Urteil des OLG Stuttgart vom 16.02.2016

treu und glauben, auszahlung, hinterlegung, ersteher

OLG Stuttgart Beschluß vom 16.2.2016, 18 UF 156/15
Leitsätze
1. Ein Grundstücksmiteigentümer und Ersteher im Teilungsversteigerungsverfahren
kann dem Anspruch des Miteigentümers auf Einwilligung in die Auszahlung des
hälftigen Erlöses nach Hinterlegung des gesamten Versteigerungserlöses und
Begleichung der Gemeinschaftsverbindlichkeiten weder ein Zurückbehaltungsrecht
wegen einer möglichen Zugewinnausgleichsforderung oder nichtgüterrechtlicher
gemeinschaftsfremder Ansprüche noch die Aufrechnung mit derartigen Ansprüchen
entgegenhalten.
2. Mit den Nutzungsentschädigungsansprüchen vor Rechtskraft der Scheidung gem.
§ 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB, die in der ehelichen Gemeinschaft und gerade nicht in
der Grundstücksgemeinschaft wurzeln, kann gegenüber dem Anspruch auf
Zustimmung zur Auskehrung des hälftigen Teilungsersteigerungserlöses nicht
aufgerechnet und auch insoweit kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht
werden.
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Böblingen - 16 F 1545/15 - vom 26.8.2015 wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 126.528,-- EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen und beschränkt auf folgende Frage:
Kann ein Grundstückseigentümer und Ersteher im Teilungsversteigerungsverfahren
nach Hinterlegung des gesamten Versteigerunserlöses und Begleichung der
Gemeinschaftsverbindlichkeiten dem Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung des
hälftigen Erlöses ein Zurückbehaltungsrecht oder die Aufrechnung mit
gemeinschaftsfremden Rechten entgegenhalten?
Gründe
I.
1
Die geschiedenen Beteiligten streiten über die Auszahlung des
Teilungsversteigerungserlöses aus dem ursprünglich im hälftigen Miteigentum der
Beteiligten stehenden Hausgrundstück W.-Weg in N., das der Antragsgegner
ersteigert hat. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen seine
Verpflichtung zur Zustimmung zur hälftigen Auszahlung des bei der
Hinterlegungsstelle des AG N. hinterlegten Versteigerungserlöses im Wege eines
erstinstanzlichen Versäumnisbeschlusses.
2
Die am 22.8.1991 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde durch Beschluss des
Amtsgerichts N. -, rechtskräftig seit 19.7.2011, geschieden. Die Beteiligten lebten
bereits seit April 2009 getrennt voneinander, wobei die Antragstellerin mit den
beiden seinerzeit 14- und 17-jährigen Kindern in dem
beschwerdegegenständlichen Anwesen verblieb und der Antragsgegner in die
Region S., wo er berufstätig ist, verzog. Eine ausdrückliche Regelung über die
Trennungsmodalitäten wurde nicht getroffen. Die Antragstellerin verblieb mit den
Kindern bis 31.12.2012 in dem Haus W-Weg in N., während der Antragsgegner
die laufenden Hauskosten bestritt und keinen Trennungs- oder nachehelichen
Ehegattenunterhalt bezahlte. Die Antragstellerin hatte als Folge der Trennung ihre
Erwerbstätigkeit von 18 Stunden auf 30 Stunden wöchentlich erhöht. Ende 2012
informierte die Antragstellerin den Antragsgegner schriftlich über den Auszug aus
dem Eigenheim.
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Der Antragsgegner hatte bereits am 31.8.2012 das ursprünglich ebenfalls im
Miteigentum der Beteiligten stehende Anwesen in der B. in N. ersteigert und erhielt
auch in dem vorliegenden von der Antragstellerin betriebenen
Teilungsversteigerungsverfahren im Versteigerungstermin am 6.12.2013 mit
einem Gebot von 120.001,-- EUR den Zuschlag. Die Antragstellerin hatte bis zur
Höhe bis 120.000,-- EUR im Versteigerungsverfahren mitgeboten und für den
nach Abzug der Sicherheitsleistung noch zu bezahlenden Betrag in voller Höhe
bei der Hinterlegungsstelle des AG N. Hinterlegungsantrag gestellt. Nach Abzug
diverser Kosten verblieb eine zu verteilende Teilungsmasse in Höhe von
116.357,04 EUR. Mit Schreiben vom 29.12.2013 teilte die Antragstellerin dem
Amtsgericht N. mit, dass sie mit der Aufteilung des Betrages zu gleichen Teilen
einverstanden sei. Eine entsprechende Erklärung wurde vom Antragsgegner
jedoch nicht abgegeben, sondern von ihm die Auskehrung eines Betrages von
72.178,52 EUR an ihn verlangt, da ihm u.a. noch Ansprüche auf anteilige
Nutzungsentschädigung gegen die Antragstellerin zustünden. Hinsichtlich der
Nutzungsentschädigung für zwei Monate (Juli und August 2011) hatte der
Antragsgegner auch unter dem Aktenzeichen beim Amtsgericht N. ein
Mahnverfahren betrieben, nach dem Widerspruch der Antragstellerin seinen
Anspruch jedoch nicht begründet. Im Verteilungstermin zum Zwecke der
Aufhebung der Gemeinschaft am 7.1.2014 vor dem AG N. (vgl. AZ) hatte der
Antragsgegner die Nutzungsentschädigung für insgesamt 35 Monate á 400,--
EUR geltend gemacht. Nachdem eine Einigung nicht erzielt wurde wurde der
verbleibende Erlös in der genannten Höhe bei der Hinterlegungsstelle des
Amtsgerichts N. (AZ) in Ausführung des Teilungsplanes hinterlegt und festgestellt
(Bl.87), dass die restliche Teilungsmasse der ehemaligen
Eigentümergemeinschaft gemeinschaftlich zusteht.
