Urteil des OLG Stuttgart vom 26.01.2016

erblasser, zwangsgeld, auskunftspflicht, abtretung

OLG Stuttgart Beschluß vom 26.1.2016, 19 W 78/15
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Einzelrichters
der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 23. Oktober 2015 (2 O 37/14)
wird zurückgewiesen.
2. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 500,00 EUR.
Gründe
1 Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Landgerichts
vom 23. Oktober 2015 (2 O 37/14; GA 187 ff.), auf dessen Inhalt zur Vermeidung
von Wiederholungen Bezug genommen wird, ist zwar zulässig (§§ 793, 567 Abs. 1
Nr. 1, Abs. 2, 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO), jedoch unbegründet.
I.
2 Das Landgericht (LGB 5 f.) ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antrag der
Gläubigerin gem. § 888 ZPO zulässig und begründet ist.
1.
3 Was die Zulässigkeit des Antrags betrifft, so ist die Auskunftsverpflichtung nach §
2314 Abs. 1 BGB auf eine unvertretbare Handlung gerichtet, deren Vollstreckung
nach § 888 ZPO zu erfolgen hat (vgl. nur OLG Stuttgart, Beschl. v. 27. Januar 2014
- 19 W 3/14, Rz. 7 bei juris).
2.
4 Zu Recht ist das Landgericht (LGB 5 f.) zu dem Ergebnis gelangt, dass dem
Erfüllungseinwand des Schuldners entgegensteht, dass dieser nicht im
zumutbaren Umfang Nachforschungen angestellt hat, ob
pflichtteilsergänzungsbedürftige Schenkungen der Erblasser in den letzten zehn
Jahren erfolgt sind.
a)
5 Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es solche gegeben hat, hat das Landgericht in
rechtlich nicht zu beanstandender Weise darin gesehen, dass die Konten der
Erblasser zum Stichtag nahezu keine Guthaben aufgewiesen haben, obwohl die
Erblasser unstreitig zumindest monatliche Einkünfte i.H. von 1.720,00 EUR hatten
und es somit nicht von vorneherein ausgeschlossen erscheint, dass im Zehn-
Jahres-Zeitraum vor ihrem Tod - gegebenenfalls auch nur geringfügige Beträge -
verschenkt wurden.
6 Besteht nun aber - wie vorliegend - der Verdacht, dass ein Erblasser im
maßgeblichen Zehn-Jahres-Zeitraum Zuwendungen von seinem Bankkonto (oder
seinem Depot) schenkungsweise an Dritte erbracht hat, so ist der Erbe - hier: der
Schuldner - verpflichtet, von seinem Auskunftsrecht gegenüber der Bank
Gebrauch zu machen, um eventuelle Zuwendungsempfänger zu ermitteln (vgl.
Herzog in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2015, § 2314 Rz. 29).
7 Auf die vom Schuldner angebotene Abtretung der Auskunftsansprüche gegen die
Banken (GA 200) muss sich die Gläubigerin hierbei nicht verweisen lassen, da §
2314 Abs. 1 BGB eine originäre Auskunftspflicht des Erben vorsieht.
b)
8 Zu den vom Schuldner anzustellenden Ermittlungen gehört insbesondere auch die
Einsichtnahme in die (vollständigen) Kontoauszüge, Sparbücher oder
vergleichbare Bankunterlagen für einen Zehn-Jahres-Zeitraum und die
Zusammenstellung der einen bestimmten Betrag übersteigenden Verfügungen
über die ermittelten Konten, soweit diesen Schenkungen oder sonstige
Zuwendungen zu Grund liegen (könnten) (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 18. März
2014 - 2 W 495/13, NJW 2014, 1972, 1973).
9 Selbst wenn man zugunsten des Schuldners unterstellte, dass ihm die Banken im
vorliegenden Fall Aufwandsentschädigungen i.H. von insgesamt 1.500,00 EUR
berechnen würden, wäre dies angesichts des in Rede stehenden Zehn-Jahres-
Zeitraums nicht unverhältnismäßig.
c)
10 Was die seitens des Landgerichts (LGB 6) zu Recht für zumutbar erachtete
Einholung von Äußerungen von Verwandten über den Erhalt oder das Fehlen von
Schenkungen anbetrifft, so hat der Schuldner in seiner Beschwerdeschrift vom 11.
November 2015 (S. 2; GA 200) mitgeteilt, dass ihm gegenüber die dort im
Einzelnen genannten Verwandten angegeben hätten, keine pflichtteilsrelevanten
Schenkungen erhalten zu haben. Anspruch auf Vorlage schriftlicher Erklärungen
jener Verwandter hat die Gläubigerin im Rahmen ihres geltend gemachten
Auskunftsanspruchs nicht (vgl. nur Weidlich in: Palandt, BGB, 75. Aufl., § 2314 Rz.
10).
11 Unstreitig hat sich der Schuldner allerdings - wie von der Gläubigerin (GA 214)
aufgezeigt - in dieser Frage noch nicht an die Kinder der Gläubigerin gewandt und
diese aufgefordert, Auskunft zu Schenkungen der beiden Erblasser an sie zu
erteilen. Auch in dieser Hinsicht hat er daher nicht alle zumutbaren Schritte
unternommen, um aufzuklären, ob pflichtteilsergänzungsbedürftige Schenkungen
in den letzten zehn Jahren erfolgt sind.
3.
12 Das seitens des Landgerichts bemessene Zwangsgeld ist auch der Höhe nach
nicht zu beanstanden. So wurde die Höhe des Zwangsgeldes im unteren Bereich
des zulässigen Rahmens festgesetzt, welcher vom Mindestmaß von 5,00 EUR
(Art. 6 Abs. 1 EGStGB) zum Höchstmaß von 25.000,00 EUR (§ 888 Abs. 1 Satz 2
ZPO) reicht. Insbesondere genügt die Höhe des Zwangsgeldes auch dem auch im
Zwangsvollstreckungsrecht geltenden Gebot der Verhältnismäßigkeit (vgl. OLG
Karlsruhe, Beschl. v. 2. November 1999 - 14 W 61/99, NJW-RR 2000, 1312
m.w.N.).
13 Nach alledem war die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückzuweisen.
II.
1.
14 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
2.
15 Der Beschwerdewert war auf 500,00 EUR festzusetzen, da er sich nach dem
Interesse des Schuldners bestimmt, das festgesetzte Zwangsgeld nicht bezahlen
zu müssen. Dieses Interesse entspricht dem Zwangsgeldbetrag (vgl. Thüringer
OLG, Beschl. v. 3. Juli 2012 - 1 WF 306/12; FamRZ 2013, 656 f. [Rz. 38 bei juris];
Saarländisches OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28. Januar 2011 - 5 W 312/10 - 116,
5 W 312/10; FamRZ 2011, 1258 f. [Rz. 37 bei juris] m.w.N.).
III.
16 Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da die Rechtssache
weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1, Abs.
2 ZPO).