Urteil des OLG Stuttgart vom 04.11.2014

teilung, versorgung, lebensversicherung, programm

OLG Stuttgart Beschluß vom 4.11.2014, 11 UF 109/14
Versorgungsausgleich: Ermittlung des Ehezeitanteils einer auf eine
Kapitalleistung gerichteten betrieblichen Altersversorgung im Rahmen der
externen Teilung
Leitsätze
Bei der Bestimmung des Ehezeitanteils des ausgleichsberechtigten Ehegatten einer
auf eine Kapitalleistung gerichteten betrieblichen Altersversorgung im Rahmen der
externen Teilung ist bei der Abzinsung der sog. BilMoG-Zinssatz gemäß 253 Abs. 2
HGB-E ohne weiteren Abschlag anzuwenden.
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten S. D. wird der Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht - Heidenheim vom 14.05.2014 - 2 F 307/11 unter Aufrechterhaltung
der Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Übrigen in Ziffer 2 Abs. 2 und 3
abgeändert
und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des
Antragstellers bei der V. GmbH (Kapitalkontenplan, Kapital,
Versicherungsnummer 000) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in
Höhe von 58.474,00 EUR zuzüglich 5,17 % Zinsen hieraus vom 01.04.2011
bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bei
der A. Lebensversicherung nach Maßgabe des Vertragsangebotes Nummer
111 vom 19.09.2014 (A. RiesterRente Invest alpha-Balance) begründet,
bezogen auf den 31.03.2011. Die V. GmbH (Kapitalkontenplan, Kapital) wird
verpflichtet, diesen Betrag an die A. Lebensversicherung zu bezahlen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des
Antragstellers bei der V. GmbH (deferred Compensation Programm, Kapital,
Versicherungsnummer 000) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in
Höhe von 41.006,50 EUR zuzüglich 5,17 % Zinsen hieraus vom 01.04.2011
bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bei
der A. Lebensversicherung nach Maßgabe des Vertragsangebotes Nummer
111 vom 19.09.2014 (A. RiesterRente Invest alpha-Balance) begründet,
bezogen auf den 31.03.2011. Die V. GmbH (deferred Compensation
Programm, Kapital) wird verpflichtet, diesen Betrag an die A.
Lebensversicherung zu bezahlen.
Im Übrigen werden die Beschwerden der Beteiligten H. D. und S. D. gegen Ziffer 2
Abs. 2 und 3 des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidenheim vom
14.05.2014 - 2 F 307/11 -
zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Es verbleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz. Die Kosten des
Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Beteiligten H. D. und S. D.
gegeneinander aufgehoben. Außergerichtliche Kosten weiterer Beteiligter werden
nicht erstattet.
Gründe
I.
1 Der am 00.00.1965 geborene Antragsteller und die am 00.00.1966 geborene
Antragsgegnerin haben am 00.08.1994 geheiratet. Der Scheidungsantrag wurde
am 28.04.2011 zugestellt. Die Ehe wurde durch Verbundbeschluss vom
14.05.2014, rechtskräftig bezüglich der Scheidung seit 19.07.2014, geschieden.
2 Während der Ehezeit im Sinne des § 3 VersAusglG vom 01.08.1994 bis zum
31.03.2011 hat der Antragsteller unter anderem 2 Anwartschaften der betrieblichen
Altersversorgung bei der V. GmbH erworben.
3 Nach den Auskünften des Versorgungsträgers vom 25.10.2011 und 21.02.2014
handelt es sich dabei einerseits um eine rein arbeitgeberfinanzierte
Versorgungszusage aus einem Pensionsvertrag (Kapitalkontenplan) und
andererseits um ein arbeitnehmerfinanziertes Anrecht, welches jeweils jährlich
durch einen freiwilligen Verzicht auf Tantieme durch Geschäftsführer und leitende
Angestellte anwächst (deferred compensation Programm). Beide Versorgungen
sehen im Versorgungsfall die Auszahlung durch Kapitalleistungen vor, beim
Pensionsvertrag in 10 Jahresraten, bei der zweiten Versorgung in 5 Jahresraten.
