Urteil des OLG Stuttgart vom 03.12.2013

OLG Stuttgart: überzeugung, gewinnerzielungsabsicht, marihuana, beschränkung, strafzumessung, betrug, diebstahl, wahrscheinlichkeit, verdacht, durchschnitt

OLG Stuttgart Beschluß vom 3.12.2013, 1 Ss 701/13
Leitsätze
Tatrichterliche Feststellungen zu dem in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG beschriebenen
Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit bilden doppelrelevante Umstände jedenfalls dann, wenn
dem Schuldspruch die Begehungsform des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
zugrundeliegt.
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 12.
August 2013 mit den Feststellungen
aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafabteilung des Amtsgerichts Waiblingen
zurückverwiesen.
Gründe
I.
1
Das Amtsgericht hat den Angeklagten am 12. August 2013 wegen unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt,
deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und die Tat des Angeklagten
rechtlich als gewerbsmäßiges unerlaubtes Handeltreiben nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
BtMG gewertet.
2
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte verkaufte an einem nicht feststellbaren Tag zwischen dem 17. Januar
2012 und dem 21. Januar 2012 in W. dem H. 50 Gramm Marihuana durchschnittlicher
Qualität (Wirkstoffgehalt an THC mind. 5%) gewinnbringend zum Preis von insgesamt
380,- Euro. Der Angeklagte bot auch in der Folgezeit H. den Verkauf von Marihuana an,
wozu es jedoch nicht mehr kam, da H. keinen Bedarf hatte. Der Angeklagte handelte in
der Absicht, sich durch den gewinnbringenden Verkauf von Betäubungsmitteln eine
Einnahmequelle von einem erheblichen Umfang zu erschließen.
4
Im Rahmen der Strafzumessung ist das Amtsgericht von dem Strafrahmen des § 29 Abs. 3
Satz 1 BtMG ausgegangen und hat das Regelbeispiel des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG
als erfüllt angesehen.
5
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte fristgerecht Rechtsmittel eingelegt. Nach
Zustellung des Urteils hat er innerhalb der Frist zur Begründung der Revision das
Rechtsmittel als Sprungrevision bezeichnet und „auf den Rechtsfolgenausspruch
hinsichtlich der seitens der Verteidigung bestrittenen Frage der Gewerbsmäßigkeit des
Handeltreibens“ beschränkt. Der Angeklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts; er
wendet sich insbesondere dagegen, dass im angefochtenen Urteil keine näheren
Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens getroffen worden seien. Die
Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet zu verwerfen.
II.
6
Die nach § 335 Abs. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Revision des
Angeklagten ist begründet (§ 349 Abs. 4 StPO).
1.
7
Das angefochtene Urteil unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch den Senat.
8
Zwar könnten die vom Amtsgericht unter II. getroffenen knappen Feststellungen im Falle
einer Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch eine noch
ausreichende tatsächliche Grundlage für die rechtliche Prüfung des
Rechtsfolgenausspruchs - auch soweit es um die Gewerbsmäßigkeit des Handelns geht -
bilden. Die Feststellungen sind nicht in einem solchen Umfang dürftig, unvollständig,
unklar oder widersprüchlich, dass sie keine hinreichende Grundlage für eine
entsprechende Prüfung bilden könnten (vgl. BGHSt 33, 59; Meyer-Goßner, StPO, 56.
Aufl., § 318 Rn. 16).
9
Allerdings hat der Angeklagte seine Revision nicht vorbehaltlos auf den
Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Ausweislich der Revisionsbegründung will er sein
Rechtsmittel auf den „Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der […] Frage der
Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens“ beschränken. Er wendet sich damit auch gegen
die Feststellungen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen ergibt, unter
denen nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG (Gewerbsmäßigkeit) in der Regel ein
besonders schwerer Fall des Handeltreibens gegeben ist. Diese Beschränkung wäre
unwirksam, wenn es sich um doppelrelevante Umstände handelt. Denn eine
Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch kann nicht wirksam vorgenommen
werden, wenn Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander verknüpft sind, dass ein
die Strafbarkeit erhöhender oder mindernder Umstand einen untrennbaren Teil der
Schuldfrage - einen sog. doppelrelevanten Umstand - bildet und sich der Anfechtende bei
verständiger Würdigung seines Rechtsmittelbegehrens (auch) dagegen wendet, dass in
dem angefochtenen Urteil eine solcher Umstand angenommen oder nicht angenommen
wurde (BGHSt 29, 359, 366).
