Urteil des OLG Stuttgart vom 09.02.2016

gemeinderat, architektenvertrag, bayern, positive feststellungsklage

OLG Stuttgart Urteil vom 9.2.2016, 10 U 137/15
Leitsätze
1. Die dem ersten Bürgermeister einer bayerischen Kommune in Art. 38 Abs. 1
BayGO eingeräumte Vertretungsmacht ist durch das Gesetz selbst wesentlich
beschränkt. Sie ist abgesehen von den Ausnahmefällen des Art. 37 BayGO davon
abhängig, dass ein entsprechender Gemeinderats- oder Ausschussbeschluss vorliegt
(Anschluss an BayObLG, Urteil vom 24. April 1986 - RReg. 1 Z 32/86, NJW-RR 1986,
1080; OLG München, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 34 Wx 390/12; BayVGH,
Beschluss vom 31. August 2011 - 8 ZB 11.549 u.a.).
2. Der von einem ersten Bürgermeister ohne einen entsprechenden Gemeinderats-
oder Ausschussbeschluss unterzeichnete Vertrag ist daher gemäß § 177 Abs. 1 BGB
schwebend unwirksam und kann vom Gemeinderat genehmigt werden.
3. Im Zweifel will eine Kommune vergaberechtskonform der Teilnehmerin eines
Vergabeverfahrens nach VOF den Auftrag erteilen und nicht einer am
Vergabeverfahren nicht beteiligten juristischen Person, an der die Gesellschafter der
erstplatzierten Teilnehmerin des Vergabeverfahrens ebenfalls beteiligt sind.
Revision eingelegt; BGH VII ZR 49/16
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom
27.07.2015, Az. 28 O 195/14, abgeändert.
Die Zwischenfeststellungswiderklage der Beklagten wird abgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
3. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 247.187,50 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein wirksamer Architektenvertrag
zustande gekommen ist.
2
Die klagende bayerische Marktgemeinde fordert von der Beklagten gezahltes
Architektenhonorar in Höhe von ungefähr 215.000,00 EUR aus ungerechtfertigter
Bereicherung zurück. Die beklagte GmbH hat Widerklage auf Zahlung weiteren
Architektenhonorars in Höhe von knapp 94.000,00 EUR erhoben und beantragt
mit einer Zwischenfeststellungswiderklage die Feststellung, dass der
Architektenvertrag vom 28. März 2012 wirksam zustande gekommen ist.
3
Der Kläger führte ein VOF-Verfahren für das Bauvorhaben „Generalsanierung GS
und Bauamt X.“ durch. Hierfür bewarb sich das Architekturbüro „ab A + B . Freie
Architekten“, deren Gesellschafter die Gesellschafter-Geschäftsführer der
Beklagten sind. Der Gemeinderat beschloss am 13. Dezember 2011, den Auftrag
„dem ab A und B “ zu erteilen.
4
Der damalige (mittlerweile verstorbene) erste Bürgermeister des Klägers
unterzeichnete am 28. März 2012 einen von der Beklagtenseite übersandten
Architektenvertrag, in welchem die Beklagte als Auftragnehmerin ausgewiesen ist.
Die Beklagte sandte den Vertrag nach Unterzeichnung an den Kläger. Am 30. Juli
2013 beschloss der Marktgemeinderat, den am 28. März 2012 vom ersten
Bürgermeister unterzeichneten Architektenvertrag nicht im Nachhinein zu
genehmigen. In der Zwischenzeit waren die Parteien bereits darüber in Streit
geraten, welche Architektenleistungen erbracht worden sind und ob der Kläger zu
beachtende Kostenvorstellungen mitgeteilt hatte.
5
Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz
einschließlich der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand des
angegriffenen Teilurteils des Landgerichts vom 27. Juli 2015 verwiesen.
6
Das Landgericht hat mit dem Teilurteil festgestellt, dass der Architektenvertrag
zwischen den Parteien vom 28. März 2012 wirksam zustande gekommen ist.
