Urteil des OLG Stuttgart vom 23.09.2015

treu und glauben, allgemeine geschäftsbedingungen, vertragsschluss, verzinsung

OLG Stuttgart Urteil vom 23.9.2015, 9 U 48/15
Sparvertrag: Einbeziehung von Angaben aus einem Werbeflyer in die
vertragliche Vereinbarung; Übernahme des Zinsentwicklungsrisikos durch die
Sparkasse
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts
Ulm vom 27. Februar 2015 - 4 O 379/13 - wird zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Diese Entscheidung und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung
vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 %
abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu
vollstreckenden Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % leisten.
Gründe
A)
1
Die Parteien streiten wechselseitig über Inhalt, Umfang und Reichweite eines am
20.08.1998 geschlossenen Bonussparvertrags „Vorsorgesparen S-S.“.
2
Danach soll der Kunde zusätzlichen zum jeweils aktuellen Zinsniveau, das
derzeit nahe null liegt, einen Aufschlag erhalten, der sich mit fortschreitender
Laufzeit von „-“ auf 3,5 % steigert.
3
Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung, auf deren tatsächliche
Feststellungen Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben und die
Widerklage abgewiesen.
4
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
5
Der Feststellungsantrag sei zulässig, da die Voraussetzungen der Bestimmung
des § 256 Abs. 1 ZPO vorlägen. Die Klage sei begründet. Der Sparer sei jederzeit
berechtigt, die Sparrate zwischen 25 EUR und 2.500 EUR zu ändern. Die
Angaben des Flyers seien nach §§ 133, 157 BGB in das Angebot der Kläger auf
Abschluss des Vorsorgesparen-S-S.-Vertrages einbezogen und dieses Angebot
von der Beklagten angenommen worden. Die Auslegung ergebe eindeutig ein
Änderungsrecht des Sparers, das sich nur nach dessen Wünschen und
Bedürfnissen richte und nicht nach den Interessen der Bank.
6
Die Widerklage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte könne nicht
wegen eigener fehlerhafter Zinsberechnung die Rückzahlung gutgeschriebener
Zinsen verlangen. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehe
nicht. Im Rahmen der Verzinsungsbestimmung sei unter dem Begriff
„Einzahlungsjahr“ das Jahr der Laufzeit zu verstehen. Gleichfalls stehe der
Beklagten kein Anspruch auf Vertragsaufhebung zu. Ein Verschulden der Sparer
bei Vertragsschluss liege ebenso wenig vor wie eine Verletzung vertraglicher
Pflichten. Die Voraussetzungen für eine Anpassung des Vertrages nach den
Grundsätzen des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage lägen nicht
vor.
7
Dagegen wendet sich die Beklagte auch unter Erweiterung und Vertiefung des
Vorbringens mit ihrer Berufung.
8
Sie ist u.a. der Auffassung, ein Anspruch auf Erhöhung der Sparrate bestehe
nicht. Werbeangaben seien aus mehreren Gründen nicht in das
Vertragsverhältnis einbezogen worden. Es bestehe ein Rückforderungsanspruch
wegen zu viel bezahlter Zinsen, weil für jede Rate eine gesonderte
Zinsstaffelberechnung zu erfolgen habe. Der Beklagten stehe ein Anspruch auf
Vertragsaufhebung als Schadensersatz beziehungsweise ein Anspruch auf
Vertragsanpassung nach §§ 490, 313 BGB zu.
9
Die Beklagte beantragt:
10
I. Das Urteil des LG Ulm AZ: 4 O 379/13 wird aufgehoben.
11
II. Die Klage wird abgewiesen.
12
III. Die Kläger/Widerbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die
Beklagte EUR 4.620,95 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu bezahlen.
13
IV. Die Kläger/Widerbeklagten werden verurteilt,
14
1. in die Aufhebung des am 20. August 1998 mit der Beklagten geschlossenen
S.-Sparvertrages Nr. 40034… einzuwilligen,
15
2. hilfsweise, in die Änderung des zuvor bezeichneten S.-Sparvertrages
dahingehend einzuwilligen, dass er sich ab Rechtskraft des Urteils am
Alternativprodukt „Zuwachssparen" mit vier weiteren Jahren Laufzeit und einer
Verzinsung von 3,75% (p.a.) orientiert, bei jederzeitiger Verfügbarkeit über das
Guthaben bis 2.000,00 EUR pro Monat durch die Kläger/Widerbeklagten und
ansonsten 3-monatiger Kündigungsfrist zu Gunsten der Kläger/Widerbeklagten,
16
3. ganz hilfsweise, in die Änderung des zuvor bezeichneten S.-Sparvertrages
dahingehend einzuwilligen, dass die Höhe der Gesamtverzinsung -
zusammengesetzt aus Grundverzinsung und Bonuszinsstaffel - ab Rechtskraft
des Urteils an einen unter Berücksichtigung der vereinbarten Einzahlungszeit
marktüblichen Zins angepasst wird, der sich am gegenwärtigen Leitzinssatz der
Europäischen Zentralbank orientiert.
17
Ganz hilfsweise wird die Feststellung begehrt,
18
dass der Beklagten hinsichtlich des zuvor bezeichneten S.-Sparvertrages ein
Recht auf Vertragsaufhebung zusteht,
19
weiter hilfsweise,
20
dass ihr ein Recht auf Vertragsanpassung dahingehend zusteht, dass der zuvor
bezeichnete S.-Sparvertrag so angepasst wird, dass er sich ab Rechtskraft des
Urteils am Alternativprodukt „Zuwachssparen" mit vier weiteren Jahren Laufzeit
und einer Verzinsung von 3,75% (p.a.) orientiert, bei jederzeitiger Verfügbarkeit
über das Guthaben bis 2.000,00 EUR pro Monat durch die
Kläger/Widerbeklagten, und ansonsten 3-monatiger Kündigungsfrist zu Gunsten
der Kläger/Widerbeklagten,
21
noch weiter hilfsweise,
22
dass der Beklagten ein Recht auf Vertragsanpassung dahingehend zusteht,
dass der zuvor bezeichnete S.-Sparvertrag hinsichtlich der Höhe der
Gesamtverzinsung - zusammengesetzt aus Grundverzinsung und
Bonuszinsstaffel - ab Rechtskraft des Urteils an einen unter Berücksichtigung
der vereinbarten Einzahlungszeitmarkt üblichen Zins angepasst wird, der sich
am gegenwärtigen Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank orientiert.
23 Die Kläger beantragen:
24
Die Berufung wird zurückgewiesen.
25 Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Die Konzeption des S.-
Sparmodells führe dazu, dass der von der Beklagten gegenüber dem Sparer
erhobene Vorwurf der Profitmaximierung, einer rechtsmissbräuchlichen, Treu und
Glauben widersprechenden Ausübung seiner Rechte zu Unrecht erfolgt sei. Die
Kläger hätten den Vertrag abgeschlossen, den die Beklagte als Sparmodell mit
dem Namen „S-S.“ angeboten habe. Danach stehe den Klägern ein Recht zur
Ratenänderung zu, von dem sie auch Gebrauch gemacht hätten. Ein Wegfall der
Geschäftsgrundlage liege nicht vor.
26 Die Akten des Landgerichts Ulm 4 O 364/13, 4 O 376/13, 4 O 380/13, 4 O
404/13, 4 O 43/14, jeweils Stand April 2015, sowie 4 O 273/13 (= OLG Stuttgart 9
U 31/15), 4 O 377/13 (= OLG Stuttgart 9 U 161/15), 4 O 378/13 (= OLG Stuttgart 9
U 163/15), 4 O 340/14 (= OLG Stuttgart 9 U 160/15), 4 O 376/14 (= OLG Stuttgart
9 U 162/15) waren zu Informationszwecken beigezogen und Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
B)
27 Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
28 Zu Recht hat das Landgericht in der Sache die Verpflichtung der Beklagten zur
Ausführung einer jederzeitigen Änderung der Sparrate innerhalb eines Rahmens
von 25 EUR bis 2.500 EUR festgestellt (dazu unter I.). Zutreffend ist ferner die
Abweisung der Widerklagen, weil die Beklagte keinen Anspruch auf
Vertragsaufhebung oder -anpassung hat (dazu unter II.).
29 I. Die Klage ist zulässig und begründet.
30 1. Die Feststellungsklage ist zulässig.
31 Die Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses setzt
gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse des Klägers daran voraus,
dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt
wird (BGH, Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14 NJW 2015, 873).
32 a) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens
oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist zu bejahen, wenn dem Recht
oder der Rechtsposition des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Ungewissheit
droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH,
Urteil vom 12. Juli 2011 - X ZR 56/09 BGHR ZPO § 256 Feststellungsinteresse
80). Dass eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht, weil die Beklagte
eine Berechtigung eines Verlangens zur jederzeitigen Änderung der Sparrate
bestreitet und diese Gefahr durch die beantragte Feststellung beseitigt werden
könnte (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2006 - VI ZR 77/05 BGHReport 2006, 804),
zieht das Rechtsmittel zutreffend nicht in Zweifel.
33 b) Bei der von den Klägern begehrten Feststellung der Verpflichtung der
Beklagten zur Ausführung einer jederzeitigen Erhöhung der monatlichen Sparrate
bis zu einem Maximalbetrag in Höhe von EUR 2.500.- sowie einer jederzeitigen
Senkung der monatlichen Sparrate bis zu einem Minimalbetrag in Höhe von EUR
25.- auf Verlangen der Kläger handelt es sich um ein feststellungsfähiges
Rechtsverhältnis. Mit der Klage auf Feststellung des Bestehens eines
Rechtsverhältnisses nach § 256 Abs. 1 ZPO kann nicht nur die Feststellung des
Bestehens des Rechtsverhältnisses im Ganzen, sondern auch die Feststellung
einzelner, aus dem umfassenden Rechtsverhältnis hervorgehender
Berechtigungen und Verpflichtungen verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 29.
November 2011 - II ZR 306/09 BGHR ZPO § 256 Zwischenfeststellungsklage 6),
hier der Änderung der Sparrate auf Verlangen der Kläger.
34 c) Die Feststellungsklage betrifft ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Dem steht
nicht entgegen, dass künftige Verlangen der Kläger noch nicht geltend gemacht
wur-den. Denn unter einem solchen Rechtsverhältnis ist nicht nur die - aus dem
vorgetragenen Lebenssachverhalt abgeleitete - (bereits bestehende) konkrete
rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen oder zu einem
Gegenstand zu verstehen. Darunter fallen auch diejenigen Beziehungen, die aus
einem bereits vorhandenen Rechtsverhältnis künftig als Rechtsfolge erwachsen,
so dass etwa bedingte oder betagte Beziehungen die Grundlage einer
Feststellungsklage bilden können. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt
daher auch vor, wenn eine Verbindlichkeit noch nicht entstanden, aber für ihren
späteren Eintritt der Grund in der Art gelegt ist, dass die Entstehung der
Verbindlichkeit nur von dem Eintritt weiterer Umstände oder dem Zeitablauf
abhängt (BGH, Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14 aaO).
35 2. Die Feststellungsklage ist begründet. Im Ergebnis zutreffend ist die Auffassung
der ersten Instanz, die Beklagte sei verpflichtet, zukünftige
Ratenänderungsverlangen der Kläger auszuführen.
36 a) Die Änderungsverpflichtung ergibt sich allerdings nicht, weil, wie die erste
Instanz meint, durch die Vereinbarung des Vorsorgesparen S-Scala-Vertrages
zwischen den Parteien die Werbeaussagen aus dem Flyer nach §§ 133, 157
BGB Vertragsbestandteil geworden sind. Richtig ist die Auffassung, dass ein
Einbeziehungswille für vertragliche Regelungen durch schlüssiges Verhalten der
Beklagten, das nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB zu beurteilen ist (vgl. BGH,
Urteil vom 12. Februar 1992 - VIII ZR 84/91 BGHR AGBG § 2 Abs. 1 Nr. 1
Einbeziehung 3), hier vorliegt. Das Verhalten der Beklagten besaß einen den
Klägern zweifelsfrei erkennbaren Erklärungswert (§§ 133, 157 BGB) des Inhalts,
dass ihre Bedingungen in den konkreten Vertrag einbezogen werden sollten.
Insoweit folgt der Senat vollumfänglich den zutreffenden Darlegungen der ersten
Instanz, auf die Bezug genommen wird.
37 b) Bei der in dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aktuellen Flyer
maßgeblichen Formulierung „Sie können Ihre Sparraten ständig ändern! Sie
können schon mit einer Sparrate von 50 DM beginnen. Erhöhungen sind dabei
bis zu 5000 DM möglich. Ratensenkungen sind bis zur Mindestrate möglich“
handelt es sich jedoch um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des §
1 Abs. 1 AGBG a.F. (entsprechend § 305 Abs. 1 BGB), der gem. Art. 229 § 5 S. 1
und 2 EGBGB noch anwendbar ist (BGH, Urteil vom 22. Februar 2012 - VIII ZR
34/11 WM 2012, 2061). Diese wird nur dann Vertragsbestandteil, wenn deren
Einbeziehung nach § 2 Abs. 1 AGB a.F. (jetzt: § 305 Abs. 2 BGB) vereinbart ist
(BGH, Urteil vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04 WM 2005, 1567; BGH, Urteil vom
15. Januar 2014 - VIII ZR 111/13 AVB FernwärmeV § 2 Allgemeine
Geschäftsbedingungen 1). Eine den Anforderungen des § 2 Abs. 1 AGB a.F.
entsprechende Einbeziehungsvereinbarung ist nicht zustande gekommen.
38 Dennoch kann sich die Beklagte darauf nicht berufen. Dass, wie die Beklagte
meint, bei Vertragsschluss andere Allgemeine Geschäftsbedingungen in den
Vertrag einbezogen worden sein sollen, ist nicht erheblich. Die in dem Flyer
wiedergegebenen Bestimmungen, die sich auf den Vorsorgesparen S-S.-Vertrag
beziehen und damit konkrete Regelungen für diesen Sparvertrag enthalten,
gehen den sonstigen Allgemeinen Bedingungen der Beklagten als Sparkasse
vor. Welcher Regelung im Verhältnis zu einer zweiten Regelung gleicher Qualität
der Vorrang zukommt, bestimmt sich nach den Kriterien der Spezialität oder der
Sachnähe.
39 aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen
vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der
anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.
40 (1) Die in dem Flyer zur Änderung der Sparrate enthaltene Äußerung stellt freilich
zunächst eine Werbung dar. Die Darstellung enthält auch hinsichtlich der
Möglichkeit der Änderung der Sparrate keine Willenserklärung. Eine solche liegt
vor, wenn der Verwender in vertragsmäßig bindender Weise, also mit
Bindungswillen (BGH, Urteil vom 25. März 2015 - VIII ZR 125/14 NJW 2015,
2584) die Möglichkeit der Änderung der Raten anbietet. Dagegen ist eine durch
einen Flyer übermittelte Aufforderung zum Vertragsschluss im Zweifel als bloße
invitatio ad offerendum aufzufassen (vgl. BGHZ 179, 319, 323). So liegt der Fall
auch hier. Dass die Beklagte bereits in der Werbung für den Verkehr erkennbar
durch den dort enthaltenen Hinweis auf die Möglichkeit der Änderung der
Sparraten in vertragsmäßig bindender Weise ein Angebot unterbreitet hat, ist vom
Landgericht weder festgestellt worden noch sonst ersichtlich (vgl. BGH, Urteil
vom 14. April 2011 - I ZR 133/09 BGHR BGB § 443 Garantieerklärung 1),
sondern auch wegen des unbestimmten Adressatenkreises, an den sich die
Werbung wendet, fernliegend.
41 (2) Dennoch handelt es sich um eine von der Beklagten für ihre Zwecke
aufgestellte und vorgegebene Vertragsbedingung, die von ihr dem
„Vorsorgesparen S-S.“ zugrunde gelegt wird.