4
Neben den Teilungsversteigerungsverfahren war unter dem Aktenzeichen beim
Amtsgericht B. ein Zugewinnausgleichsverfahren anhängig, in dem die
Antragstellerin mit Schriftsatz vom 1.8.2012 Stufenauskunftsantrag gestellt hatte.
Antragsgemäß erging in diesem Verfahren am 21.11.2012 ein Teilbeschluss, mit
dem der Antragsgegner zur Auskunftserteilung verpflichtet wurde. Ein darauf
folgendes Zwangsgeldverfahren mit Zwangsgeldantrag der Antragstellerin vom
21.11.2013 wurde in der Folge für erledigt erklärt, wobei das
Zugewinnausgleichsverfahren nach dem Kostenbeschluss in der
Zwangsgeldsache vom 8.10.2014 auf der Zahlungsstufe nicht weiter betrieben
und eine Zugewinnausgleichsforderung des Antragsgegners nicht erhoben wurde.
5
Nach Auffassung der Antragstellerin kann der Antragsgegner ihrem Anspruch auf
Zustimmung zur Auszahlung des hälftigen Versteigerungserlöses weder ein
Zurückbehaltungsrecht noch die Aufrechnung mit güterrechtlichen und nicht-
güterrechtlichen Zahlungsansprüchen erfolgreich entgegenhalten.
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Daher stellte sie zunächst den Antrag,
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den Antragsgegner zu verpflichten, seine Zustimmung zur Auszahlung des beim
Amtsgericht N. zum Aktenzeichen hinterlegten Betrages von insgesamt
116.357,04 EUR in Höhe der Hälfte, mithin eines Betrages von 58.178,52 EUR
nebst Hinterlegungszinsen an die Antragstellerin zu erklären.
8
Nachdem der Antragsgegner im erstinstanzlichen Termin zur mündlichen
Verhandlung keine Anträge gestellt und die Flucht in die Säumnis angetreten
hatte, erging am 7.5.2015 ein antragsgemäßer Versäumnisbeschluss (Bl. 75).
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Mit dem fristgerecht eingelegten Einspruch beantragt der Antragsgegner jetzt die
Aufhebung des Versäumnisbeschlusses und Zurückweisung des Antrags,
während die Antragstellerin die Aufrechterhaltung des Versäumnisbeschlusses
beantragt. Seinen Zurückweisungsantrag begründet der Antragsgegner damit,
dass er am 7.1.2014 einen abweichenden Aufteilungsantrag gestellt habe,
wonach 72.178,52 EUR an ihn auszukehren seien. Er macht ein
Zurückbehaltungsrecht wegen des noch nicht titulierten
Zugewinnausgleichsanspruchs in Höhe von rund 60.000,-- EUR sowie wegen
diverser güterrechtlicher Forderungen gegen die Antragstellerin geltend, die im
einzelnen unter Ziffer 1 bis 7 im Schriftsatz vom 4.5.2015 (Bl. 48 ff) dargestellt sind.
Im Einzelnen fordert er damit eine Nutzungsentschädigung für die Monate April
2009 bis Dezember 2013 in Höhe von 56 Monate x 400 EUR = 22.400,-- EUR,
den Ausgleich der Zahlungen an die Stadtwerke N. für Strom, Wasser und Gas
des streitgegenständlichen Anwesens in der Zeit von April bis Dezember 2009
sowie Nebenkosten für das weitere Anwesen der Beteiligten in der B. von 04/09-
12/11, die er an die Stadtwerke gezahlt habe und weitere Nebenkosten für das
Anwesen W-Weg im Zeitraum Mai 2009 bis November 2010, im Übrigen werden
Forderungen wegen für die Antragstellerin noch im Trennungszeitraum bezahlter
Sparraten geltend gemacht sowie ein Schadensersatzanspruch im Rahmen eines
Versicherungsnehmerwechsels und eine Nutzungsentschädigung für einen Kfz-
Touareg. Insoweit erhebt der Antragsgegner auch die Hilfsaufrechnung mit einer
Forderung in einer Gesamthöhe von 69.348,95 EUR.
10 Auf den Einspruch des Antragsgegners hin hat das Familiengericht mit dem
angefochtenen Beschluss den Versäumnisbeschluss vom 7.5.2015 aufrecht
erhalten und dies damit begründet, dass der Antragstellerin gemäß § 749 BGB ein
Zustimmungsanspruch auf Auszahlung des hälftigen hinterlegten Betrages gegen
den Antragsgegner zustehe.
11 Der Antragsgegner könne sich demgegenüber nicht wirksam auf ein
Zurückbehaltungsrecht mit den geltend gemachten Forderungen und dem
etwaigen Zugewinnausgleichsanspruch berufen. Nachdem die vom
Antragsgegner zur Begründung des Zurückbehaltungsrechtes eingewendeten
Forderungen nicht durch Rechte an dem Grundstück gesichert waren (BGH NJW-
RR 1987, 890), dürften sie bei der Verteilung des Erlöses keine Berücksichtigung
finden. Die Rechtsbeziehungen der Beteiligten im Verteilungsverfahren seien
völlig verschieden von denjenigen, die etwaigen Aufwendungsersatzansprüchen
des Antragsgegners zugrunde liegen. Eine Zuteilung aus dem
Versteigerungserlös könnten diese Ansprüche nicht rechtfertigen, so dass ein
Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen sei. Auch aus dem Grundsatz von Treu
und Glauben folge kein Zurückbehaltungsrecht des Antragsgegners. Vielmehr
verstoße dieser selbst mit der Geltendmachung der etwaigen
Zugewinnausgleichforderung im Wege eines Zurückbehaltungsrechts gegen Treu
und Glauben gemäß § 242 BGB (BGH FamRZ 2000, 355), da er aufgrund seiner
schleppenden und unvollständigen Auskunft das güterrechtliche Verfahren
treuwidrig verzögert habe. Die Hilfsaufrechnung mit etwaigen
Zugewinnausgleichsansprüchen des Antragsgegners sei unzulässig und die
Aufrechnung gegen einen Anspruch gegen die Hinterlegungsstelle auf
Auszahlung eines hinterlegten Geldbetrages nicht möglich.
12 Im Beschwerdeverfahren beruft sich der Antragsgegner darauf, dass er
gegenüber dem Anspruch der Antragstellerin auf Zustimmung zur Auszahlung des
hälftigen Teilungserlöses sein Zurückbehaltungsrecht auch bezüglich der noch
nicht titulierten Zugewinnausgleichsansprüche nach der BGH-Rechtsprechung
(FamRZ 2000, 355 ff.) geltend machen könne. Dies gelte auch bezüglich der nicht
güterrechtlichen und substantiiert vorgetragenen Zahlungsansprüche des
Antragsgegners in Höhe von 69.348,95 EUR gegen die Antragstellerin. Der
Antragsgegner könne seine behaupteten Zugewinnausgleichsansprüche und
Zahlungsansprüche nicht sichern, wenn das Familiengericht der Antragstellerin
unter Nichtbeachtung der geltend gemachten Zurückbehaltungs- und
Aufrechnungsansprüche einen Zahlungsanspruch aus der Erlösverteilung
zubilligen würde.
13 Der Antragsgegner beantragt daher unter Aufhebung des
Versäumnisbeschlusses vom 7.5.2015 den Antrag der Antragstellerin
zurückzuweisen.
14 Demgegenüber beantragt die Antragstellerin die Zurückweisung der Beschwerde.
Sie weist darauf hin, dass die Zugewinnausgleichsangelegenheit aufgrund der
zahlreichen Vermögenspositionen sehr komplex und streitig sei. Im Übrigen werde
hinsichtlich der vom Antragsgegner behaupteten und noch nicht geltend
gemachten Zugewinnausgleichsforderung die Einrede der Verjährung erhoben.
Der Antragsgegner habe bis heute keine Stufen- bzw. Leistungsklage auf
Zugewinnausgleichszahlung erhoben, während angesichts der Rechtskraft des
Scheidungsbeschlusses am 17.7.2011 etwaige Zugewinnausgleichsansprüche
ab 31.12.2014 verjährt seien. Hinsichtlich der vom Antragsgegner geltend
gemachten nichtgüterrechtlichen Zahlungsansprüche habe der Antragsgegner
weder ein Zurückbehaltungs- noch ein Hilfsaufrechnungsrecht. Die behaupteten
Gegenforderungen seien unschlüssig und werden in vollem Umfang bestritten.
15 In der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren wurden die Beteiligten
insbesondere zu den Trennungsmodalitäten angehört. Dabei erklärte die
Antragstellerin, dass kein Trennungs- und nachehelicher Unterhalt geltend
gemacht worden sei im Hinblick darauf, dass sie auch keine
Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Miteigentumsanteils des
gemeinsamen Hauses zusammen mit den beiden Kindern bezahlt habe.
16 Die Beteiligten haben mit den Schriftsätzen vom 20.1.2016 und vom 26.1.2016
jeweils einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt, wobei der
Antragsgegner die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt hat.
II.
17 Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, jedoch
unbegründet.
18 Der Anspruch der Antragstellerin auf Einwilligung in die Auszahlung des beim
Amtsgericht hinterlegten hälftigen Erlösanteils folgt aus §§ 749 Abs. 1, 752 Satz 1
BGB in Verbindung mit §16 Abs. 2 NHintG, früher § 13 Abs. 2 HinterlO (vgl. BGH
FamRZ 2014, 285).
1.
19 Die Aufhebung einer Bruchteilsgemeinschaft an einem Grundstück, das nicht in
Natur teilbar ist, erfolgt nach § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Zwangsversteigerung
und anschließende Teilung eines nach Abzug der Versteigerungskosten und
Berichtigung der gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten verbleibenden
Überschusses zwischen den Gemeinschaftern entsprechend ihrer Anteile (§ 752
Satz 1 BGB). Da sich die an dem Grundstück bestehende Bruchteilsgemeinschaft
mit dem Zuschlag im Teilungsversteigerungsverfahren im Wege der dinglichen
Surrogation an dem Versteigerungserlös fortsetzt (BGH FamRZ 2008, 767), steht
den Miteigentümern des Grundstücks zur Zeit des Zuschlags die Forderung auf
Zahlung des Versteigerungserlöses gemeinschaftlich in ihrem bisherigen
Rechtsverhältnis zu, was auch dann gelten soll, wenn ein Miteigentümer das
Grundstück selbst ersteigert (BGH FamRZ a.a.O.).
20 Wird der Erlös von dem Ersteigerer hinterlegt, besteht die Mitberechtigung der
früheren Grundstückseigentümer an der gegen die Hinterlegungsstelle gerichteten
Forderung auf Auszahlung eines möglichen Übererlöses. Nach der aktuellen
BGH-Entscheidung (FamRZ 2014, 285) soll es in diesem Fall zur Teilung nicht der
gemeinsamen Einziehung der Forderung gegen die Hinterlegungsstelle und der
anschließenden Auseinandersetzung des Erlöses bedürfen, sondern jeder
Teilhaber kann von dem anderen die nach § 13 Abs. 2 Hinterlegungsordnung (die
seit 1.12.2010 außer Kraft ist und durch die Landeshinterlegungsgesetze, hier §
16 Abs. 2 NHintG, ersetzt wurde) erforderliche Einwilligung in die Herausgabe des
auf ihn entfallenden Teils des hinterlegten Erlöses verlangen.