7
Der am 28. März 2012 vom damaligen ersten Bürgermeister unterzeichnete
Architektenvertrag sei wirksam zustande gekommen. Dem Beschluss des
Marktgemeinderats vom 13. Dezember 2011 könne nicht entnommen werden,
dass es ihm auf die Rechtsform des Wettbewerbssiegers angekommen sei
und/oder dass der Beschluss eine GbR erfasst habe. Ungeachtet dessen
gewähre Art. 38 Abs. 1 BayGO dem ersten Bürgermeister nicht lediglich ein
Vertretungsrecht, sondern Vertretungsmacht. Aus Art. 37 BayGO folge nichts
Gegenteiliges. Es sei strikt zwischen interner Willensbildung und externer
Vertretungsbefugnis zu unterscheiden. Die in Art. 38 BayGO niedergelegte
Außenvertretungskompetenz des ersten Bürgermeisters beinhalte - vorbehaltlich
des Schriftformerfordernisses - auch dessen uneingeschränkte Vertretungsmacht
zur Vornahme zivilrechtlicher Rechtsgeschäfte. Eine Vertretung der Gemeinde
durch den ersten Bürgermeister sei nicht nur bei Wahrung der kommunalinternen
Zuständigkeiten gewahrt. Vertragspartner der Gemeinde als außenstehende Dritte
dürften aus Gründen der Rechtssicherheit nicht mit Risiken von ihnen nicht
erkennbaren Fehlern im innerkommunalen Bereich belastet werden. Die
Gemeinde benötige hingegen keinen besonderen Schutz. Die gegenteilige
Rechtsauffassung des Klägers entspreche zwar der bisherigen bayerischen
Rechtsprechung, werde jedoch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht
bestätigt.
8
Der Marktgemeinderat habe jedenfalls das immerhin schwebende Rechtsgeschäft
im Nachhinein genehmigt. Die Zustimmung bedürfe nicht der für das
Rechtsgeschäft bestimmten Form und könne auch konkludent erteilt werden. In
den vom Kläger geprüften und teilweise bezahlten Abschlagsrechnungen sei die
Beklagte als Auftragnehmerin ausgewiesen. Auch die Präsentationen der
Beklagten in Marktgemeinderatssitzungen wiesen diese bzw. deren Rechtsform
auf. Am 23. April 2013 habe der Marktgemeinderat beschlossen, die von der
Beklagten präsentierten Planungen als Gesamtkonzept fortzuführen. Es sei
deshalb von einer Zustimmung im Sinne von §§ 177 Abs. 1, 182, 154, 133 BGB
auszugehen.
9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des
angegriffenen Urteils verwiesen.
10 Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Teilurteil und begehrt die
Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht. Das
Landgericht habe die Art. 37 u. 38 BayGO fehlerhaft angewendet. Ein die
Gemeinde verpflichtender Vertrag komme, sofern er nicht unter die laufenden
Geschäfte falle, nur dann wirksam zustande, wenn zwischen
Gemeinderatsbeschluss und dem diesen vollziehenden schriftlichen Vertrag eine
Deckungsgleichheit bestehe. Vorliegend habe der Gemeinderat beschlossen, den
Architekten A und B als natürliche Personen, verbunden in einer GbR, einen
Architektenauftrag zu erteilen. Der erste Bürgermeister habe jedoch einen
schriftlichen Architektenvertrag mit einer GmbH unterschrieben. Dies habe der
Gemeinderat nicht gewollt. Der Architektenvertrag sei daher schwebend
unwirksam. Die Auffassung des Landgerichts, ein Bürgermeister könne ohne
zugrundeliegenden Gemeinderatsbeschluss wirksam ein die Gemeinde
verpflichtendes Rechtsgeschäft in sechsstelliger Höhe abschließen, verstoße
gegen die ständige Rechtsprechung aller bayerischen Gerichte. Rechtsfehlerhaft
sei auch die Auffassung, es sei dem Gemeinderat egal gewesen, ob der
Architektenvertrag mit einer GbR oder einer GmbH geschlossen würde. Auch
wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass auf den Folien irgendeiner
Präsentation einmal die GmbH aufgetaucht sei, habe der Gemeinderat keine
Kenntnis davon gehabt, dass der Vertrag von einer GmbH erfüllt werden sollte.
11 Von einer Billigung des Vertragsschlusses im Nachhinein durch den Gemeinderat
könne nicht ausgegangen werden. Zumindest hätte das Landgericht die
gegenbeweislich angebotenen Zeugen vernehmen müssen. Tatsächlich sei die
GmbH aber niemals in irgendeiner Form in den Gemeinderat eingeführt worden.
Auch der Beschluss des Gemeinderats vom 23. April 2013 enthalte keine
diesbezüglichen Hinweise. Die Prüfung und Freigabe der Abschlagsrechnungen
sei durch die Verwaltung erfolgt. Der Gemeinderat habe damit nichts zu tun
gehabt. Tatsächlich hätten aber die Mitarbeiter der Verwaltung ebenso wenig wie
der Gemeinderat Kenntnis davon gehabt, dass Vertragspartner die GmbH sein
sollte. Die Verwaltung könne keinen Vertrag genehmigen, dessen Genehmigung
in den Zuständigkeitsbereich des Gemeinderats falle.