10 Ob es sich bei dem Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit um einen doppelrelevanten
Umstand i. S. der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 29, 359) handelt, wird in der
obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt:
11 Nach Ansicht des OLG Celle (Beschluss vom 31. Januar 2001 - 32 Ss 103/00 -, juris Rn.
10), dem das OLG Karlsruhe (NStZ-RR 2004, 271, 272) gefolgt ist, und des
Kammergerichts (Beschluss vom 4. April 2012 - 1 Ss 377/11 -, juris Rn. 3) handelt es sich
bei den Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit - in den Entscheidungen ging es um
Diebstahl (§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB) bzw. Betrug (§§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz
2 Nr. 1 Alt. 1 StGB) - um doppelrelevante Umstände. Dies wird damit begründet, dass die
Feststellungen Ziele und Beweggründe des Täters umschreiben und bereits deshalb in
der Regel nicht nur den Strafausspruch, sondern auch den Schuldspruch berühren.
12 Nach der Gegenposition, die vom OLG Düsseldorf (OLGSt § 318 StPO Nr. 8), vom OLG
Köln (NStZ-RR 2003, 298, 299) und dem OLG Brandenburg (Beschluss vom 16. März
2009 - 1 Ss 6/09 -, juris Rn. 16) vertreten wird und der sich auch ein Teil des Schrifttums
(Meyer-Goßner, a.a.O., § 318 Rn. 14) angeschlossen hat, kommt der Gewerbsmäßigkeit
(OLG Düsseldorf: Diebstahl; OLG Köln und OLG Brandenburg: jeweils Betrug) kein
doppelrelevanter Charakter zu. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit beschreibe keine
äußere Modalität, die so beschaffen sei, dass durch ihre Verwirklichung das
tatbestandsmäßige Handeln in Gang gesetzt oder in seiner konkreten Ausprägung
bestimmt werde. Durch das Merkmal „gewerbsmäßig“ würden vielmehr außerhalb des
vom objektiven und subjektiven Tatbestand umrissenen Bereichs der Schuldfrage
liegende Verhältnisse beschrieben, die ausschließlich die Straffrage beträfen (OLG
Düsseldorf aaO). Das OLG Köln verweist darauf, dass die Gewerbsmäßigkeit durch ein
subjektives Moment außerhalb des Tatbestands, nämlich die Absicht der Verschaffung
einer dauerhaften Einnahmequelle durch wiederholte Tatbegehung, begründet werde, so
dass entsprechende Feststellungen keine auch den Schuldspruch tragenden
doppelrelevanten Tatsachen darstellten (OLG Köln a.a.O.).
13 Nach Auffassung des Senats hängt die Beantwortung der Frage, inwieweit der
Gewerbsmäßigkeit des Handelns doppelrelevanter Charakter zukommt, entscheidend
von dem jeweiligen Grundtatbestand ab. Jedenfalls in dem hier zu beurteilenden Fall des
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) bilden
die Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit i.S. des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG
doppelrelevante Umstände, die den Schuldspruch des unerlaubten Handeltreibens i.S.
der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 29, 359, 368 f.) „tragen“, indem sie der
Tatausführung - nämlich der eigennützigen, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln
gerichteten Tätigkeit - das entscheidende Gepräge geben und damit Grundlage auch des
Schuldspruchs sind. Gewerbsmäßig handelt, wer sich eine fortlaufende Einnahmequelle
von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (vgl. nur BGHR BtMG § 29 Abs. 3
Nr. 1 Gewerbsmäßig 5 m.w.N.). Die Feststellung, dass der Täter beabsichtigte, sich aus
der wiederholten Tatbegehung eine entsprechende Einnahmequelle zu verschaffen,
beinhaltet denknotwendig, dass der Täter auch bei der verfahrensgegenständlichen Tat
mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat. Die Gewinnerzielungsabsicht ist zugleich
eine tatbestandliche Voraussetzung der Begehungsform „Handeltreiben“; denn
„Handeltreiben“ mit Betäubungsmitteln setzt voraus, dass der Angeklagte eigennützig
handelt, was nur bei einem Täter zu bejahen ist, dem es auf seinen persönlichen Vorteil,
insbesondere die Erzielung von Gewinn ankommt (BGHSt 28, 308, 309; Weber, BtMG, 4.
Aufl., § 29 Rn. 303 m.w.N.). Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den
Fallgestaltungen, in denen - wie etwa bei Diebstahl, Betrug, Urkundenfälschung oder
Geldwäsche - das Gesetz für gewerbsmäßiges Handeln einen besonders schweren Fall
vorsieht (§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB; §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1
StGB; §§ 267 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB; §§ 261 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Alt. 1
StGB), eine Eigennützigkeit oder Gewinnerzielungsabsicht aber keine zwingende
Voraussetzung des Grundtatbestands ist.
