Urteil des OLG Stuttgart vom 01.02.2016

einstellung des verfahrens, disziplinarverfahren, antragsrecht, absicht

OLG Stuttgart Beschluß vom 1.2.2016, DGH 1/15
Leitsätze
1. In Disziplinarklageverfahren ist ein Richter oder ein diesem gleichgestellter
Beklagter auch in Verfahren vor dem Dienstgerichtshof berechtigt, sich selbst zu
vertreten, und bedarf keines Bevollmächtigten. § 67 Abs. 2 VwGO findet keine
Anwendung.
2. Das Antragsrecht nach § 32 Abs. 1 Nr. 8 LRiStAG BW steht neben Richtern
sämtlichen gesetzlich gleichgestellten Personen, auch den sog. "badischen
Amtsnotaren", zu. Damit ist bei diesem Personenkreis auch die darauf bezogene
Hinweispflicht in § 75 Abs. 7 Satz 2 LRiStAG BW zu beachten.
3. Zur Frage der Anwendbarkeit und der Abgrenzung des § 4 BeurkG bzw. des § 14
Abs. 2 BNotO zu § 17 Abs. 2 BeurkG.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Der Gerichtsbescheid des Dienstgerichts für Richter beim Landgericht Karlsruhe vom
4. Dezember 2014 ist unwirksam.
Der Kläger/Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden
Rechtszügen.
Gründe
1 Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung am 1.
Februar 2016 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren
einzustellen, die Unwirksamkeit des am 4. Dezember 2014 ergangenen
Gerichtsbescheids des Dienstgerichts für Richter festzustellen (vgl. Kopp/Schenke,
VwGO, Kommentar, 21. Aufl. 2015 § 161 Rn. 15) und gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1
VwGO über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter
Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.
2 Diese Regelung findet nach § 76a Abs. 1 Satz 1 Landesrichter- und -
staatsanwaltsgesetz in der hier anwendbaren Fassung vom 07.05.2013 (Gesetz
vom 16.04.2013, GBl. S. 77 - LRiStAG -) auch auf das vorliegende
dienstgerichtliche Verfahren Anwendung, da hinsichtlich der Beendigung eines
Verfahrens nach übereinstimmender Erledigungserklärung das Landesrichter- und
staatsanwaltsgesetz keine abweichende Regelung enthält. Insbesondere ist das
Verfahren nicht von Gerichts wegen einzustellen, denn auf Disziplinarverfahren,
die nach dem 07.05.2013 eingeleitet wurden, ist die frühere, bis zum 21.10.2008 in
Kraft befindliche Landesdisziplinarordnung und deren § 74 Abs. 1 nicht mehr
anwendbar (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur
Änderung des Landesrichtergesetzes vom 05.03.2013, LT-Drucks. 15/3161 S. 31
f. zum Dritten Titel und besonders S. 44 f. zu § 76a Abs. 3). Auch eine Einstellung
nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 Landesdisziplinargesetz (LDG) kommt nicht in Betracht, da
diese Norm allein das behördliche Disziplinarverfahren erfasst.
3 Es entspricht billigem Ermessen, die Verfahrenskosten in voller Höhe dem Kläger
und Berufungsbeklagten aufzuerlegen, denn zum Zeitpunkt des erledigenden
Ereignisses - der Versetzung des Beklagten und Berufungsklägers in den
Ruhestand zum 1. Juli 2015 - wäre die Disziplinarklage aller Voraussicht nach
abzuweisen gewesen.