12 Sämtliche erstinstanzlich vorgelegten Dokumente würden belegen, dass der
Gemeinderat der GbR den Auftrag erteilt habe. Niemals sei von den Architekten
der Wunsch an die Gemeinderäte oder die Verwaltung herangetragen worden, die
Architektenleistungen sollten durch die GmbH erbracht werden. Die dazu
benannten Zeugen seien nicht gehört worden.
13 Der Kläger beantragt:
14 Das Teilurteil des Landgerichts Stuttgart vom 27.07.2015, Az. 28 O 195/14, wird
abgeändert. Die Zwischenfeststellungwiderklage der Beklagten wird abgewiesen.
15 Hilfsweise:
16 Das Urteil des LG Stuttgart vom 27.07.2015, Az. 28 O 195/14, wird aufgehoben
und das Verfahren an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen.
17 Die Beklagte beantragt
18 die Berufung zurückzuweisen.
19 Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Es sei zweifelhaft, ob die 1986
vom BayObLG vertretene Auffassung heute noch Bestand habe. Von einer
herrschenden Meinung in der Literatur in Bayern könne nicht mehr die Rede sein.
Vielmehr sei die inzwischen herrschende Meinung der Rechtsliteratur in Bayern
der zutreffenden Auffassung, dass der Bürgermeister auch ohne entsprechenden
Gemeinderatsbeschluss nach außen wirksam handeln könne. Die Auffassung
des BayObLG werde nicht vom BGH geteilt. Dieser habe die hier maßgebliche
Rechtsfrage ausdrücklich nicht entschieden.
20 Zutreffend sei auch, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 23. April 2013 eine
konkludente Genehmigung des Architektenvertrags mit der Beklagten darstelle.
Der Kläger habe die Rechnungen der Beklagten bezahlt. Aus den Präsentationen
am 19. Februar und 23. April 2013 gegenüber dem Gemeinderat sei erkennbar
gewesen, dass in der Rechtsform der GmbH agiert werde. Spätestens aufgrund
des Gemeinderatsbeschlusses vom 23. April 2013 hätten die Geschäftsführer der
Beklagten davon ausgehen dürfen, der Gemeinderat billige das Handeln der
Beklagten. Maßgeblich sei der Empfängerhorizont, also das Verständnis der
Geschäftsführer der Beklagten. Aufgrund des schriftlichen Architektenvertrags
seien diese davon ausgegangen, dass „in den Reihen des Klägers“ einschließlich
des Gemeinderats bekannt sei, dass die Beklagte Vertragspartner sei, zumal die
von dieser ausgestellten Rechnungen vom Kläger beglichen worden seien. Es
komme nicht darauf an, ob ein Mitarbeiter der Verwaltung positiv festgestellt habe,
dass die Beklagte Vertragspartner sei. Entscheidend sei, dass der „Kopf“ der
Verwaltung, nämlich der Bürgermeister, den Vertrag mit der Beklagten
abgeschlossen und der Gemeinderat beschlossen habe, die Planung der
Beklagten weiterzuverfolgen.
21 Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz
wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
22 Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und innerhalb der
verlängerten Begründungsfrist formgerecht begründete Berufung des Klägers ist
begründet. Die Zwischenfeststellungswiderklage der Beklagten ist zulässig, aber
nicht begründet. Zwischen den Parteien ist kein wirksamer Architektenvertrag
zustande gekommen.
1.
23 Die Zwischenfeststellungswiderklage ist zulässig, §§ 256 Abs. 2, 33 ZPO. Die
Wirksamkeit des Architektenvertrags vom 28. März 2012 stellt ein streitig
gewordenes Rechtsverhältnis dar, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die
Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt. Die Frage der
Wirksamkeit eines Vertrags ist ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 ZPO (vgl.
die Nachweise bei Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. § 256 Rn. 4). Das Bestehen oder
Nichtbestehen eines wirksamen Vertrags ist vorgreiflich im Sinne von § 256 Abs. 2
ZPO für die Entscheidung über die Hauptklage. Die Vorgreiflichkeit fehlt, wo die
Hauptklage aus formellen oder sonstigen, vom Bestehen des streitigen
Rechtsverhältnisses unabhängigen Gründen abweisungsreif ist (BGH, Urteil vom
15. Dezember 2009 - XI ZR 110/09, MDR 2010, 339, juris Rn. 19 m.w.N.). Die
begehrte Feststellung bezieht sich schließlich auf einen Gegenstand, der über
den der Rechtskraft fähigen Gegenstand des Rechtsstreits hinausgeht. Für eine
Zwischenfeststellungsklage ist kein Raum, wenn mit dem Urteil über die
Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden
(BGH, Urteil vom 28. September 2006 - VII ZR 247/05, BGHZ 169, 153, juris Rn.
