Urteil des OLG Stuttgart vom 05.11.2013

OLG Stuttgart: ordre public, schiedsspruch, schuldbetreibung und konkurs, konkursverfahren, wandelung, anerkennung eines ausländischen urteils, vermögensrechtlicher anspruch, konkursmasse, schkg

OLG Stuttgart Beschluß vom 5.11.2013, 1 Sch 2/11
Leitsätze
1. Zur Aufhebung eines deutschen Schiedsspruchs, in dem ein vermögensrechtlicher Anspruch
zuerkannt wird, wenn zuvor über das Vermögen des Schuldners ein schweizerisches
Konkursverfahren eröffnet wurde.
2. Ein Recht, Konkursforderungen in Deutschland separat zu verfolgen und zu vollstrecken,
kommt dem Gläubiger nicht deshalb zu, weil er auf eine Teilnahme am schweizerischen
Konkursverfahren verzichtet.
Rechtskräftig
Tenor
Nach Erledigung der Hauptsache trägt die
Antragsgegnerin
die Kosten des vorliegenden Aufhebungsverfahrens.
Streitwert:
Bis 15.2.2012 = 30.000.000 EUR, danach = bis 750.000 EUR.
Gründe
A.
1 Die Parteien streiten nach § 91 a ZPO über die Kosten des Verfahrens.
2 Die Antragsgegnerin (Ag.) erhob am 30.1.2004 Schiedsklage gegen die T...S.A. Während
des Schiedsverfahrens wurde am 29.10.2009 in der Schweiz das Konkursverfahren über
das Vermögen der T...S.A. eröffnet. Die Konkursverwaltung teilte mit, die
Gläubigerversammlung verzichte auf einen Eintritt in das Schiedsverfahren; jedoch habe
die Antragstellerin (Ast.) als Konkursgläubigerin beantragt, dass ihr das Recht, in das
Schiedsverfahren einzutreten, gemäß Art. 260 des schweizerischen Bundesgesetzes über
Schuldbetreibung und Konkurs (künftig: SchKG) abgetreten werde. Dagegen wehrte sich
die Ag. mit Rechtsmitteln, die jedoch erfolglos blieben, worauf die Konkursverwaltung am
3.2.2011 auf dem sog. „Formular Nr. 7“ bestätigte, dass der Ast. das Recht, in das
Schiedsverfahren einzutreten, abgetreten sei. Zuvor war jedoch bereits am 19.1.2011 der
Schiedsspruch verkündet worden.
3 Die Ast. beantragte sodann im vorliegenden Verfahren, den - gegen die „T...S.A. i.L.,
vertreten durch das Betreibungs- und Konkursamt, dieses vertreten durch Herrn Avv. P...
B... als Konkursbeamter“ ergangenen - Schiedsspruch aufzuheben. Sie rügte Verstöße
gegen fundamentale Verfahrensnormen und grundlegende Prinzipien des
schweizerischen Konkursrechts. Am 2.2.2012 bescheinigte die Konkursverwaltung der
Ast., dass sie auch „zur Fortsetzung des gegen die Masse eingeleiteten Prozesses, der
gegenwärtig Gegenstand des Verfahrens auf … Aufhebung eines Schiedsspruchs
(Verfahren 1 Sch 2/11) vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ist, ausdrücklich ermächtigt“
sei.
4 Im Parallelverfahren 1 Sch 1/11 hatte die Ag. den gegenläufigen Antrag gestellt, den
Schiedsspruch nach § 1060 ZPO für vollstreckbar zu erklären. Nachdem die Ag.
versicherte, sie werde ihren Antrag auf Vollstreckbarerklärung im Parallelverfahren nicht
zurücknehmen, erklärten die Parteien das vorliegende Verfahren übereinstimmend für
erledigt und stellten
5
wechselseitige Kostenanträge.
6 Im Übrigen wird auf den Beschluss im Parallelverfahren 1 Sch 1/11 vom heutigen Tage
und die in beiden Verfahren zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
B.
7 Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist
nach § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach
billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
8 Maßstab der Entscheidung ist der aufgrund summarischer Prüfung zu prognostizierende
Ausgang des Verfahrens ohne die Erledigung.
9 Danach sind die Kosten nach §§ 91 a, 91 ZPO der Ag. aufzulegen, weil der Antrag auf
Aufhebung des Schiedsspruchs ohne die übereinstimmenden Erledigungserklärungen
vom 7.2.2012 (Ast., vgl. Bl. 325 der Akte) und 15.2.2012 (Ag., vgl. Bl. 327 der Akte) nach
summarischer Prüfung erfolgreich gewesen wäre.
I.
10 Der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs war zulässig.
11 Dies beurteilt sich nach deutschem Verfahrensrecht (lex fori processus), ohne dass auf §
1025 Abs. 1 ZPO zurückzugreifen ist, denn das vorliegende Verfahren gehört nicht mehr
zum schiedsrichterlichen Verfahren (vgl. MünchKomm ZPO/Münch, 4. Aufl., § 1025 Rn.
13).
