Urteil des OLG Stuttgart vom 20.08.2015

teilung, vvag, rechtskraft, versorgung

OLG Stuttgart Beschluß vom 20.8.2015, 11 UF 13/15
Versorgungsausgleich: Ausgleich einer Anwartschaft in der gesetzlichen
Rentenversicherung bei vorzeitigem Ruhestand; Berechnung des
Ausgleichswerts bei laufenden Rentenzahlungen aus betrieblicher
Altersversorgung
Leitsätze
1. Nach dem ab 01.09.2009 geltenden Recht des Versorgungsausgleichs erfolgt die
Durchführung des Ausgleichs einer Anwartschaft in der gesetzlichen
Rentenversicherung allein nach den erzielten Entgeltpunkten. Ein verminderter
Zugangsfaktor des Ausgleichspflichtigen aufgrund vorzeitigen Ruhestands bleibt
unberücksichtigt. In Härtefällen kommt unter Umständen eine Korrektur nach § 27
VersAusglG in Betracht.
2. Der Umstand, dass ein Ausgleichspflichtiger zum Ehezeitende bereits regelmäßige
Rentenzahlungen aus einer betrieblichen Altersversorgung erhält, führt zu keiner
Verringerung der zum Ehezeitende errechneten Ausgleichswerte. Im Falle der
externen Teilung ist aber von einer Verzinsung abzusehen, weil dieser die
gegenläufige Entwicklung der Auszahlung der laufenden Renten entgegensteht.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht - Esslingen vom 16.12.2014 (2 F 226/14) unter Aufrechterhaltung im
Übrigen unter Ziffer 2 Absatz 4
abgeändert
und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der externen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsgegners bei der
Allianz Versicherungs-AG (Vers.Nr. …) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in
Höhe von 9.753,00 EUR bei der Versorgungsausgleichskasse, bezogen auf den
28.02.2014, begründet. Die Allianz Versicherungs-AG wird verpflichtet, diesen Betrag
an die Versorgungsausgleichskasse zu zahlen.
Die weitergehende Beschwerde wird
zurückgewiesen
.
2. Für die erste Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen
Beschluss. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin
und der Antragsgegner je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden
nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
4. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 7.164,00 EUR.
Gründe
I.
1 Die am … geborene Antragstellerin und der am … geborene Antragsgegner haben
am … die Ehe geschlossen. Sie leben seit … getrennt. Aus der Ehe sind zwei
mittlerweile volljährige Kinder hervorgegangen.
2 Die Antragstellerin, ist als Beamtin tätig und erzielt ein monatliches
Nettoeinkommen von ca. 3.750,00 EUR. Der Antragsgegner ist am 01.09.2005 in
den vorzeitigen Ruhestand eingetreten und bezieht monatliche Renteneinkünfte
von ca. 2.220,00 EUR.
3 Mit Schriftsatz vom 26.02.2014 beantragte die Antragstellerin die Ehescheidung;
der Antrag wurde dem Antragsgegner am 25.03.2014 zugestellt.
4 Die Antragstellerin hat ehezeitbezogen eine Anwartschaft auf Ruhegehalt bei dem
Landesamt für Besoldung und Versorgung in Höhe von monatlich 1.260,57 EUR
erlangt. Der Antragsgegner hat zum Ehezeitende 28.02.2014 neben Anrechten in
der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 40,8458 Entgeltpunkten
Anrechte auf betriebliche Altersversorgung bei der Allianz Versorgungskasse
VVaG in Höhe von 72.000,46 EUR und bei der Allianz Versicherungs-AG in Höhe
von 19.506,00 EUR erlangt.
5 Mit Beschluss vom 16.12.2014 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Esslingen
die Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners geschieden und den
Versorgungsausgleich durchgeführt. Bezogen auf das Anrecht des
Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hat es
entsprechend der Auskunft des Versicherungsträgers ohne Berücksichtigung des
für die Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente anfallenden Abschlags
20,4229 Entgeltpunkte im Wege der internen Teilung der Antragstellerin
übertragen. Ferner hat es im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts
des Antragsgegners bei der Allianz Versorgungskasse VVaG zugunsten der
Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 35.800,23 EUR übertragen und im Wege
der externen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Allianz
Versicherungs-AG zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 9.753,00
EUR bei der Versorgungsausgleichskasse begründet und den Versorgungsträger
verpflichtet, diesen Betrag nebst 4,9 % Zinsen seit dem 01.03.2014 an die
Versorgungsausgleichskasse zu bezahlen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf
die Feststellungen in der erstinstanzlichen Entscheidung sowie auf die vom
Familiengericht eingeholten Auskünfte Bezug genommen. Eine Regelung
hinsichtlich des Zugewinnausgleichs haben die Ehegatten bisher nicht getroffen.