12). Dies wäre vorliegend bei einem Urteil über die auf Rückzahlung erbrachter
Abschlagszahlungen gerichtete Klage sowie die auf Zahlung weiterer Vergütung
gerichteten Zahlungswiderklage nicht der Fall. Die Frage, ob zwischen den
Parteien ein wirksamer Architektenvertrag zustande gekommen ist, kann aber
über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung gewinnen,
beispielsweise wenn die Beklagte Vergütung für noch nicht erbrachte Leistungen
geltend machen würde.
24 Das Landgericht durfte durch Teilurteil gemäß § 301 ZPO über die
Zwischenfeststellungswiderklage entscheiden.
2.
25 Der Architektenvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten ist unwirksam.
Zwar hat der damalige erste Bürgermeister des Klägers für diesen am 28. März
2012 den von der Beklagten vorgelegten Architektenvertrag unterzeichnet, in
welchem die Beklagte als Vertragspartnerin des Klägers für die Erbringung von
Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 genannt ist. Der Beschluss
des Marktgemeinderats des Klägers vom 13. Dezember 2011, den Auftrag „dem
ab A und B “ zu erteilen, bezog sich aber auf die aus den Geschäftsführern der
Beklagten bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts und nicht auf die
Beklagte. Der vom damaligen Bürgermeister unterzeichnete Vertrag war daher
schwebend unwirksam. Der Marktgemeinderat des Klägers hat den
Vertragsschluss nicht nachträglich genehmigt, sondern vielmehr ausdrücklich am
30. Juli 2013 die Genehmigung verweigert.
a)
26 Nach Art. 29 BayGO wird die Gemeinde durch den Gemeinderat verwaltet, soweit
nicht der erste Bürgermeister selbstständig entscheidet. Der Gemeinderat ist nach
Art. 30 Abs. 1 S. 1 BayGO die Vertretung der Gemeindebürger. Er „überwacht die
gesamte Gemeindeverwaltung, insbesondere auch die Ausführung seiner
Beschlüsse“ (Art. 30 Abs. 3 BayGO). In eigener Zuständigkeit erledigt der erste
Bürgermeister nach Art. 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BayGO „die laufenden
Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben
und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen“. Weitere vom ersten
Bürgermeister in eigener Zuständigkeit zu erledigende Angelegenheiten sind
solche der Verteidigung einschließlich des Wehrersatzwesens und des Schutzes
der Zivilbevölkerung sowie im Interesse der Sicherheit der Bundesrepublik oder
eines ihrer Länder geheim zu haltende Angelegenheiten (Art. 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
u. 3 BayGO). Nach Art. 38 Abs. 1 BayGO vertritt der erste Bürgermeister die
Gemeinde nach außen.
b)
27 Die Beklagte hat sich nicht an dem Ausschreibungsverfahren beteiligt, das der
Kläger als öffentlicher Auftraggeber vor der Vergabe der Architektenleistungen
durchführen musste. Mit dem vorgelegten Schreiben bewarben sich vielmehr die
Geschäftsführer der Beklagten persönlich als „ab A + B . Freie Architekten“ in dem
VOF-Verfahren. Die Bewerbungsunterlagen enthalten keine Hinweise auf die
Beklagte bzw. auf Überlegungen, dass im Falle eines Zuschlags die Ausführung
durch eine GmbH erfolgen sollte. Vielmehr ist an zahlreichen Stellen in den
Bewerbungsunterlagen ausdrücklich von „ab A + B . Freie Architekten“ die Rede.
Auf dem Umschlag, mit dem die Bewerbungsunterlagen an das beauftragte
Unternehmen übersandt wurden, ist „ab A + B . Freie Architekten“ als Absender
vermerkt. Auch das Honorarangebot stammt nicht von der Beklagten, sondern von
dem Architekturbüro „ab A + B . Freie Architekten“. Dementsprechend nahm die
Beklagte nicht an dem Vergabeverfahren teil. Der Marktgemeinderat des Klägers
beschloss in seiner Sitzung vom 13. Dezember 2011:
28 „Als Ergebnis des Verhandlungsverfahrens wird der Auftrag dem ab A und B
erteilt“.
29 Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Marktgemeinderat die Rechtsform
von „ab A und B“ gleichgültig war und dass er damit nicht die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts „ab A + B . Freie Architekten“ gemeint hat, sondern die
Beklagte. Dies ergibt sich aus dem „Sachvortrag“ in der Anlage K 13. Danach
wurde eine Bewertung der einzelnen Büros, die an dem VOF-Verfahren
teilgenommen hatten und zugelassen worden waren, mit einem festgelegten
Fragenkatalog vorgenommen. Dabei erzielte „ab A und B freie Architekten,
Stuttgart“ das beste Ergebnis. Der vom Marktgemeinderat gefasste Beschluss
bezog sich daher auf eben dieses Architekturbüro und nicht auf eine GmbH, deren
geschäftsführende Gesellschafter dieselben Personen sind.