2.
21 Der Antragsgegner kann dem Einwilligungsanspruch der Antragstellerin weder mit
Erfolg ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer möglichen
Zugewinnausgleichsforderung oder nichtgüterrechtlicher gemeinschaftsfremder
Ansprüche noch die Aufrechnung mit derartigen Ansprüchen entgegenhalten.
22 a) Ein Zurückbehaltungsrecht des Antragsgegners entfällt nicht bereits wegen
einer fehlenden Gegenseitigkeit der Forderungen d.h. des
Zustimmungsanspruchs der Antragstellerin und der güterrechtlichen und anderen
Forderungen des Antragsgegners (BGH FamRZ 2014, 285 anders als der der
Entscheidung zugrundeliegende Beschluss des OLG Koblenz FamRZ 2012,
1665).
23 Der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch auf Einwilligung in die
Auszahlung des hinterlegten Erlöses ergibt sich aus §§ 749 Abs. 1, 753 BGB und
richtet sich gegen den Antragsgegner persönlich. Ein Schuldner des Anspruchs
auf Aufhebung der Gemeinschaft ist der einzelne Teilhaber der
Bruchteilsgemeinschaft. Da sich der vom Antragsgegner geltend gemachte
Zugewinnausgleichsanspruch gegen die Antragstellerin richtet, ist somit das für
das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB erforderliche
Gegenseitsverhältnis vorliegend gegeben (vgl. BGH a.a.O., anders BGH FamRZ
2008,767 bei Aufrechnung des Erstehers mit einer
Zugewinnausgleichsforderungen den Anspruch der Bruchteilsgemeinschaft auf
Berichtigung des Bargebotes).
b)
24 Demgegenüber ist fraglich, ob der Antragsgegner sich im Hinblick auf die im
Rahmen des § 273 Abs. 1 BGB erforderliche Konnexität des Rechtsverhältnisses
wirksam auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der von ihm behaupteten
güterrechtlichen Ausgleichsforderung berufen kann. Dies wurde vom BGH in den
vergangenen Jahrzehnten in unterschiedlichen Fallkonstellationen erörtert (vgl.
FamRZ NJW-RR 1987, 890; FamRZ 2000, 355; FamRZ 2008, 767 und FamRZ
2014, 285). In der von den Beteiligten und dem Familiengericht zitierten
Entscheidung (BGH FamRZ 2000, 355) hatte dies der BGH zunächst bejaht, da
beide Ansprüche aus der von den Parteien durch die Ehe begründeten und durch
ihr Scheitern beendeten Lebensgemeinschaft herrührten. Dabei hat der BGH
allerdings zu der Frage, ob der Antragsgegner sich auf ein Zurückbehaltungsrecht
wegen möglicher, auch nicht titulierter Ansprüche aus dem
Zugewinnausgleichsverfahren berufen kann in den letzten Jahrzehnten vier
maßgebliche Entscheidungen erlassen. Diese enthalten sowohl - leicht -
voneinander abweichende Fallkonstellationen als auch teilweise widersprüchliche
Ausführungen zu der Frage, ob die Gemeinschaft im Zeitpunkt der Hinterlegung
des Versteigerungserlöses bereits aufgehoben ist mit der Folge, dass gegenüber
dem Anspruch auf Einwilligung in die Auskehrung eines hinterlegten Erlöses ein
Zurückbehaltungsrecht wegen güterrechtlicher - oder auch nicht güterrechtlicher -
Ansprüche geltend gemacht werden kann:
25 In drei dieser Entscheidungen (BGH FamRZ 1990, 754; BGH FamRZ 2008, 767
und BGH FamRZ 2014, 285) hat der BGH den grundsätzlichen Standpunkt
vertreten, dass das Recht eines Teilhabers, nach § 749 Abs. 1 BGB jederzeit die
Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, nicht durch die Geltendmachung von
Gegenrechten beeinträchtigt werden kann, die nicht in der Gemeinschaft wurzeln
und keine Zuteilung aus dem Versteigerungserlös rechtfertigen (schon BGH
FamRZ 1990, 754).
26 Allerdings hat der BGH in der der hier erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde
liegenden Entscheidung vom 17.11.1999 (FamRZ 2000, 355) den - dogmatisch
zweifelhaften (vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten
außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl., RZ 199) Standpunkt vertreten, die
Gemeinschaft sei mit der Hinterlegung des Versteigerungserlöses aufgehoben,
während in den aktuelleren Entscheidungen der BGH bei einer anderen
Konstellation darauf hinweist, dass die Bruchteilsgemeinschaft an einem
Grundstück sich mit Erteilung des Zuschlags im Teilungsversteigerungsverfahren
an dem Versteigerungserlös fortsetzt (BGH FamRZ 2008, 767). Dies gelte
jedenfalls in dem der Entscheidung FamRZ 2008, 767 zugrunde liegenden Fall,
dass das Bargebot noch nicht entrichtet ist und die Forderung gegen den Ersteher
unverteilt auf die bisherigen Miteigentümer übertragen werden kann. In diesem
Fall weist der BGH darauf hin, dass der Erlös außerhalb des
Zwangsversteigerungsverfahrens zu verteilen sei. Die Aufhebung der
Gemeinschaft der Parteien setze nach dem klaren Wortlaut des § 753 Abs. 1 BGB
einen zweiaktigen Tatbestand voraus, nämlich zum Einen die
Zwangsversteigerung des im Bruchteilseigentum stehenden Grundstücks und
zum Anderen die Verteilung des Erlöses, die ihrerseits eine Einigung der Teilhaber
voraussetze. Sei also das Bargebot noch nicht entrichtet bestehe - unabhängig
von der Frage, ob noch Gemeinschaftsverbindlichkeiten vorlägen - die
Bruchteilsgemeinschaft an der übertragenen Forderung der Teilhaber gegen den
Ersteher fort, ohne dass es zu einer Auflösung der Bruchteilsgemeinschaft bis zu
diesem Zeitpunkt gekommen sei. In dieser Entscheidung vom 20.2.2008 lässt der
BGH allerdings ausdrücklich die Frage offen, ob an seiner in der Entscheidung
vom 17.11.1999 vertretenen Auffassung, die sich auf die Fallgestaltung des
bereits gezahlten und hinterlegten Versteigerungserlös bezieht, festzuhalten sei.
