten ergebe sich bereits daraus, dass auch die Beklagte ihr
entsprechendes Fahrzeug mit einer Rundumleuchte ausstatte. Es gebe viele
Situationen, in denen eine Grundstücksauffahrt nicht vorhanden sei, oder sich
die örtlichen Gegebenheiten so gestalteten, dass eine Aufnahme der zu
entsorgenden Gegenstände von der Seite des Fahrzeugs nicht möglich sei,
etwa weil die Grundstücksauffahrt zu schmal sei. In derartigen Fällen bleibe
nur die Möglichkeit, auf der Straße zu halten und dort das Fahrzeug von der
Seite zu beladen, und sei eine Gefährdung der Mitarbeiter und der
Verkehrsteilnehmer nicht auszuschließen. Gerade in den Wintermonaten sei
eine besondere Absicherung bzw. Kenntlichmachung erforderlich.
Gegenwärtig werde ein 8,5 t MAN LKW genutzt, der von links, hinten und
rechts beladen werden könne und am Heck mit einer Laderampe und einer 4 t-
Winde ausgestattet sei. Hinter der Fahrerkabine befinde sich ein Ladekran mit
einem Ausleger von 2 - 2,5 m, der bis zu 1,5 t auf die Ladefläche heben könne.
Derzeit führe sie an mindestens drei Tagen in der Woche Sammlungen auch
auf dem Gebiet der Stadt Oldenburg durch. Da sie keine Termine vereinbare,
wisse sie nie, was genau sie zur Abfuhr vorfinde. Es sei schwierig, einen
regelmäßigen Strukturaufbau darzulegen. Durchschnittlich würden wohl 10 t im
Monat aufgenommen. Beladen werde - je nach Situation und vorgefundenem
Gut - so, wie es sich am besten gefahrlos aufsammeln lasse. Die
Beladungsmöglichkeit von links, hinten und rechts werde schätzungsweise zu
gleichen Teilen ausgenutzt. Es sei eine ständige Gefahrenlage, konkret hätten
sich mehrere gefährliche Situationen und auch schon Zusammenstöße
ereignet. G. sei mehrfach von Fahrzeugen und Fahrradfahrern gestreift
worden, glücklicherweise sei es dabei bisher nicht zu Verletzungen
gekommen. H. sei beim Beladen auf der linken Seite verletzt worden, seine
Hand bzw. das Handgelenk sei von einem Fahrzeugspiegel eines
passierenden Fahrzeugs erfasst worden. Ein weiterer Beinahe-Unfall sei beim
Beladen des Fahrzeugs von rechts passiert, weil ein Kopfhörer tragender
Fahrradfahrer fast mit dem über den Radweg gehobenen Gegenstand kollidiert
sei. Wäre der LKW mit einem gelben Blinklicht versehen gewesen, wäre der
Radfahrer vermutlich schon deswegen auf ihn aufmerksam geworden.
Sämtliche Kollisionen bzw. Beinahe-Unfälle hätten sich in Situationen ereignet,
in denen das gelbe Blinklicht nicht eingesetzt worden sei. Zu erwähnen sei
noch, dass auch Pkw vom Straßenrand aufgenommen würden, die der
Verwertung zugeführt würden. Diese Tätigkeit sei vergleichbar mit der des
ADAC, der seine Fahrzeuge ebenfalls mit einem gelben Blinklicht ausstatte.
Die Abwägung zwischen einer Vermeidung der mit ihrer Tätigkeit verbundenen
Gefahren und dem Gewöhnungseffekt des gelben Blinklichts gehe zugunsten
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des Erstgenannten aus.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2008
rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die mit ihrem wesentlichen
Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist mit ihrem - nach diesbezüglicher Zurückverweisung durch das
Bundesverwaltungsgericht allein noch zu bescheidenden - Hilfsantrag,
nunmehr in Gestalt eines Fortsetzungsfeststellungsantrags, zulässig. Die
Klage ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass die Klägerin ihren LKW mit
dem Kennzeichen F., für den die Ausnahmegenehmigung beantragt worden
war, zum 18. November 2010 außer Betrieb genommen hat. Die Klägerin kann
sich insoweit wegen Wiederholungsgefahr auf ein
Fortsetzungsfeststellungsinteresse (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in
entsprechender Anwendung) berufen. Sie nutzt im Rahmen ihrer weiterhin
vergleichbaren Tätigkeit ein ähnliches Fahrzeug (vgl. BVerwG, Urt. v.
30.5.2013 - BVerwG 3 C 9.12 -, BVerwGE 146, 357, juris, Rdn. 11).
Der Hilfsantrag ist indessen unbegründet. Die Beklagte hat mit Bescheid vom
2. Juni 2008 die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von § 52 Abs. 4
StVZO nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO ermessensfehlerfrei abgelehnt.
Gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO können die höheren Verwaltungsbehörden in
bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller
Ausnahmen von den Vorschriften - unter anderem - des § 52 StVZO
genehmigen. In § 70 Abs. 5 StVZO werden die Landesregierungen ermächtigt,
durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Absatz 1 Nr. 1
an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde andere Behörden zuständig sind.
Das ist hier durch § 3 Abs. 2 Nr. 3 der Niedersächsischen Verordnung über
Zuständigkeiten im Bereich Verkehr (ZustVO-Verkehr) vom 3. August 2009
(GVBl S. 316) geschehen, der die Genehmigung von Ausnahmen nach § 70
Abs. 1 Nr. 1 StVZO auf die Landkreise und kreisfreien Städte überträgt.
Auf eine solche Ausnahmegenehmigung besteht kein Rechtsanspruch; ihre
Erteilung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde. Bei -
wie hier - der Überprüfung einer behördlichen Ermessensentscheidung prüft
das Gericht, ob die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die
gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem
Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise
Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Zweck der Regelung des § 70
Abs. 1 StVZO ist es, besonderen Ausnahmesituationen Rechnung zu tragen,
die bei strikter Anwendung der Bestimmungen nicht hinreichend berücksichtigt
werden können. Ob ein solcher besonderer Ausnahmefall vorliegt, bemisst
sich nach dem Ergebnis eines gewichtenden Vergleichs der Umstände des
konkreten Falls mit dem typischen Regelfall, der dem generellen Verbot
zugrunde liegt. Die zweckentsprechende Anwendung der
Ermessensermächtigung gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO erfordert
grundsätzlich, dass die Behörde die mit dem Verbot verfolgten öffentlichen
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Interessen den privaten Interessen eines Antragstellers unter Beachtung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegenüberstellt. Die behördliche
Ermessensentscheidung hat einerseits zu beachten, ob die Auswirkungen
einer Ausnahmegenehmigung den Zielen des Verbots nicht zuwiderlaufen,
andererseits hat sie eine geltend gemachte und bestehende
Ausnahmesituation in diesem Lichte zu gewichten. Das so gewonnene
Merkmal einer Ausnahmesituation ist unverzichtbarer Bestandteil der
einheitlich zu treffenden Ermessensentscheidung. Die
Ausnahmegenehmigung muss geboten sein, um ansonsten nicht
beherrschbaren Gefahren begegnen zu können (zu alledem BVerwG, Urt. v.
30.5.2013 - BVerwG 3 C 9.12 -, BVerwGE 146, 357, juris m. w. N.; OVG LSA,
Urt. v. 23.10.2013 - 3 L 311/11 -, juris Rdn. 26; OVG NRW, Urt. v. 12.5.2000 - 8
A 2698/99 -, DVBl 2000, 1635, juris Rdn. 18 ff.).
Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte ihr Ermessen hier
ermessensfehlerfrei ausgeübt. Im Einzelnen:
Ein Ermessensausfall liegt nicht vor. Die Beklagte ist in ihrem Bescheid vom 2.
Juni 2008 zwar rechtsfehlerhaft zunächst davon ausgegangen, die Tätigkeit
der Klägerin falle von vornherein nicht unter die von § 70 Abs. 1 Nr. 1, § 52
StVZO erfassten Zwecke. Sie hat aber zusätzlich Erwägungen zum weiteren
Sinn und Zweck der Vorschrift angestellt und sinngemäß ausgeführt, eine
Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer könne ausgeschlossen werden,
weil die Klägerin die Möglichkeit habe, mit ihren Kunden Abholtermin und - ort
zu vereinbaren. Darin liegen Ermessenserwägungen. Diese tragen für sich
allerdings nicht. Die Beklagte ist hierbei von einem unzutreffenden Sachverhalt
ausgegangen. Wie die Klägerin zuletzt in der mündlichen Verhandlung
eingehend und überzeugend erläutert hat, ist es ihr aus wirtschaftlichen
Gründen nicht möglich, ihr - kleines - Unternehmen so zu organisieren, dass
mit ihren Kunden im Einzelnen Abholtermin und - ort vereinbart werden. Dem
ist die Beklagte auch nicht entgegengetreten.
