Urteil des OLG Stuttgart vom 01.12.2014

berufliche tätigkeit, einfamilienhaus, sicherheitsleistung, mitteilungspflicht

OLG Stuttgart Beschluß vom 1.12.2014, 5 U 156/13
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts
Ulm vom 12.8.2013 wird durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
zurückgewiesen.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.
3. Das landgerichtliche Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die
Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des
aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor
Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
1 Die Parteien streiten um die Frage, ob Mängel und Unfertigkeiten an einem von der
Klägerin für die Beklagten errichteten Wohnhaus beseitigt sind, außerdem um die
Frage, ob der zwischen ihnen bestehende Bauvertrag beendet ist.
2 Bezüglich der Einzelheiten und bezüglich der erstinstanzlichen sowie der
Berufungsanträge wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20.10.2014 (Bl.
627 d. A.) und auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
II.
3 Die Berufung der Beklagten hat weiterhin nach übereinstimmender Auffassung des
Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine
grundsätzliche Bedeutung, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des
Berufungsgerichts und eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs.
2 S. 1 ZPO).
4 Der Vortrag der Beklagten in ihrem innerhalb verlängerter Frist zur Stellungnahme
auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20.10.2014 eingegangenen Schriftsatz
vom 20.11.2014 geben keinen Anlass zu einer anderen Entscheidung.
1.
5 Soweit die Stellungnahme überwiegend frühere Argumente wiederholt, kann zur
Begründung der Berufungszurückweisung zunächst Bezug auf den
Hinweisbeschluss des Senats vom 20.10.2014 genommen werden.
2.
6 Lediglich ergänzend ist auszuführen:
a)
7 Soweit die Beklagten bezüglich der Wirksamkeit des Bauvertrages nochmals und
vertieft darauf hinweisen, dass die Parteien übereinstimmend von einem
Einfamilienhaus ausgegangen seien, bis die Frage eines Kündigungsrechts
diskutiert worden sei, spricht das (weiterhin) nicht gegen die landgerichtliche
Beurteilung und begründet nicht i. S. d. § 529 ZPO konkrete Anhaltspunkte für
Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts. Zum einen ist es
ohne weiteres erklärlich und ohne besondere Aussagekraft, dass die Parteien zu
einem Zeitpunkt, zu dem es auf die Frage nach der Qualifikation des Gebäudes als
Ein- oder Mehrfamilienhaus nicht ankam, in diesem Punkt ohne
Problembewusstsein waren und von einem Einfamilienhaus gesprochen haben;
dass im fraglichen Baugebiet nur Einfamilienhäuser zulässig sein mögen, spricht
dann sogar zusätzlich dagegen, der Bezeichnung des Gebäudes durch die
Parteien besonderes Gewicht beizumessen, weil die Parteien auch bei einem
Mehrfamilienhaus Anlass gehabt hätten, die Bezeichnung als Mehrfamilienhaus zu
vermeiden. Zum anderen beantwortet sich die Frage nach dem Kündigungsrecht
nach den Tatbestandsmerkmalen des § 648a Abs. 6 BGB a. F. und nicht in erster
Linie nach der Beurteilung der Beteiligten.
8 Gemessen daran bleibt es dabei, dass das Landgericht aus den vorliegenden
Indizien plausibel und überzeugend den Schluss gezogen hat, dass hier kein
Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung vorliege. Dass das eine oder andere weiter
denkbare Indiz nicht erwähnt sein mag, begründet für sich schon deshalb keine
konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der landgerichtlichen Beurteilung, weil
gemäß § 286 Abs. 1 S. 2 ZPO bei der Beweiswürdigung im Urteil (nur) die Gründe
darzulegen sind, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen waren.
Dabei sind die wesentlichen Grundlagen der Beweiswürdigung darzulegen
(Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 286 Rn. 21). Dagegen ist es nicht erforderlich, auf
jedes einzelne Beweismittel ausführlich einzugehen (Zöller/Greger, a.a.O. , § 286
Rn. 21; RGZ 156, 315). Das Urteil muss vielmehr nur erkennen lassen, dass eine
umfassende Beweiswürdigung überhaupt in sachgerechter Weise stattgefunden
hat (Zöller/Greger, a.a.O. , § 286 Rn. 21; BGHZ 3, 175). Diesen Anforderungen
genügt das landgerichtliche Urteil ohne weiteres. Die jetzt als übersehen gerügten
Indizien sind jedenfalls nicht von einem Gewicht, dass sie unbedingt gesondert
hätten erwähnt werden müssen und auch die gerügten Widersprüche wären
gegenüber den vom Landgericht angeführten gewichtigen Indizien von
untergeordneter Bedeutung. Was speziell die in der Stellungnahme vom
21.11.2014 nochmals in den Vordergrund gerückte, durch ihre berufliche Tätigkeit
nach ihrer Darstellung geförderte Eigenart der Beklagten zu 1) bezüglich Planung,
Darstellung und Verbrauchserfassung betrifft, ist im Übrigen nochmals darauf
hinzuweisen, dass es im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale des § 648a Abs. 6
BGB a. F. grundsätzlich gleich ist, auf Grund welcher Motivation ein Gebäude in
einer Weise errichtet wird, die es als Mehrfamilienhaus erscheinen lässt; die
Beklagten haben jedenfalls - warum auch immer - nach den Feststellungen des
Landgerichts mit der gewählten Aufteilung und Ausstattung kein Einfamilienhaus
mit Einliegerwohnung i. S. dieser Vorschrift errichtet.
b)
9 Bezüglich des Rückluftmauerkastens übergeht die Stellungnahme der Beklagten
den Hinweis im Senatsbeschluss vom 20.10.2014 (dort S. 12 unter bb), wonach
die Beklagten wegen § 531 Abs. 2 ZPO in der Berufungsinstanz mit ihrer - im
Widerspruch zum erstinstanzlichen Vortrag stehenden - Behauptung
ausgeschlossen sind, die Kästen seien nicht verwendungsfähig.