42 (a) Bei der Möglichkeit der Änderung der Sparrate handelt es sich um eine
Vertragsbedingung, also eine Bestimmung, die den Vertragsinhalt regeln soll
(BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 154/04 BGHR BGB § 305 Abs. 1
Vertragsbedingung 1). Die in dem Flyer enthaltene Äußerung ruft nach ihrem
objektiven Wortlaut bei den Empfängern den Eindruck hervor, es solle damit der
Inhalt eines vertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden. Bei Angaben in
Prospekten ist zwischen Anpreisungen und allgemeinen Informationen einerseits
und Leistungsbeschreibungen andererseits, die unmittelbar den
Vertragsgegenstand betreffen und den Vertragsinhalt festlegen, zu unterscheiden
(vgl. Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeifer AGB-Recht 4. Aufl. § 305 Rdnr. 7; Kiene,
VersR 2005, 1332). Bei Finanzprodukten besteht die Besonderheit, dass ihre
Produktmerkmale wesentlich durch die frei vom Anbieter gestaltbaren
Vertragsregeln geprägt werden (vgl. Poelzig, WM 2014, 917 [923]; Thomas ZHR
171 (2007), 684 [695]). Wer also ein Produkt wie das Vorsorgesparen S-S.
hinsichtlich Laufzeit, Ratenhöhe, Verzinsung, Änderungsmöglichkeiten etc. in
einem Werbeflyer beschreibt, nimmt eine Leistungsbeschreibung vor, die den
Charakter einer Vertragsbedingung hat.
43 (b) Dass der Kunde und nicht die Beklagte das Angebot zum Abschluss des
Vertrages abgibt, ist unerheblich. Die Beklagte schließt Verträge üblicherweise
unter Einbeziehung von ihr verwendeter Allgemeiner Geschäftsbedingungen ab.
44 Nach der Zielsetzung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der
Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht durch das Stellen vorformulierter
Bedingungen entgegenzuwirken, kann es nicht darauf ankommen, ob der
Vertragspartner des Aufstellers sich diesen Regeln erst auf dessen Verlangen
unterwirft oder sie in Kenntnis dieser Praxis und der daran anschließenden
Erwartung, dass anders ein Vertragsabschluss nicht zu erreichen sein wird, von
vornherein in das Angebot aufnimmt. Auch in diesem Fall ist die Aufnahme der
Klausel nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung des Vertragspartners des
Aufstellers, sondern Folge von dessen Übung, Verträge nur unter Einbeziehung
dieser Regeln abzuschließen. Ihre Aufnahme in den Vertrag ist daher auch in
diesem Falle Ausdruck der von dem Verfasser der Bedingungen ausgehenden
Marktmacht, so dass sie allein ihm zuzurechnen ist. Auch ohne ausdrückliches
Verlangen hat er durch diese Übung auf die inhaltliche Gestaltung der
Vereinbarung Einfluss genommen und so die Einbeziehung der von ihm
aufgestellten Vertragsbedingungen in den Vertrag veranlasst. Das genügt, um ihn
auch insoweit als Verwender der Bedingungen erscheinen zu lassen (vgl. BGH,
Urteil vom 4. März 1997 - X ZR 141/95 BGHR AGBG § 1 Abs. 1 Verwenden 5).
45 bb) Die Allgemeine Geschäftsbedingung hinsichtlich der Möglichkeit der
Änderung der Sparrate ist allerdings nicht Vertragsbestandteil geworden. Allein
die Bezugnahme im Eröffnungsantrag auf „S-S.“ führte nicht dazu, dass die im
Flyer aufgeführten Bedingungen insgesamt einbezogen wurden. Nach § 2 Abs. 1
AGB a.F. werden Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil eines
Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei
ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des
Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist,
durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie
hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer
Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der
anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu
nehmen. Diese Voraussetzungen, als Teilaspekt des Vertragsabschlusses (vgl.
BGH, Urteil vom 1. März 1982 - VIII ZR 63/81 LM Nr. 2 zu § 2 AGBG), liegen, wie
die erste Instanz zutreffend und von der Berufung da ihr günstig nicht angegriffen
feststellt, nicht vor. Es bleibt offen, ob den Klägern der Flyer und dessen Inhalt bei
Vertragsschluss bekannt waren, so dass, unabhängig davon, ob insoweit eine
konkludente Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen möglich wäre,
weiter vom Vorliegen eines sog. Selbsthinweises des Vertragspartners des
Verwenders nicht ausgegangen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 1985
- VIII ZR 137/85 BGHR AGBG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Selbsthinweis 1).
46 cc) Dennoch ist es der Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine
fehlende Einbeziehung der eine zugunsten des Kunden enthaltenden Möglichkeit
der Änderung der Sparrate zu berufen.
47 (1) Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kommt bereits in Betracht, wenn die
konkret im Flyer enthaltenen anwendbaren Regelungen für die Kläger günstiger
sind als die gesetzlichen Regelungen, also dem Vertragspartner des Verwenders
durch die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen Rechte entzogen werden (vgl.
BGH, Urteil vom 8. Juli 1999 - VII ZR 237/98 WM 1999, 2123) und der
Vertragspartner die Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein akzeptiert
(Staudinger/Schlosser BGB [2013] § 305 Rdnr. 104), weil dann ein Fall des
widersprüchlichen Verhaltens vorliegt. In diesem Fall kann sich der Verwender
nicht auf die Nichteinbeziehung von für seinen Vertragspartner günstigen
Klauseln berufen (Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeifer, aaO. § 305 Rdnr. 110;
AnwKommBGB/Kollmann, § 305 Rn. 78). So ist es hier.
48 (a) Die nach dem Flyer anwendbaren Regelungen sind für die Kläger günstiger
als die gesetzlichen Regelungen. Das folgt aus der Auslegung der einzelnen
Bestimmungen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven
Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen
und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der
normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Hierbei ist auf die
Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des
Verwenders und auf die typisierten Interessen des Verwenders und seiner
Vertragspartner abzustellen (statt aller BGH, Urteil vom 8. November 2002 - V ZR
78/02 BGHR AGBG § 1 Auslegung 1 m.w.N.).
49 Danach steht dem Vertragspartner des Verwenders die Möglichkeit offen, die
Sparraten zu ändern. Die Formulierung „Sie können Ihre Sparraten ständig
ändern! Sie können schon mit einer Sparrate von 50 DM beginnen. Erhöhungen
sind dabei bis zu 5000 DM möglich. Ratensenkungen sind bis zur Mindestrate
möglich“ beschreibt eindeutig das Recht des Kunden zur einseitigen Änderung
der Sparrate. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte infolge der
Währungsumstellung die in DM geltenden Rahmenbeträge zwischen 50 DM und
5.000 DM im Verhältnis 1:2 auf den Rahmen von 25 EUR bis 2.500 EUR
umgestellt hat. Der Kunde ist folglich berechtigt, eine Änderung der Sparrate in
dem angegebenen Rahmen von 25 EUR bis 2.500 EUR zu verlangen. Das
Verlangen enthält zugleich einen Antrag auf Vertragsänderung (vgl. BGH, Urteil
vom 8. Oktober 1997 - VIII ZR 373/96 BGHR MHG § 10 Abs. 1
Mieterhöhungsverlangen 1), zu dessen Annahme sich die Beklage verpflichtet
hat. Das wird durch die o.g. Formulierung eindeutig zum Ausdruck gebracht. Eine
Einschränkung dahingehend, dass es dem Berater überlassen bliebe, dem
Verlangen auf Änderung der Sparrate nachzukommen, lässt sich der
Bestimmung nicht entnehmen. Nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn
ist die Regelung einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und
redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise
beteiligten Kreise verstanden werden. Hierbei ist auf die
Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des
Verwenders und auf die typisierten Interessen des Verwenders und seiner
Vertragspartner abzustellen (BGH, Urteil vom 14. November 2012 - VIII ZR 22/12
WM 2013, 2235). Danach ist die an erster Stelle in den Vordergrund gerückte auf
den Kunden ausgerichtete Flexibilität („Vorsorgesparen S-S. ist der ideale Weg
zu Ihren Sparzielen, denn es paßt sich ständig Ihren persönlichen Wünschen und
Bedürfnissen an.“) durch die Änderungsklausel näher ausgestaltet. Wäre die
Beklagte in ihrer Entscheidung frei, dem Verlangen des Kunden nachzukommen,
könnte von einer Flexibilität keine Rede sein. Ohne die Einräumung einer
Änderungsmöglichkeit der Raten für den Kunden wäre für die gesamte Laufzeit
die bei Vertragsschluss vereinbarte Rate maßgebend, weil sich darüber dann
beide Parteien bei Vertragsschluss einig gewesen waren. Gerade durch die
Aufnahme einer Änderungsklausel bei Vertragsschluss wird deutlich, dass sich
die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein haben leiten lassen, nach
welchem Änderungen im Laufe des auf bestimmte Zeit angelegten Vertrages
nicht in Betracht kommen. Bei dem S.-Sparvertrag handelt es sich um ein
langfristig angelegtes Vertragsverhältnis. Das ergibt sich nicht nur aus der
vereinbarten Dauer des Vertragsverhältnisses, sondern auch aus der jeweils zu
erbringenden Sparrate und der vertraglich vereinbarten Erhöhung der Verzinsung
mit der Zunahme der Laufzeit. Durch die Anwendung der gesetzlichen
Bestimmungen, wonach die Vertragsparteien grundsätzlich an ihre
Vertragserklärungen gem. §§ 145 ff. BGB gebunden sind (Staudinger/Schlosser
BGB [2013] § 305 Rdnr. 101), würde ohne die vereinbarte, dem Kunden
zustehende Änderungsmöglichkeit diesem mithin Rechte, nämlich jene
Vertragsänderungen herbeizuführen, entzogen werden.