4 Dabei geht der Dienstgerichtshof von der Zulässigkeit der Berufung aus. Der
Beklagte/Berufungskläger hat die Berufung innerhalb der Monatsfrist des § 76 b
Abs. 2 Satz 1 LRiStAG eingelegt und sie auch innerhalb der Frist von zwei
Monaten ab Zustellung (§ 76 b Abs. 2 Satz 2 LRiStAG) begründet. Hierzu bedurfte
er keines Prozessbevollmächtigten gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO. Dies ergibt
sich nicht aus § 67 Abs. 4 Satz 8 VwGO, denn obschon der Beklagte die
Befähigung zum Richteramt besitzt, so unterfällt er doch nicht einer der genannten
Maßgaben. Vielmehr ergibt sich das Selbstvertretungsrecht bereits unmittelbar aus
§ 76 b Abs. 2 Satz 1 LRiStAG, der hinsichtlich der Einlegung der Berufung in
dienstgerichtlichen Verfahren gegenüber den die Berufung regelnden Normen der
Verwaltungsgerichtsordnung eine spezielle Regelung enthält (vgl. § 76 b Abs. 1
Satz 2 LRiStAG). So kann, anders als in den ausdrücklich für nicht anwendbar
erklärten § 124 a Abs. 2 und auch Abs. 4 VwGO vorgesehen, die Berufung gegen
ein Urteil des Dienstgerichts auch „zur Niederschrift des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle bei dem Dienstgericht“ eingelegt werden. Diese Möglichkeit
entspricht der Regelung zur Klageerhebung bei den Verwaltungsgerichten in § 81
Abs. 1 Satz 2 VwGO, bei denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen
können, § 67 Abs. 1 VwGO. Aus dieser parallelen Regelung verbunden mit dem
Umstand, dass die als Einzelperson in dienstgerichtlichen Verfahren Beteiligten
per definitionem über die Befähigung zum Richteramt verfügen, folgt, dass auch
der Beklagte das Berufungsverfahren selbst führen durfte und daher die Berufung
auch selbst wirksam einlegen und begründen konnte (ebenso BGH Dienstgericht
des Bundes, Urteil vom 13.02.2014 - RiZ (R) 5/13 -, NJW-RR 2014, 702-704 und
Juris, Rn. 17: § 67 VwGO wegen der Besonderheiten des dienstgerichtlichen
Verfahrens nicht sinngemäß anzuwenden).
5 Die Berufung hätte voraussichtlich auch Erfolg gehabt. Denn es bestanden zum
Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (und bestehen weiterhin) durchgreifende
Zweifel an der Zulässigkeit der Disziplinarklage, die wohl zu deren Abweisung
hätten führen müssen. Auch wenn es nach eingetretener Erledigung der Klärung
schwieriger Rechtsfragen nicht mehr bedarf (vgl. dazu wie auch zur Unzulässigkeit
einer Beweisaufnahme Kopp/Schenke a.a.O. § 161 Rn. 15 letzter Absatz m. w.
Nachw.), so sprechen folgende Überlegungen doch für die Annahme, dass vor
Klageerhebung dem Beklagten hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, ein
für ihn zuständiges Gremium der Personalvertretung anzurufen, und dass der
Umstand, dass dem Beklagten diese Gelegenheit nicht eröffnet wurde, einen
erheblichen formalen Fehler darstellt, der zur Unzulässigkeit der Klage führt:
6 Nach § 75 Abs. 7 Satz 1 und Satz 2 LRiStAG gibt die zur Entscheidung berufene
oberste Disziplinarbehörde - hier das Justizministerium als oberste Dienstbehörde
(vgl. 72 a Abs. 1 Nr. 3 LRiStAG) - dann, wenn sie keine Einstellung des Verfahrens
beabsichtigt, dem Richter Gelegenheit, „sein Antragsrecht nach § 32 Absatz 1
Nummer 8 auszuüben“, also den Präsidialrat anzurufen. Erst „danach und
gegebenenfalls nach der Beteiligung des Präsidialrats stellt die oberste
Disziplinarbehörde das Verfahren entweder ein oder sie erhebt Disziplinarklage
zum Dienstgericht“ (§ 75 Abs. 7 Satz 3 LRiStAG). Die Einhaltung dieses Procedere
ist somit im Falle der gegen einen Richter angestrengten Disziplinarklage eine
Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage. Auf Disziplinarverfahren gegen
Staatsanwälte finden u.a. die §§ 75-77 LRiStAG „entsprechende Anwendung“, §
93 LRiStAG. Dies führt dazu, dass im Falle der Erhebung einer Disziplinarklage
gegen einen Staatsanwalt nicht der Präsidialrat, sondern der „in Angelegenheiten
der Staatsanwälte“ dessen Aufgaben wahrnehmende Hauptstaatsanwaltsrat (vgl.