30 Dahinstehen kann, ob die geschäftsführenden Gesellschafter der Beklagten bei
einer Besprechung am 6. Februar 2012 dem damaligen ersten Bürgermeister des
Klägers vorgeschlagen haben, dass die Beklagte Vertragspartnerin werden solle.
Soweit die Beklagte sich insoweit auf die … vorgelegte Aktennotiz bezieht, handelt
es sich um ein von der Beklagten zur bürointernen Verwendung angefertigtes
Schriftstück, dessen inhaltliche Richtigkeit vom Kläger bestritten worden ist. Darin
heißt es auf der zweiten Seite (bezeichnet als „Seite 3 von 6“) unter „Vertrag“:
31 „Bestandsaufnahme; Vermesser wird beauftragt, daher Vorschlag von ab
Generalplaner GmbH mit Brandschutzplanung und Vermessung als NAN, ggf.
auch Bauphysik“
32 Bereits Mitte Dezember 2011, also mehr als sechs Wochen zuvor, hatte der
Marktgemeinderat aber die Vergabe des Auftrags an „ab A + B . Freie Architekten“
beschlossen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob die Aktennotiz den Inhalt der
Besprechung vom 6. Februar 2012 zutreffend wiedergibt. Offen bleiben kann
angesichts des Beschlusses des Markgemeinderats vom 13. Dezember 2011
auch, ob „ab A und B freie Architekten“ bereits im Rahmen der Präsentation ihrer
Bewerbung im Vorfeld dieses Beschlusses darauf hingewiesen haben, dass bei
der Notwendigkeit der Vergabe von Fachplanerleistungen an Nachauftragnehmer
die Beklagte Vertragspartnerin werden solle, nachdem sie in dem
Bewerbungsschreiben vom 20. September 2011 noch eine „langjährig
gewachsene, intensive und integrative Zusammenarbeit mit hochqualifizierten,
namhaften Fachplanern“ herausgestellt hatte.
33 Das Gleiche gilt für den bestrittenen Vortrag der Beklagten, ihre Gesellschafter
hätten am 28. März 2012 telefonisch bei Herrn S, der beim Kläger für den
Hochbau zuständig sei, nachgefragt, und dieser habe erklärt, es sei für die
Gemeinde unproblematisch, dass die GmbH Vertragspartner werde; dies sei auch
mit dem Gemeinderat besprochen. Bei der insoweit … vorgelegten Telefonnotiz
des Beklagten handelt es sich ebenfalls um eine nur zur bürointernen
Verwendung erstellte Unterlage. Darin heißt es unter anderen:
34 „Vorschlag, dass GmbH als Vertragspartner wird, wegen möglicher NAN-
Leistungen und aus steuerlichen Gründen, ist für Herr S in Ordnung, wie in der
Gemeinderatssitzung 28.02.2013 genehmigt.“
35 Es gibt kein Protokoll und keinen Beschluss des Marktgemeinderats, wonach der
Beschluss vom 13. Dezember 2011 über die Auftragserteilung an „ab A + B . Freie
Architekten“ abgeändert und anstelle dieses Architekturbüros die Beklagte mit den
Architektenleistungen beauftragt werden sollte.
36 Der damalige erste Bürgermeister des Klägers hätte daher schon aus
vergaberechtlichen Gründen nur mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts „ab A +
B . Freie Architekten“ einen Architektenvertrag abschließen dürfen. Er war zudem
kommunalverfassungsrechtlich nicht berechtigt, den Architektenvertrag mit der
Beklagten abzuschließen. Der Abschluss eines solchen Architektenvertrags ist
kein einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne von Art. 37 Abs. 1 S.