Beim Pensionsvertrag kann der Berechtigte auch alternativ eine Einmalzahlung
oder die Bezahlung einer lebenslangen Rente verlangen.
4 Im Rahmen des Pensionsvertrages hat der Antragsteller in der Ehezeit einen
Anspruch auf eine Kapitalzahlung in Höhe von 304.176,25 EUR nach Vollendung
des 67. Lebensjahres erworben. Der Versorgungsträger hat den Barwert der
Versorgung zum Ehezeitende auf der Grundlage der Richttafeln 2005 G von Klaus
Heubeck mit einem Rechnungszins von 5,17 % und einem Bewertungsendalter
zur vertraglich festgelegten Altersgrenze von 67 Jahren auf 116.948,00 EUR
berechnet und vorgeschlagen, den hälftigen Wert von 58.474,00 EUR zugunsten
der Antragsgegnerin durch externe Teilung auszugleichen.
5 Im Rahmen des deferred compensation Programms hat der Antragsteller in der
Ehezeit einen Anspruch auf eine Kapitalzahlung in Höhe von 181.866,00 EUR
nach Vollendung des 67. Lebensjahres erworben. Der Versorgungsträger hat den
Barwert der Versorgung zum Ehezeitende auf der Grundlage der Richttafeln 2005
G von Klaus Heubeck mit einem Rechnungszins von 5,17 % und einem
Bewertungsendalter zur festgelegten Altersgrenze von 63 Jahren auf 82.013,00
EUR berechnet und vorgeschlagen, den hälftigen Wert von 41.006,50 EUR
zugunsten der Antragsgegnerin durch externe Teilung auszugleichen.
6 Das Familiengericht hat auf der Grundlage des Vorschlags des
Versorgungsträgers durch externe Teilung entsprechende Anrechte zugunsten der
Antragsgegnerin bei der Versorgungsausgleichskasse, bezogen auf den
31.03.2011, begründet.
7 Die Beteiligten H. D. und S. D. haben gegen diese Entscheidung Beschwerde
eingelegt. Während der Beteiligte H. D. beanstandet, dass zur Ermittlung des
Barwertes ein Rechnungszins von weniger als 6 % verwendet wurde, erstrebt die
Beteiligte S. D. die Anwendung eines niedrigeren Rechnungszinses und die
Durchführung der internen statt der externen Teilung, sei es aus grundsätzlichen
Erwägungen oder auf Grund einheitlicher Beurteilung beider betrieblichen
Altersversorgungen. Hilfsweise hat sie die A. Lebensversicherung als
Zielversorgung benannt, die sich bereit erklärt hat, den auszugleichenden Betrag
aufzunehmen.
8 Die V. GmbH hat zu den Beschwerden schriftlich Stellung genommen, die
beteiligten Eheleute wurden vom Senat persönlich angehört.
II.
9 Die Beschwerde des Beteiligten H. D. ist unzulässig, da er durch die angefochtene
Entscheidung nicht beschwert ist, § 59 Abs. 1 FamFG. Der ihm im Versorgungsfall
zufließende - hälftige - Kapitalbetrag steht betragsmäßig fest und verändert sich
nicht durch die Höhe des aktuellen Abflusses zugunsten der Antragsgegnerin.
10 Die Beschwerde der Beteiligten S. D. (im Weiteren Beschwerdeführerin) ist
zulässig, hat jedoch mit Ausnahme der Änderung der Zielversorgung in der Sache
keinen Erfolg.
11 Das Familiengericht hat die betrieblichen Altersversorgungen des Antragstellers zu
Recht im Wege der externen Teilung und auch mit zutreffenden Ausgleichswerten
zugunsten der Antragsgegnerin ausgeglichen.
12 Die Höhe der hier auszugleichenden betrieblichen Altersversorgungen, die auf
Renten- oder Kapitalzahlungen gerichtet sind, bestimmt sich gemäß § 45 Abs. 1
VersAusglG nach § 4 Abs. 5 BetrAVG.