Sie haben gemeinsames Eigentum an einem Hausgrundstück.
6 Gegen diesen Beschluss, der dem Antragsgegner am 22.12.2014 zugestellt
wurde, legte er am 21.01.2015 Beschwerde ein. Der Antragsgegner beantragt, die
Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - Esslingen über den
Versorgungsausgleich zwischen den Ehegatten in Ziffer 2, 2. Absatz bezogen auf
seine Rentenanwartschaft bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.Nr.
… ) aufzuheben und dahingehend durchzuführen, dass sein tatsächlicher
Rentenzugangsfaktor Berücksichtigung findet. Die Beschwerde begründet er
damit, dass es Berücksichtigung finden müsste, dass er bereits vor Ehezeitende
im Einverständnis mit der Antragstellerin in den vorzeitigen Ruhestand getreten sei.
Er habe aus gesundheitlichen Gründen seine selbständige Tätigkeit aufgegeben,
die er nach Freistellung durch seinen Arbeitgeber kurze Zeit vor Rentenbeginn
aufgenommen hatte. Der Umstand, dass sein Zugangsfaktor daher weniger als
1,0, nämlich 0,835, betrage, müsse bei der Durchführung des
Versorgungsausgleichs Berücksichtigung finden, da andernfalls der
Halbteilungsgrundsatz verletzt werde. Er ist überdies der Ansicht, dass der
aufgrund des laufenden Rentenbezugs eingetretene Kapitalverzehr bei den
betrieblichen Renten zu berücksichtigen sei.
7 Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen. Sie entgegnet, der Eintritt in den
vorzeitigen Ruhestand sei nicht mit ihrem ausdrücklichen Einverständnis erfolgt,
sie habe sich vielmehr in die Gegebenheiten gefügt, nachdem der Antragsgegner
aus seiner selbständigen Tätigkeit kein Einkommen erwirtschaften konnte. Es
entspreche nicht der Billigkeit, eine Korrektur des Versorgungsausgleichs
vorzunehmen, zumal sie selbst chronisch erkrankt sei, was unbestritten geblieben
ist, und durch die Kindererziehungszeiten trotz des Versorgungsausgleichs eine
Versorgungslücke entstanden sei. Der Kapitalverzehr sei nicht zu berücksichtigen,
da dieser durch die tatsächlich dem Antragsgegner zugeflossenen Rentenbeträge
erfolgt sei.
8 Der Senat hat bei der Allianz Versicherungs-AG und der Allianz Versorgungskasse
VVaG aktuelle Auskünfte, bezogen auf den 30.06.2015, eingeholt. Auf die erteilten
Auskünfte der Versorgungsträger, gegen welche Einwände nicht erhoben worden
sind, wird Bezug genommen.
9 Der Senat entscheidet über die Beschwerde ohne erneute mündliche
Verhandlung, nachdem keine Bedenken gegen eine Entscheidung ohne
mündliche Verhandlung erhoben worden sind.
II.
1.
10 Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und
auch im Übrigen zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
worden (§§ 63 Abs. 1, 64, 65 FamFG).
11 Die Beschwerde ist jedoch nur zum Teil begründet.
12 1.1. Der verminderte Zugangsfaktor des Antragsgegners ist beim
Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen.
13 Gemäß § 1 VersAusglG sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit
erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen
Ehegatten zu teilen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats der
Eheschließung und endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des
Scheidungsantrags, § 3 Abs.1 VersAusglG. Nach § 10 Abs. 1 VersAusglG
überträgt das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person zulasten des
Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswert
bei dem Versorgungsträger, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person
besteht (interne Teilung). Die Bewertung der auszugleichenden Anwartschaft
richtet sich nach §§ 39 ff. VersAusglG. Für Anrechte aus der gesetzlichen
Rentenversicherung gelten die Grundsätze der unmittelbaren Bewertung, § 43
Abs.1 VersAusgl, auch für ein Anrecht in der Leistungsphase, also bei Bezug einer
Rente, § 41 Abs.1 VersAusglG. Gemäß § 39 Abs. 1 VersAusglG entspricht daher
der Wert des Ehezeitanteils dem Umfang der auf die Ehezeit entfallenden
Bezugsgröße. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 VersAusglG ist maßgeblicher Zeitpunkt für
die Bewertung das Ende der Ehezeit.
