Urteil des OLG Stuttgart vom 18.11.2014

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OLG Stuttgart Beschluß vom 18.11.2014, 15 UF 165/14
Versorgungsausgleich: Verzinsung von Kapitalzahlungen aus einem noch nicht
ausgeglichenen Anrecht
Leitsätze
Kapitalzahlungen aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht sind erst ab Verzug
bzw.Rechtshängigkeit zu verzinsen.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht - Böblingen- vom 23.06.2014
abgeändert.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin 55.929,14 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.10.2011 zu
zahlen.
2. Die Beschwerde der Antragstellerin und die weitergehende Beschwerde des
Antragsgegners werden
zurückgewiesen.
3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens: 2.210 EUR
Gründe
I.
1 Im Streit ist der schuldrechtliche Versorgungsausgleich. Die am … geborene
Antragstellerin und der am … geborene Antragsgegner haben am … die Ehe
geschlossen. Auf den am … zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe im
Verfahren 13 F 1386/91 mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Böblingen
vom 21.05.1992 geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt.
2 Während der gesetzlichen Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 1 BGB aF vom … bis
… erwarben beide Beteiligte Versorgungsanwartschaften bei der früheren
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), die Antragstellerin in Höhe von
monatlich 301,30 DM, der Antragsgegner in Höhe von 1.423,41 DM. Darüber
hinaus hatte der Antragsgegner betriebliche Anwartschaften bei der Firma Hewlett-
Packard GmbH in Höhe einer Jahresrente von 70.772 DM, dynamisiert in Höhe
von 421,61 DM monatlich.
3 Der Versorgungsausgleich wurde dahingehend geregelt, dass der Antragstellerin
zum Ausgleich der Versorgungsanrechte aus der gesetzlichen
Rentenversicherung Rentenanwartschaften in Höhe von 561,06 DM und zum
Ausgleich der Versorgungsanrechte aus der betrieblichen Altersversorgung bei der
Firma Hewlett Packard GmbH im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b
VAHRG weitere 67,20 DM, jeweils bezogen auf den 31.07.1991, übertragen
wurden.
4 Hinsichtlich des aus dem Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung des
Antragsgegners verbleibenden Restbetrags von 143,60 DM wurden die Beteiligten
auf den schuldrechtlichen Ausgleich verwiesen.
5 Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht -
Böblingen vom 21.05.1991 (Bl. 4/11) Bezug genommen.
6 Die Antragstellerin begehrte im vorliegenden Verfahren zunächst die Zahlung einer
schuldrechtlichen Ausgleichsrente seit 01.09.2011.
7 Zuletzt hat sie die Zahlung eines Ausgleichsbetrags, dessen Höhe durch
Sachverständigengutachten zu ermitteln ist, nebst Prozesszinsen seit
Rechtshängigkeit begehrt.
8 Desweiteren hat sie hinsichtlich des im Scheidungsverfahren unberücksichtigt
gebliebenen weiteren Anrechts aus dem Zusatzversorgungsplan der Firma
Hewlett-Packard die Feststellung begehrt, dass diese Anwartschaften im Hinblick
auf die ab 31.05.2014 fälligen Raten im Wege des schuldrechtlichen
Versorgungsausgleichs auszugleichen sind.
9 Die Antragstellerin bezieht seit 01.05.2010 eine Altersrente für schwerbehinderte
Menschen. Diese belief sich bei Rentenbeginn auf monatlich 590,74 EUR (vgl.
Rentenbescheid v. 26.02.2010, Bl. 12).
10 Der Antragsgegner war vom 01.03.1970 bis 31.10.1995 bei der Firma Hewlett-
Packard GmbH beschäftigt. Zum 01.11.1995 ging das Arbeitsverhältnis auf die
Solectron GmbH über (vgl. Bl. 141). Die Firma Hewlett-Packard GmbH leistete zur
Ablösung der Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung an die Solectron
GmbH einen Ausgleichsbetrag (vgl. Bl. 146). Letztere bot dem Antragsgegner auf
Grund der ergänzenden Vereinbarung zum Arbeitsverhältnis vom 07.09.1995 an,
die bei HP erworbenen Anwartschaften durch die Firma Solectron abgelten zu
lassen oder in eine Direktzusage umzuwandeln (vgl. Nr. 9 der Vereinbarung Bl.