50 (b) Dass die Kläger die in dem Flyer enthaltenen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen allgemein akzeptiert haben, weil sie sich generell mit den
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten einverstanden erklärt und auf
die Produktbezeichnung S-S. Bezug genommen haben, zieht die Beklagte zu
Recht nicht in Zweifel.
51 (2) Die Beklagte setzt sich mit ihrem früheren Verhalten in Widerspruch, wenn sie
nun die Auffassung vertritt, dem Kunden stehe kein Recht zur einseitigen
Änderung der Sparrate zu, weil die Aussagen des Flyers nicht Vertragsinhalt
geworden seien. Allerdings ist nicht jeder Widerspruch zwischen zwei
Verhaltensweisen als unzulässige Rechtsausübung zu werten. Auch liegt nicht
allein deshalb eine unzulässige Rechtsausübung vor, wenn Rechtsauffassungen
im Laufe der Zeit geändert werden. Vielmehr ist widersprüchliches Verhalten
(venire contra factum proprium) erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den
anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere
besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. So
ist es hier.
52 (a) Entscheidend sind letztlich die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Für die
Bewertung, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, fallen auch ein etwaiges
Verschulden und dessen Grad ins Gewicht. Ein Verschulden ist für den Vorwurf
des Rechtsmissbrauchs, der aus widersprüchlichem Verhalten hergeleitet
werden soll, aber nicht zwingend erforderlich. Nach gefestigter Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs kann daher eine Rechtsausübung unzulässig sein,
wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt,
weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die
Interessen der Gegenpartei im Hinblick darauf vorrangig schutzwürdig
erscheinen. Hierbei handelt es sich allerdings um einen engen
Ausnahmetatbestand.
53 Ist durch das frühere Verhalten der Partei kein schutzwürdiges Vertrauen der
Gegenseite begründet worden, ist ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nur in
besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht zu ziehen, etwa bei einem
unlösbaren Widerspruch zwischen früherer und späterer Rechtsausübung (vgl.
zum Ganzen BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 154/14 WuM 2015, 296).
54 (b) Danach kann sich die Beklagte hier nicht darauf berufen, die ihren
Vertragspartnern günstige Änderungsmöglichkeit der Raten sei nicht in den
Vertrag einbezogen worden. Die Beklagte hat für die Kläger einen
Vertrauenstatbestand geschaffen. Deren Vertrauen auf die Einbeziehung der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wie sie in dem Flyer enthalten sind, ist
vorrangig schutzwürdig.
55 (aa) Die Beklage verwendete die die S.-Vorsorgesparverträge betreffenden Flyer
seit Anfang/Mitte der 1990-er Jahre, also bereits mehrere Jahre vor Abschluss
des hier maßgebenden Vertrages im Jahr 1998. Sie hat über viele Jahre hinweg
insgesamt mehrere Tausend S.-Sparverträge mit ihren Kunden abgeschlossen,
denen die gleiche Struktur, einschließlich der Möglichkeit der Änderung der Höhe
der Sparrate seitens des Sparers, zugrunde lag (vgl. z.B. den als Anlage K 6
vorgelegten Flyer der Beklagten Stand 01.09.93 und den als Anlage K 1
vorgelegten Flyer Stand 01.10.95, die mit jeweils identischer Formulierungen die
Aussage hierzu enthalten: „Sie möchten Ihre Sparraten ändern können?
Selbstverständlich können Sie das - so oft Sie wollen. ....“). Die Beklagte hat als
Verwenderin mit den im Flyer wiedergegebenen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen für ihr Produkt „Vorsorgesparen S-S.“ geworben und
dabei an erster Stelle dessen auf den Kunden ausgerichtete Flexibilität
(„Vorsorgesparen S-S. ist der ideale Weg zu Ihren Sparzielen, denn es paßt sich
ständig Ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen an“) in den Vordergrund
gerückt und diese Flexibilität durch die Änderungsklausel näher ausgestaltet. Sie
wusste, dass ihre Kunden, die auf Grund der Werbung die S-S.-Verträge
abgeschlossen haben, eine dieses Leistungsversprechen umsetzende
Bedingung erwarteten. Die Beklagte wollte die Bedingungen zum Vertragsinhalt
machen, hat aber beim konkreten Vertragsschluss deren Einbeziehung vereitelt
(vgl. Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeifer, a.a.O. § 305 Rdnr. 110;
AnwKommBGB/Kollmann, § 305 Rn. 78; Henkel ZGS 2003, 418, 420), weil sie es
versäumt hat, die von ihr verwendeten Bedingungen durch Einhaltung der
Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 AGBG a.F. (§ 305 Abs. 2 BGB) zum
Vertragsinhalt zu machen. Das wird auch daraus deutlich, dass die Einbeziehung
der vertraglichen Bestimmungen trotz der Bezugnahme im Eröffnungsantrag auf
S-Scala fehlgeschlagen ist.
56 (bb) Die Interessen der Gegenpartei, der Kunden, sind deshalb vorrangig
schutzwürdig. Das - zulässige - einfache Bestreiten der Kenntnis der Kläger vom
Inhalt des Flyers bei Vertragsschluss durch die Beklagte liegt neben der Sache.
Der Kunde bringt aus Sicht der Bank zum Ausdruck, dass er an dem von ihr
vertriebenen Produkt „S-S.“ teilhaben will. Dabei geht es nicht um eine konkret-
individuelle Betrachtungsweise, wie sie bei der Inhaltskontrolle eine Rolle spielen
könnte (vgl. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB), sondern um die Möglichkeit der
Kenntnisnahme von den Bedingungen (vgl. statt aller BGH, Urteil vom 10. Juni
1999 - VII ZR 170/98 BGHR AGBG § 2 Abs. 1 Nr. 2 - Einbeziehung 4), die die
vorrangige Schutzwürdigkeit der Kunden der Beklagten begründet. Dass eine
solche Gelegenheit für die Kläger vor Vertragsschluss bestand, die jedenfalls
fortgewirkt hätte, zieht auch das Rechtsmittel nicht in Zweifel.
57 c) Dass die Vereinbarung nicht schriftlich niedergelegt wurde, vermag daran
nichts zu ändern. Die schriftlichen Abreden enthalten keine Erklärungen,
aufgrund derer der Kunde annehmen musste, dass diese Angaben verbindliche
Regelungen enthielten, die gegenüber den vertraglichen Bestimmungen der S.-
Vorsorgespar-Verträge vorrangig sein sollten.
58 d) Soweit die Berufung sich auf das Rechtsinstitut der Prospekthaftung stützt und
ausführt, insoweit gebe es keinen Anspruch so gestellt zu werden, als wären die
beanstandeten Prospektangaben zutreffend gewesen (BB 15), verkennt sie,
dass vorliegend nicht eine Haftung und deren Folgen, sondern vertraglich
vereinbarte Erfüllungsansprüche in Rede stehen. Der Beklagten wird lediglich
nach § 242 BGB (Treu und Glauben) der Einwand versagt, die im Flyer
enthaltenen, insbesondere auch kundengünstigen Vertragsbedingungen seien
nicht in der für Allgemeine Geschäftsbedingungen gebotenen
(kundenschützenden) Form einbezogen worden.