Die Beklagte hat ihre Ermessenserwägungen indessen in zulässiger Weise
(vgl. § 114 Satz 2 VwGO) im weiteren Verlauf des Verfahrens ergänzt. Diese
ergänzten Ermessenserwägungen halten rechtlicher Überprüfung stand. Dies
gilt zunächst, soweit die Beklagte (u.a. in ihren Schriftsätzen v. 6. u. 17.3.2009,
Bl. 34, 43 GA, sowie v. 15.11.2013, Bl. 321 GA) ausgeführt hat, bei der
Ausübung ihres Ermessens sei zu berücksichtigen, dass die Ausrüstung von
Fahrzeugen mit gelbem Blinklicht restriktiv zu handhaben sei, um einer
inflationären Ausweitung der Nutzung der Sondersignaleinrichtungen
entgegenzuwirken. Diese Erwägungen lassen einen Ermessensfehlgebrauch
nicht erkennen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.2.2002 - BVerwG 3 C 33.01 -, DVBl
2002, 995, juris Rdn. 21; Urt. d. Sen. v. 8.12.2011 - 12 LC 91/09 -, S. 14 des
UU; Liebler, Anmerkung zu BVerwG, Urt. v. 30.5.2013 - BVerwG 3 C 9.12 -,
juris).
Die Beklagte hat auch bei dem - wie dargelegt - für die Prüfung eines
Ausnahmefalls nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO anzustellenden Vergleich der
Umstände des konkreten Falls mit dem typischen Regelfall, der dem
generellen Verbot zugrunde liegt, zweckentsprechende Erwägungen
angestellt. Der von der Beklagten gezogene Vergleich zwischen ihrer
Entsorgungstätigkeit und der Tätigkeit der Klägerin ist nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hat zutreffend angenommen, dass - ausgehend von dem Vortrag
der Klägerin, die insoweit die Obliegenheit zur Darlegung trifft, - sich nicht
feststellen lässt, dass sich die jeweiligen Sammlungstätigkeiten nach Art und
Umfang und in ihrem Erscheinungsbild derart annähern, dass bei der Tätigkeit
der Klägerin von vergleichbaren müllabfuhrtypischen Gefahren ausgegangen
werden kann. Der Senat geht dabei angesichts der in § 52 StVZO zum
Ausdruck kommenden Wertungen des Verordnungsgebers davon aus, dass
sich das Maß der erforderlichen Darlegungen des Antragstellers einer
Ausnahmegenehmigung - hier der Klägerin - hinsichtlich auftretender Gefahren
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auch daran orientiert, inwieweit sich die jeweils ausgeübte Tätigkeit von dem
typischen Regelfall, der dem generellen Verbot zugrunde liegt, entfernt
oder - anders betrachtet - einem gesetzlich anerkannten Fall - hier der
Notwendigkeit des Einsatzes von gelbem Blinklicht bei der öffentlich-
rechtlichen Abfallentsorgung - annähert. Entspricht also die ausgeübte
Tätigkeit weitgehend den typischen Merkmalen der öffentlich-rechtlichen
Abfallentsorgung, liegen die Anforderungen, die an die Darlegung auch der
straßenverkehrsrechtlich relevanten Gefährdung zu stellen sind, niedriger. Je
mehr sich demgegenüber die streitige Tätigkeit von dem typischen Bild der
„Müllabfuhr“ i. S. des § 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO oder einer sonstigen Tätigkeit
unterscheidet, die nach generalisierender Bewertung des Verordnungsgebers
die Ausrüstung mit und den Einsatz des gelben Blinklichts rechtfertigt, desto
höhere Anforderungen sind an die Annahme einer solchen Gefahrenlage, die
eine Ausnahme von der gesetzlichen Regel begründen kann, zu stellen. Der
Senat geht weiter davon aus, dass die allgemeine Gefahrenlage bei der
Durchführung von Sammlungen nicht die Erteilung einer
Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO rechtfertigt. Der
Verordnungsgeber hat in § 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO die Zulässigkeit der
Ausrüstung mit Blinklicht bewusst und gewollt auf die Fahrzeuge beschränkt,
die im Rahmen öffentlich-rechtlicher Entsorgungstätigkeit im Sinne des Urteils
des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 2013 ( - 3 C 9.12 -, juris) Einsatz
finden. Dem Rechtsanwender ist es nicht erlaubt, diese abstrakt generelle
Regelung für einen bestimmten Kreis von Antragstellern, z. B. für alle
gewerblich Sammelnden, durch die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen
allgemein zu erweitern (vgl. OVG LSA, Urt. v. 23.10.2013 - 3 L 311/11 -, juris
Rdn. 29 in Bezug auf den Krankentransport). Insofern genügt es nicht, auf eine
allgemein bestehende Gefahrenlage bei der Durchführung von Sammlungen
zu verweisen. Darin liegt noch nicht eine atypische Fallkonstellation, derer es -
wie ausgeführt - für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung bedarf. Nach
diesen Maßgaben hat die Beklagte hier das Vorliegen eines atypischen Falls,
der die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO
rechtfertigen würde, ermessensfehlerfrei verneint.