Allerdings wird sowohl bei den Veröffentlichungen der BGH-Entscheidung aus
dem Jahr 2008 als auch bei der aus dem Jahr 2013 jeweils darauf hingewiesen,
dass diese in Abgrenzung zu den Entscheidungen vom 17.11.1999 (BGH FamRZ
2000, 355) und vom 15.11.1989 (NJW-RR 1990,133) erfolgten.
27 Auch in dem vom BGH am 13.11.2013 entschiedenen Fall (FamRZ 2014, 285) ist
im Gegensatz zur hier vorliegenden Fallkonstellation der komplette
Versteigerungserlös noch nicht erbracht, sondern vom Ersteher und
geschiedenen Ehegatten nur eine Sicherheitsleistung hinterlegt.
28 Auch in dieser Entscheidung weist der BGH darauf hin, dass die sich an dem
Grundstück bestehende Bruchteilsgemeinschaft mit dem Zuschlag im
Teilungsversteigerungsverfahren im Wege der dinglichen Surrogation an dem
Versteigerungserlös fortsetzt und bei einem noch nicht zur Gänze bezahlten
Versteigerungserlös an der Forderung eine Mitberechtigung nach § 432 BGB
besteht, da jeder Teilhaber vom Ersteher nur Zahlung an alle Teilhaber
gemeinsam verlangen kann, auch in dem Fall, wenn ein Miteigentümer das
Grundstück selbst ersteigert. Allerdings könne im Fall der Hinterlegung oder
teilweise Hinterlegung wie in dem vom BGH entschiedenen Fall jeder Teilhaber
von dem anderen die nach § 13 Abs. 2 Hinterlegungsordnung erforderliche
Einwilligung in die Herausgabe des auf ihn entfallenden Teils des hinterlegten
Erlöses verlangen, wenn aus dem hinterlegten Betrag keine Verbindlichkeiten
mehr zu berichtigen sind.
29 Mit der letzteren Feststellung ist der BGH jedenfalls von der Entscheidung aus
dem Jahr 1999 insoweit abgerückt, als dass für den Fall der Hinterlegung, wie
oben bereits ausgeführt, von einem Gegenseitigkeitsverhältnis der Forderungen,
das für die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und der Aufrechnung
maßgeblich ist, ausgegangen werden kann. Der BGH weist in dieser
Entscheidung aus dem Jahr 2013 ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei dem
2008 entschiedenen Fall um eine andere Konstellation handele, da in jenem Fall
der Senat die Gegenseitigkeit von Haupt- und Gegenforderung verneint habe, weil
der Anspruch auf Berichtigung des Bargebots nicht der Ehefrau als ehemaliger
Miteigentümerin des Grundstücks allein, sondern der Bruchteilsgemeinschaft
ungeteilt zustand, was im vorliegenden Fall der Hinterlegung nicht der Fall ist.
30 Der vom Beschwerdegericht hier zu entscheidende Fall unterscheidet sich von der
im Jahr 2008 vom BGH entschiedenen Fallkonstellation insoweit, als dass im
vorliegenden Fall sowohl das Bargebot in vollem Umfang gezahlt als auch bei der
Hinterlegungsstelle in vollem Umfang hinterlegt wurde, was in dem vom BGH im
Jahr entschiedenen Fall nicht der Fall war. Auch für den 2013 entschiedenen Fall
lässt der BGH die Frage offen, ob er an der nur in FamRZ 2000, 355 vertretenen
Auffassung festhält, dass bei einem in vollem Umfang gezahlten und hinterlegten
Versteigerungserlös die Gemeinschaft im Zeitpunkt der Hinterlegung desselben
bereits aufgehoben ist mit der Folge der Geltendmachung von
Zurückbehaltungsrechten durch den Gegner des Einwilligungsanspruchs.
31 Andernfalls hält der BGH auch in der Entscheidung FamRZ 2014, 285 an der
bereits 2008 vertretenen Auffassung fest, dass sich der Ersteher gegenüber dem
Anspruch auf Auskehrung des hälftigen Erlöses nicht auf ein
Zurückbehaltungsrecht wegen den von ihm behaupteten güterrechtlichen
Ausgleichsforderungen berufen kann. Vielmehr kann gegenüber dem Anspruch
auf Zustimmung zur Auskehrung eines hinterlegten Versteigerungserlöses kein
Zurückbehaltungsrecht wegen Ansprüchen geltend gemacht werden, die keine
Zuteilung aus dem Versteigerungserlös rechtfertigen (vgl. schon BGH FamRZ
1990, 254). Dies wird damit begründet, dass das Recht eines Teilhabers nach §
749 Abs. 1 BGB jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen
grundsätzlich nicht durch die Geltendmachung von Gegenrechten, die nicht in der
Gemeinschaft wurzeln, beeinträchtigt werden kann.