59 e) Dem ersichtlich als Hilfsvorbringen einzuordnenden Vorbringen der Beklagten,
das auf ein vom Wortlaut des Flyers abweichendes übereinstimmendes
Verständnis der Möglichkeit der Ratenänderung in Form eines im Belieben der
Beklagten stehenden Zustimmungserfordernis abzielt, muss der Erfolg gleichfalls
versagt bleiben. Das allerdings nicht, weil (objektiv) feststünde, dass die
Hilfsdarstellung bewusst wahrheitswidrig abgegeben wurde (vgl. BGH, Urteil vom
30. Januar 2015 - V ZR 63/13 WM 2015, 1434), sondern weil ein solches
übereinstimmendes Verständnis bei Vertragsschluss nicht bestanden hat.
60 aa) Der Wortlaut des Flyers enthält eine solche Einschränkung nicht, vielmehr ist
dort ausgeführt „Sie können Ihre Sparraten ständig ändern“. Entgegen der
Auffassung der Berufung lässt auch das Verhalten der Beklagten nach
Vertragsschluss nicht darauf schließen, dass diese im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses davon ausgegangen ist, ihr stünde eine freie Entscheidung
hinsichtlich der Änderung der Sparraten zu. Bei der Auslegung einer
Willenserklärung sind nur solche Umstände zu berücksichtigen, die dem
Empfänger bei Zugang der Willenserklärung erkennbar waren. Aus Umständen,
die erst nach Zugang der Erklärung zutage treten, kann nicht der Schluss
gezogen werden, dass der Empfänger diese Erklärung in einem anderen als in
dem zum Zeitpunkt des Zugangs erkennbaren Sinn verstehen musste. Zwar
kann bei der Auslegung eines Rechtsgeschäfts auch das nachträgliche
Verhalten der Partei berücksichtigt werden. Dies gilt aber nur in dem Sinne, dass
spätere Vorgänge Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das
tatsächliche Verständnis der am Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen können
(BGH, Urteil vom 7. Dezember 2006 - VII ZR 166/05 BGHR BGB § 133
Auslegungsgrundsätze 20). Diese Bedeutung hat die erst seit Herbst 2012
seitens der Beklagten gemachte Aussage nicht. Bereits wegen des langen
zeitlichen Abstands zwischen Vertragsschluss und dem Änderungsverlangen
sowie der zwischenzeitlichen Entwicklung des Zinsniveaus kommt ein
Rückschluss auf ein vom Wortlaut der Klausel abweichendes Verständnis der
Beklagten nicht in Betracht. Das Gegenteil ist der Fall. Erst Recht kann den
Äußerungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht,
über 16 Jahre nach dem Vertragsschluss, nicht entnommen werden, er sei bei
Vertragsschluss davon ausgegangen, der Beklagten stünde bezüglich der
Änderung der Sparraten im vorgegebenen Rahmen ein Entscheidungsspielraum
zu. Die bejahende Antwort auf die Frage, ob er von einer
Zustimmungsbedürftigkeit durch die Sparkasse ausgegangen sei, lässt nicht den
Schluss zu, das Recht sei nicht vereinbart worden.
61 bb) An einem vom Wortlaut des Flyers abweichenden übereinstimmenden
Verständnis der Möglichkeit der Ratenänderung in Form eines im Belieben der
Beklagten stehenden Zustimmungserfordernis fehlt es auch deshalb, weil die
Beklagte, wie die erste Instanz zutreffend ausführt (LGU 24 letzter Abs.), selbst
davon ausgegangen ist, der Sparer könne die Raten im vorgegebenen Rahmen
jederzeit ändern. So wurden die Verträge gelebt. Erst durch die Entscheidung des
Vorstands, mithin lange nach Vertragsschluss, wurde davon seitens der
Beklagten einseitig Abstand genommen.
62 II. Soweit die Berufung die widerklageweise gestellten Klageanträge
weiterverfolgt, bliebt sie gleichfalls erfolglos. Die Widerklagen der Beklagten sind
zwar zulässig, aber unbegründet.
63 1. a) Gegen die Zulässigkeit der Widerklagen, die vom Senat vorrangig von Amts
wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 25. Januar 2012 - XII ZR 139/09 NJW 2012,
1209), bestehen, soweit sie einen Leistungsantrag enthalten oder auf eine
Feststellung gerichtet sind, keine durchgreifenden Bedenken. Das Landgericht
hat mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, insoweit die
Zulässigkeit der Widerklagen bejaht.
64 b) Gleichfalls sind die in der Berufungsinstanz vom Berufungsführer hinsichtlich
der unter IV. des Antrags vorgenommenen Änderungen und Erweiterungen
zulässig. Dabei kann es dahin stehen, ob die Modifikationen der Bestimmung des
§ 263 ZPO oder, was näher liegt, jener des § 264 BGB unterfallen, weil unter den
gegebenen Voraussetzungen § 533 ZPO einer Klageänderung nicht
entgegenstünde. Der Senat legt bereits die hilfsweise in erster Instanz erhobenen
Widerklagen dahingehend aus, dass sie jeweils auf die Annahme eines von der
Beklagten formulierten Vertragsangebots, das sich dem Antrag noch mit
hinreichender Bestimmtheit entnehmen lässt, gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom
12. Mai 2006 - V ZR 97/05 WM 2006, 1499). Das wird in dem jeweiligen Antrag
dadurch zum Ausdruck gebracht, eine Vertragsanpassung solle ab Rechtskraft
des Urteils gemäß § 313 BGB stattfinden, was mit der Bestimmung des § 894
ZPO, welche die Fiktion von Willenserklärungen regelt, in Einklang steht. Die
Anträge sind nach ihrer Formulierung nicht auf Leistung(en) gerichtet, die sich
aus den von der Beklagten als angemessen erachteten Vertragsanpassungen
ergeben, sondern auf die Anpassung des Vertrages selbst. Dem entsprechen die
jetzt unter IV. 1. - 3. gestellten Anträge, die mit der Umschreibung „einzuwilligen“
auf die Annahme der jeweils von der Beklagten formulierten Vertragsangebote
gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2006 - V ZR 97/05 BGHReport 2006,
1073).
65 c) Ob die mit den Anträgen auf Annahme der von der Beklagten formulierten
Vertragsangebote als Leistungsbegehren korrespondierenden
Feststellungsanträge mangels ausreichender Darlegung des
Feststellungsinteresses bereits unzulässig sind, kann dagegen dahinstehen, weil
die auf positive Feststellung gerichteten Widerklagen jedenfalls unbegründet sind
(vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2012 - V ZR 83/11 WuM 2012, 399; BGH, Urteil
vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12 WM 2014, 1621).
66 2. Soweit die Berufung sich gegen die Aberkennung des geltend gemachten
Rückzahlungsanspruchs in Höhe von 4.620,95 EUR wegen überzahlter Zinsen
aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt, BGB wendet (Antrag Ziff. III), muss ihr der Erfolg
versagt bleiben.
67 Dabei kann es dahinstehen, ob die Widerklage auf Rückzahlung der angeblich
zu viel berechneten Habenzinsen bereits deshalb unbegründet ist, weil die Kläger
die Zinsen nicht erhalten haben. Eine Auszahlung der Zinsen hat die Beklagte
nicht behauptet und ist aus dem vorgelegten Sparbuch nicht ersichtlich.
Gutschriften auf einem Sparbuch haben rein deklaratorische Wirkung (vgl. BGHZ
64, 278, 283; OLG Hamm, Urteil vom 2. November 1998 - 31 U 67/98;
Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 13 Rdnr. 8;
Staudinger/Marburger [2015] BGB § 808, Rn. 12; Klaas/Osterle, EWiR 1999, 313,
314). Sie unterscheiden sich von Gutschriften auf Girokonten, die ein abstraktes
Schuldanerkenntnis der Bank darstellen (Schimansky/Bunte/Lwowski/Mayen,
aaO, § 47 Rdnr. 52 ff.). Aus der Buchung im Sparbuch entsteht noch kein
Vermögensvorteil des Sparers. Das Sparbuch ist gemäß § 808 BGB ein
qualifiziertes Legitimationspapier, mithin ein deklaratorisches Wertpapier
(Staudinger/Marburger aaO). Es verpflichtet das Kreditinstitut nicht zu einer
Auszahlung über den materiell-rechtlichen, also vertraglich begründeten
Anspruch hinaus (vgl. BGHZ aaO). Deshalb können fehlerhafte Buchungen
durch einfache Stornobuchungen berichtigt werden (vgl. OLG Hamm, Urteil vom
2. November 1998 - 31 U 67/98; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-
Handbuch, 4. Aufl., § 13 Rn. 8; Klaas/Osterle, EWiR 1999, 313, 314).