14 Laut der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 19.05.2014 hat
der Antragsgegner während der Ehezeit (01.11.1982 bis 28.02.2014) insgesamt
40,8458 Entgeltpunkte erlangt (Bl. 21-30 des Sonderheftes
Versorgungsausgleich). Der korrespondierende Kapitalwert beträgt 134.545,51
EUR. Zu Recht hat das Familiegericht entsprechend dem Vorschlag des
Versorgungsträgers gemäß § 5 Abs. 3 VersAusglG den Ausgleichswert mit
20,4229 Entgeltpunkten bestimmt und keine Korrektur wegen des vorzeitigen
Rentenbezugs des Antragsgegners vorgenommen. Der Antragsgegner bezieht
bereits seit … 2005 eine Vollrente wegen Alters. Da er vor der Regelaltersgrenze
die Rente in Anspruch genommen hat, ist der Rente ein verminderter
Zugangsfaktor zugrunde gelegt worden, wie sich aus dem vorliegenden
Rentenbescheid vom 07.09.2005 ergibt (Bl. 70-81 des Sonderheftes
Zugewinnausgleich). Der Zugangsfaktor ist auf 0,835 vermindert worden, da der
Antragsgegner 55 Monate vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand getreten
ist. Entsprechend § 77 Abs. 2 Ziff. 2b SGB VI erfolgt im Fall der vorzeitigen
Inanspruchnahme der Altersrente eine Verminderung des Zugangsfaktors für
jeden Kalendermonat um 0,003, ausgehend von einem Zugangsfaktor von 1,0.
15 Diese durch den verminderten Zugangsfaktor verringerte laufende Rente ist aber
nicht dem Versorgungsausgleich zugrunde zu legen, sondern allein die von dem
Antragsgegner während der Ehezeit erworbenen Entgeltpunkte.
16 Nach dem System des Versorgungsausgleichsgesetz werden die in der Ehezeit
erworbenen gesetzlichen Entgeltpunkte als maßgebliche Bezugsgröße
ausgeglichen (Holzwarth in: Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Kapitel VI
Rn. 100). Nach dem 6. Sozialgesetzbuch ist zu unterscheiden zwischen dem
Erwerb von Entgeltpunkten (§ 63 Abs. 2 SGB VI) und der erst in einem weiteren
Schritt vorzunehmenden Multiplikation mit dem Zugangsfaktor, einem individuellen
Parameter, welcher an die rentenberechtigte Person gebunden ist, zur Ermittlung
der persönlichen Entgeltpunkte zur Bemessung der dem Versicherten individuell
zustehenden Rente (§§ 63 Abs. 5, 64 Nr. 1 SGB VI). Der Zugangsfaktor nach § 77
SGB VI soll die finanziellen Auswirkungen einer unterschiedlich langen
Rentenbezugsdauer infolge der vorzeitigen bzw. hinausgeschobenen
Inanspruchnahme der Altersrente ausgleichen, vgl. § 63 Abs. 5 SGB VI. Der
Bestand der Entgeltpunkte aber verändert sich durch eine vorzeitige
Inanspruchnahme der Rente nicht. Entsprechend § 109 Abs. 6 SGB VI errechnen
sich die gemäß § 39 VersAusglG zu ermittelnden Entgeltpunkte aus der
Berechnung einer Vollrente wegen Erreichens der Regelaltersgrenze (BGH
FamRZ 2012, 851 Rz. 25). Der Ehezeitanteil von Anrechten in der gesetzlichen
Rentenversicherung ist unmittelbar zu bewerten, § 39 Abs. 2 Nr 1 i.V.m. § 43 Abs.
1 VersAusglG. Auch bei einer laufenden Rente sind Teilungsgegenstand die
Entgeltpunkte, nicht der tatsächliche oder fiktive Rentenbetrag im Leistungsfall. Der
Zugangsfaktor bleibt daher generell außer Betracht (OLG Frankfurt, Beschluss
vom 13.04.2015 - 6 UF 310/13 -, juris; Holzwarth in: Johannsen/Henrich
Familienrecht, 6. Auflage, § 43 VersAusglG Rdn. 30 f.; Holzwarth FamRZ 2011,
933/941; Ruland, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rdn. 388, 360-362; Wick, Der
Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rdn. 177 ff.; Borth, Versorgungsausgleich, 7. Aufl.,
Rdn. 323 ff.; Norpoth in: Ermann BGB Kommentar § 5 VersAusglG Rn 10). Weil der
ehezeitliche Versorgungserwerb auf der Basis der jeweiligen Bezugsgröße
auszugleichen ist und die Rentenhöhe keine Rolle spielt, entspricht es dem Willen
des Gesetzgebers (BT-Drucks. 16/10144, S. 80), den Versorgungsabschlag als
Folge vorzeitiger Inanspruchnahme der Versorgung unbeachtet zu lassen.