32 Demgegenüber soll die Anerkennung eines Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273
BGB wegen einer güterrechtlichen Ausgleichsforderung dem mit § 749 Abs. 1
BGB verfolgten Zweck, grundsätzlich die jederzeitige Aufhebung der
Gemeinschaft zu gewährleisten, widerstreiten. Dies gelte jedenfalls immer in dem
Fall, dass die Bruchteilsgemeinschaft noch nicht aufgehoben ist und die
Auseinandersetzung nicht durch gemeinschaftsfremde Gegenrechte
beeinträchtigt werden darf. Der BGH weist in dieser Entscheidung vom 13.11.2013
ausdrücklich darauf hin, dass es im vorliegenden Fall keiner Erörterung bedürfe,
ob die Bruchteilsgemeinschaft durch die Hinterlegung des vollständigen
Versteigerungserlöses bereits aufgehoben worden war. Entscheidend sei, dass
der Senat bei einer bereits vollzogenen Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft
den entscheidenden Grund dafür sehe, den Anspruch eines früheren Teilhabers
auf Zustimmung zur Auszahlung nicht weiter gegenüber einem Anspruch zu
privilegieren, den der andere aus einem gemeinschaftsfremden Rechtsverhältnis
herleite.
33 Es kommt somit ganz maßgeblich darauf an, ob die Bruchteilsgemeinschaft hier
durch die Hinterlegung des vollständigen Erlöses und Durchführung eines
Verteilungstermins ohne Einigung aufgehoben ist oder aber noch nicht, so dass
mit gemeinschaftsfremden Rechten nicht aufgerechnet werden kann.
34 Eine Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft liegt jedenfalls dann vor (BGH
FamRZ 1990, 254), wenn ein Rechtserlös nicht vom Vollstreckungsgericht bei der
Hinterlegungsstelle hinterlegt worden ist, sondern die Parteien ihn einverständlich
unter die treuhänderische Verwaltung etwa ihrer Prozessbevollmächtigten gestellt
oder auf ein Notaranderkonto hatten überweisen lassen. In diesem speziellen Fall
der Gestaltung ging der BGH davon aus, dass die Auseinandersetzung der
Gemeinschaft abgeschlossen sei (so auch BGH FamRZ 2014, 255 RZ 25) mit der
Folge, dass ein Zurückbehaltungsrecht auch mit gemeinschaftsfremden
Gegenrechten, wie etwa einen fälligen Anspruch auf Zugewinnausgleich geltend
gemacht werden könne. Die Privilegierung des Ehegattens, der die Zustimmung
zur Auszahlung verlangt, soll in diesem Fall mit der Beendigung des
Hinterlegungsverfahrens durch die treuhänderische Verwaltung entfallen (so auch
Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 6.
Aufl., RZ 14 337 und Wever a.a.O. RZ 201).
35 Im vom OLG hier zu entscheidenden Fall ist somit allein maßgeblich, ob die
Bruchteilsgemeinschaft mit der Hinterlegung des gesamten Versteigerungserlöses
bei der Hinterlegungsstelle durch den ersteigernden Ehegatten und der
Durchführung des ergebnislosen Verteilungstermins aufgehoben ist oder erst,
wenn die Erlösverteilung erfolgt. Im ersten Fall kann der Antragsgegner jedenfalls
nach der insoweit einheitlichen BGH-Rechtsprechung mit einem güterrechtlichen
Anspruch weder aufrechnen noch ein darauf gestütztes Zurückbehaltungsrecht
geltend machen (vgl. Wever a.a.O. RZ 200b). Dieses Ergebnis ist bei einer noch
aufzuteilenden Forderung der Bruchteilsberechtigten gegen die
Hinterlegungsstelle dogmatisch konsequent und entspricht dem nach § 749 Abs.
1 BGB gerechtfertigten Interesse sowohl des Ersteigerers an einer zügigen
Abwicklung als auch des die Teilungsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung
der Gemeinschaft betreibenden Versteigerers an der Auskehrung des
Surrogatserlöses.
36 Nachdem der Verteilungstermin vom 7.1.2014 (vgl. AZ AG N., Bl. 85 ff.)
ergebnislos, das heißt ohne Erzielung einer Einigung verlaufen ist, da der
Antragsgegner die Auskehrung eines Betrages von 72.178,52 EUR an sich
verlangt hat im Hinblick auf 35 Monate Nutzungsentschädigung, ist mangels
Erlösverteilung die Bruchteilsgemeinschaft mit der Hinterlegung gerade nicht
aufgehoben, sondern bleibt einer Einigung vorbehalten. Damit ist der Senat der
Auffassung, dass der Antragsgegner, um eine Blockierung der Aufhebung der
Bruchteilsgemeinschaft nicht zu verhindern, sich jedenfalls nicht auf ein
Zurückbehaltungsrecht wegen der Zugewinnausgleichsforderung - unabhängig
von deren Geltendmachung oder gar Verjährung - berufen kann, da diese
güterrechtliche Forderung jedenfalls keine Zuteilung aus dem Versteigerungserlös
rechtfertigt und gemeinschaftsfremd insofern ist, als dass sie mit der
Grundstücksgemeinschaft nichts zu tun hat.