12 1. Der Senat war nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sachlich und örtlich für den Antrag auf
Aufhebung des - inländischen - Schiedsspruchs zuständig (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30.
Aufl., § 1059 Rn. 1 und 1 b).
13 2. Das Aufhebungsverfahren war und ist nicht unterbrochen.
14 Insoweit wird auf den Senatsbeschluss im Parallelverfahren 1 Sch 1/11 Bezug
genommen.
15 3. Die Ast. ist prozessführungsbefugt.
16 Auch insoweit wird auf den Senatsbeschluss im Parallelverfahren Bezug genommen. Die
dort auch diskutierte Frage, ob eine Prozessstandschaft auf der Passivseite nach dem -
maßgeblichen (BGH, Urteil vom 24.2.1994 - VII ZR 34/93 - NJW 1994, 2549, juris Rn. 11) -
deutschen Verfahrensrecht zulässig ist, stellt sich indes vorliegend nicht, weil die nach Art.
260 SchKG prozessführungsbefugte Ast. auf der Aktivseite auftritt.
II.
17 Der Antrag der Ast. auf Aufhebung des Schiedsspruchs wäre nach summarischer Prüfung
begründet gewesen.
18 Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO ist ein Schiedsspruch aufzuheben, wenn seine
Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung
(ordre public) widerspricht.
19 Den für inländische Schiedssprüche maßgeblichen deutschen bzw. internen ordre public
(vgl. BGH, Beschluss vom 29.1.2009 - III ZB 88/07 - BGHZ 179, 304, juris Rn. 27)
beschreibt der Bundesgerichtshof wie folgt (BGH, Urteil vom 12.7.1990 - III ZR 174/89 -
NJW 1990, 3210, juris Rn. 8; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 1059 Rn. 57): „Ein Verstoß
gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechtes (den ordre public) liegt … vor,
wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder
wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in
einem untragbaren Widerspruch steht. Eine bloße Verletzung des materiellen Rechts oder
des Verfahrensrechts, nach dem das Schiedsgericht entscheiden sollte, reicht für einen
solchen Verstoß nicht aus … Dementsprechend ist der Schiedsspruch im
Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht in allen Einzelheiten auf seine materiell-rechtliche
Richtigkeit hin zu überprüfen, sondern lediglich darauf, ob er die elementaren Grundlagen
der Rechtsordnung verletzt“.
20 Nach diesen Grundsätzen wäre der Schiedsspruch nach summarischer Prüfung bei
Fortführung des Rechtsstreits ohne Erledigung aufzuheben gewesen, weil seine
Vollstreckung zu einem Ergebnis führen würde, das dem ordre public widerspricht.
21 1. Wäre über das Vermögen der T...S.A. ein inländisches Insolvenzverfahren eröffnet
worden, würde eine Vollstreckung des Schiedsspruchs vom 19.1.2011 gegen den ordre
public verstoßen.
22 a) Zwar verstößt ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangener inländischer
Schiedsspruch nicht allein deshalb gegen den ordre public, weil er seinem Wortlaut nach
entgegen §§ 87, 174 ff. InsO eine Leistungsverurteilung enthält. Er ist vielmehr
regelmäßig dahin auszulegen, dass durch ihn die zuerkannten Forderungen zur
Insolvenztabelle festgestellt werden, wenn insbesondere aufgrund der
Entscheidungsgründe feststeht, dass die geltend gemachte Forderung nur ein Recht auf
insolvenzmäßige Befriedigung verschaffen sollte und es sich bei ihr nicht um eine
Masseforderung handeln kann. Dann kann der Schiedsspruch auch für vollstreckbar
erklärt werden (BGH, Beschluss vom 29.1.2009 - III ZB 88/07 - BGHZ 179, 304, juris Rn.
8, 9).
23 b) Voraussetzung ist jedoch, dass die Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet
wurden. Ein inländischer Schiedsspruch hingegen, der Insolvenzforderungen feststellt,
die nicht zuvor in gleicher Weise nach Grund und Betrag zur Insolvenztabelle angemeldet
wurden, verstößt gegen den ordre public interne und ist aufzuheben (BGH, Beschluss
vom 29.1.2009 - III ZB 88/07 - BGHZ 179, 304, juris Rn. 21; Musielak/Voit, ZPO, 10. Aufl.,
§ 1059 Rn. 31 und § 1060 Rn. 8; Zöller/Geimer aaO, § 1059 Rn. 73).
24 - Zur Begründung betont der Bundesgerichtshof unter Zitierung der Hahnschen Motive
zur Konkursordnung insbesondere, dass jeder Gläubiger durch die Teilnahme des
anderen in seinen Bezügen geschmälert werde und daher die Befugnis haben müsse,
die Forderung des anderen nach ihrer Richtigkeit zu prüfen und zu bestreiten. Deshalb
folge aus dem Grundsatz der gemeinschaftlichen Befriedigung aller aus dem begrenzten
Schuldnervermögen („par condicio creditorum“), dass kein Gläubiger rücksichtslos gegen
die anderen sein einzelnes Befriedigungsrecht gegen den Schuldner verfolgen dürfe.