1 Nr. 1 BayGO und fällt auch nicht unter die weiteren Ausnahmetatbestände in Art.
37 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 BayGO. Die dem ersten Bürgermeister in Art. 38 Abs. 1
BayGO eingeräumte Vertretungsmacht war daher davon abhängig, dass ein
entsprechender Gemeinderats- oder Ausschussbeschluss vorlag. Da die
Gemeinde gemäß Art. 29 BayGO durch den Gemeinderat verwaltet wird, kann der
erste Bürgermeister nur in den Fällen des Art. 37 BayGO selbstständig
entscheiden, also bei einfachen Geschäften der laufenden Verwaltung und den
weiteren ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen. Von diesen Ausnahmefällen
abgesehen entscheidet als willensbildendes Organ allein der Gemeinderat über
alle Angelegenheiten der Gemeinde. Der erste Bürgermeister ist insoweit lediglich
Vollzugsorgan. Die ihm in Art. 38 Abs. 1 BayGO eingeräumte Vertretungsmacht ist
demnach durch das Gesetz selbst wesentlich beschränkt. Sie ist abgesehen von
den Ausnahmefällen des Art. 37 BayGO davon abhängig, dass ein
entsprechender Gemeinderats- oder Ausschussbeschluss vorliegt (BayObLG,
Urteil vom 24. April 1986 - RReg. 1 Z 32/86, NJW-RR 1986, 1080 mit weiteren
Nachweisen der älteren Rspr.). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese
Rechtsprechung nicht überholt, sondern entspricht nach wie vor einhelliger
Rechtsprechung in Bayern (vgl. die Nachweise in BayVGH, Urteil vom 16. Februar
2006 - 4 N 05.779, NVwZ-RR 2007, 405, juris Rn. 71; Beschluss vom 31. August
2011 - 8 ZB 11.549, juris Rn. 30; Beschluss vom 27. Mai 2014 - 15 ZB 13.105,
juris Rn. 5; OLG München, Beschluss vom 18. Juni 2010 - 34 Wx 65/10, juris Rn.
7 - 9; Beschluss vom 28. Januar 2013 - 34 Wx 390/12, juris Rn. 9). Soweit an
dieser Rechtsauffassung in der Literatur Kritik geäußert wurde (vgl. außer den von
der Beklagten angeführten Kommentierungen auch Brötel, NJW 1998, 1676,
1680: „bajuwarischer Sonderweg“), hat die Rechtsprechung dies nicht zum Anlass
genommen, ihre Rechtsprechung zu ändern. Auch der Landesgesetzgeber sah
bei diversen Änderungen der bayerischen Gemeindeordnung keine
Veranlassung, auf die Kritik einzugehen und die Vertretungsmacht des ersten
Bürgermeisters von seiner internen Vertretungsbefugnis zu trennen. Tatsächlich
hat das Bayerische Oberste Landesgericht bereits in der zitierten Entscheidung
vom 24. April 1986 (RReg. 1 Z 32/86, NJW-RR 1986, 1080) dargelegt, dass sich
diese Auffassung nicht nur auf die Gesetzesmaterialien und das Herkommen
stützt, sondern im Einklang mit einer jahrzehntelang dauernden tatsächlichen
Übung und der in Bayern herrschenden Meinung steht. Das Bayerische Oberste
Landesgericht hat sich 1999 nicht von seiner früheren Rechtsauffassung
distanziert, sondern in einer Entscheidung lediglich darauf hingewiesen, dass es
im dort entschiedenen Rechtsstreit nicht darauf ankomme, ob an der „von den
Senaten des Bayerischen Obersten Landesgerichts seit jeher vertretenen
Auslegung“ festzuhalten sei (BayObLG, Beschluss vom 12. Februar 1999 - 2Z BR
155/98, juris Rn. 11).
37 Eine andere Auslegung ist auch nicht aus Gründen der Rechtssicherheit geboten
oder zum Schutz des Vertragspartners einer Kommune davor, dass ihm das
gesamte Risiko fehlerhaften Organhandelns aufgebürdet wird. Ein Vertragspartner
kann vom Bürgermeister ebenso wie von einer sonst für die Gemeinde
handelnden Person in jedem Fall den Nachweis der Befugnis zur Vornahme des
betreffenden Geschäfts verlangen (BayObLG, Urteil vom 24. April 1986 - RReg. 1
Z 32/86, NJW-RR 1986, 1080).
38 Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich keine andere
Beurteilung. Die Frage, ob die Vertretungsmacht eines ersten Bürgermeisters oder
Landrats in Bayern mit Außenwirkung durch die Willensbildung des zuständigen
Gemeinderats bzw. Kreistages beschränkt wird, hat der Bundesgerichtshof
bislang ausdrücklich offengelassen (BGH, Urteil vom 20. Februar 1979 - VI ZR
256/77, MDR 1979, 832, juris Rn. 38 bezüglich eines ersten Bürgermeisters; Urteil
vom 11. Juni 1992 - VII ZR 110/91, MDR 1993, 145, juris Rn. 8 bezüglich eines
Landrats). Er betont jedoch, dass der Rechtsverkehr grundsätzlich keinen
Gutglaubensschutz im Hinblick auf die Vertretungsbefugnisse genießt (BGH, Urteil
vom 20. Februar 1979 - VI ZR 256/77, MDR 1979, 832, juris Rn. 40).