Zum Umfang ihrer Sammlungstätigkeit hat die Klägerin zunächst angegeben,
monatlich im Gebiet der Stadt Oldenburg durchschnittlich 800 kg, mithin 9,6 t
jährlich, Schrott zu sammeln. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat sie
vorgetragen, sie sammle 10 t Schrott monatlich, schwerpunktmäßig erfolge
dies auf dem Gebiet der Beklagten. Nähere Angaben auch zu den Mengen
des in der Stadt Oldenburg selbst gesammelten Schrotts hat die Klägerin auch
auf wiederholte Nachfrage (Verfügungen v. 29.8.2013, Rs. 308 GA, u. v.
25.3.2014, Bl. 376 GA, sowie in der mündlichen Verhandlung) nicht gemacht.
Insofern ist weder dargelegt, noch lässt sich sonst hinreichend erkennen, dass
und ggf. in welchem Umfang die Tätigkeit der Klägerin mit der der Beklagten
vergleichbar ist, die angegeben hat, im Jahr 2012 132,76 t Schrott und
insgesamt 35.296 t Müll entsorgt zu haben. Nicht näher spezifiziert hat die
Klägerin auch, wie viele Grundstücke sie in etwa bei ihren Sammlungen
durchschnittlich jeweils anfährt und in welcher Entfernung sich die
Grundstücke jeweils ungefähr befinden. Die Klägerin hat insoweit lediglich
mitgeteilt, vielleicht etwa alle drei bis sechs Monate nach Möglichkeit alle
Straßen im Stadtgebiet abzufahren, mindestens an drei Tagen in der Woche
würden Sammlungen auf dem Gebiet der Stadt und der angrenzenden
Landkreise durchgeführt, wobei pro Tour etwa acht Straßenzüge in Oldenburg
selbst abgefahren würden. Das deutet nicht darauf hin, dass die Tätigkeit der
Klägerin mit der der Beklagten auch nur annähernd vergleichbar ist, denn
letztere hat angegeben, im Rahmen der Sperrmüllentsorgung täglich 25 bis 30
Grundstücke mit Abständen von durchschnittlich 737 m zwischen den
jeweiligen Grundstücken und im Rahmen der Restmüllentsorgung 983
Behälter auf einer Strecke von etwa 16,4 km und bei Haltepunkten, die etwa
20 m voneinander entfernt lägen, anzufahren.
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Die Beklagte hat ferner nachvollziehbar erläutert, dass sich die Fahrweise ihrer
Fahrzeuge sowohl bei der Sperrmüllabfuhr (Einsatz von Pritschenwagen im
Verbund mit dem Hecklader für die Sperrmüllsammlung mit Presse) als auch
bei der Restmüllabfuhr (Anfahrt von möglichst jedem Grundstück in einem
ganzen Entsorgungsgebiet) von der der Klägerin unterscheidet. Diese
Annahme ist vor dem Hintergrund, dass die Klägerin selbst keine näheren
Angaben hinsichtlich ihrer eigenen Fahrweise gemacht hat und sie den
diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten nicht entgegengetreten ist,
nachvollziehbar und lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Soweit die
Klägerin die von ihr bei ihren Touren durchschnittlich ausgewählten acht
Straßenzüge in Oldenburg in langsamem Tempo abfahren dürfte, ist dies ein
Umstand, der zwar eine straßenverkehrsrechtlich relevante
Gefährdungssituation begründen kann, der aber für alle bzw. eine Vielzahl der
gewerblichen Sammlungen gilt und der deswegen für sich genommen aus den
dargelegten Gründen nicht für die Begründung eines atypischen Falls taugt.
Die Beklagte hat weiter verdeutlicht, dass sich auch die Beladevorgänge ihrer
Fahrzeuge sowohl bei der Sperrmüllabfuhr (u.a. Fahrzeuge mit Heckklappe
bzw. mit schwenkbarem Kran und in Kolonne) als auch bei der Restmüllabfuhr
(Hecklader) von der der Klägerin unterscheiden. Auch dies lässt
Ermessensfehler nicht erkennen.