17 Der Gesetzgeber hat das Problem der Regelaltersgrenze gesehen (BT-Drucks.
16/10144, S. 80) und ist der vom BGH zum früheren Recht entwickelten
Rechtsprechung nicht gefolgt. Der BGH hatte entschieden, dass zur Wahrung des
Halbteilungsgrundsatzes § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F. verfassungskonform
dahin auszulegen ist, dass der Zugangsfaktor bei der Berechnung des
Ehezeitanteils nur dann und nur insoweit außer Betracht bleibt, als die für seine
Herabsetzung maßgeblichen Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs nicht in der Ehezeit
zurückgelegt worden sind (BGH FamRZ 2009, 948; BGH FamRZ 2009, 107; BGH
FamRZ 2009, 28; BGH FamRZ 2007, 1542; BGH FamRZ 2005, 1455). Nach der
Neuregelung des Versorgungsausgleichs findet der Ausgleich der ehezeitlich
erlangten Versorgungsanwartschaften aber allein auf der Basis der jeweiligen
Bezugsgrößen, bei der gesetzlichen Rentenversicherung also auf der Basis von
Entgeltpunkten, statt, die Rentenhöhe spielt keine Rolle. Ohne Relevanz ist daher
auch, ob der vorzeitige Leistungsbezug vor oder nach Ehezeitende erfolgt
(Norpoth, FamFR 2013, 363; Hauß, FamRZ 2012, 771). Ebenso erfolgt keine
Differenzierung danach, ob der vorzeitige Renteneintritt vom gemeinsamen Willen
der Ehegatten getragen war, sofern die vorzeitige Rente bereits vor dem
Ehezeitende in Anspruch genommen worden ist, zumal die mit der Frage, ob der
vorzeitige Renteneintritt einvernehmlich erfolgt ist, unzweifelhaft mit
Beweisschwierigkeiten verbunden ist und diese im formalisierten
Versorgungsausgleichsverfahren nur schwer zu handhaben sind (Holzwarth in:
Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Kapitel VI Rn. 213; BT Drs. 16/10144,
S. 80).
18 Eine Korrektur der Entscheidung aus Billigkeitsgründen nach § 27 VersAusglG
erfolgt nicht.
19 Grundsätzlich ist in den Fällen des vorzeitigen Rentenbezugs eine wertende
Korrektur im Rahmen des § 27 VersAusglG möglich (BT Drs. 16/10144),
insbesondere wenn eine erhebliche Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes
durch die Nichtberücksichtigung des Zugangsfaktors entsteht (Viefhues in:
Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth juris-PK-BGB § 41 VersAusglG Rn 11).
Allerdings kann dieses nur in besonderen Einzelfällen erfolgen, da nach § 27
VersAusglG eine Korrektur nur bei grober Unbilligkeit in Betracht kommt. Eine
grobe Unbilligkeit liegt nur dann vor, wenn und soweit bei Abwägung der gesamten
Umstände des Einzelfalls die rein schematische Durchführung des Wertausgleichs
unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken
des Versorgungsausgleichs, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider
Ehegatten an den in der Ehezeit aufgrund einer gemeinsamen Lebensleistung
insgesamt erworbenen Anwartschaften zu gewähren, in unerträglicher Weise
widerspräche und nicht zu einer angemessenen sozialen Sicherung beider
Ehegatten führte (BGH FamRZ 2013, 106; FamRZ 2012, 434 Rn. 10; FamRZ
2011, 877 Rn. 11). Dieses ist der Fall, wenn die systematische Durchführung des
Versorgungsausgleichs zu einem erheblichen und damit grob unbilligen
wirtschaftlichen Ungleichgewicht zwischen den Ehegatten führt (Holzwarth in:
Johannsen/Henrich Familienrecht, 6. Auflage, § 27 VersAusglG Rn 55). Allerdings
sollen über § 27 VersAusglG nicht sämtliche systembedingte
Ungleichbehandlungen bzw. Belastungen korrigiert werden (so in Bezug auf den
Wegfall des Rentnerprivilegs BGH FamRZ 2015, 1004 Rn. 10; Holzwarth in:
Johannsen/Henrich Familienrecht, 6. Auflage, § 27 VersAusglG Rn 51). Die
Härteklausel dient nicht einer generellen Korrektur der Ergebnisse eines nach den
gesetzlichen Vorschriften durchgeführten Versorgungsausgleichs, sondern sie ist
nur im Einzelfall anzuwenden, wenn nach Abwägung aller Umstände eine
Herabsetzung des Ausgleichs geboten erscheint (BGH zu § 1587c BGB a.F.
FamRZ 1990, 1341).
20 Eine Korrektur des Versorgungsausgleichs durch die Berücksichtigung des
Zugangsfaktors im Wege des § 27 VersAusglG kommt ausgehend von diesen
Grundsätzen vorliegend nicht in Betracht.
21 Da die Härteklausel keiner generellen Korrektur des nach den gesetzlichen
Vorschriften durchgeführten Versorgungsausgleich dient, kann die Kürzung des
Zugangsfaktors allein keinen Härtefall begründen, ebenso wenig der Umstand,
dass bereits während der Ehe die gekürzte Rente bezogen worden ist (BT Drs.