141). Der Antragsgegner hat sich die Anwartschaften aus der betrieblichen
Altersversorgung in Höhe von 365.545 DM auszahlen lassen und in Aktien der
Solectron GmbH, die zwischenzeitlich wertlos sind, angelegt. Die Solectron GmbH
hat zum 31.03.2009 den Geschäftsbetrieb eingestellt und wurde stillgelegt (vgl.
Schreiben Flextronics International Germany GmbH & Co KG v. 27.04.2010, Bl.
60).
11 Der Antragsgegner hat nach dem Zusatzversorgungsplan der Hewlett-Packard
GmbH vom 18.01.1984 weitere Anrechte in der betrieblichen Altersversorgung
erworben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Zusatzversorgungsplan (Bl.
249/253) Bezug genommen. Diese Anrechte sind von dem Übergang des
Arbeitsverhältnisses auf die Solectron GmbH unberührt geblieben. Das
Versorgungskapital, das sich bei Rentenbeginn auf 157.870,06 EUR belief, wird in
sechs Teilbeträgen jeweils zum 31.05. eines jeden Jahres, beginnend am
31.05.2012 ausbezahlt. Im Hinblick auf das laufende Verfahren ist bislang eine
Auszahlung unterblieben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Auskunft des
Versorgungsträgers (Bl. 161 ff.) verwiesen.
12 Der Antragsgegner bezieht seit 01.10.2011 eine Altersrente, die sich bei
Rentenbeginn auf monatlich 1.250,43 EUR netto (vgl. Rentenbescheid v.
07.07.2011, Bl. 57) belief.
13 Das Familiengericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens den
Antragsgegner zur Zahlung eines Ausgleichsbetrags von 95.950,51 EUR nebst
Zinsen seit 01.10.2011 verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der
Auszahlungsbetrag aus der von der Solectron GmbH übernommenen
Altersversorgung schuldrechtlich auszugleichen sei, soweit nach dem
Scheidungsverbundurteil nicht bereits ein öffentlich- rechtlicher Teilausgleich
erfolgt sei. Demgegenüber unterliege die Versorgung aus dem
Zusatzversorgungsplan der Hewlett-Packard GmbH nicht dem
Versorgungsausgleich, da diese nicht auf Zahlung einer Rente gerichtet gewesen
sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl.
270/277) Bezug genommen.
14 Beide Beteiligte haben die Entscheidung angefochten. Während die Antragstellerin
mit ihrer Beschwerde die Einbeziehung der Versorgungsanrechte aus dem
Zusatzversorgungsplan der Firma Hewlett-Packard GmbH erstrebt, begehrt der
Antragsgegner die Herabsetzung des Ausgleichsbetrags auf höchstens 50.000
EUR. Er verweist darauf, dass der Ausgleichsbetrag erst ab Fälligkeit mit Eintritt
des Rentenbezugs zu verzinsen sei. Im Übrigen komme auch im Hinblick auf § 27
VersAusglG ein teilweiser Ausschluss in Betracht.
15 Die Antragstellerin macht geltend, dass die Anrechte aus dem
Zusatzversorgungsplan nach § 22 VersAusglG dem Ausgleich unterlägen, zumal
sie im Scheidungsverfahren im Zugewinnausgleich unberücksichtigt geblieben
seien.
16 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen
Beschwerdebegründungen Bezug genommen.
II.
17 Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist im Wesentlichen begründet,
während die Beschwerde der Antragstellerin ohne Erfolg bleibt.
1.
18 Der Antragstellerin steht gemäß § 22 VersAusglG ein Anspruch auf Zahlung des
Ausgleichswerts aus der im November 1995 (vgl. Bl. 146) aufgelösten
betrieblichen Altersversorgung zu, soweit diese nicht bereits durch den öffentlich-
rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichen ist. Dieser beläuft sich nach
Abzug des schon ausgeglichenen Anteils auf 55.929,14 EUR.