68 Die Parteien haben jedenfalls nicht vereinbart, dass sich die Erhöhung der
Verzinsung nach dem Zeitpunkt der Einzahlung, sondern nach jenem des
Vertragsschlusses richtet.
69 a) Gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB besteht ein Bereicherungsanspruch,
wenn es für die Leistung an einem Rechtsgrund fehlt. Das ist nicht der Fall. Der
Rechtsgrund für die nach Auffassung der Beklagten ungerechtfertigt geleisteten
Zinszahlungen findet sich in der in den Vertrag einbezogen Abrede über die
Verzinsung der Spareinlage. Nach der im Sparbuch eingeklebten maßgebenden
Vereinbarung heißt es unter 3. „......... Zusätzlich zahlt die Sparkasse einen
Zusatzzins (Bonus). Dieser beträgt im“. Es folgt eine Tabelle, deren Spalten mit
„Einzahlungsjahr“ und „%“ überschrieben sind. Die Zeilen sind mit den für die
Jahre und Prozentsätze maßgebenden Zahlen („1 und 2“, „3 und 4“ bis 23 und
25“ sowie „-“und „0,5“ bis „3,50“) versehen.
70 b) Der Inhalt dieser Abrede ist durch Auslegung zu ermitteln. Danach hat die
Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen und damit auch der hier in Rede
stehenden Vertragsbedingungen nach einem objektiv-generalisierenden
Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der beteiligten Verkehrskreise
ausgerichtet sein muss, so dass es grundsätzlich auf das Verständnis der
Sparkunden in ihrer Gesamtheit und nicht nur auf das Verständnis der am
vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien ankommt (vgl. statt aller BGH, Urteil
vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11 BGHR BGB § 307 Abs. Satz 1
Erbnachweisklausel 1).
71 c) Die Parteien haben eine gestufte Erhöhung der Verzinsung für die jeweilige
Einzahlung vereinbart, wobei maßgebend für die Stufung nicht der Zeitpunkt der
Einzahlung, sondern jener des Vertragsschlusses ist.
72 aa) Zu Recht führt das Landgericht aus, die auf dem im Sparbuch angebrachten
Aufkleber gewählte Formulierung „im Einzahlungsjahr“ könne den Schluss zu
lassen, für die Höhe der Verzinsung der Sparrate sei der Zeitpunkt der
Einzahlung und nicht jener des Vertragsschlusses maßgebend. Das hätte zur
Folge, dass lediglich die in den ersten fünf Vertragsjahren eingezahlten Raten
den gestaffelten Höchstzinssatz innerhalb der vereinbarten festen Laufzeit von
25 Jahren erreichen könnten.
73 Der Wortlaut lässt aber auch den gegenteiligen Schluss zu. Danach wäre die
Verzinsung der Raten so vorzunehmen, wie sie von der Beklagten auch
tatsächlich durchgeführt wurde.
74 bb) Ein der objektiven Auslegung vorgehendes abweichendes Verständnis der
Parteien von der Regelung (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07 WM
2008, 1350) bei Vertragsschluss liegt nicht vor.
75 Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach objektiven Maßstäben auszulegen,
wie die an solchen Geschäften typischerweise beteiligten Verkehrskreise sie
verstehen können und müssen. Dies schließt es aus, ein davon abweichendes
Verständnis nur einer der Vertragsparteien zum Maßstab der Auslegung zu
machen. Soweit die Parteien den Inhalt ihrer Vereinbarungen aber
übereinstimmend abweichend vom objektiven Sinngehalt einer Klausel, die in
einbezogenen Geschäftsbedingungen enthalten ist, verstanden haben, ist
anerkanntermaßen von der gemeinsamen Auffassung der Parteien auszugehen.
Nicht nur bei der Auslegung von Individualvereinbarungen, sondern auch von
Allgemeinen Geschäftsbedingungen geht der übereinstimmende Wille der
Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Deutung vor (BGH,
Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07 WM 2008, 1350). Dafür bestehen, wovon
das Landgericht zutreffend ausgeht, keine Anhaltspunkte.
76 cc) Gleichfalls lässt sich aus der gegensätzlichen Interessenlage der Kläger
einerseits und der Beklagten anderseits keine Schlussfolgerung für die
Verzinsung der einzelnen Raten ableiten. Der Beklagten kommt es darauf an, mit
dem Geld zu arbeiten und eine geringe Vergütung für die Kapitalüberlassung zu
zahlen. Die Sparer sind an einer hohen Rendite interessiert.
77 dd) Doch ergibt sich die Maßgeblichkeit des Vertragsschlusses für die Stufung
der Verzinsung aus Folgendem:
78 (1) Nach dem Wortlaut der die Vertragsbedingungen wiedergebenden Aufkleber
im Sparbuch (Anlage K2) betrifft die Zinsstaffelung in Ziff. 3 allgemein das
Sparguthaben.
79 (2) Zu Recht hebt das Landgericht darauf ab, dass im Falle einer nach dem
Zeitpunkt der Einzahlung gestuften unterschiedlichen Verzinsung der einzelnen
Raten wenn nicht unklar, so doch schwer zu ermitteln sei, auf welche Sparrate
die jeweiligen Abhebungen verrechnet werden sollen, wenn hierzu bei der
Abhebung keine Erklärungen abgegeben werden. Darüber hinaus wäre eine
durchzuführende Verzinsung, wie sie von der Beklagten im Gegensatz zur
jahrelangen Handhabung nun im Verfahren vertreten wird, mit erheblichem
Aufwand verbunden.
80 (3) Nach Ziff. 4 des Aufklebers gilt „nach Ablauf der in Ziff. 1 genannten
Einzahlungszeit“ wieder der allgemeine Zinssatz für „Guthaben“. Diese
Formulierung ist mit der Interpretation der Beklagten, jede Jahreseinzahlung habe
eine eigene 25-jährige Zinsstaffel, nicht vereinbar. Die 25 Einzahlungsjahre in der
Tabelle in Ziff. 3 korrespondieren mit der in Ziff. 1 festgelegten 25-jährigen
Einzahlungszeit. Das ergibt sich auch aus dem Flyer (dort Ziff. 1), wonach
zusätzlich zur variablen Grundverzinsung feste „laufzeitabhängige Zusatzzinsen“
gezahlt werden.
81 (4) Oberhalb der grafischen Darstellung der Zinsentwicklung im Flyer, den die
Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses verwendet hat, wird der
Gesamtbetrag von Einzahlungen und Zinsen (65.315,68 DM) auf der Grundlage
des Beispiels einer variablen Grundverzinsung von 3% mit regelmäßiger
Einzahlung von 100 DM ausgewiesen. Dieser Betrag wird exakt nur erreicht,
wenn die Bonuszinsen in Abhängigkeit der Vertragslaufzeit erhöht werden.
82 (5) Dem entsprechend hat die Beklagte selbst in der Vergangenheit die
Bonuszinsen in Abhängigkeit der Laufzeit des Vertrages und nicht des
Zeitpunktes der jeweiligen Jahreseinzahlungen berechnet, was die Berufung
einräumt (Berufungsbegründung S. 29).
83 ee) Aber selbst wenn, wie nicht, die Auslegung der Bestimmung über die
stufenweise Erhöhung der Verzinsung auch die von der Beklagten im Prozess
vertretene Auffassung stützen könnte, führte das zu keinem anderen Ergebnis.
Nach § 305 c Abs. 2 BGB, § 5 AGB a.F. gehen Zweifel bei der Auslegung
Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Danach wäre
die Bestimmung über die Verzinsung so anzuwenden, wie die Beklagte sie im
Vorfeld des Prozesses gehandhabt hat und wie die Kläger, das Landgericht und
der Senat sie verstehen. Dieses Verständnis der Verzinsungsregelung ist für die
Beklagte ungünstiger und für den Vertragspartner des Verwenders, die Kläger,
günstiger. § 305c Abs. 2 BGB (bzw. § 5 AGB a.F.) führt nicht zwingend zu einer
einengenden Auslegung einer Klausel. Die Vorschrift kann insbesondere dann,
wenn dem Vertragspartner des Verwenders Rechte gewährt werden, die ihm
nach dispositivem Gesetzesrecht nicht zustehen, zu einer ausdehnenden
Auslegung führen (Staudinger/Schlosser BGB [2013] § 305c Rdnr. 121 m.w.N.).
Ein solcher Fall läge hier vor. Die vereinbarte Zinsregelung weicht von
dispositivem Gesetzesrecht ab. Nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 608 a.F. BGB
ist der vereinbarte Zins geschuldet. Auch wenn eine Vermutung hinsichtlich der
Vereinbarung einer Zinspflicht besteht (BGH, Urteil vom 24. Februar 1983 - III ZR
121/82 WM 1983, 447; Staudinger/Freitag BGB [2015] § 488 Rdnr. 275), ist eine
Vereinbarung erforderlich und lassen die gesetzlichen Regelungen keinen
Rückschluss auf den Inhalt einer solchen Verpflichtung zu (BGH aaO).
84 3. Die auf Einwilligung in die Aufhebung des Vertrages gerichtete Widerklage
(Antrag Ziff. IV.1 sowie erster Hilfsantrag nach Ziff. IV.3) ist unbegründet.
85 a) Ein Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (c.i.c., entsprechend
§§ 311 Abs. 2, 249 BGB) wegen Verschweigens der Absicht, in einer
Niedrigzinsphase die Sparraten zu erhöhen, ist nicht ersichtlich. Allerdings
bestünde hier wegen einer arglistigen Täuschung außer der
Anfechtungsmöglichkeit auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens
beim Vertragsschluss, weil der Beklagten - nach ihrem Vorbringen - durch den
Vertragsschluss ein Schaden entstanden sei (vgl. statt aller BGH, Urteil vom 9.
November 2007 - V ZR 281/06 NZM 2008, 379; BGH, Urteil vom 20. Mai 2011 - V
ZR 221/10 NJW 2011, 2785; BGH, Urteil vom 7. Februar 2013 - IX ZR 138/11
WM 2013, 942). Die Verletzung einer Aufklärungsverpflichtung durch die Kläger
ist jedoch fernliegend. Die vorvertraglichen Pflichten von Verhandlungspartnern,
aufgrund deren sie einander eine zumutbare Rücksichtnahme auf ihre
berechtigten Belange schulden, sind gerechtfertigt durch das vertragsähnliche
Vertrauensverhältnis, das durch den Eintritt in Verhandlungen begründet wird
(BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - I ZR 139/92 BGHR vor § 1/Verschulden bei
Vertragsschluss Aufklärungspflicht 78). Bei Verhandlungen über den Abschluss
eines Vertrages besteht regelmäßig die Verpflichtung, den anderen Teil über alle
Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck gefährden und für die
Entschließung des Partners von wesentlicher Bedeutung sein können (BGHZ 71,
386, 396). Hierzu gehört nicht die Absicht, von den vertraglich eingeräumten
Rechten auch Gebrauch zu machen, weil eine Gefährdung des Vertragszwecks
nicht vorliegt, dieser vielmehr erreicht wird.
86 b) Gleichfalls besteht kein Schadensersatzanspruch wegen einer bei
Vertragsschluss verschwiegenen Absicht, das Sparkonto als
Tagesgeldkonto/Zahlungsverkehrskonto zu nutzen.
87 aa) Es ist nicht einmal ansatzweise ersichtlich, inwiefern die Vertragspartner der
Beklagten gegen ihre Verpflichtungen aus dem Sparvertrag verstoßen oder
rechtswidrig Gebrauch von ihrem Verfügungsrecht gemacht haben sollten. Die
Kläger haben, wie das Landgericht zutreffend ausführt, von der ihnen vertraglich
über den Flyer von der Beklagten eingeräumten Möglichkeit Abhebungen
vorzunehmen, in dem dort vorgesehenen Umfang Gebrauch gemacht. Soweit die
Kläger Abhebungen über den Betrag von 3.000 DM bzw. 1.500 EUR getätigt
haben, erfolgte dies jeweils mit Zustimmung der Beklagten, der hierfür eine
Vorfälligkeitsentschädigung zustand.
88 bb) Die Erheblichkeit des von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhoben
Einwands, die von ihr beworbenen, angebotenen und abgeschlossenen S.-
Sparverträge verstießen sowohl gegen ihre weiteren Allgemeinen
Geschäftsbedingungen als auch gegen § 21 Abs. 4 RechKredV, weil der Vertrag
befristet sei, erschließt sich nicht.
89 Die Beklagte macht offensichtlich und zu Recht nicht geltend, es liege ein Fall
des § 134 BGB, mithin ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vor, mit der
Folge der Unwirksamkeit des Vertrages. Die Beklagte scheint vielmehr von einer
vertraglichen Verpflichtung zur Vereinbarung der Aufhebung des Vertrages
auszugehen. Dem bleibt der Erfolg versagt.
90 Es ist bereits nicht ersichtlich, woraus die Beklagte eine Verpflichtung ihrer
Kunden zur Vertragsaufhebung herleiten will. Dass eine hinsichtlich eines
konkreten Vertrages vereinbarte Befristung sonstigen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen vorginge, was aus der Auslegung der Bestimmungen
folgt, ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Begründung. Gleichfalls ist es
nach der Liberalisierung des Sparverkehrs aufgrund der 4. KWG-Novelle vom 21.
Dezember 1992, die am 1. Januar 1993 in Kraft trat, ohne weiteres möglich,
zivilrechtlich Einlagen, die nicht den Anforderungen des § 21 Abs. 4 RechKredV
entsprechen, gleichwohl als Spareinlagen oder unter ähnlicher Bezeichnung
anzubieten (Schürmann in Schimansky/Bunte/Lwowski aaO § 70 Rdnr. 10; vgl.
Servatius in Langenbucher/Bliesener/Spindler Bankrechtkommentar 1. Aufl. § 35
Rdnr. 230; Kaiser WM 1996, 141, 141). Weiter ist der Sparvertrag nicht befristet.
Bei der Befristung eines Vertragsverhältnisses handelt es sich um einen
eigenständigen Beendigungstatbestand. Der Sparvertrag ist jedoch durch den
Ablauf der vereinbarten Einzahlungszeit von 25 Jahren nicht beendet, sondern
wird fortgesetzt.
91 cc) Ebenfalls liegen die Ausführungen der Beklagten, die Kläger hätten das
Sparkonto als Zahlungsverkehrskonto missbraucht, neben der Sache. Zwar trifft
es zu, dass nach § 21 Abs. 4 Satz 1 RechKredV Spareinlagen nicht für den
Zahlungsverkehr bestimmt sind. Doch unabhängig von der fehlenden
unmittelbaren Erheblichkeit der Bestimmung für die zivilrechtliche Ausgestaltung
des Vertragsverhältnisses ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, ob und
wie mittels des für die Sparer eingerichteten Kontos Zahlungsvorgänge zwischen
Wirtschaftssubjekten abgewickelt worden sein sollen, wie das Landgericht
zutreffend darlegt und im einzelnen ausführt (LGU 33 f.). Darüber hinaus haben
die Kläger nur von den ihnen von der Beklagten eingeräumten Möglichkeiten der
Verfügung über einzelne Geldbeträge Gebrauch gemacht.
92 Allein die grafische Darstellung der Entwicklung der Sparleistung und der Zinsen
der Sparkasse im Flyer, die mit „Gewinn und Guthaben steigen stetig“
unterschrieben ist, beinhaltet vom objektiven Erklärungswert nicht den Inhalt, es
bestehe keine Möglichkeit, über einen Teil des Gesparten zu verfügen, wie sie
dem Kunden durch die Formulierung in dem hier maßgeblichen Flyer, die sich
neben der Grafik befindet, ausdrücklich eingeräumt wird. Die Grafik stellt lediglich
den Verlauf der Entwicklung des Sparguthabens für den Fall dar, dass während
der vereinbarten Laufzeit des Vertrage keine Verfügungen über den gesparten
Betrag stattfinden, macht aber nicht zur Voraussetzung des Vertragsschlusses,
dass keine Verfügungen über das Guthaben während der Laufzeit erfolgen.
93 c) Ein angeblich in dem Verlangen nach Erhöhung der Sparrate auf 2.500 EUR
liegendes rechtsmissbräuchliches Verhalten unterläge, wie jedes
Gebrauchmachen von einer vertraglich wirksam eingeräumten Rechtsposition,
jedenfalls zunächst einer Ausübungskontrolle (§ 242 BGB; BGH, Beschluss v. 6.