Auch der von der Klägerin angeführte Umstand, die Beklagte habe ihr selbst
betriebenes (kleineres) Fahrzeug zum Einsammeln von Elektroschrott mit
einem gelben Rundumlicht ausgestattet, führt schon deshalb zu keiner
anderen Betrachtung, weil die Klägerin mit diesem Einwand die in dem Regel-
Ausnahme-Verhältnis des gesetzlichen Tatbestands zum Ausdruck
kommende allgemeine Gefahrenabschätzung verfehlt.
Die Beklagte ist im Übrigen ermessensfehlerfrei der Sache nach davon
ausgegangen, dass sich nicht feststellen lasse, dass den von der Klägerin
dargelegten Gefahren nicht auf andere Weise begegnet werden könnte.
Auszugehen ist dabei von dem Vorbringen der Klägerin, die Beladung erfolge
zumeist im öffentlichen Verkehrsraum, es werde von allen Fahrzeugseiten
(links, rechts und hinten) gleichermaßen aufgeladen, und dem Umstand, dass
dementsprechend - in nicht näher bestimmbarem Umfang - auch die Straße
zum Aufladen betreten werden müsse. Die Beklagte führt in nicht zu
beanstandender Weise aus, es sei nicht ersichtlich, dass es der Klägerin nicht
möglich sei, das Transportfahrzeug anderweitig effektiv und auffällig zu
kennzeichnen. Insoweit fällt auf, dass der gegenwärtig verwendete LKW -
anders als das ursprünglich verwendete Fahrzeug - nicht mit
Warnmarkierungen oder auf andere Weise - etwa farblich - besonders
gekennzeichnet ist. Die Klägerin hat nicht dargelegt und dem Senat ist auch
nicht erkennbar, dass in den Fällen, in denen nach den örtlichen
Gegebenheiten ein Beladen nur im öffentlichen Verkehrsraum oder sogar nur
durch Betreten der Straße erfolgen kann, der Beladevorgang nicht allgemein
oder jedenfalls bei besonderem Bedarf - wie in dem von der Klägerin in ihrem
Schriftsatz vom 2. April 2014 geschilderten Fall mit dem Fahrradfahrer - etwa
durch einen ihrer Mitarbeiter abgesichert werden kann. Dies gilt auch, soweit
die Klägerin auf ihre - nicht mit einer Pannenhilfe nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 StVZO
vergleichbare - Tätigkeit der Fahrzeugverschrottung verweist.
Eine Ermessensüberschreitung liegt nicht vor. Die Beklagte hat die mit dem
Verbot verfolgten öffentlichen Interessen den privaten Interessen der Klägerin
unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in nicht zu
beanstandender Weise gegenübergestellt. Sie hat - wie dargelegt, aus Sicht
des Senats zutreffend - darauf abgestellt, dass nicht erkennbar sei, dass den
von der Klägerin geschilderten Gefahren nicht auf andere Weise als durch
Ausstattung des Fahrzeugs mit einem Rundumlicht in Gestalt des gelben
Blinklichts begegnet werden könne. Sie hat die von der Klägerin geschilderten
Gefahren abgewogen mit denjenigen Gefahren, die andere den Verkehrsraum
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nutzende Gewerbetreibende wie etwa Paketdienstleister ausgesetzt sind,
letztere als nicht geringer eingestuft und eingestellt, dass - würde der Klägerin
die Ausstattung mit einem Rundumlicht genehmigt - auch den anderen nicht
weniger gefährdeten Gewerbetreibenden ein gelbes Blinklicht zuzugestehen
wäre, was dem Ziel zuwiderlaufe, die Nutzung des gelben Blinklichts zu
begrenzen. Diese Erwägungen lassen Ermessensfehler nicht erkennen. Die
Klägerin vertritt hingegen die Einschätzung, die Abwägung zwischen der
konkreten Gefährdung ihrer Mitarbeiter und der Verkehrsteilnehmer auf der
einen Seite und der abstrakten Gefährdung, die aus einer Abschwächung der
Wirkung des gelben Blinklichts folge, auf der anderen Seite gehe zu ihren
Gunsten aus. Sie vernachlässigt damit indes, dass - wie dargelegt - nach Lage
der Dinge davon auszugehen ist, dass die von ihr geschilderten Gefahren im
Vergleich mit den in § 52 Abs. 4 StVZO anerkannten Fallgestaltungen von
geringerem Gewicht und auf andere Weise als durch Ausstattung des
Fahrzeugs mit einem Rundumlicht hinreichend beherrschbar sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr.
10, § 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht
vor.