Urteil des OLG Stuttgart vom 30.01.2014

OLG Stuttgart: doppelrelevante tatsachen, beschwerderecht, anweisung, zukunft, verfügung, ermessen, industrie, auflage, rechtsmittelbelehrung, verfahrensgegenstand

OLG Stuttgart Beschluß vom 30.1.2014, 8 W 32/14
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten Z. 2 bis Z. 5 gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Waiblingen – Registergericht – vom 7. November 2013, Az. AR VR 209/13 (VR 218), wird als
unzulässig
verworfen.
2. Die Beteiligten Z. 2 bis Z. 5 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 10.000 EUR
Gründe
I.
1 Die Beteiligten Z. 2-5 haben am 5. Juli 2013 die Löschung der Beteiligten Z. 1 aus dem
Vereinsregister von Amts wegen gemäß § 395 FamFG angeregt.
2 Das Registergericht Waiblingen hat hierauf ein Amtslöschungsverfahren durchgeführt und
ist nach Anhörung der Beteiligten sowie des gemäß § 380 Abs. 1 Nr. 1 FamFG
zuständigen berufsständischen Organs, der Industrie- und Handelskammer Region
Stuttgart, mit Beschluss vom 7. November 2013 der Löschungsanregung nicht gefolgt.
3 Entsprechend der dortigen Rechtsmittelbelehrung haben die Beteiligten Z. 2-5 durch ihren
Verfahrensbevollmächtigten gegen die am 8. November 2013 zugestellte Entscheidung
am 9. Dezember 2013 (Montag) Beschwerde eingelegt, mit der sie weiterhin die Löschung
der Beteiligten Z. 1 aus dem Vereinsregister anstreben.
4 Diese ist dem Rechtsmittel entgegengetreten wie auch bereits der Löschungsanregung.
5 Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten mit Beschluss
vom 22. Januar 2014 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
6 Die Entscheidung des Registergerichts, die Löschung der Beteiligten Z. 1 aus dem
Vereinsregister von Amts wegen nicht vorzunehmen, stellt grundsätzlich eine
beschwerdefähige Endentscheidung im Sinne von §§ 58 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 1 FamFG
dar. Das Gericht hat in dem auf Anregung der Beteiligten Z. 2-5 eingeleiteten
Löschungsverfahren – wie für § 58 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 1 FamFG erforderlich, aber auch
ausreichend – eine den Verfahrensgegenstand erledigende ablehnende
Sachentscheidung getroffen. Es hat nicht bereits die Einleitung eines
Löschungsverfahrens abgelehnt, sondern dieses durchgeführt und danach die angeregte
Löschung abgelehnt (BGH FGPrax 2012, 169, vorgehend OLG Düsseldorf FGPrax 2010,
105).
7 Das Rechtsmittel der Beteiligten Z. 2-5 war dennoch als unzulässig zu verwerfen, weil sie
nicht beschwerdeberechtigt im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG sind.
8 Angeregt wurde eine Löschung von Amts wegen gemäß § 395 FamFG. Antragsberechtigt
wäre insoweit nur ein berufsständisches Organ (§ 380 FamFG), dem dann auch im Falle
einer bloßen Anregung ein Beschwerderecht gemäß § 380 Abs. 5 FamFG zustehen würde
(OLG Frankfurt SpuRT 2011, 125; Heinemann in Keidel, FamFG, 18. Auflage 2014, § 395
FamFG Rn. 43).
9 Bei den Beschwerdeführern handelt es sich, wie von ihnen selbst erkannt (vgl. Schriftsatz
vom 3. Juli 2013), jedoch nicht um Antragsberechtigte gemäß § 395 FamFG, sondern
lediglich um gewerbliche Konkurrenten (Fitness-Studios), weswegen sie die Einleitung
eines Löschungsverfahrens auch nicht beantragt, sondern von Amts wegen angeregt
haben.
10 In diesem Fall steht aber nach § 59 Abs. 1 FamFG allein demjenigen die Beschwerde zu,
der durch den gerichtlichen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Es muss sich
um die unmittelbare Beeinträchtigung eines eigenen materiellen Rechts handeln. Die
tatsächlichen Grundlagen der Rechtsbeeinträchtigung, bei denen es sich um
doppelrelevante Tatsachen handelt, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die
Begründetheit der Beschwerde entscheidend sind, müssen schlüssig vorgetragen werden
(BGH FGPrax 2012, 169; OLG Köln Rpfleger 2011, 443; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995,
611; BayObLG NJW-RR 1993, 698; Heinemann, a.a.O., § 395 FamFG Rn. 26 ff. und 43 ff.;
je m.w.N.).
11 Ob ein solches Beschwerderecht mit dem Ziel der Anweisung an das Registergericht auf
Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens auch dann anzunehmen ist, wenn das Gericht
bereits entgegen § 24 FamFG dessen Einleitung abgelehnt hat (OLG Hamm FGPrax
2010, 322; Heinemann, a.a.O., § 395 FamFG Rn. 27 und 45; je m.w.N.), kann vorliegend
dahingestellt bleiben, weil erst nach Einleitung und Durchführung des angeregten
Verfahrens die Amtslöschung durch eine beendende Sachentscheidung abgelehnt wurde.
12 In diesem Fall bedarf es aber zur Bejahung der Beschwerdeberechtigung der Beteiligten
Z. 2-5 der schlüssigen Darlegung einer unmittelbaren Beeinträchtigung eines eigenen,
ihnen zustehenden materiellen Rechts. Eine solche Beeinträchtigung kann von ihnen
nicht geltend gemacht werden. Sie berufen sich vielmehr nur auf eventuell in Zukunft zu
erwartende wirtschaftliche Einbußen durch den von der Beteiligten Z. 1 geplanten Bau des
Sportparks.
13 Damit aber fehlt den Beteiligten Z. 2-5 die Beschwerdeberechtigung im Sinne von § 59
Abs. 1 FamFG, weswegen ihr Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen war.
14 Insoweit wird noch darauf hingewiesen, dass die vorstehende Problematik des fehlenden
Beschwerderechts den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten Z. 2-5 bekannt ist aus
der von ihnen geführten und beim Senat anhängig gewesenen Rechtssache 8 W 429/11,
die mit einer Beschwerderücknahme auf den Hinweis des Senats mit Verfügung vom 8.
Dezember 2011 beendet wurde. Auf diese Beschwerdesache wurde vom Beteiligten Z. 1
nicht nur in der Rechtsmittelerwiderung vom 16. Januar 2014 Bezug genommen, sondern
bereits im Amtslöschungsverfahren mit Schriftsatz vom 21. August 2013, so dass sich ein
wiederholter Hinweis seitens des Senats auf die bekannte und in das vorliegende
Verfahren eingeführte Problematik erübrigte.
15 Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG und §§ 3, 34 GNotKG i.V.m. Nr. 13610
GNotKG-KVfG (3,0-Verfahrensgebühr, Tabelle A; Heinemann, a.a.O., § 395 FamFG Rn.
51, § 393 FamFG Rn. 35).
16 Die Festsetzung des Geschäftswerts des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß §§ 3, 34,
35, 36, 61 GNotKG nach billigem Ermessen bestimmt entsprechend dem Interesse der
Beschwerdeführer an der Amtslöschung der Beteiligten Z. 1 aus dem Vereinsregister.
17 Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen gemäß § 70
FamFG nicht vor.