Das gleiche Recht aller verlange, dass keiner seinen Anspruch anders als im
gemeinsamen Verfahren ausübe (BGH, Beschluss vom 29.1.2009 - III ZB 88/07 - BGHZ
179, 304, juris Rn. 25; vgl. auch Urteil vom 23.10.2003 - IX ZR 165/02 - NZI 2004, 214,
juris Rn. 21).
25 - Das gleiche Recht aller verwehrt es Insolvenzgläubigern nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens also insbesondere, auf eine Geltendmachung einer
Insolvenzforderung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu verzichten und außerhalb
desselben gegen den Schuldner vorzugehen, § 87 InsO (Wittkowski/Kruth in
Nerlich/Römermann, InsO, Stand 24. Erg. Lfg., § 87 Rn. 2).
26 - Ebenso verwehrt es den Insolvenzgläubigern eine Einzelzwangsvollstreckung, § 89
InsO. Das gilt grundsätzlich auch bei Vollstreckung in inländisches Vermögen eines
Schuldners, über dessen Vermögen im Ausland ein Konkursverfahren eröffnet wurde.
Eine dem früheren § 237 Abs. 1 KO entsprechende Regelung wurde in die InsO bewusst
nicht aufgenommen (von Boehmer, (Deutsches) Internationales Insolvenzrecht im
Umbruch, S. 156 [Dissertation abrufbar unter ediss.uni-goettingen.de];
Uhlenbruck/Vallender, Zehn Jahre Insolvenzordnung - eine kritische Zwischenbilanz, NZI
2009, 1, 9).
27 c) Im Streitfall hat die Ast. aber auf die Teilnahme mit ihren im Schiedsspruch zuerkannten
Forderungen am schweizerischen Konkursverfahren ausdrücklich verzichtet (etwa weil
die Passiva der Schuldnerin so extrem hoch seien, vgl. das mit Anlagen Ag 69 und 70
vorgelegte Schreiben der seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Ag. vom
29.11.2010). Hätte sie das in einem deutschen Insolvenzverfahren getan, wäre der
Schiedsspruch nach den obigen Grundsätzen als gegen den deutschen ordre public
verstoßend aufzuheben gewesen.
28 2. Der Streitfall gebietet nicht schon deshalb eine andere Beurteilung, weil ein
ausländisches, schweizerisches Konkursverfahren betroffen ist.
29 a) Grundsätzlich erfasst ein im Ausland eröffnetes Verfahren das im Inland belegene
Vermögen des Schuldners. Das folgt aus dem im Verhältnis zur Schweiz anzuwendenden
§ 343 InsO (Wittkowski/Kruth aaO, § 89 Rn. 9), sonst auch aus Art. 16, 17 EuInsVO.
30 b) Wirkung der gesetzlichen Anerkennung ausländischer Verfahren nach § 343 InsO ist
regelmäßig die Beschlagnahme des in Deutschland belegenen Vermögens, ferner ein
Verbot der Einzelzwangsvollstreckung (MünchKomm BGB/Kindler, 5. Aufl., § 343 InsO
Rn. 34).
31 Das gilt jedenfalls dann, wenn das ausländische Verfahren extraterritoriale Geltung
beansprucht und seine Wirkungen in allen Staaten entfalten soll, in denen sich
Vermögenswerte des Gemeinschuldners befinden (vgl. Eckardt in Jaeger, InsO [2004], §
89 Rn. 36). Das ist bei schweizerischen Konkursverfahren der Fall (BGH, Urteil vom
20.12.2011 - VI ZR 14/11 - NZI 2012, 572, juris Rn. 37), was auch die von der Ag. als
Anlage A 63 vorgelegte Kommentierung zum SchKG bestätigt (Handschin/Hunkeler in
Staehelin/Bauer/Staehelin, Baseler Kommentar zum Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs II, 2. Aufl., Art. 197 Rn. 98).
32 Dass das schweizerische Konkursrecht nicht nur extraterritoriale Geltung beansprucht,
sondern im Übrigen wie das deutsche dem Grundsatz der gemeinschaftlichen
Befriedigung aller aus dem begrenzten Schuldnervermögen folgt, bestätigt das vom Senat
nach § 293 ZPO eingeholte Gutachten. Danach ist „eine gerichtliche Geltendmachung
allfälliger Forderungen gegen den Schuldner außerhalb des Konkursverfahrens … somit -
zumindest in der Schweiz - ausgeschlossen. Die im deutschen Recht in § 87 InsO
ausdrücklich enthaltene Aussage ergibt sich im schweizerischen SchKG analog …“ (S. 7
des Gutachtens; a.A. das von der Ag. als Anlage A 46 vorgelegte Privatgutachten in Tz.
30 [„abwegig“]). Eine § 89 InsO entsprechende Regelung enthält Art. 206 SchkG mit
seinem Verbot der Spezialexekution (Einzelzwangsvollstreckung).
