Urteil des OLG Stuttgart vom 21.05.2014

OLG Stuttgart: treu und glauben, ortsübliche vergütung, saldo, deckung, vertragsschluss, widerklage, agb, kondiktion, anpassung, allgemeine geschäftsbedingungen

OLG Stuttgart Urteil vom 21.5.2014, 9 U 75/11
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn -
Einzelrichter - vom 01.04.2011, 6 O 489/06 Bi, hinsichtlich der dortigen Beklagten zu 1 bezüglich
des Ausspruchs über die Verzugszinsen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte (zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 96.909,19 EUR
nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz aus 35.476,73 EUR seit dem 16.07.2006, aus 49.333,38
EUR seit dem 25.01.2007 und aus 12.099,08 EUR seit dem 15.12.2011
zu zahlen.
4. Im Übrigen werden die Klage gegen die Beklagte (zu 1) und die
Widerklage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung bezüglich des Widerklageantrages Ziff. 2b als unzulässig
verworfen und bezüglich der übrigen Anträge zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts hinsichtlich der Beklagten (dort: zu 1) sind ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der
Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden,
es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu
vollstreckenden Betrages.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert des Berufungsverfahrens: 443.947,27 EUR
Klage:
96.909,19 EUR
Hilfsbegründung: 12.099,08 EUR
Widerklage:
333.939,00 EUR
Hilfswiderklage:
1.000,00 EUR
Gründe
I.
1
Die Klägerin verlangt von der beklagten, sich in Liquidation befindlichen Gesellschaft die
Rückzahlung einer Überziehung eines auf einem Geschäftskonto eingeräumten
Kontokorrentkredits sowie - hilfsweise - die Rückzahlung des während des
Berufungsverfahrens gekündigten Kontokorrentkredits. Widerklagend verlangt die
Beklagte die Auszahlung eines vermeintlichen, auf diesem Geschäftskonto bei richtiger
Berechnung vorhandene Guthaben und verlangt die Überlassung von Kontoauszügen
seit Beginn der Geschäftsbeziehung bis zum Jahr 1988. Hilfsweise widerklagend
verlangt die Beklagte die Neuberechnung des Geschäftskontos nach vorgegebenen
Berechnungsregeln.
2
Auf die Feststellungen des Landgerichts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug
genommen.
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Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage der
Beklagten (früher: zu 1) abgewiesen. Die Beklagte schulde bezüglich des Konto Nummer
... den Ausgleich der den Kontokorrentkredit von 100.000 EUR übersteigenden
geduldeten Kontoüberziehung. Das grundsätzliche Bestehen einer Rückführungspflicht
der über den Kontokorrentkredit hinausgehenden Kontoüberziehungen werde von der
Beklagten nicht infrage gestellt. Das Landgericht sei davon überzeugt, dass der
Beklagten die Rechnungsabschlüsse auf den Kontoauszugsformularen der Klägerin
zugegangen seien. Die Klägerin habe die wiederhergestellten
Rechnungsabschlussmitteilungen mit einem Blankoformular eines Originalkontoauszugs
vorgelegt. Die unwahre Behauptung der Beklagten, ihr seien nur gewöhnliche
Kontoauszüge, nie aber Rechnungsabschlüsse zugesandt wurden, nehme das Gericht
der Beklagten nicht ab. Die Beklagte verfüge nahezu ausnahmslos über sämtliche
Kontoauszüge, die bis in die 80 er Jahre zurückgingen. Sie hätte selbst einen
Kontoauszug mit Rechnungsabschlussvermerk vorgelegt. Die Rechnungsabschlüsse
führten zu wirksamen Saldoanerkenntnissen. Es könne dahingestellt bleiben, ob
Ansprüche auf Rückforderung von Saldoanerkenntnissen als periodisch fällig werdende
Ansprüche gem. § 197 BGB a.F. verjähren. Eine Verjährung nach dem neuen
Verjährungsrecht würde an der fehlenden Kenntnis der Beklagten von den Umständen
über die Unrichtigkeit der Kontoführung scheitern. Die Beklagte hätte jedoch eine
fehlerhafte Kontoführung durch die Klägerin nicht dargelegt. Die Bezugnahme auf das
privat beauftragte Gutachten des Herrn ... sei kein hinreichend substantiierter
Sachvortrag. Für die Frage der korrekten Wertstellung sei das Gutachten auch völlig
unzureichend, da es auf dem Kardinalfehler der Gleichstellung des Buchungstages mit
dem Wertstellungstag beruhe. Die richtige Wertstellung richte sich jedoch bei
Gutschriften danach, wann die Bank Deckung erhalte und bei Belastungen danach,
wann Deckung abfließe. Die Annahme der Beklagten treffe nicht zu, die Bank dürfe
Wertstellungen nur an Bankarbeitstagen vornehmen. Auch seien bei der Zinsberechnung
des Herrn ... die vertraglich geschuldeten Überziehungszinsen bei Überschreiten der
Kontokorrentkreditlinie fehlerhaft nicht berücksichtigt worden. Schließlich habe Herr ...
nicht die wechselnden Kontokorrentkreditzinssätze aus den jeweiligen, zeitlich
befristeten Kontokorrentkreditvereinbarungen berücksichtigt, was zu einer
Fehlerhaftigkeit der "Spread"-Berechnungen zum Referenzzinssatz der Deutschen
Bundesbank zur Folge habe.
4
Soweit die Beklagte einen konkreten Vortrag zu Buchungen in unverjährter Zeit gehalten
habe, lasse sich eine falsche Buchung nicht feststellen. Zu den Buchungen auf dem
Konto der Beklagten vom 01.03.2006, wertgestellt am 02.03.2006, habe die Klägerin
Unterlagen vorgelegt, aus denen sich die Wertstellung bei ihr am 02.03.2006 ergeben
würde. Die Wertstellung bei der Buchung Nr. ... (1.386,20 EUR) auf dem Konto der
überweisenden Firma am 01.03.2006 belege hingegen nicht, dass an diesem Tag die
Valuta auch der Klägerin zugeflossen sei. Genauso gut könne die Wertstellung der
überweisenden Sparkasse ... falsch sein. Ohne eine Aufklärung, wann tatsächlich der
Klägerin die Zahlung buchmäßig zugegangen sei, könne der behauptete
Wertstellungsfehler nicht bewiesen werden.
5
Zu der weiteren Widerklage hinsichtlich der Überlassung von Kontoauszügen vor 1998
führt das Landgericht aus, dass die Beklagte keinen Anspruch auf kostenlose
Überlassung von Auszügen mehr hätte. Zweitauszüge müsse die Bank nur zur
Verfügung stellen, wenn der Kunde bereit sei, den hierfür entstehenden Aufwand zu
vergüten. Dies sei bei der Beklagten nicht der Fall.
6
Gegen das ihr am 18.04.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.05.2011 Berufung
eingelegt und diese am Montag, dem 20.06.2011, mit einer Begründung versehen. Die
Berufung der Beklagten verfolgt die Klageabweisungsanträge sowie die
Widerklageanträge unverändert weiter. Das Landgericht habe das Bestreiten der
Beklagten übergangen, wonach für 2006 keine Rechnungsabschlüsse vorlägen. Der
Rechnungsabschluss vom 31.12.2005, von dem das Landgericht in der mündlichen
Verhandlung vom 08.05.2007 (Bl. 104 d.A., Anlage K28/4) ausgegangen sei, habe
hingegen bei der Beklagten ein Habensaldo von 13.333,05 EUR gehabt. Im Übrigen
seien die Salden angesichts der Überprüfungen durch Herrn ... nicht genehmigungsfähig.
Durch die Kondiktion der Salden würden die in den Saldoanerkenntnissen erfassten
Forderungen der Klägerin wieder eigenständig verjähren. Das Landgericht habe
bezüglich der Wertstellungen nicht auf die internen Belege der Klägerin abstellen dürfen,
sondern seine Entscheidung einzig auf die von der Beklagten vorgelegten Kontoauszüge
und Belege stützen dürfen. Die Beklagte habe bezüglich der Buchungen ausreichend
konkret vorgetragen.
7
Die Beklagte beantragt:
8
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom
01.04.2011 (Az. 6 O 489/06 Bi) aufgehoben und die Klage gegen die Beklagte zu 1
abgewiesen.
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Im Wege der Widerklage
10
2. a. die Klägerin zu verurteilen, 333.939,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der Zustellung des Schriftsatzes vom
20.06.2011 an die Beklagte zu 1 zu zahlen.
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b. die Klägerin zu verpflichten, die Beklagte zu 1 die fehlenden Kontoabrechnungen
vom Beginn der jeweiligen Geschäftsbeziehung bis Dezember 1988 zu überlassen.
12 Hilfsweise für den Fall der Abweisung der Widerklage:
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Die Klägerin wird verurteilt, das Konto Nr. ... der Beklagten zu 1 wie folgt neu zu
berechnen:
14
eingereichte Schecks sind spätestens binnen drei Arbeitstagen nach Erhalt dem Konto
der Beklagten gutzuschreiben (BGH, Urteil vom 06.05.1997, XI ZR 208/96, NJW 1997,
2042 ff.).
15
Überweisungen zu Gunsten des Kontokorrentkontos müssen für denselben Tag
erfolgen, an dem die Bank buchmäßige Deckung erlangt, also am selben Tag des
Eingangs (BGH, Urteil vom 06.05.1997, XI ZR 208/96, NJW 1997, 2042 ff.).
16
Bareinzahlungen sind am Tag der Bareinzahlung dem betreffenden Konto den
Beklagten gutzuschreiben (BGH, Urteil vom 17.06.1997, XI ZR 239/96, NJW 1997,
3168).
17
Überweisungen, Lastschrifteinzige, Daueraufträge zu Lasten des Kontos sind taggenau
auf den Tag des Geldflusses wertzustellen, insbesondere dürfen derartige
Kontobewegungen zu Lasten des Kontos nicht früher als der Buchungstag wertgestellt
werden (BGH, Urteil vom 17.06.1997, XI ZR 239/96, NJW 1997, 3168).
18
Im Rahmen der Neuberechnung hat die Klägerin Zinssatzänderungen des
Bundesbankzinssatzes von mehr als 0,2 % unter Beibehaltung des ursprünglichen
Äquivalenzgefüges zu berücksichtigen und die Zinssätze des Kontokorrentdarlehen um
die gleiche Prozentpunktzahl anzupassen (Oberlandesgerichts Celle, WM 1991, 1035).
19 Die Klägerin beantragt:
20
Die Berufung wird zurückgewiesen.
21 Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung
ihres bisherigen Vorbringens. Im Laufe des Berufungsverfahrens kündigte die Klägerin
am 30.11.2011 den Kontokorrentkredit der Beklagten fristlos und stützte ihren Anspruch
hilfsweise auch auf den diesbezüglichen Rückzahlungsanspruch.
22 Die Klägerin hat zunächst neben der Beklagten (zu 1) noch deren Geschäftsführer sowie
dessen Ehefrau als Bürgen für die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1 in Anspruch
genommen und daneben die Rückzahlung von Krediten beantragt, die beide persönlich
aufgenommen hatten. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2013 das
Verfahren gegen die Eheleute abgetrennt, nachdem über deren Vermögen in England
das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Az. 9 U 142/13).
23 Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... sowie durch Einholung
eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ... ... Hinsichtlich des Ergebnisses
der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom
17.07.2013 (GA 1378) sowie das schriftliche Gutachten (GA 1431 ff.) Bezug genommen.
II.
24 Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer
Begründung versehene Berufung ist bezüglich des Widerklageantrags Ziff. 2b
unzulässig. Im Übrigen ist die zulässige Berufung unbegründet mit Ausnahme eines
geringfügigen Teils bei den Verzugs- und Prozesszinsen. Das Landgericht hat im
Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben (A.) und die Widerklage abgewiesen (B.).
Auch der Hilfsantrag der Beklagten hat keinen Erfolg (C.).
25
A. Klage
26 Die Klägerin hat gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gegen die Beklagte einen fälligen
Darlehensrückzahlungsanspruch in der streitgegenständlichen Höhe.
27 Sowohl der vertraglich eingeräumte Kontokorrentkredit als auch die geduldete
Überziehung der Kreditlinie haben den Charakter eines Darlehens (Wunderlich in:
Schimansky/Bunte/Lwowski [S/B/L], Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 75 Rn. 25ff.).
Grundsätzlich hat eine Bank, die eine Saldoforderung aus einem Kontokorrentkonto
geltend macht, zu den in den Saldo eingestellten Aktiv- und Passivposten konkret
vorzutragen. Sie kann sich dabei entweder darauf beschränken, das letzte
Saldoanerkenntnis und etwaige danach eingetretene Änderungen des Saldos
substantiiert darzutun oder, sofern sie diesen Weg nicht gehen kann oder will (etwa weil
es zu einem bestätigten Rechnungsabschluss nicht gekommen oder ein solcher nicht zu
beweisen war), die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen darlegen. Dabei
hat sie unter Einschluss aller von ihr akzeptierten Passivposten so vorzutragen, dass das
Gericht die eingeklagte Saldoforderung rechnerisch nachvollziehen und überprüfen kann
(BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - XI ZR 471/11 - Rn. 9, juris). Die Klägerin kann
sich zwar nicht auf Saldoanerkenntnisse nach dem 01.01.2002 stützen (1.), wohl aber auf
dasjenige vom 28.12.2001, das mit den danach folgenden Einzelbuchungen den
kausalen Saldo mindestens in Höhe der Klageforderung bildet (2.). Der Anspruch ist
fällig (3.) und einredefrei durchsetzbar (4.).
28
1. Unwirksamkeit der Saldoanerkenntnisse ab dem 01.01.2002
29 Die Klägerin kann sich zum Nachweis ihres Zahlungsanspruchs nicht auf ein
Saldoanerkenntnis für Abrechnungsperioden ab dem 01.01.2002 stützen. Diese können
von der Beklagten gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 2 BGB wegen ungerechtfertigter
Bereicherung herausverlangt werden.
30 a. Die Saldofeststellung ist ein abstraktes Schuldanerkenntnis i.S.v. §§ 781, 782 BGB.
