Urteil des OLG Zweibrücken vom 08.04.2011

OLG Zweibrücken: auskunft, beendigung, kostenregelung, quelle, rechtsgrundlage, rücknahme, anfechtung, hauptsache, datum

OLG
Zweibrücken
08.04.2011
6 WF 27/11
Zeitpunkt der Kostenentscheidung
Beschluss vom 8. April 2011
Aktenzeichen:
6 WF 27/11
1 F 573/09
Amtsgericht Germersheim
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In der Familiensache
C… H…, …, …,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. P… und Kollegen, …, …,
gegen
B… H…, …, …,
Antragsgegner und Beschwerdegegner,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte D… und H…, …, …,
wegen Stufenantrag auf Zahlung von Trennungsunterhalt,
hier: Kostenentscheidung erster Instanz,
hat der 6. Zivilsenat – Familiensenat – des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
in der Besetzung gemäß § 568 Satz 2 ZPO
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Burger, die Richterin am Oberlandesgericht
Euskirchen und den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach
auf die am 1. Februar 2011 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom
selben Tag
gegen den ihr am 18. Januar 2011 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht –
Germersheim vom 12. Januar 2011
ohne mündliche Verhandlung am 8. April 2011
beschlossen:
I. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Im Übrigen hat der Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf bis zu 900,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die Antragstellerin nimmt den von ihr getrennt lebenden Antragsgegner, ihren Ehemann, auf Zahlung von
Trennungsunterhalt seit Oktober 2009 im Wege des Stufenantrags in Anspruch. Der Antrag ist am 29.
Dezember 2009 bei Gericht eingegangen. Außergerichtlich hat die Antragstellerin ihren Anspruch
vorläufig auf monatlich 1.000,00 € beziffert.
Das Verfahren befindet sich in der ersten Stufe. Nachdem der Antragsgegner teilweise Auskunft erteilt hat,
hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 3. Mai 2010 mitgeteilt, dass sie sich weitere Informationen
außergerichtlich beschaffen wolle und sodann ihre Forderung beziffern werde.
Mit Beschluss vom 25. November 2010 hat das Familiengericht den Verfahrenswert vorläufig auf 1.000,00
€ festgesetzt und sodann mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. Januar 2011 der Antragstellerin die
Kosten des Verfahrens auferlegt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie unter Erweiterung ihres
ursprünglichen Auskunftsantrages beantragt, dem Verfahren seinen Fortgang zu geben.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Kostenentscheidung.
Nach der Rechtsprechung des Senats sind in Familienstreitsachen auf Beschwerden gegen sog. isolierte
Kostenentscheidungen, die ohne gleichzeitige Hauptsacheentscheidung ergehen, gemäß § 113 Abs. 1
FamFG die Vorschriften der ZPO anzuwenden, insbesondere die §§ 91a Abs. 2, 269 Abs. 5, 99 Abs. 2
ZPO jeweils i.V.m. §§ 567 ff. Gemäß der ZPO gilt für die Anfechtung die Zwei-Wochen-Frist nach § 569
Abs. 1, weiterhin wird ein Beschwerdewert von – nur – 200,00 € vorausgesetzt (§ 567 Abs. 2) und es
besteht die grundsätzliche Zuständigkeit des Einzelrichters gemäß § 568 (Senat, Beschluss vom 30. März
2011, Az. 6 WF 224/10).
Das Rechtsmittel ist statthaft. Dem steht nicht entgegen, dass die Kostenentscheidung weder nach
Erledigung der Hauptsache noch nach Rücknahme des Antrags noch im Zusammenhang mit einem
Anerkenntnis ergangen ist. Entscheidend ist nämlich, dass es an einer Hauptsacheentscheidung fehlt, die
– bei Anwendung des § 99 Abs. 1 ZPO – mit einem Rechtsmittel angefochten werden könnte, um (auch)
die Kostenentscheidung zu beseitigen. Vielmehr ist das Amtsgericht offenbar von einer der Erledigung
oder Antragsrücknahme gleichstehenden Verfahrenslage ausgegangen.
Die Beschwerde ist fristgemäß eingelegt worden, nämlich mit Faxschreiben der Kanzlei der
Verfahrensbevollmächtigten vom 1. Februar 2011. Der Eingang des Faxschreibens beim Amtsgericht ist
zwar nicht ordnungsgemäß (entweder durch Eingangsstempel oder durch Eingangsvermerk des
behördlichen Faxgerätes) dokumentiert. Der Senat geht jedoch zugunsten der Antragstellerin davon aus,
dass der von ihr angegebene Absendezeitpunkt auch dem Eingangszeitpunkt bei Gericht entspricht, da
für Entgegenstehendes keine Anhaltspunkte bestehen.
Der Beschwerdewert von 200,00 € ist auch auf der Grundlage des vorläufig festgesetzten
Verfahrenswertes von 1.000,00 € erreicht. Es kann deshalb an dieser Stelle dahinstehen, ob nicht
aufgrund der Angaben der Antragstellerin von einem höheren Verfahrenswert schon für die Auskunftstufe
auszugehen wäre.
In der Sache ist die Kostenentscheidung ersatzlos aufzuheben, da sie ohne jegliche Rechtsgrundlage
ergangen ist. Insbesondere stellt die Regelung des § 81 Abs. 1 Satz 3 FamFG – die hier in einem der
angefochtenen Entscheidung vorausgegangenem Aktenvermerk erwähnt wird – einen Rechtsgrund nicht
dar. Dies gilt nicht nur, weil diese Vorschrift gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG auf Familienstreitsachen –
wie hier vorliegend – schon nicht anwendbar ist. Denn die dem Familiengericht gemäß § 81 Abs. 1 Satz 3
FamFG obliegende Kostenentscheidung kann und darf erst dann erfolgen, wenn das Verfahren
abgeschlossen ist. Dies ergibt sich aus § 82 FamFG, wonach die Kostenentscheidung in der
Endentscheidung zu treffen ist, was zugleich bedeutet, dass eine Kostengrundentscheidung nicht in
Zwischenentscheidungen gehört (oder als Zwischenentscheidung isoliert erfolgen darf), sondern erst in
die einen Rechtszug beendende Entscheidung (Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 82 FamFG Rdn.1).
Für die Familienstreitsachen und nach den Bestimmungen der ZPO – hier: § 308 Abs. 2 - kann nichts
anderes gelten (vgl. nur Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rdn. 4 und 10).
Vorliegend ist das Verfahren noch nicht beendet. Es wurde lediglich von der Antragstellerin nicht zügig
betrieben, so dass es nach der Aktenordnung nach Ablauf von 6 Monaten weggelegt werden konnte.
Dieser rein verwaltungstechnische Vorgang steht jedoch einer verfahrensrechtlichen Beendigung nicht
gleich. Eine Kostenentscheidung darf nicht getroffen werden, da das Verfahren jederzeit wieder
aufgenommen und fortgeführt werden kann und sodann unter Umständen die getroffene Kostenregelung
nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG wegen der
unrichtigen Sachbehandlung nicht erhoben. Im Übrigen ergibt sich die Kostenentscheidung im Hinblick
auf den vollen Erfolg der Beschwerde und den Umstand, dass der Antragsgegner bisher nur lückenhaft
die ihm obliegende Auskunft erteilt hat, aus § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.
Der Verfahrenswert der Beschwerde ergibt sich aus dem verfolgten Kosteninteresse.
Burger Euskirchen Hengesbach