37 Eine andere Frage ist es, ob der Antragsgegner sich im Rahmen eines
Zurückbehaltungsrechts auf die Geltendmachung nicht güterrechtlicher
Zahlungsansprüche wie im Schriftsatz vom 4.5.2015 (dort unter Ziff. 1 bis 7)
berufen kann.
c)
38 Noch nicht entschieden hat der BGH in den zitierten Entscheidungen die Frage,
ob der Teilhaber und Ersteher nach vollständiger Erlöshinterlegung ein
Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung zur
Auskehrung des hälftigen Erlöses geltend machen kann wegen nicht
güterrechtlicher Ansprüche und dabei sowohl solchen, die aus der
Grundstücksgemeinschaft herrühren als auch wegen anderer Geldforderungen. In
der dogmatisch kritisierten Entscheidung des BGH vom 17.11.1999 (vgl. Wever
aaO Rz 199) wird dazu ausgeführt, dass die Ausübung des
Zurückbehaltungsrechts im Einzelfall gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB
verstoßen könne, wenn die Erfüllung einer nach Grund und Höhe unbestrittenen
Forderung wegen Gegenforderungen verweigert werde, deren Klärung so
schwierig und zeitraubend sei, dass dadurch die Durchsetzung der Forderung des
Gegners auf unabsehbare Zeit verhindert würde. Auf diese Begründung hat sich
hier das Familiengericht gestützt. Wever (a.a.O. RZ 199) hat zu Recht darauf
hingewiesen, wenn man dem in dieser Entscheidung vertretenen Standpunkt des
BGH zur Aufhebung der Gemeinschaft bereits im Zeitpunkt der Hinterlegung des
Versteigerungserlöses folgen wolle, so würde dies konsequenterweise auch für
andere als güterrechtliche Zahlungsansprüche der Ehegatten gelten.
39 Dem kann aus den oben genannten Gründen nicht gefolgt werden, so lange der
Erlös beim Amtsgericht hinterlegt ist und die damit bestehende Forderung der
Bruchteilsberechtigten gegen die Hinterlegungsstelle noch geteilt werden muss,
sondern erst dann, wenn die Bruchteilsgemeinschaft aufgrund einer
einverständlichen treuhänderischen Verwaltung tatsächlich aufgehoben wurde.
40 Somit ist auch in dem Fall der Geltendmachung nicht güterrechtlicher Ansprüche
im Wege des Zurückbehaltungsrechts gegen den Einwilligungsanspruch das nach
§ 749 Abs. 1 BGB gerechtfertigte Interesse des Berechtigten am
Versteigerungserlös an einer zügigen Abwicklung zu berücksichtigen, der gerade
im Fall der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft die Teilungsversteigerung zur
Klärung der Vermögensverhältnisse betreibt. Würde man demgegenüber noch vor
der endgültigen Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft die Geltendmachung von
Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsrechten mit jeglichen Forderungen zulassen,
so würde sich die Erlösverteilung unter Umständen über Jahre hinziehen. Somit
können auch nichtgüterrechtliche Ansprüche vom Einwilligungsgegner nur
insoweit der Forderung entgegenhalten können, wenn sie gemeinschaftsoriginär
sind und aus der ursprünglichen Grundstücksgemeinschaft stammen.
41 Dies trifft hier nur auf die Nutzungsentschädigungsansprüche des Antragsgegners
gegen die Antragstellerin nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung zu, solange
und soweit deren Voraussetzungen vorliegen.
d)
42 Ist dem Ehegatten im Sinne des § 1361 b Abs. 1 Satz 1 BGB die Ehewohnung
oder das eheliche Eigenheim zur alleinigen Benutzung - auch mit den Kindern -
überlassen worden, ergibt sich als unmittelbare gesetzliche Folge ein Anspruch
auf Nutzungsvergütung aus § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB. Diese familienrechtliche
Bestimmung des § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB geht in der Trennungszeit als lex
specialis der gemeinschaftsrechtlichen Regelung des § 745 Abs. 2 BGB vor
(Schulz / Hauß a.a.O. RZ 1163 m.w.N.). Dieser Anspruch auf Zahlung einer
Nutzungsentschädigung ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend zu
machen. Folgerichtig kann gegen einen Anspruch auf Nutzungsvergütung gemäß
§ 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB auch mit zivilrechtlichen Ansprüchen nicht
aufgerechnet werden, da diese als Familienstreitsachen gemäß § 113 Abs. 1 Satz
2 FamFG den Vorschriften der ZPO unterliegen (OLG Brandenburg FamRZ 2013,
1980). Dies zeigt, dass es sich bei den Nutzungsentschädigungsansprüchen vor
Rechtskraft der Ehe um Ansprüche handelt, die in der ehelichen Gemeinschaft
und gerade nicht in der Grundstücksgemeinschaft wurzeln und zudem auf der
Grundlage des FG-Verfahrens geltend zu machen sind. Mit derartigen in der
ehelichen Gemeinschaft wurzelnden Ansprüchen kann somit - genauso wie mit
den güterrechtlichen Ansprüchen - gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung zur
Auskehrung des hälftigen Teilungsersteigerungserlöses nicht aufgerechnet
werden und auch insoweit kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden.
43 Nach rechtskräftiger Scheidung folgt ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung
aus § 745 Abs. 2 BGB, da § 1568a BGB keine entsprechende Regelung enthält
(Schulz/Hauß aaO Rz 1164 mwN). Dieser Anspruch ergibt sich nicht bereits als
Folge dessen, dass der im Familienheim allein verbliebene Ehegatte dieses
nunmehr nach der Scheidung allein oder mit den Kindern nutzt. Vielmehr ist eine
Aktivierung des Anspruchs erforderlich und zwar in Form eines
Neuregelungsverlangens im Sinne des § 745 Abs. 2 BGB das heißt eines
Verlangens, die Verwaltung und Benutzung neu zu regeln (Wever a.a.O. RZ 117).
Dazu soll nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (z.B. OLG Naumburg
FamRZ 2012, 1941 und OLG Brandenburg FamRZ 2001, 1713, weitergehend
allerdings BGH FamRZ 2008, 2015) eine bloße Zahlungsaufforderung des
ausgezogenen Ehegatten nicht ausreichen. Vielmehr fordert die Rechtsprechung
ein Neuregelungs- und deutlich geltend gemachtes Zahlungsverlangen, damit der
im Familienheim verbliebene Ehegatte sich rechtzeitig auf die entstehende
Belastung einstellen kann und er nicht für die Vergangenheit mit Ansprüchen
konfrontiert wird, die ihm nicht rechtzeitig bekannt gegeben wurden (Hauß / Schulz
a.a.O. RZ 1165). Die Situation solle derjenigen im Unterhaltsrecht entsprechen,
das im Rahmen des § 1613 BGB eine Inverzugsetzung fordert.