Neben diesem kann der Anspruch aus dem kausalen Saldo nicht geltend gemacht
werden (Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, Strohn, HGB, 2. Aufl., § 255 Rn. 20, 22).
Soweit der Bundesgerichtshof es alternativ zulässt, die Klage entweder auf das letzte
Saldoanerkenntnis oder auf Einzelforderungen zu stützen (BGH, Beschluss vom 22.
Januar 2013 - XI ZR 471/11), trägt er damit dem Beibringungsgrundsatz und den
Unsicherheiten der gerichtlichen Feststellbarkeit eines wirksamen Saldoanerkenntnisses
Rechnung. Seine Rechtsauffassung, in dem Saldoanerkenntnis liege eine Novation des
Schuldverhältnisses mit der Folge, dass der anerkannte Saldo beim fortgesetzten
Kontokorrent als eigenständiger Aktivposten in die neue Abrechnungsperiode
einzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 06. Juni 2000 – XI ZR 258/99 – Rn. 28, BGHZ 144,
349-356; Mayen in: S/B/L, a.a.O., § 47 Rn. 91ff.), hat er nicht aufgegeben.
31 Das Schuldanerkenntnis begründet eine neue, selbständige Verpflichtung, die vom zu
Grunde liegenden Schuldverhältnis (Girovertrag) unabhängig ist (Palandt-Sprau, BGB,
73. Aufl., § 781 Rn. 1) und daher als Leistung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 2 BGB
kondiziert werden kann (Langenbucher in: Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 355
Rn. 103).
32 Nach der herrschenden Lehre ist der Rechtsgrund für die Abgabe eines
Saldoanerkenntnisses nicht das Bestehen der kausalen Forderung, sondern die
Verpflichtung aus dem Kontokorrentvertrag, einen richtigen Saldo anzuerkennen (Mayen
in: S/B/L, a.a.O., § 47 Rn 94; Langenbucher in: Münchener Kommentar, HGB, a.a.O., §
355 Rn. 103; Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, Strohn, a.a.O., § 355 Rn. 22;
Lorenz in: Staudinger [2007], § 812 BGB Rn. 15; Marburger in: Staudinger [2009], § 780
BGB, Rn. 23 f.; Habersack in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 780 Rn. 47). Das
Saldoanerkenntnis kann nur als Ganzes kondiziert werden, so dass die Parteien sich
anschließend so gegenüber stehen, als ob kein Anerkenntnis abgegeben wurde (BGH,
Urteil vom 13. Dezember 1967 - Ib ZR 168/65 - Rn. 32, juris).
33 b. Die Beklagte kann die Saldoanerkenntnisse ab dem 01.01.2002 kondizieren, weil die
als Einzelbuchungen eingestellten quartalsweisen Berechnungen des Zinssatzes für den
vertraglich vereinbarten Kontokorrentkredit infolge einer fehlerhaften Zinsanpassung
unrichtig sind.
34
aa. Die von der Klägerin in ihren Verträgen verwendeten Klauseln, mit denen sie sich
das Recht ausbedungen hat, die Zinssätze für den vertraglich vereinbarten
Kontokorrentkredit durch einseitige Leistungsbestimmung anzupassen, sind unwirksam.
35
(1) Die in den Verträgen vom 26.04.2001 und 27.08.2003 enthaltenen
Zinsanpassungsklauseln benachteiligen wegen nicht hinreichender Bestimmung der
Anpassungsparameter die Beklagte unangemessen.
36
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind gem. § 307 BGB bzw. § 9
AGBG a.F. i.V.m. Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmen
unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von
Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies ist nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Zinsanpassungsklauseln dann der Fall,
wenn sie es dem Verwender ermöglichen, über die Abwälzung konkreter
Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung
anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen
zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Gleiches gilt, wenn sie nur das Recht des
Klauselverwenders enthalten, Erhöhungen ihrer eigenen Kosten an ihre Kunden
weiterzugeben, nicht aber auch die Verpflichtung, bei gesunkenen eigenen Kosten den
Preis für die Kunden zu senken (BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08). Der
Bundesgerichtshof hat dem entsprechend Klauseln beanstandet, die den Banken ein
einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB zuweisen ohne die
maßgeblichen Parameter der Anpassung zu konkretisieren. Insbesondere bedarf es zur
Wirksamkeit der Klausel einer verbindlichen Verpflichtung der Bank zur Senkung des
Zinssatzes unter Wahrung des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden
Äquivalenzverhältnisses zwischen dem Vertragszinssatz und den
Refinanzierungskonditionen (BGH, Urteil vom 21. April 2009 – XI ZR 78/08; Urteil vom
13. April 2010 – XI ZR 197/09; Urteil vom 21. Dezember 2010 – XI ZR 52/08).
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Diese Anforderungen, die der Bundesgerichtshof bezüglich Zinsanpassungsklauseln in
Sparverträgen aufgestellt hat, sind auf Zinsanpassungsklauseln in Darlehens- und
Kontokorrentkreditverträgen übertragbar (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. April 2012 – 6
U 7/11) und gelten auch gegenüber gewerblichen Kunden. Die Rechtslage ist bei Soll-
und Habenzinsen vergleichbar (Nassall in: jurisPR-BGHZivilR 18/2004 Anm. 3). Der
(gewerbliche) Darlehenskunde muss im Voraus abschätzen können, welchen
Belastungen er für die Kreditinanspruchnahme ausgesetzt ist. Hierfür muss er die
Voraussetzungen kennen, um etwaige Zinsanpassungen überprüfen zu können (Senat,
Urteil vom 6. November 2013 - 9 U 123/13). Dementsprechend bedarf es der
Bestimmung eines Referenzwertes wie beispielsweise eines Geld- oder
Kapitalmarktzinssatzes, gegebenenfalls einer Anpassungsschwelle, die eine Befugnis
oder Pflicht zur Änderung begründen und / oder eines Anpassungsintervalls, innerhalb
dessen eine Überprüfung der Anpassungsvoraussetzungen zu erfolgen hat.
38
Diesen Anforderungen werden die Zinsanpassungsklauseln in den o.g. Verträgen nicht
gerecht. Diese verweisen als Grund für Zinsanpassungen lediglich auf nicht
konkretisierte Änderungen des „allgemeinen Zinsniveaus“ und räumen der Klägerin ein
billiges Ermessen bei der Anpassung ein ohne verbindliche Verpflichtung zur
Zinssatzsenkung unter Wahrung des Äquivalenzverhältnisses bei Vertragsschluss.
39
(2) Hinsichtlich der Verträge vom 07.01.2002, 27.01.2003 und 19.04.2005 hat die
Klägerin eine geänderte Klausel verwendet, die den Anforderungen der neuen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den Jahren 2009/2010 nahe kam, aber ihr
letztendlich dennoch nicht vollständig gerecht wird:
40
Die Zinsanpassungsklausel hat in den vorgenannten Verträgen folgenden Wortlaut:
41
Die Bank überprüft den Zinssatz spätestens zum Ende eines jeden Monats. Erhöht sich
der letzte veröffentlichte Monatsdurchschnitt für den EURIBOR-Dreimonatsgeld
gegenüber dem im Vormonat ermittelten Monatsdurchschnitt bei Vertragsschluss bzw.
bei der letzten Konditionenanpassung um mindestens 0,25 Prozentpunkte, so kann die
Bank den Zinssatz unter Berücksichtigung ihrer Refinanzierungsmittel nach billigem
Ermessen (§ 315 BGB) anheben; die Bank wird den Zinssatz entsprechend senken,
wenn sich der Monatsdurchschnitt für EURIBOR-Dreimonatsgeld um mindestens 0,25
Prozentpunkte ermäßigt hat. Bei der Leistungsbestimmung wird sich die Bank an der
Zinsgestaltung orientieren, die bei Vertragsabschluss bestanden hat.
42
Diese Klausel ist insoweit teilunwirksam, als sie der Klägerin bei der Zinssenkung ein
nicht ausreichend konkretes Leistungsbestimmungsrecht einräumt. Grundsätzlich sind
Allgemeine Geschäftsbedingungen objektiv auszulegen. Ist danach eine Klausel
objektiv mehrdeutig und führt eine Auslegung zu einer Unwirksamkeit der Klausel, ist
von dieser gem. § 305c Abs. 2 BGB auch im Individualprozess auszugehen, denn die
scheinbar kundenfeindlichste Auslegung führt dann für den Kunden zu einem
günstigeren Ergebnis (BGH, Teilurteil vom 29. April 2008 – KZR 2/07 –, BGHZ 176,
244-255).
43
So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat in der Klausel zwar eindeutig die
Voraussetzungen für eine Zinsänderung definiert (Anpassungsschwelle von 0,25
Prozentpunkten Veränderung gegenüber dem Monatsdurchschnitt des Dreimonats-
EURIBOR bei Vertragsschluss). Hinsichtlich der Pflicht zur Höhe der Zinssenkung fehlt
hingegen eine ausreichend klare Bindung der Klägerin, das ursprüngliche
Äquivalenzverhältnis zu wahren. Die Klägerin hat ihr Erhöhungsrecht in ihr billiges
Ermessen gestellt und neben der Veränderung des Dreimonats-EURIBOR auch die
Berücksichtigung ihrer - nicht näher definierten - Refinanzierungsmittel vorbehalten.
Zwar verwendet sie hinsichtlich der Verpflichtung zur Senkung das Wort „wird“ anstelle
des ein Ermessen ausdrückenden Wortes „kann“ bei der Erhöhung des Zinssatzes. Im
Gesamtzusammenhang wird jedoch nicht ausreichend deutlich, dass eine genaue
Wahrung des Äquivalenzverhältnisses von der Klägerin sicherzustellen ist. Die
verbindliche Pflicht zur Anpassung wird nämlich dadurch eingeschränkt, dass sie nur
eine „entsprechende“ Senkung vorsieht. Das Wort „entsprechend“ kann sich sowohl auf
die Rahmenbedingungen für die Ermessensausübung im vorhergehenden Satz als
auch auf die Höhe der Senkung des Dreimonats-EURIBOR beziehen. Im letzten Satz
heißt es ergänzend, dass die Klägerin sich an der Zinsgestaltung bei Vertragsschluss
„orientieren“ werde. In der Gesamtschau lässt diese Formulierung, anders als
beispielsweise das Wort „einhalten“, Abweichungen im Ermessen der Bank und zum
Nachteil des Kunden zu.
44
Diese Auslegung der Klauseln wird letztlich bestätigt durch die eigene Praxis der
Klägerin. Nach den Feststellungen des Sachverständigen ... in seinem Gutachten vom
05.02.2014 hat die Klägerin es z.B. unterlassen, trotz Absinken des Referenzzinssatzes
um jeweils über 0,30 Prozentpunkte z.B. im März und Juni 2003 eine Anpassung des
Vertragszinssatzes vorzunehmen.
45
bb. Die Unwirksamkeit der Klausel bezüglich der Zinsanpassung durch eine einseitige
Leistungsbestimmung der Klägerin lässt die Vereinbarung der Zinsvariabilität unberührt,
da es sich insoweit um eine eigenständige, nicht gegen das Klauselverbot verstoßende,
kontrollfreie Preisregelung handelt. Die verbliebene Lücke ist durch ergänzende
Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu schließen (BGH, Urteile vom 21.
Dezember 2010 – XI ZR 52/08 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09).
46
Die Auslegung ergibt, dass der Klägerin kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht
gem. § 315 Abs. 1 BGB verbleibt ([1]). Die Zinsanpassung hat in Abhängigkeit des
Zinssatzes für EURIBOR Dreimonatsgeld als Referenzzinssatz zu erfolgen ([2]). Sofern
die Zinsanpassungsklauseln nicht Anpassungsschwellen und Anpassungsintervalle
vorsehen, ist täglich ohne Anpassungsschwelle anzupassen ([3]).
47
(1) Die durch die Unwirksamkeit der AGB-Klausel entstandene Regelungslücke ist
durch ergänzende Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu schließen. Aus der bei
Schließung von Regelungslücken in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen
objektiv-generalisierenden Sicht ist der hypothetische Vertragswille typischer Parteien,
sofern ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsschluss bekannt gewesen
wäre, nicht darauf gerichtet, eine unwirksame, den Vertragspartner des
Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel durch eine der
unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung zu ersetzen. Deswegen
kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein
einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten (BGH, Urteile vom 21.
Dezember 2010 – XI ZR 52/08 und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09).
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(2) Bei der ergänzenden Vertragsauslegung sind Anpassungsparameter zu wählen, die
dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen
genügen und dem Charakter des Vertrages entsprechen. Dabei ist zunächst ein
Referenzzinssatz zu bestimmen, an dem sich unter Wahrung des
Äquivalenzverhältnisses die Zinsänderungen auszurichten haben. Vor diesem
Hintergrund scheint es dem Senat angemessen, den Dreimonats-EURIBOR als
Referenzzinssatz zu bestimmen. Es handelt sich um einen relativ kurzfristigen
Geldmarktsatz, was der kurzfristigen Veränderbarkeit des Zinssatzes und den mit
Zinsänderungen verbundenen Kündigungsmöglichkeiten des Bankkunden entspricht.
Bei den Verträgen vom 07.01.2002, 27.01.2003 und 19.04.2005 ergibt sich dieser
Referenzzinssatz aus der bestehenden Vereinbarung, die lediglich hinsichtlich eines
verbleibenden Ermessens bei der Leistungsbestimmung unwirksam ist (s.o.).
49
(3) Die Kontokorrentkredit-Verträge sind in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte
dahingehend auszulegen, dass jede Zinssatzänderung des Referenzzinssatzes zu
einer Änderung des Vertragszinssatzes führen kann. Dies gilt jedenfalls für die Verträge
vom 26.04.2001 und 27.08.2003. Diese gaben der Klägerin formal das Recht zur
jederzeitigen Änderung unabhängig von der Höhe der Veränderung des „allgemeinen
Zinsniveaus“ oder von bestimmten Zeitabständen. Insofern ist auch eine
Zinsberechnung unter Berücksichtigung des täglich zu ermittelnden Zinssatzes,
jedenfalls unterhalb des vertraglich vereinbarten Anfangszinssatzes zumutbar. Soweit
die Klägerin in den Verträgen vom 07.01.2002, 27.01.2003 und 19.04.2005
Anpassungsparameter festgelegt hat (monatliche Überprüfung und Abweichung von
0,25 Prozentpunkten), waren diese Vereinbarungen wirksam und daher anzuwenden.