17/10144, S.80; Wick, Der Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rn 177;
Palandt/Brudermüller § 43 VersAusglG Rn 10). Entscheidend kann es auch nicht
allein darauf ankommen, ob der vorzeitige Rentenbezug aufgrund eines
gemeinsamen Entschlusses erfolgt ist, zumal mit den mit dieser Frage
verbundenen Beweisschwierigkeiten in dem formalisierten
Versorgungsausgleichsverfahren nur schwer umzugehen ist (Holzwarth in:
Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Kapitel VI Rn. 213; BT Drs. 16/10144,
S. 80). Vielmehr hat eine Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls
insbesondere unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen
wirtschaftlichen Situation der Eheleute zu erfolgen. Bei der Betrachtung sämtlicher
Umstände ist festzustellen, dass es sich vorliegend nicht um einen Einzelfall
handelt, der von der allgemeinen Problematik eines sich auswirkenden
Zugangsfaktors abweicht.
22 Der Antragsgegner trat bereits am … 2005 in den vorzeitigen Ruhestand, während
er erst am … das 65. Lebensjahr vollendet hatte und somit erst ab … Altersrente
bezogen hätte. Zuvor hatte ihn sein Arbeitgeber im Februar 2002 bis zum
31.12.2002 freigestellt und das Arbeitsverhältnis gekündigt. Die näheren
Umstände der Kündigung sind zwischen den beteiligten Ehegatten streitig.
Aufgrund der Größe des Betriebes ist eine Kündigungsschutzklage nicht erhoben
worden. Der Antragsgegner hat sich sodann arbeitssuchend gemeldet. Bis zum
31.12.2012 hat er weiterhin sein Gehalt, in Höhe von etwa 8.100,00 EUR brutto
monatlich, bezogen. In der Folgezeit ging er einer selbständigen Tätigkeit als …
nach und gründete eine … GmbH. Zugleich stellte er einen Antrag auf Leistung
von Arbeitslosengeld und bezog dieses ab 01.01.2003 in Höhe von ca. 1.760,00
EUR monatlich. Der Antragsgegner behauptet, er habe aufgrund gesundheitlicher
Probleme im Einvernehmen mit der Antragstellerin und auf Empfehlung seines
behandelnden Arztes vorzeitig Rente beantragt. Aus den beiden seitens des
Antragsgegners vorgelegten Attesten vom 26.02.2004 und 23.04.2004 (Bl. 94 ff.)
ergibt sich eine …, welche sich zum 23.04.2004 tendenziell verbessert hat. Die
Antragstellerin bestreitet das Vorhandensein gesundheitlicher Probleme und
erklärt, Rente sei nach Beendigung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beantragt
worden, da aus der freiberuflichen Tätigkeit kein Verdienst erzielt worden sei. Dem
hält der Antragsgegner entgegen, er habe zusätzlich zu seinem weiteren Gehalt im
Jahr 2002 monatlich ca. 1.700,00 EUR aus der selbständigen Tätigkeit erzielt. Das
Arbeitsamt habe ihn wegen seines Alters im Frühjahr 2003 von künftigem Suchen
befreit. Unwidersprochen führt die Antragstellerin weiter aus, dass sie selbst unter
… leide und trotzdem einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit nachgehe. Insbesondere
habe sie ihre Teilzeitbeschäftigung auf eine Vollzeitbeschäftigung aufgestockt
während der selbständigen Tätigkeit des Antragsgegners. In der Tat lässt sich der
Auskunft des Landesamtes für Besoldung und Versorgung (Bl. 11/19 des
Sonderheftes Versorgungsausgleich) entnehmen, dass die Antragstellerin seit
1.10.1995 teilzeitbeschäftigt gewesen ist, bis zum 31.03.2003 zu 50% und ab
01.04.2003 zu 75%. Ab 01.04.2004 ist sie einer Vollzeittätigkeit nachgegangen.
23 Mithin hat die Antragstellerin an dem vorzeitigen Rentenbezug des
Antragsgegners, welcher zu einer Kürzung des Zugangsfaktors geführt hat,
partizipiert. Es handelte sich nicht um eine individuelle nachehezeitliche
Entscheidung des Antragsgegners (anders als in dem Verfahren BGH FamRZ
2012, 851). Bereits seit 01.09.2005 hat der Antragsgegner die gekürzte Rente
bezogen, bis zum Ende der Ehezeit, 28.02.2014, also 8 ½ Jahre lang. Auch ist zu
berücksichtigen, dass die Antragstellerin aufgrund ihres Alters, sie ist am …
geboren, in der Lage ist, weitere Anwartschaften zu erlangen, während dem
Antragsgegner, der am … geboren ist, diese Möglichkeit verwehrt ist. Überdies
verfügt die Antragstellerin, die als Beamtin vollzeitbeschäftigt ist, über nicht nur
geringe eigene Einkünfte.