33 c) Sieht man - wie der Bundesgerichtshof - einen Verstoß gegen den Grundsatz der
gemeinschaftlichen Befriedigung aller aus dem begrenzten Schuldnervermögen als
Verstoß gegen den ordre public an, gilt das auch in Fällen wie dem vorliegenden. Es
macht keinen Unterschied, ob dieser Grundsatz über die deutsche InsO selbst oder über
das nach § 343 von der deutschen InsO anerkannte ausländische Konkursrecht zur
Anwendung kommt.
34 3. Ein Verstoß gegen den ordre public kann im Streitfall nicht deshalb verneint werden,
weil - wie die Ag. meint - die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs Ansprüche
betreffe, die nicht zur Konkursmasse zählen.
35 a) Zwar ist zutreffend, dass der Grundsatz der gemeinschaftlichen Befriedigung aller aus
dem begrenzten Schuldnervermögen nach deutschem Recht die Rechtsverfolgung durch
Gläubiger außerhalb des Insolvenzverfahrens nicht ausschließt, wenn andere als
Insolvenzforderungen betroffen sind (Musielak/Voit aaO, § 1059 Rn. 31, § 1060 Rn. 8).
Nach schweizerischem Recht gilt nichts anderes.
36 b) Jedoch betrifft der vorliegende Schiedsspruch in Ziff. 1 bis 3 jeweils sowohl eine
Insolvenzforderung bzw. einen „Vermögensanspruch“ im Sinne von § 38 InsO, als auch
nach schweizerischem Recht eine Konkursforderung bzw. einen „vermögensrechtlichen
Anspruch“ (vgl. Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7.
Aufl., § 42 Rn. 27) im Sinne des SchKG.
37 - Ziff. 1 des Schiedsspruchs:
38 Hier wird ein Anspruch der Ag. gegen die Konkursmasse auf Erklärung der Zustimmung
zur Wandelung des Werkvertrages zuerkannt.
39 Dass es sich bei dem zuerkannten Anspruch „auf Wandelung“, der sich aus den nach Art.
229 § 5 EGBGB anwendbaren §§ 634 Abs. 4, 465 BGB a.F. ergibt, um einen Anspruch
handelt, ist offenkundig. Entgegen der Auffassung der Ag. (vgl. etwa Schriftsatz vom
8.10.2012, S. 21-22) handelt es sich nicht um ein Gestaltungs- bzw. Rücktrittsrecht. Ob
Gestaltungsrechte keine Konkursforderungen und im schweizerischen Konkursverfahren
- wie grundsätzlich auch im deutschen (MünchKomm InsO/Ehricke, 3. Aufl., § 38 Rn. 47;
MünchKomm InsO/Bitter aaO, § 45 Rn. 8) - nicht anzumelden wären (wie die Ag. betont,
vgl. ihre Privatgutachten, Anlagen A 41 Tz. 17 und A 58 Tz. 15), kann also dahinstehen.
40 Der Anspruch auf Erklärung der Zustimmung zur Wandelung ist auch ein
vermögensrechtlicher Anspruch. Es handelt sich um einen Anspruch auf Abgabe einer
Willenserklärung im Sinne von § 894 ZPO (BGB-RGRK/Mezger, 12. Aufl., § 465 Rn. 8;
Musielak/Lackmann aaO, § 894 Rn. 5), der in einen Geldbetrag übergehen kann, und
dem im deutschen Insolvenzverfahren dieser Geldbetrag beizulegen ist (BGH, Urteil vom
8.12.2009 - XI ZR 181/08 - NJW 2010, 1284, juris Rn. 24). Der Anspruch ist nicht ein
Anspruch auf eine unvertretbare Handlung im Sinne von § 888 ZPO (der im deutschen
Insolvenzverfahren grundsätzlich keine Insolvenzforderung wäre, vgl. MünchKomm
InsO/Ehricke aaO, § 38 Rn. 43), sondern ein Vermögensrecht, das zugleich die
Insolvenzmasse des Schuldners betrifft (vgl. BGH, Urteil vom 18.4.2002 - IX ZR 161/01 -
BGHZ 150, 305, juris Rn. 16).
41 Entsprechendes gilt im schweizerischen Konkursverfahren, Art. 211 Abs. 1 SchKG. Das
bestätigt das vom Senat eingeholte Gutachten, wonach es sich beim Anspruch auf
Wandelung „um eine geldwerte, gegen den Gemeinschuldner gerichtete Forderung
handelt, welche den Bestand der Masse betrifft“, die im Konkursverfahren in eine
„Geldforderung von entsprechendem Gegenwert umgewandelt“ wird, und den die Ast.
„hätte bei der Konkursverwaltung anmelden sollen“ (S. 17 ff. des Gutachtens; a.A. das
von der Ag. als Anlage A 41 vorgelegte Privatgutachten in Tz. 22). Art. 211 Abs. 2 SchKG
wäre von einer solchen Anmeldung unberührt geblieben.
42 - Ziff. 2 des Schiedsspruchs:
43 Hier wird ein Anspruch der Ag. gegen die Konkursmasse auf Rückzahlung von
bezahltem Werklohn zuerkannt.