50
(4) Bei der Ermittlung des zutreffenden Zinssatzes ist das anfängliche
Äquivalenzverhältnis zu wahren. Dabei ist zunächst der Unterschied zwischen dem
Vertragszinssatz und dem Referenzzinssatz bei Vertragsschluss festzustellen.
Allerdings führt die ergänzende Vertragsauslegung dazu, dass dieser Unterschied nicht
in absoluter Höhe bei Änderungen des Referenzzinssatzes fortgeschrieben werden
kann. Es ist vielmehr der relative Abstand zu ermitteln und dieser ist bei
Zinsanpassungen beizubehalten (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08,
Tz. 25; Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, Tz. 26f.).
51
Zwar mag bei Kreditverträgen mit variabler Verzinsung die Einhaltung eines absoluten
Abstandes zwischen Referenzzinssatz und Darlehenszinssatz sinnvoll und vertraglich
ohne weiteres zulässig sein. Insbesondere besteht nicht wie bei Sparverträgen die
Gefahr, dass ein Habenzinssatz im Rahmen einer Zinsanpassung zu einem
Sollzinssatz wird. Diese Gefahr besteht nur, wenn der Referenzzinssatz bei
Vertragsschluss höher als der Vertragszinssatz liegt. Wenn der Referenzzinssatz - wie
hier - niedriger als der Vertragszinssatzes ist, kann letzterer nur negativ werden, wenn
zuvor der Referenzzinssatz selbst negativ geworden ist. Unverhältnismäßig hohe
Zinsanpassungen nach oben werden hingegen auch bei einem relativen
Äquivalenzverhältnis aus faktischen Gründen unterbleiben, weil in diesen Fällen der
Zinssatz nicht mehr marktüblich und durchsetzbar wäre.
52
cc. Die Anwendung der unwirksamen Zinsanpassungsklausel hat zum Nachteil der
Beklagten zur rechtsgrundlosen Leistung der quartalsweisen Saldoanerkenntnisse
geführt, durch die die Klägerin bereichert ist.
53
(1) Entgegen der Behauptung der Beklagten lassen sich allerdings
Saldoanerkenntnisse zu den quartalsweise erstellten Rechnungsabschlüssen der
Klägerin feststellen. Nach den - üblichen und unstreitigen - Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Klägerin (Ziff. 7 Abs. 2 AGB, vgl. Anlage K33) kommen
Saldoanerkenntnisse von Rechnungsabschlüssen zu Stande, wenn der Kunde diesen
nicht innerhalb von 6 Wochen ab Zugang widerspricht. Dies hat die Beklagte im
maßgeblichen Zeitraum nicht getan. Die Rechnungsabschlüsse ergeben sich jeweils
aus den von dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 in
Augenschein genommenen Kontoauszügen (GA 927), deren Inhalt unstreitig ist. In
diesen hat die Klägerin zu jedem quartalsweisen Rechnungsabschluss eine
Zinsabrechnung vorgenommen und den Rechnungsabschluss und dessen Saldo
ausgewiesen. Die Beklagte hat bestätigt, dass die Kontoauszüge immer dieselbe
Struktur hatten.
54
(2) Ebenso wenig sind die Saldoanerkenntnisse bzw. Rechnungsabschlüsse der
Klägerin formal unwirksam. Zwar hat der Bundesgerichtshof Kontoauszüge als
wettbewerbswidrig beurteilt, die nicht ausreichend klar erkennen lassen, dass der
abgebildete Tagessaldo, der auf der Grundlage der Buchungsdaten berechnet wird,
nicht identisch ist mit dem Saldo, der sich aus der tatsächlichen Wertstellung ergibt, die
alleine für die Berechnung der Zinsen maßgeblich ist. Dadurch könnte dem Kunden
Deckung suggeriert und er zu zinspflichtigen Belastungen veranlasst werden, obwohl
das Guthaben erst zu einem späteren Zeitpunkt gutgeschrieben wird (vgl. hierzu BGH,
Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 87/04). Dieser Informationsfehler mag zwar zu einem -
von der Bank gegebenenfalls zu erstattenden - Zinsschaden führen. Der
Rechnungsabschluss wird durch eine derartige Darstellungspraxis jedoch nicht grob
unrichtig oder nicht genehmigungsfähig. Eine missverständliche Darstellung des
Tagessaldos ist nicht identisch mit der Fehlerhaftigkeit eines Rechnungsabschlusses.
Auch die Beklagte stellt nicht infrage, dass die Klägerin die Salden und Zinsen auf der
Grundlage der Wertstellungsdaten und nicht der Buchungsdaten berechnet hat. Eine
missverständliche Darstellung von Tagessalden in Kontoauszügen macht einen
inhaltlich richtigen Rechnungsabschluss nicht grob fehlerhaft.
55
(3) Die Rechnungsabschlüsse waren jedoch hinsichtlich der Zinsberechnungen und
damit auch hinsichtlich der ausgewiesenen Salden falsch. Die von der Klägerin ihren
Zinsberechnungen zu Grunde gelegten und in den Kontoauszügen ausgewiesenen
Zinssätze für die Inanspruchnahme des vertraglich vereinbarten Kontokorrentkredits
sind unstreitig und der von der Klägerin vorgelegten Übersicht (Anlage K105/1) zu
entnehmen.
56
Der Dreimonats-EURIBOR hat sich während der Laufzeit der jeweiligen
Vereinbarungen wiederholt und deutlich gesenkt, ohne dass die Klägerin diese
Änderungen beim Vertragszinssatz nachvollzogen hätte. Zum Beispiel ist der
Dreimonats-EURIBOR in der Laufzeit der Vereinbarung vom 26.04.2001 bis zum
09.01.2002 von 4,779% auf 3,325% gesunken und bis zum Ende des Jahres 2002
(während der Laufzeit des Vertrages vom 07./09.01.2002) weiter auf 2,865% gefallen
(Quelle: Zeitreihe ST0316 der Deutschen Bundesbank), ohne dass die Klägerin
Zinssenkungen vorgenommen hätte. Die Klägerin hat daher quartalsweise zu viel
Zinsen als Einzelforderungen ins Kontokorrent eingestellt und dadurch einen zu hohen
Saldo ausgewiesen. Auf dessen Anerkenntnis hatte sie keinen Anspruch.
57
dd) Die Ansprüche der Beklagten auf Kondiktion der Saldoanerkenntnisse wegen
unterbliebener bzw. fehlerhafter Zinsanpassungen sind jedenfalls verwirkt, soweit sie
Saldoanerkenntnisse vor dem 01.01.2001 betreffen.
58
(1) Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit
verstrichen ist (Zeitmoment; dazu unter [c]) und besondere Umstände hinzutreten, die
die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen
lassen (Umstandsmoment). Letzteres liegt vor, wenn der Verpflichtete bei objektiver
Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein
Recht nicht mehr geltend machen werde (dazu unter [a]). Ferner muss sich der
Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so
eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein
unzumutbarer Nachteil entstünde (dazu unter [b]).
59
(a) Die Klägerin durfte sich bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. April
2009 (XI ZR 78/08) darauf einrichten, dass die Beklagte die Zinsanpassungen nicht
mehr nachträglich beanstanden würde. Bei lang laufenden Kontokorrentkreditverträgen
besteht die Besonderheit, dass sich systematische Fehler bei der Zinsberechnung oder
-anpassung auf Grund des Zinseszinseffektes über die Laufzeit exponentiell auswirken.
Dadurch unterscheiden sie sich von anderen Ansprüchen, die in der Regel erst ab
Verzugseintritt zu verzinsen sind. Bei diesen ist der Schuldner - im Regelfall infolge
einer Mahnung oder eines vereinbarten Fälligkeitstermins - gewarnt. Grundsätzlich will
das Gesetz den Schuldner vom Zinseszinseffekt entlasten, um ihn vor schwer
kalkulierbaren und kaum vorhersehbaren Zinslasten zu bewahren, vgl. §§ 248, 289
BGB (Grundmann in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 248 Rn. 1). In
Kontokorrentkreditverträgen besteht ein hohes Bedürfnis an Rechtsklarheit, um ein
Aufsummieren von Ansprüchen, wie sie beispielsweise auch § 197 BGB a.F.
verhindern wollte, zu vermeiden. Dem dienen die periodischen Rechnungsabschlüsse,
die den Parteien die Möglichkeit der zeitnahen Überprüfung und Klärung geben.
Üblicherweise, wie auch hier, werden sie viermal im Jahr quartalsweise abgegeben, um
überschaubare Rechnungsperioden zu schaffen. Im Zahlungsverkehr trägt die neue
Vorschrift des § 676b Abs. 2 BGB, die einen Einwendungsausschluss bei fehlerhaften
Belastungsbuchungen wegen nicht oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungsvorgänge
bereits nach 13 Monaten vorsieht, dem Interesse nach schneller Klärung Rechnung.
60
Bei variabel verzinsten Darlehensverträgen, die flexibel auf sich ändernde
Bedingungen am Geld- und Kapitalmarkt reagieren müssen und daher
Anpassungsrechte vorsehen, besteht ein besonderes Bedürfnis, die
Berechnungsgrundlagen zügig zu klären. Nach einem längeren Zeitablauf lassen sich
die Umstände, die zur Zinsanpassung geführt haben, schwerer aufklären. Dies gilt
insbesondere für die Bedingungen am Geld- oder Kapitalmarkt, wenn man nicht nur auf
einen bestimmten dokumentierten Referenzzinssatz abstellt, sondern beispielsweise
auf die konkreten Refinanzierungsbedingungen, die bei einem Kreditinstitut nicht nur
von den Refinanzierungskosten auf dem Kapitalmarkt, sondern auch von deren
Passivgeschäft beeinflusst sind. Schließlich möchte ein Kreditinstitut Gewissheit haben,
dass es die berechneten Zinserträge auch dauerhaft behalten darf. Aus diesem Grund
darf ein Kreditinstitut erwarten, dass ein Darlehensnehmer die mitgeteilten
Zinsanpassungen und die Rechnungsabschlüsse auf ihre Rechtmäßigkeit sorgfältig
überprüft und etwaige Zweifel mitteilt. Die Beklagte wurde auf jedem Kontoauszug
darauf hingewiesen, dass sie Rechnungsabschlüsse zu prüfen hatte. Dies geht aus den
vorgelegten Original-Kontoauszügen hervor.
61
Zwar musste ein Kreditnehmer bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
21.04.2009 nicht damit rechnen, dass die Zinsanpassungsklausel wegen des zu
unbestimmt vereinbarten Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB unwirksam war.
Nach der bis dahin gültigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs waren die
Klauseln aber schon immer einschränkend auszulegen. Eine Anpassung des
Vertragszinses war nur entsprechend den kapitalmarktbedingten Änderungen der
Refinanzierungskosten unter Beibehaltung des anfänglichen Grundgefüges
(Äquivalenzverhältnis) zulässig und die Klausel verpflichtete zu einer Herabsetzung zu
Gunsten des Kunden innerhalb angemessener Frist (BGH, Urteil vom 04.12.1990 – XI
ZR 340/89 – Tz. 33). Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet
die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklauseln mit der zu unbestimmten Verpflichtung
der Bank, die Zinshöhe zu Gunsten des Kunden unter Beibehaltung des
Äquivalenzverhältnisses zu senken und auch bei Erhöhungen dieses zu wahren. Dabei
betonte der Bundesgerichtshof das Erfordernis der Vorhersehbarkeit und
Kontrollierbarkeit der Zinsanpassungen (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR
52/08 - Tz. 17; Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09 - Tz. 19; Urteil vom 21. April
2009 - XI ZR 78/08 - 35).
62
Die Vorhersehbarkeit ist die spiegelbildliche Voraussetzung für die Kontrollierbarkeit.
Während der Kunde bei der Vorhersehbarkeit auf Grund der Klausel abschätzen
können muss, unter welchen Voraussetzungen die Bank die Zinskonditionen in Zukunft
ändern kann, muss ihm nach Bekanntgabe der Änderung eine Kontrolle der
Vertragskonformität möglich sein. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs legt
dar, anhand welcher Kriterien wie Anpassungsparameter, Anpassungsschwelle und -
häufigkeit ein Vertrag bei einer unwirksamen, weil zu unbestimmten
Anpassungsklausel auszulegen ist. Diese Prüfkriterien und somit die Möglichkeit der
Kontrolle und Beanstandung standen dem Kunden schon seit jeher zur Verfügung. Er
hätte sich einerseits, beispielsweise anlässlich der ersten Zinsanpassungen oder
Veränderungen der Kapitalmarktbedingungen, nach den Anpassungskriterien
erkundigen und sie auf eine Einhaltung des Äquivalenzverhältnisses überprüfen
können. Ihm war es auf Grund der unstreitig bekannt gegebenen und erkennbaren
Zinsanpassungen schon immer möglich, auf eine fehlerhafte Anpassung des
Vertragszinssatzes an die aus einem geeigneten Referenzzinssatz ableitbaren
Bedingungen des Kapitalmarkts hinzuweisen und die konkreten Zinsanpassungen zu
beanstanden. Daten über die durchschnittlichen Sätze in dem Aktiv- und
Passivgeschäft der Banken, sowie über die Zinssätze im Interbankenverkehr wie
FIBOR oder EURIBOR waren öffentlich verfügbar.