Dementsprechend durfte die Beklagte vorliegend nicht aufgrund der
Unterzeichnung des Architektenvertrages durch den damaligen ersten
Bürgermeister oder eine angebliche Erklärung eines Verwaltungsmitarbeiters
darauf vertrauen, dass der Marktgemeinderat abweichend von der
Beschlussfassung am 13. Dezember 2011 einer Auftragsvergabe an sie
zugestimmt habe. Im Übrigen musste den Gesellschafter-Geschäftsführern der
Beklagten und Gesellschaftern des Architekturbüros „ab A + B . Freie Architekten“,
das sich in ihrem Bewerbungsschreiben vom 20. September 2011 einer großen
Erfahrung „im Planen und Bauen auch für die öffentliche Hand gerade im Bereich
von Bauten für Lehre und Forschung, Schulbauten, Instituts- und Klinikgebäuden,
Verwaltungs-, Gewerbebauten …“ rühmte, klar sein, dass der Kläger als eine
öffentlich-rechtliche Körperschaft im Rahmen des VOF-Verfahrens den Auftrag
nicht ohne weiteres an ein Unternehmen vergeben konnte, das am
Vergabeverfahren nicht teilgenommen hatte.
c)
39 Der vom damaligen ersten Bürgermeister des Klägers am 28. März 2012
unterzeichnete Architektenvertrag mit der Beklagten ist daher nicht wirksam
zustande gekommen, sondern war zunächst gemäß § 177 Abs. 1 BGB
schwebend unwirksam. Der Marktgemeinderat des Klägers hat dieses schwebend
unwirksame Rechtsgeschäft nicht nachträglich genehmigt. Mit Beschluss vom 30.
Juli 2013 hat er die Genehmigung verweigert.
40 Entgegen der Auffassung der Beklagten stellte der Gemeinderatsbeschluss vom
23. April 2013 keine konkludente Genehmigung dar. Der Marktgemeinderat
beschloss in dieser Sitzung ausweislich des dem Landgericht am 8. Juni 2015
vorgelegten Beschlussauszugs unter anderem:
41 „1. Die Planungen werden als Gesamtkonzept weitergeführt.“
42 Den Gemeinderäten lag bei der Sitzung eine „überarbeitete Projektvorstellung“ als
Diskussionsgrundlage vor. Die Beklagte hat insoweit eine Präsentation mit dem
Deckblatt „Tischvorlage zur Sitzung des Marktgemeinderats X. 23.04.2013“
vorgelegt. Darin heißt es unter Erläuterungen 03:
43 Finanzierungstechnische Aspekte
Gemäß Vorgabe des MGR vom 19.02.2013 soll ein möglicher Bauablauf unter
dem Aspekt einer gleichmäßigen und haushaltstechnisch abbildbaren
finanziellen Belastung der Marktgemeinde dargestellt werden.“
44 Unter Erläuterungen 04 werden Kostenreduzierungsmaßnahmen gegenüber dem
in der Sitzung vom 19. Februar 2013 präsentierten Planungs- und Kostenstand
dargestellt. Auf der Folie „Kosten der Projektbausteine - Zusammenstellung 19“
werden die Gesamtkosten mit brutto 15.208.206,92 EUR und die Differenz
gegenüber dem Planungs- und Kostenstand vom 19. Februar 2013 mit
2.239.993,08 EUR angegeben.
45 Der Beschluss des Marktgemeinderats vom 23. April 2013, die Planungen als
Gesamtkonzept weiterzuführen, betraf ersichtlich nicht die Frage, ob das
Vorhaben weiterhin mit der Beklagten durchgeführt werden sollte, sondern bezog
sich lediglich auf die (grundsätzliche) Frage, ob und wie das Projekt angesichts
der von der Beklagten ermittelten Gesamtkosten fortgeführt werden sollte. Weder
der vorgelegte Beschlussauszug noch die Tischvorlage der Beklagten enthalten
Hinweise darauf, dass der Marktgemeinderat in der Sitzung am 23. April 2013
neben der Frage einer Reduzierung der Kosten für das Bauvorhaben auch die
Frage diskutiert hat, ob er nachträglich die nicht von einem entsprechenden
Beschluss gedeckte Unterzeichnung des Architektenvertrags mit der Beklagten
durch den ersten Bürgermeister genehmigen sollte.
46 Auch die auf jeder Folie der Tischvorlage unten rechts angebrachte Angabe
„www.a b partner.de“ ließ keinen Hinweis erkennen, dass Vertragspartner des
Klägers nicht das Architekturbüro als GbR, sondern die Beklagte sein sollte.
Selbst wenn auf den Deckblättern der Projektpräsentation vom 19. Februar 2013
und der Tischvorlage zur Sitzung vom 23. April 2013 rechts unten unterhalb der
Internetadresse der Zusatz: „ab A + B . Generalplaner GmbH“ angebracht
gewesen sein sollte, hätte sich daraus für den Marktgemeinderat des Klägers
keineswegs zwangsläufig ergeben, dass der damalige erste Bürgermeister im
März 2012 entgegen dem Beschluss vom 13. Februar 2011 nicht die „ab A + B .