24 Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin im zeitlichen
Zusammenhang mit dem vorzeitigen Rentenbezug des Antragsgegners innerhalb
der Ehezeit ihre Berufstätigkeit auf eine Vollzeitbeschäftigung erweitert und der
Antragsgegner über den Versorgungsausgleich an dieser Ausweitung der
Berufstätigkeit teilhat. Überdies leidet die Antragstellerin an chronischen
Beschwerden, die eine sichere Prognose nicht erlauben, dass sie bis zum
Erreichen der Regelaltersgrenze am … einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen
in der Lage sein und somit den Ruhegehaltssatz von 60,54 v.H., wie er der
Auskunft des Landesamts für Besoldung und Versorgung zugrunde gelegt ist,
tatsächlich erreichen wird. Wegen dieser gesundheitlichen Einschränkungen der
Antragstellerin kommt der von dem Antragsgegner behaupteten (Mit-)
Ursächlichkeit gesundheitlicher Probleme für seinen vorzeitigen Rentenbezug
keine Bedeutung im Rahmen des § 27 VersAusglG zu. Der Umstand, dass die
Antragstellerin nach der Ehescheidung weitere Anrechte aufgrund ihrer
Erwerbstätigkeit erlangt und damit gegebenenfalls über einen den
Rentenanspruch des Antragsgegners übersteigenden Pensionsanspruch verfügen
wird, stellt keine unbillige Härte im Sinne von § 27 VersAusglG dar, da es sich
insoweit um nachehezeitliche Tatsachen und Entwicklungen handelt, die den
ehezeitlichen Versorgungsausgleich grundsätzlich unbeeinflusst lassen (BGH,
FamRZ 2013, 690 Rz 18).
25 Zuletzt ist auch von einer extremen Diskrepanz der Einkommens- und
Vermögensverhältnisse der Ehegatten nicht auszugehen. Insbesondere ist nicht
ersichtlich, dass die angemessene Altersversorgung der Antragstellerin bereits voll
abgesichert ist, während der Antragsgegner dringend auf die Berücksichtigung des
Zugangsfaktors und damit eine Verringerung des zu übertragenden Anrechts
angewiesen ist, um eine angemessene Altersversorgung zu erreichen. Vielmehr
verfügt der Antragsgegner, auch nach Durchführung des Versorgungsausgleichs,
über auskömmliche Einkünfte, die seinen Unterhalt sichern: Der Antragsgegner hat
bei der Deutschen Rentenversicherung Bund insgesamt 64,6740 EP erlangt, von
diesen hat er 20,4229 EP an die Antragstellerin abzugeben. Er erhält von ihr im
Gegenzug eine Anwartschaft von 630,29 EUR, dieses entspricht 22,3984 EP (bei
einem Rentenwert von 28,14 EUR zum Ehezeitende), so dass ihm insgesamt
66,6495 EP verbleiben. Unter Berücksichtigung des verminderten Zugangsfaktors
(0,835) verbleiben 55,6523 EP, bei einem aktuellen Rentenwert von 28,61 EUR
also 1.592,21 EUR. Ferner verfügt er über zwei betriebliche Anrechte, die sich
nach Durchführung des Versorgungsausgleichs wie folgt darstellen: Allianz
Versorgungskasse VVaG monatliche Rente 836,84 EUR zum Ehezeitende
abzüglich einer voraussichtlichen Kürzung von etwa 190,00 EUR, Allianz
Versicherungs-AG monatlich 103,87 EUR abzüglich einer voraussichtlichen
Kürzung von etwa 23,00 EUR. Insgesamt verfügt der Antragsgegner daher über
Bruttorenteneinkünfte in Höhe von etwa 2.300,00 EUR. Die Antragstellerin
ihrerseits verfügt zwar derzeit über beamtenrechtliche Bezüge in Höhe von etwa
3.750,00 EUR. Allerdings lässt sich insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie,
wie ausgeführt, unter chronischen Beschwerden leidet, nicht sicher
prognostizieren, in welcher Höhe sie bei Eintritt in den Ruhestand Pensionsbezüge
erhalten wird. Anhaltspunkte dafür, dass sich aufgrund der beiderseitigen
Vermögensverhältnisse eine Unbilligkeit ergibt, finden sich nicht, zumal der
Zugewinnausgleich zwischen den Eheleuten bisher nicht geregelt ist und davon
auszugehen ist, dass beide über Vermögenswerte verfügen.
26 Unter Abwägung sämtlicher aufgeführter Umstände ist das Ergebnis eines
ungekürzten Wertausgleichs, also ohne Berücksichtigung des geminderten
Zugangsfaktors des Antragsgegners, nicht grob unbillig.