63
Darauf, ob der Kunde verpflichtet ist, sich nach den Zinsanpassungsparametern zu
erkundigen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. April 2012 - 6 U 7/11, Tz. 81) kommt es
nicht an. Hier geht es darum, dass der Kunde mit einer Zinsanpassung oder - trotz
sinkender Kapitalmarktkonditionen - mit einem Unterlassen von Zinsanpassungen
konfrontiert wird. Auch wenn es keine rechtliche Verpflichtung gab, so bestand dennoch
die Notwendigkeit, die eigenen Interessen, die ersichtlich nicht von der Bank
wahrgenommen werden, zu schützen und die Handlungen des Vertragspartners auf
Vertragskonformität zu überprüfen. Denn es war bereits vor der
Rechtsprechungsänderung zu den Zinsanpassungsklauseln erkennbar, dass die
tatsächlich durchgeführten Zinsanpassungen nicht überprüfbar waren. Dies hätte eine
Nachfrage bei der Bank jedenfalls nahelegt. Lässt der Kunde hingegen die
Zinsanpassungen und Rechnungsabschlüsse jahrelang unbeanstandet, dann
signalisiert er, das Ergebnis der Zinsanpassung nicht beanstanden zu wollen, so dass
sich die Bank darauf einstellen kann.
64
Die Rechtsprechung zum - ausnahmsweisen - Hinausschieben des
Verjährungsbeginns bei unklarer Rechtslage und unzumutbarer Klageerhebung ist
nicht auf die Verwirkung übertragbar. Auch wenn unter verjährungsrechtlichen
Gesichtspunkten eine unterlassene Klageerhebung trotz ausreichender
Tatsachenkenntnis aber wegen fehlender Rechtskenntnis nicht schädlich sein muss (st.
Rspr. BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 – VIII ZR 80/12; Urteil vom 07.12.2010 – XI ZR
348/09), kann von einem Gläubiger nach Treu und Glauben erwartet werden, dass er
seine Unzufriedenheit mit einem Handeln des Schuldners und seine Auffassung,
unberechtigt Zahlungen zu leisten, zum Ausdruck bringt. Zum Beispiel könnte er
zunächst - auch ohne Klage - gegenüber der Bank seine Auffassung zum Ausdruck
bringen, dass die Anpassungsklausel unwirksam sei. Auch hätte er um eine Klärung
der von der Bank im Rahmen der AGB-Zinsanpassungsklausel verwendeten
Anpassungsparameter oder um eine nachvollziehbare und prüfbare Begründung der
Zinsanpassung oder deren Unterlassung bitten können.
65
Die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betrifft lediglich die Wirksamkeit der
AGB-Zinsanpassungsklauseln. Hinsichtlich der eingeschränkten Zulässigkeit von
Zinsanpassungen auf Grund der früher für wirksam gehaltenen Klauseln, die eine
Wahrung des Äquivalenzverhältnisses voraussetzten und dessen Verletzung im Wege
der nachträglichen Kontrolle hätte gerügt werden können, ist keine
Rechtsprechungsänderung eingetreten. Bereits durch eine entsprechende
Aufforderung, mit den Zinsanpassungen den sich beispielsweise im Dreimonats-
EURIBOR widerspiegelnden Bedingungen am Kapitalmarkt Rechnung zu tragen bzw.
das vertragliche Äquivalenzverhältnis zu konkretisieren und vor diesem Hintergrund die
Anpassungen zu rechtfertigen, wäre die Darlehensgeberin gewarnt gewesen. Sie hätte
ihr Verhalten überprüfen und ihre Anpassungen darauf ausrichten können.
66
Zwar bestand für den Darlehensnehmer insoweit eine Unsicherheit, als er von einem
billigen Ermessen der Bank bei der Zinsanpassung ausgehen konnte, so dass er in der
irrigen Annahme der Wirksamkeit der AGB-Zinsanpassungsklausel in einem
Toleranzbereich Abweichungen nicht anzweifeln konnte. Hier geht es hingegen um ein
anhand der veröffentlichten Geld- und Kapitalmarktbedingungen erkennbares starkes
Absinken des Zinsniveaus mit einem deutlichen Überschreiten eines Toleranzbereichs.
Beispielsweise ist der Dreimonats-EURIBOR während der Laufzeit des
Kontokorrentkreditvertrag vom 26.04.2001 (bis 09.01.2002) von anfänglich 4,779 % um
über 1,5 Prozentpunkte auf einen Stand von 3,272 % (03.01.2002; Quelle: Zeitreihe
ST0136 Deutsche Bundesbank) gefallen, ohne dass Anpassungen vorgenommen
worden wären. Beanstandet der Darlehensnehmer hingegen überhaupt keine
Anpassungen oder unterlassene Anpassungen und damit auch nicht solche, die
außerhalb eines Toleranzbereichs liegen, darf die Bank sich auf den Bestand ihrer
Abrechnungen - jedenfalls nach einer gewissen Zeit - verlassen. Wenn der Kunde
bereits grobe Abweichungen hinnimmt, kann er sich nicht damit rechtfertigen, wegen
einer Unsicherheit im kleinen Toleranzbereich bei der Wahrung des
Äquivalenzverhältnisses von Beanstandungen abgesehen zu haben.
67
Den Kreditinstituten kann dabei nicht eigenes widersprüchliches Verhalten vorgehalten
werden. Die Rechtsprechung hat die Anpassungsklauseln der Bankwirtschaft jahrelang
gebilligt. Offenbar bestand in der Kreditwirtschaft die Auffassung, die Zinssätze müssten
sich zwar an den Refinanzierungsbedingungen orientieren, hierfür könnten als Maßstab
jedoch die von den Kreditinstituten am Markt verlangten Zinssätze herangezogen
werden. Auch wenn diese Zinssätze tatsächlich nicht geeignet sind, weil sie nicht
zwangsläufig die Refinanzierungskonditionen abbilden, sondern das durchschnittliche
Marktverhalten der Kreditinstitute unabhängig von variabel verzinslichen
Darlehensverträgen, war diese Annahme nicht erkennbar treuwidrig und vorsätzlich
falsch. Der Bundesgerichtshof selbst hat in seiner Entscheidung vom 04.12.1990 (XI ZR
340/89 - Tz. 46) auf einen derartigen Zinssatz (von der Bundesbank veröffentlichte
Effektivzinssätze für Konsumentenkredite) abgestellt. Im Übrigen war die Klägerin
wegen des vertraglichen Kündigungsrechts der Beklagten nicht in der Lage, die
Zinskonditionen beliebig diktieren zu können. Die Beklagte war ihr nicht ausgeliefert.
68
(b) Die Bank ist hinsichtlich ihres Vertrauens in den Bestand ihrer Zinsanpassungen
und dem Behaltendürfen der Zinseinnahmen schutzwürdig, weil die Pflicht zur
Herausgabe andernfalls mit einem für sie unzumutbaren Nachteil verbunden wäre.
69
Die Kontokorrentkredite waren größtenteils mit einer kurzen Laufzeit oder unbefristet
(bis auf weiteres) vereinbart. Dadurch bestanden für beide Seiten kurzfristige
Beendigungsmöglichkeiten. Insbesondere konnte die Beklagte den Kontokorrentkredit
jeweils ohne Vorfälligkeitsentschädigung ablösen. Demgegenüber hat sie wiederholt
die Zinssätze der Klägerin durch mehrere Vereinbarungen bestätigt oder neu
festgesetzt. Zu keinem Zeitpunkt hat die Beklagte fehlerhafte Zinsanpassungen
beanstandet. Insofern bestand auch für die Klägerin kein Anlass, die Zinsanpassung zu
überprüfen oder den Kontokorrentkredit zu kündigen und für die erneute
Kreditgewährung einen Zinssatz zu verlangen, den sie für angemessen hielt.
70
Der nachträgliche Verlust dieser vertraglichen Anpassungsmöglichkeit und der damit
verbundenen Erwerbschancen stellt eine unzumutbare Härte dar.
71
(c) Jedenfalls dann, wenn Zinsanpassungen in Rechnungsabschlüssen über 5 Jahre
zurückliegen, ohne dass anlässlich der jeweils vierteljährlichen Aufforderungen zur
Prüfung und Abgabe von Saldoanerkenntnissen Beanstandungen erhoben wurden,
liegt auch das für das Rechtsinstitut der Verwirkung erforderliche Zeitmoment vor.
Daher kann die Beklagte keine Zinskorrekturen bezüglich Zinsbelastungen verlangen,
die vor mehr als 5 Jahren vor ihrer ersten Beanstandung im Rahmen der
Widerklageschrift vom 20.02.2007 lagen. Die Klägerin hat sich insoweit ausdrücklich
mit einer Neuberechnung ab dem 01.01.2002 einverstanden erklärt (Protokoll der
mündlichen Verhandlung vom 30.04.2014, S. 4).
72
(2) Vor dem Hintergrund, dass sich die Klägerin mit einer Neuberechnung ab dem
01.01.2002 ausdrücklich einverstanden erklärt hat, kann es dahingestellt bleiben, ob im
Zeitpunkt der fehlerhaften Zinsbelastungsbuchungen spiegelbildlich
Bereicherungsansprüche der Beklagten in Höhe der zu hohen Zinsen entstanden und
diese ihrerseits der Verjährung gem. § 197 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 6 EGBGB
unterlagen (so: OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. April 2012 - 6 U 7/11; OLG München,
Urteil vom 9. Mai 2011 - 19 U 3229/10; OLG Nürnberg, Urteil vom 30. März 2009 - 14 U
297/07).
73 c. Die Beklagte kann die Saldoanerkenntnisse auch im Hinblick auf fehlerhaft berechnete
Überziehungszinsen für die Zeit ab dem 01.01.2002 kondizieren. Die Parteien haben für
geduldete Überziehungen keinen Zinssatz vereinbart, der den jeweiligen
Anfangszinssatz für die vereinbarten Kontokorrentkredite überstieg. Auch wurde keine
Zinsanpassungsabrede getroffen.
74
aa. Die Beklagte hat in den jeweiligen Kontokorrentkreditverträgen lediglich einen
Zinssatz für den vereinbarten Kreditrahmen festgeschrieben. Hinsichtlich der geduldeten
Überziehungen ergab sich lediglich aus den allgemeinen Kreditbedingungen, dass für
diese „ein höherer Überziehungszins“ anfalle, ohne dass dessen Höhe konkretisiert
worden wäre.
75
Der Überziehungszinssatz ergibt sich nicht aus den Preisaushängen der Klägerin.
Dieser gilt nur für Privatkunden.
76
Die Klägerin hat auch nicht darlegt, wie sie der Beklagten vor der jeweiligen
Inanspruchnahme die gültigen Zinssätze für Überziehungen anderweitig mitgeteilt
haben will. Die Klägerin beruft sich auf ihre Kontoauszüge. Diese stellen keine
ordnungsgemäße Mitteilung der Zinssätze dar, zumal sie dem Bankkunden nicht vor
oder bei Inanspruchnahme mitgeteilt wurden. Die Mitteilung der Zinssätze für eine
abgelaufene Zinsperiode im Zusammenhang mit der quartalsweisen Zinsberechnung
zum Schluss der Rechnungsperiode stellt keine rechtsgeschäftliche Vereinbarung oder
Bestimmung von Zinssätzen für die Zukunft dar. Dieser Erklärungsinhalt lässt sich einem
lediglich der Abrechnung dienenden Dokument nicht beilegen.
77
bb. Die Parteien haben hinsichtlich des Überziehungszinssatzes keine Zinsanpassung
vereinbart. In den Kontokorrentkreditverträgen wurde das Leistungsbestimmungsrecht
der Klägerin nur im Zusammenhang mit dem Zinssatz für den vereinbarten Kredit
geregelt. Die Berechtigung, einen höheren Zinssatz für geduldete Überziehungen zu
verlangen, ist hingegen an anderer Stelle in den allgemeinen Kreditbedingungen
festgelegt. Diese sehen kein Zinsanpassungsrecht während der Inanspruchnahme der
geduldeten Überziehung vor. Der Kreditvertrag ist daher dahingehend auszulegen, dass
die Klägerin ohne das Recht und die Pflicht zur Zinsanpassung nur denjenigen Zinssatz
für geduldete Überziehungen verlangen kann, der anfänglich für den vertraglichen
Kontokorrentkredit vereinbart wurde.
78
cc. Die Kondiktionsansprüche sind jedoch verwirkt, soweit sie sich auf unberechtigt
gebuchte Überziehungszinsen für die Zeit vor dem 01.01.2002 beziehen. Hier sind Zeit-
und Umstandsmoment wie bei den fehlerhaften Zinsanpassungen erfüllt. Die Beklagte
konnte bei jedem Rechnungsabschluss, der jeweils vierteljährlich erfolgte, die
Berechnung der Überziehungszinsen zu dem erhöhten Zinssatz erkennen und deren
Berechtigung überprüfen. Hierauf wurde sie unter Hinweis auf die
Genehmigungswirkung hingewiesen. Wenn ein gewerblicher Kunde über eine Dauer
von mindestens 5 Kalenderjahren derartige Abrechnungen unbeanstandet hinnimmt,
schafft er bei seiner Bank ein schutzwürdiges Vertrauen darin, dass sie die belasteten
Beträge behalten darf und - zur Klarstellung - keine anderweitige ausdrückliche
Regelung mit dem Kunden treffen muss. Zudem verhindert er damit, dass die Bank, die
einen höheren Überziehungszinssatz für nur geduldete Überziehungen verlangen
möchte, bei Beanstandungen durch den Kunden auf der sofortigen Rückführung der
Überziehung besteht und individualvertraglich alternativ einen höheren
Überziehungszinssatz in rechtlich einwandfreier Form anbietet.
79
Die Beklagte hat die fehlende Berechtigung der Überziehungszinsen erstmalig mit der
Widerklage vom 20.02.2007 geltend gemacht. Die Klägerin ist mit einer Neuberechnung
ab 01.01.2002 ausdrücklich einverstanden.
80 d. Die Beklagte kann die Saldoanerkenntnisse auch im Hinblick auf zu Unrecht
berechnete Entgelte kondizieren.
81
aa. Die Saldoanerkenntnisse können allerdings nicht mit dem pauschalen Verweis auf
das Privatgutachten ... kondiziert werden, die Klägerin habe fehlerhaft Entgelte
berechnet. Der allgemeine Verweis auf das Gutachten kann einen konkreten, für das
Gericht nachprüfbaren Vortrag nicht ersetzen. Auf die Unzulänglichkeit des Vortrages
wurde die Beklagte hingewiesen. In der Widerklageschrift hat die Beklagte pauschal auf
einen Leitzordner mit zahlreichen Berichten des Privatgutachters ... Bezug genommen
und vorgetragen, dass in dem Zeitraum vom 29.12.1988 bis 31.12.2001 369 Entgelten
mit einem Gesamtwert von 2.727,23 DM gebucht worden seien, wovon „möglicherweise“
DM 563,73 berechtigt seien. Ein solcher Vortrag lässt eine rechtliche Prüfung nicht zu.
82
bb. Die Beklagte beanstandet allerdings zu Recht die Abrechnung von Arbeitsposten.
Diese Buchungen sind unberechtigt und haben zu einem fehlerhaften
Saldoanerkenntnis geführt. Es fehlt an einer wirksamen Entgeltvereinbarung.
83
Auf den gerichtlichen Hinweis zur nicht dargelegten Vereinbarung eines Entgelts für
Arbeitsposten hat die Klägerin vorgetragen, diese seien auf der Grundlage von Nr. 12
Abs. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart worden. Auf dieser
Grundlage lässt sich jedoch eine vertragliche Vereinbarung nicht feststellen (1), so dass
die Klägerin ohne eine solche nur einen Anspruch auf die ortsübliche Vergütung hat,
den sie allerdings nicht ausreichend dargelegt hat (2). Jedoch sind
Berichtigungsansprüche größtenteils verwirkt (3).
84
(1) Die Klausel Nr. 12 Abs. 2 AGB berechtigt die Klägerin nicht, für ihre Hauptleistungen
das Entgelt nach billigem Ermessen festzusetzen.
85
(a) Die Klausel kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Klägerin sie zur
Grundlage einer Entgeltforderung für ihre Hauptleistung machen kann.
86
Die Vorschrift hatte nach dem Vortrag der Klägerin seit Beginn der Geschäftsbeziehung
denselben Wortlaut wie in den als Anlage K33 vorgelegten AGB aus dem Jahr 2003:
87
12 Zinsen, Entgelte und Auslagen
88
(1) Zinsen und Entgelte im Privatkundengeschäft
89
Die Höhe der Zinsen und Entgelte für die im Privatkundengeschäft üblichen Kredite
und Leistungen ergibt sich aus dem "Preisaushang – Regelsätze im standardisierten
Privatkundengeschäft" und ergänzend aus dem "Preis- und Leistungsverzeichnis".
Wenn ein Kunde einen dort aufgeführten Kredit oder eine dort aufgeführte Leistung in
Anspruch nimmt und dabei keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gelten
die zu diesem Zeitpunkt im Preisaushang oder Preis- und Leistungsverzeichnis
angegebenen Zinsen und Entgelte. Für die darin nicht aufgeführten Leistungen, die im
Auftrag des Kunden oder in dessen mutmaßlichen Interesse erbracht werden und die,
nach den Umständen zu urteilen, nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, kann die
Bank die Höhe der Entgelte nach billigem Ermessen (§ 315 des Bürgerlichen
Gesetzbuches) bestimmen.
90
(2) Zinsen und Entgelte außerhalb des Privatkundengeschäfts
91
Außerhalb des Privatkundengeschäfts bestimmt die Bank, wenn keine andere
Vereinbarung getroffen ist, die Höhe von Zinsen und Entgelten nach billigem Ermessen
(§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
92
Die Klausel ist als Allgemeine Geschäftsbedingung einheitlich so auszulegen, wie ihr
objektiver Inhalt und typischer Sinn, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten
eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, nach ihrem Wortlaut von
verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der
normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (BGH, Urteil vom 07. Juni 2011 – XI
ZR 388/10; Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 122/11). Danach kann die Klausel nicht
dahingehend verstanden werden, dass die Bank auf ihrer Grundlage das Entgelt für die
wesentlichen und dauerhaft zu erbringenden „üblichen“ Leistungen einseitig bestimmen
kann. Redlicherweise darf ein Kunde erwarten, dass ihm vor Vertragsschluss von
seinem Vertragspartner das Entgelt für die wesentlichen Leistungen genannt wird. Dies
gilt insbesondere dann, wenn es um standardisierte Leistungen geht, die der
Vertragspartner dauerhaft und wiederholt gegenüber einer Vielzahl von Kunden
erbringt. In diesen Fällen wird eine Bank den Aufwand und die Gewinnmarge für ihre
Leistungen kalkuliert haben und in der Lage sein, ihre daraus resultierende
Entgeltforderung eindeutig zu beziffern. Auch darf ein Kunde erwarten, dass er vor
Vertragsschluss darüber informiert wird, wenn die Leistungen zu dem Entstehen eines
erheblichen Entgelts führen können. Bei Standardleistungen besteht keine
Notwendigkeit, einem Partner die einseitige Leistungsbestimmung nach billigem
Ermessen zu überlassen. Ein redlicher Vertragspartner wird das Hauptentgelt, das er für
seine Leistungen erwartet, dem Kunden vorher deutlich mitteilen und es nicht über eine
Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer späteren einseitigen
Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen vorbehalten.
93
Die Bedeutung der Entgeltvereinbarung wird anhand der tatsächlich abgerechneten
Kosten deutlich. Die Klägerin erhebt sowohl eine Kontoführungsgebühr, ohne dass der
Umfang der damit abgegoltenen Leistungen erkennbar wird, als auch ein Entgelt je
Arbeitsposten. Dabei sind bei der gewerblich tätigen Beklagten im Quartal Kosten in
Höhe von über 150 DM (vergleiche z.B. Kontoauszug vom 02.07.1993) für über 300
Arbeitsposten angefallen.
94
Die Auslegung, wonach die Klägerin keine Entgelte für ihre Hauptleistung im Wege der
einseitigen Leistungsbestimmung festlegen kann, wird durch Nr. 12 Abs. 1 AGB
gestützt, die allerdings nur für das Privatkundengeschäft gilt. Bei diesem legt die
Klägerin ihre Entgeltforderung für „übliche Kredite und Leistungen“ klar und primär
durch den "Preisaushang - Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft" und
ergänzend durch das "Preis- und Leistungsverzeichnis" fest. Ein
Leistungsbestimmungsrecht der Bank sieht Nr. 12 Abs. 1 S. 3 AGB nur für den Fall vor,
dass der Kunde andere Leistungen in Anspruch nimmt, die in den Preisverzeichnissen
nicht aufgeführt sind. In diesem Zusammenhang kann eine Vereinbarung eines
Leistungsbestimmungsrechts sinnvoll sein, weil angesichts der Vielfalt der möglichen
Dienstleistungen und Sachverhaltsgestaltungen es nur schwer möglich ist, bereits bei
Vertragsschluss für sämtliche Leistungen ein Entgelt festzusetzen.
95
Daraus folgt, dass die Klägerin aufgrund von Nr. 12 Abs. 2 AGB nicht berechtigt ist,
einseitig ein Entgelt für die typischen Hauptleistungen im Zusammenhang mit dem
Girokonto nach billigem Ermessen festzusetzen. Als typische Leistungen sind
insbesondere die Kontoführung und der Zahlungsverkehr anzusehen. Diese Leistungen
erbringt die Klägerin in standardisierter und automatisierter Form massenhaft
gegenüber allen ihren Kunden, so dass für diese Leistungen ausdrücklich ein Entgelt
hätte vereinbart werden müssen.
96
(b) Selbst wenn - wie nicht - die Klausel die Bank berechtigen würde, auch für ihre
Hauptleistungen das Entgelt nach billigem Ermessen festzusetzen, dann wäre diese
Klausel gemäß § 3 AGBG bzw. § 305c BGB unwirksam, weil sie überraschend wäre.
Eine Klausel ist überraschend, wenn sie nach den Umständen, insbesondere dem
äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich ist, dass der
Vertragspartner mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Ob eine Klausel ungewöhnlich ist,
ist anhand der Gesamtumstände zu beurteilen. Die Ungewöhnlichkeit kann sich auch
aus der Höhe des Entgelts ergeben (Grüneberg in: Palandt, a.a.O., § 305c Rn. 3).
97
Wie oben bereits dargelegt, erwartet ein Kunde von seinem Vertragspartner, dass
dieser ihm redlicherweise das Entgelt für die üblichen und wesentlichen Leistungen klar
offenlegt und sich hierfür nicht, ohne dass hierfür eine sachliche Rechtfertigung
bestünde, ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einräumen lässt. Dies gilt
insbesondere für den Postenpreis, der bei Geschäftskunden je nach Umfang des
Geschäftsbetriebs einen erheblichen Teil ausmachen kann.
98
Eine Klausel ist dann überraschend, wenn ihr ein Überrumpelungs- oder
Übertölpelungseffekt innewohnt (Basedow in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., §
305c Rn. 10). Es muss eine deutliche Diskrepanz zwischen der Erwartung des Kunden
und der Regelung vorliegen und der Kunde muss nach den Umständen auf eine solche
Klausel vernünftigerweise nicht gefasst sein. Hierbei ist die für den Geschäftskreis
übliche Gestaltung der Vereinbarung sowie der äußere Zuschnitt des Vertrages zu
beachten (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03). Unter diesen
Umständen ist die Klausel überraschend. Der Vergleich zum Privatkundengeschäft
verdeutlicht, dass die üblichen Leistungen in einem Preis- und Leistungsverzeichnis
oder einem Preisaushang ausgewiesen werden. Hier besteht zwischen den
Erwartungen der Verbraucher und der Unternehmer als Bankkunden kein Unterschied.
Es handelt sich um eine massenhaft zu erbringende Standardleistung, bei der selbst
kleine Preisveränderungen durch die Anzahl der Leistungen erhebliche finanzielle
Auswirkungen haben können. Dabei ist die hohe Abhängigkeit des gewerblichen
Bankkunden von seinem Kreditinstitut zu berücksichtigen. In einer solchen
Geschäftsbeziehung werden klare Vereinbarungen erwartet, damit auch der Bankkunde
seine aus der Bankverbindung resultierenden Belastungen abschätzen kann. Ein
Wechsel der Bankverbindung ist regelmäßig mit einem hohen Aufwand für den
Bankkunden verbunden, der seinen Vertragspartnern die neue Bankverbindung
mitteilen muss. Bei einem solchen Massengeschäft ist ein einseitiges
Leistungsbestimmungsrecht nach billigem Ermessen nicht zu erwarten. Die Klausel ist
auch von der äußerlichen Gestaltung her überrumpelnd. Als Regelung zur
Hauptleistung erwartet ein Kunde sie redlicherweise in dem Hauptvertrag
(Kontoeröffnungsvertrag oder Kreditvertrag), nicht jedoch ausgelagert in den
Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sie findet sich zudem erst in der Nr. 12 der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen und als Abs. 2 hinter der Regelung für das
Privatkundengeschäft, die auf ein Preis- und Leistungsverzeichnis verweist.
99
(2) Die Klägerin hat ihren Anspruch auf die abgerechneten Postenpreise auch nicht
anderweitig dargelegt. Zwar hat die Klägerin in Ermangelung einer vertraglichen
Vereinbarung eines Postenpreises einen Anspruch auf die ortsübliche Vergütung
gemäß §§ 675, 612 BGB, 354 HGB. Hierzu hat sie jedoch keinen ausreichenden
Vortrag gehalten, obwohl sie mit Hinweisbeschluss des Senats vom 26.03.2013 (GA
1301) dazu aufgefordert wurde. Sie hat lediglich, ohne Anknüpfungstatsachen zu
nennen, behauptet, die "damals" in Rechnung gestellten Zahlungsverkehrsgebühren
hätten "zu jedem Zeitpunkt nach den Erfahrungen und Branchenkenntnissen der
Klägerin dem branchenüblichen Kostenniveau entsprochen“ und seien damit ortsüblich
und angemessen gewesen.
100 Dieser Vortrag genügt nicht zur Überprüfung der Ortsüblichkeit und Angemessenheit
des Entgelts. Die Klägerin legt nicht dar, aus welchen Erkenntnisquellen sie die
Branchenüblichkeit der eigenen Postenpreise und Kostenstruktur erschließt oder der
Senat sie mit Hilfe eines Sachverständigen erschließen könnte. Sie legt bereits nicht
den Regelungsgehalt ihrer Postenpreisberechnung zu Grunde. So bleibt offen, ob die
Postenpreise auch für gesetzlich geschuldete Leistungen erhoben werden (wie dies
dem Wortlaut nach im Privatkundengeschäft erfolgt ist). Sie grenzt auch nicht die
Postenpreise, die für jede Buchung erhoben werden, von dem monatlichen
Kontoführungsentgelt ab. Weder trägt sie vor, wie die Kostenstruktur bei anderen
Kreditinstituten ist, noch legt sie den erforderlichen Aufwand für die Leistungen dar. Bei
dem Beweisangebot handelt es sich letztendlich um einen unzulässigen
Ausforschungsbeweis, der erst der Beschaffung der erforderlichen Informationen dient
(vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83).
101 (3) Die Kondiktionsansprüche, die mit zu Unrecht abgerechneten Arbeitsposten
begründet werden, sind jedoch ebenfalls für den Zeitraum vor dem 01.01.2001 verwirkt.
Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zur Verwirkung hinsichtlich der
Überziehungszinsen verwiesen.
102 cc. Die Beklagten kann die Kondiktion der Saldoanerkenntnisse nicht auf die
unberechtigte Abrechnung von Gebühren für Rücklastschriften stützen. Die Beklagte hat
lediglich pauschal die Berechtigung zur Erhebung von Rücklastschriftgebühren
bestritten. Die Klägerin hat daraufhin die Vereinbarung mit der Beklagten über den
Einzug von Forderungen durch Lastschrift vom 21.09.1995 vorgelegt. Danach durfte sie
zwar keine eigenen Rücklastschriftgebühren erheben, wohl aber fremde
Rücklastschriftgebühren der Beklagten in Rechnung stellen. Die Klägerin hat
vorgetragen, dass sie vertragsgemäß nicht eigene Rücklastschriftgebühren berechnet
habe, sondern fremde Aufwendungen, die sie dem Kunden als Aufwendungsersatz in
Rechnung stellen kann (vgl. Bunte in: S/B/L, a.a.O., § 17 Rn. 32). Diese Behauptung hat
die Beklagte nicht bestritten.
