Urteil des OLG Stuttgart vom 27.01.2014

OLG Stuttgart: zwangsgeld, mitwirkungspflicht, erfüllung, vollstreckung, beschwerdeschrift, erstellung, auskunft, zwangsmittel

OLG Stuttgart Beschluß vom 27.1.2014, 19 W 3/14
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Schuldner gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 1.
Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 20. September 2013 (1 O 155/13) wird
zurückgewiesen.
2. Die Schuldner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Beschwerdewert: 2.000,00 EUR.
Gründe
A.
1 Im vorliegenden Verfahren hat die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 25. Juli 2013 (GA 43 ff.)
beantragt, gegen die Schuldner Zwangsmittel anzuordnen wegen Nichterteilung der ihnen
gem. Anerkenntnis-Teil-Urteil des Landgerichts Hechingen vom 7. Mai 2013 (1 O 155/13;
GA 21 f.) obliegenden Auskunft durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses über den
Bestand des Nachlasses der am 11. April 2011 verstorbenen Erblasserin … .
2 Daraufhin hat das Landgericht mit Beschluss vom 20 September 20133 (GA 82 ff.) gegen
die Schuldner ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, festgesetzt und das Zwangsgeld
mit 2.000,00 EUR bemessen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Schuldner nicht
mit dem Argument gehört werden könnten, dass der von ihnen beauftragte Notar die
Erstellung eines entsprechenden Verzeichnisses von der Mitwirkung der Gläubigerin
abhängig mache. Denn das Gesetz sehe lediglich ein Anwesenheitsrecht (§ 2314 Abs. 1
Satz 2 BGB), nicht hingegen eine Anwesenheits- oder Mitwirkungspflicht des
Auskunftsgläubigers vor. Könne der Notar etwas nicht vollständig ermitteln, so müsse er
sich auf die Angaben des Erben beschränken. Vor diesem Hintergrund müssten die
Schuldner zur Erfüllung des Anspruchs aus § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB alles in ihrer Macht
Stehende tun und gegebenenfalls Rechtsmittel gegen den Notar einlegen oder gar einen
anderen Notar beauftragen.
3 Gegen diesen ihnen am 30. September 2013 zugestellten (GA 88) Beschluss wenden sich
die Schuldner mit ihrer am 10. Oktober 2013 beim Oberlandesgericht Stuttgart eingelegten
sofortigen Beschwerde vom 9. Oktober 2013 (GA 90 ff.). Zur Begründung führen sie
ergänzend zur bisherigen Argumentation weiter aus, dass ein anderer Notar genauso
verfahren müsste wie der bisher beauftragte Notar … .
4 Nachdem die Beschwerdeschrift der Schuldner an das Landgericht zur Durchführung des
Abhilfeverfahrens übermittelt worden war (vgl. GA 96), hat dieses mit Beschluss vom 20.
November 2013 (GA 106 f.) der sofortigen Beschwerde der Schuldner nicht abgeholfen
und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
B.
5 Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist zulässig (§§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2,
569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
I.
6 Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antrag der Gläubigerin gem.
§ 888 ZPO zulässig und begründet ist.
1.
7 Was die Zulässigkeit des Antrags betrifft, so ist die Auskunftsverpflichtung nach § 2314
Abs. 1 Satz 3 BGB auf eine unvertretbare Handlung gerichtet, deren Vollstreckung nach §
888 ZPO zu erfolgen hat, auch wenn die Mitwirkung eines Dritten – hier: des Notars –
notwendig ist (vgl. nur OLG Stuttgart, Beschl. v. 30. Dezember 2013 – 19 W 41/13, S. 3 des
Umdrucks).
2. a)
8 Zwar fallen Verzögerungen bei der Arbeit der Notariate grundsätzlich nicht den jeweiligen
Antragstellern zur Last. Sind diese Antragsteller aber gleichzeitig Schuldner eines
Anspruchs – hier: eines Auskunftsanspruchs -, so obliegt es ihnen nicht nur, auf eine
zeitnahe Erledigung mit Nachdruck hinzuwirken (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2008
– I ZB 68/08, NJW 2009, 2308 Tz. 12; BGH, Beschl. v. 27. November 2008 – I ZB 46/08,
NJW-RR 2009, 443 Tz. 13; OLG Stuttgart, Beschl. v. 30. Dezember 2013, aaO), sondern -
wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - bei Erfolglosigkeit dieses Bestrebens
gegebenenfalls Rechtsbehelfe gegen den Notar zu ergreifen oder einen anderen Notar zu
beauftragen.
b)
9 Letzteres wäre hier angezeigt. Denn wie die Schuldner im Beschwerdeverfahren mit
Schriftsätzen vom 5. Dezember 2013 (GA 112 ff.) und vom 12. Dezember 2013 (GA 116)
selbst vortragen, hält der von den Schuldnern beauftragte Notar … nach wie vor an seiner
vom Landgericht mit zutreffender Begründung widerlegten Rechtsauffassung von einer
Mitwirkungspflicht der Gläubigerin - insbesondere im Hinblick auf den Aspekt „angebliche
Darlehensgewährung der Erblasserin an ihre Tochter … in den Jahren vor 1981“ (vgl.
insoweit zuletzt sein Schreiben vom 6. Dezember 2013; GA 116 a) - fest und ist damit
offenbar nicht bereit, von der ihm eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, in dem von
ihm zu erstellenden notariellen Verzeichnis die von ihm nicht aufklärbaren Aspekte (unter
Darlegung der Gründe für die fehlende Ermittelbarkeit) aufzuzeigen.
3.
10 Das seitens des Landgerichts bemessene Zwangsgeld ist auch der Höhe nach nicht zu
beanstanden. So wurde die Höhe des Zwangsgeldes im unteren Bereich des zulässigen
Rahmens festgesetzt, welcher vom Mindestmaß von 5,00 EUR (Art. 6 Abs. 1 EGStGB)
zum Höchstmaß von 25.000,00 EUR (§ 888 Abs. 1 Satz 2 ZPO) reicht. Insbesondere
genügt die Höhe des Zwangsgeldes auch dem auch im Zwangsvollstreckungsrecht
geltenden Gebot der Verhältnismäßigkeit (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2. November
1999 - 14 W 61/99, NJW-RR 2000, 1312 m.w.N.).
11 Die Schuldnerin haben es weiterhin selbst in der Hand, die Vollstreckung durch Erfüllung
ihrer titulierten Pflicht abzuwenden (vgl. OLG Karlsruhe, aaO).
12 Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Schuldner zurückzuweisen.
II.
1.
13 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
2.
14 Der Beschwerdewert war auf 2.000,00 EUR festzusetzen, da er sich nach dem Interesse
der Schuldner bestimmt, das festgesetzte Zwangsgeld nicht bezahlen zu müssen. Dieses
Interesse entspricht dem Zwangsgeldbetrag (vgl. Thüringer OLG, Beschl. v. 3. Juli 2012 –
1 WF 306/12; FamRZ 2013, 656 f. [Rz. 38 bei juris]; Saarländisches OLG Saarbrücken,
Beschl. v. 28. Januar 2011 - 5 W 312/10 - 116, 5 W 312/10; FamRZ 2011, 1258 f. [Rz. 37
bei juris] m.w.N.).
III.
15 Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da die Rechtssache weder
grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert
(§ 574 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO).