Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 27.09.2010

OVG Berlin-Brandenburg: stellenausschreibung, gesetzgebung, beurteilungsspielraum, erfahrung, anteil, ermessen, vertretung, sammlung, erkenntnis, verwaltung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 6.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 6 S 46.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
Art 33 Abs 2 GG
Bedeutsamkeit einzelner Kriterien bei der Bewerbung um eine
Stelle als Ministerialdirigent im Bundesministerium der Justiz
Leitsatz
Zur Frage der (nachträglichen) Gewichtung einzelner Kriterien eines in einer
Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungsprofils.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 27. September 2010 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerde, mit Ausnahme der
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Nach dem Beschwerdevorbringen, das
gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Prüfungsstoff für das Oberverwaltungsgericht
vorgibt, hat es das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt, der Antragsgegnerin im
Wege einstweiliger Anordnung vorläufig zu untersagen, dem anstelle des Antragstellers
ausgewählten Beigeladenen das Statusamt eines Ministerialdirigenten der
Besoldungsgruppe B 6 unter Einweisung in die Planstelle eines Unterabteilungsleiters im
Bundesministerium der Justiz zu übertragen. Es besteht kein Anordnungsanspruch im
Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, durch die
Auswahl des Beigeladenen in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch gemäß Artikel 33
Abs. 2 GG verletzt zu sein. Das hat das Verwaltungsgericht mit überzeugender
Begründung unter Berücksichtigung und Würdigung der vom Antragsteller
vorgetragenen Aspekte dargelegt. Insbesondere ist es zutreffend davon ausgegangen,
dass es vom Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin gedeckt ist, die in der
Stellenausschreibung aufgeführten Kriterien für die Auswahlentscheidung zu gewichten
und dabei den der „Führungskompetenz“ zugeordneten Kriterien, bei denen der
Beigeladene sowohl in der Anlassbeurteilung vom 23. Februar 2010 als auch in der
vorangegangenen Regelbeurteilung einen Vorsprung gegenüber dem Antragsteller
aufweist, das letztlich ausschlaggebende Gewicht beizumessen. Der Senat folgt den
Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2
Satz 3 VwGO). Ergänzend wird zu dem Beschwerdevorbringen noch ausgeführt:
1. Soweit der Antragsteller einwendet, die Antragsgegnerin habe unberücksichtigt
gelassen, dass er erheblich länger über Führungserfahrung verfüge, geht er bereits von
einem unrichtigen Sachverhalt aus. Es trifft nicht zu, dass der Beigeladene erst seit dem
1. Juli 2004 als Referatsleiter eingesetzt wurde. Vielmehr ist er schon seit dem 19.
September 1997 Referatsleiter (Bl. 167 VV). Der Antragsteller verfügt daher auch nicht
über zehn Jahre, wie er meint, sondern lediglich über zwei Jahre mehr Führungserfahrung
als der Beigeladene. Zudem verkennt er, dass es vom Beurteilungsspielraum der
Antragsgegnerin gedeckt ist, primär auf die Einzelnoten der die Führungskompetenz
widerspiegelnden Kriterien abzustellen und der Dauer, während der die
Führungskompetenz ausgeübt wird, weniger Gewicht beizumessen. Dies gilt jedenfalls
dann, wenn die Gesamtdauer der Wahrnehmung von Führungsaufgaben bei beiden
Bewerbern den hier gegebenen Umfang von deutlich mehr als zehn Jahren hat und die
Differenz insoweit lediglich zwei Jahre beträgt. Zudem wurde im Anforderungsprofil der
Stellenausschreibung lediglich verlangt, dass überhaupt Führungserfahrung vorliegt,
ohne dies von einer bestimmten Dauer abhängig zu machen.