103 e. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Kondiktion der Saldoanerkenntnisse, soweit sie
sich auf Wertstellungsfehler vor dem 01.01.2002 beruft. Lediglich wegen zwei fehlerhafter
Wertstellungen nach dem 01.01.2002 ist eine Kondiktion möglich.
104 aa. Eine generell fehlerhafte Wertstellungspraxis der Klägerin, die zu einer fehlerhaften
Zinsberechnung geführt haben könnte, hat die Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht
dargelegt, sondern ihren bereits vom Landgericht zu Recht abgelehnten Standpunkt
aufrecht erhalten, es müsse in Abhängigkeit des Buchungstages wertgestellt werden.
105 (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kontoführende Bank
verpflichtet, die Wertstellung für eingehende Geldbeträge unabhängig vom Tag der
Buchung für den Tag vorzunehmen, an dem ihr die entsprechende Deckung
zugeflossen ist. Erfolgt der Geldeingang erst nach dem sog. Buchungsschnitt, ist
gegebenenfalls die Gutschrift zurückzuvalutieren. Gleiches gilt für Belastungen, für
deren Wertstellung es allein auf den Zeitpunkt des Abflusses der Deckung ankommt, da
erst ab diesem Zeitpunkt ein Aufwendungsersatzanspruch entsteht. Den Parteien des
Giroverhältnisses steht es jedoch unter Umständen frei, zur Verwaltungsvereinfachung
bei Inkassovereinbarungen eine pauschale Wertstellungsregelung zu treffen, die der
durchschnittlichen Dauer bis zum Zufluss der Deckung entspricht (BGH, Urteil vom 17.
Juni 1997 – XI ZR 239/96; Urteil vom 06. Mai 1997 – XI ZR 208/96, BGHZ 135, 316-
323).
106 (2) Die Beklagte hat erstinstanzlich und in der Berufungsbegründung zusammenfassend
unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 06. Mai
1997 - XI ZR 208/96) dezidiert die Rechtsauffassung vertreten, die Wertstellung habe
am Buchungstag bzw. in Abhängigkeit zum Buchungstag zu erfolgen. Diese
Rechtsauffassung trifft nicht zu. Entgegen ihrer Ansicht, lässt sich die Fehlerhaftigkeit
der Wertstellungen nicht allein anhand der Kontoauszüge sowie der Belege der
Beklagten feststellen. Die Wertstellung hat nicht den von ihr geltend gemachten Regeln
in Abhängigkeit vom Buchungstag (BT) zu erfolgen, die sie wie folgt behauptet hat:
107
- eingereichte Schecks (Gutschriften) BT+3AT
- eingehende Überweisungen am BT (weil die Bank vor Vorliegen der Gutschrift nicht
buchen könne), der Wertstellungstag (WT) dürfe also nicht später liegen
- Bareinzahlung am Einzahlungstag (also spätestens am BT)
- belastende Überweisungen, Lastschriften, Daueraufträge frühestens am BT
108 Die Beklagte wurde mehrfach von der Klägerin, dem Landgericht und dem Senat darauf
hingewiesen, dass es für die Wertstellung auf den Zu- und Abfluss der buchmäßigen
Deckung ankommt und daher kein zwingender Zusammenhang mit dem Buchungstag
bestehen muss (BGH, Urteil vom 06. Mai 1997 - XI ZR 208/96 - Rn. 12).
109 (3) Die Klägerin hat demgegenüber behauptet, dass sie wertneutral in Abhängigkeit
vom tatsächlichen Zu- und Abfluss auf ihrem eigenen Konto die Buchungen auf dem
Konto der Beklagten wertgestellt hat (Bl. 61 d.A.). Für den Zeitraum ab 1996 behauptet
sie dies sicher, während sie wegen der Vernichtung älterer Unterlagen sie dies für den
Zeitraum davor nur unterstellt (Bl. 73 d.A.). Hierzu hat sie für sämtliche von der
Beklagten beanstandeten Buchungen mit Abweichungen zwischen Buchungs- und
Wertstellungstag ab 1996 ihre Gegenbuchungen dargelegt (Anlage K24). Weiter hat sie
detailliert die Buchungsvorgänge erläutert (Bl. 143ff. d.A., Anlage K49/1-10):
110 -
belastende Schecks
einem Wertstellungstag zeitlich vor dem Buchungstag in das Konto eingestellt werden.
Das hat entgegen der Auffassung der Beklagten nichts mit „hellseherischen
Fähigkeiten“ der Klägerin zu tun. Die Annahme der Beklagten, die Klägerin könne nur
buchen, wenn sie den Scheck physisch in den Händen halte, trifft nicht zu. Wie die
Klägerin - erstinstanzlich unstreitig - dargelegt hat, wird der Scheck einer
Schecklagerstelle vorgelegt, die ihn anschließend lediglich in einen Datensatz
umwandelt (vgl. zum beleglosen Scheckeinzug: Nobbe in: S/B/L, § 61 Rn. 119). Dabei
hat die Schecklagerstelle nach dem Vortrag der Klägerin die Möglichkeit, sofort zu
buchen, also das Konto der Klägerin zu belasten und den Datensatz an die Bank
weiterzusenden. Das ist zum Beispiel möglich, wenn die bezogene Bank (Klägerin) bei
der Schecklagerstelle oder bei der Inkassobank ein eigenes Konto (Nostrokonto) hält,
das sofort belastet werden kann (vgl. hierzu: Mayen in: S/B/L, § 46 Rn. 8). Die Bank
erhält somit nicht einen Scheck, sondern einen Datensatz mit einem
Wertstellungsdatum über die Belastungsbuchung auf diesem Konto. Wenn sie diesen
Datensatz erst am Folgetag bucht, wie vorgetragen, liegt der Tag des Abflusses der
buchmäßigen Deckung auf dem Nostrokonto bereits vor der Buchung. Dass die
Klägerin die beleglose Scheckeinreichung (BSE) praktiziert, hat sie vorgetragen und
durch die Vorlage ZV-Listen des Rechenzentrums ... belegt:
111 Die Klägerin hat für die Buchung Nr. ... (Zeilennummer aus dem Privatgutachten ...) vom
08.11.1999 (Buchungstag) mit Wertstellung 05.11.1999 ausgeführt, dass sie ebenfalls
das Wertstellungsdatum der Schecklagerstelle genommen habe. Wegen fehlerhafter
Daten habe sie jedoch nicht am Folgetag buchen können, sondern erst am 08.11.1999
(Bl. 148 d.A.). Dem hat die Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht widersprochen.
112 - hinsichtlich der
begünstigenden Überweisungen
Klägerin unter Bezugnahme auf die Anlage K49/3 ausgeführt, dass sie die
Buchungsdaten von der überweisenden Bank über die Deutsche Zentral-Bank und
schließlich ihr Rechenzentraum ... erhalte. Demnach werden im Interbankenverkehr
Wertstellungsdaten, zu denen das Clearing zu erfolgen hat, übermittelt, so dass eine
überweisende Bank an einem Tag eine beleglose Gutschrift mitteilen kann, die erst am
Folgetag wertmäßig auf dem Nostrokonto gutzuschreiben ist. Dass im Rahmen des
Zahlungsverkehrs Vereinbarungen über Wertstellungen getroffen werden können, die
von der Buchung unabhängig sind, ist möglich. Ein typisches Beispiel hierfür sind
Terminüberweisungen, bei dem der Überweisende eine spätere Ausführung als den
Buchungstag und damit eine spätere Wertstellung sowohl bei sich als auch beim
Empfänger vorgeben kann. Damit wird den Bedürfnissen des automatisch
abgewickelten Massenzahlungsverkehrs Rechnung getragen. Die gebuchten
Datensätze verselbständigen sich von dem Fluss der Valuta. Die Vorstellung, eine
Bank buche (manuell) erst, wenn sie auf einem eigenen Kontoauszug eine Gutschrift
feststellt, ist jedenfalls nicht zwingend. Die Klägerin hat überzeugend dargelegt, dass
der Wertstellungstag nicht von ihr bestimmt wird, sondern sich aus einem von ihrem
Rechenzentrum übernommenen Datensatz ergibt.
113 - Die Klägerin hat bei dem
begünstigenden Lastschrifteinzug
Tag der Einreichung durch den Kunden (Beklagte) bucht und automatisiert für den
Folgetag gutschreibt (BT+1), es sei denn, die Buchung erfolge nach einer bestimmten
Uhrzeit, dann könne erst für den darauf folgenden Tag gutgeschrieben werden (BT+2)
(Anlage K49/4 + K49/6). Daraus wird deutlich, dass die Beklagte keinen Anspruch auf
Gutschrift am Buchungstag hat, da an diesem Tag die Lastschriftanforderung bei der
belasteten Bank noch nicht vorliegt, so dass buchmäßig Deckung zufließen kann. Die
Beklagte geht ersichtlich davon aus, dass die Klägerin buche, wenn sie den
Zahlungseingang auf ihrem Konto wahrnehme. Die Darstellung der Klägerin
hinsichtlich der tatsächlichen Abläufe bei den Lastschrifteinziehungen hat die Beklagte
nicht bestritten.
114 - Hinsichtlich der Buchung von
Kontobelastungen
dargelegt, dass bei ihrem Konto bei der ...-Bank (oder einem Nostrokonto) eine
Belastung wertgestellt werden kann, bevor sie selbst den entsprechenden, von dem
Rechnungszentrum weitergeleiteten Datensatz buchen kann. Daher kann der
Buchungstag eine zeitlich frühere Wertstellung einer Belastung buchen.
115 (4) Die Buchungsabläufe bei der Klägerin sind unstreitig. Die Beklagte ist erstinstanzlich
auf diesen Vortrag nicht eingegangen. Sie hat vielmehr an ihrem – von der Klägerin
substantiiert widerlegten - Ausgangspunkt festgehalten, dass der Buchungstag einen
zwingenden Hinweis auf den tatsächlichen Wertstellungstag geben müsste (s. insbes.
zuletzt noch in der Berufungsinstanz, Bl. 954f, 1260 d.A.).
116 Diese Rechtsauffassung wird insbesondere nicht durch die in Bezug genommene
Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27. Juni 2002 - I ZR 86/00, bestätigt
durch BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 87/04) gestützt. Dem Fall lagen
Überweisungen eines Rentenversicherungsträgers an Versorgungsempfänger zu
Grunde. Der überweisende Rentenversicherungsträgers übermittelte der Bank schon
vor dem Zeitpunkt der Ausführung der Rentenzahlungen die Datenbänder mit
vorgegebenen Wertstellungsdaten. Die Bank spielte die Daten ein und wies auf den
Kontoauszügen bzw. bei den Kontostandsabfragen der Empfänger wegen des früheren
Buchungstages bereits Gutschriften aus, die wertstellungsmäßig noch nicht wirksam
waren. Der – unter Wettbewerbsgesichtspunkten – mit der Sache befasste I. Zivilsenat
hielt die Vorgehensweise für unlauter und vertrat den Standpunkt, dass die Bank in
solchen Fällen einen Hinweis erteilen müsse, dass die Kontostandsabfrage nur den
Buchungssaldo, nicht aber den für die Zinsberechnung maßgeblichen
Wertstellungssaldo anzeige.
117 Die Beklagte folgert zu Unrecht aus dieser Entscheidung, dass in Ermangelung anderer
Vereinbarungen oder Fallkonstellationen der Buchungstag im System sofort
umzusetzen sei (Bl. 956 d.A.). Ihre rechtliche Schlussfolgerung, die keine
Tatsachenbehauptung enthält, verkennt die Bedeutung der BGH-Entscheidung für die
Kontoführungen und Saldenanerkenntnisse. Auch der I. Zivilsenat geht davon aus, dass
die Kontoauszüge inhaltlich richtig sind (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007, I ZR 87/04,
Tz. 18). Er beanstandet lediglich die Irreführung durch die auf den Kontoauszügen
ausgewiesenen Buchungssalden, denen u.U. kein wertstellungsmäßig verfügbares
Guthaben zu Grunde liege, so dass der Kunde ungewollt sein Konto überziehen könne.
In solchen Fällen kann dem Kunden ein Schaden in Höhe einer ungewollten, aber
vermeidbaren Inanspruchnahme von Kredit entstehen. Im vorliegenden Fall geht es
hingegen nicht um irrtümliche (verfrühte) Kontoverfügungen auf Grund
missverständlicher Kontoauszüge, sondern um die inhaltliche Richtigkeit der
Wertstellungen. Diesbezüglich enthalten die Entscheidungen des I. Zivilsenats keine
Aussagen oder Vorgaben zur Verwendung von Wertstellungsdaten abweichend vom
tatsächlichen Zu- oder Abfluss der buchmäßigen Deckung bei der Bank.
118 Aus den vorgenannten Gründen lässt sich der Rechtsprechung des I. Zivilsenats nicht
entnehmen, die Saldoanerkenntnisse seien grob unrichtig und daher per se nicht
genehmigungsfähig. Der Bundesgerichtshof geht vielmehr von der objektiven
Richtigkeit der Kontoauszüge aus.
119 Die Auffassung der Beklagten, nicht erkennbare Vorgänge, wie die von der Klägerin
beschriebene Wertstellungspraxis, könnten nicht Gegenstand der Saldoanerkenntnisse
sein, trifft nicht zu. Der Kunde hat die Möglichkeit, sich die Wertstellungstage vor einer
Genehmigung bzw. während der sechswöchigen Prüfzeit erläutern zu lassen. Von
besonders krassen Fehlern, die die Genehmigungsfiktion zerstören könnten (so die
Beklagte, GA 211) kann keine Rede sein.
120 bb. Soweit die Beklagte konkret einzelne Wertstellungsfehler dargelegt hat, lassen sich
lediglich zwei fehlerhafte Buchungen feststellen, die insoweit ebenfalls die Kondiktion
der jeweils nachfolgenden Saldoanerkenntnisse rechtfertigen. Bei den übrigen
Wertstellungen (Zeilennummern entsprechend dem Privatgutachten ...) lassen sich
hingegen Fehler nicht feststellen:
121
Zeilen ..., ..., ...:
mit Wertstellung am 06.09.2000 zunächst mit einem zu niedrigen Betrag dem Konto der
Beklagten belastet habe, weil sie einen Euro-Betrag in DM gebucht hätte. Dies habe sie
durch Buchungen am 07.09.2000 korrigiert, (Gutschrift des zu niedrigen Betrages und
Belastung des richtigen DM-Betrages) wobei sie den ursprünglichen Wertstellungstag
nicht geändert hat. Das ist nicht zu beanstanden.