13 Im vorliegenden Fall sind Kapitalwerte auszugleichen; die Wertermittlung des
Anrechts ist daher nach § 4 Abs. 5 BetrAVG vorzunehmen. Da es sich hier um
Direktzusagen handelt (vgl. Schreiben des Versorgungsträgers vom 11.06.2014)
ist für die Wertermittlung des Anrechts die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG
einschlägig. Bei einer unmittelbar über den Arbeitgeber durchgeführten
betrieblichen Altersversorgung (= Direktzusage) entspricht der Übertragungswert
dem Barwert der nach § 2 BetrAVG bemessenen künftigen Versorgungsleistung.
Barwert bedeutet dabei "der auf den Bewertungszeitpunkt unter Berücksichtigung
des Zinses und der Wahrscheinlichkeit der ersten Fälligkeit der Pension sowie
ihrer voraussichtlichen ferneren Zahlungsdauer berechnete Wert der vertraglich
vorgesehenen Pensionsleistung" (Steinmeyer in Erfurter Kommentar zum
Arbeitsrecht, 13. Aufl. 2013 § 4 BetrAVG Rn. 19). Bei der Ermittlung des Barwertes
sind die Rechnungsgrundlagen und die anerkannten Regeln der
Versicherungsmathematik maßgebend (§ 4 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz BetrAVG).
Hierzu gehören neben der Höhe der Rentenleistung, der Umfang der Versorgung,
das Alter des Berechtigten, die allgemeine Höhe der Lebenserwartung sowie
insbesondere der Rechnungszins und gegebenenfalls der Rententrend.
14 Da bei Verpflichtungen aus betrieblicher Altersversorgung unklar ist, ob, wann und
in welcher Höhe es zu einer Zahlung an den Versorgungsberechtigten kommt,
werden hierfür in der Bilanz keine Verbindlichkeiten, sondern Rückstellungen
ausgewiesen. Für die Höhe der Rückstellung ist zu beachten, dass es sich um
eine ungewisse Verbindlichkeit handelt. Es ist zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung
unklar, ob, wann und in welcher Höhe das Unternehmen Versorgungszahlungen
leisten muss. Daher erfolgt eine Bewertung der Pensionsverpflichtungen nach
versicherungsmathematischen Grundsätzen. Hierbei wird für jede zukünftige
Zahlung die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens berücksichtigt. Zusätzlich wird eine
Abzinsung vorgenommen. Für die Abzinsung ist das wesentliche
Bewertungsparameter der Rechnungszins. Allein die Höhe dieses
Rechnungszinses steht im Beschwerdeverfahren zwischen den Beteiligten noch
im Streit, die Einhaltung der sonstigen versicherungsmathematischen Grundsätze
wurde nicht in Frage gestellt und ist auch in der amtswegigen Überprüfung nicht zu
beanstanden, wie es sich auch aus der sachverständigen Bewertung der
Barwertermittlung seitens des Rentenberaters Vo. vom 01.10.2013 bzw.
19.01.2014 ersehen lässt.
15 Vorliegend ist es nicht zu beanstanden, dass der Versorgungsträger auf
Anforderung des Familiengerichts einen Rechnungszins von 5,17 % seiner
Auskunft zu Grunde gelegt hat. Soweit die V. GmbH in einer ersten Auskunft noch
mit einem Rechnungszins von 6 % abgezinst hat, hält sie auch selbst nach ihrer
Stellungnahme im Beschwerdeverfahren hieran nicht mehr fest.
16 Aus der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 47 VersAusglG (BT-Drucks.
16/10144, S. 85) ist ableitbar, dass die Wahl des Rechnungszinses den
Versorgungsträgern überlassen ist, denn es soll hierbei ein möglichst realistischer
und für das jeweilige Anrecht spezifischer Zins verwendet werden. Als Maßstab
könne die bilanzielle Bewertung der entsprechenden Pensionsverpflichtung
dienen. So sieht beispielsweise der Referentenentwurf des BilMoG in § 253 Abs. 2
HGB-E vor, dass Rückstellungen für Rentenverpflichtungen mit dem
durchschnittlichen Marktzinssatz zu bewerten sind. Die anzuwendenden
Abzinsungssätze sollen nach § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB-E von der Deutschen
Bundesbank ermittelt und monatlich bekannt gegeben werden. In der
Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses zu § 47 Abs. 5
VersAusglG (BT-Drucks. 16/11903, S. 56) wird darauf verwiesen, dass in
Ergänzung der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 47 Abs. 4 VersAusglG
der Regierungsentwurf des BilMoG die Bestimmungen für den maßgeblichen
Rechnungszins für die Bewertung von Pensionsrückstellungen weiter konkretisiert
hat. Damit legt der Gesetzgeber in den Materialien den Versorgungsträgern die
Anwendung des BilMoG-Zinses für die Zwecke der Ermittlung des Barwertes im
Versorgungsausgleichsverfahren ausdrücklich nahe. Das neue handelsrechtliche
Bewertungsrecht führt nämlich zu realistischen Stichtagwerten, die - ohne
erheblichen Mehraufwand für die Versorgungsträger - auch für Zwecke des
Versorgungsausgleichs nutzbar gemacht werden können. Damit steht künftig auch
im Versorgungsausgleich zum maßgeblichen Stichtag (Ende der Ehezeit) ein klar
definierter Rechnungszins zur Verfügung. Somit ist der Berechnung des Barwertes
einer Versorgung künftig der veröffentlichte Zinssatz nach § 253 Abs. 2 HGB in der
Fassung des BilMoG zugrunde zu legen (so uneingeschränkt in gleicher Weise
OLG Frankfurt Beschluss vom 07.08.2012, 1 UF 192/11 - zitiert nach juris -; OLG
Bamberg FamRZ 2013, 1581; OLG Frankfurt FamRZ 2014, 760; OLG Hamm NJW
2014, 1746; unter grundsätzlicher Billigung des BilMoG-Zinses, jedoch
Reduzierung des Zinssatzes wegen des Rententrends in Fällen vorgesehener
Rentenzahlung OLG München FamRZ 2012, 130; OLG Koblenz FamRZ 2013,
462)
17 Den teilweise hiergegen erhobenen Bedenken, die sich daraus ergeben, dass die
Zinskonditionen auf dem Kapitalmarkt jedenfalls deutlich geringer sein könnten
und deswegen eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes anzunehmen sei, die
einer Korrektur nach § 42 VersAusglG mit der Folge bedürfe, dass der BilMoG-Zins
grundsätzlich abzusenken sei (OLG Hamm FamRZ 2012, 1306; OLG Nürnberg
FamRZ 2014, 1023; 2014, 1703), teilt der Senat nicht. Dies folgt nicht zuletzt aus
der Tatsache, dass der Anlagezins auf einer langfristigen, nämlich 7 Jahre in die
Vergangenheit gerichteten Marktbeobachtung basiert, welche somit stets der
aktuellen Entwicklung hinterher hinkt. Der tatsächlich momentan „richtige“
Marktzins lässt sich hierdurch nur in seltenen Ausnahmefällen ermitteln. Anderseits
ist auch die Einstellung von Rückstellungen (und damit die Ermittlung des
Barwertes) keine momentane Bestandsaufnahme, sondern basiert auf einer
prognostischen Bewertung der Zinsentwicklung vom Zeitpunkt des Ehezeitendes
bis zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles, was beim Antragsteller erst
21 Jahre nach dem Stichtag Ehezeitende eintreten wird. Steigt der Anlagezins in
diesem Zeitraum längerfristig über 5,17 %, was in den vergangenen 20 Jahren
durchaus der Fall war, ist die Antragstellerin durch die konkret vorgenommene
Berechnung nicht benachteiligt, sondern begünstigt. Hierauf hat der
Versorgungsträger in seiner Stellungnahme im Beschwerdeverfahren zu Recht
hingewiesen.
18 Auch hat der Gesetzgeber - wie bereits ausgeführt - die Versorgungsträger nicht
nur ermutigt, bei der Wertberechnung mit den aus § 253 Abs. 2 HGB abgeleiteten
Zinssätzen zu rechnen und diesen damit ein einfaches und praktikables Verfahren
zur Berechnung der Abzinsung an die Hand gegeben. Vielmehr hat der
Gesetzgeber gerade in den erstinstanzlich anfallenden gerichtlichen
Versorgungsausgleichverfahren, und damit in Massenverfahren, den Gerichten
ebenfalls eine praktikable Berechnungsgröße zur Verfügung gestellt.
19 Der gesetzgeberische Wille, anhand einer einfach zu handhabenden
Berechnungsgröße die Wertermittlung des Anrechts überprüfen zu können, würde
konterkariert, wenn in Zeiten vom Rechnungszins deutlich abweichender
Kapitalmarktzinsen die Familiengerichte auch zur Überprüfung der
Rechnungszinshöhe mittels sachverständiger Feststellungen oder Schätzungen
berufen wären. Da im Versorgungsausgleichsverfahren der
Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG uneingeschränkt gilt, wäre eine
derartige Überprüfung des Rechnungszinses mittels sachverständiger Hilfe nicht
nur auf entsprechende Rüge, sondern stets von Amts wegen vorzunehmen. Damit
aber wäre eine weitere Unsicherheit in einer Vielzahl von
Versorgungsausgleichsverfahren nicht nur für die beteiligten geschiedenen
Ehepartner, sondern gerade auch für die Versorgungsträger verbunden, denen der
Gesetzgeber aber gerade Rechtsklarheit bringen wollte. Mit dem
gesetzgeberischen Ziel, mit dem neuen BilMoG-Zinssatz einen klar definierten
Rechnungszins zur Verfügung zu stellen lassen sich derartige Unwägbarkeiten
schwer vereinbaren.
20 Der Umstand, dass sich bei einer externen Teilung die Leistungen von Ausgangs-
und Zielversorgung aufgrund der unterschiedlichen Rechnungsgrundlagen von
Ausgangs- und Zielversorgung erheblich unterscheiden können, ist durch das
gesetzliche System der externen Teilung bedingt. Allerdings ist das
Halbteilungsgebot kein starrer Grundsatz, von dem abzuweichen in jedem Falle
unzulässig ist. Vielmehr kennt das Versorgungsausgleichsgesetz Ausnahmen vom
Grundsatz der Habteilung, wenn es aus Praktikabilitätsgründen gilt, den Ausgleich
geringfügiger Anrechte zu verhindern, um dem Versorgungsträger
unverhältnismäßig hohen Aufwand zu ersparen, so etwa im Falle des § 18
VersAusglG. Das Gebot der Halbteilung bedeutet damit nicht, dass die zu
erwartenden Renten bei unterschiedlichen Versorgungen für den Verpflichteten
und den Berechtigten immer gleich hoch sein.
21 Aus den voranstehenden Ausführungen ergibt sich überdies, dass keine von den
Familiengerichten auszufüllende Gesetzeslücke vorliegt, die eine Veränderung
des gewählten Rechnungszinses durch das Gericht in jedem Einzelfall erzwingen
würde (OLG Koblenz FamRZ 2013, 462; OLG München FamRZ 2012, 130), zumal
in Anbetracht des Umstandes, dass den Versorgungsträgern keine eindeutigen
Vorgaben gemacht werden, wie sie einen versicherungsmathematischen Barwert
für die bei ihnen bestehenden Anrechte zu bestimmen haben, der gerichtlichen
Überprüfung, die nach § 5 Abs. 3 VersAusglG geboten ist, naturgemäß Grenzen
gesetzt sind (vgl. OLG Bamberg FamRZ 2013, 1581). Aus diesem Grund
akzeptiert der Senat auch die Anwendung des vom Familiengericht vorgegebenen
Rechnungszinses in Höhe von 5,17 % (BilMoG-Zins zum Zeitpunkt der letzten
Handelsrechtlichen Bilanzierung seitens des Versorgungsträgers vor dem
Stichtag, nämlich am 30.11.2010) anstelle des BilMog-Zinses an dem für die
Berechnung des Versorgungsausgleichs maßgeblichen Stichtag 31.03.2011 in
Höhe von 5,14 %, zumal eine abweichende Berechnung nach der
sachverständigen Äußerung des Rentenberaters Vo. lediglich zu einer Änderung
des Ausgleichsbetrages von weniger als einem halben Prozentsatz, somit deutlich
unter 500 EUR bei einem Gesamtvolumen von knapp 100.000 EUR führen würde.