14 Die Feststellung, dass sich der Angeklagte durch den Verkauf von Betäubungsmitteln
eine Einnahmequelle von einigem Umfang erschließen wollte, kennzeichnet daher nicht
nur das maßgebliche Motiv des Angeklagten als Teil des den Schuldspruch
begründenden Tathergangs - was teilweise für die Annahme der Doppelrelevanz bereits
für ausreichend gehalten wird (vgl. BayObLG, NStZ-RR 2003, 209, 210) -, sondern deckt
sich unter dem Gesichtspunkt der Gewinnerzielungsabsicht mit den tatbestandlichen
Voraussetzungen des Handeltreibens und steht daher mit dem Schuldspruch in einem
unlösbaren Zusammenhang.
15 Die Beschränkung der Revision des Angeklagten ist daher unzulässig; das Rechtsmittel
ist als in vollem Umfang eingelegt zu behandeln (LR-Franke, 26. Aufl., § 344 Rn. 67), es
ergreift damit auch den Schuldspruch.
2.
16 Das Urteil hält der auf die Sachrüge gebotenen rechtlichen Überprüfung der
vorgenommenen Beweiswürdigung zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht stand.
a)
17 Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung
vom tatsächlichen Geschehensablauf zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem
Tatrichter. Demnach hat das Revisionsgericht die subjektive Überzeugung des Tatrichters
von dem Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts grundsätzlich hinzunehmen (LR-
Sander, 26. Aufl., § 261 Rn. 177 m.w.N). Ebenso ist es ihm verwehrt, seine eigene
Überzeugung an die Stelle der tatgerichtlichen Überzeugung zu setzen. Allerdings kann
und muss vom Revisionsgericht überprüft werden, ob die Überzeugung des Tatrichters in
den getroffenen Feststellungen und der ihnen zugrunde liegenden Beweiswürdigung eine
ausreichende objektive Grundlage findet. Die entsprechenden Grundlagen müssen den
Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der
Wirklichkeit übereinstimmt. Deshalb müssen die Urteilsgründe des Tatgerichts erkennen
lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren
Tatsachengrundlage beruht und die vom Tatrichter gezogene Schlussfolgerung nicht
etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr
als einen Verdacht zu begründen vermag (BGH, StV 2002, 235 m.w.N.; NJW 2003, 2179).
b)
18 Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Amtsgerichts im Hinblick auf die für
das Vorliegen der Voraussetzungen des Handeltreibens und die für das Vorliegen der
Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens erforderlichen Feststellungen nicht gerecht. Die
Annahme des Amtsgerichts, der Angeklagte habe zum einen die 50 Gramm Marihuana
gewinnbringend verkauft und zum anderen sich durch den gewinnbringenden Verkauf
von Betäubungsmitteln eine Einnahmequelle von einem erheblichem Umfang
erschließen wollen, beruht angesichts der festgestellten Umstände nicht auf einer
tragfähigen Tatsachengrundlage.
19 Einen gewichtigen Umstand für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht stellen die
Preise dar, zu denen der Angeklagte das Marihuana eingekauft und verkauft hat (vgl. OLG
Hamm, Beschluss vom 16. September 2002 - 2 Ss 769/02 -, juris Rn. 20). Das Urteil teilt
hinsichtlich des Einkaufspreises, zu dem die verkauften 50 Gramm Marihuana vom
Angeklagten beschafft worden waren, nichts mit. Dem Urteil lassen sich auch sonst keine
hinreichend tragfähigen Umstände entnehmen, die allein oder bei einer Gesamtschau als
objektive Grundlage den Schluss auf den für Handeltreiben erforderlichen Eigennutz des
Angeklagten sowie die Absicht, sich durch den gewinnbringenden Verkauf von
Betäubungsmitteln eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu
verschaffen, zulassen könnten. Als solche Umstände kommen insbesondere in Betracht:
die Begleitumstände bei Anbahnung und konkreter Abwicklung des
verfahrensgegenständlichen Verkaufsvorgangs sowie Art, Häufigkeit und Inhalt der
erwähnten weiteren Kontaktaufnahme(n) und Verkaufsbemühungen des Angeklagten in
der Folgezeit (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 28. Februar 2013 - 2 RVs 2/13 -, juris
Rn. 8 f.); von Relevanz können bei der Gesamtwürdigung nicht zuletzt auch etwaige
schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Angeklagten im Tatzeitraum sein (vgl. auch
BGH, NStZ-RR 2008, 212; Beschluss vom 22. August 2013 - 1 StR 378/13 -, juris Rn. 8).
Wenn in Anbetracht von Abgabemengen und Tatfrequenz von einem nur geringen
Gewinn auszugehen ist, ist die Annahme von Gewerbsmäßigkeit i.S. des § 29 Abs. 3 Satz
2 Nr. 1 BtMG zwar nicht ausgeschlossen, weil sich diese auf die Erzielung bloßer
Nebeneinnahmen beziehen kann; in einem solchen Fall bedarf die Annahme der
Gewerbsmäßigkeit allerdings einer eingehenden Begründung (BGH, NStZ-RR 2008, 212;
NStZ-RR 2012, 279).