Oktober 2004 - XII ZB 57/03 NJW 2005, 139), was die erste Instanz zutreffend
ausführt. Die Folgen einer unterstellten schuldhaften Pflichtverletzung während
der Laufzeit des Vertrages wären auch anhand der Differenzhypothese zu
beurteilen (BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12 BGHR BGB § 249 Abs. 1
Schadensersatz 1). Der gegebenenfalls zu ersetzende Schaden ist durch einen
Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen
Vermögenslage mit derjenigen Vermögenslage zu ermitteln, die ohne jenes
Ereignis eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 - IX ZR 167/13 WM
2015, 790). Hieraus ließe sich gleichfalls kein Anspruch auf Vertragsaufhebung
herleiten.
94 d) Die Beklagte stützt ihren Anspruch auf Einwilligung in die Vertragsaufhebung
zu Recht nicht auf die Kündigungsrechte, die sich aus § 490 Abs. 3, §§ 313, 314
BGB oder aus § 700 Abs. 1, § 489 Abs. 1, 2 BGB, jeweils i.V.m. Art. 229 § 5 S. 2
EGBGB, ergeben könnten. Eine Kündigung hat sie nicht erklärt und will dieses
einseitige Gestaltungsrecht offenbar auch nicht ausüben. Im Übrigen liegen die
Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB, wie
noch im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Vertragsanpassung auszuführen
ist, nicht vor.
95 4. Die auf Anpassung der bestehenden Sparverträge auf andere Sparformen
gerichtete Widerklage (Anträge Ziff. IV.2, 3, sowie zweiter und dritter Hilfsantrag
nach Ziff. IV.3) ist unbegründet. Ein Anspruch auf Vertragsanpassung gem. § 490
Abs. 3, § 313 Abs. 1 BGB besteht nicht. Die zutreffenden Feststellungen des
Landgerichts (LGU 35 f.), denen der Senat folgt, vermögen den Schluss, die
Anpassung des Vertrages sei unabweisbar, weil es ansonsten zu untragbaren,
mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Folgen komme, nicht zu
tragen.
96 a) Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich
die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach
Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den
Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das
Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage
eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei
Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder
die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten
Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen
Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser
Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09
juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die
Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders
geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10 WM 2014,
134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit
einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere
der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am
unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Das ist nicht der Fall.
97 b) Dagegen, dass das Landgericht die Frage, ob eine schwerwiegende
Veränderung der Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach
Vertragsabschluss stattgefunden habe, offen lässt, bestehen keine
durchgreifenden Bedenken. Allein die schwerwiegende Veränderung der
Vertragsgrundlage rechtfertigt noch nicht das Verlangen nach einer
Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Vielmehr muss als weitere
Voraussetzung hinzukommen, dass der durch die Änderung der Verhältnisse
belasteten Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls,
insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das
Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Für eine
Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist deshalb
insbesondere dann kein Raum, wenn nach der vertraglichen Regelung derjenige
das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung beruft (vgl. statt aller BGH Urteil
vom 6. Oktober 2003 II ZR 63/02 FamRZ 2004, 94; BGHZ 74, 370, 373). Danach
scheidet eine Anpassung des Vertrages aus, weil die Beklagte das Risiko einer
Zinsentwicklung zu ihrem Nachteil bewusst übernommen hat. Das belegt die von
ihr stammende Vertragsgestaltung. Eine solche vertragliche Risikoübernahme
schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar
2014 - V ZR 176/12 NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht
geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit, das
Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu
gewichten, Gebrauch zu machen.
98 Die Beklagte hat zudem keine Beeinträchtigung durch die Entwicklung des
Marktzinsniveaus dargelegt. Das gegenwärtige niedrige Zinsniveau war im
Gegenteil ein Risiko der Sparer, die an einer möglichst hohen Verzinsung
interessiert sind, während die Beklagte von niedrigen variablen Zinssätzen
profitiert. Mit der Vereinbarung einer festen Bonuszinsstaffel war der Beklagten
bereits bei Vertragsschluss bekannt, dass sie je nach Laufzeit immer eine feste
Marge oberhalb der sich an den Marktzinssätzen orientierenden variablen
Grundverzinsung zahlen musste. Daran hat sich durch die aktuelle
Zinsentwicklung und die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nichts
geändert.
99 c) Auch ansonsten kommt eine Vertragsanpassung nicht in Betracht.
100 aa) Die von der Beklagten in der Sitzung vor dem Senat insoweit herangezogene
Bestimmung des § 242 BGB vermag keine andere Entscheidung zu rechtfertigen.
Allerdings gebieten nach allgemeinen Grundsätzen Treu und Glauben, dass die
Parteien eines Schuldverhältnisses je nach dessen Inhalt auf die Rechte,
Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen haben.
Jedoch muss eine Vertragspartei keine allgemeine Interessenverfolgung zu
Gunsten der anderen betreiben, weil die Parteien häufig gegenläufige Interessen
haben. Deshalb sind sie nicht verpflichtet, gleich- oder höherrangige Interessen
hinter die des anderen Teils zurückzustellen. Nicht jede einschneidende
Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam
erwarteten Verhältnisse rechtfertigen eine Vertragsanpassung oder eine
Kündigung. Eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB)
verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist vielmehr
erst dann als missbräuchlich und unzulässig anzusehen, wenn dem anderen
Vertragsteil ein Festhalten an den vertraglichen Vereinbarungen unzumutbar ist.
Unzumutbarkeit setzt in der Regel voraus, dass das Festhalten am Vertrag für
den betroffenen Vertragspartner zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit
nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde. Dies erfordert eine
umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung
(vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 - XI ZR 193/14 NJW 2015, 2328; - XI ZR
47/14).
101 bb) Nach diesen Maßgaben kann, wie bereits mehrfach ausgeführt, ein
rechtsmissbräuchliches Verhalten der Kläger nicht bejaht werden. Die Beklagte
hat die Tragung des sich verwirklichten Risikos vertraglich übernommen, obwohl
es ihr möglich gewesen wäre, jenes - aus ihrer Sicht - angemessen(er)
abzusichern. Gleichfalls fehlt es an einem hinreichenden Vorbringen zu einer
schwerwiegenden Bedrohung essenzieller Interessen der Beklagten, wie zum
Beispiel deren wirtschaftliche Existenz.
102 III. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Anders als im
Parallelfall 9 U 31/15 ist die Frage des Bestehens eines Kündigungsrechts gem.
§ 700 Abs. 1, § 489 Abs. 1, 2 BGB im vorliegenden Fall nicht
entscheidungserheblich. Weder hat die Beklagte eine Kündigung erklärt noch
liegt diesbezüglich eine negative Feststellungsklage vor.
103 Dagegen kommt eine Zulassung der Revision hinsichtlich der weiteren sich im
Rahmen des Rechtsstreits stellenden Fragen nicht in Betracht. Insbesondere hat
die Frage der Einbeziehung von Angaben aus dem Werbeflyer der Beklagten in
die vertragliche Vereinbarung der Parteien keine grundsätzliche Bedeutung, noch
erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1
ZPO). Dass Werbeaussagen bei der Auslegung von bei Vertragsabschluss
abgegebenen Willenserklärungen zu berücksichtigen sein können, ist durch die
höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls hinreichend geklärt (vgl. BGHZ 52,
337 ff.; BGHZ 179, 319, 323 ff.) und folgt auch aus gesetzlichen Bestimmungen
(z.B. § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB). Die von der Beklagten geltend gemachte
Abweichung zu der Entscheidung des AG München (Urteil vom 9. Februar 2011 -
261 C 25225/10) ist unbeachtlich, weil die Entscheidung eines nachrangigen
Gerichts keine Divergenz zu begründen vermag (BGHZ 154, 288, 292; BGH,
Beschluss vom 17. April 2008 - IX ZB 147/05). Die Möglichkeit, dass es dem
Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwehrt sein kann, sich auf
deren fehlende Einbeziehung zu berufen, weil er diese vereitelt hat, ist anerkannt
(BGH, Urteil vom 8. Juli 1999 - VII ZR 237/98 aaO). Die insoweit nach Treu und
Glauben maßgebenden Umstände sind solche des Einzelfalls. Jedenfalls
hinreichend geklärt sind weiter der Anwendungsbereich des nun in § 311 Abs. 2
BGB kodifizierten Rechtsinstituts des Verschuldens bei Vertragsschluss sowie
die Reichweite der Bestimmungen des § 313 BGB.
104 IV. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.