122
Zeile ... v. 29.07.2002:
über 1.558,96 EUR handelt es sich um die Retour einer am 24.07.2002 wertgestellten
Lastschrift (Zeile 397). Diese Wertstellung war fehlerhaft. Der stornierte Betrag hätte am
selben Tag wie der Abbuchungstag wieder gutgeschrieben werden müssen, weil bei
der Klägerin zu keinem Zeitpunkt die Deckung abgeflossen ist. Hierdurch wurde die
Beklagte 2 Tage zu Unrecht mit Überziehungszinsen aus dem Betrag belastet. Bei dem
abgerechneten Überziehungszinssatz von 14,75% p.a. war dies ein Betrag von 1,28
EUR.
123
Zeile ...:
10.05.2005 gebucht und am 11.05.2005 wertgestellt wurde. Die Klägerin hat
unbestritten vorgetragen, dass die Buchung am 10.05.2005 um 19:01 Uhr erfolgt sei,
weshalb die Wertstellung erst am nächsten Tag erfolgt sei (Bl. 159 d.A.). Dies ist nicht
zu beanstanden, weil die Bank nach ihrem unbestrittenen Vortrag sowohl beim
Überweisenden als auch bei der Beklagten die Wertstellung zum selben Tag
vorgenommen hat.
124
Zeile ...:
ein Wertstellungsfehler nicht abgeleitet werden. Sie kann durch eine entsprechende
Wertstellungsvorgabe des Einziehenden (hier: Allianz) bedingt sein. Insbesondere bei
Buchungen zum Monatsanfang, die häufig zu festen Terminen fällig werdende Beiträge
oder Raten betreffen, liegt ein Interesse des Zahlungsempfängers an pünktlicher und
zinswirksamer Gutschrift zu Grunde. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Bank die
Wertstellungen auch zu Nicht-Bankarbeitstagen vornimmt, wenn dies mit der im
Interbankenverkehr vorgenommenen Wertstellung übereinstimmt.
125
Zeile ...:
Gutschrift (LS-Einzug) über 8.296,97 EUR erteilt. Hierzu hat die Beklagte eine
Kontoauszugskopie des Zahlers vorgelegt, dessen Konto bereits mit Wertstellung am
01.03.2006 über diesen Betrag belastet wurde (Bl. 185/186 d.A.). Hier hat die Klägerin
die zutreffende Wertstellung im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast nicht
dargelegt, so dass von einer fehlerhaften Wertstellung auszugehen ist. Die
unberechtigte Zinsbelastung aus diesem Betrag für einen Tag beträgt bei dem von der
Klägerin abgerechneten Überziehungszinssatz von 16,60 % 3,83 EUR.
126
2. Kausaler Saldo zum 30.11.2006
127 Die Klägerin hat ihren Rückzahlungsanspruch aus der Kontoverbindung in Höhe der
Klageforderung 96.909,19 EUR nachgewiesen. Der Sollsaldo zum 30.11.2006 betrug
184.810,11 EUR zuzüglich nicht gebuchter Zinsansprüche.
128 a. Für die Berechnung des kausalen Saldos zum 30.11.2006, der Gegenstand des
Rückforderungsanspruchs der Klägerin ist, ist von dem letzten wirksamen
Saldoanerkenntnis vom 28.12.2001 auszugehen, da der Beklagten die Kondiktion der
Saldoanerkenntnisse vor dem 01.01.2002 wegen der eingetretenen Verwirkung nicht
möglich ist (s.o.).
129 b. Die auf dieses Saldoanerkenntnis folgenden Einzelbuchungen ab dem 01.01.2002
sind - mit Ausnahme der Zins- und Entgeltberechnungen - im Wesentlichen zwischen
den Parteien unstreitig. Die Buchungen wurden zwischen den Parteien mit Hilfe von
Excel-Dateien und Differenzlisten abgeglichen. Die betragsmäßigen Differenzen bei den
Buchungen der Klägerin zu den Rechnungsabschlüssen waren unerheblich. Soweit die
Klägerin bei der von ihr vorgelegten Buchungszusammenstellung Buchungen
hinsichtlich der Zinsen und Entgelte bzw. des Hauptbetrages und zugehöriger Entgelte
zusammengefasst hat, ergab sich in der Summe und bei der Wertstellung kein
Unterschied. Ebenso war die vom Privatgutachter ... gebuchte Wertstellung der Zinsen
und Entgelte auf den 31. eines Monats anstatt auf den 30. eines Monats, wie von der
Klägerin in den Kontoauszügen ausgewiesen, unerheblich. Unstreitig hat die Klägerin
die Zinsen nach der kaufmännischen 30/360-Zinsmethode berechnet, bei der die
Wertstellung am 31. eines Monats wie diejenige am 30. zu behandeln ist.
130 c. Die Neuberechnung des Kontos der Beklagten unter Berücksichtigung der fehlerhaften
Zinsanpassungen, Berechnung von Überziehungszinsen und Berechnung von
Arbeitsposten durch den Sachverständigen ergab zum 30.11.2006 einen Sollsaldo zu
Lasten der Beklagten in Höhe von 184.816,25 EUR, der unter Berücksichtigung von zwei
Wertstellungsfehlern nebst Zinseszinsen um 6,14 EUR auf 184.810,11 EUR zu
korrigieren ist.
131 aa. Der Sachverständige hat nachvollziehbar und fehlerfrei entsprechend der Vorgaben
des Senats den Sollsaldo zum 30.11.2006 von 184.816,25 EUR berechnet.
132 (1) Die von der Beklagten nicht geschuldeten Entgelte für Arbeitsposten hat der
Sachverständige entsprechend den Vorgaben des Senats aus den Buchungen entfernt.
133 (2) Hinsichtlich der Anpassungen der Zinsen für den vereinbarten Kontokorrentkredit
war die Berechnung danach zu differenzieren, welche Anpassungsklausel die Klägerin
gewählt hatte. Während der Laufzeit der Verträge vom 26.04.2001 (bis 09.01.2002) und
vom 27.08.2003 (Laufzeit vom 28.08.2003 bis 19.04.2005) waren die Zinsen -
ausgehend von dem zum 30.12.2001 festgestellten Saldo - täglich in Abhängigkeit des
Dreimonats-EURIBOR (Zeitreihe ST0316 der Deutschen Bundesbank) anzupassen.
134 Hinsichtlich der übrigen Kontokorrentkreditverträge hatte die Anpassung unter
Berücksichtigung der in der Zinsanpassungsklausel bereits vereinbarten konkreten
Anpassungsparameter (Monatsdurchschnitt des Dreimonats-EURIBOR = Zeitreihe
SU0316 der Deutschen Bundesbank, monatliche Überprüfung und
Anpassungsschwelle 0,25 Prozentpunkte) allerdings ohne Ermessen bei
Anpassungszeitpunkt und Anpassungshöhe zu erfolgen. Soweit die Klägerin von ihrem
Anpassungsrecht bei einem steigenden Referenzzinssatz keinen Gebrauch gemacht
hat, war als Obergrenze des neu zu berechnenden Zinssatzes der von der Klägerin
tatsächlich angesetzte und in den Kontoauszügen ausgewiesene Zinssatz anzusetzen.
135 Das bei der Zinsanpassung zu wahrende Äquivalenzverhältnis war dabei für jeden
Kontokorrentkreditvertrag neu zu bestimmen, auch wenn mit diesen hinsichtlich des
Kreditrahmens lediglich eine Verlängerung vereinbart wurde. Entscheidend ist, dass die
Parteien in den jeweils neuen Kreditvereinbarungen die Leistungspflichten frei neu
vereinbart haben. Der jeweils befristete Kontokorrentkredit lief aus und hätte von der
Beklagten abgelöst werden können. Die Vereinbarungen zu Zinssatzhöhe,
Kreditrahmen und Laufzeit wurden zweiseitig getroffen und waren somit nicht Ausfluss
einer einseitigen Leistungsbestimmung der Klägerin. Bei dieser Gelegenheit war es der
Beklagten insbesondere möglich, die Angemessenheit und Marktüblichkeit der
angebotenen Zinssätze zu überprüfen. Dass die Beklagte möglicherweise wirtschaftlich
von der Klägerin abhängig war, ändert nichts an dem Umstand, dass die Vereinbarung
der Vertragsfreiheit unterfällt. Ohne gesetzliche Bindung war die Klägerin daher nicht
verpflichtet, nur Konditionen anzubieten, die das Äquivalenzverhältnis aus einem
früheren Kreditvertrag wahrten. Insbesondere kann ein Kreditinstitut bei der
Entscheidung über die Fortführung eines befristeten Kontokorrentkredits der
Verschlechterung der Bonität des Kunden durch einen höheren Risikozuschlag beim
Zinssatz Rechnung tragen. Zudem wurden im vorliegenden Fall die Kontokorrentkredite
nicht nur verlängert, sondern es wurden, mit Ausnahme des Vertrages vom 19.04.2005,
die Kreditrahmen verändert.
136 Zu Unrecht beanstandet die Beklagte, der Sachverständige habe von der Klägerin
berechnete niedrigere Zinssätze nicht berücksichtigt. Die Behauptung der Beklagten im
Schriftsatz vom 25.10.2012, die Klägerin habe z.B. im dritten Quartal 2009 niedrigere
Zinssätze von 7,925% bzw. 7,927% angesetzt, verweist lediglich auf eigene - nicht
nachvollziehbare - Berechnungen. Die Klägerin hat hingegen im Rechnungsabschluss
zum 30.09.2002 unstreitig den vertraglich vereinbarten Zinssatz von 10,75% angesetzt.
Dies geht auch aus dem Kontoauszug vom 01.10.2002 (KA Nr. 159) hervor. Eine
förmliche Zinssatzänderung hat die Beklagte nicht behauptet.
137 (3) Der Sachverständige hat entsprechend der Vorgabe des Senats für die geduldeten
Überziehungen den Zinssatz für den vereinbarten Kontokorrentkredit angesetzt ohne
Anpassung an einen Referenzzinssatz, da weder ein konkreter höherer Zinssatz noch
ein Zinsanpassungsrecht vereinbart worden war.
138 (4) Der Sachverständige hat die ihm auch in elektronischer Form zur Verfügung
gestellten Buchungsdatensätze, die zwischen den Parteien bis zum Datum vom
25.07.2006 abgeglichen waren, um die ebenfalls in elektronischer Form gelieferten
restlichen Buchungen der Klägerin bis zum 30.11.2006 ergänzt. Dabei hat er - von den
beiden Parteien hingenommen - eine unzulässige Gebühr für eine Sperrmeldung nicht
berücksichtigt, sowie fehlerhafte Wertstellungen bei der nicht wertstellungsneutralen
Buchung von Rücklastschriften korrigiert (vgl. Gutachten S. 14, Anlage S1, GA 1431ff.).
139 Zwar war es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht Aufgabe des
Sachverständigen, die Buchungen einer rechtlichen oder tatsächlichen Würdigung zu
unterziehen. Im Rahmen des Zivilprozesses obliegt die Beibringung des Sachverhalts
den Parteien. Die Beanstandung von fehlerhaften Buchungen bedarf, wenn nicht
systematische Fehler wie bei der Zinsberechnung vorliegen, der Darstellung der
tatsächlichen Grundlagen jeder einzelnen Buchung. Hierfür genügt nicht der pauschale
Verweis auf ein Privatgutachten, das in ebenso pauschaler Weise die Buchungen allein
anhand einer Abweichung von Buchungs- und Wertstellungstag beurteilt oder
schematisch Entgelte auflistet und diese für „möglicherweise“ unberechtigt hält. Die
Parteien haben sich jedoch die vom Sachverständigen im Zuge der Nacherfassung
aufgedeckten tatsächlichen Umstände übereinstimmend zu Eigen gemacht, so dass sie
zur Entscheidungsgrundlage gemacht werden konnten. Die vom Sachverständigen
vorgenommenen Korrekturen waren für die Beklagte günstig.
140 bb. Zwar hat der Sachverständige mangels Vorgabe durch den Senat nicht die beiden
Wertstellungsfehler (Zeile 404 und Zeile 2290) mit einer dadurch verursachten zu hohen
Zinsbelastung beim jeweils folgenden Rechnungsabschluss von 1,28 EUR und 3,83
EUR (=5,11 EUR) berücksichtigt. Dies ist jedoch unerheblich. Unter Berücksichtigung
der wechselnden von der Klägerin berechneten Zinssätze sowie der nicht
durchgehenden Inanspruchnahme von geduldeten Überziehungen oder des
Kontokorrentkredits erhöht sich der Zinsvorteil der Klägerin von 5,11 EUR (s.o.) nach der
eigenen Berechnung des Senats durch die quartalsweise gebuchten Zinseszinsen auf
6,14 EUR. Daraus ergibt sich zum 30.11.2006 ein Sollsaldo von 184.810,11 EUR.
141
3. Fälligkeit des Anspruchs
142 Der eingeklagte Rückzahlungsanspruch war hinsichtlich der geduldeten Überziehung
(a.) bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung fällig und ist es hinsichtlich des Anspruchs
aus dem Kontokorrentkredit (b.) während des Laufs des Rechtsstreits geworden.
143 a. Der Anspruch auf Rückzahlung der geduldeten Überziehung war bereits zum
Zeitpunkt der Klageerhebung fällig. Gem. § 488 Abs. 3 BGB hängt die Fälligkeit des
unbefristeten Darlehens von der Kündigung ab. Die dreimonatige Kündigungsfrist kann
durch Vertrag abbedungen werden (Weidenkaff in: Palandt, a.a.O., § 488 Rn. 24).