§ 88 Abs. 3 Satz 2 LRiStAG) in entsprechender Weise zu beteiligen bzw. dessen
Beteiligung zu ermöglichen ist. § 98 LRiStAG, der im Sechsten Abschnitt des
Gesetzes steht und damit „Notare mit Richteramtsbefähigung im Landesdienst
(Oberlandesgerichtsbezirk Karlsruhe)“ - sog. badische Amtsnotare - betrifft,
normiert für diesen Personenkreis betreffende Disziplinarverfahren: „Für das
Verfahren gilt § 93 entsprechend.“ Im Wege der Verweisung findet somit auch § 75
LRiStAG auf Disziplinarklagen gegen badische Amtsnotare „entsprechende
Anwendung“.
7 Damit ist auch badischen Amtsnotaren vor Klageerhebung die Möglichkeit zu
geben, „ihre“ Personalvertretung mit der Absicht der obersten Disziplinarbehörde,
eine gegen sie gerichtete Disziplinarklage anzustrengen, zu befassen. Entgegen
der vom Kläger vertretenen Ansicht kann nicht angenommen werden, dass ein
entsprechendes Antragsrecht - und der gebotene Hinweis hierauf - vor
Klageerhebung schon deshalb entfiele, weil weder Hauptstaatsanwaltsrat noch
Präsidialrat von einem badischen Amtsnotar gewählt werden und dieser auch im
Regelfall von keinem dieser Gremien vertreten wird. Vielmehr dürfte es sich in
einem solchen Fall gerade um jene „planwidrige Lücke“ handeln, die die
„entsprechende“ Anwendung des § 75 Abs. 7 Satz 2 und Satz 3 LRiStAG erst
ermöglicht mit der Folge, dass in den - seltenen - Fällen der gegen einen
badischen Amtsnotar gerichteten Disziplinarklage der Präsidialrat der ordentlichen
Gerichtsbarkeit (vgl. §§ 33, 34 Abs. 1 LRiStAG) auf entsprechenden Antrag zu
beteiligen sein dürfte.
8 Unstreitig fand ein Hinweis auf ein Antragsrecht nach § 75 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. §
32 Abs. 1 Nummer 8 LRiStAG vor Klageerhebung nicht statt. Da diese Möglichkeit
zum Schutze des Betroffenen eröffnet wird [vgl. zur vergleichbaren Regelung des §
80 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 Landespersonalvertretungsgesetz
(LVPG) in der damals gültigen Fassung VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom
01.02.2000 - D 17 S 1/00 -, Juris Rn. 3 f.], handelt es sich um einen erheblichen
formalen Mangel (vgl. Wittkowski, in: Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz,
Kommentar, 2011, § 34 Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 2 C 15/09 -,
BVerwGE 137, 192-199 und Juris Rn. 19). Ob dieser Mangel auch im Falle der
Erhebung einer gegen Richter oder gleichgestellte Amtsträger gerichteten
Disziplinarklage durch nachträglichen Hinweis auf eine mögliche Befassung des
Präsidialrats beseitigt werden kann, ist - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden
und für den Fall des Disziplinarverfahrens gegen Beamte streitig (vgl. zum
Streitstand Urban, in: Urban/Wittkowski a.a.O. § 55 Rn. 11; pro: betreffend die
Mitwirkung des Personalrats bei der Einleitungsverfügung BVerwG, Beschluss
vom 22.03.1989 - 1 DB 30/88 -, BVerwGE 86, 140-145, Juris Rn. 15; ebenso
BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 - 2 B 44/12 -, Juris Rn. 27; contra: wohl
BVerwG, Urteil vom 09.12.1999 - 2 C 4/99 -, BVerwGE 110, 173-180 und Juris Rn.
23 und 28; VG Stuttgart, Urteil vom 21.04.2010 - DL 20 K 2137/09 -, IÖD 2010,
142-144 und Juris Rn. 23; Altvater/Coulin/Klimpe-Auerbach,
Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg, Kommentar, 2. Aufl. 2012,
§ 80 Rn. 44). Einer Klärung dieser Frage bedarf es im vorliegenden Fall nicht, denn
zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses war ein solcher Hinweis jedenfalls
nicht erfolgt. So wäre im hier maßgeblichen Zeitpunkt die Klage wegen Vorliegens
eines erheblichen Mangels wohl abzuweisen gewesen.
9 Im Übrigen und ohne dass es für die Frage der Kostenverteilung von Bedeutung
wäre, wäre auch in materiell-rechtlicher Hinsicht, nämlich im Hinblick auf die
gegenüber dem Beklagten erhobenen Vorwürfe der schuldhaften Verletzung der
einem Notar durch § 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BNotO und § 17 Abs. 2 BeurkG
auferlegten Pflichten, ohne - nicht mehr gebotene - weitere
Aufklärungsbemühungen der Ausgang des Verfahrens offen gewesen. Dies ergibt
sich aus folgendem:
10 Die gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe lauten, er habe seine ihm
obliegenden Pflichten aus § 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BNotO und § 17 Abs. 2
BeurkG schuldhaft verletzt. Danach ist ein Notar nicht Vertreter einer Partei,
sondern unabhängiger und unparteiischer Betreuer der Beteiligten (§ 14 Abs. 1
Satz 2 BNotO). Er hat seine Amtstätigkeit zu versagen, wenn sie mit seinen
Amtspflichten nicht vereinbar wäre, insbesondere wenn seine Mitwirkung bei
Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche
Zwecke verfolgt werden (§ 14 Abs. 2 BNotO). Bestehen Zweifel, ob das Geschäft
dem Gesetz oder dem wahren Willen der Beteiligten entspricht, so sollen die
Bedenken mit den Beteiligten erörtert werden. Zweifelt der Notar an der
Wirksamkeit des Geschäfts und bestehen die Beteiligten auf der Beurkundung, so
soll er die Belehrung und die dazu abgegebenen Erklärungen der Beteiligten in der
Niederschrift vermerken (§ 17 Abs. 2 BeurkG).
11 Nach dem Vortrag des Beklagten im gerichtlichen Verfahren und insbesondere
gegenüber dem Dienstgerichtshof erscheint fraglich, ob er schuldhaft gehandelt
hat, wenn er, ausgehend von seinem Kenntnisstand und nach Rückfrage bei der
beteiligten Wohnungshändlerin bzw. deren Vertreter, an der Wirksamkeit der von
ihm vorgenommenen Geschäfte bei deren Vornahme keine Zweifel - mehr - hatte.
Objektiv handelt es sich bei den streitgegenständlichen Vorgängen nicht um
klassische „Kettenkaufverträge“, gar mit „kick-back“-Absicht, da allein der
Wohnungshändler, nicht aber sonstige Beteiligte an den inkriminierten Geschäften
personenidentisch sind. Subjektiv könnte es dem Beklagten nicht zu widerlegen
sein, dass er weder von einer Sittenwidrigkeit der beurkundeten Kaufverträge noch
von einem Scheingeschäft zulasten der kreditierenden Bank ausgehen musste.
Mangels Kenntnis des Marktwerts der Kaufgegenstände zum Zeitpunkt der
Verkaufsvorgänge geht auch das Dienstgericht nicht von deren Sittenwidrigkeit
aus. Da darüber hinaus im Falle des Kaufs einer Eigentumswohnung zum Zwecke
der Vermietung an Dritte, somit als Geldanlage, eine Kreditierung über den
tatsächlichen Marktwert hinaus für Banken möglich ist und auch in den Jahren
zwischen 2006 und 2012 üblich gewesen sein dürfte, wäre wohl auch insoweit ein
unredlicher Zweck der Geschäfte, insbesondere der Grundschuldbestellung zu
Gunsten der kreditierenden Banken bis zur Höhe des Kaufpreises, auch dann
nicht zwingend anzunehmen, wenn der Preis über dem Marktwert lag. Wenn aber
die vom Beklagten beurkundeten Geschäfte in jeder Hinsicht rechtlich zulässig
erscheinen können und auch eine betrügerische Absicht im Hinblick auf die
Kreditvergabe nicht naheliegt, dann erscheint fraglich, ob - und gegebenenfalls in
welcher Weise - der Beklagte allein deshalb, weil zwischen zwei
Verkaufsvorgängen desselben Gegenstandes Eigentumswohnung signifikante
Preisunterschiede bestanden, weitere Zweifel an der Redlichkeit der Geschäfte
hätte entwickeln und Nachforschungen zum Zustandekommen des Preises hätte
anstellen müssen. Hegt ein Notar aber keine Zweifel an der Wirksamkeit eines
Geschäfts, dann entfallen auch die Pflichten aus § 17 Abs. 2 BeurkG, denn diese
Norm regelt nur die Rechtsfolgen etwaiger Zweifel (Armbrüster, in:
Armbrüster/Preuß/Renner, Notar-Kommentar, Beurkundungsgesetz und
Dienstordnung für Notarinnen und Notare, 7. Aufl. 2015, § 17 BeurkG Rn. 154).
12 Ob bei somit - möglicherweise - fehlendem Verstoß gegen § 17 Abs. 2 BeurkG
gleichwohl ein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 BNotO bzw. § 4 BeurkG anzunehmen
wäre, weil mit den hier streitgegenständlichen Kauf- und Kreditierungsvorgängen
„erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt“ wurden, deretwegen der
Beklagte diese Vorgänge nicht hätte beurkunden dürfen, erscheint ohne weitere
Sachverhaltsaufklärung, insbesondere ohne die Beiziehung weiterer Akten, nicht
mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar. Selbst wenn davon ausgegangen
wird, dass ein Notar seine Mitwirkung bereits bei Handlungen versagen muss, bei
denen erkennbar der Verdacht besteht, dass unerlaubte oder unredliche Zwecke
verfolgt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 23.11.2015 - NotSt(Brfg) 4/15 -, MDR
2016, 123 f. und Juris Rn. 17), so steht selbst eine solche Erkennbarkeit nicht fest,
zumal das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen die
Wohnungseigentumshändler nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und eine
tatsächliche Sittenwidrigkeit eines oder mehrerer der streitgegenständlichen
Vorgänge nicht dokumentiert wurde. Fehlt es aber einerseits an der klaren
Erkennbarkeit der Verfolgung unerlaubter oder unredlicher Zwecke und lassen
sich andererseits Verdachtsmomente nicht völlig ausräumen, liegt es nicht fern,
das konkrete Verhalten im Einzelfall der pflichtgemäßen Beurteilung des
betroffenen Notars zu überlassen (so Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, a.a.O.,
§ 4 BeurkG Rn. 17). Ein Fall, in dem der Notar die in Rede stehenden Geschäfte
angesichts ihrer Komplexität in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht
überblicken könnte und sich daher hätte weitere Aufklärung verschaffen und im
Zweifelsfall seine Amtstätigkeit hätte verweigern müssen (vgl. Preuß ebd. unter
Hinweis auf BGH, Urteil vom 20.11.2000 - NotSt (Brfg) 4/00 -, NJW-RR 2001, 1354-
1357 und Juris, Rn. 6), dürfte hingegen nicht vorgelegen haben.
13 Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2 analog, § 158 Abs. 2 VwGO).