27 1.2. Der Umstand, dass der Antragsgegner bereits seit dem 31.08.2005, also seit
einem Zeitpunkt vor Ehezeitende, fortlaufend Rentenzahlungen aus den
ungekürzten Anrechten seiner betrieblichen Versorgungen bei der Allianz
Versicherungs-AG und der Allianz Versorgungskasse VVaG bezieht, führt zu
keiner Verringerung der Ausgleichswerte. Zu Recht hat das Familiengericht dem
Ausgleich die zum Ehezeitende ermittelten Ausgleichswerte, gegen die keine
Bedenken bestehen, zugrunde gelegt.
28 Es ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, in welcher Weise die Höhe des
Ausgleichswertes im Versorgungsausgleich bei laufenden Rentenzahlungen aus
deckungskapitalbezogenen Anrechten zu bestimmen ist.
29 Grundsätzlich sind kapitalgedeckte Anrechte unmittelbar und bezogen auf den
Stichtag Ehezeitende zu bewerten, §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 2 S. 1 VersAusglG. Die
Vollziehung der Teilung erfolgt aber erst später, nämlich mit Rechtskraft der
Entscheidung, § 224 FamFG. Wird während des Zeitraumes zwischen
Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung laufend Rente bezogen, so stellt
sich das Problem, dass bei einem kapitalgedeckten Anrecht auf diese Weise ein
Kapitalverzehr eintritt.
30 Nach § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG steht der ausgleichsberechtigten Person die
Hälfte des Wertes des jeweiligen Ehezeitanteils als Ausgleichswert zu. Der
Ehezeitanteil eines auszugleichenden Anrechts ist nach §§ 39 ff. VersAusglG zu
ermitteln. Bei betrieblichen Anrechten erfolgt die Bewertung nach § 45 Abs. 1
VersAusglG i.V.m. § 4 V BetrAVG.
31 Die nach § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG gebotene Halbteilung der Ehezeitanteile ist
gemäß § 5 Abs. 2 VersAusglG stichtagsbezogen durchzuführen. Maßgeblicher
Stichtag für die Bewertung ist das Ehezeitende. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 1
VersAusglG sind rechtliche oder tatsächliche Veränderungen, die auf das
Ehezeitende zurückwirken, allerdings zu berücksichtigen. Davon wiederum sind
Änderungen, die auf neu hinzugetretenen individuellen Umständen beruhen, etwa
einem späteren beruflichen Aufstieg, ausgenommen (vgl. BGH FamRZ 2012, 509
Rz. 24). Nach einer Auffassung ist auf die Verringerung des Kapitalwertes
zwischen Ehezeitende und dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung § 5
Abs. 2 S. 2 VersAusglG anzuwenden (OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.03.2015 -
1 UF 437/12- juris; OLG Köln FamRZ 2013, 1578; OLG Schleswig FamRZ 2014,
128; OLG München FamRZ 2015, 670; OLG Hamm FamRZ 2013, 1305; OLG
Celle FamRZ 2014, 665; Borth, Versorgungsausgleich, 7. Aufl., Rn. 646;
Gutdeutsch/Hoenes/Norpoth FamRZ 2012, 73 ff.; Kemper FamFR 2013, 51 ff.;
Bergner FamRZ 2015, 296 ff.). Nach dieser Ansicht ist der Ehezeitanteil schon bei
Ehezeitende mit dem Nachteil der bereits laufenden Rente belastet gewesen. Da
nur der Anteil der Versorgung zu teilen ist, der zum Zeitpunkt der Entscheidung
noch vorhanden ist (BGH FamRZ 2012, 694 Rn. 29), ist der zwischen Ehezeitende
und Rechtskraft der Entscheidung eingetretene Werteverlust zu berücksichtigen.
Nach dieser Ansicht ist der Ausgleichswert zeitnah zum Zeitpunkt der
Entscheidung (OLG München FamRZ 2015, 670 Rn. 10 in Bezug auf externe
Teilung; OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.03.2015 - 1 UF 437/12- juris; OLG Köln
FamRZ 2013, 1578; OLG Schleswig FamRZ 2014, 128) oder zum Zeitpunkt der
voraussichtlichen Rechtskraft der Entscheidung (Bergner FamRZ 296/297) zu
ermitteln, teilweise wird auch eine offene Tenorierung verwendet (OLG Celle
FamRZ 2014, 665; OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.03.2015 - 1 UF 437/12 -
juris).