19 Der Ausgleichswert bemisst sich im Ausgangspunkt nach dem zur Abfindung der
Versorgungsanrechte des Antragsgegners ermittelten Abfindungsbetrags. Dieser
belief sich auf brutto (vgl. Bl. 142)
20 365.545,00 DM.
21 Hiervon in Abzug zu bringen sind gemäß §§ 22 S. 2, 20 Abs. 1 S.2 VersAusglG die
auf den Abfindungsbetrag entfallenden Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge. Maßgeblich ist nach § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V als
Ausgangsgröße 1/120 des Gesamtbetrags, so dass sich ein monatlicher
Rentenbetrag von (365.545,00 DM / 120) 3.046,21 DM errechnet. Hierauf waren im
Jahr 1995 monatlich 14,24 % für Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten,
mithin monatlich 433,78 DM,
22 insgesamt (*120)
23 52.053,60 DM.
24 Danach ergibt sich netto ein Abfindungsbetrag von
25 313.491,40 DM.
26 Nach der vom 01.03.1970 bis 31.10.1995 (308 Monate) dauernden
Betriebszugehörigkeit und der Ehedauer vom 01.04.1970 bis 31.07.1991 (256
Monate) errechnet sich ein Ehezeitanteil von (313.491,40 DM * 256/308)
27 260.564,28 DM.
28 Der der Antragstellerin zustehende Ausgleichswert beträgt - ohne
Berücksichtigung des bereits erfolgten Teilausgleichs - (260.564,28 DM / 2)
29 130.282,14 DM.
30 Dies entspricht (: 1,95583)
31 66.612,20 EUR.
2.
32 Abzuziehen ist weiter der bei der Scheidung im Wege des erweiterten Splittings
nach § 3 VAHRG ausgeglichene Teilbetrag von 67,20 DM bei Ehezeitende. Dieser
entspricht 1,6216 Entgeltpunkten (67,20 DM / 41,44 DM (aktueller Rentenwert zum
31.07.1991]) und einem Kapitalwert nach § 47 Abs. 2 VersAusglG von (1,6216 EP
* 6.587,9730 EUR) von 10.683,06 EUR.
33 Der an die Antragstellerin zu zahlende Ausgleichsbetrag beläuft sich danach auf
(66.612,20 EUR - 10.683,06 EUR)
34 55.929,14 EUR.
3.
35 Der Ausgleichsbetrag ist nicht ab der Zahlung des Abfindungsbetrags im
November 1995 bis September 2011 zu verzinsen. Mit der Ablösung der
Versorgungsanrechte aus der betrieblichen Altersversorgung nach Beendigung
des Arbeitsverhältnisses bei der Firma Hewlett-Packard GmbH zu 01.11.1995
wurde der Wert der Anrechte in Höhe des Abfindungsbetrags festgeschrieben.
Denn der Anspruch bemisst sich entsprechend § 41 VersAusglG nach dem
Ausgleichswert der tatsächlich bezogenen Kapitalzahlung (vgl. BT-Druck 16/10144
S. 64). Da die betriebliche Altersversorgung des Antragsgegners von der neuen
Arbeitgeberin, der Firma Solectron GmbH, nicht übernommen wurde, sondern - wie
diese in ihrem Schreiben vom 14.08.2006 (Bl. 44) bestätigt - in einer
Abfindungszahlung abgegolten wurde, ist dieser Auszahlungsbetrag maßgeblich.
Damit nahm das Anrecht auch nicht mehr an bereits bei Ehezeitende latent
vorhandenen Wertsteigerungen, die gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG auf den
Ehezeitanteil zurückwirken könnten, teil (vgl. BGH, FamRZ 2008, 1512, 1515).
36 Nach §§ 22 S. 2, 20 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. §§ 1585 b Abs. 2, 1613, 286, 288
BGB ist eine Verzinsung des Ausgleichsbetrags erst ab Verzug geschuldet (vgl.