22 Korrekturen wegen des Rententrends (prognostische Erhöhungen der
Betriebsrente des Antragstellers im Leistungsstadium im Hinblick auf die
Überprüfungsverpflichtung des Arbeitgebers nach § 18 BetrAVG) sind bereits
deshalb nicht geboten, da beide Versorgungen nicht eine Renten-, sondern eine
Kapitalauszahlung vorsehen. Soweit im Rahmen des Kapitalkontenplanes ein
Wahlrecht zugunsten einer lebenslangen Rente im Vorsorgevertrag ermöglicht ist
(Ziffer 2.4.3 des Vertrages), bietet diese bloße Option keine belastbare Basis für
eine Prognose an einer tatsächlichen Teilhabe an Steigerungen der Versorgung
bei Fälligkeit (ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.08.2012, 1 UF 192/11 -
zitiert nach juris -).
23 Der Senat folgt daher der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in dem
vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrschten Versorgungsausgleichsverfahren
einen Rechnungszins von 5,25 % in Kenntnis der kontroversen
Auseinandersetzung in der Literatur (Hauß FamRZ 2011, 88; Jaeger FamRZ 2011,
615) nicht beanstandet hat (vgl. BGH FamRZ 2011, 1785), wofür - ungeachtet des
Verschlechterungsverbotes - indes dann Veranlassung bestanden hätte, wenn
aufgrund der Höhe des Rechnungszinses greifbare Anhaltspunkte dafür
vorgelegen hätten, dass bei externer Teilung die Verwendung eines nicht
marktgerechten Zinssatzes eine erheblichen Entwertung des Anrechts, welches
der Ausgleichsberechtigte erhielte, eingetreten wäre.
24 Auf Antrag des Versorgungsträgers sind die Anrechte des Antragstellers gemäß §
14 VersAusglG extern zu teilen, da der Grenzwert des § 17 VersAusglG (66.000
EUR im Jahr 2011) bei beiden Versorgungen jeweils nicht überschritten ist. Eine
Zusammenrechnung der Versorgungen kommt aus Rechtsgründen nicht in
Betracht, da es sich strukturell um verschiedene Zusagen handelt. Bei seiner
persönlichen Anhörung am 16.04.2014 hat der Sachverständige Vo. erläutert,
dass es sich beim Kapitalkontenplan um eine arbeitgebergespeiste Direktzusage
handelt, während es sich bei dem deferred compensation Programm um ein
arbeitnehmergespeistes Entgeltverzichtsprogramm handelt, welches im Umfang
des jeweiligen Verzichts mit unterschiedlichen Altersfaktoren ind
Versorgungsbausteine umgerechnet wird. Eine Vergleichbarkeit liegt somit nicht
vor, so dass es sich auch um unterschiedliche Versorgungen im Sinne des
VersAusglG handelt.
25 Die Begründung erfolgt zugunsten der Antragsgegnerin bei der von ihr gewählten
Zielversorgung, welche als zertifizierte Versorgung die Voraussetzungen des § 15
Abs. 4 von Gesetzes wegen erfüllt.
26 Die Kostenentscheidung folgt der Vereinbarung der beteiligten Eheleute vom
16.10.2014, § 150 Abs. 4 S. 3 FamFG:
27 In Anbetracht der dargestellten differierenden obergerichtlichen Entscheidungen
lässt der Senat zur Frage der Angemessenheit des BilMoG-Zinses zur Ermittlung
des Barwertes im Rahmen der externen Teilung betrieblicher
Versorgungsanrechte die Rechtsbeschwerde zu, § 70 FamFG.