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2. Nicht überzeugend ist die Ansicht des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe in
seiner dienstlichen Beurteilung und damit auch bei der Auswahlentscheidung
unzulässigerweise nicht berücksichtigt, dass er regelmäßig den Unterabteilungsleiter RA
sowie zeitweise auch den Unterabteilungsleiter RB vertreten und daher - im Gegensatz
zu dem Beigeladenen - schon auf dem Beförderungsdienstposten Führungserfahrung
erworben habe. Insoweit hat schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass
Angaben zu dieser Tätigkeit in der dienstlichen Beurteilung nach § 9 Abs. 1 der
Beurteilungsrichtlinie 2009 nur dann hätten aufgenommen werden müssen, wenn sie für
die Tätigkeit prägend gewesen wären. Das kann hier nicht angenommen werden. Der
Antragsteller hat Entsprechendes auch nicht dargelegt. Soweit er betont, im Sommer
2010 den Unterabteilungsleiter für nahezu zwei Monate am Stück vertreten zu haben,
ändert dies an der vorgenommenen Einschätzung nichts. Im Übrigen liegt diese
Vertretung auch außerhalb des Beurteilungszeitraums und könnte daher auch ohne dies
nicht berücksichtigt werden.
Der vom Antragsteller in diesem Zusammenhang angeführte Beschluss des
erkennenden Senats vom 29. Juni 2010 - OVG 6 S 41.09 - (IÖD 2010, S. 265, juris) stützt
nicht die Position des Antragstellers, sondern die der Antragsgegnerin. Der Senat hat
darin eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt, wonach es sich bei der
Einstufung des Dienstpostens, den ein Beamter im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung
innehat, um kein leistungsbezogenes Auswahlkriterium handelt. Vielmehr kann danach
die vorherige Bewährung auf einem herausgehobenen Dienstposten nur dann als
eignungs- und leistungsbezogenes Auswahlkriterium herangezogen werden, wenn die
Vergabe eines derartigen Dienstpostens in einem den Anforderungen des Artikels 33
Abs. 2 GG genügenden Verfahren erfolgt ist (Rn. 5 bei juris). Im Übrigen ist die
Wahrnehmung der Vertretung des Unterabteilungsleiters durch den Antragsteller nicht
mit der vom Senat im Beschluss vom 29. Juni 2010 entschiedenen Konstellation
vergleichbar.
3. Der Vortrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe nicht ausreichend
berücksichtigt, dass er über deutlich mehr Erfahrung im Bereich von
Gesetzgebungsaufgaben verfüge, überzeugt ebenfalls nicht. Zwar trifft es zu, dass im
Anforderungsprofil der Stellenausschreibung u.a. „langjährige und umfassende
Erfahrungen möglichst in allen Aspekten und Phasen der Gesetzgebung einschließlich
der europäischen und internationalen Aspekte“ gefordert wird. Daraus lässt sich jedoch
nicht der Schluss ziehen, derjenige Bewerber, der über die größte Erfahrung in diesem
Bereich verfügt, sei den anderen Bewerbern vorzuziehen. Bereits das Verwaltungsgericht
hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf
hingewiesen, dass es dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn überlassen bleibt,
welchen sachlichen Umständen bei der Auswahlentscheidung das größere Gewicht
beigemessen wird. Hier hat die Antragsgegnerin zwar als objektives Kriterium
Erfahrungen im Bereich der Gesetzgebung verlangt, für die Auswahlentscheidung aber
nicht darauf abgestellt, wer von den Bewerbern die umfassendste Erfahrung in diesem
Bereich aufweist. Das ist nicht zu beanstanden. Es ist zwischen den Beteiligten
unstreitig, dass auch der Beigeladene über Erfahrungen im Bereich der Gesetzgebung
verfügt (vgl. auch dessen Bewerbungsschreiben, Bl. 47 f. VV). Weshalb er gleichwohl
dieses objektive Kriterium des Anforderungsprofils nicht erfüllen soll, wie der
Antragsteller meint, erschließt sich dem Senat nicht.
Soweit der Antragsteller die Auswahlentscheidung insgesamt in Frage stellt, weil die
Antragsgegnerin einen Bewerber mit einbezogen habe, der über keinerlei Erfahrung in
der federführenden Gesetzgebung verfüge (vgl. Auswahlvermerk, Seite 7, letzter Absatz,
Bl. 125 VV), kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Das Anforderungsprofil verlangte
nicht zwingend „federführende“ Gesetzgebungserfahrung, sondern „langjährige und
umfassende Erfahrungen möglichst in allen Aspekten der Gesetzgebung“. Die
Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass sich aus dem Wort „möglichst“ ergibt,
dass es wünschenswert, nicht aber zwingend notwendig ist, Erfahrungen in allen
Bereichen der Gesetzgebung aufzuweisen. Ob die Einbeziehung eines unzulässigen,
letztlich aber auch nicht berücksichtigten Bewerbers in die Auswahlentscheidung
tatsächlich den gesamten Auswahlvorgang in Frage stellen würde, kann vor diesem
Hintergrund auf sich beruhen.
4. a) Auch der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe sich bei ihrer
Auswahlentscheidung ausschließlich und unzulässigerweise von der Anlassbeurteilung
des Beigeladenen leiten lassen, greift nicht. Zwar erscheint es - wie im Übrigen bereits
das Verwaltungsgericht festgestellt hat - fraglich, ob die Anlassbeurteilung des
Beigeladenen für die Auswahlentscheidung herangezogen werden durfte, weil eine
hinreichend aktuelle Regelbeurteilung vorlag und weil die Anlassbeurteilung des
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hinreichend aktuelle Regelbeurteilung vorlag und weil die Anlassbeurteilung des
Beigeladenen lediglich einen Zeitraum von acht Monaten umfasste, während der
Antragsteller für einen Zeitraum von 64 Monaten beurteilt wurde. Diese Frage bedarf
jedoch keiner Entscheidung, weil die Antragsgegnerin ihre Auswahlentscheidung - anders
als der Antragsteller behauptet - auch auf die einen Zeitraum von 56 Monaten (Bl. 56
VV) umfassende Regelbeurteilung gestützt hat und der Beigeladene auch nach der
Regelbeurteilung in den aus Sicht der Antragsgegnerin entscheidenden Kriterien einen
Leistungsvorsprung aufweist.
Dass die Antragsgegnerin sowohl die Anlassbeurteilung des Beigeladenen als auch
dessen Regelbeurteilung in die Auswahlentscheidung einbezogen hat, ergibt sich
unzweideutig aus der Synopse der Einzelnoten der Bewerber, die als Anlage 4
Bestandteil des Auswahlvermerks ist (Bl. 185 f. VV). Darin wird bei den Einzelnoten in
Klammern die Note der Regelbeurteilung genannt, sofern sie von der in der
Anlassbeurteilung erreichten Note abweicht. Bestätigt wird dieser Befund weiter durch
die vom Antragsteller selbst zitierte Textstelle des Auswahlvermerks vom 8. April 2010,
wonach der Beigeladene nach den Noten in der Anlassbeurteilung einen
Leistungsvorsprung vor dem Antragsteller habe, sich daran aber auch dann nichts
ändere, wenn man die Regelbeurteilung des Beigeladenen zugrunde lege (Bl. 125 VV).
b) Das an den Antragsteller gerichtete Schreiben der Antragsgegnerin vom 8. April 2010
(Bl. 25 d.A.), wonach für die Auswahlentscheidung auf die aktuellen dienstlichen
Beurteilungen abgestellt worden sei, ist im Gesamtkontext so zu verstehen, dass dies
die Regelbeurteilung einbezieht. Selbst wenn man es im vom Antragsteller behaupteten
Sinne verstünde, wäre dies für die sich aus dem Auswahlvermerk ergebende
Begründung der Auswahlentscheidung unerheblich.
c) Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang weiter bemängelt, dass der
Auswahlvermerk die für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Kriterien nicht darlege
und bewerte, verkennt er, dass sich dies aus der bereits erwähnten Synopse ergibt.
Darin sind sämtliche Einzelnoten der Bewerber aus den dienstlichen Anlass- und
Regelbeurteilungen tabellarisch aufgeführt und bestimmten Leistungskriterien
zugeordnet. Welche dieser Leistungskriterien die Antragsgegnerin ihrer
Auswahlentscheidung als maßgeblich zugrunde gelegt hat, ergibt sich aus der farblichen
Unterlegung, die in der Legende der Synopse erläutert wird.
Der Beigeladene ist in den danach maßgeblichen führungsrelevanten Kriterien auch in
der Regelbeurteilung besser beurteilt worden als der Antragsteller. Zwar weist der
Antragsteller bei dem Kriterium „Konflikt- und Kritikverhalten in der Führungssituation“
eine um eine Notenstufe höhere Note als der Beigeladene auf. Dafür verfügt der
Beigeladene bei zwei Kriterien („Delegationsverhalten“ und „konstruktive
Zusammenarbeit“) über jeweils um eine Notenstufe höhere Note als der Antragsteller.
d) Es ist ferner nicht nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin die Grundsätze der
Gleichbehandlung und der Chancengleichheit verletzt habe, weil die
Auswahlentscheidung nicht ausschließlich auf die Regelbeurteilung des Beigeladenen
gestützt worden sei. Die bereits dargelegten Gründe machen deutlich, dass es ohne
Auswirkungen auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung ist, auf welche der
Beurteilungen des Beigeladenen man diese stützt.
5. Soweit der Antragsteller einwendet, für die Regelbeurteilung des Beigeladenen seien
andere Maßstäbe angewendet worden als für die Anlassbeurteilung des Antragstellers,
rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Zwar weist er zutreffend darauf hin, dass im
Schreiben der Personalabteilung vom 12. Januar 2010, in dem dazu aufgefordert wird,
eine Anlassbeurteilung für den Antragsteller zu fertigen, ausdrücklich auf § 13 der
Beurteilungsrichtlinie 2009 hingewiesen wird, wonach innerhalb einer Vergleichsgruppe
der Anteil der höchsten Notenstufe 5% und der Anteil der zweithöchsten Notenstufe
10% nicht überschreiten soll (Bl. 73 f. VV), während dieser Hinweis im entsprechenden,
den Beigeladenen betreffenden Schreiben vom 20. Januar 2010 gestrichen worden war
(Bl. 107 f. VV). Dieser Umstand ist indessen ersichtlich ohne Einfluss auf das Ergebnis
der Auswahlentscheidung geblieben. Das zeigt sich schon daran, dass der Antragsteller
und der Beigeladene identische Gesamtnoten erhalten haben. Die Annahme des
Antragstellers, nur wegen des Fehlens des Hinweises auf § 13 der Beurteilungsrichtlinie
2009 hätten die Beurteiler den Beigeladenen bei der Anlassbeurteilung bei zwei
Einzelnoten heraufsetzen können, geht schon deshalb fehl, weil die genannte Quotierung
bei Einzelnoten nicht (unmittelbar) gilt. Im Übrigen hat der Beigeladene bei der
Anlassbeurteilung keine gegenüber der Regelbeurteilung bessere Gesamtnote erhalten.
Es kommt hinzu, dass aus den dargelegten Gründen ohnehin nicht maßgeblich auf die
Anlassbeurteilung, sondern auf die Regelbeurteilung des Beigeladenen abzustellen ist.
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Anlassbeurteilung, sondern auf die Regelbeurteilung des Beigeladenen abzustellen ist.
Die Regelbeurteilung des Beigeladenen, die zum Stichtag 1. Mai 2009 erfolgte, wurde
aber ebenfalls nach der Beurteilungsrichtlinie 2009 gefertigt (§ 24 Abs. 2
Beurteilungsrichtlinie 2009). Es kann davon ausgegangen werden, dass deren § 13 Abs.
1 dabei berücksichtigt wurde.
Der Behauptung des Antragstellers, das Streichen der Beschränkung des § 13 der
Beurteilungsrichtlinie habe zu einer „Notenexplosion“ geführt, muss nicht
nachgegangen werden, weil der Beigeladene auch nach der Regelbeurteilung einen
Leistungsvorsprung in den führungsrelevanten Kriterien vor dem Antragsteller aufweist.
Aus den gleichen Gründen muss nicht erörtert werden, ob dem Vortrag der
Antragsgegnerin gefolgt werden kann, wonach der Hinweis auf § 13 der
Beurteilungsrichtlinie in den Fällen entbehrlich war, in denen die Voraussetzungen des §
8 der Beurteilungsrichtlinie 2009 vorlagen, wonach sich die angeforderten
Anlassbeurteilungen auf einen Beurteilungsvermerk beschränken konnten (vgl. Seite 5,
Ziffer 2. des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 17. Juni 2010, Bl. 64, 68 d.A.).
6. Aus dem Hinweis des Antragstellers, seine Beurteilung weise insgesamt ein besseres
Notenbild als die Beurteilung des Beigeladenen auf, folgt ebenfalls kein anderes
Ergebnis, weil er dabei die von der Antragsgegnerin vorgenommene Gewichtung außer
Acht lässt, die aus den schon vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen von ihrem
Beurteilungsspielraum gedeckt ist. Dass er nach dieser Gewichtung leistungsmäßig
schlechter als der Beigeladene beurteilt wurde, räumt er selbst ein (Seite 18 seines
Schriftsatzes vom 28. Oktober 2010). Dass dieser Vorsprung gering ist, ist im Ergebnis
ohne Belang.
Seine Auffassung, die Antragsgegnerin hätte bei der Auswahlentscheidung zwingend
seinen Notenvorsprung gegenüber dem Beigeladenen in den sog. nachrangigen
Kriterien sowie bei der Dauer der Führungserfahrung und das um zehn Jahre höhere
Dienstalter berücksichtigen müssen, verkennt den Beurteilungsspielraum der
Antragsgegnerin für ihre Personalentscheidungen. Bereits das Verwaltungsgericht hat
auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen, wonach die im
Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung,
Befähigung und fachlicher Leistung ein Akt wertender Erkenntnis ist, der vom Gericht nur
beschränkt darauf überprüft werden kann, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff
verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt,
allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt
hat; es ist dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn überlassen, welchen
(sachlichen) Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht
beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem
öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern
nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist (BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1981 - 2 C
42/79 -, DVBl. 1982, S. 198, Rn. 19 bei juris). Angesichts der Funktion des
Unterabteilungsleiters als Vorgesetzter erscheint es - wie schon in dem angegriffenen
Beschluss ausgeführt wird - nicht sachwidrig, die Auswahlentscheidung primär an den
führungsrelevanten Kriterien zu orientieren.
Im Übrigen legt der Antragsteller weder dar, weshalb der Beurteilungsspielraum der
Antragsgegnerin insoweit eingeschränkt gewesen sein sollte noch ist ersichtlich, dass die
Antragsgegnerin sich bei der Bewertung und Gewichtung von sachfremden
Gesichtspunkten hat leiten lassen. Der Antragsteller räumt selbst ein, dass der
Dienstherr die Kriterien des Anforderungsprofils bewerten und gewichten darf.
7. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat die Antragsgegnerin bei der
Auswahlentscheidung auch nicht gegen § 9 Abs. 3 der Beurteilungsrichtlinie 2009
verstoßen. Danach sind in den dienstlichen Beurteilungen die für die Aufgabenerfüllung
besonders wichtigen Beurteilungskriterien durch Ankreuzen zu kennzeichnen
(Gewichtung). Der Antragsteller meint, dass die im Rahmen der aktuellen
Aufgabenerfüllung als besonders bedeutsam gewichteten Kriterien in gleichem Maße für
die Auswahlentscheidung gewichtet werden müssten. Das ist nicht der Fall.
Mit dem Verwaltungsgericht ist ihm entgegenzuhalten, dass gegen diese Sichtweise
schon der retrospektive Charakter der dienstlichen Beurteilung gegenüber dem
prognostischen Charakter der Auswahlentscheidung spricht. Die Argumentation des
Antragstellers ergäbe auch nur insoweit Sinn, dass diejenigen Aufgaben, die für die
aktuelle, dienstlich beurteilte Tätigkeit besonders wichtig sind, in gleichem Maße
Bedeutung für die mit dem erstrebten Beförderungsamt verbundene Tätigkeit haben.
Das kann nicht angenommen werden und wird auch vom Antragsteller selbst nicht
behauptet. Im Übrigen wurde die Auswahlentscheidung nicht von den Verfassern der
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behauptet. Im Übrigen wurde die Auswahlentscheidung nicht von den Verfassern der
dienstlichen Beurteilungen getroffen. Folgte man der Ansicht des Antragstellers, könnten
die Beurteiler die für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Kriterien in erheblichem
Maße vorgeben. Das wäre mit dem weiten Beurteilungsermessen des Dienstherrn, der
im gesetzlich vorgegebenen Rahmen selbst entscheiden darf, welche Personalpolitik er
betreibt, nicht vereinbar. Entgegen der Auffassung des Antragstellers war die
Antragsgegnerin daher nicht gehindert, die Leistungskriterien bei der
Auswahlentscheidung anders zu gewichten als dies in den dienstlichen Beurteilungen
erfolgt war.
Auch der Vortrag, der Dienstherr selbst stelle einen Zusammenhang zwischen den
Ausschreibungskriterien und den Beurteilungskriterien her, rechtfertigt keine andere
Entscheidung. Die aus dem Vermerk zur Stellenausschreibung vom 4. Dezember 2009
vom Antragsteller angeführte Passage zitiert er unvollständig und damit tendenziell
sinnentstellend. Auf Seite 3 des genannten Vermerks heißt es unter „b)“ im 2. Absatz:
„Die übrigen Anforderungskriterien werden in erster Linie durch Auswertung der
dienstlichen Beurteilungen zu ermitteln sein; sie sind daher in der Formulierung an die
Beurteilungskriterien angelehnt.“ (Bl. 3 VV). Dies erhellt, dass die Antragsgegnerin
keineswegs von einer ähnlichen Gewichtung der Auswahl- wie der Beurteilungskriterien
ausgegangen ist. Lediglich die Formulierung der Kriterien sollte ähnlich erfolgen, um die
Auswahl besser nachvollziehbar zu machen.
8. Schließlich ist dem Antragsteller nicht in der Auffassung zu folgen, die
Antragsgegnerin habe bei der Auswahlentscheidung die Vorgaben des
Anforderungsprofils, an die sie gebunden gewesen sei, nicht hinreichend beachtet. Er
meint, die Antragsgegnerin habe „durch die Schaffung von Kompetenzbereichen“ neue
Kriterien aufgestellt, die das Anforderungsprofil in seiner Struktur verändert hätten. Das
ist unzutreffend.
Zunächst ist festzuhalten, dass die in der letztlich die Grundlage der
Auswahlentscheidung bildenden Bewertungssynopse aufgeführten Kriterien identisch mit
den im Anforderungsprofil genannten Kriterien sind. Damit ist allenfalls fraglich, ob die
Antragsgegnerin gezwungen war, sämtlichen dieser Kriterien das gleiche Gewicht
beizumessen oder ob sie einzelnen Kriterien größere Bedeutung als den übrigen
beimessen durfte. Von letzterem ist - wie bereits mehrfach ausgeführt - aufgrund des
Beurteilungsspielraums auszugehen.
Auch die Behauptung des Antragstellers, zahlreiche Ausschreibungskriterien seien in
„allgemeine persönliche Qualitätsmerkmale“, die nicht Eingang in die Bewertung
gefunden hätten, „umqualifiziert“ worden, findet keine Stütze in den Akten. Die
Antragsgegnerin hat erkennbar auf sämtliche Auswahlkriterien abgestellt. Die
gegenteilige Annahme rechtfertigende Umstände sind nicht ersichtlich. Alle
berücksichtigten Bewerber haben sämtliche der im Anforderungsprofil genannten
Kriterien erfüllt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass nachträglich einzelnen der in
der Stellenausschreibung aufgeführten Anforderungskriterien keine Bedeutung mehr
zugemessen wurde.
9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren dem Antragsteller nicht
aufzuerlegen, weil der Beigeladene im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und
sich somit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die
Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung
mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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