10 Die Stellungnahme setzt sich außerdem nicht mit dem weiteren Gesichtspunkt (vgl.
Hinweisbeschluss a.a.O. ) auseinander, dass der Einbau der vorhandenen Kästen
- die nach den Feststellungen des Sachverständigen dem Üblichen entsprechen -
höchstens dann treuwidrig erscheinen könnte, wenn - was aber nicht der Fall ist -
dargelegt wäre, dass die eingebauten Kästen für eine von den Beklagten
beabsichtigte Verwendung ungeeignet wären.
c)
11 Gegenüber den Ausführungen im landgerichtlichen Urteil und im Hinweisbeschluss
des Senats zur Kaminummauerung finden sich in der Stellungnahme neue
Argumente nicht. Es bleibt eine Frage der Auslegung, unter welchen Umständen
und durch welche konkrete Ausführung die Verpflichtung der Klägerin erfüllt ist,
und die mit sachverständiger Unterstützung bezüglich der technischen Eignung
gefundene Auslegung des Landgerichts begegnet keinen Bedenken; dass das in
anderen, jetzt von den Beklagten gebildeten (Extrem-)Fällen anders sein könnte,
ändert an der Richtigkeit der Auslegung bezüglich der konkreten Ausführung
nichts.
d)
12 Entsprechendes gilt bezüglich der Ausführungen zum Handtuchheizkörper; auch
insoweit ist in Urteil und Hinweisbeschluss des Senats alles gesagt, insbesondere
was die (nicht bestehende) Verpflichtung der Klägerin zur Mitteilung des
Wandabstandes angeht. Soweit jetzt die Überhöhung des Angebots der Fa. Ma...
mit der angesetzten Arbeitszeit begründet werden soll, wäre dieser Vortrag im
Übrigen wegen § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Keine Auseinandersetzung
erfolgt außerdem mit dem Hinweis des Senats (Beschluss vom 20.10.2014, S. 9
unter a)) dazu, dass auch nicht erkennbar ist, warum sich als Rechtsfolge aus
einer Verletzung der Mitteilungspflicht eine Verpflichtung der Klägerin zur Tragung
der Mehrkosten aus der Verlegung der Anschlüsse ergeben sollte.
e)
13 Bezüglich der Frage nach dem Versetzen der Tür setzen die Beklagten im Hinblick
auf die Frage der Unverhältnismäßigkeit (weiterhin) nur ihre eigene Würdigung an
die Stelle der Beurteilung durch das Landgericht; dass das Landgericht von
falschen Annahmen ausgegangen wäre, ist nicht dargelegt, insbesondere nicht mit
dem pauschalen Hinweis, „mit modernen Geräten“ lasse sich eine Tür ohne
unverhältnismäßigen Aufwand versetzen; die (erst) jetzt erfolgte Berufung auf ein
Schreiben vom 6.12.2004 in diesem Zusammenhang ist wiederum nach § 531
Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, stellt das landgerichtliche Ergebnis jedoch auch
nicht in Frage, da sich daraus für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit nichts
Erhebliches ergibt.
f)
14 Zur Frage des Estrichs im Dachgeschoss übergehen die Beklagten mit der
Stellungnahme vom 21.11.2014, dass die vorhandene Situation dadurch
entstanden ist, dass eine umlaufende Konstruktion zum Schutz einer scharf
ausgeführten Kante nicht beauftragt war, so dass die vorhandene abgeschrägte
Ausführung fachgerecht war; die diesbezüglichen Ausführungen des
Sachverständigen werden von der Stellungnahme nicht in Frage gestellt, auch
nicht mit dem Verweis auf jetzt erforderliche Spachtelarbeiten: Diese sind bei der
von der Klägerin allein geschuldeten Ausführung ohne umlaufende
Schutzkonstruktion nicht erforderlich und stellen daher die Mangelfreiheit insoweit
nicht in Frage.
g)
15 Auch zum Fugenschnitt im Sockelbereich bleibt es beim früher Gesagten: Der
Anspruch der Beklagten ist auf die Herstellung eines mangelfreien Werks gerichtet.
Dem genügt nach den Feststellungen des Sachverständigen die vorhandene
Ausführung; ein durchlaufender Fugenschnitt wäre überobligationsgemäß und ist
nicht geschuldet.
h)
16 Insgesamt keiner ergänzenden Begründung bedarf es zuletzt, soweit in der
Stellungnahme vom 21.11.2014 inhaltliche Ausführungen zu denjenigen Punkten
der Widerklage gehalten werden, mit denen nicht die Beseitigung von Mängeln
vorhandener Werkteile, sondern die Erfüllung noch offener vertraglicher
Leistungen begehrt wird; denn (jedenfalls) solche Ansprüche sind infolge der nach
oben a) wirksamen Beendigung des Bauvertrages entfallen (vgl. Hinweisbeschluss
vom 20.10.2014, S. 8 unter a)).
17 In der Stellungnahme vom 21.11.2014 betrifft das die Punkte 6. (Kaminsteine DG),
8. (Freiplatz Stromverteiler), 9. (Rolläden), 10. (Wärmemengendurchflusszähler).
III.
18 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.