44 Es handelt sich um einen Anspruch „aus Wandelung“, der sich aus §§ 634 Abs. 4, 462,
465 BGB a.F. ergibt, und der als Geldforderung über 109.237.510,42 EUR nebst Zinsen
ebenfalls vermögensrechtlicher Natur ist.
45 Mit Zuerkennung des Anspruchs „aus Wandelung“ hätte es zwar des Antrags, der Ziff. 1
des Schiedsspruchs zugrunde liegt, nicht zwingend bedurft. Denn nach herrschender
Auffassung zum früheren deutschen Recht musste ein Kläger nicht zwingend zunächst
auf „Einverständnis mit der Wandelung“ klagen, obwohl das § 465 BGB a.F. nahezulegen
schien. Der Kläger konnte vielmehr sofort - wie hier im der Ziff. 2 des Schiedsspruchs
zugrunde liegenden Antrag - Rückzahlung des Kaufpreises verlangen. Eine
zusprechende Entscheidung wirkte zugleich dahin, dass die Wandelung und
Umgestaltung des Kaufvertrages durch richterlichen Gestaltungakt vollzogen wurde
(BGH, Urteil vom 8.1.1959 - VIII ZR 174/57 - BGHZ 29, 148 = NJW 1959, 620 ff.; OLGR
Stuttgart 2004, 556, 558; Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 465 Rn. 6; Fikentscher,
Schuldrecht, 9. Aufl., § 69 IV 2 = Rn. 722).
46 Jedoch heißt das nicht, dass der in Ziff. 1 zuerkannte Anspruch dadurch seine
vermögensrechtliche Qualität verlöre. Ob bei gleichzeitiger Anmeldung der Ansprüche
„auf“ und „aus“ Wandelung in einem Konkurs- oder Insolvenzverfahren ersterem ein
zusätzlicher Geldwert beizumessen gewesen wäre, braucht der Senat nicht zu
entscheiden.
47 Umgekehrt geht aber das Argument der Ag. ins Leere, sie habe mit dem in Ziff. 2
zuerkannten Anspruch gar nicht am Konkursverfahren teilnehmen können. Selbst wenn -
wie die Ag. meint - der Anspruch „aus Wandelung“ frühestens mit dem Schiedsspruch
entstanden sei und die Ag. mit nach dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung (vgl.
Strub/Jeanneret in: Kindler/Nachmann, Handbuch Insolvenzrecht Europa, Schweiz Rn.
258) entstandenen Ansprüchen nicht am Konkursverfahren hätte teilnehmen können,
wäre eine Teilnahme jedenfalls über den Anspruch „auf“ Wandelung möglich gewesen.
48 - Ziff. 3 des Schiedsspruchs:
49 Hier wird ein Anspruch der Ag. gegen die Konkursmasse auf Beseitigung des Werks
bzw. der T...-Anlage zuerkannt.
50 Auch hierbei handelt es sich um einen Vermögensanspruch, der in eine Geldforderung
umgewandelt werden und deshalb am Konkursverfahren teilnehmen kann.
51 4. Ein Recht, Konkursforderungen separat zu verfolgen und zu vollstrecken, kommt der Ag.
nicht deshalb zu, weil sie auf die Teilnahme am schweizerischen Konkursverfahren
ausdrücklich verzichtet hat.
52 Der Grundsatz der gemeinschaftlichen Befriedigung aller aus dem begrenzten
Schuldnervermögen steht nicht zu ihrer Disposition. Es ist ihr - wie bereits oben dargestellt
- untersagt, auf die Geltendmachung einer Konkursforderung im Konkursverfahren zu
verzichten und außerhalb desselben gegen den Schuldner vorzugehen. Die Auffassung,
durch den Verzicht sei der Schuldnerin wieder das alleinige Verfügungs- und
Prozessführungsrecht zugewachsen - die beide Parteien dort vertreten, wo es ihnen
günstig ist (die Ag. im vorliegenden Zusammenhang; die Ast. etwa dort, wo sie im
Parallelverfahren 1 Sch 1/11 zu begründen sucht, dass der Verwaltungsrat der
Schuldnerin wieder wirksam Prozessvollmachten erteilen könne, vgl. Schriftsätze vom
28.11.2012, S. 22; vom 6.3.2013, S. 9; vom 2.9.2013, S. 2 ff.) -, ist deshalb unzutreffend.
Das gilt nach deutschem wie nach schweizerischem Recht (zutreffend das von der Ag. als
Anlage A 61 vorgelegte Memorandum unter Tz. 4).
53 5. Ein Recht, Konkursforderungen separat zu verfolgen und zu vollstrecken, kommt der Ag.
nicht deshalb zu, weil die Konkursmasse ihre Bestreitensrechte an die Ast. nach Art. 260
SchKG „abgetreten“ hat.
54 a) Durch die „Abtretung“ werden keine materiellen Rechte aus der Konkursmasse
ausgeschieden und abgetreten wie bei einer Zession. Vielmehr wird nur die Kompetenz,
sie geltend zu machen, auf einen Konkursgläubiger übertragen (Amonn/Walther aaO, §
47 Rn. 32). Auf den Senatsbeschluss im Parallelverfahren 1 Sch 1/11 wird Bezug
genommen.
