Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 22.06.2010

OVG Berlin-Brandenburg: aufenthaltserlaubnis, anmerkung, ausländerrecht, link, sammlung, quelle, anwendungsbereich, gefahr, wahrscheinlichkeit, obsiegen

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 12.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 12 M 40.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 Abs 1 AufenthG, § 29 Abs
3 AufenthG, Art 3 Abs 2c EGRL
86/2003, Art 23 Abs 1 EGRL
83/2004, Art 23 Abs 2 EGRL
83/2004
Familiennachzug zum Ehemann; Aufenthaltserlaubnis des
Ehemannes nach § 23 Abs. 1 AufenthG; keine besonderen
humanitären Gründe für den Nachzug; keine Erweiterung der
Rechtstellung durch die Familienzusammenführungsrichtlinie
oder die Qualifikationsrichtlinie
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom
22. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe ist nicht
begründet. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klage keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg biete, ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens
nicht zu beanstanden, § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 ZPO.
Die Bejahung hinreichender Erfolgsaussichten setzt grundsätzlich nicht voraus, dass der
Prozesserfolg schon gewiss ist. Es genügt vielmehr eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die
jedenfalls dann gegeben ist, wenn der Ausgang des Verfahrens offen ist und ein
Obsiegen ebenso in Betracht kommt wie ein Unterliegen.
Gemessen daran hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Kläger auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen. Daran ändert auch das
Beschwerdevorbringen nichts.
Als Rechtsgrundlage für den von der Klägerin begehrten Nachzug zu ihrem in
Deutschland lebenden Ehemann kommt allein § 29 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in Betracht,
weil der Ehemann derzeit über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG
verfügt. Dass die danach im nationalen deutschen Recht für den Nachzugsanspruch
bestehenden Voraussetzungen nicht erfüllt sind, hat das Verwaltungsgericht in der
angefochtenen Entscheidung in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt.
Soweit die Klägerin sich zur Stützung ihres Anspruchs auf Vorschriften der
Familiennachzugsrichtlinie (Richtlinie 2003/86/EG des Rates der Europäischen Union vom
22. September 2003 - ABl. L 251) sowie der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2004/83
des Rates vom 29. April 2004 - ABl. L 304 -) beruft, kann ihr nicht gefolgt werden. Gemäß
Artikel 3 Abs. 2 Buchstabe c ist die Anwendung der Familienzusammenführungsrichtlinie
im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Der Ehemann der Klägerin hat eine
Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG erhalten. Ihm ist deshalb im Sinne von
Artikel 3 Abs. 2 Buchstabe c FamRL der Aufenthalt in Deutschland aufgrund subsidiärer
Schutzformen genehmigt worden. Dies führt zur Unanwendbarkeit der Richtlinie (vgl.
dazu auch Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. März 2010 - VG 30 K 1451.09 V
- nicht rechtskräftig).
Auch die Qualifikationsrichtlinie vom 30. September 2004 verbessert die Rechtsstellung
der Klägerin nicht. Rechte aus dieser Richtlinie könnte die Klägerin nur herleiten, wenn
ihrem Ehemann im Sinne von Artikel 2 Buchst. e der Richtlinie „subsidiärer Schutz“ in
Deutschland gewährt worden wäre, weil er sich bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland
tatsächlich in der Gefahr befunden hätte, einen ernsthaften Schaden im Sinne von
Artikel 15 der Richtlinie zu erleiden. Diese Voraussetzungen sind im Falle des
Ehemannes der Klägerin, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 5 Satz 2 i.V.m.
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Ehemannes der Klägerin, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 5 Satz 2 i.V.m.
§ 23 Abs. 1 AufenthG erhalten hat, nicht erfüllt.
Davon abgesehen ergäbe sich ein Anspruch nach der Qualifikationsrichtlinie auch dann
nicht, wenn der Anwendungsbereich eröffnet wäre. Zwar bestimmt Artikel 23 Abs. 1
QualRL, dass die Mitgliedstaaten für eine Aufrechterhaltung des Familienverbandes
Sorge tragen. Doch ist in Artikel 23 Abs. 2 Satz 2 QualRL ausdrücklich geregelt, dass die
Mitgliedstaaten die Bedingungen festlegen können, unter denen Familienangehörigen
von Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, diese
Vergünstigungen erhalten. Dies ist im nationalen deutschen Recht mit dem EU-
Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1917) nach Auffassung
des Senats in angemessener Weise geschehen, wonach der Erwägung Nr. 29 zur
Qualifikationsrichtlinie Rechnung getragen worden ist. Anderslautenden Stimmen in
Rechtsprechung und Literatur (VG Frankfurt am Main - Urteil vom 30. Mai 2007 - 7 E
801/07 A [V] - ZAR 2007, S. 331 f. mit zustimmender Anmerkung von Pfersich; Göbel-
Zimmermann in Huber, Aufenthaltsgesetz, Kommentar, 2010, § 29 AufenthG Rn. 7;
Hoffmann in Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, Handkommentar, § 29 AufenthG Rn.
18 ff.) folgt der Senat nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer
Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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