144 Nach den Allgemeinen Kreditbedingungen waren Überziehungen der vereinbarten
Kontokorrentkreditlinie sofort zurückzuführen. Danach konnte die Rückzahlung ohne
Kündigungsfrist, also jederzeit, verlangt werden. Die Klägerin hat mit Schreiben vom
03.07.2006 unter Fristsetzung zum 15.07.2006 die Rückführung der Überziehung von
51.522,99 EUR verlangt. Dieses Schreiben ist als fristlose Kündigung auszulegen.
Hinsichtlich der weiteren Überziehungen nach dem 03.07.2006 kann offen bleiben, ob
sie als geduldete Überziehungen einen Darlehens-Charakter haben oder als
pflichtwidrige Kontoüberziehungen auch ohne Kündigung zurückzuführen waren. In
jedem Fall ist spätestens in der Klageerhebung eine berechtigte fristlose Kündigung zu
sehen, die den Rückzahlungsanspruch fällig stellt.
145 Allerdings bestand nach den Berechnungen des Sachverständigen zum 30.11.2006 nicht
die eingeklagte Überziehung der Kontokorrentkreditlinie (100.000 EUR) in Höhe der
eingeklagten 96.909,19 EUR, sondern lediglich in Höhe von 84.810,11 EUR.
146 b. Die Klage ist jedoch auch im Übrigen begründet, weil die Klägerin sich hilfsweise auf
einen Rückzahlungsanspruch aus dem im Laufe des Berufungsverfahrens gekündigten
Kontokorrentkredit gestützt hat.
147 aa. Die Klägerin konnte den Anspruch aus dem Kontokorrentkredit noch in der
Berufungsinstanz zum Gegenstand des Rechtsstreits machen.
148 (1) Zwar stellt die Einführung eines weiteren Streitgegenstands zur hilfsweisen
Begründung eines Zahlungsantrages eine Klageänderung i.S.v. §§ 533, 263 ZPO dar,
die die Klägerin nur im Wege der Anschlussberufung gem. § 524 ZPO geltend machen
kann. Die Anschließung hat gem. § 524 Abs. 2 ZPO innerhalb der
Berufungserwiderungsfrist zu erfolgen. Für die Einlegung ist nicht die ausdrückliche
Erklärung erforderlich, es werde Anschlussberufung. Vielmehr genügt jede Erklärung,
die sich ihrem Sinn nach als Begehren auf Abänderung des Urteils erster Instanz
darstellt. Der Anschluss an das Rechtsmittel der Gegenseite kann daher auch
konkludent in der Weise erfolgen, dass der Kläger sein im Übrigen unverändertes
Klagebegehren auf einen weiteren Klagegrund stützt (BGH, Urteil vom 09. Juni 2011 – I
ZR 41/10).
149 (2) Die hilfsweise geltend gemachte Kontokorrentkredit-Forderung war als
sachdienliche Klageänderung i.S.v. §§ 533, 263 ZPO zuzulassen. Die maßgeblichen
Tatsachen, insbesondere die streitigen Zinsanpassungen und Buchungen waren
bereits Gegenstand der ersten Instanz. Zur Berechnung der Höhe der geduldeten
Überziehung war die vollständige Neuberechnung des Kontos einschließlich
derjenigen Buchungen erforderlich, die lediglich den Rahmen des Kontokorrentkredits
ausfüllten.
150 (3) Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 den
Kontokorrentkredit der Beklagten gekündigt und sich ausdrücklich hilfsweise auf diesen
Anspruch sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch im danach der Beklagten
zugestellten Schriftsatz vom 23.04.2012 (GA 1065) gestützt und in der mündlichen
Verhandlung vom 30.04.2014 ihren Zurückweisungsantrag wiederholt. Darin liegt eine
konkludent erklärte Anschlussberufung i.S.v. § 524 ZPO. Diese war nicht verfristet, weil
der Klägerin keine Berufungserwiderungsfrist gesetzt worden war.
151 bb. Der Kontokorrentkredit vom 19.04.2005 wurde bis auf weiteres gewährt und konnte
daher gem. Ziff. 3.1.2.1 der Allgemeinen Kreditbedingungen ebenfalls ohne Einhaltung
einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Dies hat die Klägerin in der mündlichen
Verhandlung vom 30.11.2011 getan. Dadurch ist der gesamte kausale Sollsaldo fällig
geworden und konnte zur Auffüllung der Klageforderung angeführt werden.
152
4. Keine Einreden der Beklagten
153 Dem Anspruch der Klägerin steht weder die Einrede der Verjährung noch die der
ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 821 BGB entgegen.
154 a. Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Dies folgt bereits daraus, dass die
Beklagte sämtliche Forderungen der Klägerin dadurch zurückgeführt hat, dass sie das
Konto Ende 2005 im Haben geführt hat. Die Klageforderung resultiert daher aus
Belastungsbuchungen aus dem Jahr 2006, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung am
25.01.2007 nicht verjährt waren.
155 Im Übrigen sind die Ansprüche aus den kausalen Salden noch nicht verjährt. Die
Giroverträge enthalten regelmäßig eine antizipierte Verrechnungsabrede mit der Folge,
dass zum Abschluss der jeweiligen Rechnungsperioden die berechtigt ins Kontokorrent
eingestellten Einzelforderungen der Parteien automatisch saldiert werden (BGH, Urteil
vom 18. April 1989 – XI ZR 133/88, BGHZ 107, 192-200; Urteil vom 04. Mai 1979 – I ZR
127/77, BGHZ 74, 253-258). Dieser kausale Saldo kann allerdings im fortgesetzten
Kontokorrent nicht selbständig geltend gemacht werden, soweit er gleichzeitig
Gegenstand eines Saldoanerkenntnisses ist. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs führen die Saldoanerkenntnisse zu einer Novation des
Schuldverhältnisses. Die kontokorrentfähigen beiderseitigen Ansprüche und Leistungen
gehen unter und es bleibt nur der Saldo übrig (BGH, Urteil vom 06. Juni 2000 – XI ZR
258/99 – Rn. 28, BGHZ 144, 349-356; Mayen in: S/B/L, a.a.O., § 47 Rn. 91ff.). Allein die
Kondizierbarkeit eines Schuldanerkenntnisses macht dieses noch nicht unwirksam. Die
kontokorrentgebundenen Ansprüche werden erst nach der (berechtigten)
Geltendmachung der Kondiktion wieder selbständig einklagbar, so dass erst ab diesem
Zeitpunkt deren Verjährung beginnt.
156 Die Klage auf Rückzahlung des letzten anerkannten Saldos nebst der danach
eingestellten Einzelforderungen umfasst gleichzeitig die Geltendmachung des kausalen
Saldos für den Fall der erfolgreichen Kondiktion einer oder mehrerer zu Grunde liegender
Saldoanerkenntnisse. Daher hat die Klageerhebung die Verjährung der Ansprüche der
Klägerin rechtzeitig gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
157 b. Die Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin aus dem Saldoanerkenntnis vom
28.12.2001 nicht dessen Rechtsgrundlosigkeit als Einrede gem. § 821 BGB gegen die
damit anerkannte Verbindlichkeit entgegenhalten. Zwar kann derjenige, der ohne
rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit, beispielsweise durch Abgabe eines abstrakten
Schuldanerkenntnisses, eingegangen ist, deren Erfüllung auch dann verweigern, wenn
der Anspruch auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit bereits verjährt ist. Diese Einrede
schützt jedoch nur vor der Verjährung, nicht jedoch vor anderen Einwendungen, die der
Gläubiger der rechtsgrundlosen Verbindlichkeit dem Bereicherungsanspruch entgegen
setzen kann (Schwab in: Münchener Kommentar, a.a.O., § 821 Rn. 8).
158 So liegt der Fall hier. Die Klägerin kann dem Anspruch der Beklagten auf Herausgabe
der wegen fehlerhafter Zinsberechnungen rechtsgrundlos erteilten Saldoanerkenntnisse
den Einwand der Verwirkung entgegenhalten. Der Beklagten werden ihre Ansprüche
wegen deren illoyal verspäteter Geltendmachung versagt. Hätte sie rechtzeitig ihre
Ansprüche geltend gemacht, wäre die Klägerin in der Lage gewesen, dem Rechnung zu
tragen und mit der Beklagten eindeutige Vereinbarungen zu treffen, die ein
Aufsummieren von Ansprüchen in dem gerade auf schnelle Klärung der wechselseitigen
Beziehungen ausgerichteten Kontokorrent vermieden hätten.
159
5. Zinsanspruch
160 Der Anspruch auf Verzugszinsen folgt auf Grund der befristeten Mahnung ab dem
16.07.2006 aus §§ 286, 288 BGB. Hinsichtlich des zu verzinsenden Betrages war die
Klage teilweise abzuweisen. Zum Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung vom 03.07.2006
zur Rückführung der geduldeten Überziehung betrug diese ausweislich der
Neuberechnung durch den Sachverständigen (GA 1504) lediglich 35.482,62 EUR.
Dieser Betrag ist um die Zinsnachteile durch die zwei nicht berücksichtigten fehlerhaften
Wertstellungen (5,11 EUR) sowie die darauf vom Senat ausgerechneten Zinseszinsen
bis zum 03.07.2006 (0,78 EUR) zu reduzieren. Die Beklagte befand sich zum Zeitpunkt
des Verzugseintritts daher mit 35.476,73 EUR im Rückstand.
161 Zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit am 25.01.2007 war sodann die restliche
geduldete Überziehung mit dem Sollsaldo zum 30.11.2006 fällig und gem. §§ 291, 288
BGB zu verzinsen. Ausgehend vom Sollsaldo von 184.816,25 EUR und abzüglich der
o.g. Wertstellungsfehler (5,11 EUR) nebst Zinseszinsen, die sich bis zu diesem Datum
auf 1,04 EUR erhöht haben, war somit ein Sollsaldo in Höhe von 184.810,11 EUR fällig.
Abzüglich des ungekündigten Kontokorrentkreditrahmens in Höhe von 100.000 EUR
sowie der bereits fällig gestellten Überziehung in Höhe von 35.476,73 EUR waren somit
zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit weitere 49.333,38 EUR fällig.
162 Soweit die Klage teilweise in Höhe restlicher 12.099,08 EUR auf Grund des am
30.11.2011 gekündigten Kontokorrentkredits begründet ist, schuldet die Beklagte daraus
Verzugszinsen ab dem 15.12.2011. Ihr in der mündlichen Verhandlung übergebenes
Kündigungsschreiben enthielt eine befristete Mahnung zum 14.12.2011.
163 Der Zinssatz wurde antragsgemäß zugesprochen und ist von § 288 BGB gedeckt.
164
B. Widerklage
165 1. Aus den vorgenannten Gründen erweist sich die Widerklage auf Zahlung eines
vermeintlichen Habensaldos als unbegründet. Ein solcher lässt sich zu Gunsten der
Beklagten nicht feststellen.
166 2. Die Berufung ist hinsichtlich des Anspruchs auf Überlassung von Kontoauszügen für
die Zeit vom Beginn der Geschäftsbeziehung bis Dezember 1988 unzulässig. Gem. §
520 Abs. 1, 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufung begründet werden und Umstände
bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit ergibt.
Werden im Rahmen einer Berufung mehrere Ansprüche verfolgt, ist eine Begründung für
jeden einzelnen nötig (BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 – I ZR 121/03; Heßler in: Zöller,
ZPO, 30. Aufl., § 520 Rn. 37).
167 Das Landgericht hat den Widerklageantrag auf Überlassung von Kontoabrechnungen
vom Beginn der jeweiligen Geschäftsbeziehung bis Dezember 1988 abgewiesen, weil
die Beklagten nicht bereit seien, hierfür die Kosten zu übernehmen. Die Berufung
wiederholt zwar den Widerklageantrag, greift aber insoweit das Urteil inhaltlich nicht an,
so dass es an einer Berufungsbegründung fehlt. Hierauf wurde die Beklagte in der
mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 hingewiesen.
168 Im Übrigen hat das Landgericht den Anspruch mit der gegebenen Begründung sowie
wegen der Verwirkung des Kondiktionsanspruchs zu Recht abgewiesen.
169
C. Hilfswiderklage
170 Die Hilfswiderklage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf vollständige
Neuberechnung des Kontos, da seine Kondiktionsansprüche hinsichtlich der
Saldoanerkenntnisse vor dem 01.01.2002 verwirkt sind. Für die Zeit danach liegt durch
das Gutachten des Sachverständigen ... eine ordnungsgemäße Neuberechnung vor, so
dass auch insoweit keine Nebenpflicht der Klägerin besteht, diese wiederholend
nachzuvollziehen.
171
D. Nebenentscheidungen
172 Die Kostenentscheidung folgt, auch bezüglich der ersten Instanz, aus § 92 Abs. 2 ZPO.
Soweit das Urteil des Landgerichts in dem gesonderten Verfahren 9 U 142/13 von den
früheren Beklagten zu 2 und 3 angegriffen wird, bleibt eine Überprüfung der
erstinstanzlichen Kostenentscheidung hinsichtlich dieser Rechtsverhältnisse der dortigen
Entscheidung vorbehalten.
173 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO. Beim Streitwert war gem. § 45 Abs. 1 S. 2 GKG zu berücksichtigen, dass die
Klägerin ihre Forderung hilfsweise auf den erst im Lauf des Rechtsstreits gekündigten
Kontokorrentkredit gestützt und hiervon 12.099,08 EUR zur Begründung der
Klageforderung benötigt hat. Das Teilunterliegen der Klägerin war erstinstanzlich
geringfügig und hat keine besonderen Kosten ausgelöst. In der Berufungsinstanz ist mit
der Streitwerterhöhung zwar eine Gebührenerhöhung einhergegangen. Die damit
verbundenen Mehrkosten sind jedoch verhältnismäßig geringfügig.
174 Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.
Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des
Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.
Insbesondere bestand keine entscheidungserhebliche Divergenz zu den
Entscheidungen der OLG Düsseldorf, OLG Nürnberg und OLG München hinsichtlich
einer etwaigen Verjährung der Kondiktionsansprüche gem. § 197 BGB a.F., da der Senat
von einer Verwirkung ausgegangen ist und die Klägerin mit dem gewählten
Berechnungszeitraum einverstanden war, während der Beklagten hieraus kein Nachteil
entstanden ist.
175 Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 14.05.2014 gab keinen Anlass
zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.