32 Nach einer anderen Auffassung findet § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG keine
Anwendung, da der Rentenbezug keine rückwirkende Veränderung tatsächlicher
oder rechtlicher Umstände darstellt (OLG Köln FamRZ 2014, 668; OLG Frankfurt
FamRZ 2015, 754; Holzwarth FamRZ 2013, 420 ff.). Der Senat schließt sich der
zuletzt genannten Auffassung an. Der Rentenbezug ist sicher vorhersehbar und
hat den zum Stichtag vorhandenen Wert nicht verändert. Anders als bei einem
Wertverlust eines Fondsguthabens (vgl. BGH FamRZ 2012, 694 Rn. 28) wird
durch den Leistungsbezug der Ehezeitanteil nicht entwertet, vielmehr verwirklicht
sich gerade der dem Ehezeitanteil innewohnende Wert (Holzwarth, FamRZ 2013,
420). Hinzu kommt, dass der Ausgleichspflichtige von der zukünftigen Kürzung
seines Anrechts aufgrund des Scheidungsverfahrens Kenntnis hat und sich mithin
während des Bezugs der ungekürzten Rente auf diese Kürzung einstellen kann
(OLG Frankfurt FamRZ 2015, 754 Rn. 11). Mit der Ermittlung des Wertes zum
Stichtag Ehezeitende wird nicht gegen den Halbteilungsgrundsatz verstoßen, da
der Ausgleichspflichtige in dem Zeitraum zwischen Ehezeitende und Vollziehung
der Teilung eine ungekürzte Rente bezogen hat. Soweit zwischen dem
Ehezeitende und der tatsächlichen Entscheidung ein langer Zeitraum liegt,
während dessen der ausgleichspflichtige Ehegatte Rente aus dem Anrecht
bezogen hat, und daher ein erheblicher Werteverzehr erfolgt ist oder aber wenn
der andere Ehegatte an dieser ausbezahlten Rente über Unterhaltsleistungen teil
hatte, können vorhandene individuelle Härten über die Regelung des § 27
VersAusglG korrigiert werden. Vorliegend sind seit dem Ehezeitende (28.02.2014)
19 Monate vergangen. Damit liegt keine außergewöhnlich lange Zeit zwischen
dem Ehezeitende und dieser Entscheidung. Die Antragstellerin hat keine
Unterhaltsleistungen bezogen, also auch nicht an der ungekürzten Rente
partizipiert. Den zum 30.06.2015 eingeholten Auskünfte (Bl. 123 ff.) lassen sich
entsprechend der eher kurzen Zeit zwischen Ehezeitende und diesem Zeitpunkt
nur geringfügige Verringerungen der auszugleichenden Werte entnehmen: die
Allianz Versorgungskasse VVaG schlägt einen Ausgleichswert von 35.042,17
EUR vor (28.02.2014: 35.800,23 EUR, Bl. 54 ff. SH Versorgungsausgleich), die
Allianz Versicherungs-AG schlägt 9.743,00 EUR vor (28.02.2014: 9.753,00 EUR).
Eine Korrektur über § 27 VersAusglG kommt daher in vorliegendem Verfahren
nicht in Betracht.
33 1.3. Allerdings ist bei der externen Teilung des Anrechts des Antragsgegners bei
der Allianz Versicherungs-AG von der Verzinsung abzusehen. Bei laufendem
Rentenbezug ist im Fall der externen Teilung eines Anrechts von einer Verzinsung
abzusehen, weil einer Verzinsung des bezogen auf das Ehezeitende ermittelten
Ausgleichswertes die gegenläufige Entwicklung der Auszahlung der laufenden
Rente entgegensteht (BGH FamRZ 2011, 1785 Rn. 25; OLG Köln FamRZ 2014,
668 Rn. 20; OLG Frankfurt FamRZ 2012, 1717 Rn. 25; OLG Nürnberg FamRZ
2013, 791 Rn. 6 f.). Auf diese Weise wird die Leistung der Rente in ungekürzter
Höhe zum Teil wieder ausgeglichen. Insoweit ist der Tenor der Entscheidung wie
erfolgt abzuändern.
2.
34 Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 FamFG. Der Verfahrenswert des
Beschwerdeverfahrens bemisst sich gemäß §§ 40, 50 Abs. 1 FamGKG.
35 Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 2 Nr.1, 2 FamFG zuzulassen. Die
Frage, ob bei Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand vor Ehezeitende der
persönliche Zugangsfaktor auch nach dem ab dem 01.09.2009 geltenden Recht
zu berücksichtigen ist, ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt und hat
grundsätzliche Bedeutung. Überdies weicht die vorliegende Entscheidung von der
Entscheidung des OLG Hamm vom 17.03.2014 (II-5 UF 61/13 - zitiert nach juris)
ab. Ebenso wird die Frage, ob die Zahlung einer regulären Rente an den
Ausgleichspflichtigen aus einer kapitalgedeckten Versorgungsanwartschaft in der
Zeit zwischen Ehezeitende und dem Tag der letzten Entscheidung zum
Versorgungsausgleich eine tatsächliche Veränderung im Sinne von § 5 Abs. 2
Satz 2 VersAusglG darstellt und wie sich diese konkret auswirkt, in der
obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet.