Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 10.11.2010

OVG Berlin-Brandenburg: androhung, anhörung, vergleich, link, quelle, sammlung, vertreter, protokollierung, zwangsmittel, einwendung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 11.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 11 L 49.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 146 Abs 1 VwGO
Statthaftigkeit der Beschwerde gegen Entscheidung der
Vorsitzenden des ersten Rechtszugs
Tenor
Auf die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners wird der Beschluss des
Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. November 2010 geändert und auch der Hilfsantrag
zurückgewiesen
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Vollstreckungsgläubiger.
Gründe
Mit Beschluss vom 10. November hat das Verwaltungsgericht auf den Hilfsantrag des
Vollstreckungsgläubigers dem Vollstreckungsschuldner das Zwangsmittel des
unmittelbaren Zwangs für den Fall angedroht, dass er nicht „einem medizinisch-fachlich
kompetenten Mitarbeiter des Vollstreckungsgläubigers sowie einem diesen zum Zweck
der Protokollierung der Befunde begleitenden Mitarbeiter“ am 11. November 2010,
13.00 Uhr, die Möglichkeit zur Besichtigung seiner Praxisräume in der O., gewähre.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vollstreckungsschuldners ist zulässig. Sie ist
statthaft. Der im Ausgangsverfahren VG 14 L 92.10 geschlossene Vergleich vom 7. Juli
2010 ist nach § 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO ein Vollstreckungstitel, dessen Vollstreckung
zugunsten der öffentlichen Hand nach § 169 Abs. 1 VwGO vorgenommen wird.
Vollstreckungsbehörde ist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Vorsitzende des ersten
Rechtszugs. Ob gegen eine solche Entscheidung der Vorsitzenden die Erinnerung (§ 167
VwGO, § 766 Abs. 1 ZPO) oder die Beschwerde (§ 146 Abs. 1 VwGO) gegeben ist, richtet
sich nach der Qualifizierung des Vollstreckungsaktes. Sobald es sich um eine richterliche
Entscheidung im eigentlichen Sinne, also um eine Entscheidung der Vorsitzenden nach
Anhörung des Vollstreckungsschuldners, handelt, findet das Rechtsmittel der
Beschwerde statt; handelt es sich um eine Einwendung gegen eine reine
Vollstreckungshandlung, mithin gegen die Art und Weise der Vollstreckung, ist die
Erinnerung gegeben (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 7. August
2009 - 1 E 101/09 -, bei Juris, dort Rz.15 ; Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss
vom 22. August 2006 - 4 VO 691/06 -, DÖV 2007, 305, sowie bei Juris, dort Rz. 3,
m.w.N.). Da hier die Kammervorsitzende über die Androhung des Zwangsmittels des
unmittelbaren Zwangs nach Anhörung des Vollstreckungsschuldners „entschieden“ hat,
ist die Beschwerde das gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Rechtsmittel. Der
Vollstreckungsschuldner ist auch trotz Verstreichens des für den 11. November 2010
angesetzten Begehungstermins weiterhin beschwert, weil davon auszugehen ist, dass er
sich der Androhung nicht gebeugt hat und er deshalb mit der Festsetzung des
angedrohten Zwangsmittels rechnen muss.
Die Beschwerde ist auch begründet, weil der zu vollstreckende gerichtliche Vergleich
vom 7. Juli 2010 aus dem Verfahren VG 14 L 92.10 für die Androhung des Zwangsmittels
keine Grundlage bietet. Denn die hier einschlägige Ziffer 2 des Vergleichs regelt ihrem
Wortlaut nach eindeutig, dass der Vollstreckungsschuldner einer Besichtigung seiner
Praxisräume durch „einen“ Vertreter des Vollstreckungsgläubigers zustimmt. Dass der
Vollstreckungsschuldner während der Besichtigung die Anwesenheit eines weiteren
Mitarbeiters des Vollstreckungsgläubigers zu dulden hätte, ergibt der Vergleichstext
nicht. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es sich bei der zusätzlichen
Person nur um einen Protokollführer handeln soll, zumal das Verwaltungsgericht selbst
darauf hinweist, dass der Protokollant schon vorsorglich für den Fall streitiger Befunde
ein potentieller weiterer Zeuge sein sollte. Wäre es dem Vollstreckungsgläubiger hierauf
angekommen, hätte er auf einer entsprechenden Formulierung des Vergleichs bestehen
müssen.
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Auf die weiteren Einwände des Vollstreckungsschuldners kommt es hiernach nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf
es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht (vgl. Gebührentatbestand Nr.
5502 im Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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