44 Weder eine bloße Zahlungsaufforderung noch ein Neuregelungsverbot sind hier
erfolgt:
45 Vielmehr fand nach dem Auszug des Antragsgegners im April 2009 unstreitig
keine Kommunikation der Beteiligten über die Nutzungsmodalitäten mehr statt,
was auch die von der Antragstellerin jeweils eingeleiteten Teilungsversteigerungs-,
Kindesunterhalts- und Zugewinnausgleichsverfahren zeigen. Dabei ging der
Antragsgegner nach seinen Angaben davon aus, dass er sowohl keinen
Ehegattenunterhalt - mangels Geltendmachung - zahlen müsse als auch dass die
Antragstellerin ihm eine anteilige Nutzungsentschädigung schulde, da er ja die
laufenden Kosten für das hier im Streit stehende Anwesen bezahlt habe. Eine
Regelung dazu wurde ausdrücklich nicht getroffen. Demgegenüber ging die
Antragstellerin davon aus, dass sie zur Nutzungsentschädigung gerade deshalb
nicht verpflichtet sei, weil der Antragsgegner im streitgegenständlichen Zeitraum
weder Trennungs- noch nachehelichen Unterhalt entrichtet hat.
46 Mangels Neuregelungsverlangen und Zahlungsaufforderung im Sinne des § 745
Abs. 2 BGB kann sich der Antragsgegner daher nicht auf eine
Nutzungsentschädigung für den Zeitraum von der Rechtskraft der Ehescheidung
im Juli 2011 bis zum Auszug der Antragstellerin mit den Kindern im Dezember
2012 wirksam berufen. Dass insoweit keinerlei Kommunikation erfolgt ist, zeigt
sich letztlich auch darin, dass der Antragsgegner in diesem Verfahren die
Nutzungsentschädigung bis zum Versteigerungstermin im Dezember 2013
geltend macht, obwohl die Antragstellerin bereits im Dezember 2012 aus dem
Anwesen ausgezogen ist und dies dem Antragsgegner auch unstreitig mitgeteilt
hat.
3.
47 Der Antragsgegner kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Hilfsaufrechnung mit
güterrechtlichen oder sonstigen Ansprüchen berufen.
48 Allerdings ist die Hilfsaufrechnung nicht bereits deshalb unzulässig, weil sich der
Anspruch gegen die Hinterlegungsstelle auf Rückzahlung des hinterlegten
Geldbetrages richtet. Vielmehr richtet sich der Antrag der Antragstellerin auf die
Verpflichtung des Antragsgegners zur Zustimmung zur Auszahlung durch die
Hinterlegungsstelle und nicht gegen die Hinterlegungsstelle direkt auf
Rückzahlung, so dass grundsätzlich eine Aufrechnungslage und auch die
Gegenseitigkeit und Gleichartigkeit der Forderungen (vgl. BGH NJW-RR 08, 556)
das heißt des Zustimmungsantrags und der Zahlungsansprüche des
Antragsgegners vorliegen.
49 Allerdings verbleibt es auch für die Hilfsaufrechnung bei der unter 2 b) vertretenen
Auffassung des Senats: Da die Gemeinschaft mit dem Zuschlagsbeschluss nicht
aufgehoben wurde, sondern sich am Surrogatserlös fortsetzt, können dem
Zustimmungsantrag der Antragsteller keine gemeinschaftsfremden, wie
güterrechtliche Ansprüche, entgegen gehalten werden (BGH FamRZ 2014, 285).
Soweit der Antragsgegner sich auch im Rahmen der Hilfsaufrechnung auf den
Nutzungsentschädigungsanspruch beruft, verbleibt es bei den unter 2 d)
gemachten Ausführungen, wonach auch die Nutzungsentschädigungsansprüche
vor Rechtskraft der Scheidung gemäß § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB
gemeinschaftsfremd sind und die Voraussetzungen der
Nutzungsentschädigungsansprüche gemäß § 745 Abs. 2 BGB -
Neuregelungsverlangen und Zahlungsaufforderung - nicht vorliegen. Daher kann
sich der Antragsgegner auch nicht mit Erfolg auf die Hilfsaufrechnung gegenüber
dem Zahlungsanspruch berufen.
4.
50 Der Beschwerde bleibt daher mit der Kostenfolge gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2
FamFG, 97 Abs. 1 ZPO der Erfolg versagt. Die Verfahrenswertfestsetzung beruht
auf §§ 40, 39 Abs. 3 FamGKG, da hier über die Hilfsaufrechnung im Sinne des §
39 Abs. 3 FamGKG entschieden wurde.
51 Gemäß § 70 Abs.2 FamFG war die Rechtsbeschwerde insoweit zuzulassen, als
dass der BGH über die Frage, ob mit der Hinterlegung des gesamten
Versteigerungserlöses durch den Ersteher und dem Nichtbestehen von
Gemeinschaftsverbindlichkeiten die Bruchteilsgemeinschaft am
Versteigerungserlös bereits aufgehoben ist oder dies erst nach vollumfänglicher
Verteilung des Versteigerungserlöses der Fall ist, noch nicht entschieden hat.
Auch die weitergehende Frage, ob im Falle eines Weiterbestehens der
Bruchteilsgemeinschaft im Wege des Zurückbehaltungsrechts einer Forderung auf
Zustimmung zur Auskehrung des hälftigen Versteigerungserlöses durch die
Hinterlegungsstelle nichtgüterrechtliche Forderungen entgegen gehalten werden
können, hat der BGH bislang noch nicht entschieden.