Urteil des OLG Stuttgart vom 20.02.2017

gesetzliche erbfolge, genehmigung, wohnung, miteigentumsanteil

OLG Stuttgart Beschluß vom 20.2.2017, 17 WF 22/17
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht -
Stuttgart vom 28.12.2016, Az. 12 F 2383/16, in Ziff. 3 (Verfahrenswertfestsetzung) dahingehend abgeändert,
dass der Wert des Verfahrens auf 135.000 EUR festgesetzt wird.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Beteiligten zurückgewiesen.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
1 Die Beteiligten Ziff. 1 bis 3 sind die minderjährigen Kinder des weiteren Beteiligten und seiner 2012
verstorbenen Ehefrau, nach deren Tod gesetzliche Erbfolge eintrat. Die verstorbene Ehefrau war
Eigentümerin einer Wohnung in Konstanz, welche die Beteiligten mit notariellem Vertrag vom 2.12.2016 zu
einem Kaufpreis von 270.000 EUR verkauften. Mit notarieller Urkunde vom gleichen Tag haben die
Beteiligten eine Grundschuld auf dem Wohnungseigentum bewilligt, die Voraussetzung zum Vollzug des
Kaufvertrages war.
2 Mit Beschluss vom 28.12.2016 hat das Amtsgericht die Erklärungen der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 über den
Verkauf der Wohnung familiengerichtlich genehmigt und den Verfahrenswert hierfür auf 270.000 EUR
festgesetzt.
3 Gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts wenden sich die Beteiligten Ziff. 1 bis 3 mit einem als
Widerspruch bezeichneten Schreiben vom 18.1.2017, welches beim Amtsgericht am 20.1.2017 eingegangen
ist. Sie gehen davon aus, dass der Verfahrenswert sich nur nach dem Anteil der minderjährigen Kinder an
der Wohnung richte und errechnen einen Wert von 101.250 EUR.
4 Das Amtsgericht hat das Schreiben als Beschwerde ausgelegt und dieser mit Beschluss vom 7.2.2017 unter
Bezugnahme auf Rechtsprechung des Senats nicht abgeholfen.
II.
5 Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 ist gemäß § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG statthaft sowie form- und
fristgerecht eingelegt. Sie führt zu einer Herabsetzung des Verfahrenswerts.
6 1. Die Beschwerdeführer gehen zutreffend davon aus, dass sich der Verfahrenswert nur nach ihrem Anteil
am Wohnungseigentum richtet. Zwar hat der Senat für die vorliegende Konstellation mehrfach entschieden,
dass sich der Wert bei einem Miteigentumsanteil des Minderjährigen nach dem Gesamtkaufpreis richte
(Beschluss vom 24.1.2014, Az. 17 WF 237/13; Beschluss vom 27.7.2016, Az. 17 WF 68/16). An dieser
Rechtsprechung hält der Senat jedoch nicht mehr fest.
7 Der Verfahrenswert der familiengerichtlichen Genehmigung der Erklärungen der Beteiligten Ziff. 1 bis 3
richtet sich nach § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Maßgeblich ist der Wert des zugrundeliegenden
Rechtsgeschäftes. Dabei versteht der Senat die Vorschrift nunmehr so, dass sie nicht auf den Wert des
Kaufvertrages insgesamt abstellt, sondern ausschließlich auf den Miteigentumsanteil der minderjährigen
Miteigentümer, deren Erklärungen familiengerichtlich zu genehmigen sind (ebenso für § 36 Abs. 1 S. 1
FamGKG OLG Frankfurt, Beschluss vom 9.9.2016, Az. 5 WF 168/16, Familienrecht kompakt 2017, 3; die
Kommentarliteratur äußert sich zu der Frage nach Recherche des Senats nicht). Eine weitere Stütze findet
die Auslegung in § 36 Abs. 1 S. 2 FamGKG i.V.m. § 98 Abs. 2 GNotKG (früher: § 40 Abs. 2 KostO). In der von
der Interessenlage vergleichbaren Konstellation einer Zustimmung oder Vollmacht zu einem entsprechenden
Rechtsgeschäft ist ausdrücklich gesetzlich geregelt, dass lediglich der jeweilige Anteil am Mitteigentum
verfahrenswertbestimmend ist.
8 Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Wirksamkeit des gesamten Vertrages von der familiengerichtlichen
Genehmigung abhängig ist, da die Teilbarkeit auf einen Miteigentumsanteil von den Parteien des
Kaufvertrags regelmäßig nicht gewollt ist (§ 139 BGB). Allerdings ist zu beachten, dass sich die Prüfung des
Familiengerichts, ob die Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB erteilt wird,
ausschließlich am Kindeswohl orientiert (Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl., § 1643, Rn. 3), weswegen die
Auswirkungen der Erklärung des Minderjährigen auf den gesamten Vertrag und dessen Parteien für die
Entscheidung des Familiengerichts irrelevant sind. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass
Verfahrenswerte zur vereinfachten Festsetzung einer gewissen Pauschalierung unterliegen (müssen),
könnten sich bei Außerachtlassung des jeweiligen Miteigentumsanteils Verfahrenswerte ergeben, die sich
vollständig von der wirtschaftlichen Bedeutung für den Minderjährigen entfernen. So sind Konstellationen
vorstellbar, in denen beispielsweise aufgrund einer größeren Erbengemeinschaft Miteigentumsanteile von
deutlich weniger als 10% entstehen. Würde der Verfahrenswert sich nach dem Gesamtkaufpreis richten,
stünden die Kosten der familiengerichtlichen Genehmigung außer Verhältnis zum auf den Minderjährigen
entfallenden Verkaufserlös und würden den Minderjährigen übermäßig belasten, was die vorstehend
dargestellte Auslegung unterstützt.
9 2. Die Mitberechtigung der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 an der verkauften Wohnung lag bei der Hälfte. Durch die
gesetzliche Erbfolge nach der Mutter der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 wurde deren Ehemann zur Hälfte Miterbe
(§§ 1931 Abs. 1, 3, 1371 Abs. 1 BGB), die Beteiligten Ziff. 1 bis 3 zur anderen Hälfte. Für die
Verfahrenswertfestsetzung ist der Kaufpreis demnach zu halbieren.
10 Die weitergehende Beschwerde konnte demnach keinen Erfolg haben.
11 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 59 Abs. 3 FamGKG.