3.
20 Aufgrund der Darlegungsmängel in der Beweiswürdigung konnte das angefochtene Urteil
aufgrund der Sachrüge keinen Bestand haben. Das angefochtene Urteil war daher nach §
349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufzuheben und gemäß § 354 Abs. 2 StPO an
eine andere Strafabteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.
III.
21 Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den BGH nach § 121 Abs. 2 GVG liegen nicht
vor, weil der Senat mit seiner Entscheidung nicht von der Entscheidung eines anderen
Oberlandesgerichts abweicht. Soweit ersichtlich liegt bislang keine Entscheidung eines
Oberlandesgerichts zur Frage vor, ob den Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit des
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Doppelrelevanz zukommt. Die in der
obergerichtlichen Rechtsprechung bislang vertretenen Auffassungen zur Doppelrelevanz
des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit befassen sich nur mit den Konstellationen des
Diebstahls und des Betrugs. Wie oben unter II. 1. dargestellt beruht die rechtliche
Begründung dafür, dass die Feststellungen hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit des
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln doppelrelevant sind, auf den spezifischen
Tatbestandsvoraussetzungen des Handeltreibens i.S. von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG.
Da nach den Ausführungen des BGH in der Entscheidung vom 21. Oktober 1980 (BGHSt
29, 359, 369) nur aufgrund der besonderen Lage des Einzelfalls gesagt werden kann,
welche erstinstanzlichen Feststellungen doppelrelevant sind, wird mit der vorliegenden
Entscheidung weder eine bestimmte Gesetzesbestimmung anders als durch ein anderes
Oberlandesgericht ausgelegt noch ein Rechtsgrundsatz, der in gleicher Weise in
mehreren Gesetzesbestimmungen enthalten ist, anders als von einem anderen
Oberlandesgericht aufgefasst (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 121 GVG Rn. 8).
IV.
22 Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
23 Zur rechtlichen Bezeichnung der Tat, die in die Urteilsformel aufzunehmen ist (§ 260 Abs.
4 Satz 1 StPO), gehört bei Taten, die sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen
werden können, die Angabe der Schuldform (Meyer-Goßner, a.a.O., § 260 Rn. 24). Dies
gilt auch bei unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, da hier neben
vorsätzlichem Handeln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Var. 3 BtMG) auch die fahrlässige
Begehungsweise (§ 29 Abs. 4 BtMG) mit Strafe bedroht ist (vgl. zum fahrlässigen
Handeltreiben: Weber, a.a.O., § 29 Rn. 2036).
24 Bei § 29 Abs. 3 BtMG handelt es sich nicht um einen eigenständigen Tatbestand, sondern
um eine Strafzumessungsregel. Sind bei einer Strafzumessungsregel die
Voraussetzungen eines Regelbeispiels erfüllt, begründet dies lediglich eine Indizwirkung
dafür, dass ein besonders schwerer Fall vorliegt und die Anwendung des erhöhten
Strafrahmens veranlasst ist. Diese Indizwirkung des Regelbeispiels kann durch andere
Umstände, die den Unrechts- und Schuldgehalt des Regelbeispiels kompensieren,
ausgeräumt werden (BGHSt 23, 254, 257; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 46 Rn. 91 m.w.N.).
Liegen die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Annahme eines
Regelbeispiels vor, ist daher zur Bestimmung des maßgebenden Strafrahmens stets eine
Gesamtwürdigung aller für die Strafzumessung wesentlichen Umstände vorzunehmen.
Dabei kommt es darauf an, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven
Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich
vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des
Ausnahmestrafrahmens geboten ist (BGHSt 23, 254, 257; 29, 319, 322).
25 Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, dass sich der Tatrichter der Möglichkeit einer
Entkräftung der Regelwirkung und der Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung bewusst
gewesen ist. Lassen die Urteilsgründe dies nicht erkennen, ist die revisionsgerichtliche
Prüfung, ob der Tatrichter eine solche Prüfung vorgenommen hat, nicht möglich. Dann
kann zugleich in der Regel auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Anwendung des
erhöhten Strafrahmens auf rechtfehlerhaften Erwägungen beruht. Eine Erörterung in den
Urteilsgründen, ob die Indizwirkung des Regelbeispiels entkräftet wird, ist zwar nicht
erforderlich, wenn die Anwendung des normalen Strafrahmens fern liegt. Dies ist aber
nicht der Fall, wenn - wie im hier angefochtenen Urteil - bei der Strafzumessung
ausschließlich Strafmilderungsgründe aufgeführt werden.