Freie Architekten“, sondern die „ab A + B . Generalplaner GmbH“ beauftragt hatte.
Die Angabe des Erstellers der Präsentation bzw. Tischvorlage besagt nichts über
die Frage der Vertragsbeziehungen. Es ist deshalb nicht erforderlich, den
Widerspruch aufzuklären, dass sich der Zusatz: „ab A + B . Generalplaner GmbH“
zwar auf den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 vorgelegten
Deckblättern befindet, jedoch nicht auf dem Deckblatt der als Anlage B 11
vorgelegten Tischvorlage, und dass sich auf sämtlichen Folien der ohne Deckblatt
als Anlage B 8 vorgelegten Präsentation von 19. Februar 2013 lediglich die
Internetadresse findet, während sich auf der „Anlage 8“ zu dem vom Kläger als
Anlage K 15 vorgelegten Anwaltsschreiben des Beklagtenvertreters vom 10.
September 2013, die das Deckblatt der Präsentation vom 19. Februar 2013 sein
soll, unterhalb der Internetadresse der Name der Beklagten findet.
47 Auch im Hinblick darauf, dass die Verwaltung des Klägers die
Abschlagsrechnungen der Beklagten vom 10. September 2012 und 27.
Dezember 2012 überwiegend beglichen hatte, gab es aus der Sicht der Beklagten
keine Veranlassung anzunehmen, dass der Marktgemeinderat mit dem Beschluss
vom 23. April 2013 das vollmachtlose Handeln des ersten Bürgermeisters bei der
Unterzeichnung des Architektenvertrags am 28. März 2012 genehmigen wollte.
Nur wenn der Marktgemeinderat Kenntnis davon gehabt hätte, dass der vom
früheren ersten Bürgermeister für den Kläger unterzeichnete Architektenvertrag
nicht mit dem Architekturbüro geschlossen worden war, das am Vergabeverfahren
teilgenommen hatte, und dass die Gemeindeverwaltung bereits
Honorarzahlungen an die Beklagte geleistet hatte, obwohl es an einem Beschluss
des Marktgemeinderats zu einer Beauftragung der Beklagten fehlte, könnte in
dem Beschluss vom 23. April 2013, die Planungen als Gesamtkonzept
weiterzuführen, eventuell eine konkludente Genehmigung des vollmachtlosen
Handelns des Bürgermeister zu sehen sein. Davon kann indes nicht
ausgegangen werden.
d)
48 Es ist dem Kläger schließlich nicht nach § 242 BGB versagt, sich auf die
Unwirksamkeit des Vertragsschlusses mit der Beklagten zu berufen. Der
Beklagten war bekannt, dass sie an dem VOF-Vergabeverfahren nicht beteiligt
war und dass der Marktgemeinderat des Klägers beschlossen hatte, den Auftrag
an die „ab A + B . Freie Architekten“ zu vergeben. Der Beklagten musste ferner
bekannt sein, dass der Kläger sie nicht im Nachhinein unter Verstoß gegen die
Vergabevorschriften beauftragen konnte, obwohl sie nicht am Vergabeverfahren
teilgenommen hatte. Ein mögliches Vertrauen der Beklagten ist daher jedenfalls
nicht schutzwürdig.
49 Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist somit kein wirksamer
Architektenvertrag zustande gekommen.
III.
50 Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Einer Entscheidung
zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht.
51 Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung
des Senats zur Frage, ob die Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters einer
bayerischen Kommune durch die Willensbildung des Gemeinderats beschränkt
wird, befindet sich zwar im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung sowohl der
Zivilgerichte als auch der Verwaltungsgerichte in Bayern. Da sich der
Bundesgerichtshof zu dieser Frage, mit deren Auftreten insbesondere in Bayern
immer wieder zu rechnen ist, aber noch nicht ausdrücklich geäußert hat, und da
die seit Jahrzehnten einhellige Rechtsprechung in Bayern in der Literatur teilweise
kritisch beurteilt wird, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung
zuzulassen.
52 Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 3 ZPO. Der
Streitgegenstand der Zwischenfeststellungsklage ist in der Regel umfassender als
der ursprüngliche Streitgegenstand (Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl. § 3 Rn. 16
„Zwischenfeststellungsklage“). Es sind daher der Streitwert der Klage (215.005,33
EUR) und des bezifferten Widerklageantrags (93.979,04 EUR) zu addieren. Da es
sich um eine positive Feststellungsklage handelt, ist von der Summe (308.984,37
EUR) ein Abzug von 20 % vorzunehmen (- 61.796,87 EUR), so dass sich ein
Betrag von 247.187,50 EUR ergibt.