Schwab/Holzwarth, 7. Aufl., VI Rz 408; jurisPK-BGB/Roggatz § 22 VersAusglG Rz
16). Dieser setzt indessen die Fälligkeit der Zahlung voraus, die erst bei Vorliegen
der Voraussetzungen des schuldrechtlichen Ausgleichs nach § 20 VersAusglG ab
dem Rentenbezug der Antragstellerin gegeben ist. Auch der
Halbteilungsgrundsatz gebietet, anders als beim Ausgleich eines Anrechts im
Wege der externen Teilung, keine Verzinsung des Ausgleichsbetrags. Denn diese
Verzinsung hat ihren Grund darin (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1785 Rz 17), dass
wegen des in § 5 Abs. 2 S. 1 VersAusglG normierten Stichtagsprinzips die
Bewertung des Ehezeitanteils des Anrechts auf das Ehezeitende zu erfolgen hat.
Auf Grund der rechtsgestaltenden Wirkung der Entscheidung zum
Versorgungsausgleich gemäß § 14 Abs. 1 VersAusglG erfolgt die Begründung des
Anrechts des Ausgleichsberechtigten und die Belastung des Anrechts des
Ausgleichspflichtigen ebenfalls zum Stichtag Ehezeitende (vgl. BGH, aaO Rz 17).
Das für den Ausgleichsberechtigten begründete Anrecht nimmt deshalb
grundsätzlich ab dem Ende der Ehezeit an der in seinem Versorgungssystem
geltenden Entwicklung teil. Dies ist jedoch nur gewährleistet, wenn die zwischen
Ehezeitende und der Rechtskraft der Entscheidung über den
Versorgungsausgleich eintretende Wertsteigerung auch dem
Ausgleichsberechtigten durch Verzinsung des auf das Ehezeitende ermittelten
Ausgleichswerts zugute kommt.
37 Eine vergleichbare Sachlage besteht indessen im Falle des schuldrechtlichen
Ausgleichs eines im Wege der Kapitalleistung auszugleichenden Anrechts nicht.
Denn dem Ausgleichsberechtigen steht - anders als im Fall des Ausgleichs bei der
Scheidung - kein eigenes dingliches Recht an dem hälftigen Ausgleichswert zu.
Der gesamte Auszahlungsbetrag geht uneingeschränkt in das Vermögen des
Zahlungsempfängers über. Der schuldrechtliche Ausgleich begründet lediglich
einen schuldrechtlichen Anspruch des Ausgleichsberechtigten gegen den
Ausgleichspflichtigen. Ihm steht nach §§ 22 S. 2, 21 VersAusglG zwar ein
Anspruch auf Abtretung des Anspruchs gegen den Versorgungsträger zu.
Voraussetzung hierfür ist indessen die Fälligkeit des schuldrechtlichen Ausgleichs
nach § 20 VersAusglG (vgl. NK-BGB/Götsche § 21 Rn 3).
4.
38 Die Verzinsung des Ausgleichsbetrags ab 01.11.1995 ist auch nicht als
Schadensersatz geschuldet. Zwar hatte der Antragsgegner nach Nr. 9 der
ergänzenden Vereinbarung zum Arbeitsverhältnis mit der Solectron GmbH (Bl.
141/142) die Wahl zwischen der Abgeltung der Anwartschaften aus der bei HP
bestehenden betrieblichen Altersversorgung und der Umwandlung in eine
Direktversicherung. Im letzteren Fall hätte die Altersversorgung bis zum Eintritt des
Rentenfalls durch Verzinsung weitere Zuwächse erfahren, an denen auch die
Antragstellerin nach § 5 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. § 22 VersAusglG partizipiert
hätte. Indessen stellt die vom Antragsgegner getroffene Wahl der Auszahlung und
Anlage in Aktien seiner Arbeitgeberin keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung
im Sinne des § 826 BGB dar.
5.
39 Das Familiengericht hat zu Recht die Anrechte des Antragsgegners aus dem
Zusatzversorgungsplan der Hewlett-Packard GmbH vom 18.01.1984 (vgl. Bl.
249/253) nicht in den schuldrechtlichen Ausgleich einbezogen. Die hiergegen von
der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vorgebrachten Einwendungen greifen
nicht durch.