55 Werden dem Abtretungsgläubiger Aktivansprüche abgetreten, bleiben sie also weiter Teil
der Konkursmasse, und er selbst nimmt weiterhin neben allen übrigen Gläubigern am
Konkurs teil.
56 Werden dem Abtretungsgläubiger - wie hier der Ast. - Abwehrrechte „abgetreten“, bleiben
die diesbezüglichen, im Schiedsspruch zuerkannten Ansprüche ebenfalls Teil der
Passiva der Konkursmasse. Die „Abtretung“ führt also nicht dazu, dass der
Anspruchsgläubiger - hier: die Ag. - diese nunmehr außerhalb des Konkursverfahrens
verfolgen und vollstrecken dürfte.
57 6. Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs würde vielmehr bereits einen Akt der
Zwangsvollstreckung darstellen (nämlich bezüglich Ziffer 1, siehe unten a), im Übrigen
würde seine Vollstreckung während des laufenden schweizerischen Konkursverfahrens
dem ordre public widersprechen, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO (unten b)
58 a) Die Vollstreckbarerklärung ist zwar grundsätzlich noch keine Zwangsvollstreckung,
sondern dieser vorgelagert (Zöller/Geimer aaO, § 1060 Rn. 3; Heid-brink/v.d.Groeben,
Insolvenz und Schiedsverfahren - eine Herausforderung für alle Beteiligten, ZIP 2006,
265, 271). Jedoch wird in Ziff. 1 des Schiedsspruchs der Ag. ein Anspruch gegen die
Konkursmasse auf Erklärung der Zustimmung zur Wandelung zuerkannt, also auf Abgabe
einer Willenserklärung (vgl. Musielak/Lackmann aaO, § 894 Rn. 5). Die Willenserklärung
gilt u.a. dann als abgegeben, wenn ein Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wird
(Musielak/Lackmann aaO, § 894 Rn. 7; Musielak/Voit aaO, § 1060 Rn. 2; MünchKomm
ZPO/Gruber aaO, § 894 Rn. 7; MünchKomm ZPO/Münch aaO, § 1060 Rn. 5; a.A.
Zöller/Geimer aaO, § 1055 Rn. 3: bereits mit dem Schiedsspruch). Der Eintritt dieser
Fiktion ist indes ein Akt der Zwangsvollstreckung (Musielak/Lackmann aaO, § 894 Rn. 1;
Musielak/Voit aaO, § 1060 Rn. 2; Zöller/Stöber aaO, § 894 Rn. 5). Damit verstieße aber
die Vollstreckbarerklärung gegen das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung bzw.
Spezialexekution im laufenden schweizerischen Konkursverfahren und nach dem oben
Gesagten gegen den deutschen ordre public.
59 b) Auch eine Vollstreckbarerklärung (nur) von Ziff. 2 und 3 des Schiedsspruchs kommt
nicht in Betracht, denn eine der Vollstreckbarererklärung nachfolgende Vollstreckung
beider Ansprüche führte ebenfalls zu einem dem ordre public widersprechenden
Ergebnis, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO.
60 Mit „Vollstreckung“ ist die Vollstreckung im Inland gemeint, denn eine von deutschen
Gerichten ausgesprochene Vollstreckbarerklärung bewirkt zunächst nur, dass der
Schiedsspruch im Inland vollstreckbar ist (sodass insoweit dahinstehen kann, ob ein
Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren in der Schweiz Erfolg verspräche,
was die Ag. verneint, vgl. Anlage A 46 Tz. 21). Die Vollstreckung der in Ziff. 2 und 3
zuerkannten Ansprüche im Inland während des schweizerischen Konkursverfahrens
würde aber gegen das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung bzw. Spezialexekution im
laufenden schweizerischen Konkursverfahren verstoßen, und nach dem oben Gesagten
damit auch gegen den deutschen ordre public. Die insoweit beweispflichtige Ag. hat nicht
dargetan, dass eine solche Zwangsvollstreckung in Deutschland ausgeschlossen ist (vgl.
Schriftsatz vom 31.1.2013, S. 10, wonach die Schuldnerin „nach Kenntnis der Ag.“ über
keine Vermögenswerte in Deutschland verfüge; vgl. Schriftsatz vom 16.9.2013, S. 1, wo
von einer „(etwaigen) inländischen Konkursmasse“ die Rede ist). Den Vortrag der Ast., die
Ag. beabsichtige den Zugriff auf Vermögenswerte der Schuldnerin in Deutschland
(Schriftsatz vom 28.11.2012, S. 29), hat letztere lediglich als „deplatziert“ bezeichnet
(Schriftsatz vom 31.1.2013, S. 10), und damit nicht bestritten, jedenfalls aber keinen
Beweis angeboten.
61 7. Soweit die Ag. meint, der Schiedsspruch dürfe deshalb nicht aufgehoben (bzw. könne
für vollstreckbar erklärt) werden, weil es ihr nicht um die Vollstreckung aus demselben
gehe, sondern (nur) um „den Vollzug der Wandelung“, rechtfertigt das kein anderes
Ergebnis.
62 a) Selbst wenn es zuträfe, dass es der Ag. nicht um die Vollstreckung gehe, würde das
nicht bedeuten, dass der Schiedsspruch keinen vollstreckbaren Inhalt hätte, und dass
seine deshalb mögliche Vollstreckung nicht zu einem Ergebnis führte, das wie dargestellt
dem ordre public widerspricht. Ins Leere geht deshalb der an sich zutreffende Hinweis der
Ag., dass auch dann die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs verlangt werden
kann, wenn dieser keinen vollstreckbaren Inhalt aufweist, weil grundsätzlich schon die
Absicht, einen Schiedsspruch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen zu
sichern, ein rechtlich anzuerkennendes Interesse an seiner Vollstreckbarerklärung (bzw.
Nicht-Aufhebung) begründet (BGH, Beschluss vom 30.3.2006 - III ZB 78/05 - NJW-RR
2006, 995, juris Rn. 9 ff.; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten
Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Rn. 888; a.A. Musielak/Voit aaO, § 1060 Rn. 2).
63 b) Zutreffend ist zwar, dass bei Aufhebung des vorliegenden Schiedsspruches nicht mehr
rechtskräftig (§ 1055 ZPO) - und erst recht nicht, wie nach einer Vollstreckbarerklärung,
„bestandskräftig“ - feststünde, dass die Wandelung vollzogen ist. Daran hat die Ag. aber
etwa deshalb ein Interesse (vgl. Schriftsatz vom 8.10.2012, S. 9 ff.), weil nach dem Vortrag
beider Parteien nicht ausgeschlossen scheint, dass die Konkursmasse - oder erneut ein
Konkursgläubiger infolge „Abtretung“ nach Art. 260 SchKG - zukünftig noch in einem
weiteren (Schieds-) Verfahren gegen die Ag. Ansprüche auf Restwerklohn geltend macht,
etwa dann, wenn die ursprünglich von der Gemeinschuldnerin eingelegte
Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des OLG Karlsruhe, das ihre
entsprechende Zivilklage auf Restwerklohn als unzulässig abgewiesen hat, ohne Erfolg
bleibt (Prozessstandschafterin gemäß Art. 260 SchKG ist dort inzwischen die R...
Investments Ltd.; das Az. beim Bundesgerichtshof haben die Parteien mit X ZR 168/07
und X ZR 34/11 angegeben). Einem solchen, weiteren (Schieds-) Verfahren wegen
Restwerklohn wäre der Boden entzogen, wenn infolge des vorliegenden Schiedsspruchs
schon rechtskräftig (§ 1055 ZPO) bzw. infolge seiner Vollstreckbarerklärung auch
bestandskräftig feststünde, dass die Wandelung des Werkvertrages vollzogen ist.
64 Jedoch kommt eine die Aufhebung vermeidende bzw. die Vollstreckbarerklärung
ermöglichende Auslegung des Schiedsspruches dahin, dass die zuerkannten Ansprüche
nur ein Recht auf konkursmäßige Befriedigung in der Schweiz verschaffen sollen, nicht in
Betracht. Das liegt schon daran, dass die Ag. auf Teilnahme am schweizerischen
Konkursverfahren wie dargestellt ausdrücklich verzichtet hat.
65 Offen bleiben kann, ob bei Teilnahme am schweizerischen Konkursverfahren ein derart
ausgelegter deutscher Schiedsspruch Beachtung gefunden hätte. Zurückhaltend
erscheint insoweit das eingeholte Gutachten, in dem die Auffassung vertreten wird, „dass
die Konkurseröffnung in der Schweiz über einen Schuldner, gegen welchen im Ausland
ein Schiedsverfahren hängig ist, aus schweizerischer Sicht zur Nichtbeachtung des
ausländischen Schiedsverfahrens führt. Deshalb obliegt es dem Gläubiger zur
Geltendmachung seiner Forderungen, diese im schweizerischen Konkursverfahren
einzureichen, zwecks ausschließlicher Beurteilung und Kollokation derselben durch die
schweizerischen Konkursbehörden“ (Gutachten S. 17; ebenso das als Anlage A 46
vorgelegte Privatgutachten der Ag. unter Tz. 19). Deshalb mache die Fortführung eines
Schiedsverfahrens gegen den Schuldner nach Konkurseröffnung allenfalls dann noch
Sinn, wenn dieser Vermögen im Ausland habe und im betreffenden Staat das
schweizerische Konkursverfahren - anders als in Deutschland, § 343 InsO - nicht
anerkannt werde (Gutachten S. 17). Teile der schweizerischen Literatur halten es
dagegen für möglich, dass eine nach Konkurseröffnung ergehende ausländische
Entscheidung wenigstens für die materiell-rechtlichen Aspekte wie Bestand und Umfang
der Forderung, welche Vorfragen der Kollokation darstellten, Rechtskraft entfalte, sofern
die ausländische Entscheidung nach den maßgebenden Normen in der Schweiz
anerkennungsfähig sei. Dann hätten die in der Schweiz zuständigen Behörden nur noch
beitreibungsrechtliche Aspekte zu prüfen (vgl. Lorandi, Grenzüberschreitende Aspekte in
der Insolvenz - ausgewählte Fragen, in: Sprecher, Sanierung und Insolvenz von
Unternehmen II [2012], S. 31, 37), wodurch „in prozessökonomischer Weise“ eine
Wiederholung des der ausländischen Entscheidung zugrunde liegenden Verfahrens
vermieden werde (vgl. Stöckli, Die Behandlung eines ausländischen Prozesses im
Konkurs- und Nachlassverfahren in: jusletter 13. Dezember 2004, Rz. 12; Stöckli, Die
Behandlung von Prozessen in Nachlassverfahren, in: Zeitschrift für Zivil- und
Zwangsvollstreckungsrecht 2004, 513, 514; Jestaedt, Schiedsverfahren und Konkurs
[Dissertation 1985], S. 131 ff.; ähnlich das von der Ag. als Anlage A 66 vorgelegte Urteil
des Obergerichts des Kantons Zürich vom 7.11.2012, S. 14 unter 2.5, nach dem die
Anerkennung eines ausländischen Urteils durch ein schweizerisches Gericht gemäß
LugÜ trotz laufendem Konkursverfahren erfolgen könne und „nicht direkt“ zur Kollokation
der zuerkannten Forderung führe).
66 Selbst wenn der Schiedsspruch im schweizerischen Konkursverfahren aber keine
Beachtung gefunden hätte und dort „in nicht prozessökonomischer Weise“ eine
Wiederholung des dem Schiedsspruch zugrunde liegenden Verfahrens erforderlich
gewesen wäre, bedeutet das nicht, dass die Ag. - wie sie meint - den Vollzug der
Wandelung nicht mehr hätte herbeiführen können. Denn wie dargestellt hätte sie sowohl
den Anspruch „auf“ als auch den „aus“ Wandelung anmelden und die Kollokation
betreiben können. Ebenso könnte sie sich gegen eine gegenläufige Restwerklohnklage
der Konkursmasse wehren, selbst wenn es zuträfe, dass - wie die Ag. meint (vgl.
Schriftsatz vom 8.10.2012, S. 16) - die Konkursmasse oder ein eventueller
Abtretungsgläubiger nach Art. 260 SchKG eine solche Klage auch dann erheben könnten,
wenn die Kollokation der genannten Ansprüche erfolgt ist, weil diese Kollokation keine
Rechtskraft entfalte und eine Verfolgung materiell gegenläufiger Ansprüche nicht
ausschließe.
67 c) Im Ergebnis sucht die Ag. deshalb, von ihr befürchtete „nicht prozessökonomische“
Folgen eines schweizerischen Konkursverfahrens zu umgehen durch eine
Konkursforderungen betreffende Rechtsverfolgung außerhalb des Konkursverfahrens in
Deutschland. Das verstößt, da dort die Wirkungen des schweizerischen
Konkursverfahrens nach §§ 335 ff. InsO anerkannt werden, gegen den deutschen ordre
public, und zwar sowohl dann, wenn es der Ag. um Vollstreckung eigener, gegen die
Konkursmasse gerichteter, im Schiedsspruch zuerkannter Forderungen ginge, als auch
dann, wenn es der Ag. (nur) um die „Feststellung“ ginge, dass die Konkursmasse keine
gegenläufigen, gegen die Ag. gerichteten Forderungen hat (vgl. BGH, Urteil vom
23.10.2003 - IX ZR 165/02 - NZI 2004, 214, juris Rn. 37).
68 d) Ins Leere geht schließlich der Verweis der Ag. auf den bereits zitierten Aufsatz von
Nacimiento/Bähr in NJOZ 2009, 4752, 4761. Dort ist nur die Rede davon, dass nicht
zwangsläufig ein Verstoß gegen den ordre public vorliegt, wenn ein Schiedsverfahren
ohne Berücksichtigung eines ausländischen Insolvenzverfahrens fortgeführt - und nicht
unterbrochen - wird.
69 8. Soweit der Senat auf das im Parallelverfahren nach § 293 ZPO eingeholte Gutachten
Bezug genommen hat, bleibt klarzustellen, dass ein Befangenheitsantrag gegen die
Sachverständigen nicht gestellt wurde, und dass der Senat insbesondere die von der Ag.
im Schriftsatz vom 28.8.2012 angemeldeten Fragen bzw. Bedenken durch die
Stellungnahme der Sachverständigen vom 9.11.2012 auch in der Sache als ausgeräumt
ansieht.
III.
70 Der Streitwert entspricht bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung dem des
Schiedsverfahrens (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 1063 Rn. 5),
anschließend den dort bislang entstandenen Kosten (vgl. Thomas/Putzo/Reichold aaO, §
91 a Rn. 57).
71 Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss nach § 91 a ZPO - Fragen
zur Anwendung der Vorschrift selbst stehen nicht im Streit - ist nicht veranlasst (vgl. BGH,
Beschluss vom 7.10.2008 - XI ZB 24/07 - MDR 2009, 39, juris Rn. 9).