40 Die Anrechte unterfielen nach den im Zeitpunkt der Scheidung geltenden
gesetzlichen Regelungen gemäß § 1587 ff. BGB aF nicht dem
Versorgungsausgleich, weil die Versorgungszusage keine Rentenleistung,
sondern eine in 6 Raten zu zahlende Kapitalleistung vorsieht. Bis zum Inkrafttreten
des VAStrRefG zum 01.09.2009 unterfielen Anrechte aus der betrieblichen
Altersversorgung nur dann dem Versorgungsausgleich, wenn sie auf eine
Rentenzahlung gerichtet waren (vgl. BGH, FamRZ 1992, 411). Zwar sieht § 22
VersAusglG nunmehr einen Ausgleich nach der Scheidung vor, wenn ein auf
Kapitalzahlung gerichtetes Anrecht noch nicht ausgeglichen ist. Hierunter fallen
nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG auch Anrechte aus einer betrieblichen
Altersversorgung. Indessen gilt dies nicht für Anrechte, die vor Inkrafttreten dieser
Bestimmung nicht dem Ausgleich unterlagen. Wie aus der Gesetzesbegründung
zu den Übergangsvorschriften zu §§ 51, 52 VersAusglG (vgl. BT-Drucks. 16/10144
S. 89) hervorgeht sind im Falle einer Abänderung des öffentlich-rechtlichen
Versorgungsausgleichs in die nach §§ 51, 52 VersAusglG durchzuführende
Totalrevision nur diejenigen Anrechte einzubeziehen, die auch Gegenstand der
abzuändernden Entscheidung waren. Anrechte, deren Einbeziehung erst das
neue Recht ermöglicht, wie etwa Kapitalleistungen aus der betrieblichen
Altersversorgung (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG), bleiben außer Betracht (vgl.
Schwab/Holzwarth, 7. Aufl. VI Rz. 600).
41 Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise auch nach für den nach dem Gesetz
deutlich schwächer ausgestalteten Wertausgleich nach der Scheidung nach §§ 20
ff. VersAusglG. Schließlich kommt den Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung
auch keine generelle Auffangfunktion zu (vgl. BGH, FamRZ 2013, 1548 Rz. 24 ff.).
6.
42 Der Ausgleichsbetrag ist nicht gemäß § 27 VersAusglG herabzusetzen. Der
Umstand, dass dem Antragsgegner von dem zur Ablösung der Anrechte aus der
betrieblichen Altersversorgung ausbezahlten Betrags letztlich nichts verblieben ist,
weil er diesen in Aktien der Firma Solectron GmbH, die zwischenzeitlich wertlos
sind, angelegt hat, rechtfertigt keine Kürzung des Ausgleichsbetrags. Die
Entscheidung über die Anlage des Ablösebetrags, die nach der ergänzenden
Vereinbarung vom 07.09.1995 (Bl. 141/143) auch im Wege einer
Direktversicherung möglich gewesen wäre, lag ausschließlich im Risikobereich
des Antragsgegners.
43 Schließlich rechtfertigt auch die unterschiedliche Steuerlast keine Herabsetzung
des Ausgleichsbetrags. Soweit der Antragsgegner darauf verweist, dass seine
steuerliche Belastung bei Auszahlung des Ablösebetrags im Jahr 1995 wegen der
steuerlichen Progression und der damals noch erzielten Arbeitseinkünfte deutlich
höher war als die auf die Antragstellerin jetzt entfallende Steuerlast, greift dieser
Einwand nicht durch. Denn der Antragsgegner kann die Zahlung des
Ausgleichsbetrags nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 b EStG als Sonderausgaben steuerlich
geltend machen. Inwieweit ihm gleichwohl noch steuerliche Nachteile verbleiben,
hat der Antragsgegner nicht dargetan.
7.
44 Der Auszahlungsbetrag ist gemäß §§ 288, 191 BGB ab Rechtshängigkeit - der
Antrag wurde am 06.10.2011 zugestellt - zu verzinsen.
III.
45 Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG unter Berücksichtigung des
gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens.
46 Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG.
47 Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die
Frage, ob Anrechte, deren Einbeziehung erst das neue Recht ermöglicht, wie etwa
Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung (§ 2 Abs. 2 Nr. 3
VersAusglG) auch beim Ausgleich nach der Scheidung unberücksichtigt bleiben,
ist bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt.